Lie:zeit Ausgabe 107

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polit:zeit

08/2022

«Wir werden einen liberalen Kurs beibehalten» Corona, Krieg, Teuerung, drohender Energiemangel: Die Herausforderungen, vor denen Liechtenstein steht, sind gross und vielfältig. Auch innenpolitisch zeichnen sich wegweisende Entscheidungen ab. Regierungschef Daniel Risch sieht die direkte Demokratie dabei als einen Vorteil unter anderen, die dafür sorgen, «dass es uns – verglichen mit fast allen Ländern dieser Welt – trotz allem relativ gut geht». Interview: Heribert Beck

Wie haben Sie den Sommer verbracht? Konnten Sie trotz Krieg und Covid im Allgemeinen sowie Ihrer Corona-Erkrankung einige ruhige Tage geniessen? Regierungschef Daniel Risch: Vielen Dank für die Nachfrage. «Ruhig» trifft es vielleicht nicht ganz. Es geschieht aktuell sehr viel auf der Welt, was auch für unser Land direkte oder zumindest indirekte Folgen hat. Daher gab es in der Vergangenheit bestimmt ruhigere Zeiten. Trotz allem geht es unserem Land und auch mir persönlich den Umständen entsprechend gut. Mit dem Staatsfeiertag erwacht das politische Leben in Liechtenstein traditionell wieder. Welche Themen werden das zweite Halbjahr dominieren? Wir starten im September in die zweite Hälfte des zweiten Jahres der Legislatur. Eine Zeit, in der viele Themen aus dem Regierungsprogramm dem Landtag vorgelegt und dort beraten werden. In der aktuellen geopolitischen Situation muss man aber auch davon ausgehen, dass das Krisenmanagement der Regierung weiter gefragt sein wird – das betrifft insbesondere den russischen Angriffskrieg und seine humanitären wie wirtschaftlichen Folgen, also bispielsweise Inflation, Energiepreise oder Sanktionen. Die Energiewende und das Klima werden uns ebenfalls beschäftigen. Was der Herbst bezüglich Corona mit sich bringt, hat

ebenfalls einen direkten Einfluss auf die Arbeit der Regierung. Und dann ist da noch das Tagesgeschäft in den einzelnen Ministerien, das erledigt werden will. Am 29. Juni hat der Landtag in einer Sondersitzung die Möglichkeit zur Wiedereinführung einer 2G-Regelung geschaffen. Wie stehen Sie zu dieser Massnahme? Es ist eine Möglichkeit, von der ich hoffe, dass wir sie nie brauchen werden. Gerade auch deshalb ist es wichtig, dass die Massnahme nur ergriffen werden kann, wenn sich auch die Schweiz dazu entscheidet – dies aus dem einfachen Grund, dass es wenig sinnvoll ist, wenn in

der Schweiz 2G gilt und wir einen Lockdown verordnen müssen. Dann würden die Geimpften und Genesenen in Buchs im Restaurant sitzen, während die Gatsronomie bei uns für alle geschlossen wäre. Die Einführung von 2G im letzten Dezember war für mich in der Corona-Pandemie eine der schwierigsten Entscheidungen überhaupt – dies, weil wir einerseits keine andere Möglichkeit gesehen haben und andererseits wussten, dass das für einen Teil der Einwohnerinnen und Einwohner ein harter Einschnitt sein wird. Was entgegnen Sie Personen, die von Verfassungsbruch sprechen und der Regierung vorwerfen, ihr Vorgehen nur

nachträglich legitimieren zu wollen? Es geht nicht darum, etwas nachträglich zu legitimieren, sondern für die Zukunft vorzusorgen. Es lohnt sich bei dieser Thematik, das Urteil des Staatsgerichtshofs ganz zu lesen. Dieser erachtet die gesetzliche Grundlage via das Schweizerische Epidemien- und Covidgesetz, welche grundsätzlich über den Zollvertrag in Liechtenstein anwendbar ist, insbesondere bezüglich der 2G-Regelung als unzureichend. Die Regierung hatte diesbezüglich im vergangenen Dezember eine andere Rechtsmeinung, da der Staatsgerichtshof in Bezug auf 3G zum Schluss gekommen ist, dass die schweizerische Rechtsgrundla-


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