38
kultur:zeit
11/2021
«Meine Leser sehen ihre Heimat mit anderen Augen» Die Burgen im Rheintal haben Doris Röckles Neugier für die Geschichte ihrer Heimat geweckt, ein achselzuckender Vorschlag ihres Mannes hat sie zum Schreiben animiert. Das Ergebnis sind mittlerweile vier erfolgreiche Romane und ein Krimi, die alle im Mittelalter der Region spielen. «Was jetzt noch fehlt, ist ein richtiger Bestseller», sagt die Autorin und lacht. Text: Heribert Beck
«Spätsommer 1243 im Tal des Rhyns. Dunkel ballten sich die Wolkentürme am fernen Horizont. Es war die letzten Stunden merklich kühler geworden. Mariana stand am Fenster ihrer kleinen Kammer, den Umhang fest um ihre Schultern geschlungen, und blickte nachdenklich auf den langsam schwindenden Tag. Unten in der Taverne hörte man die Zecher grölen. Bald würden sie nach ihr rufen, wie sie es immer taten, stiegen ihnen Wein und Met zu Kopf.» So lauten die ersten Zeilen in Doris Röckles viertem historischem Roman «Die List der Schanktochter». Mariana ist die Tochter von Hilarius Büchel, dem Wirt des «Goldenen Lamms» in Bendern – und nicht unbedingt vom Glück verfolgt. Das ändert sich, als sie Ritter Heinrich von der Burg Schellenberg kennen- und lieben lernt. Doch Lügen und Intrigen verhindern vorläufig, dass die beiden zusammenkommen. Bevor es soweit ist, muss Mariana eine Reihe von Abenteuern bestehen, die sie bis nach Zypern führen, wo Balian von Ibelin, der Enkel des gleichnamigen Verteidigers von Jerusalem, ihren Weg kreuzt, und die sie in den Besitz eines jahrhundertealten Codex bringen.
Ein schicksalhafter Nachmittag Balian von Ibelin, Bischof Volkhard von Chur oder Manfred, der König von Sizilien, sind wie viele weitere Figuren und Doris Röckles Buch historische Persönlichkeiten. Ihre Zeitgenossin, Protagonistin Mariana,
und ihr Vater sowie ihre Standesgenossen aus dem einfachen Volk sind historisch nicht belegt. «Einfache Menschen wurden in den überlieferten Schriftstücken fast nie erwähnt. Dass ihr hartes Leben aber so war, wie es in meinen Romanen beschrieben, hat sich bei meinen Recherchen immer wieder gezeigt», sagt die Autorin, die mit der «List der Schanktochter» ihren vierten historischen Roman veröffentlicht hat. Bis ihr Erstlingswerk «Die Spur der Gräfin» erschienen ist, hatte Doris Röckle jedoch «einen beschwerlichen Weg zu gehen», wie sie selbst sagt. Der Auslöser war ein Sonntagnachmittag im Herbst 2005. «Ich bin mit meinem Mann am Schloss Vaduz vorbeigefahren und habe mich beklagt, dass mir langweilig sei, weil ich nichts mehr zum Lesen habe. Mein Mann sagte nur ‹Dann schreib halt selber etwas›. Da Burgen mich schon immer fasziniert haben, fiel mein Blick auf das Schloss, und ich dachte mir, dass ich ja eine Geschichte mit historischem Hintergrund schreiben könnte.» Als Hauptfigur entschied sie sich für Graf Albrecht I. von Werdenberg-Heiligenberg. «Allerdings wollte ich keine historischen Abhandlungen schreiben. Daher enthalten meine Bücher immer auch ein Rätsel, meist um eine Reliquie wie das Grabtuch von Turin oder die Heilige Lanze, deren Geschichte ich mit jener des Rheintals verbinde.»
Mir ist jede meiner Hauptfiguren ans Herz gewachsen, da ich mich mindestens ein Jahr mit ihr beschäftigt habe. Doris Röckle, Autorin