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jugend:zeit
11/2021
Von der Jugend profitieren lernen Politik für Jugendliche sowie junge Erwachsene betreiben und dabei parteipolitisch neutral bleiben – in Liechtenstein keine ganz einfache Angelegenheit, aber genau das Ziel, dem sich Kevin Scherrer verschrieben hat. Als Präsident des Jugendrats macht er sich Gedanken, was seine Altersgenossen bewegt, als Teilzeitstudent bewegen ihn dabei selbst vor allem Fragen zum Thema Bildungspolitik und zum Wissenstransfer aus der Theorie in die Praxis. Text: Heribert Beck · Fotos: Daniel Schwendener
Interviewtermine nimmt Kevin Scherrer gerne schon am frühen Morgen an. Denn der Tagesablauf des 22-Jährigen ist durchorganisiert. Er befindet sich im siebten Semester seines Betriebsökonomie-Studiums an der Fachhochschule Graubünden, das er an seine KV-Lehre mit Berufsmatura angeschlossen hat. In zwei Semestern möchte er den Bachelorgrad erlangen. Neben dem Studium arbeitet Kevin Scherrer bei einem Finanzdienstleister in Vaduz. «Das Finanzwesen hat mich von klein auf fasziniert. Wenn ich mit zur Bank durfte, haben die Damen und Herren an den Schaltern immer schon Eindruck auf mich gemacht», sagt er und schmunzelt. Viel Freizeit bleibt
Kevin Scherrer daher nicht mehr. Die, die er noch hat, investiert er zu einem grossen Teil in den Jugendrat, dem er seit anderthalb Jahren als Präsident vorsteht.
Ehrenamtliche sind immer gefragt Der Jugendrat Liechtenstein ist eine seit 2012 bestehende Plattform für junge Erwachsene zwischen 15 und 28 Jahren, die für politische Themen interessieren möchte und sich dafür einsetzt. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, die Teilnahme von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Liechtenstein am politischen Prozess zu verbessern und die politische Bildung zu fördern. Ausserdem verfolgt der Jugendrat die
Absicht, die jungen Erwachsenen neutral auf das Wählen vorzubereiten sowie diese zur Stimmabgabe zu bewegen. Bekannt wurde der Jugendrat vor allem durch sein Projekt «easyvote», das bereits bei drei Landtags- und zwei Gemeinderatswahlen zum Einsatz kam. «Ich habe durch einen guten Kollegen, der mit mir die Berufsmatura abgelegt hat, vom Jugendrat erfahren und ihn einmal zu einer der Halbjahresversammlungen begleitet», sagt Kevin Scherrer. «Leute zum Mithelfen wurden und werden beim Jugendrat immer gesucht. Da ich ihn schon damals für eine gute Sache hielt, habe ich mich für die Mitarbeit entschieden. Dass ich schon so schnell Präsident werde, habe ich aber weder gedacht noch geplant.»
Eigene Vorstösse formulieren Der Jugendrat besteht aus vier Vorstands- und rund 60 weiteren Mitgliedern. An die Anlässe kommen durchschnittlich zehn bis 20 von ihnen. Natürlich sind aber auch Nichtmitglieder herzlich willkommen. «Meine persönliche Motivation zur Teilnahme an den Anlässen war der Einblick in die Politik, den sie ermöglichen», sagt Kevin Scherrer, der aber auch betont, dass es zwischen dem Jugendrat und den Jugendorganisationen der Liechtensteiner Parteien einen entscheidenden Unterschied gibt. «Wir sind vollkommen neutral und versuchen stets, alle Richtungen abzudecken sowie umfassend über Sachthemen zu
informieren und werben nicht aktiv für Vorstösse von Parteien.» Der Kontakt mit den Jungparteien wird vom Jugendrat aber aufrechterhalten, um Synergien zu nutzen. So treten deren Exponenten beispielsweise an den Jugendarenen auf und äussern dort durchaus kontroverse Ansichten. «Ich hoffe daher, dass die Jungparteien so aktiv bleiben, wie sie es derzeit sind. Denn so macht es auch für uns Jugendratsmitglieder mehr Spass.» Der bekannteste Anlass des Jugendrats ist sicher die Jugendsession im Landtagssaal, deren sechste Auflage sich gerade in der Vorbereitungsphase befindet. Ziel der Teilnehmenden ist es, eigene politische Vorstösse zu lancieren. «Wir fokussieren uns jeweils auf zwei Themen, laden Experten ein und formulieren schliesslich Anträge, die wir dem Landtagspräsidenten übergeben. Um wirklich etwas zu erreichen, versuchen wir, uns auf einige wenige Anträge zu beschränken. Wir denken auch darüber nach, sie in Form einer Petition beim Landtag einzureichen. Auf jeden Fall ist die Jugendsession immer ein spannender Anlass.»
Guten Ideen Gehör verschaffen Die Aufgaben von Kevin Scherrer, der sich selbst in der politischen Mitte verortet, sind als Präsident vor allem administrativer und repräsentativer Natur. Er koordiniert Termine, verwaltet die Vereinsfinanzen und sorgt für den Zusammenhalt im Vorstand. Doch dieser ist ohnehin gut, obwohl die Diskussionen manch-