KULTUR GESELLSCHAFT
EL AVISO | 04/2022
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Foto: Thomas Niedermüller
Marcus Bosch
Dirigent und Koryphäe
Foto: Ulf Krentz Foto: Jutta Missbach
Foto: Jutta Missbach
Foto: Thomas Niedermüller
Er ist ein leidenschaftlicher, innovativer und erfolgreicher Dirigent und bereist als international gefragter Gastdirigent die Welt. Im April dirigiert Marcus Bosch zum dritten Mal das Symphonieorchester der Balearen „Es ist ein bisschen wie nach Hause kommen“, sagt er, besonders jetzt, da er ein Haus auf der Insel besitzt. „Edle Fantasie“ – Klassikkonzert im Trui Theater Wer Marcus Bosch noch nicht kennt, wird das Vergnügen haben, diesen außergewöhnlichen Mann am 28. April zu hören und zu sehen. Um 20 Uhr dirigiert er im Trui Teatre an die 80 Musiker des „Orquesta Sinfónica Islas Baleares“ in Palma. Beginnen wird der Abend mit Felix Mendelssohns Ouvertüre „Die schöne Melusine“, es ist die Musik, die Richard Wagner zum Anfang der Oper Rheingold inspirierte. Der junge niederländisch-amerikanische Violinist Stephan Waarts wird dann das Konzert für Violine von Wolfgang Korngold spielen und nach der Pause wird man die „Suite“ aus Richard Strauss´ „Rosenkavalier“ hören. Das Konzert gehört zum zehnten Klassik-Zyklus im Trui Theater (Ciclo Trui Teatre X). Die Kapellmeister-Laufbahn „Ein bisschen unbewusst“ erzählt Marcus, „hat man mir das Dirigieren in die Wiege gelegt. Meine Eltern haben beide als Amateure dirigiert, mein Vater spielte Geige, meine Mutter Orgel und ich lag schon als Kind angeschnallt im Wagen zwischen Kirchenchor und dirigierenden Eltern …“ Als Kind spielte er die Blockflöte und das Klavier. Später kamen Klarinette, Kontrabass (er war Solobassist im Landesjugendorchester) und Orgel dazu, plus Gesangsunterricht. Mit 14 Jahren übernahm er die Leitung des Kirchenchors. Es folgte ein Studium zum Dirigenten und im Alter von 24 Jahren dirigierte er professionell sein erstes Orchester. Karrierestationen als Generalmusikdirektor, künstlerischer Leiter der Opernfestspiele in Heidenheim und die Gründung des Orchesters „Cappella Aquileia“ schlossen sich an. Seit sechs Jahren ist er Professor an der Hochschule für Musik und Theater in München, wo er mit großer Begeisterung seine Studenten fördert. Er ist zudem Chefdirigent der norddeutschen Philharmonie Rostock
und für die deutsche Generalmusikdirektoren-Konferenz, deren Vorsitzender er ist, hat er eine Plattform für Austausch erschaffen. Der gesunde Rausch Seit 30 Jahren lebt er seine Berufung und hat an die 110 Opern und an die 100 Orchester dirigiert. Neugierig und offen liebt er es, neue Wege zu gehen und neue Formate zu kreieren. „Es reizt diese große Gestaltungsmöglichkeit von Musik und wenn es dann gelingt in einer Aufführung zum ´Fliegen` zu kommen, dann ist das ein gesunder Rausch“. Über das Gerede, dass die Klassik vom Aussterben bedroht ist, sagt er: “Die klassische Musik ist in ein anderes Bewusstsein gekommen. Weltweit gesehen gab es noch nie so viele Menschen, die sich mit der Klassik beschäftigen, das hat auch viel mit China und Korea zu tun. Es gibt auf der Welt so viele Opernhäuser, wie nie zuvor.“ Seine nächsten Stationen führen ihn nach Palermo, München, Athen, Stuttgart, Thessaloniki, Rostock, Opernfestspiele Heidenheim, Parma, Modena, Reggio Emilia, Belgrad, Essen … Cappella Aquileia Als Marcus 2011 sein eigenes Orchester gründete, suchte er nach einem guten Namen und es kann keinen besseren geben als „Cappella Aquileia“, denn das schön gelegene Heidenheim an der Brenz ist nicht nur die Geburtsstätte von Marcus Bosch, sondern hat römische Wurzeln. Damals hieß es „Aquileia“. Mittlerweile ist es international renommiert und sie erhielten für ihre CD-Einspielung der "Medea" von Franz Benda einen der begehrtesten KlassikPreise der Welt, den OPUS KLASSIK Preis 2021. Unzählige Aufnahmen gibt es von ihnen, darunter sind viele Livemitschnitte (zu finden unter ´Marcus Bosch` und ´Capella Aquileia` bei u. a. Spotify). Die alte Liebe Mallorca Er hat sich endlich dazu durchgerungen ein altes Haus in der Region Migjorn zu restaurieren und sich dort mit seiner Frau und seinem zweijährigen Sohn ein zweites Refugium geschaffen, wo sie sich für zwei bis drei Monate im Jahr aufhalten wollen. Seine Frau Michaela Maria Mayer-
Bosch ist Sopranistin. Sie hat „nahezu alle großen Partien im lyrischen Fach gesungen. Susanna, Pamina, Traviata und Donna Anna, um einige zu nennen“. Neben ihrer Gesangskarriere baut sie sich ein zweites Standbein auf, als Mentorin für gestresste Mamas. Eine kleine Anekdote über seine Frau erzählt uns Marcus noch. „Michaela und die Violinistin Nina Heidenreich (sie ist die Frau von Pablo Mielgo, dem Chefdirigenten des Symphonieorchesters der Balearen) haben sich hier wiedergetroffen. Sie fanden heraus, dass sie als Jugendliche gemeinsam in einer Kirche musizierten und beide aus der Oberpfalz aus zwei nebeneinanderliegenden Dörfern stammen“. Herausforderungen und Frieden Jede Schwierigkeit in seinem Beruf nutzt Marcus, um sie als Herausforderung zu begreifen, um daran zu wachsen. „Da wo Menschen zusammen musizieren, ihr Leben lang an ihrem künstlerischen Willen arbeiten, ist es verständlich, dass es ein hohes Maß an Inspiration, Überzeugungskraft, auch Willen braucht, um die größtmögliche Gemeinsamkeit herzustellen“. Marcus hat noch drei Töchter und ist somit vierfacher Vater. Für uns alle und die nächsten Generationen liegt es ihm am Herzen, „dass dieser Krieg beendet wird, die Wege der Diplomatie beschritten und Frieden gesucht wird. Es ist mir ein großes Anliegen, dass es auch eine differenzierte Betrachtung der Nationalitäten gibt. Ein pauschales ´Russenbashing` wäre katastrophal. Wir müssen, wie bei vielen Themen, aufpassen, dass wir nicht in Gesinnungsterror verfallen, statt wirklichen Meinungsaustausch zu betreiben. Wahrheiten sind selten nur schwarz oder weiß“.
Information: www.marcus-bosch.de Tickets zum Konzert: www.truiteatre.es, www.simfonicadebalears.com
Nermin Goenenc und Roman Hillmann, Fotos: Archiv Marcus Bosch, Jutta Missbach, Ulf Krentz, Thomas Niedermüller