Le Guillon Nr.58 - DE

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Text: Claude-Alain Mayor, Légat

Anthologie 1993-2019

Vom Waadtländer Wein inspirierte Perlen und Schmuckstücke Nach dem Ziehen am Guillon ist der künftige Compagnon eingeladen, sich vor dem Abschluss der Gralssuche einer – zumindest für gewisse unter ihnen – noch anspruchsvolleren Prüfung zu unterziehen: Er muss sich im Goldenen Buch mit einer Botschaft und seiner Unterschrift verewigen. Eine archäologische Expedition in den wertvollen, mit Kalbsleder gebundenen Blättern, die in den Archiven der Confrérie sorgfältig aufbewahrt werden, zeugt von der Inspiration der Anwärter im Verlauf der letzten 27 Jahre. Von ihrem Paten darauf vorbereitet, was sie erwartet, haben die meisten Autoren eines Ressat-Abends einen Entwurf vorbereitet, der es ihnen ermöglicht, ihrer Pflicht im Keller rasch nachzukommen und sich für den Aperitif zu den andern Gästen zu gesellen. Es gibt Minimalisten, die sich mit einem Bravo au Guillon, Hoch lebe der Waadtländer Wein oder einem Toller Abend aus der Affäre ziehen und ihrer Begeisterung auf kürzest mögliche Art Ausdruck verleihen. Den meisten liegt aber viel daran, ihre Anerkennung und Freude mit einem sorgfältig durchdachten Bekenntnis zu bekunden, von denen einige gerne für die Nachkommenden von Interesse sein können, zumindest in einem Artikel in dieser Zeitschrift. Schöne Worte in unleserlicher Schrift Die Confrérie du Guillon rekrutiert einen ungewöhnlich hohen Anteil ihrer Mit-

glieder in der Ärzteschaft. Darauf lässt das immer wiederkehrende Gekritzel schliessen, das an Unleserlichkeit grenzt und zur Annahme verleitet, dass der Autor lieber anonym bleiben möchte als den Ruhm zu ernten, den er seinem Talent verdanken könnte. Das bestätigen übrigens die noch zahlreicheren unleserlichen Unterschriften. Die genialen Dichter und Prosaautoren, die sich in den vorangehenden Zeilen erkennen, werden es uns sicher nachsehen, dass wird ihre unvergängliche Produktion nicht zitieren. Übrigens möchten wir doch auch die Vorausschauenden erwähnen, die ihren sorgfältig vorbereiteten Text aus der Tasche ziehen, aber nur ein Schreibgerät mit ablaufender Lebensdauer mitführen, so dass die Tinte immer schwächer wird und sie schliesslich in einer andern Farbe weiterfahren, weil ihnen ein mitfühlender Conseiller wohltätig aushilft.

P.S.: Die Widmungen wurden in der Alltagssprache ihrer Autoren wiedergegeben, damit die Gedanken der Neuankömmlinge getreulich nachvollziehbar sind.

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