The Red Bulletin DE 08/22

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DEUTSCHLAND AUGUST/ SEPTEMBER 2022 € 2,50

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ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN

RED BULL DISTRICT RIDE

GUTEN FLUG!

Slopestyle-Superstar Emil Johansson und ein Comeback, das Mut macht

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DIEGO MARADONA SIENNA MILLER THE BEACH BOYS KYLIE JENNER


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E DI TO R I A L

WILLKOMMEN

EIN BIKER MIT FLÜGELN

SAUBERMANN 1

Ein Mann, ein Auftrag: Hier putzt Klippenspringer Catalin Preda die Sprungplattform. Mit Erfolg: Wir staunen über die blitzsauberen Sprünge bei der Red Bull Cliff Diving World Series: ab Seite 22.

Fahren sie noch? Fliegen sie schon? Zum großen Finale der Slopestyle-Saison kommen die besten Biker der Welt nach Nürnberg zum Red Bull District Ride: Top-Favorit und sentimentaler Held ist dort der Schwede Emil Johansson, weil er aus einer Lebenskrise neue Kraft schöpfte. Wie er das machte und was wir von ihm lernen können, verrät er im großen Interview. Von Bayern geht’s weiter an die ­Südküste Frankreichs, nach Nizza: Dort zeigt uns Longboard-Dancerin Marina Correia, wie man Vorurteile abbaut: Einfach überrollen! Und auch der Schweizer Mountainbiker Konny Looser ist aus eigener Kraft gerollt, ganze 393 Kilometer weit. Das Desert Dash führte ihn quer durch die Namib, die älteste Wüste der Welt. Ein Radrennen der Extreme. Und zudem extrem spannend!

SPITZE FEDER

Comiczeichner Nicolas Mahler verfeinert unser Magazin auf Seite 98. Übrigens: Sein neues Buch, eine Hommage an Romy Schneider, gibt es ab sofort im Handel.

70.000.000

Spotify-Streams verzeichnete die US-Band The Midnight allein im vergangenen Jahr. Dabei ist ihre Musik von gestern. Und von morgen. Und ab Seite 50.

CA GREENWOOD (COVER), DANIEL AHLGREN, DEAN TREML

Gute Unterhaltung mit der neuen Ausgabe von The Red Bulletin! Die Redaktion

SAUBERMANN 2

Slopestyle-Champ Emil Johansson säubert seinen Trainingsparcours. Danach hebt er ab: ab Seite 42.

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THE RED BULLETIN


P OW E R E D BY N ATU R E C RA F T E D FOR YO U

T I S S OT WATC H E S . C O M TISSOT, INNOVATORS BY TRADITION


I N H A LT

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The Red Bulletin im August / September 2022

RETRO-KULT

50 DER KLICK ZUM GLÜCK

Wir feiern das Gestern: mit Synth Drums, Polaroids und alten Tretern für 47.000 Euro.

ABHEBEN Marina Correia überwindet auf ihrem Longboard kulturelle Hindernisse.

LONGBOARD

60 DAS ROLL-MODEL 42 HERR DES FLIEGENS

Slopestyle-Star Emil Johansson will sich beim Red Bull District Ride in Nürnberg erneut zum Champion krönen.

Wie die schüchterne Migrantin Marina Correia Weltmeisterin und Vorbild wurde

BIKE

66 DIE REIFENPRÜFUNG

393 Kilometer durch die Wüste Namib: Protokoll eines Radrennens der Extreme

PORTFOLIO

22 ROCK STARS

Fotograf Dean Treml lässt seine Modell-Athleten kunstvoll über die Klippe springen.

FILM

36 SIENNA MILLER

79 REISEN. Färöer-Inseln: auf den Spuren der Wikinger

Die Hollywood-Aktrice über ihr neues Ich – und gemeinsame Demos mit ihrer Tochter

84 BIOHACKING. Jetzt halten wir alle mal den Mund – und relaxen.

BASKETBALL

85 PLAYLIST. Vier Songs, die Beach Boy Mike Love fröhlich machen

38 DIE VERWANDLUNG

Die Künstlerin Asma Elbadawi veränderte den Profi-Basketball – durch pure Poesie.

LÄCHELN Schauspielerin Sienna Miller hat die positive Kraft des „Nein!“ für sich entdeckt.

88 LESESTOFF. US-Autor Kevin Hearne bringt die Götter zum Lachen. 90 KALENDER. Diese Events wollen wir auf keinen Fall verpassen.

Die Austro-Popstars haben sich in Schale geworfen und erzählen vom ersten Mal.

92 BOULEVARD DER HELDEN. Michael Köhlmeier und seine First Lady des Jazz: Ella Fitzgerald

10 GALLERY 16 ZAHLEN, BITTE! 18 FUNDSTÜCK

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86 TIPPS & TRENDS. Unsere Lieblingsstücke des Monats

MUSIK

40 SEILER & SPEER

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GUIDE

Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen

19 DAS PHILOSOPHEN-INTERVIEW 20 MEIN ERSTES MAL

96 IMPRESSUM 98 CARTOON

66 STRAMPELN Der Schweizer Konny Looser (vorne) kämpft sich durch die Wüste Namib.

THE RED BULLETIN

LITTLE SHAO, SHAYAN ASGHARNIA/AUGUST/PICTUREDESK, TARA METTE, DEAN TREML/RED BULL CONTENT POOL

COVERSTORY


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SPRUNG-ÄSTHETEN Fotograf Dean Treml drückt ab, wenn andere abspringen, wie hier Sergio Guzman in Chile.

THE RED BULLETIN

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ANTHONY CHENOT/RED BULL ILLUME

DAVID PESENDORFER

AIGUILLES D’ARVES, FRANKREICH

Hoch-Zeit Es ist früh am Morgen, die Sonne steht noch nicht hoch am Himmel. Ganz im Gegensatz zum französischen Highliner Yvan Pinard, der lange vor ihr aufgestanden ist und sie nun deshalb von etwas weiter oben sieht: Auf seiner 560 Meter langen Highline spaziert er zwischen zwei der drei Gipfel der Aiguilles d’Arves, die zwischen 3358 und 3514 Meter hoch sind und östlich von Grenoble liegen. Unter ihm und doch dabei: der Fotograf Anthony Chenot. Am Fuße der drei Gipfel hatten die beiden Männer und ihr Team in 20 Tagen mühevoller Arbeit ein Basiscamp errichtet. anthonychenot.com


TEAHUPOO, TAHITI

WellenBrecher Was passiert, wenn eine gewaltige Welle bricht? Noch nichts. Und was, wenn gleichzeitig ein Mensch genau diese Welle durchbricht? Dann kann alles passieren. Doch der Surfer, den der französische Fotograf Ben Thouard hier mit seinem Teleobjektiv verfolgt, hat Glück. Und Kraft: Die Wasserwand kracht herunter, er prallt dagegen – und kann sich dennoch aus dem Sog befreien. Ben Thouard, Halbfinalist beim Red Bull Illume-Fotocontest: „In diesem Moment befindest du dich zwischen zwei Welten.“ Der Surfer tauchte in der schöneren der beiden wieder auf. benthouard.com


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BEN THOUARD/RED BULL ILLUME DAVYDD CHONG


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GERT PERAUER/RED BULL ILLUME

DAVID PESENDORFER


SALZBURG, ÖSTERREICH

Bach-Mann Die Quiksilver Space Jam Session in Prag. Die Wakeboard Championships im schwedischen Fagersta. Die Red Bull Wake of Steel im Linzer Hafen. Und sechs österreichische Meisterschaften ganz nebenbei: Der Kärntner Dominik Hernler, 30, hat so ziemlich alles gewonnen, was es im Wakeboarden zu gewinnen gibt. Doch manchmal ist das Leben auch für ihn einfach ein langer, ruhiger Fluss. Oder ein friedlich dahinplätscherndes Bächlein. Dieses hier nennt sich schlicht Almkanal und verläuft im Süden Salzburgs unweit der Salzach. In Pose geworfen hat sich Hernler am frühen Morgen, abgedrückt hat dessen Kärntner Landsmann Gert Perauer. gertperauer.com


Z AHL EN, BI T T E!

KYLIE JENNER

Madam Instagram Egal was Kylie Jenner anfasst, die Welt klickt und wischt wie in Trance mit: Die jüngste Schwester aus dem Kardashian-Clan ist die populärste Frau auf Instagram. Am 10. August wird sie 25. Doch geschenkt braucht sie nichts – wie diese Zahlen zeigen.

61.600

Millionen Follower machen Kylie zur populärsten Frau auf Instagram. Nur die Profile von Instagram selbst und Ronaldo sind populärer.

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Schwester – Kendall – hat Kylie Jenner. Und dazu acht Halbgeschwister: Casey, Burt, Brandon und Brody Jenner sowie Kourtney, Kim, Khloé und Rob Kardashian.

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1500

Folgen von „Keeping Up with the Kardashians“ geben Einblick in Kylies Leben.

1426

818-437-1448

Quadratmeter groß ist Kylies Haus in Holmby Hills, einem Nobelviertel von Los Angeles. Kaufpreis: 34,6 Millionen Euro.

war Kylies Telefonnummer, die sie 2017 als Marketing-Gag auf Shirts ihrer Mode-Kollektion drucken ließ. Man erreichte eine Mobilbox.

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THE RED BULLETIN

HANNES KROPIK

Millionen Instagram-Likes bekam Kylies Foto zur Geburt ihres Söhnchens (anfangs mit Namen Wolf, künftig ...?).

PS hat Kylies Bugatti Chiron – einer von 15 Luxusschlitten in ihrer Sammlung.

wurde Kylies Vater Bruce Olympiasieger im Zehnkampf. 2015 outete er sich als Transfrau und heißt nun Caitlyn.

Millionen Euro verdiente sie mit 22 Jahren für den Verkauf von 51 Prozent ihres BeautyStart-ups „Kylie Cosmetics“.

336

Euro – um diesen Preis verkauft Kylie eine von ihr getragene Hermès-Handtasche.

1976

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CLAUDIA MEITERT

Millionen Dollar, umgerechnet 1,42 Millionen Euro, kassiert Kylie pro gebrandetem Instagram-Posting.

Privatjets vom Typ Bombardier Global 7500 mit einer Reichweite von 14.260 Kilometern gibt es weltweit. Auch Kylie besitzt einen. Er ist pink.

GETTY IMAGES (3)

1,5

100


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WHAT ARE YO U BUILDING F OR ?


F U ND ST Ü CK

Diego Armando Maradona (1960– 2020): Nach seinem Hand-Tor gegen England taufte man ihn „Hand Gottes“.

DIEGO MARADONA

Das G’wand Gottes Das (ungewaschene) Dress mit dem Coq-SportifLogo und dem Emblem des argentinischen Fußballverbandes wurde im Mai bei Sotheby’s versteigert – für 8,8 Millionen Euro. Diego Maradona hatte es am 22. Juni 1986 bei der WM in Mexiko getragen, als Argentinien England im Viertelfinale mit 2:1 besiegte: Das erste Tor erzielte der Fußballgott mit der Hand, das zweite nach einem Solo über den halben Platz.

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GETTY IMAGES

Trikot des argentinischen Fußball-Idols, getragen beim Jahrhundertspiel gegen England

Maradona bejubelt das 2:0.

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DAS F I K T IV E PH ILO S O PH EN-IN T ERV IE W

EPIKUR SAGT:

„Don’t worry, be happy“

DR. CHRISTOPH QUARCH

YANNICK DE LA PÊCHE

Viele Menschen blicken ängstlich in die Zukunft: Werde ich gesund bleiben? Wird die Rente reichen? Welche Krisen müssen wir noch bewältigen? Solche Fragen sind nicht neu. Auch der antike Philosoph Epikur kannte sie. Sein erklärtes Ziel war es, die Menschen von ihren Ängsten zu heilen. Im fiktiven Interview mit dem Philosophen Christoph Quarch erklärt er, wie wir zu mehr Gelassenheit finden können.

von euch modernen Menschen ist, dass ihr euer Leben immer auf morgen vertagt und Angst davor habt, dass diese Zukunft ausbleibt. Deshalb empfehle ich: Begnüge dich mit wenigem und freue dich an dem, was da ist.

So einfach ist das nicht. Man muss arbeiten, um sein Geld zu verdienen und Vorsorge fürs Alter zu   : Herr Epikur, Hand aufs Herz: treffen. Das Leben ist anstrengend, man kann nicht Haben Sie angesichts der vielen Unruhen zu dauernd nur tun, was einem Spaß macht. Ihren Lebzeiten niemals Angst gehabt? Nicht das Leben ist das Problem – sondern : Doch, mein Freund, solche das bist du. Das Leben ist einfach. Was Situationen gab es. Zum Beispiel, brauchst du wirklich? Gesunde Nahrung, ein Dach über dem Kopf und als meine Eltern aus ihrer Heimat gute Freunde; vielleicht gelegentlich vertrieben wurden – aber da hatte ein gutes Buch und gute Gespräche, ich mehr Angst um sie als um mich. und ein Herz voller Dankbarkeit Aber weißt du, da war ich noch dafür, bei diesem großen Lebensjung. Später habe ich begriffen, spiel mitspielen zu dürfen. Das alles dass es keinen Sinn hat, angstvoll zu bekommen ist nicht schwierig. in die Zukunft zu blicken. Alle Sorgen kommen daher, dass du lauter Dinge haben willst, die du in Und dennoch: Tod, Armut, Sklaverei, Wahrheit gar nicht brauchst. KonKrankheit, Schmerzen – die Welt, in zentriere dich aufs Wesentliche: der Sie lebten, hatte viel zu bieten, „Deine Sorgen Das ist der Schlüssel zum Glück. wovor man sich ängstigen konnte. kannst du vergessen: Um die Welt, in der du lebst, steht es Sie kommen von Aber manchen Menschen fehlt auch nicht besser. Dingen, die du nicht selbst das Wenige, von dem Sie sagen, dass es für ein gutes Leben Deshalb reden wir ja miteinander. brauchst.“ ausreicht. Wie kommen Sie darauf, dass man Es hängt alles an der Haltung: Als ich sich angesichts all dessen nicht krank darniederlag und unsägliche Schmerzen litt, ängstigen müsse? war mein Herz noch immer voller Dankbarkeit für all Eigentlich gibt es nur zwei Dinge, vor denen Menschen das Gute, was mir widerfahren ist: ein Sonnenstrahl, Angst haben: Tod und Schmerzen. Aber warum? Der ein Windhauch, das Lächeln eines Freundes, die HilfsTod geht uns nichts an. Solange wir leben, ist er nicht bereitschaft eines Menschen. Das Leben gibt uns alles, da. Und wenn er da ist, leben wir nicht mehr. Warum was wir brauchen. Darauf sollten wir vertrauen. Don’t also Angst vor ihm haben? Ah, ich weiß, was du jetzt worry, be happy! denkst: Weil es dann mit dir vorbei ist. Aber was ist daran so schlimm? Du lebst jetzt. Jetzt ist der Augenblick, an dem du dich des Lebens freuen solltest. Wenn EPIKUR (341 –271/270 v. Chr.) gilt von alters her als Philosoph du dich jetzt des Lebens freust, wirst du morgen in der Freude. Damit hat er sich nicht nur Freunde gemacht. Im Frieden sterben können. Gegenteil: Zu allen Zeiten war er die bevorzugte Hassfigur aller „Lebe im Augenblick.“ Ist das nicht ein bisschen wenig für einen Philosophen von Ihrem Kaliber? Gemach, mein Freund, gemach. Erst müssen wir klären, was das heißt. Es heißt „sein“ und nicht „wollen“. Wenn du einfach nur „bist“ und nichts weiter „willst“, kannst du mutig in die Zukunft blicken. Dann hängt dein Glück nicht daran, dass du irgendwann etwas bekommst, was du heute haben willst. Das Problem

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Moralprediger und Ideologen, die ihn als Ahnherrn eines zügellosen Hedonismus verdammten. Tatsächlich aber ging es Epikur nicht, wie spätere „Epikureer“ meinten, um ein Maximum an Spaß, sondern um eine souveräne Selbstgenügsamkeit, die das Leben so nimmt, wie es ist.

CHRISTOPH QUARCH, 57, ist deutscher Philosoph, Gründer der Neuen Platonischen Akademie (akademie-3.org) und Autor zahlreicher philosophischer Bücher, zuletzt: „Kann ich? Darf ich? Soll ich? Philosophische Antworten auf alltägliche Fragen“, legenda Q, 2021.

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M EIN ERST ES M A L

BABSI ZANGERL

„Aus Lebensgefahr wurde Liebe“

Von den Felsen Vorarlbergs bis in Kaliforniens Granitund ohne Biwak-Ausrüstung. Also abseilen! Die Route wände: Es ist ein langer Weg, den Barbara Zangerl, hat unzählige Quergänge, die wir nun im Schein unsegenannt Babsi, zurückgelegt hat, und ein Gutteil verrer Stirnlampen zurückklettern mussten. Die Abseillief brutal vertikal. Wegen einer verletzten Bandscheibe punkte bestanden aus wackeligen, teils verrosteten wechselte die Österreicherin Haken, fast jeden mussten wir 2009 vom Bouldern zum Sportnoch einmal zusätzlich sichern. klettern. In den folgenden vier Aber trotz allem war da nur Jahren absolvierte sie dann als noch dieses eine Ziel, das wir erste Frau die „Alpine Trilogie“, beide vor Augen hatten: es gemeinsam auf sicheren Boden zu drei ikonische Routen mit dem schaffen. Ich war so müde, dass Schwierigkeitsgrad 8b+. ich an einem Stand einschlief 2019 wurde die heute – und wachte erst auf, als ich 34-jährige Röntgenassistentin Jacopos Stimme von der anderen aus Bludenz vom „National Seite einer Kante hörte. Aber er Geographic“-Magazin zur Abenteurerin des Jahres gekürt. „Sie konnte damals noch nicht so gut ist so eine entspannte ErscheiDeutsch, und ich verstand seine nung, dabei ist sie die beste AllRufe nicht. War es Deutsch? War rounderin der Welt“, schwärmt es Italienisch? Was wollte er? Ich Steilwand-Star Alex Honnold. hatte keine Ahnung. Schließlich 0:00 –36:17 Und das tut auch noch ein andekapierte ich doch irgendwie, dass Babsi Zangerl rer: Mit dem Südtiroler Kletterer sich eines der Seile verhängt hatte Mein erstes Mal – der Podcast Jacopo Larcher, 32, verbindet und ich es befreien sollte. Und so sie eine berufliche und private hatten wir ein Problem nach dem Partnerschaft: Das war für Babsi anderen in dieser Nacht. nach dem ersten dramatischen Gipfel klar … Ich weiß nicht genau, wie – doch „Wir hatten nur um sieben Uhr früh erreichten wir noch ein Ziel: „Mein erstes gemeinsames schließlich den Fuß der Wand. Projekt mit Jacopo war 2014 die Fix und fertig, aber egal: Wir hatgemeinsam sicheren ten eine extreme Situation überRoute ‚Tempi Moderni‘ (7+) in Boden zu erreichen.“ lebt und dabei kein einziges Mal der Marmolata-Südwand in den gestritten. Beide hatten wir Ruhe Dolomiten – mit 850 Metern und Kletterin Babsi Zangerl, 34, über die und Humor bewahrt. Das war 30 Seillängen eine richtig hohe Bergnacht, die ihr Leben veränderte für mich ein Zeichen, dass wir und anspruchsvolle Wand. Jacopo und ich hatten uns bei einem auch in schwierigen Momenten Wettbewerb in Südtirol kennengelernt, und unser gut zusammenpassen. Ja, dieses Erlebnis brachte uns erstes Date sollte dieser Tour-Klassiker sein. Daraus noch enger zusammen. Und außerdem spricht Jacopo wurde auch gleich unser erster Stresstest als Paar. Wir mittlerweile richtig gut Deutsch.“ wählten diese relativ kurze Route, denn wir wollten innerhalb eines Tages zurück sein. Voll Optimismus starteten wir um 3 Uhr früh und planten, spätestens um 16 Uhr am Gipfel zu stehen: Das würde sich, dachten wir, dann noch für die letzte Talfahrt der Gondel ausgehen. Ja, würde. Denn vier Seillängen vor dem „MEIN ERSTES MAL“ IST DIE RED BULLETIN-PODCAST-SERIE, in der Ausstieg war uns mit einem Mal klar: Irgendwo da Heldinnen und Helden über ihre erste große Krise sprechen. Die Folge unten hatten wir uns in eine Sackgasse verstiegen. mit Babsi Zangerl, in der sie über ihren Wechsel vom Bouldern zum SportEs wurde schon kalt und dunkel. Die letzte Gondel klettern erzählt, gibt’s im Podcast-Kanal von The Red Bulletin – auf allen gängigen Plattformen wie Spotify und auf redbulletin.com/podcast war schon weg. Und wir nur noch mit wenig Proviant

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THE RED BULLETIN

FRANÇOIS LEBEAU

Babsi Zangerl, 34, gilt als beste Allroundkletterin der Welt. Hier erzählt sie vom ersten Date mit ihrem Partner Jacopo Larcher: Es mündete in einer Extremsituation, die sie erkennen ließ: „Dieser Ragazzo ist der Richtige!“


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Rock Stars

Er drückt ab, wenn sie abspringen: Der neuseeländische Sportfotograf Dean Treml begleitet seit 13 Jahren die Red Bull Cliff Diving World Series. Ein Job an der Klippe – hier sind seine besten Bilder. Protokoll DAVID PESENDORFER


Azorenhoch

Orlando Duque, Azoren, Portugal, 2012 Rechts die Steilküste, links ein Monolith. Und dazwischen, winzig klein, obwohl eigentlich der Größte: Orlando Duque, neunfacher Weltmeister im Klippenspringen.

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P O RT FO L IO

Das Amen des Adlers

Sergio Guzman, Dublin, Irland, 2019 Der 21-jährige Mexikaner steht hier auf einer 27 Meter hohen Plattform. Er hat Gänsehaut. Nicht nur wegen der Kälte. Vor dem Sturzflug noch ein Moment der Einkehr. „Ich wäre gerne ein Adler“, sagt Sergio.

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Der Kniefall

Oleksiy Prygorov, Dublin, Irland, 2019 Nach dem Absprung: Der ukrainische Kunstspringer hat sich eingerollt, die Beine angewinkelt, bis zur Landung zeigt er noch zwei Figuren. Die Zuschauer sind klein wie Punkte – also noch genug Flugzeit. THE RED BULLETIN

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P O RT FO L IO

„Diese Brücke verbindet Moslems und Christen. Und Springer aus aller Welt.” Dean Treml


Zeitensprünge

Andy Jones, Mostar, Bosnien und Herzegowina, 2021 Seit dem 16. Jahrhundert springen die Männer von Mostar in die Neretva. Bei der Red Bull Cliff Diving World Series steht zusätzlich noch ein 8 Meter hoher Holzturm auf der 19 Meter hohen Brücke. Hier in der Luft: US-Cliffdiver und Stuntman Andy Jones.

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P O RT FO L IO

Gummi, Gummi

Jonathan Paredes, Sisikon, Schweiz, 2018 Fotograf Dean Treml konnte gar nicht anders: „Die Gummiboot-Flotte schrie mich förmlich an: Wir sind dein Hintergrund!“ Im Vordergrund performt der Mexikaner Jonathan Paredes – biegsam wie Gummi.

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„Ich liebe diese Momente, in denen die Athletinnen trotz höchster Spannung tief in sich ruhen.“ Dean Treml

Ziemlich spannend

Jacqueline Valente, Sisikon, Schweiz, 2018 Rechte Hand trifft linken Fuß und umgekehrt. Mehr Dehnen und Stretchen geht nicht – und dennoch ruht die 26-jährige Brasilianerin völlig in sich selbst. Spannung trifft Kontemplation. Und umgekehrt.

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P O RT FO L IO


Modern Art

Michal Navrátil, Boston (Mass.), USA, 2012

Viel Glas, viel Spaß. Und unten dann viel Nass. Der Tscheche Michal Navrátil segelt die Front des Institute of Contemporary Art entlang. Ein Bild wie ein Gesamtkunstwerk.

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„Hinter der Ästhetik die Anstrengung: Auch das sollen meine Fotos zeigen.“ Dean Treml

Im Blindflug

Gary Hunt, Mostar, Bosnien und Herzegowina, 2019 Der Name verrät’s: Gary Hunts Job ist die Rekordjagd. Bereits neunmal gewann der Brite mit dem französischen Pass bisher die Red Bull Cliff Diving World Series. Sogar mit geschlossenen Augen. THE RED BULLETIN

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P O RT FO L IO

DER FOTOGRAF

DEAN TREML

Zuerst zog es den gebürtigen Neuseeländer Dean Treml, 56, tief hinunter: Meeresbiologe hatte er ursprünglich werden wollen. Mittlerweile lauert er meist ganz, ganz oben – dort, wo die besten Cliffdiver und Cliffdiverinnen abspringen, oder irgendwo am Rande ihrer Sturzflugroute, auf Felsvorsprüngen oder provisorischen Plattformen an den steilsten Locations der Welt. Dean war vierzehn, da machte es klick: Er beschlagnahmte Mamas alte Kamera und ergänzte sie, mit Geld vom Ferienjob, um ein neues 35-Millimeter-Objektiv. Lokale Sportevents. Klick, klick. Hochzeiten. Klick, klick, klick. Und – hoch sollte es bleiben! Seit 2009, seit deren Geburtsjahr, ist Dean Teil der Red Bull Cliff Diving World Series; die Athletinnen und Athleten vertrauen ihm und lassen ihn ganz nah heran. „Ich liebe diesen Mix aus Athletik und Ästhetik“, sagt er. Mittlerweile lebt Dean in der Schweiz, ist weltweit gebuchter Sportfotograf und veröffentlicht in der „New York Times“, in „National Geographic“, „Sports Illustrated“ und The Red Bulletin. Der Mann hat den Sprung geschafft! Instagram: @deantreml

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Parallelschwung

Rhiannan Iffland, Bilbao, Spanien, 2019

Es ist nur ein Trainingssprung. Und doch das Standbild des perfekten Moments – in dem die Australierin Rhinnan Iffland und das Geländer des Guggenheim-Museums Parallelen bilden.

„Es war nur ein Trainingssprung – und doch dieser eine, perfekte Moment!“ Dean Treml


www.tirol.at

HART G LÜ C KL I C H.


Film

war ein Partygirl, bestaunt, begehrt, aber fremdgesteuert. Nun führt die Schauspielerin in ihrem Leben nur noch selbst Regie. Ihre Kraftquelle? Das winzige Wörtchen „Nein“. Interview RÜDIGER STURM

Sienna Miller, das glamouröse Partygirl? Diese Zeiten sind vorbei. Längst ist die Britin dank Filmen wie „American Sniper“ oder „Die versunkene Stadt Z“ als ernstzunehmende Schauspielerin etabliert. Zuletzt stand sie im Zentrum des NetflixPolit-Thrillers „Anatomie eines Skandals“. Mit ihren 40 Jahren hat sich Miller nun von ihrem eigenen Klischee befreit – und ihre Persönlichkeit ganz bewusst weiterentwickelt. Im Gespräch erklärt sie, wie sie sich von überkommenen Denkmustern befreite. Und wie sie ihre neunjährige Tochter zu einer starken, unabhängigen Frau erzieht.   : Sie haben sich in der Filmbranche durchgesetzt – was man derzeit auch an der Hauptrolle im Netflix-Mehrteiler „Anatomie eines Skandals“ sehen kann. Was war für den Karrieresprung entscheidend?  : Ich habe mich nicht mehr auf bestimmte Rollen fixieren lassen und mir die richtigen Regisseure gesucht. Und es war auch ganz wichtig, dass ich niemandem mehr einem Gefallen tun wollte. Früher habe ich bestimmte Dinge, zum Beispiel ein geringeres Gehalt als Männer, noch akzeptiert, auch wenn es sich falsch anfühlte – nur weil ich dankbar war, einen Job zu bekommen. Und das tue ich nicht mehr. Ich will es niemandem mehr recht machen und sage auch einmal ganz einfach Nein.

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Was hat dafür den Ausschlag gegeben? Die Solidarität unter uns Frauen, die ich seit ein paar Jahren viel stärker spüre. Wenn ich mich gegen etwas auflehne, dann habe ich die Unterstützung einer ganzen Armee von Geschlechtsgenossinnen. Außerdem habe ich in meinem Alter ein besseres Verständnis dafür, wer ich wirklich bin. Ich bin ein neugieriger Mensch, ich will glücklich sein. Und dieses Wissen um meine Prioritäten gibt mir inneren Frieden und Stärke. Was waren die Hemmschwellen, die Sie auf dem Weg zu sich überwinden mussten? Ich komme noch aus einer Generation, in der Frauen viel mehr Ungerechtigkeiten oder anzügliches Verhalten von Männern hingenommen haben. Das war eben einfacher, als zu protestieren. Abgesehen davon ging ich auf eine konservative Schule, die kein progressives Denken zuließ. Man wurde da regelrecht zu einem reaktionären Menschen erzogen. Wie haben Sie das alles abgelegt? Das war ein langer Prozess. Aber ganz wichtig war es, dass ich diese Schulwelt verließ und in die Kulturbranche einstieg. Die Leute dort waren viel aufgeschlossener, was meinen Horizont stark erweitert hat. Ich begann auf einmal, die ganze Gesellschaft infrage zu stellen. Ich rebellierte, und mein Pendel schwang von der konservativen in die entgegengesetzte Richtung: Heute bin ich eine begeisterte Linke!

Nachdem Sie nun selbst dieses Bewusstsein erlangt haben – was tun Sie weiter für Ihre persönliche Entwicklung? Je älter ich werde, desto wichtiger ist es für mich, meinen Intellekt zu kultivieren. Ich interessiere mich sehr für Psychologie und Philosophie – zwei Fächer, die wir leider nicht an der Schule hatten. Deshalb habe ich schon Einführungskurse zu diesen Themen besucht. Wann immer ich eine Bildungslücke bei mir entdecke, versuche ich, sie zu schließen. Abgesehen davon möchte ich mich auch beruflich weiterentwickeln. Ich würde gerne Regie führen. Früher hatte ich noch Bedenken, das öffentlich einzugestehen. Grundsätzlich will ich mich stärker in die kreative Arbeit an Filmen einklinken – etwa auch in die Produktion. Doch streng genommen möchte ich keine langfristigen Pläne schmieden. Warum nicht? Weil ich in der Gegenwart lebe. Instagram: @siennathing, aktuell auf Netflix: „Anatomie eines Skandals“

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SHAYAN ASGHARNIA/AUGUST/PICTUREDESK.COM

Sienna Miller

Sie haben eine neunjährige Tochter namens Marlowe. Wie sorgen Sie dafür, dass sie nicht in dieselben Denkmuster verfällt wie Sie als Teenager? Die Voraussetzungen haben sich geändert, zum Glück gibt es in der Gesellschaft einen Paradigmenwechsel. Ich habe aber auch selbst dafür gesorgt, dass Marlowe progressives Denken lernt. Deshalb habe ich sie in eine Schule gesteckt, wo Fragen von Ethik und politischer Verantwortung diskutiert werden. Wir waren auch schon gemeinsam auf Demonstrationen für Frauenrechte. Daher hat sie ein ganz anderes Bewusstsein als ich in dem Alter, sie will es niemandem recht machen. Darauf bin ich stolz.


„Meine Tochter ist neun – gemeinsam demonstrieren wir für Frauenrechte.“ Sienna Miller, 40, über ihren Alltag als ganz normale Mutter

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Basketball

verwandelte ihre Legasthenie in Poesie, ihre Angst in Mut und Basketball in einen noch viel bunteren Sport. Indem sie Grenzen im und auf dem Kopf überwand. Text RACHAEL SIGEE

Foto SADIA MIR

Wenn Asma Elbadawi in der Schule Tests zurückbekam, waren sie mit Anmerkungen in Rot übersät. „Ständig hat man mir gesagt, dass meine Rechtschreibung nicht passt, und mit der gestochenen Ausdrucksweise von Aufsätzen kam ich auch überhaupt nicht klar“, erinnert sich Elbadawi. Dann entdeckte sie die Lyrik für sich. Der Legasthenikerin eröffnete sich eine ganz neue Welt an Ausdrucksmöglichkeiten. „Legasthenie ist eine von diesen ‚Schwächen‘, mit denen du komplett unkonventionell denken kannst“, erklärt sie. „Du stellst Zusammenhänge her, die andere nicht sehen.“ Vielleicht war es dieser andere Blick auf die Welt, der Elbadawi nicht nur Dichterin werden ließ, sondern auch Basketballspielerin und bildende Künstlerin. Derzeit ist sie Artist-in-Residence an der Jan van Eyck Academie in Maastricht in den Niederlanden, während ihr erster Gedichtband, „Belongings“, ihrem zweifachen Erbe als britischer Sudanesin auf den Grund geht. Für ihren Aktivismus im Sport ist Asma weithin bekannt: 2017 führte sie eine Kampagne zur Abschaffung des Hidschab-Verbots für Profi-Basketballerinnen auf dem Platz. Mit Erfolg. „Ich bin einfach ein Mädchen aus Yorkshire und habe für etwas gekämpft, was mir wichtig ist, und

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wir alle haben dabei zusammengehalten“, freut sich Elbadawi, die im Sudan geboren und in Bradford in Nordengland aufgewachsen ist. „Das hat mir die Kraft der Gemeinschaft gezeigt – und dass ich nie glauben darf, dass meine Stimme für irgendwas nicht stark genug ist.“ Die breite Streuung ihrer Interessen und die Entschlossenheit, sie zu verfolgen, ist für Asma ein Grund zum Feiern. „Schon als Kind habe ich Sport, Kunst und Lyrik geliebt und musste mir anhören, dass das keine Zukunft habe. Aber ich konnte mir nie einen anderen Weg vorstellen.“ Wie es in ihrem Gedicht „Banshee“ so schön heißt: „Being anything but me would be a tragedy …“ Alles andere, als ich zu sein, wäre eine Tragödie.   : Wie bringst du Basketball und Lyrik unter einen Hut?  : Das ist gar nicht so leicht. Meine Gedichte zwingen mich, verletzlich und durchlässig zu bleiben, aber im Sport muss ich die härteste Version meiner selbst sein. Kaum zu glauben, aber mir hat die Lyrik geholfen, eine bessere Basketballerin zu werden. Welche Fähigkeiten nimmst du aus diesen beiden Welten mit? Im Sport bin ich die Art Mensch, die immer perfekt sein will. Als ich als Poetin zum ersten Mal aufgetreten bin, habe ich auf der Bühne Fehler gemacht, und es hat niemanden gestört. Da habe ich erkannt, dass es okay ist, Fehler zu machen.

Was sagst du jenen, die finden, Sportlerinnen und Sportler sollten ihre Meinung nicht äußern? Meine erste rassistische Erfahrung im Sport hat sich angefühlt wie eine Strafe dafür, dass ich etwas gesagt hatte. Jahrelang war ich der Meinung, Sportlerinnen sollten einfach spielen und zu ihrer eigenen Sicherheit neutral bleiben. Dann habe ich erkannt, wie viel es bringt, eine Bühne zu haben. Wenn du eine Athletin bist und deshalb eine Bühne hast, gibt dir das die Verantwortung, für die einzutreten, die keine Stimme haben. Du solltest etwas sagen, wenn du siehst, dass etwas nicht in Ordnung ist. Inwiefern spielst du mit den Erwartungen anderer? Wir dürfen nie zulassen, dass andere definieren, wer wir sind und wer wir sein können. Es geht darum, uns gegenseitig zu befeuern, unser Potenzial zu erreichen – ganz ohne Grenzen im Kopf. Instagram: @asmaelbadawi

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SADIA MIR/REDEFINING CONCEPTS

Asma Elbadawi

Welche Hürden erleben Frauen mit Kopftuch im Sport? Frauen aus meiner Community kennen die üblichen Wege zu einer sportlichen Karriere überhaupt nicht. Das hat zum Teil damit zu tun, dass wir nicht sichtbar sind. Die Leute gehen davon aus, dass unsere Familien uns gar nicht erlauben, solche Berufe zu ergreifen. Meine Turnlehrer wären zum Beispiel nie auf die Idee gekommen, mich zu ermuntern, mit einem Team an Netball-Bewerben (eine Art Basketball; Anm.) teilzunehmen, obwohl ich voll drauf abgefahren bin. Das zweite große Hindernis ist, dass Frauen nicht genauso viel bezahlt bekommen wie Männer, nicht einmal im Spitzensport. Ich kenne so viele Athletinnen, die Teilzeit als Lehrerinnen oder in der Bank arbeiten, nur damit sie weiter Profisport machen können.


„Ich bin ein Mädchen aus Yorkshire. Wir halten zusammen.” Asma Elbadawi definiert selbst, wer sie ist.

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Musik

Seiler & Speer haben ihre Songs mit großem Orchester neu interpretiert. Hier erzählen die Austro-Popstars von ihrem musikalischen Armageddon – und einem stillen Höhepunkt im Bachbett. Text WOLFGANG WIESER

Foto PETER RIGAUD

Wir treffen die Österreicher Christopher Seiler, 35, und Bernhard Speer, 38, in der 230 Quadratmeter großen „Prince of Wales“-Suite im Wiener Hotel Bristol: das perfekte Ambiente, um ihren ersten „klassischen“ Auftritt zu würdigen. Für Red Bull Symphonic traten die Austro-Popstars kürzlich im Wiener Konzerthaus zusammen mit einem 60-köpfigen Orchester auf. Es war das erste Mal, dass die beiden ihre Lieder mit Orchester interpretierten. Die Highlights dieser legendären Premiere gibt es nun auch als Live-Album („Red Bull Symphonic“).   : Wir möchten über eure Konzerthaus-Premiere und andere erste Male reden. Nicht über das erste Mal …  : Ah, eh nicht, okay. Das wäre ziemlich peinlich.  : Das, glaube ich, ist praktisch immer peinlich. Wann seid ihr das erste Mal mit klassischer Musik in Berührung gekommen? : Spät. Erst mit Filmmusik vom Hans Zimmer zum Beispiel oder mit Trevor Rabins Musik von „Armageddon“ (Science-Fiction-Blockbuster mit Bruce Willis von 1998; Anm.). Wir hätten unter Klassik eher Mozart oder Schubert verstanden. : Nicht nur! Meine erste Berührung mit klassischer

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Musik hatte ich mit Disney-Filmen. Da sind sehr viele klassische Elemente drin. Aber ich habe tatsächlich in meiner … (greift nach seinem Handy, scrollt). Ich bin so ein iTunes-Käufer. Na, was kommt da? „100 Meisterwerke der Klassik“. Könnt ihr euch noch erinnern, wann ihr das erste Mal auf der Bühne gestanden seid? : Ja, wir waren so eine kleine Rockband. Ich an der Gitarre und am Gesang, bei einem Straßenfest … es war eine Katastrophe. : Das war definitiv beim Schultheater, und ich habe den klassischen Österreicher gespielt. Ich erinnere mich gerne an diesen Franzosen neben mir – also an den, der den Franzosen gespielt hat. Der hat ein Baguette gehabt und einen Camembert, ist ja klar, nicht? Seid ihr heute noch nervös, wenn ihr auf die Bühne geht? : Nein. Angespannt. Aber wenn du nicht angespannt bist, bist du kalt, dann bist du tot. Und dann wirst du auf der Bühne keine Leistung bringen. Was ist geiler, das erste Mal Gold oder das erste Mal Platin? : Auf jeden Fall Gold. : Platin, das interessiert dich dann gar nicht mehr. : Es schaut auch nicht so schön aus. : Die erste Goldene löst Emotionen aus. Alles, was danach kommt, nicht mehr. Darum ist das Thema „Das erste Mal“ ja so schön.

Apropos Erfolg: Was war eure erste große berufliche Krise? : Die erste große Krise … hm, was war das? : Ich beschäftige mich nicht so mit unseren Krisen, dass ich es jetzt …  (lacht und macht Bernhard nach): „Ich beschäftige mich nicht so …“ – das ist eine Politikerantwort. : Ich glaube, da werdet ihr aus uns keine Geschichte rauskitzeln. Weil das klingt ja wie eine Paartherapie. : Reden wir lieber übers erste Mal. : Reden wir übers erste Mal. Gut, reden wir übers erste Mal. : Das war am Rande des Feuerwehrfestes von Wöllersdorf, einer kleinen Gemeinde im ländlichen Niederösterreich. Hinter diesem Festgelände ist die Piesting. Das ist so ein Mittelding zwischen Fluss und Bach. Da bin ich drin gelegen und die Dame halt auf mir drauf. Warum auch immer. Und ich weiß noch eines: Das war nicht schön. Weil hinter mir waren solche komischen Sträucher. Und die haben Dornen gehabt. Und ich bin in der Früh blutig im Bett aufgewacht, und meine Mama hat gefragt: „Was hast du gemacht?“ Und was hat der Bub gesagt? : Gar nichts. Ich habe innerlich geplärrt und wollt nur einen Kakao. Seiler und Speer treten im September in Eggenfelden (3. 9.), Burglengenfeld (4. 9.) und Radolfzell am Bodensee (5. 9.) auf. Info: seilerundspeer.at Das Album „Red Bull Symphonic“ gibt es ab sofort auf Tonträger und allen bekannten Streaming-Plattformen. Die ganze Show: auf Red Bull TV

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„Die erste goldene Schallplatte löst Emotionen aus, viel schönere als Platin.“ Christopher Seiler (li.), 35, und Bernhard Speer, 38, über Erfolg

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Slopestyle

DER RADKROBAT

Slopestyle ist die schwierigste Form des Mountainbikens. Und EMIL JOHANSSON, 23, ist der beste Slopestyler der Welt. Hier erzählt er, wie er sich aus einer tiefen Lebenskrise befreite. Und warum es hilft, einen Schritt zurück zu machen, um bald wieder ganz oben zu stehen.

ALE DI LULLO

Text WERNER JESSNER

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Das Bike in der Luft und parallel zum Boden: Slopestyle-Ass Emil Johansson zeigt den „Euro Tabletop“.


Kopfzeile

„Viele wollen mich verlieren sehen – ich hab nichts dagegen.“ Mountainbiker Emil Johansson, 23, über den entspannten Umgang mit Konkurrenz


Slopestyle

„Ich habe mich in meiner Liebe verloren und immer, immer weitergemacht.“

DANIEL AHLGREN

S

lopestyle ist jene Spielart des Mountainbikens, die die größten motorischen Fähigkeiten verlangt. Selbst geübte Zuschauer müssen manchmal die Zeitlupe bemühen, um zu verstehen, wer und was wie oft rotierte und um welche Achsen. Slopestyle ist auch jene Spielart, die den meisten Mut erfordert. Nirgendwo sonst fallen die Sprünge so hoch und so weit aus. Nirgendwo sonst ist es für Alltagsbiker so utopisch, den Kurs auch nur irgendwie zu bewältigen. Zwischen Absprung und Landung liegen oft mehr als zehn, manchmal auch zwanzig Meter. Wer zu schnell auf die gigantischen Jumps zufährt, hat ein Problem. Wer zu langsam ist, aber auch. Slopestyle ist ein Publikumsmagnet. Die großen Events wie Red Bull District Ride, Red Bull Joyride oder die Stopps der Crankworx World Tour ziehen die Massen nicht nur vor die Monitore, sondern auch zu den Events. Vor allem ist Slopestyle ein sehr junger Sport, nimmt man das Alter der Top-Athleten als Maßstab. Auftritt Emil Johansson, gerade 23 geworden. Der blonde Schwede aus der Stadt Trollhättan kürte sich 2017 mit gerade einmal 18 Jahren zum Sieger der Gesamtwertung – als jüngster Fahrer der Slopestyle-Ära. „Das wird der nächste Unstoppbare“, hatte Slopestyle-Legende Brandon Semenuk prophezeit. Und die Legende sollte recht behalten.

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Doch nach dem großen Triumph, eingefahren beim Red Bull District Ride in Nürnberg vor über hunderttausend Zuschauern, wurde es Zeit, sich den Rückenproblemen zu widmen, die den jungen Überflieger plagten. Emil konsultierte zwei Ärztinnen in München, die dem Leiden gemeinsam auf die Schliche kamen: Emil litt an Hashimoto-Thyreoiditis und einer Infektion, her vorgerufen durch das Epstein-Barr-Virus. Diese beiden Autoimmunerkrankungen waren auch der Grund, weshalb er oft selbst nach zwölf Stunden Schlaf wie gerädert aufwachte. Mit einer Kombination aus Medikation und Physiotherapie wurde Emil zunächst körperlich stabilisiert. Die Krankheit ist nicht weg, aber sie ist voll unter Kontrolle. Der Rest passierte in Emils Kopf. Im vergangenen Jahr wiederholte er seinen Slopestyle-Gesamtsieg, gewann alle großen Events, bei denen er antrat, und schrieb sich als zweiter Fahrer überhaupt in den Triple Crown Club für drei Siege in der höchsten Kategorie innerhalb eines Jahres ein. Emil ist zurück. Aber der beste Emil, verspricht Emil, kommt erst.   : Was verbindest du mit München, wo deine Karriere so richtig begonnen hat?  : Gemischte Gefühle. In München bin ich mit 16 Jahren meinen

ersten Event der höchsten Kategorie gefahren. Es war so was wie mein Durchbruch auf der großen Bühne. Das war ziemlich emotional. Eineinhalb Jahre später war ich dann zum ersten Mal wegen meiner medizinischen Probleme dort. Auch die dunkelste Zeit meines Lebens spielte in München. Aber es ist doch gut ausgegangen? Ich hatte großes Glück. Das waren nicht die Klischee-Ärzte, die hören, ach, Mountainbiker mit Rückenweh, ein paar Painkiller, und weiter geht’s. Wir haben eine tiefe persönliche Beziehung entwickelt. Ich glaube, ich werde ihnen nie zurückzahlen können, was sie für mich getan haben. Wen siehst du, wenn du auf den 18-jährigen Emil zurückblickst? Ein sehr entschlossenes Kind. Eines, das alles unternimmt, um seine Leidenschaft zu seinem Leben zu machen. Damals hatte ich keine Ahnung von Effizienz, von Training. Ich bin bloß auf dem Rad gesessen, weil ich es geliebt habe. Mein Körper hatte gar keine Chance, sich zu regenerieren. Die Balance hat völlig gefehlt. Ich habe mich in meiner Liebe verirrt und einfach immer, immer weitergemacht. Heute bin ich schlauer. Auch – und gerade – wegen der Krankheit. 45


Slopestyle

Wie hast du dein Training umgestellt? Schwierig, das in einzelne Übungen runterzubrechen. Entscheidend war das Mentale. Das Internet ist voll mit Motivatoren: „Gib immer alles, dann kannst du alles schaffen“, solche Sachen. Was aber, wenn man – so wie ich – ohnehin schon alles gibt? Dann brennst du aus. Schläfst zu wenig. Regenerierst dich nicht mehr. Ernährst dich womöglich auch noch schlecht. Dann beginnt sich die Spirale zu drehen, die Resultate werden schlechter. Du arbeitest noch härter. Bist erst recht müde. Für mich war entscheidend, einen Schritt zurück zu machen. Mein Leben anzuschauen. Routinen zu etablieren, die mir und meinem Körper guttun. Ich bin heute viel reifer.

krank. Keine Kraft, um Rad fahren zu gehen. Darüber hinaus kann es immer diese allgemeine Verunsicherung geben, die sich in Kleinigkeiten äußert – die einen jedoch aus der Bahn werfen können. Sogar Familienessen haben mich gestresst. Schwierig zu beschreiben, ich musste mich selbst wiederfinden. Konntest du dich mit anderen Menschen austauschen? Jeder funktioniert da anders. Ich habe nicht viel geredet. Es weiß ohnehin jeder, dass die Krankheit da ist.

Folgende Theorie: Slopestyler sind die Rockstars des Mountainbikens: Party, Action, keine Schmerzen. Du hast den inneren Rockstar gezähmt. Haha, von allen Fahrern bin ich definitiv am wenigsten ein Rockstar! Aber es stimmt schon: Ich beobachte bei anderen Fahrern, wie sie den Fokus verlieren. Wie sie Dinge zuerst machen, die sie von dem ablenken, was sie eigentlich lieben, nämlich das Radfahren. Wenn du in diesem Sport etwas schaffen willst, musst du Ablenkungen ausblenden und auf die Zeit nach der Karriere verschieben.

Hast du Freunde unter deinen Gegnern? Oh ja. Mit Erik Fedko und Nicholi Rogatkin sogar meine zwei größten Gegner! Das ist schon cool in unserem Sport: Es geht um den perfekten Run. Wenn einer besser ist: geil! Dass sich Boxer vielleicht hassen müssen, kann ich nachvollziehen. Bei uns ist das anders. Wir hängen gemeinsam ab und trinken nach dem Contest ein Bier miteinander. Es bringt keinem was, die anderen zu hassen. Meine Gegner können vielleicht mein Ergebnis beeinflussen, aber nicht meinen Run. Als ich in die Szene gekommen bin, war die Stimmung noch etwas rauer. Das hat sich in den letzten Jahren definitiv geändert, und ich finde es gut.

Wie hat es sich angefühlt, nicht aufs Rad zu können? Wahnsinnig schmerzhaft. Es war nicht nur der Umstand, nicht aufs Bike zu können. In dieser Zeit war ich einfach nicht ich selbst. Ein Fremder in meinem Körper, alles war anstrengend. Ein paar Monate lang hatte ich null Energie. Ein Tag im Fitnesscenter – am nächsten Tag

Dämpft es nicht die Stimmung der Gegner, wenn du jeden einzelnen Contest dominierst? Viele wollen mich verlieren sehen! Da hab ich nichts dagegen, das ist völlig normal im Sport. Das Härteste ist immer, den nächsten Contest zu gewinnen. Kleinigkeiten entscheiden, und unser Sport ist wahnsinnig komplex, ein Mosaik aus

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Kleinigkeiten. Fehler können jederzeit passieren: Du schätzt den Wind falsch ein. Den Absprungwinkel. Den Rollwiderstand. Die Rotation. Schon ist es passiert. Klar sieht es von außen schwierig aus, was wir machen, aber glaube mir: In der Realität ist es noch schwieriger. Wie jede Siegesserie wird auch meine eines Tages abreißen. Damit habe ich kein Problem. Ich bin eher demütig, dass meine Ergebnisse aktuell so gut sind. Hat dich die Siegesserie selbst überrascht? Ganz ehrlich? Nein. Ich weiß ja, wie viel ich investiert habe. Und ich weiß, was ich konnte, bevor ich so viel investiert habe. Es ist die Evolution von Emil. Als ich zurückgekommen bin, war ich körperlich richtig schwach. Seither habe ich zehn Kilo Muskelmasse zugelegt. Das sowie mein Reifeprozess als Athlet sind eine ganze Menge Kapital, und es gibt einfach keinen Grund, warum ich heute nicht besser sein sollte als vor drei Jahren. Was bedeuten dir Ergebnisse? Ich hänge nicht so sehr an Ergebnissen. Wenn ich am Start stehe, will ich den besten Run runterbringen, den ich mir vorstellen kann. Sieg? Fein. Letzter Platz? Auch okay, solange es für mich gepasst hat. Das ist der Drive: dass ich so fahre, wie ich es mir vorgestellt habe. Was betrachtest du als deinen bisherigen sportlichen Höhepunkt? Keinen Sieg, sondern Platz vier bei meinem Comeback 2018. Allein den Kurs bewältigt zu haben – etwas, das Monate davor völlig undenkbar gewesen wäre. Ich war noch ziemlich schwach, aber ich war da. Stand oben. Konnte fahren. Sah ein Licht am Ende des Tunnels. Ich wusste, ich würde zurückkommen. Das war das Schönste, und darum war ich im Ziel auch so emotional und musste sogar weinen. Der WM-Titel letzte Saison war die endgültige Bestätigung: Jetzt bin ich tatsächlich zurück. Wohin geht die Reise? Ich arbeite ständig an neuen Tricks, die ich noch nie gemacht habe. Diesen Sommer werde ich viel auf dem Bike sitzen. Ausgewählte Events fahren. Wie zum Beispiel den Red Bull District Ride in Nürnberg. THE RED BULLETIN

DANIEL AHLGREN

„Gib immer alles, dann kannst du alles schaffen – das Netz ist voll solcher Botschaften. Aber was, wenn man ohnehin schon alles gibt?“


3. Bodenlos: Emil richtet den Körper wieder auf und bereitet sich auf den Landeanflug vor.

1. Volle Konzentration: Emil Johansson auf seinem Trainingsparcours im schwedischen Falun kurz vor dem Absprung.

4. Der Touchdown: Eine perfekte Landung, beide Reifen berühren gleichzeitig den Boden. Entscheidend dafür ist die Geschwindigkeit beim Absprung. 2. In der Luft: ein „Backflip invert“ – ein Rückwärtssalto, bei dem Emil den Reifen zur Schulter zieht.


Slopestyle

Vor viereinhalb Jahren hat dort meine erste Karriere geendet. Vor zehntausenden Fans. Mit dem Titel der FMB World Tour. Das macht mich noch immer ein wenig – überrascht? Demütig? Da, wo ich herkomme, wird man nicht einfach Mountainbiker, der wie ein Rockstar in der Nürnberger Altstadt steht und sich als bester Slopestyler der Welt feiern lässt. In meiner Kindheit gab es vielleicht ein oder zwei Jungs, mit denen man auf Fahrrädern von Gehsteigkanten springen konnte. Es war ein langer Weg, für den ich als Teenager die Stadt gewechselt habe, um in Falun bessere Trainingsbedingungen zu haben. Vor zehn Jahren machte ich meinen ersten Backflip (Rückwärtssalto, Anm.). Fünf Jahre später war ich Weltmeister. Keine Ahnung, wie das so schnell gehen konnte! Das verbinde ich mit dem Red Bull District Ride. Wie fühlt sich der Red Bull District Ride in der Altstadt für den Fahrer an – etwa im Unterschied zu einem Event auf einem Berg? Es sind so viele Menschen! Auf dem Bike verschwimmen sie zu einer bunten Masse wie in einem psychedelischen Tunnel. Eine bunte Verschwommenheit, zu ver-

„Abkürzungen funktionieren nicht. Im Leben geht es um den Weg. Um den Prozess.“ rückt, um sich real anzufühlen. Genau wie der Blick vom Startturm. Ich brauche immer Zeit, um das zu verarbeiten. So nahe kommt man als kleiner Radfahrer dem Gefühl, ein Rockstar zu sein, nirgendwo sonst. Ziemlich crazy! Martin Söderström war der erste schwedische Slopestyle-Star und dein deklariertes Vorbild. Heute bist du die Nummer eins. Fungierst du mittlerweile als Mentor für junge Fahrer? Mentor ist ein zu starkes Wort. Natürlich helfe ich, wo ich kann, wenn man mich fragt. Aber eigene Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen. Ganz egal, wer dir sagt, wie es geht: Solange du es nicht selbst ausprobiert hast, weißt du es nicht. Das war eine meiner wichtigsten Er-

fahrungen. Ich musste es selbst herausfinden. Und nicht nur das: Ich musste auch lernen, wie man Dinge herausfindet. Vorgefertigte Lösungen berauben dich dieser Chance. Abkürzungen funktionieren meiner Ansicht nach nicht. Es geht um den Weg, um den Prozess. Das gilt wohl auch für deine letzten fünf Jahre abseits des Bikes. Würdest du alles noch einmal so machen, mit dem Erfahrungsschatz von heute? Nein. Wenn wir zurückspulen könnten, würde ich einiges ändern. Ich kann manchmal nicht glauben, was ich damals für die beste Entscheidung gehalten habe. Wie ich Dinge angegangen bin. Aber das passiert mir auch, wenn ich nur ein paar Monate zurückschaue: Was habe ich mir dabei nur gedacht? Aber das nennt man wohl dazulernen. Es gibt so vieles, was man nicht weiß, und das hört nie auf. Es gehört einfach so viel mehr dazu, ein Bike-Profi zu sein, als man meint.

Sprung ins Glück Die Slopestyle-Elite kommt zum Showdown nach Franken Der Red Bull District Ride ist der Bike-Event des Jahres und das große Finale der Freeride World Tour. Der Slopestyle-Kurs vor insgesamt 100.000 Zuschauern führt die besten Rider der Welt mitten durch die Nürnberger Altstadt – inklusive Big-Air-Sprung aus dem Rathausbüro des Oberbürgermeisters. Nicht verpassen! Der Red Bull District Ride am 2. und 3. September in Nürnberg – oder live auf Red Bull TV. Info: redbull.com/districtride

Eine ganz große Frage … Ja – und wie viel von meiner Lebenszeit? Auch darauf bin ich in den letzten Jahren gekommen: dass es Dinge gibt, für die man gar nicht brennt, die aber getan werden müssen, wenn man das Feuer weiterbrennen lassen will. Aber auch daraus lässt sich Befriedigung ziehen. Am Ende muss es sowieso jeder mit sich selbst ausmachen. Wenn es dir deine Zeit wert ist, vor dem Fernseher Fastfood zu essen: fein. Meine Vorstellungen sehen anders aus – aber das ist ganz allein meine Sache. Folge Emil auf Instagram: @johanssoemil

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BARTEK WOLINSKI/RED BULL CONTENT POOL

Bereust du etwas? Nein. Ich bin in Balance mit mir selbst. Aber ich stelle mir mehr denn je die Frage: Willst du das wirklich? Ist das meine Lebenszeit wert?


AIRDROP Fast has a new name – ABUS AirDrop. Made for rough trails, .

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abus.com/mtb


Retro-Kult

Der Klick zum Glück Polaroids aus der HartplastikBox, fette Synth Drums und Jeans, die bis zum Nabel reichen. Der große Nostalgie-Boom: So macht uns das Gestern Lust auf morgen. Und auf alte Turnlatschen um 47.000 Euro … Text MARK BAILEY Fotos PHILIPP MUELLER Prop Styling KELLY-ANNE WILLS

Objektiv betrachtet gibt es längst bessere Fotoapparate als die Sofortbildkamera von Polaroid. 2008 wäre die Produktion fast eingestellt worden – ehe das gute Stück eine völlig neue Bedeutung bekam: eine Kamera wie damals. Nostalgie zum Abdrücken.

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Retro-Kult

Professor Tim Wildschut (Bild links) ist auf die Vergangenheit fixiert. Er hat sein Leben der Erforschung der Nostalgie verschrieben. Schon der Begriff ist vergilbt, er stammt aus dem 17. Jahrhundert: Damals beschrieb man damit die Melancholie von Kriegsheimkehrern, eine Kombination der griechischen Wörter nóstos (Heimkehr) und álgos (Schmerz). Seit damals hat Nostalgie einen angekratzten Ruf: als sentimentales Festhalten am Vergangenen. Doch Professor Wildschut sagt: „Nostalgie ist eine kreative Schubkraft, die uns Hoffnung, Selbstvertrauen und Optimismus verleiht!“

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im Wildschut, Professor für Sozial- und Persönlichkeitspsychologie an der Universität Southampton, forscht seit zwei Jahrzehnten an dieser lange missverstandenen Emotion. Anders als vorangegangene Denkschulen konzentrierte sich Wildschut auf die empirische Forschung am Beispiel alltäglicher Durchschnittsmenschen. „Nostalgie“, fand er heraus, „lässt sich ganz leicht wecken, sie liegt direkt unter der Oberfläche.“ Zuerst versetzt er seine Klienten in nostalgische Stimmung: durch Fragen nach alten Spielzeugen, Haustieren oder Wohnorten, durch das Spielen alter Lieblingssongs oder den Duft von Zuckerwatte, mit Bildern längst vom Markt genommener Süßigkeitsverpackungen. Darauf folgt eine Serie von Tests, um die Reaktionen darauf zu messen. Das Resultat: Wer Nostalgie empfindet, hat mit Trauer nichts am Hut. Im Gegenteil: Das individuelle Glücksgefühl steigt, die Verbindung zu anderen wird als stärker empfunden, der Lebenssinn gefestigt. „Die meisten Menschen finden die Emotion angenehm, positiv und bedeutungsvoll“, sagt Wildschut. Und er fand noch etwas Interessantes heraus: Nostalgie ist keine Schwäche der älteren Generation. „Jeder empfindet Nostalgie, doch am stärksten ist das Gefühl bei jüngeren Menschen. Unserer Interpretation zufolge machen nostalgische Gefühle den Wechsel von Lebensphasen einfacher – etwa den Auszug aus dem Elternhaus oder den Übergang von der Jugend ins Erwerbsleben.“ 52

Statt bloß die Vergangenheit zu verklären, scheint uns Nostalgie für unsere Pläne zu inspirieren. „Nostalgie ist keine Einbahnstraße: Die bittersüße Erinnerung an glückliche Zeiten, die niemals wiederkommen werden, gibt uns Mut, uns auch eine glücklichere Zukunft auszumalen“, sagt Wildschut. Doch das ist nicht alles. Nostalgie ist auch der perfekte Beziehungskitt. „Gemeinsamkeiten, die uns mit unserem Jahrgang oder unserer Generation verbinden, erfüllen unser Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit.“ So gesehen überrascht es nicht, dass Popstar Billie Eilish nach der US-Version von „The Office“ süchtig ist – immerhin ist das eine Serie, die im Jahr 2005 erstausgestrahlt wurde, als Billie selbst erst zarte drei war. Doch Eilish sampelt „The Office“ auch in ihren Songs und setzt die Titelmelodie als Opener für ihre Shows ein. Das PopkulturMagazin „Vulture“ nennt das „eine extreme Addiction der Generation Z“, Billie selbst findet es „therapeutisch“. Notalgie – die heilende Sucht! Auch für US-Schauspielerin Olivia Munn, die als Jugendliche mit Hingabe das 1992 auf den Markt gebrachte Nintendo-Game „Super Mario Kart“ gespielt hat. Heute, mit 42, sei Gamen „wie Meditation für mich“, meint Munn. „Nostalgie stachelt unsere Kreativität an“, resümiert Wildschut. „Du wirst offener“, sagt er. „Sie ist wie ein Sprungbrett für die Entdeckung der Welt.“

MODE

Stranger Trends Wie eine Netflix-Serie den Kleidungsstil der 1980er zurückbrachte. „Stranger Things“ ist nicht nur Sci-Fi-Drama. Mit seiner Hommage an die 1980er-Jahre war es auch Mitgrund für das Comeback der dazugehörigen Mode – obwohl der Großteil der Fanbase viel zu jung ist, um sich zu erinnern. Kostümdesignerin Kimberly Adams-Galligan stellte sich dieser Herausforderung: „Als wir 2015 begannen, trug kein Mensch High-waisted Jeans“, sagt sie. „Die jungen Schauspieler fanden sie total komisch, sie waren noch an die Low-Rise-Ära aus den 2000erJahren gewöhnt. Heute sind die Kids verrückt nach Hosen mit High Waist.“ Die jungen Stars von „Stranger Things“, etwa Millie Bobby Brown, 18, und Finn Wolfhard, 19, wurden zu Stil-Ikonen der Generation Z. Fawnia Soo Hoo, Redakteurin der Fashion-Website „Fashionista“: „Die Ästhetik der 80er stellt Spaß und Exzess in den Vordergrund, die Farben knallen. Die Generation Z hingegen ist verantwortungsbewusst, darum verleiht ihr ein Ausflug in die 80er so ein Freiheitsgefühl. Der bewusste Umgang mit Ressourcen in Form von Vintage steht bei dieser umweltbewussten Generation hoch im Kurs.“ Die Serie inspirierte auch ein paar retromoderne Kollaborationen – von Nikes „Hawkins High School“ Air Tailwind 79 Sneakers bis zum „Stranger Things“-T-Shirt, mit dem Louis-Vuitton-Designer Nicolas Ghesquière 2017 ein Model auf den Laufsteg der Pariser Fashion Week schickte. Die vierte Staffel von „Stranger Things“ läuft derzeit auf Netflix. THE RED BULLETIN


„In den 80er-Jahren drehte sich alles um Spaß und Exzess. Für die Generation Z wirkt das wie ein Ausflug in die Freiheit.“ Fashion-Autorin Fawnia Soo Hoo über den Retro-Appeal der Sci-FiDrama-Serie „Stranger Things“


„Jeder Schuh ist ein Kunstwerk – das kostet eben seine 47.000 Euro.“ Nohman Ahmed, Besitzer des Londoner Schuhladens Presentedby (Bild), einer Pilgerstätte für Sneaker-Nostalgiker aus aller Welt

SNEAKERS

Herz und Sohle Früher landeten alte Turnschuhe ganz prosaisch im Müll. Heute gibt’s eine eigene Börse für sie. Als Nohman Ahmed mit seinen Brüdern Imran und Rizwan 2017 in London den SneakerLaden Presentedby eröffnete, war der Hauptantrieb Nostalgie. „Wir liebten schon als kleine Jungs Turnschuhe – ich mochte Reebok Workouts und Reebok 54

Classics am liebsten“, erinnert er sich. Im Laden in der Tottenham Court Road findet man Sammlerstücke, Neuauflagen und Klassiker. Seine Spezialität sind, wie Ahmed das nennt, „refined regenerations“: VintageTrainer auf kunstvollen Sockeln,

Retro-Designs, die sich mit futuristischem Dekor schlagen – und darüber ein Börsenticker mit den aktuellen Preisen. Die Klientel ist entsprechend prominent, Fußballstar Neymar Jr. zählt ebenso dazu wie der britische Sänger Liam Payne. „Jeder weiß, wie selten diese Stücke sind“, sagt Ahmed. „Du weißt: ‚Diesen Style hat niemand außer mir!‘ Ganz so, als ob du ein feines Kunstwerk erwirbst.“ Der Vergleich passt THE RED BULLETIN


Retro-Kult

Polaroidkamera: grauer Kunststoff, knallige Bilder

FOTOGRAFIE

Mit allen Sinnen

ÁKOS BURG

Ein analoger Optimist holt uns zurück in eine prädigitale Welt.

auch in Bezug auf die Preise: Ein Paar Air Jordan 4 Undefeated aus dem Jahr 2005 kostet umgerechnet 47.000 Euro, der Eminem × Carhartt × Air Jordan 4 41.000 Euro. Es gibt aber auch den Limited Edition Air Max 90 für rund 230 Euro. „Hinter jedem Schuh steckt eine Story“, sagt PresentedbyDirektor Ridwane Ettoubi. „Der Nike Yeezy Red October für 10.000 Pfund markiert zum Beispiel das Ende der Beziehung THE RED BULLETIN

von Nike und Kanye West. Die Schuhe sind Geschichte.“ Sneaker-Nostalgie mag heute ein Luxusgut sein, doch das war für Ahmed nie ein Antrieb. „Viele glauben, man braucht tausend Paar, um ein Sneakerhead zu sein, aber das ist Unsinn. Du brauchst allein Leidenschaft.“ Und ein bisserl Taschengeld. presentedby.com

Florian Kaps (Bild), 53, verliebte sich in analoge Technik, als er 2003 sein erstes Foto mit einer PolaroidKamera schoss. „Ich fand alles daran toll, vom Auslöser-Geräusch bis zum Bild“, sagt der Eigentümer von Supersense, einem analogen Konzept-Store in Wien, der alles von der Sofortbildkamera bis zu Vintage-Turntables anbietet. „Digitales beschränkt uns auf zwei Dimensionen: Du kannst hören und sehen. Alles, was analog ist, lässt sich zusätzlich auch noch berühren oder riechen.“ Kaps war überrascht, wie jung seine Kunden sind: „Die jüngeren Generationen verlieben sich in die analoge Technik. Sie sehnen sich nach Dingen, die bleiben – Digitales ist ja so vergänglich, ohne iPod existieren deine Songs gar nicht. Aber eine Plattensammlung, Mixtapes, Fotografien – die gehören für immer dir.“ 2008 erfuhr Kaps von der bevorstehenden Schließung der letzten Polaroidfilm-Fabrik. Daraufhin beschloss er, die einzigartigen Maschinen zu kaufen, die Fabrik zu leasen und das ikonische Foto-Medium so am Leben zu halten. 2013 zog er sich aus dem Projekt zurück, um Supersense zu gründen, doch Polaroid erfreut sich noch immer bester Gesundheit. Heute konzentriert sich Kaps auf Produkte, die analoge und digitale Technik auf clevere Weise kombinieren. „Am liebsten sind mir Konverter – und zwar nicht die, die von analog nach digital überspielen, sondern umgekehrt“, sagt er. „Mit unserem Instant Lab verwandeln wir ein digitales iPhoneFoto in ein chemisches Kunstwerk auf Polaroid-Film. Und wir machen den ‚Mastercut‘ von digitalen MusicFiles und pressen sie auf Vinyl.“ Platte(r) geht’s nicht! the.supersense.com

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„Funky, aber unperfekt, so war der Synth-Sound der Achtziger. Also haben wir ihn an die Erwartung von heute angepasst.“ Tyler Lyle vom Synthwave-Duo The Midnight über die 80er-Film- und -Game-Einflüsse auf die Band


Retro-Kult

MUSIK

Synthetische Flashbacks Hätte die Nostalgie einen eigenen Soundtrack, so würde er genau wie The Midnight klingen.

SHERVIN LAINEZ

The Midnight: Producer Tim McEwan (li.) und Songwriter Tyler Lyle

Die Band The Midnight ist zwischen zwei Welten hin und her gerissen. Der des Sängers und Songwriters Tyler Lyle aus New York, Fan von Bruce Springsteen und Paul Simon. Und der des dänischen Producers Tim McEwan, der seine Wurzeln im synthesizergeprägten Pop von Toto und Phil Collins hat. Als The Midnight sind sie die Speerspitze von Synthwave – einer Musikrichtung, die den Electro-Pop-Sound der Filme und Videospiele der 1980er mit aktueller Popmusik verbindet. „Alles begann, als ich den Film ‚Drive‘ sah und mich im Soundtrack verlor“, sagt McEwan und meint damit Cliff Martinez’ Auswahl von Retro-Synth-Songs. „Ich spürte sofort eine emotionale Verbindung. Mich zog es zu Akkorden, die sich irgendwie nostalgisch anhörten, und Tyler schrieb dazu diese wunderbaren Texte.“ In den Folgejahren eroberte der Synthwave-Sound den Mainstream, etwa mit „Blinding Lights“ von The Weekend (2019) oder „Physical“ von Dua Lipa (2020). Aber anfangs, sagt McEwan, „war das noch eine echte Nische“. Das Motto von The Midnight ist „mono no aware“, eine japanische Redewendung, die übersetzt so THE RED BULLETIN

etwas wie „Trauer über das Vergehen der Zeit“ bedeutet. Ihre Alben – veröffentlicht auf NeonVinyl oder Musikkassetten mit Neon-Artwork – haben nostalgische Titel wie „Endless Summer“, „Kids“ oder „The Rearview Mirror“, die Tracks sind mit ihren gesampelten Kassettendeck-Klicks und Modem-Sounds kleine Zeitreisen. „Nostalgie funktioniert wie ein Fenster in unsere kreativen Ichs“, sagt Lyle. Im vergangenen Jahr kamen The Midnight auf mehr als 70 Millionen Spotify-Streams in 92 Ländern. Lyle: „Wir schauen zurück auf unsere Wurzeln und hoffen dabei, herauszufinden, wie es weitergehen soll.“ Genau darum imitieren sie die Sounds der 1980er nicht nur, sondern versuchen, sie neu zu interpretieren. „Der digitale Hall der 1980er-

„Wir blicken zurück auf unsere Wurzeln – und finden dabei heraus, wie es weitergehen soll.“ Tim McEwan, The Midnight

Synths war funky und unperfekt“, sagt Lyle, wir passen den Bass, die Vocals und die Snare Drum ein wenig an die Ansprüche von heute an.“ Inspirationen dafür finden sie etwa in 80er-Filmen wie „Terminator“ oder „Risky Business“: „Wenn ich einen dieser Filme sehe, gehe ich danach direkt ins Studio“, sagt McEwan. „Der Soundtrack und die Ästhetik wecken sofort meine Kreativität.“ themidnightofficial.com

Vintage-Shirt, veredelt von Pharrell Williams. Wow. Wau.

SPORT

Der Rückpass Wie Pharrell Williams VintageFußball-Trikots neu erfand. Das Adidas-Archiv im deutschen Herzogenaurach ist das Fort Knox der Sportgeschichte, 18 Grad kühl, 55 Prozent Luftfeuchtigkeit. Hier lagern 40.000 Produkte, die ältesten sind 100 Jahre alt. „Sie müssen Spezial-Handschuhe überziehen“, mahnt Inigo Turner, Design-Direktor der Adidas-Fußballabteilung. Normalerweise dürfen hier keine firmenfremden Personen herein, doch einmal hieß man einen ganz besonderen Gast willkommen: US-Hip-Hop-Star Pharrell Williams. „Wir zeigten ihm die Abteilung mit den alten Fußballdressen, um einzelne Trikots für ein Redesign auszuwählen. Pharrell weiß viel über Mode, Menschen und Kultur, aber wenig über Fußball. Das machte seine Ideen doppelt spannend.“ Williams wählte ein paar ikonische Stücke aus, darunter das gelbe Arsenal-Trikot der Jahre 1991 bis 1993, das wie eine fleckige Banane aussah, oder das blaue Manchester-United-Schneeflocken-Trikot (1990 bis 1992). Diesen Jerseys verpasste er ein Graffiti-Makeover und ersetzte alle Sponsorenaufdrucke durch den Namen seines eigenen FashionLabels Humanrace. „Wir haben ihn in unser Labor mitgenommen, wo er selbst zu Spray und Paintbrush griff“, sagt Turner. „Diese neuen alten Jerseys entsprachen genau dem Zeitgeist der Acid-House-Clubbing-Szene. Williams’ Limited-Edition-Jerseys wurden rasch zu Klassikern, mit denen auf eBay eine Menge Geld zu machen ist. „Die Vergangenheit formt die Zukunft“, sagt Turner. Was für ein Turn! adidas.co.uk/pharell-origionals

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Retro-Kult

GAMING

Die Rückwerts-Revolte

US-Autor Ernest Cline vor seinem DeLorean DMC-12

POPKULTUR

Die doppelte Zeitreise Ein Sci-Fi-Autor findet den Schlüssel zur Welt von morgen in den Achtzigern. Wenn Nostalgiker die Vergangenheit glorifizieren, sind Science-Fiction-Autoren wohl eher Postalgiker, also so etwas wie Zukunfts-Fans. Der US-Autor Ernest Cline ist beides. Das liegt vor allem an seinem 2011 erschienenen Buch „Ready Player One“, das Steven Spielberg 2018 verfilmte. Um die Zukunft zu reparieren, switcht Cline in die Vergangenheit. „Ready Player One“ spielt in einem dystopischen 2045, in dem Klimawandel, Überbevölkerung und Energieknappheit die Welt prägen. Zur Ablenkung flüchten die Menschen in eine Online-Welt. Der spannende Dreh: Das Virtual-Reality-Reich OASIS hat ein exzentrischer Spinner aus den 1980ern erfunden, der ein Vermögen für den Sieger eines Games auslobt, das voller Referenzen an popkulturelle Meilensteine wie „Dungeons & Dragons“, „Star Wars“, „Pac-Man“ und „Blade Runner“ ist. Cline setzt also clever auf die Kraft der Nostalgie, um die Sci-Fans an der Stange zu halten. „Fantasy tut immer so, als gäbe sie uns eine Fluchtmöglichkeit in eine andere Realität“, sagt Dr. Allen Stroud, Vorsitzender der Britischen Science Fiction Association. „Dabei fliehen wir doch alle immer in etwas Vertrautes. Zu Dingen, die wir schätzen, an die wir anknüpfen. Wir fliehen in unsere Erinnerungen.“ Für Cline spielen aber auch moderne Phänomene wie Online-Games, Social Media oder Reality-TV eine Rolle. „Die beiden Pole müssen miteinander verschmelzen“, sagt Stroud. „Einerseits braucht Cline Anknüpfungspunkte, mit denen die Leute von heute etwas verbinden, etwa riesige Multiplayer Online Games, zugleich wirft er uns zurück in unser Nostalgiegefühl.“ Ein großer Wurf. ernestcline.com

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Im Juli vergangenen Jahres wurde ein originalverpacktes Exemplar des 1986er-NintendoAdventure-Game „The Legend of Zelda“ für umgerechnet 815.000 Euro versteigert – ein Weltrekord. Der zwei Tage später schon pulverisiert wurde, als jemand für eine neuwertige 1996er-Ausgabe von „Super Mario 64“ stolze 1,46 Millionen Euro auf den Tisch legte. Im selben Jahr, in dem Sony und Microsoft gerade aufwendig konstruierte neue Spielkonsolen herausbrachten, hatten die marktführenden Spiele der Welt ein Vierteljahrhundert auf der knallroten Schirmkappe. „Die Leute denken nostalgisch an einfachere Zeiten zurück“, sagt Dr. Pippin Bar, stellvertretender Direktor des Technoculture, Art and Games Research Center in Montreal, Kanada. „Der Reiz

„Keine spritzenden Gehirne – bei den alten Spielen geht es noch um Spaß.“ Dr. Pippin Bar, Game-Forscher

dieser alten Spiele ist ihre Einfachheit. Sie sind nicht besonders realistisch, da spritzen keine Gehirne an die Wand. Der Spaß steht im Vordergrund.“ Die Lust auf alte Games hat eine eigene Subkultur entstehen lassen. Retro Gamers sammeln ROMs (digitale Kopien alter Kassetten-Spiele) und spielen sie mithilfe von Software-Emulatoren (digitalen Simulationen alter Konsolen). Die rechtlichen Grenzen der Copyright-Gesetze werden dabei nicht ganz so streng genommen. Parallel dazu entstand eine eigene Industrie von Mini-RetroKonsolen – offiziell lizenzierte, verkleinerte Nachbildungen der

alten Geräte von Sega, Sony und Nintendo mit vorinstallierten klassischen Games. Für wahre Game-Archäologen geht das allerdings nicht weit genug. Denn anstelle der Hardware von einst kommen auch hier SoftwareEmulatoren zum Einsatz, das Spielgefühl reicht also nicht ganz ans Original heran. Hier kommt die US-Company Analogue ins Spiel. Seit ihrer Gründung durch den HobbyGamer Christopher Taber hat sie nur eine Mission: das Spielerlebnis alter Cartridge Games so präzise und originalgetreu wie möglich zu rekonstruieren. Zu diesem Zweck baute Taber neue Konsolen mit maßgeschneiderten Chips, die die Original-Schaltkreise in der Hardware eins zu eins kopierten. Laut Taber dauerte es allein drei Monate, „Sonic the Hedgehog“ auf der Mega Sg (dem Analogue-Klon der Sega Mega Drive) zum Laufen zu bringen. Das Design des Innenlebens der Super Nt (des sNachbau der Super Nintendo) kostete weitere 5000 Arbeitsstunden. Analogue geht es aber nicht nur um das Bewahren traditioneller Spielerlebnisse, sondern auch um die Verbindung von persönlicher Erinnerung und moderner Ästhetik. Denn die Konsolen fühlen sich mit ihren OriginalKassetten zwar an wie früher, Videoauflösung, Sound und die Möglichkeit, sich kabellos mit anderen Mitspielern zu verbinden, entsprechen aber dem technischen Stand von heute. Taber: „Wir haben die Seele nicht verändert, sondern nur optimiert.“ Alte Seele, neues Glück. Und so wurde auch der Profit optimiert. analogue.co

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DAN WINTERS, STYLING ASSISTANT: LOTTIE HORNER

Amerikanische Tüftler kreieren Vintage-Erlebnisse – und zwar mit der neuesten Mikrotechnologie.


„Wir haben ‚Super Marios‘ Seele nicht verändert, sondern nur optimiert.“ Retro-Spiele-Entwickler Christopher Taber, der Orignal-Schaltkreise auf Chips komprimiert


Longboard

DAS ROLLMODEL

Vor zehn Jahren war MARINA CORREIA, 24, eine schüchterne Migrantin in Nizza: mit dunkler Hautfarbe und brüchigem Französisch. Dann entdeckte sie das Longboard. Heute ist sie Weltmeisterin im Longboard Dance. Und rollt über Vorurteile einfach drüber. Text MARIE-MAXIME DRICOT

Fotos LITTLE SHAO


ROLLBAHN NIZZA

Marina auf ihrem liebsten Spielplatz an den Stränden von Nizza – hier zwischen der Promenade des Anglais und dem Hafen, am sogenannten Hashtag-Platz

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Longboard

M

arina Correia war siebzehn, als sie zum ersten Mal in ihrem Leben ein Longboard sah. Sie weiß noch genau, was sie dachte: „Das ist ja superlang, viel länger als ein Skateboard. Wofür ist das denn gut?“ Die Länge diene einfach dem schnelleren und stabileren Fahren, sagte man ihr. Sie erinnert sich auch noch, dass sie dachte, das ist ja nicht normal, dass man mit so einem Ding einfach nur herumfährt. Seither hat sie die Faszination für das Sportgerät nicht mehr verlassen. In ihrer südfranzösischen Heimatstadt Nizza begann sie zu üben, an der berühmten Promenade des Anglais, entlang der Opéra Plage, des ältesten Strands der Stadt. Jeden Tag, das ganze Jahr über seit 2015, stundenlang, und die Polizisten waren so freundlich, ein Auge zuzudrücken. Heute, sieben Jahre später, ist Marina Weltmeisterin. Sie gewann den Titel 2020 in der Disziplin „Freestyle Longboard Dancing“, als erste schwarze Frau überhaupt. Der Wettbewerb wurde online abgehalten, gegen tausende Konkurrentinnen, die sich zunächst via Instagram bewarben. Die von einer Jury ausgewählten Finalteilnehmerinnen mussten dann noch ein Video nachliefern: mit einer „Line“, einer Kür ihrer Kunst mit einer Abfolge von Figuren, Tanzschritten und Tricks über eine Minute. Dreimal fragte die Jury bei Correia nach: ob sie nicht vielleicht die Videogeschwindigkeit verändert habe? „Ich musste ihnen erklären, dass ich einfach nur sehr schnell gefahren bin“, erzählt die Weltmeisterin heute lachend. 62

THE RED BULLETIN


„Ich habe mein Board immer als ein menschliches Wesen gesehen.“ Weltmeisterin Marina Correia über das Verhältnis zu ihrem Sportgerät

THE RED BULLETIN

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Achtung, Suchtgefahr!

Beim Freestyle Longboard Dancing geht es um spielerische Tanzschritte auf dem Board, möglichst elegante und flüssige Fortbewegung; mit ein paar Tricks – Wheelies, Big Spins, Hippie Jumps etc. – zwischendurch, aber nicht zu vielen. Longboard Dancing entwickelte sich ursprünglich aus dem Surfsport und hat durchaus das Zeug dazu, Menschen, die darauf reinkippen, süchtig zu machen. Für Marina Correia war es das perfekte Werkzeug, um sich daran aufzurichten. Mit vierzehn war sie mit Mutter und Schwester von den Kapverdischen Inseln gekommen. Die liegen bekanntlich im 64

Atlantik, 570 Kilometer vor Westafrika. Damals hatte sie nicht unbedingt ermutigende Voraussetzungen: „Ich war aufgrund der kulturellen Unterschiede und der Sprache ein bisschen verloren“, sagt sie heute. Was eine sehr höfliche Umschreibung der wahren Verhältnisse ist. Denn das Mädchen mit brasiliani-

„Ich hatte null Selbstvertrauen. Dann rollte ich los.“

schen und kapverdischen Wurzeln hatte eine andere Hautfarbe als die Mehrheit, sie trug einen Afro und sprach nur wenig Französisch mit einem schrecklichen Akzent. Darüber hinaus machte ihr, der Inselbewohnerin, der Trubel des Stadtlebens von Nizza zu schaffen. „Als ich hier ankam“, erzählt sie, „hatte ich null Selbstbewusstsein. Ich konnte spüren, wie man mich ansah, wegen meiner Hautfarbe und meiner Haare.“ Anfangs verhielt sie sich in der Schule sehr schweigsam, aus Angst, ausgelacht zu werden – eine Erfahrung, die sie im Grunde bis heute prägt. Kontakt zu anderen suchte sie im Sport. Zuerst mit FußTHE RED BULLETIN


Longboard

ball (wo man sie wegen ihrer dürftigen Französischkenntnisse ablehnte), in der Folge beim Taekwondo. Dann erst kam das Brett, das ihr nun die Welt bedeutet. „Es war“, erinnert sie sich, „das erste Ding, das mich zum Lächeln brachte, das mir Freude schenkte. Damit fühle ich mich frei.“ Und sie fügt hinzu: „Alles, was ich will, ist, weiter zu lernen und noch besser zu werden.“ Und offensichtlich kam zu diesem Willen auch noch Talent, denn nur ein Jahr nachdem Marina zum ersten Mal auf einem Longboard gestanden war, bekam sie bereits einen Sponsorvertrag von der kalifornischen Marke Sector 9, einem der bekanntesten Hersteller der Szene. Hatte sie es doch geschafft, einen ganz eigenen Fahrstil zu entwickeln. Sie selbst bezeichnet ihn mit einer Mischung aus gesundem Selbstbewusstsein und Stolz als „einzigartig“: unisex, wild, schnell und elegant. „Ich brauche von niemandem Bestätigung und versuche auch nicht, irgendjemanden zu beeindrucken“, beschreibt sie ihren persönlichen Zugang zum Sport. „Ich skate für mich selbst. Mein Stil ist wild, ich mag das Risiko. Es ist mir egal, ob ich mir blaue Flecken oder einen gebrochenen Finger hole, solange ich Spaß habe. Für mich liegt die Freude in der Herausforderung.“

Geteiltes Glück verdoppelt sich

HOCH HINAUS

Marina Correia zeigt uns einen Hippie Jump. „Es ist mir egal, ob ich mir blaue Flecken hole, solange ich Spaß habe“, sagt sie.

THE RED BULLETIN

Mit dem schüchternen Mädchen, das sie vor zehn Jahren war, hat die humorvolle und selbstbewusste junge Frau von heute so gut wie nichts mehr gemeinsam. Jetzt will sie das Glück, das ihr zuteilwurde, an andere weitergeben. Seit einiger Zeit gibt die Sprachstudentin (Englisch, Portugiesisch, Spanisch) an der Promenade des Anglais Unterricht im Longboard Dancing, ihre Schüler sind zwischen ganz jung und spät berufen. Eines jedoch eint alle, sagt Marina Correia: „Sobald sie ein wenig Vertrauen in das Board und ihre Fähigkeiten haben, läuft alles wie geschmiert, das ist faszinierend.“ Extra erwähnt sie Louise, eine Achtjährige voller Tatendrang. „Wenn die so weitermacht“, sagt die Weltmeisterin, „ist sie in ein paar Jahren besser als ich.“ Demnächst will sie einmal auf die Kapverdischen Inseln fahren, ihre ehemalige Heimat, und den Menschen dort

„Ich skate für mich selbst. Mein Stil ist wild, ich mag das Risiko“ ihren Lieblingssport näherbringen. Sie möchte ein Vorbild für junge Menschen sein, ein Role-, pardon, Roll-Model für junge, vielleicht farbige Menschen, die erst nach ihrem Weg im Leben suchen. Ein Vorbild, das sie selbst niemals hatte. Aus diesem Grund hat sie 2017 auch eine Art „girls skate out“-Initiative ins Leben gerufen, weil sie der Ansicht ist, dass Frauen in der Szene noch immer unterrepräsentiert sind. Und auch deshalb, weil ihr das bisher vorherrschende Frauenbild in der Skaterszene gegen den Strich geht. „Viel zu lang war es von sexualisierten weißen Schönheiten geprägt“, sagt sie. „Das will ich ändern.“ Marina Correia hat gelernt, zu sich zu stehen – egal was andere denken. Das ist, was sie betrifft, bestimmt keine leichte Übung. Sie ist, wie sie selbst sagt: schwarz, lesbisch, stark und verletzlich zugleich. Und sie ist gehört zu den besten Longboard-Dancern der Welt. Nach dem WM-Titel 2020 wurde sie 2021 Vizeweltmeisterin, hinter Landsfrau Antonine Champetier. Zu ihrem Longboard hat sie inzwischen eine ganz eigene Beziehung: „Ich habe mein Board immer als ein menschliches Wesen gesehen“, erklärt sie. „Das klingt vielleicht verrückt, aber ich hänge eben sehr daran.“ Und so kriegt Probleme, wer immer sich ihm unangemessen nähert. „Das ist nicht einfach nur ein Gegenstand, es ist ein Teil von mir. Wenn du das unerlaubt angreifst, ist es, als würdest du meine Intimzone verletzen. Wenn du mein Board berührst, bist du tot!“ Und irgendwie klingt das nicht nach einer leeren Drohung. QR-Code scannen und Weltmeisterin Marina Correia in unserem exklusiven Video beim LongboardDancing zuschauen.

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Bike

DIE SPITZE

Schon im ersten Streckenabschnitt haben sich sechs Fahrer an der Spitze abgesetzt, darunter Konny Looser (vorn links).

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Die Reifeprüfung Beim DESERT DASH durchqueren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Mountainbike die älteste Wüste der Welt: 393 Kilometer durch die Namib, die den Schweizer Konny Looser an seine körperlichen und mentalen Limits bringen. Protokoll einer Grenzerfahrung. Text ANNIKA BROHM

Fotos TARA METTE


Bike

NAMIBIA

Windhoek

Swakopmund NamibWüste

A

m Ende entscheiden 30 Zentimeter, verdammte 30 Zentimeter. Konny Looser geht in die Knie, er lässt den Kopf hängen, sein Gesicht ist mit Staub und Dreck gezeichnet. „Scheiße, Mann!“, ruft er. Es ist kurz nach fünf Uhr morgens in Swakopmund, einer Küstenstadt in Namibia. Looser hört, wie die Wellen des Atlantiks heranpreschen und sich langsam wieder zurückziehen; er sieht die Blitzlichter der Kameras, die ihn ­umzingeln; er fühlt die Kälte in jede Faser seines drahtigen Körpers kriechen. 30 verdammte Zentimeter haben ihm die Siegesserie vermasselt, haben ihn zum Verlierer gemacht. Looser – wie ironisch. Er ist Zweiter geworden, aber das tröstet ihn nicht, nein, das macht alles nur noch bitterer. „Am Ende guckt doch eh jeder nur auf den Sieger, oder?“, sagt er. Es klingt niedergeschlagen und hoffnungsvoll zugleich: oder? „Wie lange haben die sich schon die Finger nach dem Titel geleckt?“, fragt sein Schwiegervater, aber eigentlich ist es keine Frage. Keine 15 Stunden zuvor genießt ­Konny Looser den Ruf einer Legende. Was Michael Schumacher einst für die Formel 1 war und Bayern München für die Bundesliga, ist Konny Looser 68

DEN PASS ENTLANG

Das Trio Tristan de Lange (vorn), Konny Looser (Mitte) und ­Vinzent Dorn hat die Konkurrenz hinter sich gelassen.

für das Desert Dash. Sechsmal hat der Schweizer an dem Mountainbike-Rennen in Namibia teilgenommen. Sechsmal hat er gewonnen. „Langweilig“, sagen DesertDash-Fans über ihn, „der gewinnt doch eh.“ Einer seiner stärksten Konkurrenten sagt: „Konny ist so gut wie unschlagbar.“ Und er selbst sagt: „Etwas anderes als der Sieg kommt für mich nicht infrage.“ Das Desert Dash ist ein Rennen der Extreme: Auf dem Mountainbike durchqueren die Teilnehmer die älteste Wüste der Welt. 393 Kilometer fahren sie durch die Namib, von bis zu 35 Grad Celsius

in der Mittagshitze bis in die Kälte der Wüstennacht, von der Hauptstadt Windhoek bis zur Küstenstadt Swakopmund. Wer dort ankommt, sieht, wie die Dünen der Namib und die Wellen des Atlantiks in einem krachenden Showdown auf­ einandertreffen. Wer länger braucht als 24 Stunden, scheidet noch davor aus. So gegensätzlich die Natur in Namibia ist, so gegensätzlich sind auch die Ansprüche der Teilnehmer. An der Spitze des Rennens loten Profis wie Looser ihre körperlichen und mentalen Grenzen aus. Sie streben nach Bestzeiten und greifen nach dem Titel. Loosers Titel. Im hinteren Feld hieven Hobbyfahrer ihre Bierbäuche die Straßen hinauf, für sie zählt die Teilnahme allein. Ankommen? THE RED BULLETIN


DIE LEGENDE

Konny Looser, einige Minuten nach der Ankunft im Ziel


Bike

STARTBEREIT

Die Teilnehmer des Desert Dash kurz vor dem Start in Windhoek

DIE VERBÜNDETEN

Tristan de Lange (links) und Vinzent Dorn vor dem Start

Vielleicht, mal schauen. Wer will, kann im Team antreten und die Last der Strecke halbieren oder gar vierteln. Ein Auszug aus der Startliste des Desert Dash 2021: Team „Just riding along“ hat sich angemeldet, außerdem „The Vomit“ und „Fat Fun“. Für ein dünn besiedeltes Land wie Namibia ist das Desert Dash ein großes Event. Bereits Wochen davor drehen sich die Gespräche im Fahrradladen und im Supermarkt um das Dash. Wer sich als namibischer Einzelfahrer an die Strecke heranwagt, wird für kurze Zeit zur lokalen Berühmtheit. „Hast du gehört, dass Martin in diesem Jahr wieder mitmacht?“ „Vielleicht reicht es ja diesmal für den Sieg.“ Als Profifahrer aus Europa blickt Looser, verheiratet mit einer deutschnamibischen Radfahrerin, beinahe belustigt auf das Geschehen. Er sei andere Konkurrenz gewohnt, sagt er: „Es ist nicht gerade so, als ob sich hier die Weltklasse versammeln würde.“ Trotzdem spürt er, dass in seinem siebten Jahr irgendetwas anders ist. Er kann es nur noch nicht greifen. Er reist früher als sonst nach Namibia, bereitet sich intensiver vor. Das Desert Dash findet alljährlich an einem Feiertag mit einem sperrigen Namen statt, dem „Tag der namibischen Frauen und internationalen Tag der Menschenrechte“. Stunden vor dem Startschuss parken Familien ihre Geländewagen am Straßenrand, Kofferräume und Ladeflächen werden zu Zu70

schauerrängen. Fleisch brutzelt auf Barbecues, die hier jeder nur „Braais“ nennt. Daneben brutzeln nackte Bäuche in der Sonne. In sicherer Entfernung haben sich Paviane auf Bäumen und Zaunpfählen positioniert, als wollten auch sie einen Blick auf die Wahnsinnigen werfen, die im afrikanischen Sommer über die Schotterstraßen brettern. Immer wieder hört man an diesem Nachmittag das Afrikaans-Wort „Gees“. Wörtlich übersetzt bedeutet es „Geist“. Wenn jemand aber die wahre Bedeutung von „Gees“ erklären kann, dann wahrscheinlich die Dash-Zuschauer am Straßenrand: Es ist eine Atmosphäre, die einen unweigerlich mitnimmt, ein Sog, dem man sich nicht entziehen kann.

Im Tunnel

All das rauscht an Looser vorbei. Er befindet sich jetzt in seinem Tunnel, und dieser Tunnel soll ihn geradewegs zum siebten Sieg in Folge führen. In der Startzone in einem Windhoeker Parkhaus dröhnt „Black Betty“ von Ram Jam

„Die Beine krampfen, der Kopf tut weh, der Bauch auch, eigentlich tut alles weh.“ aus den Lautsprechern. Der Moderator zählt den Countdown zum 17. Desert Dash herunter. Das letzte „Bam-ba-lam“ ist noch nicht verstummt, da bringt Looser die ersten Fahrer schon an ihre Grenzen. Er zieht die Menge aus der stickigen Hauptstadt hinaus, den Kupferberg-Pass hinauf, vorbei an trockenen Gräsern und Dornbüschen. Bergab lässt er sich zurückfallen. Bergauf beschleunigt er wieder. Er spielt mit seiner Konkurrenz wie ein Kind, das eine Horde Ameisen mit einer Zuckerspur anlockt, nur um sie dann zu zerquetschen. Der Wind bläst ihm gnadenlos ins Gesicht. Aber Looser wird nicht langsamer, bis im Spitzenfeld nur noch sechs Fahrer übrig sind. Alles läuft nach Plan. THE RED BULLETIN


Sie bahnen sich ihren Weg durch eine Umgebung, die lebensfeindlicher kaum sein könnte. Warum tun sich die Fahrer das eigentlich an? Spaß macht ihm das Ganze nicht, das gibt Konny Looser offen zu. Und das Preisgeld von umgerechnet etwas mehr als 2100 Euro? Geschenkt. Warum es ihn dennoch Jahr für Jahr im Dezember nach Namibia zieht, kann Looser nur schwer in Worte fassen. „Man könnte tausend Geschichten über das Dash erzählen“, sagt er. Zum Beispiel die, wie ein Skorpion bei einer nächtlichen Pinkelpause in das Lichtfeld seiner Stirnlampe tänzelte, als hätte er sein Leben lang auf diesen Auftritt gewartet. Das Dash sei ein Mythos, sagt Looser. „Letztendlich muss man es selbst erlebt haben.“ Rein zahlenmäßig hat er schon ganz andere Extreme bewältigt. Im Oktober 2021 etwa hat er das „Titan Desert“ in Marokko gewonnen: Rund 640 Kilometer, 7600 Höhenmeter, insgesamt 24 Rennstunden, aufgeteilt auf sechs Tage. Dagegen erscheint das Desert Dash mit seinen knapp 400 Kilometern und 3000 Höhenmetern geradezu mickrig. Aber für den Kopf, sagt Looser, sei das Rennen in Namibia die härteste aller Prüfungen. Auf mentale Vorbereitung verzichtet er. Nicht trotzdem, sondern gerade deshalb. Seine Strategie: Einfach nicht darüber nachdenken. Sonst wird man nur nervös. „Das Desert Dash ist unberechenbar“, sagt er bei einer Apfelschorle am Tag vor dem Rennen, und irgendwie fühlt er sich jetzt doch nervös, zum ersten Mal in all den Jahren. „Letztendlich kommt doch alles anders, als man es sich ausgemalt hat.“ Rund 40 Prozent der Einzelfahrer werden in diesem Jahr die Ziellinie nicht erreichen. An der dritten Wasserstelle kauert Daniel Abraham Gebru neben seinem Fahrrad. Bei den Paralympics in Rio de Janeiro und Tokio hat der THE RED BULLETIN

DAS TRIO

Dicht an dicht bestreiten Konny Looser (vorn), Vinzent Dorn und Tristan de Lange das Rennen.

40 Prozent der Einzelfahrer werden in diesem Jahr die Ziellinie nicht erreichen. Niederländer Goldmedaillen gesammelt. Das Desert Dash endet für ihn noch in der ersten Hälfte, ein Supportwagen gabelt ihn unterwegs auf. „Ich hab viel zu schnell angefangen“, sagt er. „Irgendwann war ich einfach ausgebrannt.“ Die Beine krampfen, der Kopf tut weh, der Bauch auch, eigentlich tut alles weh. „Dann versuchst du es im nächsten Jahr halt wieder“, sagt jemand und klopft ihm auf die Schulter. Gebru lächelt, als hätte ihn jemand dazu gezwungen. In diesem Moment scheint ein zweiter Versuch das Letzte zu sein, woran er denken will.

Die Luft brennt

Als Looser den steilen Us-Pass herunterbrettert, fühlt es sich an, als hätte jemand die Tür eines Backofens geöffnet. So beschreibt er es später selbst. Die Luft, die ihm entgegenströmt, brennt wie Höllenfeuer. Am Straßenrand erinnert ein

Kreuz an einen Teilnehmer, der 2006 an dieser Stelle einen schweren Herzinfarkt erlitten hat. Bis heute ist es der einzige Todesfall beim Desert Dash. Vor den Fahrern breitet sich jetzt eine Landschaft von absurder Schönheit aus. Steile Hänge rauschen Zentimeter neben ihren Reifen in die Tiefe, der Himmel färbt sich zum Tagesende allmählich rot und lila. In der Ferne ragt ein Tafelberg auf, gespickt mit Akazienbäumen. Die Fahrer kriegen davon nicht viel mit. Sie kämpfen gegen den Staub der Schotterstraße, der sich auf ihren Brillen festsetzt und in ihren Lungen ausbreitet. Die Fahrt über die Passstraße wird zeitweise zum Blindflug. Bereits am zweiten Checkpoint ist die Spitzengruppe auf drei Fahrer geschrumpft. Die Startnummern 1001, 1035 und 1273 scheinen zu einer Einheit verwachsen zu sein. Es sind Looser, Tristan de Lange – namibischer OlympiaTeilnehmer im Straßenrennen – und dessen Verbündeter Vinzent Dorn. Den Studenten aus Deutschland hatte vor dem Rennen niemand auf der Rechnung. Selbst die Veranstalter müssen in der Startliste nachschlagen, wer sich da an der Spitze festgesetzt hat. 71


Bike Lorem


TAGESENDE

Die Sonne geht unter. Konny Looser (vorne) wird die nächsten Etappen in der Dunkel­ heit bewältigen.

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DER SIEGER

Nach seinem Triumph an der Ziellinie in Swakopmund: der Namibier Tristan de Lange


Bike

Kilometer um Kilometer fahren sie dicht hintereinander, der ewige Sieger, der namibische Shootingstar und der Underdog. Nicht einmal ein Lineal würde zwischen ihre Reifen passen. Aus der Ferne betrachtet, könnte man meinen, dass sich drei sehr sportliche Freunde zu einer Radtour durch Afrika verabredet haben. Dünne Körper rollen auf dicken Reifen durch die Landschaft, dem Sonnenuntergang entgegen. Zwischendurch zeigen sie auf Tiere am Straßenrand, ein Schakal hier, ein paar Paviane da. An der Spitze wechseln sie sich ab. Jeder darf mal im Windschatten fahren. Ist das noch das härteste Eintagesrennen der Welt, von dem Looser gesprochen hat? „Es wird nicht mehr lange dauern, bis einer zum Angriff bläst“, verspricht der Veranstalter.

An der Grenze

Sie machen keine Pause, kein einziges Mal. An den Checkpoints geht alles rasend schnell. Sie füllen ihre Wasserflaschen auf, kramen nach etwas Essbarem, dann fahren sie auch schon weiter. Im vergangenen Jahr hat Looser sich an einem Checkpoint ein Schnitzelbrötchen genehmigt, zur Freude seines stärksten Kontrahenten. Es war eine höllische Arbeit, den wieder einzuholen. Das passiert Looser diesmal nicht wieder. Er kann ohnehin nichts mehr bei sich behalten. Sein Magen macht ihm zu schaffen. „Zu viel Süßkram“, sagt seine Schwiegermutter, während sie die vorbereiteten Snacks wieder einpackt. „Mir ist übel“, sagt Looser. Seine Konkurrenten hören es. De Lange erhöht das Tempo. Nicht zu viel, schließlich müssen auch er und Dorn ihre Kräfte einteilen. Aber es ist genug, um Looser an seine Grenzen zu bringen. Die Idee für das Desert Dash entstand in einer langen Nacht im Jahr 2004. Der Alkohol floss in großzügigen Mengen, und nach einer Weile dachte sich der Namibier Aiden de Lange: Wie wäre es, mit dem Rad innerhalb von 24 Stunden durch die Namib zu fahren? Du bist doch „flippen mal“, haben die Leute ihm daraufhin gesagt, vollkommen verTHE RED BULLETIN

PIT STOP

Konny Looser füllt am Checkpoint 2 seine Flasche auf. Richtige Pausen machen die Spitzenfahrer nicht.

Die Gedanken in der Nacht sind das Schlimmste. Und erst die Geräusche: War das eine Hyäne oder gar ein Löwe? rückt. Wenig später verabredeten sich de Lange und ein paar Freunde zu einer Radtour von Windhoek nach Swakopmund, auf halber Strecke übernachteten sie in Zelten. Ein Jahr später fand das erste offizielle Rennen statt, damals mit 44 Teilnehmern. Im Jahr 2021 sind es trotz der Pandemie 24 Einzelfahrerinnen und 187 Einzelfahrer. Und ausgerechnet de Langes Sohn Tristan macht Looser das Leben schwer. De Langes Strategien kennt Looser nur zu gut. Er hat sie ihm selbst beigebracht. Vor zwei Jahren hat er den namibischen Profifahrer trainiert, in der Woche vor dem Dash haben sie sich gemeinsam im kargen Süden Namibias vorbereitet. Wenn de Lange ihn nun schlägt, dann mit seinen eigenen Waffen. Looser schwankt irgendwo zwischen Stolz, Wohlwollen und Verzweiflung. Als er kurz vor dem Rennen von der Omikron-Variante gehört hatte, saß er quasi schon im Flugzeug zurück in die Schweiz. In letzter Sekunde entschied er sich dafür, doch in Namibia zu bleiben. „Wäre doch dumm, nach all der Vorbereitung doch nicht teilzunehmen“,

hat er sich gedacht. Schließlich hat er einen Ruf zu verteidigen. „Back in the Game for the Dash!“, schreibt er an jenem Tag auf seinem Blog. „Full Gaz!“ Nun sitzt er auf seinem Rad und strampelt durch die Wüste, aber von „Full Gaz“ ist er weit entfernt. Sein Magen rumort, die Wellen und Buckel der Schotterstraßen geben ihm den Rest. Dreimal übergibt er sich vom Fahrrad aus.

In die Dunkelheit

Die Gedanken sind das Schlimmste, vor allem in der Nacht. Und dann sind da noch die Geräusche. War das eine Hyäne? Ein Schakal? Ein Löwe? Die Dunkelheit verschluckt die Lichter der Fahrräder beinahe. Mehr als fünf, zehn Meter können sie nicht vorausblicken. Einige Teilnehmer behaupten nach dem Rennen, sie hätten Geister gesehen. In der Finsternis, wenn sich die Sinne an nichts festhalten können, tritt der Wahnsinn auf die Bühne. „Ich bin leer, vollkommen leer“, denkt Looser. „Vielleicht sollte ich einfach aufgeben.“ Dann denkt er: „Was sollen nur die Leute von mir denken? Meine Schwiegereltern, die sich für mich die Nacht um die Ohren schlagen? Meine Frau, die in der Schweiz auf mich wartet? Meine Sponsoren? Die, die mich nach sechs Siegen in Folge voller Häme scheitern sehen wollen?“ Er fährt weiter. 75


Bike

Zumindest der Halbmond zeigt in dieser Nacht etwas Gnade mit ihnen. Für einen kurzen Moment schaltet das Trio an der Spitze die Lichter aus. Ungefiltert lassen sie die Wüstennacht auf sich wirken. Sie sehen Orion am Himmel strahlen. Orion, der sich selbst für den größten Jäger hielt, bis ihm ein Skorpion einen tödlichen Stich versetzte. Nach ein paar Sekunden ist die Magie vorbei. Gegen zwei Uhr nachts nähern sie sich der Mondlandschaft von Goanikontes. Tatsächlich könnte man zwischen all den Steinhügeln und Kratern meinen, dass man die Erde inzwischen verlassen hat. Hollywood hat die Kulisse für den Blockbuster „Mad Max“ genutzt, außerdem für „Odyssee im Weltraum“. Genau hier hat sich das Rennen in den vergangenen Jahren entschieden, und immer war die Gunst auf Loosers Seite. Ist die Rolle des ewigen Siegers Fluch oder Segen? Gegen drei Uhr nachts erreichen sie den letzten der fünf Checkpoints. In der Oase von Goanikontes füllen sie ihr Wasser auf. Loosers Getränkebeutel hat ein Loch, die Flüssigkeit rinnt an seinen Beinen hinunter und versickert im Sand. Nichts läuft nach Plan. „Tristan ist stark“, sagt er seiner Schwiegermutter. Er weiß, dass er bis zur sandigen Ziellinie in Swakopmund alles geben muss. Er weiß nur nicht, woher er die Energie dafür nehmen soll. Sein Körper verbraucht nun mehr als 900 Kilokalorien pro Stunde, und doch wehrt sich alles in ihm gegen feste Nahrung. Es überrascht ihn selbst, dass er sich noch auf dem Fahrrad halten kann.

14 Stunden, 55 Minuten

50 Kilometer vor dem Ziel löst Looser das Versprechen des Veranstalters ein: Er bläst zum Angriff. In der Ferne sehen sie die Lichter von Swakopmund, wie rote Rettungsbojen leuchten sie in der Nacht. Bald wird alles vorbei sein. Looser beschleunigt, er tritt in die Pedale wie ein Wahnsinniger. Aber diesmal wird er seine Konkurrenten einfach nicht los. „Was, wenn sie Katz’ und Maus mit mir spielen?“, fragt sich Looser plötzlich, 76

GESCHAFFT

Konny Looser an der Ziellinie in Swakopmund. Sechs Jahre in Folge hatte er hier gewonnen.

Es überrascht ihn selbst, dass er sich noch auf dem Fahrrad halten kann. als sie die Wüste hinter sich lassen und die Straßen von Swakopmund durchqueren. Als Verbündete könnten de Lange und Dorn ihn leicht überlisten. Sie tun es aber nicht. Jeder kämpft nun für sich allein. Die Luft riecht salzig, endlich füllen sich ihre Lungen wieder mit etwas Feuchtigkeit. Und da sind sie dann auch schon: der Strand und die rettende Ziellinie. Looser eröffnet den Sprint durch den Sand. Nur noch 20 Meter trennen ihn von seinem siebten Titel, 10 Meter, 30 Zentimeter. Die Zuschauer beobachten, wie zwei blaue Trikots und weiße Helme kurz nacheinander auf ihren Rädern heranpreschen, gefolgt von einem Fahrer in Schwarz-Weiß. Wenige Meter nach der Ziellinie lassen sie ihre schlaffen Körper und ihre Fahrräder in den Sand fallen. Im Blitzlicht der Kameras kneifen sie die Augen zusammen, als müssten sie erst einmal wieder wach werden. Ist das alles gerade wirklich passiert?

Am Ende trennen sie Sekunden. Ihre Zeiten: Vinzent Dorn: 14 Stunden, 55 Minuten, 43 Sekunden, Konny Looser: 14 Stunden, 55 Minuten, 31 Sekunden. Tristan de Lange: 14 Stunden, 55 Minuten, 30 Sekunden. Später wird Looser noch sagen, dass de Lange den Titel verdient hat. Dass es ein faires Rennen war und schlussendlich der Stärkere gewonnen hat. Dass es halt einfach nicht sein Tag war. Sieg und Niederlage liegen dicht beieinander, so ist das im Sport eben, ansonsten gäbe es ja gar keinen Reiz. Nach der Siegerehrung am Nachmittag nimmt Loosers Schwiegermutter den Pokal in die Hand, es ist ein schlichter Holzklotz mit einer eingeschnitzten Zwei. „Den benutzen wir als Feuerholz für unseren nächsten Braai“, sagt sie. Für einen kurzen Moment vergisst Looser seine Enttäuschung, er lacht. Im Tageslicht sieht alles ganz anders aus, wohlwollender. Er verlässt das Festzelt in Swakopmund, lange bevor die Aftershow vorüber ist. Noch am nächsten Tag will er zurück nach Zürich fliegen. In Namibia hält ihn erst einmal nichts mehr. Am Ende guckt doch eh jeder nur auf den Sieger. Oder? Info: desertdashnamibia.com THE RED BULLETIN


WÜSTENSTAUB

De Lange (hinten), Dorn (Mitte) und Konny Looser fahren in den Sonnenuntergang.


ANZ EIGE

must-haves

1

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3

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1 TITAN-FALTER

Mit der T Line hat sich Brompton neu erfunden. Basierend auf dem von Firmen­gründer Andrew Ritchie 1975 entwickelten 3-Wege-Faltsystem, setzt das aus Titan gefertigte Faltrad in puncto Gewicht und Komfort neue Maßstäbe: Lediglich 7,45 Kilogramm bringt das Bike auf die Waage. Dabei federt das hochwertige Metall in Kombination mit Carbon-Komponenten ruppige Untergründe zuverlässig ab. de.brompton.com

2 FÜR COOLE KÖPFE

Ob im Großstadtdschungel oder im Wald, der Explore Booney Hat von BUFF® sorgt für echtes AbenteuerFeeling. Mit breiter Krempe ist er der ideale Schattenspender to go und lässt sich mittels integrierter Kordel auch lässig abgesetzt tragen. Dank integrierter Ventilationslöcher bietet er nicht nur Sonnenschutz, sondern hilft auch, einen coolen Kopf zu bewahren. buff.com

3 AUF DER ÜBERHOLSPUR

Der CASIO EDIFICE × TOM’S Chronograph vereint Dynamik und Sport­ lichkeit pur. Er überzeugt mit außer­ gewöhnlich markantem Look und faszinierender Technik. Features wie der integrierte Rundenspeicher mit Stoppfunktion machen die sportive Edelstahluhr mit Hightech-KarbonZifferblatt und oktogonaler Lünette zu einem coolen Begleiter auf und ­abseits der Rennstrecke. casio-europe.com

4 TRAIL HIKER

Leicht, atmungsaktiv und robust: Der ECCO BIOM 2.1 X COUNTRY ist der ideale Trail-Hiking-Schuh. Neben der BIOM® NATURAL MOTION® Technologie, die die natürliche Bewegung des Fußes fördert, ist dieser Schuh mit einer PHORENE™ Zwischensohle ausgestattet, die für Energierückgabe und Sprungkraft sorgt, während die ECCO PERFROMANCE RUBBER+ Laufsohle Grip und Traktion bietet. ecco.com


GUIDE Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen

WICKIES WILDE TRÄUME

TORD KARLSEN

HUGH FRANCIS ANDERSON

Die Färöerinseln zu Lande und zu Wasser – eine Zeitreise zu den alten Wikingern

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GUIDE Reisen

„Weit unterhalb des Leuchtturms aalen sich Robben im kurz aufleuchtenden Sonnenschein.“ Hugh Francis Anderson, Reisereporter, erzählt von seinem Färöer-Abenteuer

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Meeresbiololge Andreas B. Heide (re.) und Autor Hugh Francis Anderson beim Inselhopping

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biologen Andreas B. Heide, Kapitän der Barba, auf einer Forschungsmission zu begleiten. Ziel ist es, die Auswirkungen der Plastikverschmutzung auf die Wale im Nordatlantik zu dokumentieren. Die Primärdaten sind erhoben, und wir haben drei freie Tage zur Erforschung der Inseln. Heide schlägt vor, dass wir Kurs auf die westlichste Insel Mykines nehmen und diese dann zu Fuß durchwandern. Während ich mich die steilen Wände von Mykines hinaufschleppe, höre ich nichts als den Klang des auf harten Felsen klatschenden Ozeans. Heide und ich wandern das Steilufer entlang, bis wir den Leuchtturm der Insel erreichen. Immer wieder schwirrt ein Papageientaucher aus seiner Höhle. Die Insel bietet Tausenden von Vögeln eine Heimat. Auf Mykines fängt man sie traditionell mit einem

Fleyingarstong (einem Netz an einem langen Stab) und füllt sie dann mit Teig, um sie zu einem Wecken Fyltur lundi (gefüllten Papageientaucher) zu backen. Es schlägt uns ein heftiger Wind entgegen, mit einer Wucht, die er jenseits des Nordpols angesammelt hat. Weit unterhalb des Leuchtturms aalen sich Robben im kurz aufleuchtenden Sonnenschein.

Das einsamste Eiland Zurück an Bord der Barba, verlasse ich während der nächtlichen Überfahrt zu einer der am dünnsten besiedelten Inseln, Hestur, den Salon und übernehme die Wache am Steuer. Nah am nördlichen Polarkreis gelegen, genießen die Inseln lange Tage; wie bei einem unendlichen Sonnenuntergang hockt die Sonne stundenlang am Horizont. Einst war THE RED BULLETIN

HUGH FRANCIS ANDERSON

Campingplatz bei Vestmanna, mit 1300 Einwohnern die zweitgrößte „Stadt“ der Inseln

TORD KARLSEN

ie Sonne wirft ihr Licht auf die bemoosten Vorsprünge im Basalt von Stóri Drangur, einer 70 Meter hohen Felssäule, die sich steil aus dem Europäischen Nordmeer erhebt. Ich stehe am Bug des Forschungsschiffs Barba. Auf Steuerbord liegt die Färöerinsel Vágar mit dem Ort Gásadalur – Einwohnerzahl: zwölf. Etwas weiter südlich ergießt sich aus einem Riss im mit Grasland bewachsenen Onyxfelsen der Wasserfall Skarðsáfossur. Ein Bild wie aus der Mythologie. Mich ziehen kalte, unwirtliche Orte an, in denen dennoch das Leben floriert: Auf 61 Grad nördlicher Breite, knapp unterhalb des nördlichen Polarkreises, schaffen das milde Meeresklima und der fruchtbare vulkanische Boden der Färöerinseln genau den richtigen Ort für mich. Den Namen Färöer erhielt der Archipel von den Wikingersiedlern im 9. Jahrhundert. Wörtlich übersetzt bedeutet er „Schafinseln“, und tatsächlich gibt es auf den achtzehn Inseln heute siebzig Unterarten färöischer Schafe. Ich bin hier hergeflogen, um den Meeres-


Ich hab mich wohl Färöer-t! Wissenswertes und No-Gos für Reisende MITNICHTEN AUF SCHICHTEN VERZICHTEN Das subarktische Klima bringt mit es sich, dass das Wetter binnen Minuten umschlagen kann. Beginne mit einer Grundschicht aus Wolle, gefolgt von einer warmen Mittelschicht, dichten Hosen und Stiefeln. Ziehe eine wind- und wasserfeste Jacke darüber. PASS AUF, WO DU HINTRITTST Es gibt ein Wochenende im Jahr, da sind Touristen auf den Inseln nur zugelassen, wenn sie mithelfen, die Natur instand zu halten und für künftige Generationen zu bewahren. Wenn Du zu einer anderen Zeit hinfährst, achte bitte trotzdem auf das fragile ökologische Gleichgewicht. Halte Dich an den Wanderführer auf visitfaroeislands.com. VIELE LUSTIGE NAMEN Eine besondere Wanderempfehlung kommt von unserem Fahrer Kári Mikkelsen. Die Strecke führt auf der Insel Eysturoy von der Siedlung Norðragøta nach Leirvik zwischen den Bergen Ritafjall und Knúkur. „Als mein Vater noch in der Gegend lebte, war das die Hauptstraße“, erklärt Mikkelsen. „Heute ist es mein liebster Wanderweg.“

MYKINES VÁGAR Tórshavn

Färöer

HESTUR

Ritt der Walküren Reisen auf die Färöer Mit dem Flugzeug: Alle internationalen Flüge landen auf Vágar. Ab Kopenhagen, Dänemark, fliegt Atlantic Airways mehrmals am Tag. Mit dem Schiff: Alternativ dazu kann man sich auch die 31-stündige Überfahrt mit dem Schiff ab Hanstholm (Dänemark) antun.

Das Forschungsschiff Barba, mit dem unser Autor Hugh Francis Anderson unterwegs ist, passiert bizarre Felsformationen im Norden der Färöer. THE RED BULLETIN

Am besten erkundet man die Inseln per Mietwagen. Sie sind durch Brücken, Tunnel und Fähren gut miteinander verbunden. Anders als im Großteil von Skandinavien ist wildes Zelten im öffentlichen Raum nicht überall gestattet – die Färinger wollen so das fragile Ökosystem ihrer Heimat schützen. Nutzt bitte also die offiziellen Campingplätze. Infos: booklocal.fo

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GUIDE Reisen

Stóri Drangur (Großer Felsen), eine 70 Meter hohe Felssäule in der Nähe der Insel Vágar, davor Lítli Drangur (Kleiner Felsen)

eben eine, in der sich Blockhütten mit Grasdächern an Cafés und Kunstgalerien schmiegen. Es sei eine Herausforderung, den Tourismus am Leben zu halten, ohne die Seele der Inseln zu opfern, erklärt Mikkelsen. „Wir sind so nah an der Natur und stolz auf die Traditionen, dank denen wir hier draußen überlebt haben.“

Angesichts eines Wetterumschwungs beschließt Heide, Richtung Island loszusegeln. Als wir auslaufen, kommen uns zwei färöische Klinkerboote entgegen, deren Holzplanken sich wie Dachziegel überlappen, darauf zwei ächzende junge Männer mit nacktem Oberkörper, die Holzruder fest in den Händen. Sie mühen sich, diese hölzernen Wasserfahrzeuge voranzubringen, deren Gestalt sich seit dem 17. Jahrhundert nicht geändert hat.

Die Blockhütten-Metropole

Dieser ewige Blick!

Auf einer unbefestigten Straße begeben wir uns zum höchsten Punkt der Insel, der gleichzeitig ihr größter See ist, der Fagradalsvatn. Mir fällt auf, wie abgelegen es sich hier anfühlt. Wie wir hier auf einem Felsen hocken und vergeblich versuchen, dem Fagradalsvatn Fische abzutrotzen, könnten wir uns genauso gut im 9. Jahrhundert befinden. Als nächstes Ziel steuert Heide die Insel Streymoy mit der färöischen Hauptstadt Tórshavn an. Beim Anlegen begrüßt uns ein einheimischer Fahrer, Kári Mikkelsen. Er bietet sich an, uns die Stadt zu zeigen. Mit 14.000 Menschen ist Tórshavn geradezu eine Metropole – aber

In diesem Moment begreife ich, dass dieser Blick auf die Färöer vom Meer aus genau jenem entspricht, den die Färinger seit jeher auf ihre Heimat geworfen haben. Als wir später an der Westspitze von Mykines und dem hoch oben gelegenen Leuchtturm vorbeifahren, starre ich auf dieses Steilufer und erkenne es als eine dieser bemerkenswerten Landschaften, in denen Menschen und Tiere seit über tausend Jahren in friedlicher Harmonie nebeneinander leben. Eine Wildnis, eine der letzten auf dieser Welt.

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„Hier herrscht ewige Harmonie.“ Hugh Francis Anderson, Abenteuerjournalist

Hugh Francis ist ein britischer Abenteurer und Journalist. Er lebt in Tromsø im Norden Norwegens. hughfrancisanderson.com THE RED BULLETIN

TORD KARLSEN

die Fischerei das wichtigste Gewerbe auf Hestur, doch auf der Fläche von nur 6,1 Quadratkilometern konnten sich nur wenige Familien bis heute halten. Wir spazieren durch das einzige Dorf der Insel, als sich Nebel auf uns niederlegt. Die Stille ist unheimlich, kein Hinweis auf menschliches Leben weit und breit. Das Kreuz auf dem Dach des roten Turmes einer Kirche taucht im Nebel auf, und das einsame Blöken eines Schafes erklingt.


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NATÜRLICH AUF

PERFORMANCE GETRIMMT

Inspiriert von Barfußläufern und ursprünglich für Athleten entwickelt: Mit der BIOM-Schuhlinie schlägt ECCO ein weiteres Kapitel in seiner Erfolgsgeschichte auf. 1963 machte der Däne Karl Toosbuy einen Traum wahr. Er verkaufte seinen gesamten Besitz, kündigte und zog mit seiner Frau und der fünfjährigen Tochter Hanni nach Bredebro. Dort übernahm er eine leerstehende Fabrik und gründete das Schuhunternehmen ECCO. Zahlreiche Design-Erfolge, Innovationen und der Mut, Standards der Schuhmacherkunst immer wieder zu hinterfragen und voranzutreiben, prägen die Geschichte des Familienunternehmens bis heute.

ECCO

Eine Revolution in Sachen Komfort und Leistung Zu den größten Errungenschaften der letzten Jahre gehört die Entwicklung der BIOM® NATURAL MOTION® Technologie. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Sporthochschule Köln gelang es dem dänischen Schuhspezialisten ECCO damit, ein nahezu barfußähnliches Lauferlebnis in seinen Performance-Schuhen zu reproduzieren. Die revolutionäre BIOM Technologie stabilisiert den Fuß und unterstützt ihn in seinem natürlichen Bewegungsablauf. Die Bewegungen

werden effizienter, gleichmäßiger und kraftvoller beim Abrollen – ideal auf Trails, wo maximale Trittsicherheit wichtig ist. Die Sohle sorgt für Energierückgabe, Sprungkraft und Stabilität bei allen OutdoorAktivitäten. Der ECCO BIOM 2.1 X COUNTRY ist der neueste Ausdruck dieses ergonomischen Ethos im Outdoor-Segment.

Perfekt für kalte und nasse Tage:

ECCO BIOM 2.1 X COUNTRY mit wasserdichtem GORE-TEX®-Schutz

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GUIDE Biohacking NASENATMUNG

Gute Luft, gute Nacht Profi-Biohacker Andreas Breitfeld verrät uns jeden Monat einen Trick, der dein Leben verbessert. Dieses Mal: warum optimale Entspannung im Schlaf durch die Nase geht.

Unorthodox, aber entspannend: Ein Klebeband über dem Mund forciert die Atmung durch die Nase.

Der Parasympathikus wird aktiviert, wir können uns viel leichter entspannen.

Mehr Stickstoffmonoxid durch Nasenatmung

Dadurch steigt die Sauerstoffsättigung im Gewebe.

Immer der Nase nach Nasenatmung führt zu rund zehn Prozent mehr Sauerstoff im Körper. Grund dafür ist das Gas Stickstoffmonoxid, das in den Nasennebenhöhlen gebildet wird und in den Lungen mithilft, Sauerstoff ins Blut zu bringen.

Besonders wichtig ist die Nasenatmung beim Schlaf. Um sie zu garantieren, setzen wir Biohacker auf „Mouthtaping“. So nennt sich die Methode, mit einem Medizin-Klebeband – richtig geraten – den Mund vor dem Schlafengehen zuzukleben. Fühlt sich bei Weitem nicht so grausam an, wie es sich anhört (und wie es womöglich aussieht). 84

ANDREAS BREITFELD, 49, ist Deutschlands bekanntester Biohacker. Er forscht in seinem speziellen Lab in München. BIOHACKING umfasst, vereinfacht gesagt, alles, was Menschen eigenverantwortlich tun können, um Gesundheit, Lebensqualität und Langlebigkeit zu verbessern.

DIE BIOHACKING-PRAXIS Der Performance-Lifestyle-Podast für alle, die mehr über Biohacking (und sich selbst) erfahren wollen. QR-Code scannen und reinhören. THE RED BULLETIN

SASCHA BIERL

Das hat mit unserem vegetativen Nervensystem zu tun, dem Sympathikus (dem Kampf-Modus unseres Organismus) und dem für Entspannung zuständigen Parasympathikus. Atmung durch die Nase erhöht den Anteil von Stickstoffmonoxid im Blut und in Folge auch die Sauerstoffversorgung des Gewebes. Und mehr Sauerstoff im Körper bedeutet mehr Entspannung. Solltest du also nervös werden, zornig, panisch, aufgeregt: bewusst durch die Nase zu atmen hilft. Versprochen!

ANDREAS BREITFELD

Warum ich den Mund zuklebe

Wie du dem Körper mehr Sauerstoff zuführst

PRIVAT

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er Mund ist für Essen, Sprechen und Küssen zuständig. Die Nase verfügt in diesen Disziplinen über eingeschränkte Qualifikationen, also übernimmt sie das Atmen. Und – im Idealfall – nur sie: Biohacker atmen durch die Nase ein und durch die Nase aus. Ja, solange irgendwie möglich auch beim Sport – und während der Nacht.


GUIDE Playlist

MIKE LOVE

„Meine best Vibrations“ Mike Love, Gründungsmitglied der legendären Beach Boys, verrät, welche Songs ihn selbst in Schwingung versetzen. Und warum er für Chuck Berry sein letztes Hawaiihemd gegeben hätte.

UDO SPREITZENBARTH

MARCEL ANDERS

Für die Red Bulletin-Playlist packt Mike Love, 81, seine absoluten Feelgood-Songs aus. Im Podcast auf Spotify verrät er im Detail, was an seiner Auswahl so besonders ist. Mit Klassikern wie „California Girls“, „I Get Around“, „Do It Again“ und „Good Vibrations“ haben die Beach Boys mehr als 100 Millionen Platten verkauft, 29 Studioalben aufgenommen und unzählige Top-40-Hits gelandet. Ihre Karriere umspannt über sechs Jahrzehnte. 1961 begannen sie mit der Originalzusammensetzung, bestehend aus den Brüdern Brian, Carl und Dennis Wilson, ihrem Cousin Mike Love und dem Schulfreund Al Jardine. Heute ist Mike Love das einzig verbliebene Gründungsmitglied der Beach Boys, mit deren aktueller Zusammensetzung er dieses Jahr auf Jubiläumstour geht: Vor 60 Jahren erschien die erste Single – „Surfin’ Safari“.

THE FIVE SATINS

IN THE STILL OF THE NIGHT (1956) „Die Doo-Wop-Musik der Fünfziger hat uns sehr inspiriert. Von einer Gruppe namens The Five Satins stammt der wunderschöne Song ‚In the Still of the Night‘. Damals haben wir den oft gesungen. Ich habe den Bass-Part übernommen, mein Cousin Brian die hohen Stellen, das hat großen Spaß gemacht. ‚In the Still of the Night‘ war einer der großen Hits dieser Zeit.“ THE RED BULLETIN

Den QR-Code scannen und der Spotify-Playlist von Mike Love lauschen. thebeachboys.com

THE REGENTS

CHUCK BERRY

THE EVERLY BROTHERS

BARBARA-ANN (1961)

SWEET LITTLE SIXTEEN (1958)

DEVOTED TO YOU (1959)

„Unser Hit ‚Barbara Ann‘ war ein Cover. Ursprünglich stammt der Song von den Regents, einer Band von der Ostküste. Die hatten ein großartiges Arrangement. Brian hat sich davon inspirieren lassen, wir verwenden es auf unserem Album ‚Beach Boys’ Party!‘. Wir haben nicht damit gerechnet, dass es ein derartiger Hit wird, weit oben in den Charts, sogar noch vor ‚Pet Sounds‘.“

„Diese Platte hatte uns zu ‚Surfin’ USA‘ inspiriert. Als ich einmal zusammen mit Chuck in einem Flugzeug saß, sagte er: ‚Mir gefällt, was ihr aus ‚Sixteen‘ gemacht habt.‘ Das war der Segen des Meisters! Übrigens: Als Urheber unseres Stücks wurden Chuck und Brian Wilson angeführt – ich wurde vergessen. Dabei stammt der Text eigentlich von mir.“

„Die Everly Brothers waren für Brian und mich als Heranwachsende eine Inspiration. Mittwochs sind wir immer mit ihren Songs auf den Lippen vom Jugendabend der presbyterianischen Kirche heimspaziert. Mit meiner Schwester Maureen haben wir aus deren zweiteiliger Harmonie eine dreiteilige gemacht. Die Everly Brothers haben viele schöne Songs geschrieben, diesen mag ich am liebsten.“

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LUST AUF LEDER BAGS VON AMELI Minimalismus, perfektes Design, gelebte Funktionalität. Seit 2020 begleiten die in Zürich entworfenen und in Italien hergestellten Ledertaschen selbstbewusste Businessfrauen. Handwerkskunst statt Massenproduktion, jedes Modell benannt nach einem Ort in Zürich, z. B. Viadukt, Bellevue oder Central. ameli-zurich.ch

GENUG PLATZ In eine Ameli (vom franz. Verb améliorer für verbessern) passt ein Notebook.

Richtig gutes Zeug Von der Redaktion gefunden und für gut befunden: eine Uhr wie eine Zeitreise und zwei ziemlich heiße Sohlen …

LATSCHEN DE LUXE mit einem Recycling-Anteil von 50 Prozent

KULT AUF KORK

BERGHELDEN

DIE NETTE ADILETTE

„DIE ALPINE FLUGRETTUNG“ VON ROBERT SPERL

In den 70ern entwickelte adidas Badeschlapfen für die Fußballnationalmannschaft, die die Spieler auch im Sanitärbereich tragen konnten. Die Adilette war geboren und wurde zum internationalen Kult-Accessoire. Zum 50-JahrJubiläum und zur Würdigung der Zusammenarbeit mit dem Designer Rich Mnisi empfehlen wir dieses Paar. adidas.de

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Sie rücken aus, um Menschen in höchster Not zu bergen: die Frauen und Männer der alpinen Flugrettung. Der langjährige Chefredakteur dieses Magazins, Robert Sperl, hat über diese Berghelden ein faszinierendes Buch verfasst – über ihr Leben, ihre Abenteuer und ihre Dramen. bergweltenbuch.com

THE RED BULLETIN


GUIDE Tipps & Trends

SEELENVERWANDT „TURN UP THE SUNSHINE“ VON ­DIANA ROSS & TAME IMPALA Wer verstehen will, wie sich die durch­geknallten 1970er-Jahre angefühlt haben (und warum man das 50 Jahre später wieder gut finden darf), höre dieses Lied: Gemeinsam mit den Psych­edelikern von Tame Impala erweist Soulkönigin Diana Ross den knallgelben Minions im Soundtrack zum neuen Kinohit ihre Reverenz.

ZEICHEN DER ZEIT Klassisches Modell mit frischem Farbton

DER SOMMER, EIN WINTERMÄRCHEN T-SHIRT VON COLMAR

DIE GRÜNE UHR VIRO CHRONOGRAPH SILVRETTA CLASSIC VON UNION GLASHÜTTE Könnte diese Uhr einen Knicks machen, würde sie vor der Silvretta Classic auf die Knie gehen. Schließlich zollt dieses Union-Glashütte-­Modell der ­Oldtimer-Rallye durchs Montafon Tribut. Besonders auffällig: die grünen Chronographenringe. Die Uhr ist auf 200 Stück limitiert. union-glashuette.com

THE RED BULLETIN

Dialektik am T-Shirt tragen – ein Vergnügen, das uns Colmar in diesem Sommer bereitet. Wer das verstehen will, muss ­genau hinsehen. Bei detaillierter Betrachtung zeigt sich, dass das sommerliche Shirt schnee­ bedeckte Berge, wattierte Anoraks und flotte Skiausrüstung zeigt. Die Erkenntnis? Passt. colmar.it

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GUIDE Lesestoff

URBAN FANTASY

Der göttliche Clash der Kulturen US-Autor Kevin Hearne haucht archaischen Mythologien mit einer Portion Humor neues Leben ein. Gelernt hat er bei Homer – und zwar nicht Homer Simpson.

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kay, wirklich neu ist die Idee nicht. Bekanntlich erkannte ein gewisser Homer – nicht Simpson, sondern der mit dem Trojanischen Pferd – bereits vor knapp 3000 Jahren die epische Wucht, die in einem offenen Schlagabtausch zwischen Menschen und Göttern schlummert. Und dann immer wieder bedrohlich erwacht! Und er, also Homer, blieb damit nicht allein. Bis heute hat man sich im Laufe der Literaturgeschichte bei den polytheistischen Mythologien

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immer wieder recht ungeniert bedient, auch die ComicSzene hat sich da von „Thor“ abwärts einige fette Scheiben abgeschnitten. Warum auch nicht. Wenn es um klassische Archetypen geht, erweisen sich die Götterwelten von Olymp, Asgard & Co als wahre Fundgruben. Besonders üppig fällt die belletristische Beute aus himmlischen Gefilden seit Beginn des Fantasy-Booms Anfang des neuen Jahrtausends aus. Internationale Bestseller wie die Jugendromanreihe „Percy Jackson“

von Rick Riordan oder Neil Gaimans mittlerweile zum Kultbuch erhobene „American Gods“ ebneten den Weg für ein Subgenre der sogenannten Urban Fantasy, in dem, das ist der Markenkern, ein munteres Kommen und Gehen zwischen Realität und Mythologie herrscht. In dieser archaisch perforierten Welt fühlt sich auch der US-amerikanische Autor Kevin Hearne, 51, wie ein kleiner Gott. Gleichzeitig sind seine Romane ein gutes Beispiel dafür, wie man aus einem allgemeinen Trend etwas THE RED BULLETIN

VINZ SCHWARZBAUER

Text JAKOB HÜBNER


„Papier & Blut“, Kapitel 1, erster Absatz „Wenn man jemandem eröffnet, dass er vielleicht bald sterben muss, sollte man ihn am besten vorher zu einem Whisky einladen. Dann kann er ihn trinken oder ihn einem ins Gesicht schütten und wird sich dabei zumindest ein kleines bisschen besser fühlen. Das ist einfach ein Gebot der Höflichkeit.“

komplett Eigenständiges destillieren kann. Wenn man’s eben kann. Bekannt wurde Hearne mit seiner „Chronik des Eisernen Druiden“, die von „Gehetzt“ (2013) bis „Zerschmettert“ (2019) insgesamt neun Bände umfasst. Titelheld ist der irische Druide Atticus O’Sullivan, der aussieht wie ein einundzwanzigjähriger Hippie-Surfer, tatsächlich aber rund zweitausendeinhundert Jahre alt ist und ein legendäres Schwert auf dem Rücken sowie einige erstaunliche Fähigkeiten im Talon hat. Gemeinsam mit seinem klugen Gefährten Oberon (kein Elfenkönig wie im „Sommernachtstraum“, sondern ein Hund) liefert sich Atticus inmitten der USA des 21. Jahrhunderts mehr oder weniger blutige Scharmützel mit allerlei obskuren Wesenheiten – wobei Hearne nicht nur den keltischen, griechischen und nordischen Pantheon in voller Truppenstärke aufmarschieren lässt, sondern, wenn er schon dabei ist, auch Vampire, Werwölfe und noch deutlich seltsamere Kreaturen aus dem Fabelreich. Das Ergebnis ist ein Culture Clash von wahrlich göttlichen Ausmaßen. Und dank des – teils über Jahrtausende gereiften – zynischen Humors der handelnden „Personen“ im wahrsten Sinne des Wortes ein Heidenspaß. Aber es kommt noch besser. Im Spin-off „Die Chronik des Siegelmagiers“, von dem bisher zwei Romane – „Tinte & Siegel“, 2021, und „Papier & THE RED BULLETIN

Blut“, 2022 – erschienen sind, legt Kevin Hearne noch eine ordentliche Schippe elaborierten Wahnwitzes drauf. Im Mittelpunkt steht diesmal der stattliche Schotte Al MacBharrais, einer von weltweit fünf Spiegelmagiern, deren Job es ist, für Ordnung zwischen den Sphären zu sorgen und die Menschheit vor schurkischen Übergriffen aus der Welt der Mythologie zu schützen. Als Waffen dienen Al dabei Tinte und Papier, mit denen er magische Siegel erschaffen kann, die wie Zaubersprüche wirken. Ihm zur Seite stehen seine junge Managerin Nadia, die sich ganz vorzüglich auf den Nahkampf mit Rasiermessern versteht, der whiskysaufende Kobold Buck Foi, eine Rezeptionistin, die auf den schönen Namen Gladys hört und schon viel Übles erlebt hat – und ein erstaunlicher junger Mann mit Hund, der aussieht wie ein Hippie-Surfer …

KEVIN HEARNE „Papier & Blut – Die Chronik des Siegelmagiers“ (Klett-Cotta) Deutsch von Friedrich Mader und Tamara Rapp

BUCHTIPPS

Made in China Chinesische Autoren sind auf internationalen Bestsellerlisten längst keine Exoten mehr.

CIXIN LIU Der Auftakt der TrisolarisTrilogie von Cixin Liu, 59, wurde 2015 als erster chinesischer Roman mit dem Hugo Award, dem international renommiertesten Preis der Science-Fiction-Literatur, ausgezeichnet. Die deutsche Übersetzung erschien 2017 unter dem Titel „Die drei Sonnen“. „Der dunkle Wald“ (2018) und „Jenseits der Zeit“ (2019) komplettieren dieses faszinierende Meisterwerk. „Die drei Sonnen“ (Heyne)

JIN YONG „Wuxia“ steht für martialische Helden-Epen, in denen sich traditionelle Kampfkunst mit Versatzstücken der Fantasy-Literatur und spirituellen Einflüssen vereint. Als einer der Genre-Großmeister gilt Jin Yong (1924–2018), dessen opulente, dreiteilige „Legende der Adlerkrieger“ gerne als chinesisches Pendant zu Tolkiens „Der Herr der Ringe“ bezeichnet wird. Richtig großes Kino. „Die Legende der Adlerkrieger“ (Heyne)

CAI JUN Mit mehr als 13 Millionen verkauften Exemplaren zählt Cai Jun, 43, zu den produktivsten und erfolgreichsten ThrillerAutoren Chinas. In deutsche Übersetzung hat es bisher allerdings erst eines seiner Bücher geschafft: „Rachegeist“, ein düster angetragener Mix aus Suspense, Mystery und Horror, für den Cai Jun von der Kritik postwendend zum „chinesischen Stephen King“ geadelt wurde. „Rachegeist“ (Piper)

ZHOU HAOHUI Mit dem tödlichen Katzund-Maus-Spiel zwischen Polizeibehörden und einem Psycho-Serienkiller bedient sich Zhou Haohui, 44, in seiner Bestsellerreihe „18/4“ zwar eines ausgeweideten Thriller-Settings, die – aus westlicher Sicht – ungewohnten gesellschaftlichen Strukturen (inkl. Korruption) verpassen dem Genre aber einen spannenden neuen Anstrich. „18/4 – Der Hauptmann und der Mörder“ (Heyne)

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GUIDE Kalender

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August ONE-NIGHTSTAND Robbie Williams kommt für einen Abend nach München. In diesem Jahr wird es sein einziger Auftritt im deutschsprachigen Raum sein – und bescheiden wie immer verspricht er „die größte Show aller Zeiten“. Let him entertain us! robbiewilliams.com

6 August PUMP UP THE BIKE

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und 16. Juli JUGEND FORSCHT Red Bull Basement Hamburg ist ein zweitägiges Event für Studenten und junge Unternehmer. In Workshops bekommen die Teilnehmer Einblicke in die Welt der Tech- und Innovationsszene, und zum Abschluss verraten erfolgreiche Gründer bei der „Fuck-up Night“ am Samstag ganz ehrlich ihre größten Fehler. Damit wir daraus lernen. Nachmachen verboten! redbull.com/basement 90

16 11 bis 21. August KLASSENTREFFEN Bei den European Championships Munich kämpfen die besten Athleten und Athletinnen Europas (wie hier auf dem Foto Zehnkämpfer Niklas Kaul) um Goldmedaillen in neun Sportarten: Beachvolleyball, Kanu, Klettern, Leichtathletik, Radsport, Rudern, Tischtennis, Triathlon und Turnen. munich2022.com

bis 24. Juli SANDSPIELE Die besten Tennisspieler der Welt schlagen im Norden auf: bei den Hamburg European Open. Der SandplatzKlassiker ist das größte Tennisturnier Deutschlands. ServusTV überträgt das Event ab dem 17. Juli online – und ab dem 18. Juli auch live im Free-TV. servustv.com THE RED BULLETIN

THOMAS DIETZE, PHIL PHAM/RED BULL CONTENT POOL, GETTY IMAGES, HAMBURG EUROPEAN OPEN

Schon mal von einem Pumptrack gehört? Das sind Bike-Kurse, auf denen die Fahrer nur durch das Hochdrücken des Körpers („Pumpen“) ihre Räder beschleunigen. Im Mellowpark in Berlin steht so ein Kurs. Dort batteln sich im August die besten Pumper Deutschlands um ein Ticket für das Finale der Red Bull UCI Pump Track World Championships in Chile. redbull.com


© Adobe Stock

DER TENNIS-SOMMER B E I S E RV U S T V D E U T S C H L A N D M I T D E N H A M B U RG E U RO P E A N O P E N

L I V E | 1 7 . B I S 2 4 . J U L I I M F R E E -T V U N D B E I S E RV U S T V O N


B O U L E VARD DER HEL DEN

ELLA FITZGERALD & NORMAN GRANZ

DAS GLÜCK DES LEBENS Serie: MICHAEL KÖHLMEIER erzählt die außergewöhnlichen Geschichten inspirierender Figuren – faktentreu, aber mit literarischer Freiheit. Folge 15: Wie die First Lady des Jazz die Konzerthäuser Amerikas eroberte.

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BELICTA CASTELBARCO, CLAUDIA MEITERT MICHAEL KÖHLMEIER

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GETTY IMAGES (3), PICTUREDESK.COM

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eine sehr verehrten Damen und Erstens schon einmal: dass in einem Herren.“ Pause. Im Saal manchKonzerthaus Jazz gespielt wurde. Zweitens: mal Hüsteln, manchmal Knistern, dass der Moderator einen simplen Freitag zum manchmal Rascheln. Noch einmal: heiligen Sonntag erklärt hat. Drittens: dass er „Meine sehr verehrten Damen und eine schwarze Sängerin mit dem Ehrentitel Herren. Heute ist Sonntag.“ Lange Pause. Im „First Lady“ bedachte, der ja nur einer einSaal mehr als tausend Menschen. Alle weiß. zigen Person zusteht, nämlich der Gattin des MICHAEL KÖHLMEIER Für Schwarze ist der Zutritt verboten. IrriPräsidenten. Viertens – und das empörte Der Vorarlberger tation: Es ist nicht Sonntag, Freitag ist. Ein vielleicht am meisten: dass der Moderator Bestsellerautor gilt Versprecher des Moderators? Oder Absicht? eine Schwarze mit Mrs. ansprach, und das als bester Erzähler deutscher Zunge. Aber wenn Absicht, mit welchem Zweck? vor tausend weißen Männern und Frauen. Zuletzt erschienen: Ein drittes Mal: „Meine sehr verehrten Der Moderator war zugleich der Organider Roman „Matou“, Damen und Herren, heute ist Sonntag, sator des Konzerts und der Manager von 960 Seiten, und ich bin stolz …“ Also doch Absicht. – Ella Fitzgerald und ihr engster Freund. Hanser Verlag. Sein Name: Norman Granz. Sehr lange Pause. „Ich bin stolz, Ihnen … die First Lady vorstellen zu dürfen.“ iel Geld verdienen, guten Jazz verbreiten, den RasWen? Die First Lady? Mamie Eisenhower? Mamie sismus bekämpfen – das dürfte Programm genug Eisenhower ist hier? Mamie Eisenhower interessiert sich sein für ein ganzes Leben. Es war das Leben und für Jazz? Und ihr Mann, Dwight D. Eisenhower, der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, ist der auch das Programm von Norman Granz. Wenn ich, dachte er hier? Warum wurde uns das vorher nicht gesagt? Wir als junger Mann, Punkt eins mit Punkt zwei verbinden hätten dann die besseren Sachen angezogen, wir dachten will, muss ich zuerst Punkt drei angehen. ja, für Jazz genüge das Legere. Wo sitzen die beiden, Warum? Weil das viele Geld nur in den großen Mamie und Ike? Unruhe, Köpfewenden, Tuscheln. Konzertsälen zu verdienen war und nicht in den heißen, „Meine Damen und Herren, heute ist Sonntag, beverqualmten, lärmenden, aber hippen Kellern, wo zwar grüßen Sie mit mir: Mrs. … Ella Fitzgerald … the First die wahre Kunst des Jazz gekocht wurde, aber nur für Lady of Jazz!“ Absolute Stille. Gesichter wie auf einer einen Bettel. Das eine sollte neben dem anderen beBeerdigung. Empört hochgezogene Brauen. Empörte stehen bleiben, auf jeden Fall. Was in den Kellern gekocht wurde, sollte von nun an auch in den Konzertsälen zu einem O zusammengezogene Münder. serviert werden – dort aber für ordentlich Geld. Nur: Es war ein Skandal. Ein dreifacher Skandal, ein vierfacher sogar. Und wie bei vielen Skandalen: Wenn es Die großen Konzertsäle standen erstens nicht – noch ihnen gelingt, den Kopfinhalt der Menschen neu zu nicht – dem Jazz offen, zweitens schon gar nicht, wenn mischen, sodass Vorurteile zerbröseln, dann kann man die Musiker schwarz waren. Wir schreiben das Jahr 1944. sich bereits nach wenigen Jahren nicht mehr vorstellen, Norman Granz wurde 1918 geboren und wuchs in dass so etwas jemals ein Skandal war. Was aber war Los Angeles auf. Er war der Sohn jüdisch-ukrainischer das Skandalhafte an diesem vierfachen Skandal? Einwanderer, in seiner Umgebung, erzählte er später,


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B OU L EVAR D DE R HE L D E N

seien zwölf Sprachen gesprochen worden, wer einen Fremden als seinen Feind betrachtet habe, dem sei nur die Einsiedelei übrig geblieben. Und dennoch: Wollte er irgendeine Veranstaltung besuchen, musste er sich in den Sektor der Weißen begeben, der abgetrennt war vom Sektor der Schwarzen, abgetrennt mit Seilen, klebrig von roter Farbe, die an den Händen haften blieb – damit leicht erkennt werden konnte, wer das Spiel nicht mitmachte. Es war ein böses Spiel. Schon als Kind war Norman Granz Rassismus zuwider. Sein Vater war befreundet mit einem schwarzen Automechaniker, Joe Bettis; an den Abenden spielten sie manchmal Schach miteinander – drinnen im Haus, nicht auf der Terrasse, auch wenn ein schöner Sommerabend war, man sollte sie nicht zusammen sehen. Irgendwann war es dann doch zu heiß, und der Freund zog sein Hemd aus. Da sah Norman, damals acht Jahre alt, die langen Narben auf dem Rücken von Joe Bettis. Als der Freund gegangen war, fragte er seinen Vater. Und der Vater erzählte es ihm.

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ußerdem mochte Norman die Musik der Schwarzen lieber als Mozart, Beethoven oder Brahms. Aber – wie gesagt – mit der Musik der Schwarzen ließ sich nur wenig Geld verdienen. Die großen Konzerthallen waren für Schwarze tabu, dort waren klebrige Seile gar nicht nötig. Dabei: Was die schwarze Musik alles zu bieten hatte! Ein paar Namen: Dizzy Gillespie, Oscar Peterson, Charlie Parker, Coleman Hawkins … und: Ella Fitzgerald. Ella Fitzgerald konnte singen wie niemand auf der Welt. Solche Virtuosität bei gleichzeitiger Gelassenheit, darüber sind sich die Fachleute bis heute einig, habe es vorher nicht gegeben und werde es nie mehr geben. Sie zwitscherte wie ein Vögelchen, und gleich darauf stürzte ihre Stimme ab in das Krachen eines Donners, der unmittelbar auf den Blitz folgt. Sie mischte Klagelaute mit Freudenschreien, kolorierte wie eine Opernsängerin, um mittendrin in das ordinärste Lachen auszubrechen, das schrill war, aber in der Tonart blieb. Mit Leichtigkeit und Gelassenheit tanzte ihre Stimme über drei Oktaven, das war – wörtlich – unerhört! Ein Kritiker schrieb: „Es ist, als hätten Gott und der Teufel sich zusammengetan, um eine Kathedrale zu bauen. Die Töne fliegen wie die Steine durch die Luft, und am Ende steht ein Gebäude, besser als die Welt, denn es ist das Einzige, was Gott und der Teufel gemeinsam geschaffen haben.“ Ella Fitzgerald war ein Wunder. Wer weiß war und sie hören wollte, der musste sich eine Schallplatte

Dass eine schwarze Sängerin als „First Lady“ vorgestellt wurde, empörte das Publikum am meisten.

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kaufen. Denn in die weißen Konzertsäle durfte sie nicht, und in die Jazzkeller traute sich das weiße Publikum nicht, jedenfalls nicht ohne Begleitung eines Schwarzen. Es war also nicht so, dass die Rassentrennung nur den Schwarzen auf die Nerven fiel, und bei Gott nicht jeder Weiße war ein Rassist.

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a war zum Beispiel Marilyn Monroe. Sie bewunderte Ella Fitzgerald, der Rassismus war ihr genauso widerlich, wie er Norman Granz widerlich war. Und Marilyn fand, es sei eine dreckige Schande, dass dieser unvergleichlichen Künstlerin nicht der ihr gebührende Respekt entgegengebracht wurde. Sie hatte mächtige Freunde. Und diese Freunde mobilisierte sie. In Norman Granz fand sie den stärksten Mitstreiter in den Vereinigten Staaten von Amerika, die so viel Wert auf die Freiheit legten und dann mit harten Knüppeln, giftigen Peitschen und rauen Stricken gegen die Freiheit vorgingen. Marilyn Monroe war selbst eine brillante Sängerin, sie und Ella Fitzgerald befreundeten sich, und Norman Granz gründete die Serie „Jazz at the Philharmonic“, deren Ziel es war, den Jazz als Kunst auf Augenhöhe mit der Klassik zu etablieren. Marilyn und Norman wollten aufs Ganze gehen. Nicht in New York in der Carnegie Hall sollte Ella Fitzgerald vor weißem, reichem Publikum auftreten – New York war liberal –, nein, im Süden, im tiefen Süden, wo jeden Sonntag vor den schmucken weißen Häuschen die Flagge der Konföderierten hochgezogen wurde. Dort sollten die heiligen Hallen der Musik erobert werden – dort, wo eine schwarze Frau einem weißen Lümmel im Bus ihren Platz abgeben musste. Die erste Adresse: das Orpheum Theatre in Memphis, Tennessee. Chuck Berry erzählte, als er ein Bub gewesen war, hätten er und seine Freunde sich einen Spaß daraus gemacht, über die breite Treppe vor dem Orpheum nach oben zu laufen, sie hätten miteinander gewetteifert, wer weiter komme, bevor sie vom Doorman verjagt wurden. Schwarze nämlich durften nicht einmal die Stiege zu diesem ehrwürdigen Gebäude betreten. „Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir: Mrs. Ella Fitzgerald, the First Lady of Jazz!“ Am Ende des Konzerts brach Jubel aus, die Menschen erhoben sich von ihren Plätzen und applaudierten eine halbe Stunde lang. Nie zuvor hatten sie solchen Gesang gehört. Ella Fitzgerald stand mitten auf der Bühne und nahm die Ovationen entgegen. Sie verneigte sich nicht. Sie stand da und schaute ernst in den Saal. Dann trat sie an die Rampe, beugte sich hinunter und gab Norman Granz die Hand und ließ sie nicht mehr los. Sie zog ihn zu sich auf die Bühne. Auch Marilyn Monroe bat sie, sich neben sie zu stellen. Da standen sie. Und verbeugten sich gemeinsam. Vielleicht hat die eine oder andere Besucherin, der eine oder andere Besucher nach diesem Abend die Welt anders gesehen, vielleicht hat der dumme Rassismus eine Beule abgekriegt. Mehr war nicht zu erwarten. Jedenfalls durfte Ella nicht die Toilette im Orpheum Theatre benützen. Extra für sie war ein Abort auf Rädern organisiert worden, der stand hinten im Hof.

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Vielleicht hat der eine oder andere Konzertbesucher nach diesem Abend die Welt anders gesehen.

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orman Granz hatte eine Welttournee organisiert, der Auftritt in Memphis war der Start, ein Donnerschlag gleich zu Beginn. Dann Australien. In Hawaii sollte das Flugzeug gewechselt werden. Ella wurde abgeführt. Auf Handschellen wurde verzichtet, zwei Polizisten, links und rechts je einer, das genügte. Norman Granz hatte, als er die Tickets besorgte, vergessen anzugeben, dass die Passagierin Ella Fitzgerald schwarz ist. Nein, er hatte es nicht vergessen. Er empfand es als unter der Würde der Künstlerin, unter seiner eigenen Würde, unter der Würde der ganzen Menschheit, auf diesen Umstand hinzuweisen. Der Weiterflug verzögerte sich um zwei Tage, das Konzert in Sydney musste verschoben werden. Norman beriet sich mit Ella, er

wollte vor Beginn des Konzerts auf der Bühne dem australischen Publikum erzählen, was im Flughafen von Honolulu geschehen war. Das wollte Ella nicht. Am 15. Juni 1996 starb die „First Lady of Song“. Frank Rich, Kolumnist der „New York Times“, schrieb in seinem Nachruf über ihren Gesang: „Er versetzt uns in ein Reich der Freude, jenseits aller Begrenzungen von Rasse oder Alter, Jazz oder Pop, hoher oder niederer Kunst.“ Dizzy Gillespie soll einmal über Ellas Stimme gesagt haben: „Sie ist zeitlos, das aber heißt: Sie ist die erste Stimme, die unser Gott erschaffen hat.“ Fünf Jahre nach Ella Fitzgerald starb Norman Granz. Ella über Norman: „Er war mein Freund, das Glück meines Lebens.“ Norman über Ella: „Sie war meine Freundin, das Glück meines Lebens.“

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