Le Guillon Nr.58 - DE

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Rebsorten

Text: Alexandre Truffer

Es gibt zwei grosse Rebsorten: den Chasselas und den Pinot Noir.

© Philippe Dutoit

Philippe Gex, Domaine de la Pierre Latine, Yvorne

Pinot & Co.: omnipräsente Burgunder

Im vierten Teil unserer Serie rund um die Rebsorten, welche im Kanton Waadt ein günstiges Asyl gefunden haben, widmen wir uns einigen Mitgliedern der aristokratischsten aller Rebsortenfamilien. Der aus dem Burgund stammende Pinot Noir alias Blauburgunder ist die wichtigste Sorte der Schweiz (mit 3875 Hektar, davon 480 in der Waadt). Die anspruchsvolle Rotweinsorte hat mittels natürlicher Mutation und Kreuzung zahlreiche Varietäten hervorgebracht, von denen wir die bekanntesten in diesem Dossier vorstellen. Philippe Gex, der ehemalige Gouverneur der Confrérie du Guillon, bezeichnet sich als absoluten Pinot-Noir-Fanatiker. «Es gibt zwei grosse Rebsorten: den Chasselas und den Pinot Noir. Sie ergeben Weine für Intellektuelle. Ich liebe Bordeauxweine, aber wer einen grossen Rotwein sucht, muss ins Burgund fahren.» Das ist es, was er nach Abschluss von Changins gemacht hat. «Das Diplom in der Tasche, habe ich mit Michel Cruchon drei Tage lang die Kellereien abgeklappert.» Als er das Familienweingut übernahm, erwarb der Produzent aus dem Chablais eine 15  000 Quadratmeter grosse Rebparzelle, die er mit Pinot Noir bepflanzte. Zwanzig Jahre später kommerzialisiert er zusammen mit dem Önologen Bernard Cavé den Pinotissima Mythologie. «In der Waadt ist der Pinot Noir keine sehr prestigereiche Sorte. Noch heute zahlen wir den Preis für die schwa-

che Qualität der Rotweine in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die 2004 lancierte Weinlinie Mythologie wollte zeigen, dass man mit kleinen Erträgen (350 Gramm pro Quadratmeter) grosse Weine zu einem anständigen Preis (40 Franken die Flasche) produzieren kann.» Die 1500  Flaschen dieses eineinhalb Jahre lang in Barriques ausgebauten Rotweins, reserviert für Privatkunden und einige prestigereiche Hotels, gedulden sich einige Jahre in der Flasche, bevor sie auf den Markt kommen (gegenwärtig werden auf dem Gut die Jahrgänge 2012 und 2015 angeboten). «Wir haben uns entschlossen, diesen Wein nur abzufüllen, wenn die Qualität des Jahrgangs es zulässt. Man braucht also nicht nach 2014er, 2016er oder 2019er zu fragen, denn die Bedingungen stimmten in diesen Jahren nicht», fährt der Winzer aus Yvorne fort. Trotz seiner Liebe für diese hochelegante Sorte, gesteht

Philippe Gex, dass die Zukunftshoffnungen hochstehender Waadtländer Weine auch auf dem Merlot ruhen. «Diese Rebsorte, ebenfalls Teil der Weinlinie Mythologie, hat sofort ihren Platz gefunden, während die Abneigung gegenüber dem Waadtländer Pinot Noir eher stärker wird. Das Problem ist das Image, das wir geerbt haben, aber auch die (zu) helle Weinfarbe, die Eleganz der Sorte, die von ausdrucksvolleren und leichter zu erkennenden Varietäten übertönt wird, oder die Gefahr der exzessiven Reife, der man begegnen muss.» Eine pragmatische Feststellung, die das Gut dazu drängen wird, die Flächen der Burgunder Varietät zu reduzieren. «Wir haben zwei Hektar Pinot Noir in Yvorne, doch wenn Parzellen neu bestockt werden müssen, wähle ich in der Regel andere Varietäten. Langfristig werden wir wohl nur einen Hektar dieser grossen Rebsorte bewahren.» Le Guillon 58_2021/1  5


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