Le Guillon Nr.58 - DE

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Text: Fabien Loi Zedda, Conseiller und Ehrenpräsident des Weinmuseums in Aigle Fotos: Confrérie du Guillon

Nachruf

Manchmal schelmisch... aber immer voller Weisheit und gesundem Menschenverstand

Jean-Louis Simon, Differenzierung, Kultur und Geist Der im 1930 geborene Jean-Louis Simon war der sehr geschätzte Chef der Eidgenössischen Weinbauanstalt auf dem Domaine du Caudoz in Pully, dann Chef der Abteilung Weinbau und Önologie der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt, heute Agroscope. Honorarprofessor François Murisier, der 1993, dem Jahr seiner Pensionierung, seine Nachfolge antrat, bezeichnet es „als grosses Privileg, während 15 Jahren sein Stellvertreter gewesen zu sein“. Jean-Louis Simon war sowohl Forscher als auch Lehrperson, insbesondere an der Schule in Changins. Zu jener Zeit gab es nur eine Leitung für die Schule und die Forschungsstation und der Wissenschaftler hat Generationen von künftigen Winzern und Ingenieuren sein grosses Wissen vermittelt, das von Weisheit, aber auch Erdverbundenheit zeugte. Das Werk Viticulture, das er mit vier Schweizer Kollegen koordinierte, war

während langen Jahren DIE Referenz für Studenten und Praktiker. Das Buch erhielt nach der Erstausgabe den Preis der OIV, der Internationalen Organisation für Rebe und Wein, deren Schweizer Delegierter er war. Er war übrigens auch Präsident des Internationalen Rebveredlerverbands. Die Rebsortenkunde (Ampelografie) hat ihn von Anfang an begeistert. Zusammen mit André Jacquinet hat er das Selektionsprogramm von zwei Kreuzungen von Chasselas X Chardonnay initiiert, von Doral und Charmont, gefolgt von Gamaret und Garanoir. Er setzte sich auch für die Aufwertung der Chasselas-Vielfalt ein und hat im Weinberg verschiedene Chasselas-Typen ausgemacht, die heute im Konservatorium des Chasselas in Rivaz, seiner Heimatgemeinde, inventarisiert sind. Seine wertvolle und unerschütterliche Unterstützung anlässlich der Neugestaltung des Weinmuseums im

Schloss Aigle ist allen, die sich darum bemühten, in bester Erinnerung. Stark engagierte er sich auch in der Confrérie des Vignerons als Vizepräsident. Er wirkte mit bei der Organisation von Winzerfesten und präsidierte etwa die künstlerische Kommission für das Winzerfest 1999. Während 25 Jahren war er Conseiller in unserer Confrérie, wo er distinguiert und leidenschaftlich am Werk war, insbesondere als Chantre et Clavendier. Jean-Louis Simon genoss dank seiner grossen Kompetenzen, seines Humanismus und seiner Gradlinigkeit die einhellige Anerkennung der Weinbranche. Bevor er sein Ingenieurstudium begann, war er Winzer in Rivaz. Daher zeugt zweifellos seine Schollenverbundenheit, die er mit viel Wissen anreicherte. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau Marthe und seiner Familie.

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