Offenblatt 12/2022

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2.4.2022 9 GEBIETSREFORM 1970ER-JAHRE IN OFFENBURG

Echte Naherholung Weier ist stolz auf seinen Gottswald und die Weirer Runde, die gut angenommen wird Viel Natur, Ausgangspunkt wunderschöner Radwege Richtung Hanauerland – und wenn der Lärmschutzwall fertig sein wird, bleibt der Ort auch von den Geräuschen der nahen Autobahn verschont: Weier sieht sich als Naherholungsgebiet. Die „Weirer Runde“ lockt Besucher*innen aus der Umgebung an. Zwei Lokale, ein Bioladen, eine Filiale der Griesheimer Bäckerei – Ortsvorsteher Stefan Sauer-Bahr zählt auf, was das Dorf alles zu bieten hat. Es gibt zwei Handwerksbetriebe und drei Landwirte, einer von ihnen ist er selbst. Der gebürtige Bohlsbacher ist seit drei Jahren Ortsvorsteher, war zuvor fünf Jahre Ortschaftsrat. Er werde gut unterstützt, der Zusammenhalt und das Miteinander stimme. Industrie gebe es nicht, dafür herrliche Natur – und mit der kleinen

WEIER

Seit 2019 Ortsvorsteher. Der 43-jährige Landwirt Stefan Sauer-Bahr.

Sehenswürdigkeit. Die neugotische Pfarrkirche St. Johannes. Fotos: Siefke

Insel, auf der die markanten Pappeln stehen, sogar ein Naturdenkmal. Im Jahr 2000 wurde das letzte Neubaugebiet eingerichtet. Dass in absehbarer Zeit ein weiteres hinzukommt, damit rechnet

der Ortsvorsteher nicht – trotz der vielen Nachfragen, Weier ist als Wohnort sehr beliebt. Auch die „Villa“ steht auf Weirer Gemarkung. Und das frühere Munitionslager im Gottswald.

Einwohner*innen: 1450 Eingemeindung: 1.12.1971 Fläche: 223 Hektar ohne Wald Sehenswürdigkeit: Die neugotische Pfarrkirche St. Johannes von 1880-82 auf dem Platz des früheren Gotteshauses. Namensgebung: Der Name kommt vom römischen „villare“, hat also nichts mit Wasserstelle („Weiher“) zu tun. Um das Jahr 1347 taucht der Name Weier erstmals in Urkunden auf. Wappen: Malteserkreuz, überdeckt in der Mitte mit einem Schild, der drei Ringe trägt. Die Pfarrei Weier gehörte ab 1391 dem Johanniterorden in Straßburg und damit die Gemeinde unter der Herrschaft der Johanniter (Malteser).

Blick zurück Weier eine Halle zu bauen, die von beiden Ortschaften hätte genutzt werden können. Daraus wurde nichts.

Karl Wacker, Jahrgang 1939 und gebürtiger Weirer, war von 1975 bis 1980 Ortschaftsrat und besucht bis heute fast jede Sitzung. Der Elektromaschineningenieur, dessen Stammbaum sich bis auf das Jahr 1346 zurückverfolgen lässt, erinnert sich noch sehr lebhaft an die Diskussionen, die Anfang der 1970er-Jahre wegen der anstehenden Eingemeindung geführt wurden. Herr Wacker, wie war denn damals die Stimmung in Weier? Wacker: Zunächst 50 zu 50. Ich war, ehrlich gesagt, zunächst auch dagegen. Wir wollten als Alternative die vier Gottswaldgemeinden zusammenbringen – also Bühl, Griesheim, Waltersweier und eben Weier. Doch wir hätten eine Fachführung gebraucht, jemanden, der sich in Sachen Verwaltung so richtig auskennt. Diese Person hatten wir leider nicht, daran ist das Ganze gescheitert. Und wie ging es dann weiter?

Aufbewahrt. Karl Wacker mit dem Vertragswerk von 1971.

Wacker: Offenburg versprach uns Hochzeitsgeschenke, unter anderem eine Halle. Außer den beiden Gastwirtschaften Linde und Schwanen gab es keine Möglichkeit, sich zu versammeln. 1953 wurde der Musikverein gegründet. Die Lokale reichten für die Proben aus, aber nicht für Konzerte. Wurde das Versprechen eingelöst?

Foto: Siefke

Wacker: Nun, die Halle haben wir dann auch bekommen – für 800 000 Mark. Wir waren die ersten der eingemeindeten Ortschaften. Die Qualität war zwar nicht die beste – gerade im Vergleich mit den Hallen, die später dann für die anderen Orte gebaut wurden. Aber wir konnten darin Sport treiben und Feste feiern. Das war für uns in Ordnung. Überlegt wurde später, zwischen Waltersweier und

Gab es weitere „Hochzeitsgeschenke“? Wacker: Die Einsegnungshalle bekamen wir nicht. Später wurde für den ganzen Gottswald eine Schule in Weier gebaut und im Sommer 1973 eingeweiht. Ich selbst hatte ab 1945 Unterricht in den Räumen hinter der Ortsverwaltung. Das war die sogenannte „Volksschule“, sie bestand aus zwei Klassen. Die Ausstattung ließ zu wünschen übrig, ich habe die Zeit jedoch in guter Erinnerung.

War die Eingemeindung rückblickend gut für Weier? Wacker: Im Nachhinein ist es gut, ja. Wobei man ja nicht weiß, wie es sich sonst entwickelt hätte. Wir können halt nicht mehr so viel entscheiden. Andererseits brauchen wir den Verwaltungsapparat. Wir können ganz zufrieden sein.


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