VIRTUELLER DGRH-KONGRESS BERUFSVERBAND
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MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE SEP/OKT 2020
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Rheuma MANAGEMENT | Sep/Okt 2020
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Impressum
Vorschau
VERLAG: WORTREICH Gesellschaft für individuelle Kommunikation mbH Barfüßerstr. 12, 65549 Limburg Tel. 06431/59096-0, Fax 06431/59096-11 info@wortreich-gik.de, www.wortreich-gik.de CHEFREDAKTION: Dr. Michael Lohmann, lohmann@wortreich-gik.de REDAKTION: Dr. Ine Schmale, schmale@wortreich-gik.de Dr. med. Klaus Steffen, info@wortreich-gik.de HERAUSGEBER: Dr. Silke Zinke, Prof. Dr. Eugen Feist Dr. Edmund Edelmann, Sigurd Rudeloff GRAFIK: Inken Esin, www.coast-design.de DRUCK: AWG Druck, Runkel
ACR Convergence 2020 First look: Aktuelles vom virtuellen ACR/ARP Annual Meeting – American Congress on Rheumatology 2020
WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT: Prof. Dr. Marina Backhaus, Berlin · Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne · RA Christian Koller, München · Prof. Dr. Peter Herzer, München · Dr. Ulrich von Hinüber, Hildesheim · Prof. Dr. Herbert Kellner, München · Prof. Dr. Klaus Krüger, München · Prof. Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf · Prof. Dr. Denis Poddubnyy, Berlin · Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München · Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin · Prof. Dr. Christof Specker, Essen · Prof. Dr. Günter Neubauer, München
Schirmherrschaft:
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BEIRAT DES BDRH: Priv.-Doz. Dr. Xenofon Baraliakos, Herne · Prof. Dr. Christoph Fiehn, Baden-Baden · Sonja Froschauer, Grünwald · Dr. Kirsten Karberg, Berlin · Dr. Michael Rühlmann, Gottingen · Dr. Florian Schuch, Erlangen · Dr. Martin Welcker, Planegg
15. Kongress des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen
JAHRGANG 12 · 5-2020 ISSN 1868-6044
Motto: „Damit es so bleibt wie es ist, muss sich vieles ändern“: Herausforderungen der Berufspolitik in einer neuen Ära – Aktuelle Strategien und Projekte für die ambulante Rheumatologie
JAHRESABONNEMENTPREIS: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden.
19. und 20.11.2020
© Startup StockPhotos by Pixabay
– virtuell
BILDQUELLEN: Titelseite – ©Shutterstock, S. 7 – ©Pitopia, S. 30 – ©Pitopia, S. 32 – ©Friedrich Böhringer, S. 34 – ©Shutterstock FREIE JOURNALISTEN: Dr. Wiebke Kathmann (wk)
Virtueller BDRh-Kongress www.rheumaakademie.de Wichtige Aspekte vom ersten virtuellen BDRh-Kongress
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RÜCKBLICK AUF DEN VIRTUELLEN DGRH-KONGRESS 2020
Deutsche Rheumatologie trotzt Corona-Situation Trotz der erschwerten Bedingungen in Zeiten von COVID-19 kann der erste virtuelle, gemeinschaftlich ausgetragene 48. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) und die 34. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) vom 9.-12. September 2020 mit gut 2.500 Teilnehmern als ein großer Erfolg für die deutsche Rheumatologie verbucht werden. Programmatisch gab es im Hinblick auf die Zahl der Vorträge und Abstracts bzw. E-Poster kaum Abstriche gegenüber dem Vorjahr und die Technik funktionierte dank der guten Vorarbeit aller Beteiligter im Wesentlichen reibungsfrei. Insbesondere der Rheumaakademie und DGRh-Geschäftsstelle sei hier ein großer Dank ausgesprochen!
Die großen Fortschritte in der Rheumatologie ließen sich bereits am ersten Symposium „Highlights of the year“ festmachen, in dem Prof. Dr. Harald Louis Burckhardt, Frankfurt/M., einen Überblick über die wichtigsten neuen Studien seit dem vergangenen DGRh-Kongress in Dresden gab. Auch neue Erkenntnisse der Grundlagenforschung machen Mut auf eine künftig noch individuellere Behandlung von Rheumapatienten. Direkt danach folgte die spannende COVID19-Session mit aktuellen Erkenntnissen nicht nur aus dem deutschen Register. In diesem Kontext von großer Relevanz war auch die Fishbowl-Diskussion zu den Auswirkungen des Internets auf die ArztPatienten-Beziehung. Auch die potenzielle Rolle der künstlichen Intelligenz und „machine learning“ in der Rheumatologie wurde behandelt. Bei der bei rheumatoiden Arthritis (RA) wurden auf einer WIN-Session neue Erkenntnisse zu deren Management und potenzielle neue Therapieoptionen thematisiert. Im Fokus mehrerer Sitzungen standen die Effektivität und Sicherheit von JAK-Inhibitoren, mit Filgotinib wurde nach dem Kongress das vierte dieser tsDMARDs zugelassen. Einen Fortschritt stellt auch die Zulassung der IL-17A-Inhibitoren Secukinumab und Ixekizumab für die Therapie der nicht-röntgenologischen axialen Spondyloarthritis (SpA) dar. Bei Psoriasis-Arthritis (PsA) ist in Kürze mit der Zulassung des IL-23-Inhibitors Gu-
auch bei RA-ILD) erstmals ein „small molecule“ (hier ein Tyrosinkinase-Inhibitor) mit antifibrotischer Wirksamkeit zugelassen. Etwas ruhiger war es um den systemische Lupus erythematodes (SLE), wo der künftige Stellenwert (eine Zulassung vorausgesetzt) des Typ-1-IFN-Rezeptorinhibitors Anifrolumab noch unklar ist.
Prof. Dr. med. Hendrik Schulze-Koops selkumab zu rechnen, der sich – etwas überraschend – auch bei axialer SpA als potenziell wirksam erwies, was auf Unterschiede zwischen axialer PsA und SpA hinweist. Auf großes Interesse stießen weitere HOT/WIN-Sessions, so etwa zu Großgefäßvaskulitiden (Riesenzell- und Takayasu-Arteriitis), für die unter Federführung der DGRh erstmals eine S2k-Leitlinie erstellt wurde, und zu ANCA-Vaskulitiden, wo der C5a-Rezeptorinhibitor Avacopan in der Remissionsinduktion künftig eine mindestens ebenso wirksame Alternative zu Steroiden bieten könnte. Kollagenosen, hier insbesondere die systemische Sklerose (SSc), bildeten einen weiteren Schwerpunkt. Mit Nintedanib wurde für SSc-assoziierte interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) und generell bei progredient fibrosierenden ILDs (so
Ein weiterer Schwerpunkt war die „interdisziplinäre Rheumatologie“ mit Themen wie Osteoporose, Periodische Fiebersyndrome, Antiphospholipidsyndrom, Off-label-Therapien bzw. Orphan Drugs, Prävention sowie Rheuma und Lunge. Im Themenspektrum der „experimentellen Rheumatologie“ seien insbesondere neue Erkenntnisse zur Autoimmunität hervorgehoben. In der orthopädischen Rheumatologie wurden das rebellische Gelenk, das Thema Gelenkersatz vs. Gelenkerhalt und das perioperative medikamentöse Management diskutiert. Auf ein Wiedersehen bei der DGRh-Jahrestagung vom 15.-18. September 2021 – hoffentlich wieder wie gewohnt als Präsenzveranstaltung in Nürnberg! m
Prof. Dr. med. Hendrik Schulze-Koops Kongresspräsident und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. Klinikum der Universität München Med. Klinik und Poliklinik IV Bereichsleiter Rheumaeinheit Pettenkoferstr. 8a, 80336 München
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Inhalt
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RÜCKBLICK AUF DEN VIRTUELLEN DGRH-KONGRESS 2020 Deutsche Rheumatologie trotzt Corona-Situation Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops
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MITTEILUNGEN DES BDRH 10 15. KONGRESS DES BDRH – VIRTUELL Vorschau auf das Programm 13
AMBULANTE VERSORGUNG Positionspapier des BDRh veröffentlicht
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ASV RHEUMA Katalog an notwendigen Anpassungen erarbeitet
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DOKUMENTATIONSPLATTFORM RHEMIT Gründung des Steering Committee und bevorstehender Umstieg
BDRH-KONGRESS 2020 – VIRTUELL: AUSBLICK
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VERSORGUNGSDEFIZITE IN RHEUMATOLOGIE Kampagne „Rheuma in der Gesellschaft“
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SERIE: ABGABE/VERKAUF EINER RHEUMATOLOGISCHEN PRAXIS Wie regeln Sie Ihre Unternehmensnachfolge? Teil 1: Die Suche nach einem Nachfolger RA Christian Koller
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CORONA UND DIE FOLGEN Erhöhte Zusatzbeiträge trotz GKV-Überschuss? Dr. Erich Schröder
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RHEUMATOLOGIE TRIFFT KARDIOLOGIE Colchicin senkt kardiovaskuläres Risiko von KHK-Patienten 34
RHEUMATOIDE ARTHRITIS Erhöhtes kardiovaskuläres Langzeitrisiko unter Hydroxychloroquin? 43
BILDGEBENDE DIAGNOSTIK Tophöse Gicht – wenn das Gelenk wächst Prof. Dr. Herbert Kellner
SERIE: ALLES RUND UM DIE PRAXISNACHFOLGE
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Inhalt
46 LUPUSNEPHRITIS Belimumab: Phase-III-Studie BLISS-LN 47
SYSTEMISCHE SKLEROSE Tocilizumab: Phase-III-Studie focuSSced
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50 GROSSGEFÄSSVASKULITIDEN Interdisziplinäre S2k-Leitlinie zum Management von Riesenzell- und Takayasu-Arteriitis
VIRTUELLER DGRH-KONGRESS 2020 52 RHEUMATOLOGIE Highlights der letzten zwölf Monate 54
RHEUMATOIDE ARTHRITIS Neuigkeiten zu Management und Therapie
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AXIALE SPONDYLOARTHRITIS Aktuelle Empfehlungen der DGRh-Leitlinie und neue Entwicklungen
56 PSORIASIS-ARTHRITIS EULAR-Empfehlungen und neue Trends in der medikamentösen Therapie im Fokus 58 KOLLAGENOSEN Systemische Sklerose: Neue Studien im Überblick 60 VASKULITIDEN Neue Erkenntnisse zur Riesenzell-Arteriitis und zu ANCA-Vaskulitiden
HIGHLIGHTS VOM VIRTUELLEN DGRH-KONGRESS 71
RHEUMATOIDE ARTHRITIS Auch herausfordernde Therapiesituationen gut meistern
72 LUNGENFIBROSE BEI RHEUMATISCHEN ERKRANKUNGEN Nintedanib kann indikationsübergreifend Verlust der Lungenfunktion bremsen 76
AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS Ustekinumab zeigt lang anhaltende Wirksamkeit und Verträglichkeit unter Praxisbedingungen
62 OSTEOPOROSE Personalisierte Differenzialtherapie heute möglich 63 RHEUMAORTHOPÄDIE Rebellisches Gelenk: Therapieoptionen im Überblick 64
ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN ePoster: Ausgewählte Highlights vom virtuellen DGRh-Kongress
INDUSTRIE-BERICHTE 68
RHEUMATOIDE ARTHRITIS Filgotinib als neue Therapieoption zugelassen
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MITTEILUNGEN DES BDRH
VORLÄUFIGE AGENDA
VIRTUELLER BDRH-KONGRESS
Mitgliederversammlung auf 19. November 2020 verlegt Die Mitgliederversammlung im Rahmen des virtuellen BDRh-Jahreskongresses findet nun am
Donnerstag, den 19. November 2020, von 18:30 bis 19:50 Uhr als Videokonferenz statt. Bitte beachten Sie, dass eine Anmeldung erforderlich ist – nur angemeldete Teilnehmer erhalten die Zugangsdaten zur Videokonferenz. Den Link zur Anmeldung, die vorläufige Tagesordnung sowie die Beschlussvorlagen sind im Mitgliederbereich der BDRh-Homepage m www.bdrh.de zu finden.
1 Bericht des Vorstandes 2 Bericht des Kassenwarts 3 Abnahme der Jahresrechnung 2019 und Entlastung des Vorstands 4 Nachwahl des 1. Stellvertr. Vorsitzenden 5 Aussprache zu aktuellen Themen 6 Beschluss der Entschädigungsordnung 7 Anpassung der Entschädigungsordnung 8 Aufnahme der Zeitschrift für Rheumatologie als weiteres Verbandsorgan 9 Verschiedenes
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Positionspapier zur ambulanten rheumatologischen Versorgung veröffentlicht Der Berufsverband Deutscher Rheumatologen e. V. (BDRh) hat ein umfassendes Positionspapier zum Stand, den Zielen und den Qualitätsstandards der ambulanten Versorgung in der Rheumatologie aktuell in der Zeitschrift für Rheumatologie (ZfR) veröffentlicht. Es zeigt unter anderem auf welche Projekte, wie Versorgungsverträge, ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV), Digitalisierung oder die Qualifizierung des Fachpersonals vom BDRh realisiert wurden, um die Versorgung von Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen zu sichern.
„Uns war es wichtig, den Standard einer modernen und leitliniengerechten ambulanten Behandlung in rheumatologischen Praxen und Kliniken zu definieren“, erläuterte Prof. Dr. Christoph Fiehn, Mitglied des Bundesvorstands des BDRh. „Im Vordergrund steht für uns eine hohe Qualität der Versorgung für alle rheumatologischen Patienten durch Früh- bzw. Notfallsprechstunden, Anwendung des Prinzips des Treat-to-target sowie die angemessene Delegation ärztlicher Leistungen.“ Die Sicherung und Verbesserung der Qualität der ambulanten rheumatologischen Behandlung ist eines der Ziele des BDRh. Deshalb engagiert sich der Verband bereits seit Langem in der Weiterentwicklung der rheumatologischen Versorgung, insbesondere durch Versorgungsverträge mit Krankenkassen. „Selektivverträge sind für uns eine wichtige Komponente, da viele Aspekte einer leitliniengerechten Versorgung noch nicht in der Regelversorgung angekommen sind“, ergänzt die Vorstandsvorsitzende Dr. Silke Zinke. „Die Betreuung von Patienten mit rheumatologischen Erkrankungsbildern hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt. Neben neuen Medikamenten unterstützen klare evidenzbasierte Leitlinien die Arbeit der Rheumatologen. Dadurch ist die Betreuung standardisierter, aber auch komplexer geworden.“ Das Positionspapier, das in der ZfR erschienen ist, adressiert auch die Sicherung des rheumatologischen Nachwuchses. Der BDRh wird sich künftig in diesem Thema noch stärker engagieren.
Eckpunkte des Positionspapiers Zunächst zum Status quo: Bis Ende 2019 waren 812 ambulant tätige internistische Rheumatologen registriert, darunter 650 ambulant fachärztlich tätige Rheumatologen (370 als Vertragsarzt in Niederlassung, 4 Partnerärzte, 95 Ermächtigte, 134 Angestellte in medizinischen Versorgungszentren und 47 Angestellte in freier Praxis). Hinzu kommen 162 hausärztlich tätige Rheumatologen. Trotz eines leichten Anstiegs (2016 waren es nur 776 ambulant tätige Rheumatologen) hinkt man dem im Memorandum der DGRh von 2016 berechneten Bedarf von 1.350 Rheumatologen immer noch weit hinterher. Am 30. März 2020 waren 321 Weiterbildungsstellen für internistische Rheumatologie bei Ärztekammern gemeldet. Im Jahr 2018 wurde 50-mal die Schwerpunkt- oder Teilgebietsbezeichnung
Rheumatologie erworben, ein nur leichter Anstieg gegenüber dem Jahr 2016. Da ca. ein Drittel der niedergelassenen rheumatologisch tätigen Ärzte 60 Jahre oder älter ist, wird in Bälde eine große Anzahl niedergelassener Rheumatologen in den Ruhestand gehen. Zur Deckung des künftigen Bedarfs ist eine deutliche Erhöhung der Facharztanerkennungen für Rheumatologie pro Jahr ein wichtiges Ziel. Der BDRh engagiert sich daher im Ver- → QUALITÄTSMERKMALE
ZIELE
HAUPTMERKMALE Früh- oder Notfallsprechstunden mit geeigneten Screeningmethoden
Rascher Zugang von neu erkrankten Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen
Regelhafte Nutzung von Assessments bei den wichtigsten Krankheitsbildern
Validierte Bewertung von Krankheitsaktivität und Funktion im Therapieverlauf
Arztbericht an Zuweiser (initial und im Verlauf )
Informationsübermittlung von Diagnose, Befunden und Therapieempfehlung
Muskuloskelettaler Ultraschall (in der Regel mit Powerdopplerfunktion)
Diagnose und Differenzialdiagnose (DD) bei Arthritiden, Enthesitiden u. a.
Interdisziplinäres Netzwerk
Diagnostische Unterstützung bei System- und Skeletterkrankungen (z. B. Radiologie, arterielle Duplexsonografie u. a.) Indikationsstellung von rheumaorthopädischen und handchirurgischen Eingriffen u. v. m.
WEITERE OPTIONALE MERKMALE Spezifisch geschultes Fachpersonal (RFAs)
Effiziente Terminsteuerung, Qualitätssteigerungin der nichtärztlichen Beratung, Delegation ärztlicher Leistungen
Rheumatologisches Labor inklusive Autoimmunserologie
Nutzen der speziellen Expertise des Rheumatologen, direkte Korrelation von Laborund klinischem Befund
Infusionseinheit
Option der Auswahl von nur i.v. zu gebenden Medikamenten
Punktionsraum
Synoviaanalyse und intraartikuläre Glukokortikoidinjektionen
Kapillarmikroskopie
Einsatz in der Frühdiagnose von Kollagenosen und Myositiden, DD des Raynaud-Syndroms
Strukturierte Patientenschulung
Unterstützung der Adhärenz und der Krankheitsverarbeitung
Kooperation mit rheumatologischem Akutkrankenhaus oder einer akutstationären Einheit mit rheumatologischer Supervision
Akutstationäre Einweisung bei Schüben mit schwerer Beeinträchtigung, Komplikationen, Maßnahmen, welche der besonderen Mittel eines Akutkrankenhauses bedürfen, u. a.
Etabliertes System der Zuweiserschulung und Austausch (z. B. Qualitätszirkel)
Verbesserung der Schnittstellen und Selektion der zugewiesenen Patienten
Einschluss von Patienten in Registern und anderen strukturierten Datenanalysen
Erkenntnisgewinn und Unterstützung der Weiterentwicklung des Fachgebiets
Tab.: Qualitätsmerkmale ambulanter rheumatologischer Schwerpunktpraxen und Klinikambulanzen zur leitliniengerechten Versorgung in der Rheumatologie (nach Fiehn C et al., ZfR 2020)
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bund mit der DGRh, den rheumatologischen Nachwuchs zu fördern, beginnend im Medizinstudium, wo derzeit infolge zu weniger rheumatologischer Lehrstühle zu wenig Studierende mit der Rheumatologie in Kontakt kommen bis hin zur Verbesserung der Weiterbildung im Rahmen der Muster-Weiterbildungsordnung. Viel Potenzial zur Entlastung rheumatologisch tätiger Ärzte bietet die Delegation ärztlicher Leistungen an die rheumatologische Fachassistenz (RFA). Bis März 2020 wurden 1.632 Teilnehmer/innen im RFA-Grundkurs weitergebildet. Neu ist seit letztem Jahr ein erweiterter Kurs (RFAplus), der besonders interaktiv und praktisch die in der Delegation tätigen RFA dazu befähigen soll, ausgewählte Tätigkeiten eigenverantwortlichzu übernehmen – bislang nahmen daran 19 RFAs teil. Für eine zeitgemäße Patientenversorgung auf hohem Qualitätsniveau müssen bestimmte Bedingungen der Prozess- und Strukturqualität in der ambulanten Rheumatologie vorliegen. Neben dem raschen Zugang von akuten Neupatienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen ist dies noch eine ganze Anzahl von weiteren, teilweise obligaten Merkmalen, die im Positionspapier vom BDRh genauer definiert werden (Tab.). Dazu gehören etwa die Bildgebung (vor allem Sonografie) und die fundierte Beurteilung des Autoimmunlabors. Die eigene Erbringung der Laboruntersuchung wird vielfach vor-
genommen und ist ein weiteres optionales Qualitätsmerkmal der ambulanten Rheumatologie. Für die Implementierung der genannten Komponenten der Prozess- und Strukturqualität spielen die regionalen und bundesweiten Versorgungsinitiativen eine wesentliche Rolle. Hierzu zählen seit 2018 die Ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) gemäß § 116 SGB V, Versorgungsinitiativen gemäß § 140 a SGB V wie seit 2020 RheumaOne (früher TK-BDRh-Arzneimittelvertrag und Versorgungslandschaft Rheuma) und die BV-Verträge Rheuma seit 2015, der Innovationsfonds gemäß § 92a Abs. 1 SGB V mit den Projekten PETRA (seit 2019) und VERhO (seit 2018) sowie Versorgungsverträge nach § 73c SGB V. Weitere Themen des Positionspapiers sind die Digitalisierung, hier setzt etwa die BDRh-Dokumentationssoftware RheMIT (als Nachfolger von RheumaDok) an, die kinderrheumatologische Versorgung und Schnittstellen zwischen dem ambulanten und stationären Sektor. m Literatur: Fiehn C et al., Z Rheumatol 2020; doi: 10.1007/s00393-020-00872-6 Kontakt: Sonja Froschauer Geschäftsführerin des BDRh
BDRh-Positionspapier bietet umfassenden Überblick Der Bundesvorstand des BDRh hat in den letzten Monaten ein Positionspapier zur ambulanten Rheumatologie erarbeitet, das kürzlich in der ZfR erschienen ist. Dr. Silke Zinke, Berlin, erste Vorsitzende des BDRh, und Vorstandsmitlglied Prof. Dr. Christoph Fiehn, Baden-Baden, erläutern die Hintergründe.
Wie entstand die Idee zum Positionspapier? Dr. Zinke: Christoph Fiehn brachte diese Idee bei der allerersten Klausurtagung des damals gerade frisch gewählten Vorstandes im November 2019 ein und bot an, den ersten Entwurf zu erstellen. Der Vorstand begrüßte dies als eine gute und wichtige Idee. Warum? Prof. Fiehn: Der BDRh ist sehr engagiert bei der Weiterentwicklung der ambulanten rheumatologischen Versorgung: Selektivverträge mit Krankenkassen, Innovationsfonds-Projekte, Versorgungsforschung durch die Datenerhebung mit RheumaDok und RheMIT, ASV. Was bislang fehlte, war eine Beschreibung des Gesamtbildes, wohin wir mit der ambulanten Rheumatologie wollen. Uns war es wichtig, den Standard einer moder-
nen und leitliniengerechten ambulanten Behandlung in rheumatologischen Praxen und Kliniken zu definieren. Im Vordergrund steht für uns eine hohe Qualität der Versorgung für alle rheumatologischen Patient/innen durch Frühbzw. Notfallsprechstunden, Anwendung des Treat-to-target-Prinzips sowie die angemessene Delegation ärztlicher Leistungen. Wer war bei der Erstellung eingebunden? Prof. Fiehn: Zunächst die Vorstandsmitglieder und unsere Geschäftsführerin. Wir haben uns dann dazu entschlossen, den Entwurf im Internet einzustellen und unsere Mitglieder mit einzubinden. Wir haben uns gefreut, dass sich hier tatsächlich mehrere Kolleg/innen mit Anmerkungen eingebracht haben.
Welche weiteren Aktivitäten leiten sich für den BDRh aus diesem Positionspapier ab? Dr. Zinke: Selektivverträge sind für uns natürlich weiterhin eine wichtige Komponente, da viele Aspekte einer leitliniengerechten Versorgung noch nicht in der Regelversorgung angekommen sind. Hier stehen wir in Gesprächen mit Krankenkassen, da unser vorrangiges Ziel ist, Verträge bundesweit und kassenübergreifend abzuschließen. Mit der Erweiterung des RheumaOne-Vertrages sowie des Vertrags mit der BARMER auf neue Regionen haben wir hier dieses Jahr schon Fortschritte erzielt. Das Positionspapier adressiert auch die Sicherung des rheumatologischen Nachwuchses. Das wird für die nächsten Monate ein Schwerpunkt unserer Vorstandsarbeit werden. m
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MITTEILUNGEN DES BDRH
ASV RHEUMA
Katalog an notwendigen Anpassungen erarbeitet Die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) Rheuma nimmt inzwischen an Fahrt auf: Bereits über dreißig Teams haben sich für die ASV Rheuma für Erwachsene gebildet und auch in der Kinderrheumatologie sind erste Initiativen auf den Weg gebracht worden. Trotzdem gibt es noch etliche Hürden, die die Zulassung weiterer ASV-Teams oder die praktische Arbeit in der ASV behindern.
Ab September beginnen die Gespräche im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) zur jährlich anstehenden Aktualisierung der ASV-Richtlinie. In diesem Zuge bestehen Chancen, Anpassungsvorschläge in die Gespräche mit einzubringen. Der BDRh hat daher Änderungsvorschläge für die Konkretisierung sowie den Appendix erarbeitet und im August an Prof. Elisabeth Pott, die zuständige Leiterin des Unterausschusses ASV des G-BA, übergeben. Zusätzlich wurden die Punkte intensiv mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) diskutiert. Da gerade die alljährliche Überprüfung der ASV-Richtlinie auf Aktualisierungsbedarf begonnen hat, besteht die Chance, weitere Anpassungsvorschläge in die Diskussion einzubringen. Die Änderungsvorschläge des BDRh umfassen eine Erweiterung der von der ASV Rheuma umfassten Diagnosen, z. B.
chronische Polychondritis, seltene autoinflammatorische Syndrome, schwere Verläufe der Gicht oder die Sarkoidose. Zusätzlich sprach sich der BDRh für die Aufnahme von Leistungen z. B. im Zusammenhang mit der SARS-COV-2-Diagnostik aus. Auch die Schaffung einer Abrechnungsposition für die Koordination innerhalb des ASV-Teams wurde erneut zur Sprache gebracht. Eine weitere Forderung des Berufsverbandes war zu prüfen, ob bestimmte Fachgruppen im ASV-Team wirklich erforderlich seien, da sie bei der Versorgung von Rheumapatienten kaum in Anspruch genommen würden und sich deren Gewinnung im niedergelassenen Setting oft äußerst schwierig gestalte. Aufgrund der Tatsache, dass einige Erweiterte Landesausschüsse beim Anzeigeverfahren überprüfen, ob im Team alle Leistungen des Appendix vorgehalten werden, wur-
de außerdem eine Streichung einzelner Leistungen aus dem Appendix angeregt, die in der Versorgungsrealität keine Rolle spielen, aber die Teambildung unter Umständen erschweren können. Es bleibt abzuwarten, welche der Vorschläge in den kontroversen Diskussionsprozessen im G-BA durchgesetzt werden können. Mit einer Beschlussfassung ist im März 2021 zu rechnen, ein Inkrafttreten wäre somit Mitte nächsten Jahres möglich. m
Für den BDRh-Vorstand: Dr. Silke Zinke, PD Dr. Xenofon Baraliakos, Prof. Dr. Eugen Feist, Dr. Kirsten Karberg, Dr. Martin Welcker, Sonja Froschauer
PETRA-Projekt vorzeitig beendet Aufgrund der COVID-19 Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen musste das PETRA (Personalisierte Therapie bei Rheumatoider Arthritis basierend auf dem Modell der Psychoneuroimmunologie)-Projekt leider vorzeitig beendet werden. Durch die Sicherstellung des Infektionsschutzes konnten seit Ende März 2020 keine Kompetenztrainings mehr angeboten werden. Die zwei bereits gestarteten Kompetenztrainings in München und Amberg wurden vorzeitig eingestellt. Zudem können zurzeit keine neuen Kompetenztrainings starten. Eine erfolgreiche Umsetzung des Projektes im durch den Projektträger vorgegebenen Zeitrahmen ist daher nicht mehr möglich.
Bis Ende dieses Jahres wird das Projekt daher nun abgewickelt und bereits gewonnene Erkenntnisse ausgewertet. Zum einen soll eine Populationsbeschreibung der teilnehmenden Patienten stattfinden. Zum anderen wird die Medizinische Universität Innsbruck Ergebnisse aus ihren psychoneuroimmunologischen Analysen auswerten und ggf. publizieren.
Zudem wurden die teilnehmenden Patienten und Ärzte nach ihren bisherigen Erfahrungen befragt, sodass die Abläufe in zukünftigen Projekten besser geplant und umgesetzt werden können. Des Weiteren hat das PETRA-Projektkonsortium im April 2020 einen erneuten Antrag zur Förderung beim Innovations-
fonds gestellt, da die ersten Rückmeldungen der teilnehmenden Patienten sehr positiv waren. Über den Förderantrag PETRA 2.0 wird im Dezember 2020 durch den Innovationsausschuss entschieden. Der BDRh wird bei einer positiven Förderzusage dies entsprechend kommunizieren. m
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DOKUMENTATIONSPLATTFORM RHEMIT
Gründung des RheMIT Steering Committee Seit Anfang 2020 bietet der BDRh die neue Dokumentationsplattform RheMIT zur Dokumentation der Versorgung rheumatologisch erkrankter Patienten an. RheMIT bietet die Übernahme der Bestandsdaten aus RheumaDok und ermöglicht die Dokumentation und Datenlieferung im Rahmen der Versorgungsverträge des BDRh.
Da die Erhebung von Versorgungsdaten ein gemeinsames Anliegen ist, um Transparenz über die rheumatologische Versorgung in Deutschland zu schaffen und Erkenntnisse im Rahmen von Projekten zu gewinnen, soll die Dokumentationsplattform auch anderen Institutionen mit Bezug zur Rheumatologie zur Verfügung gestellt und gegebenenfalls nach deren Anforderungen angepasst werden. So wurde RheMIT beispielsweise bereits um die Kerndokumentation des Deutschen Rheumaforschungszentrums ergänzt.
Committee zur Initiierung, Planung und Koordinierung der Entwicklung von Softwarekomponenten gebildet.
Dies ermöglicht eine breitere Umsetzung von Studien und Projekten, da eine Doppeldokumentation damit vermieden werden kann. Denn die einmal erhobenen Daten können mit Zustimmung des Patienten in mehrere Projekte einfließen.
Ziel des Steering Committee ist es, neben der Abbildung des Bedarfs und der Rahmenbedingungen der täglichen rheumatologischen Versorgung sowie der Versorgungsforschung, eine konsolidierte Auftragserteilung zu gewährleisten und Aufträge zur Fortentwicklung von RheMIT zu priorisieren.
Um die Anforderungen der verschiedenen Parteien zu harmonisieren und auf eine bestmögliche Benutzerfreundlichkeit hinzuwirken, wurde ein Steering
Das Steering Committee setzt sich aktuell aus Vertretern des BDRh und des Deutschen Rheumaforschungszentrums Berlin (DRFZ) zusammen. Gespräche mit der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) und dem Verband rheumatologischer Akutkliniken (VRA) über einen möglichen Beitritt laufen derzeit noch.
Künftig wird es auch für Dritte möglich sein, Erweiterungen für RheMIT an-
zufordern. Dies könnte z. B. regionale Projekte oder Forschungsverbünde betreffen. Auch über die Umsetzung und Priorisierung dieser Anforderungen berät das Steering Committee. Die Auftraggebenden tragen die Kosten der Entwicklung und erhalten dafür ein auf drei Jahre befristetes exklusives Nutzungsrecht der beauftragten Softwarekomponente bzw. die Befugnis, zu entscheiden, wer zur Nutzung berechtigt ist. Haben die in Auftrag gegebenen Softwarekomponenten einen allgemeinen Nutzen für weitere Mitglieder oder alle RheMIT-Nutzer, stimmt das Steering Committee mit dem Auftraggebenden ab, ob die Softwareerweiterungen unter Kostenteilung allen RheMIT-Nutzern zur Verfügung gestellt werden sollen. Bei Fragen zum Prozess oder Interesse an einer Zusammenarbeit kontaktieren Sie uns gerne unter it@bdrh-service.de. In Kürze finden Sie auch weitere Informationen unter www.bdrh-service.de. m
Der Umstieg auf RheMIT steht an! Seit etwa neun Monaten ist die neue Dokumentationssoftware RheMIT des BDRh im Einsatz. RheMIT bietet die Übernahme der Bestandsdaten aus RheumaDok und ermöglicht die Dokumentation und Datenlieferung im Rahmen von Projekten und Studien in der Rheumatologie, sowie der Versorgungsverträge des BDRh. Außerdem wurde in Zusammenarbeit mit dem DRFZ die Kerndokumentation in RheMIT integriert.
Auch in Sachen Benutzerfreundlichkeit wurde RheMIT in den letzten Monaten immer weiter verbessert.
Möglichkeit zur Erfassung von Fragebögen über Patiententablets demnächst folgen.
So stehen nun Schnittstellenoptionen zur Rückgabe von Daten an das Praxisverwaltungssystem System, eine Laborschnittstelle zur Übertragung der Labordaten in RheMIT, verschiedene Druckfunktionen und eine filterbare To Do-Liste zur Verfügung. Auch soll die
Achtung: Während im Jahr 2020 noch wahlweise RheumaDok oder RheMIT im Rahmen der Versorgungsverträge genutzt werden können, ist ab dem 1. Januar 2021 nur noch die Dokumentation über RheMIT möglich. Außerhalb der Verträge kann RheumaDok natürlich wei-
ter genutzt werden, allerdings erfolgen keine Updates mehr. Der Anwendersupport für RheumaDok wird bereits im Jahr 2020 nur noch in begrenztem Maße angeboten und erfolgt ausschließlich über die Kontaktadresse it@bdrh-service.de. Falls Sie noch Fragen zum Umstieg auf RheMIT haben oder Hilfe benötigen sind wir ebenfalls für Sie unter it@bdrhservice.de erreichbar. m
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MITTEILUNGEN DES BDRH
Oberarzt (w/m/d) Rheumatologie
NEU
Führungsaufgabe mit Gestaltungsspielräumen und Perspektive – Da der bisherige Stelleninhaber sich niederlässt, suchen wir für ein in einer nordrhein-westfälischen Großstadt gelegenes Akademisches Lehrkrankenhaus und Haus der gehobenen Regelversorgung zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen Oberarzt (w/m/d) Rheumatologie. Der moderne Klinikverbund ist Teil eines katholischen Komplexträgers und besteht aus 3 Krankenhausstandorten sowie weiteren Einrichtungen des Gesundheitswesens. In dem hier vorgestellten Standort werden jährlich rund 7.500 Patienten stationär, ca. 700 teilstationär und weitere rund 19.000 Patienten ambulant behandelt. Die Klinik für Rheumatologie (Stellenschlüssel: 11,5 VK) ist die einzige spezialisierte Einrichtung im Einzugsgebiet. Der Klinik sind 29 (GKV/PKV-)Betten im stationären Bereich und 30 Plätze in der 2018 renovierten Tagesklinik zugeordnet. Herausragende Kompetenzen sind neben innovativen pharmazeutischen Konzepten vor allem die Kältekammer zur Ganzkörpertherapie (-110 Grad), die Durchführung von Radiosynoviorthesen aller großen und kleinen Gelenke durch die Rheumatologen selbst sowie das Klinische Osteologische Schwerpunktzentrum DVO. Die Klinik erhält seit 2002 kontinuierlich das Gütesiegel des VRA und betreibt eine große Studienambulanz. Gesucht wird ein dynamischer Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie mit Freude am weiteren Ausbau des klinischen Leistungsspektrums. Geboten wird Ihnen eine dauerhaft ausgelegte Tätigkeit in einem motivierten und kollegialen Team mit weitreichenden Gestaltungs- und Entscheidungsspielräumen. Die Klinik ist durch ihre fachliche Expertise hervorragend positioniert und das gesamte Haus überzeugt durch seinen Fachklinikcharakter mit weitgehend planbaren Arbeitszeiten. Offeriert wird Ihnen eine leistungsgerechte Vergütung sowie Alterszusatzversorgung. Die personellen, technischen und räumlichen Ressourcen der Klinik garantieren beste Arbeitsbedingungen. Ihre Fort- und Weiterbildung wird großzügig unterstützt. Um eine familienfreundliche Kinderbetreuung sicherzustellen, kooperiert das Haus mit Kindertagesstätten. Gerne machen wir Sie mit weiteren Details vertraut und freuen uns auf Ihre Bewerbung unter Angabe der Referenz 2024. Ihr persönlicher Ansprechpartner: Herr Tobias Kappke HealthCare Personalmanagement GmbH Merowingerplatz 1 40225 Düsseldorf Tel. 0211/220589-48 Mobil 0177-6317475 tobias.kappke@healthcare-personal.de www.healthcare-personal.de
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BDRh
Rheuma MANAGEMENT | Sep/Okt 2020
MITTEILUNGEN DES BDRH
Oberarzt (w/m/d) Innere Medizin/Rheumatologie in einer prosperierenden Abteilung/NRW Aufgrund des steigenden Patientenaufkommens suchen wir für ein in einer Großstadt in Nordrhein-Westfalen gelegenes Akademisches Lehrkrankenhaus – zum nächstmöglichen Zeitpunkt – einen Oberarzt (w/m/d) Innere Medizin/ Rheumatologie. Das moderne Gesundheits- und Pflegeunternehmen verfügt über neun Krankenhäuser, zwei Rehabilitationskliniken, 19 Seniorenhäuser sowie weitere Einrichtungen und Dienstleistungen im Gesundheitswesen. Der hier vorgestellte Standort versorgt als Akademisches Lehrkrankenhaus jährlich rund 5.500 stationäre und 13.000 ambulante Patienten. Insgesamt stehen rund 230 Betten für die Behandlung und Pflege zur Verfügung. Die noch junge Sektion Rheumatologie der Klinik für Innere Medizin – Pneumologie und Allgemeine Innere Medizin (84 Betten) befindet sich im Aufbau und kooperiert mit einem nahegelegenen Krankenhaus. Der Stellenschlüssel im Bereich Rheumatologie verteilt sich aktuell auf 1 Oberarzt und 1 Oberärztin in Teilzeit. Für den Fachbereich können bis zu 20 Betten belegt werden. Im Jahr 2019 erzielte die Sektion 20 Case-Mix Punkt pro Monat (die Komplexpauschale wird abgerechnet). Für das Jahr 2020 wird u. a. in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) mit einem weiteren Anstieg des Patientenaufkommens gerechnet. Gesucht wird ein menschlich und fachlich gleichermaßen qualifizierter Facharzt (w/m/d) für Innere Medizin und Rheumatologie mit Freude an der Tätigkeit im Krankenhaus sowie im MVZ (ASV). Als Ärztin/Arzt überzeugen Sie durch Engagement, Patientenorientierung sowie Organisationstalent. Sie arbeiten selbständig und eigenverantwortlich und verstehen sich auf eine kollegiale Zusammenarbeit sowohl abteilungsintern als auch interdisziplinär. Geboten wird Ihnen ein attraktiver Arbeitsplatz in einem kollegialen Team mit langfristiger Perspektive sowie Gestaltungsund Entscheidungsspielräumen. Die Möglichkeit zur kontinuierlichen Weiterbildung und Förderung wird gewährleistet. Das gesamte Haus überzeugt durch kurze Wege und effiziente Arbeitsabläufe.
Gerne machen wir Sie mit weiteren Details vertraut und freuen uns auf Ihre Bewerbung unter Angabe der Referenz 1959. Ihre persönliche Ansprechpartnerin: Frau Marlene Traffa HealthCare Personalmanagement GmbH Merowingerplatz 1 40225 Düsseldorf Telefon: 0211-220589-33 Mobil: 0171-3073170 marlene.traffa@healthcare-personal.de www.healthcare-personal.de
Rheuma MANAGEMENT | Sep/Okt 2020
WWW.BDRH.DE
Facharzt/-ärztin für Innere Medizin/ Rheumatologie (m/w/d)
Fachärztin (m/w/d) für Innere Medizin, Schwerpunkt Rheumatologie
zur Anstellung (Voll-od. Teilzeit) für die Gründung unseres MVZ in City-Lage
oder Fachärztin (m/w/d) für Innere Medizin und Rheumatologie oder Fachärztin (m/w/d) für Innere Medizin in fortgeschrittener rheumatologischer Weiterbildung mit der Bereitschaft, die Schwerpunktprüfung abzulegen – die Ausbildung kann in unserer Praxis abgeschlossen werden (Weiterbildungsberechtigung für 18 Monate)
Wir bieten Ihnen: – Gute Arbeitsbedingungen bei attraktiver Vergütung in unbefristeter Festanstellung – Unterstützung bei Fort- und Weiterbildungen
Details unter: https://www.rheumahaus.de/praxis/ stelleja/44-praxis/arbeitsplatz/120-stellearzt.html
– Teilnahme an Klinischen Studien (auf Wunsch) – interessante Gestaltungs-und Entwicklungsmöglichkeiten in der MVZ-Struktur
Bei Interesse:
– Arbeiten im Zentrum der Landeshauptstadt mit französischem Flair
Schicken Sie bitte Ihre Bewerbung mit Lebenslauf, Arbeitszeugnissen, möglichem Einstiegsdatum und Gehaltsvorstellung per eMail an: bewerbung@rheumahaus. de (bitte nur PDFs einsenden) oder postalisch an:
Bei Interesse senden Sie bitte Ihre Bewerbung an:
Rheumahaus Potsdam, Sekretariat Kurfürstenstraße 7, 14467 Potsdam
– keine Nacht-und Wochenend-Dienste
Chiffre WR-B-2001
Selbstverständlich wird Ihre Bewerbung auf jeden Fall streng vertraulich behandelt Martin Bohl-Bühler und Dr. Sabine Reckert
Rheumatologe (m/w/d) in Frankfurt/M. Wir sind eines der größten endokrinologischen Versorgungszentren in Deutschland und setzen mit unserem breiten Leistungsangebot auf eine fachkompetente Patientenbetreuung und bestmögliche Zusammenarbeit mit den zuweisenden Kollegen. Zum Ausbau unserer rheumatologischen Patientenversorgung suchen wir als Verstärkung unseres Ärzteteams eine neue Kollegin/einen neuen Kollegen mit Schwerpunkt internistische Rheumatologie. Wir bieten: Eine gesicherte und langjährige Anstellung, flexible Arbeitszeit, immunologisches und endokrinologisches Labor in der Praxis, moderne Ultraschallgeräte, digitalisierte Praxisabläufe, klimatisierte Praxisräume Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann freuen wir uns über Ihre vollständige Bewerbung per E-Mail an verwaltung@endokrinologen.de. Für eine erste Kontaktaufnahme und Fragen steht Ihnen Herr Dr. med. C. Finkenwirth gerne zur Verfügung: Tel. 069/257868-21
Nachfolge für Schwerpunktpraxis in Überlingen/Bodensee – Langjährig etablierte Praxis mit überregionalem Einzugsgebiet – Praxisräume (180 qm) mit Blick auf Bodensee und Berge – Gute Verkehrsanbindung mit Schiff, Bahn und Bus – Moderne EDV/PVS – Breites Diagnosespektrum, Fachlabor in Kooperation, Sonografie – Gute Zusammenarbeit mit Kollegen/-innen anderer Fachrichtungen sowie mit rheumatologischen (universitären) Zentren. – Einstieg als Entlastungsassistent/in möglich – Gutes Kultur- und Bildungsangebot – Sehr hoher Freizeitwert, alle Schulen am Ort Kontaktaufnahme für nähere Informationen: Dr. Johannes Mattar Zum Hecht 1, 88662 Überlingen Tel. 07551/970934 dr.mattar@t-online.de
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BDRh
Rheuma MANAGEMENT | Sep/Okt 2020
MITTEILUNGEN DES BDRH
InternistischRheumatologische Schwerpunktpraxis abzugeben In zentralgelegenem Fachärztehaus. Einzugsbereich Trier und Umgebung. Immunologisches Labor vorhanden. Kontakt: Tel. 0174/3170094
(I.3/2019/105)
Rheumatologe/in für internistischrheumatologische Gemeinschaftspraxis in Bremen
Oberarzt/Oberärztin (m/w/i) für Innere Medizin/Rheumatologie je nach Qualifikation als Sektionsleiter „Rheumatologie“
Kontakt: Gemeinschaftspraxis Dr. Imke Lührs Dr. Hans-Gerhard
Kontakt: Prof. Dr. Stilgenbauer Prof. Dr. Aßmann (Lt. OA)
info@rheumapraxis-bremen.de
Tel. 06841/16-15011 stephan.stilgenbauer@uks.eu gunter.assmann@uks.eu
Rheumatologen für Konstanz – Niederlassung ohne Praxiskauf
NEU
Ein Patientenaufruf
Nachfolge für internistischrheumatologische Schwerpunktpraxis in Hildesheim
Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für Baden-Württemberg hat für die Region Hochrhein-Bodensee eine Unterversorgung in der rheumatologischen Versorgung im Umfang von 3,5 rheumatologische festgestellt.
Kontakt:
Wir, die Selbsthilfe Vereinigung chronischer Schmerz e.V., sind dringend auf wohnortnahe rheumatologische Versorgung angewiesen und nehmen daher als Patienten die Suche nach niederlassungswilligen Ärzten selber in die Hand.
Bahnnhofsplatz 5 31134 Hildesheim
Wir sind in der Region gut vernetzt – sei es mit Kliniken, Haus- und Fachärzten und der Kommunalpolitik. Auch steht unsere zweite Vorsitzende als Fachanwältin für Medizinrecht für Fragen rund um das Zulassungsverfahren und zur Gestaltung eventueller medizinischer Kooperation zur Verfügung. Ihre Suche nach geeigneten Praxisräumen und einer Wohnung unterstützen wir ebenfalls gerne. Konstanz ist ein Oberzentrum innerhalb der Region Hochrhein-Bodensee und mit ca. 84.000 Einwohnern die größte Stadt am Bodensee. Die Stadt zeichnet sich nicht nur durch ihre hohe Lebensqualität, sondern auch durch die Nachbarschaft zur Schweiz und die Universität als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort aus. Haben wir Ihr Interesse geweckt? Annette de Groot, 1. Vorsitzende Selbsthilfe Vereinigung chronischer Schmerz e.V. Buhlenweg 31, 78467 Konstanz Tel. 07531/73913 info@annette-de-groot.de Dr. Tatjana Wolf, 2. Vorsitzende Selbsthilfe Vereinigung chronischer Schmerz e.V. Sigismundstr. 16 (Konzil Kanzlei), 78462 Konstanz Tel. 07531/ 282 100 wolf@konzil-kanzlei.de
Praxis Dres. von Hinüber/Linhart
kontakt@rheuma-hildesheim.de
Nachfolge in Darmstadt Bei Interesse melden Sie sich bitte unter: BAG Dr. med. Johannes Häntsch Dr. med. Thomas Busch Innere Medizin-Rheumatologie Eschollbrücker Str. 26 64295 Darmstadt Tel. 06151-3919203 j.haentsch@t-online.de
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Rheuma MANAGEMENT | Sep/Okt 2020
VERSORGUNGSDEFIZITE IN DER RHEUMATOLOGIE
Kampagne „Rheuma in der Gesellschaft“: Zu geringe Weiterbildungsmöglichkeiten im Fokus Auf einer Online-Pressekonferenz im Vorfeld des DGRh-Kongresses verdeutlichten der Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München, und Prof. Dr. Hanns-Martin Lorenz, Heidelberg, das altbekannte Problem einer zu geringen Zahl niedergelassener Rheumatologen, um eine wirklich adäquate Patientenversorgung darstellen zu können und benannten mit dem eklatanten Mangel von Weiterbildungsmöglichkeiten und Fehlanreizen des Fallpauschalensystems (DRG) wichtige Gründe für das Fortbestehen dieser Probleme. Um die Awareness für die wissenschaftlich boomende Fachdisziplin Rheumatologie zu steigern, haben sich die DGRh, der Verband rheumatologischer Akutkliniken (VRA) und Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) dazu entschlossen, 2020 eine Kampagne zur Stärkung der Aus- und Weiterbildung in der Rheumatologie zu starten.
Grund hierfür war allem voran der eigentlich zu begrüßende Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), demzufolge in Deutschland demnächst 8 % und in weiterer Zukunft 10 % der internistischen Kassenarztsitze mit Fachärzten für Rheumatologie besetzt werden sollten. Das Problem dabei ist, dass Rheumatologen nicht vom Himmel fallen. So liegt die Zahl der internistischen Rheumatologen derzeit bei etwa 750, obwohl für eine adäquate Versorgung fast doppelt so viele benötigt würden. Eine rasche Besserung ist nicht in Sicht, nachdem sich im vergangenen Jahr lediglich 44 Kollegen zu einem Facharzt für Rheumatologie qualifiziert haben, von denen viele vermutlich nicht Vollzeit arbeiten werden, wodurch die Engpässe eher noch größer werden, befürchtet Schulze-Koops.
Dringender Handlungsbedarf für Politik Verwundern kann dies nicht, da an den 35 Hochschulstandorten für Medizin weniger als zehn Universitätskliniken über Lehrstühle oder äquivalente Fortbildungskliniken in der Rheumatologie verfügen und auch bei sonstigen großen Krankenhäusern die Möglichkeiten der Weiterbildung äußerst begrenzt sind. Bereits im Studium hat die Mehrzahl der deutschen Medizinstudenten keine oder nur eine sehr rudimentäre Berührung mit der Rheumatologie trotz der nach Approbationsordnung verpflichtenden Ausbildung in dem Fach. Die Kampagne hat daher zum Ziel, die Politik dafür zu sensibilisieren, dass verpflichtende Ausbildungsinhalte des Medizinstudiums an der Mehrzahl der deutschen medizinischen Fakultäten nicht angeboten werden und damit die Ausbildung nicht gewährleistet ist. Nach der Einschätzung von Lorenz hat es die Politik im Jahr 2004 bei der Einführung von DRGs zudem versäumt, den Weiterbildungsauftrag der Kliniken und Krankenhäuser zu sichern mit der Folge, dass in bestimmten Bereichen jetzt nicht genügend Fachärzte für die Versorgung zur Verfügung stehen. Im Gegensatz dazu wird in anderen europäischen Ländern regel-
Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops
Prof. Dr. Hanns-Martin Lorenz
mäßig ermittelt, wie groß der künftige Bedarf an entsprechenden Fachärzten für die Bevölkerung ist. Zudem beteiligt sich dort die Politik zumindest anteilig an der Finanzierung der Weiterbildung, die allein aus den Fallpauschalen für die Kliniken und Krankenhäuser nicht zu leisten ist.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass nur eine Fallpauschale nicht das breite Spektrum von Manifestationen einer Erkrankung abbilden kann. DRGs begünstigen zudem Fächer wie die Kardiologie, die den Kliniken viel Geld einbringen, während andere Fächer das Nachsehen haben mit allen nachgelagerten Konsequenzen für die ambulante Versorgung. Langfristig ist dies eine Milchmädchenrechnung, bedenkt man die durch eine verspätete Diagnose und Therapie etwa in der Rheumatologie anfallenden Kosten. Überdies zeigen Krankenkassendaten, dass im Gesundheitswesen nur für Erkrankungen aus dem hämatologisch-onkologischen Bereich noch mehr Geld als für solche im Fachgebiet Rheumatologie aufgebracht werden muss. Die schlechte Versorgung schadet damit nicht nur dem einzelnen Patienten, sondern schlägt auch gesamtgesellschaftlich zu Buche. m Quelle: Online-Pressekonferenz im Vorfeld des DGRh-Kongresses, 3. September 2020
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SERIE: ABGABE/VERKAUF EINER RHEUMATOLOGISCHEN PRAXIS
Wie regeln Sie Ihre Unternehmensnachfolge? Teil 1: Die Suche nach einem Nachfolger In den nächsten Jahren werden zahlreiche Rheumatologen aus Altersgründen ihre ärztliche Tätigkeit beenden. Dabei stellen sich verschiedene Fragen: Wie findet man einen geeigneten Nachfolger? Wie bereitet man die Übernahme am besten vor? Welcher Kaufpreis kann verlangt werden? Auf was muss bei der Vertragsgestaltung geachtet werden? Welche Fallstricke gibt es im Nachbesetzungsverfahren? Diesen Fragen wird in verschiedenen Beiträgen in der Rheuma Management nachgegangen.
Die Abgabe der eigenen Praxis sollte mindestens 3 bis 5 Jahre im Voraus geplant werden. Insbesondere Rheumatologen in strukturschwachen Gebieten müssen sich darauf einstellen, dass sie nicht binnen Jahresfrist einen passenden Nachfolger finden werden. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, die der Praxisinhaber im Blick haben sollte. Gleichzeitig sollte man frühzeitig damit anfangen, die Praxis für einen Abnehmer attraktiv zu machen.
Wie finde ich meinen Nachfolger? Regional: Neben den Praxisgesuchen in den einzelnen Mitteilungsorganen der Ärztekammern (z. B. in Bayern das Deutsche und Bayerische Ärzteblatt sowie die Münchner Ärztlichen Anzeigen), verfügt fast jede Kassenärztliche Vereinigung (KV) mittlerweile über eine kostenlose digitale Praxisbörse. Liegt die Praxis in der Nähe eines benachbarten KV-Bezirks, sollten auch die dortigen Mitteilungsorgane und KV-Praxisbörsen nach potenziellen Übernehmern in den Fokus genommen werden. Überregional: Es macht aber auch Sinn, die Suche auf ganz Deutschland auszuweiten. Denn häufig suchen junge Ärzte, die an einer Uniklinik oder einem anderen Krankenhaus arbeiten, bundesweit nach einer Möglichkeit zur Niederlassung. Hier bieten kommerzielle Praxisbörsen im Internet eine größere Reichweite. Suchportale werden z. B. von der apoBank, MLP oder Mediorbis betrieben. Dabei wird die eigentliche Suchplattform kostenlos zur Verfügung gestellt. Nach einer erfolgreichen Vermittlung werden sodann Dienstleistungen angeboten, wie z. B. die Finanzierung des Kaufpreises, der Abschluss von Versicherungen oder Marketingmaßnahmen. Es kann auch in die aktive Suche investiert werden. Dies beginnt mit der Schaltung einer Anzeige für die Praxisabgabe in den bereits oben erwähnten Mitteilungsorganen bis hin zur Beauftragung eines Praxisvermittlers. Letzterer übernimmt den organisatorischen Aufwand der Nachfolgersuche und lässt sich dies in der Regel bei erfolgreicher Vermittlung mit einer prozentualen Beteiligung am Kaufpreis entlohnen.
Aufbau eines Nachfolgers Bedingt durch den Nachwuchsmangel in der Rheumatologie ist zu überlegen, den potenziellen Nachfolger schon früh selber
Rechtsanwalt Christian Koller aufzubauen. Dies gelingt durch die Anstellung, idealerweise auch als Weiterbildungsassistenten. Je nach Praxisstruktur bestände der Vorteil, dass der zukünftige Praxisübernehmer die Arbeit, das Praxisteam und die Patienten ausreichend kennenlernt und sich eher überzeugen lässt, die Praxis als Ganzes mit Mietvertrag, Angestellten und Praxiseinrichtung zu erwerben. Darüber hinaus verschafft man sich im Nachbesetzungsverfahren einen erheblichen Vorteil. Sollte es mehrere Interessenten für den internistischen Sitz geben, wird derjenige, der bereits bei dem abgebenden Vertragsarzt angestellt war, bevorzugt (§ 103 Abs. 4 Nr. 6 SGB V). Natürlich stellt sich dabei die Frage, auf welcher Vertragsarztzulassung der angestellte Arzt arbeiten soll. Dies gilt dann, wenn die Praxis in einem gesperrten Gebiet liegt und ein zusätzlicher Versorgungsauftrag für eine sog. Arztstelle nicht vorhanden ist: Ist er als Weiterbildungsassistent tätig, benötigt er keinen eigenen Versorgungsauftrag. Er läuft auf der Zulassung des Praxisinhabers quasi mit. Ist er als Facharzt tätig, kann er als Sicherstellungsassistent ohne Honorarbegrenzung in der Praxis mitarbeiten. Die Sicherstellung wird von der KV genehmigt, wenn ein bestimmter Sicherstellungsgrund vorliegt. Dieser kann darin liegen, dass der Praxisinhaber aufgrund eigener Erkrankung, der Pflege naher →
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Rheuma MANAGEMENT | Sep/Okt 2020
Angehöriger oder der Erziehung eigener Kinder nicht vollumfänglich seinen Versorgungsauftrag erfüllen kann. Alternativ kann eine Sicherstellung zur Einarbeitung eines Arztes, mit dem eine Anstellung oder Kooperation beabsichtigt ist, genehmigt werden. Letztgenannter „Sicherstellungsgrund“ wird aber in der Regel nur für wenige Monate akzeptiert. Sobald die Befristung der Sicherstellungsassistenz wegfällt bzw. nicht mehr verlängert wird, bleibt dann nur noch die Möglichkeit einer Anstellung im sog. Job-Sharing. Die Anstellung im Job-Sharing ist unbefristet. Dafür muss sich die Praxis einer Honorarbegrenzung unterwerfen. Der Praxisinhaber darf zusammen mit dem angestellten Arzt nicht mehr als 3 % des bisherigen Honorarvolumens im GKV-Bereich abrechnen. Dies kann dazu führen, dass die Tätigkeit des Angestellten nicht kostendeckend sein wird. Andererseits bietet die Anstellung die Möglichkeit der Arbeitsteilung. Dem Praxisinhaber steht mehr Zeit zur Verfügung, den (honorarmäßig unbegrenzten) Privatanteil der Praxis auszubauen. Damit kann der Praxiswert gefestigt oder gar gesteigert werden, sodass sich das Job-Sharing durchaus lohnen kann. Ebenso ist das Job-Sharing im Hinblick auf eine Arbeitszeitreduzierung im Alter eine sinnvolle Anstellungsmöglichkeit.
Teamplayer-Lösung In den Fällen, in denen die Praxis einem bislang praxisfremden Nachfolger übergeben wird, sollte man zumindest über eine vorrübergehende Zusammenarbeit nachdenken. Auch hier sind die bereits oben dargestellten Vorteile zu bedenken: – Frühe Patientenbindung – Kennenlernen der Praxisabläufe und des Personals – Rechtlicher Vorteil im Nachbesetzungsverfahren Dabei ist schon eine mehrmonatige Kooperation in Gestalt einer Sicherstellungsassistenz hilfreich. Möchten beide Parteien jedoch ein längerfristiges Engagement, so ist nicht nur eine Anstellung im Rahmen des Job-Sharing möglich. Bei einer mehrjährig angedachten Zusammenarbeit kann auch die Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft auf einer Zulassung erfolgen, ähnlich wie dem Angestellten-Job-Sharing. Dies ist dann zu erwägen, wenn eine Partnerschaft auf Augenhöhe stattfinden soll. Hier ist zu bedenken, dass die Gründung einer Gesellschaft einen gewissen Aufwand verursacht, da ein Gesellschaftsvertrag gestaltet werden muss.
Praxisübergabe an die Kinder Soweit der Nachfolger aus der eigenen Familie kommt, erfolgt die Praxisübergabe meist kostenfrei oder zu einem Kaufpreis weit unter Marktwert. In diesem Zusammenhang sind vor allem steuerrechtliche Fragen zu beachten. Um die Schenkungssteuer zu vermeiden, macht es Sinn, den Weg der vorweggenommenen Erbfolge zu gehen.
Dabei kann nach derzeitiger Rechtslage alle 10 Jahre ein Steuerfreibetrag in Höhe von € 400.000.- pro leibliches Kind angesetzt werden. Diese Eckdaten sollten im Blick sein, wenn weitere Vermögenswerte in die Erbmasse fallen und der Steuerfreibetrag überschritten werden würde. Mit einer frühzeitigen Übertragung von Vermögenswerten kann der Freibetrag mehrmals in voller Höhe angesetzt werden.
Übertragung der Zulassung auf MVZ oder BAG Findet sich kein Nachfolger für die Übernahme der Praxis als Ganzes, kann versucht werden, die Vertragsarztzulassung isoliert zu „verkaufen“. Dabei werden jedoch in der Regel viel geringere Kaufpreise erzielt. Gegenstand des Kaufvertrages ist nicht die Vertragsarztzulassung an sich, sondern allein der Patientenstamm. Hier bieten sich vor allem bereits bestehende Medizinische Versorgungszentren (MVZ) oder auch Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) als Abnehmer an. Finanziell interessanter könnte es jedoch sein, die Zulassung zu verkaufen und sich gleichzeitig darauf anstellen zu lassen. Dabei spielen zwei Aspekte eine Rolle: Zum einen kann die nachfolgende Angestelltentätigkeit steuerlich attraktiv sein. Dies sollte im Einzelfall mit dem Steuerberater geklärt werden. Zum anderen muss auch bei dieser Übertragung ein Nachbesetzungsverfahren durchgeführt werden. Ein solches birgt das Risiko, dass sich mehrere Interessenten auf die Vertragsarztzulassung bewerben. Um der Übertragung auf einen dritten Leistungserbringer vorzubeugen, kann der Abgeber seine Vertragsarztzulassung in das MVZ einbringen und sich auf diese anstellen lassen. Aus seiner Vertragsarztzulassung wird eine sog. Arztstelle. Bleibt sein Anstellungsverhältnis für mindestens drei Jahre bestehen, so entfällt nach seinem Ausscheiden aus dem MVZ oder der BAG die Notwendigkeit eines Nachbesetzungsverfahrens. Nach diesem Zeitraum kann die geschaffene Arztstelle durch das MVZ bzw. die BAG mit einem neuen Angestellten einfach nachbesetzt werden.
Aufhübschen der Braut Soweit nicht nur die Vertragsarztzulassung, sondern die Praxis als Ganzes verkauft wird, sollte sie vor der Übergabe fit für die Zukunft gemacht werden. Dies erhöht nicht nur die Chancen des Weiterverkaufs, sondern auch den Kaufpreis. Letzterer setzt sich aus dem materiellen und immateriellen Praxiswert zusammen. Dabei macht der immaterielle Wert meist den wesentlich höheren Bestandteil des Kaufpreises aus. Da zur Berechnung in der Regel die Praxiseinnahmen der letzten 3 Jahre eine entscheidende Rolle spielen, sollte man sein Augenmerk darauf richten, wie man den Umsatz weiter erhöhen kann. Gerade in der Rheumatologie ergeben sich dabei nicht nur über Selektivverträge und der ASV verschiedene Chancen, den GKV-Umsatz zu steigern. Auch das TSVG hat →
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vielfach finanzielle Anreize gesetzt, um die frühere Terminvereinbarung für GKV-Patienten zu fördern. So ist vor allem die Regelung interessant, dass mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) alle Patienten, die erstmals oder zum letzten Mal vor mehr als zwei Jahren in einer vertragsärztlichen Einrichtung behandelt wurden, nicht mehr budgetiert sind, sondern außerhalb der Morbiditäts-orientierten Gesamtvergütung, direkt von den Krankenkassen mit zusätzlichem Geld bezahlt werden. Der BDRh sieht hierin eine Förderung der sogenannten Früharthritis-Sprechstunde. Ebenso kann man über Änderungen am Mietvertrag nachdenken. Ein langfristiges Mietverhältnis verschafft dem Übernehmer Planungssicherheit. Soweit absehbar ist, dass der Mietvertrag demnächst ausläuft, sollte der Praxisinhaber versuchen, noch nachträglich sogenannte Verlängerungsoptionen zu verhandeln. Auf diese kann ein Nachfolger dann setzen. Er kann auf kurze Frist als Abgeber aussteigen oder eben auch zur Sicherung des Praxisstandortes weiter verlängern. Sodann sollten notwendige Investitionen aufgrund einer absehbaren Praxisaufgabe nicht aus dem Blick geraten. Insbesondere ein modernes Ambiente – Klimatisierung, viel Licht, gute
Warum stellt das Autorenteam Dr. Hoeper, Dr. Welcker und Dr. Schuch das Thema Delegation in der Rheumatologie im Rahmen einer Serienbeilage vor? Diese neue Veröffentlichungsreihe in der Fachzeitschrift „Rheuma Management“ soll in drei Ausgaben (Oktober, Dezember 2020, Februar 2021) alle essenziellen Gesichtspunkte einer Etablierung der Delegation beleuchten, jedoch – das ist das Ziel der Autoren – im Besonderen Wege und Motivation zu einer Realisierung aufzeigen. Die erste Ausgabe liegt dieser Zeitschrift bei.
technische Ausstattung – können potenzielle Käufer überzeugen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung ist eine gute Anbindung an das Netz ein Standortvorteil. Ebenso sollte sichergestellt werden, dass erfahrene und etablierte Mitarbeiter der Praxis erhalten bleiben. Ein Praxisübernehmer wird dankbar sein, wenn er sich von Anfang an auf ein eingespieltes Team verlassen kann, dass ihn bei seinem Neustart unterstützt. Wichtig: Letztlich sollte der Praxisabgeber bis zum Schluss mit vollem Elan seine Praxis führen, um zu verhindern, dass der Patientenstamm langsam abwandert! Wie bereits dargelegt, bemisst sich der Kaufpreis in der Regel an den Einnahmen der Praxis. Mit dieser Frage beschäftigt sich sodann der nächste Beitrag aus dieser Reihe. m
Rechtsanwalt Christian Koller Fachanwalt für Medizinrecht Kanzlei Tacke Krafft Rindermarkt 3 und 4 80331 München E-Mail: christian.koller@tacke-krafft.de
von Leistungen in der Rheumatologie
Delegation
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WIR delegieren – WIR übernehmen Dr. Kirsten Hoeper Dr. Martin Welcker Dr. Florian Schuch
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CORONA UND DIE FOLGEN
Erhöhte Zusatzbeiträge trotz GKV-Überschuss? Die gesetzlichen Krankenkassen verbuchten im ersten Halbjahr 2020 fast alle einen Überschuss. Eine Ursache dafür ist wohl, dass Patient/innen aufgrund der Corona-Pandemie weniger oft ärztlichen Rat aufgesucht haben. Welche Auswirkungen wird das für die Folgequartale haben und wie sind die aktuellen Ankündigungen von Beitragserhöhungen für 2021 mit diesem Überschuss in Einklang zu bringen? Die Corona-Krise macht´s möglich: Nachdem die Krankenkassen zuletzt wieder Defizite eingefahren hatten, haben sie das 1. Halbjahr 2020 mit einem Einnahmenüberschuss von rund 1,3 Mrd. Euro abgeschlossen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat die jüngsten Daten zur Finanzentwicklung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) veröffentlicht: Nach einem Defizit der 105 Krankenkassen noch im ersten Quartal 2020 in Höhe von 1,3 Mrd. Euro haben diese zum Abschluss der ersten Halbjahres 2020 nicht nur das Defizit ausgeglichen, sondern darüber hinaus einen Einnahmenüberschuss in gleicher Höhe erzielt. Den Einnahmen der Krankenkassen in Höhe von 129,9 Mrd. Euro standen im 1. Halbjahr Ausgaben von rund 128,6 Milliarden Euro gegenüber. Die Finanzreserven der Krankenkassen stiegen durch den Überschuss bis Ende Juni auf rund 20,8 Mrd. Euro. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zweifelt allerdings die Beständigkeit der schwarzen Zahlen an und erwartet für den weiteren Verlauf eher einen Rückschlag: „Weil Patienten in der ersten Jahreshälfte weniger zum Arzt und ins Krankenhaus gegangen sind, sind die Ausgaben der Krankenkassen vor allem in den Monaten April bis Juni gesunken. Aber das ist nur eine Momentaufnahme. Wie sich das weitere Jahr entwickelt, welche Auswirkungen die Pandemie auf die Krankenkassen und den Gesund-
heitsfonds haben wird, werden wir erst im Herbst einschätzen können.“ Seitens des GKV-Spitzenverbands wird für 2021 eine Finanzlücke der GKV in Höhe von 16,6 Mrd. Euro prognostiziert. Trotz der erheblichen Finanzreserven der Kassen will die Bundesregierung nun mit dem „Gesundheitsversor-
Dr. med. Erich Schröder Arzt und Journalist, Geschäftsführer der Gesundheitspolitik.de Verlagsgesellschaft mbH und des Kollegiums Medizin und Recht sowie Gastwissenschaftler an der Charité Universitätsmedizin Berlin. gungs- und Pflegeverbesserungsgesetz – GPVG“ gleichermaßen den Steuerzahler und den GKV-Beitragszahler zum Ausgleich des erwarteten Defizits mit heranziehen. Das Bundeskabinett billigte am 23. September den Gesetzentwurf von Spahn, der auf eine Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrages der Kassen um 0,2 Punkte auf 1,3 % hinausläuft. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssten dadurch rund 3 Mrd. Euro mehr zahlen. Damit würde aber nur ein Teil der GKV-Finanzlücke geschlossen. Deshalb wird auch darüber hinaus der Bundeszuschuss für die GKV um 5 Mrd. Euro erhöht. Schließlich müssen auch die Kassen aus ihren Reserven einmalig 8 Mrd. Euro an den Gesundheitsfonds
überweisen. Das GPVG bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates und soll voraussichtlich im Januar 2021 in Kraft treten. Der Gesetzesentwurf ist reichlich unpopulär: Beitragszahlern und Arbeitgebern ist kaum zu vermitteln, dass jetzt bereits Eckpunkte für höhere Zusatzbeiträge in ein Gesetz geschrieben werden, obwohl die aktuellen Zahlen dafür keine erkennbare Grundlage geben und für 2021 noch keine gesicherten Prognosen vorliegen. Die aktuelle Prognose des Defizits wird bezweifelt. Darüber hinaus hat Spahn in der laufenden Legislaturperiode eine Reihe kostenintensiver Gesetze zu Lasten der GKV, also der Beitragszahler und Arbeitgeber, auf den Weg gebracht. Diese sollten nach deren Auffassung, ebenso wie Corona-Impfungen und andere Pandemie-Folgekosten, aus Steuermitteln finanziert werden. Letzteres ist auch die Auffassung des GKV-Spitzenverbands, der auf seiner Prognose einer Finanzierungslücke von 16,6 Mrd. Euro für 2021 beharrt. Mit dem Gesetz verletze die Bundesregierung eine vorher ausgesprochene „Sozialgarantie“, die Sozialversicherungsbeiträge bei max. 40 % zu stabilisieren, indem ein darüber hinaus gehender Finanzbedarf aus dem Bundeshaushalt gedeckt würde. Der Gesetzentwurf sehe dagegen nun vor, dass die Mittel zur Einhaltung der Sozialgarantie nur zu einem kleineren Teil aus Steuern gezahlt würden. Die Hauptlast sollen dagegen die Versicherten und Arbeitgeber schultern. Das eigentliche Thema des GPVG ist die Verbesserung der Pflege, insbesondere durch zusätzliches Personal. Wieder einmal hat Jens Spahn eine alte Unsitte wiederbelebt, auf einen Gesetzesentwurf „mal eben“ eine zusätzliche Maßnahme „aufzupfropfen“ – ein sogenannter „Omnibus“. Die Betroffenen sind darüber nicht amüsiert. m
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RECHTSPRECHUNG FÜR ÄRZTE
Medizinisches Versorgungszentrum: Verurteilung wegen Abrechnungsbetrug Das Landgericht Hamburg hat die Angeklagten (einen Apotheker und zwei Ärzte) wegen mehrfachen, teils banden- und gewerbsmäßig begangenen Betrugs zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren und sechs Monaten, zehn Monaten und sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der beiden letztgenannten Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es die Einziehung von rund eineinhalb Million Euro als Erträge aus den Betrugstaten angeordnet.
der Verordnungen zahlte die TK rund 150.000 Euro an die Verrechnungsstelle der Apotheke des Angeklagten Z. aus.
Nach den Feststellungen des Landgerichts wollte der Angeklagte Z., der u. a. eine Apotheke in Hamburg betrieb, ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) erwerben, um sich – über den dann möglichen Einfluss auf das Verordnungsverhalten der dort tätigen Ärzte – neue Absatzquellen für von ihm hergestellte hochpreisige Medikamente zu erschließen. Ihm war indes bewusst, dass die Beteiligung von Apothekern an einem MVZ aufgrund einer Änderung der sozialrechtlichen Vorschrift des § 95 Abs. 1a SGB V seit Januar 2012 rechtlich nicht mehr möglich war. Um dieses gesetzliche Beteiligungsverbot zu umgehen, suchte er nach einem zugelassenen Arzt als „Strohmann“. Diesen fand er in dem Angeklagten D., über den er in der Folge die Mehrheitsanteile an einem im Mai 2012 rechtmäßig zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen MVZ des sich in einer schwierigen finanziellen Lage befindlichen Angeklagten F. in Hamburg erwarb. F., der weiterhin als dessen ärztlicher Leiter tätig war, wusste ebenfalls um die „Strohmann“-Konstruktion und
die damit bezweckte Umgehung des für den Angeklagten Z. bestehenden Beteiligungsverbots. Obwohl allen Angeklagten bewusst war, dass die Voraussetzungen für die kassenärztliche Zulassung des MVZ nicht mehr vorlagen und dieses daher nicht berechtigt war, ärztliche Leistungen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg abzurechnen, reichte das MVZ in den Jahren 2014 und 2015 bei dieser fünf Quartalsabrechnungen ein. Die Kassenärztliche Vereinigung zahlte im Vertrauen auf dessen Abrechnungsberechtigung fast eineinhalb Millionen Euro an das MVZ aus. Der Angeklagte Z. stellte darüber hinaus der Techniker Krankenkasse (TK) von August 2014 bis Juni 2015 ärztliche Verordnungen des MVZ in Rechnung, die in seiner Apotheke eingelöst worden waren. Die Angeklagten wussten, dass die Verordnungen aufgrund der – durch die „Strohmann“-Konstruktion verdeckten – faktischen Beteiligung des Angeklagten am MVZ nicht abrechenbar waren. Im Vertrauen auf die Ordnungsgemäßheit
Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat die Revision der Angeklagten mit Urteil vom 19. August 2020 weitgehend als unbegründet verworfen. Er hat insbesondere entschieden, dass das Landgericht die Einreichung der Abrechnungen von ärztlichen Leistungen und Verordnungen unter Verschleierung der Umgehung des in § 95 Abs. 1a SGB V normierten Beteiligungsverbots für Apotheker an einem medizinischen Versorgungszentrum rechtsfehlerfrei als Betrug gewertet hat. Er hat indes die Schuldsprüche abgeändert, da das Landgericht die Tatbeiträge der Angeklagten und das konkurrenzrechtliche Verhältnis der Taten zueinander nicht durchweg rechtlich zutreffend bestimmt hat. Aufgrund dessen hat er die Strafaussprüche – betreffend den Angeklagten F. auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft hin – aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen. Zudem muss über die Höhe der Einziehung neu entschieden werden, da bisher nicht berücksichtigt worden ist, dass dem am Verfahren beteiligten MVZ im Zusammenhang mit der an sich sachgemäßen Krankenbehandlung berücksichtigungsfähige Aufwendungen entstanden sein könnten. m
Quelle: Pressemitteilung BGH Nr. 109/2020
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RHEUMATOLOGIE TRIFFT KARDIOLOGIE
Colchicin senkt kardiovaskuläres Risiko von KHK-Patienten Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen weisen ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko auf, dass sich durch eine konsequente antientzündliche Therapie etwa mit Biologika reduzieren lässt. Zuletzt war die „Entzündungshypothese“ bei Patienten kurz nach Myokardinfarkt durch die CANTOS-Studie mit dem Interleukin (IL)-1-Rezeptorinhibitor Canakinumab und die COLCOT-Studie mit Colchicin erhärtet worden. Letzteres hat in niedriger Dosierung die Vorteile einer guten Verträglichkeit bei niedrigem Infektionsrisiko, was jetzt auch die beim virtuellen Kongress der European Society of Cardiology (ESC) 2020 von einem australisch-niederländischen Team um Mark Nidorf, Perth, vorgestellte LoDoCo 2-Studie in einem breiteren Kollektiv von KHKPatienten bestätigte. Weitere Erkenntnisse lieferten die COPS-Studie und neue Daten aus der COLCOT-Studie.
war eine Kombination aus kardiovaskulärem Tod, Myokardinfarkt (MI), ischämischem Schlaganfall und Ischämie-bedingter koronarer Revaskularisation, der wichtigste sekundäre Endpunkt war identisch, nur Revaskularisationen blieben außen vor. Das mediane Follow-up betrug 28,6 Monate.
LoDoCo 2-Studie: Erfolg, aber mit Fragezeichen Den primären Endpunkt erreichten 187 Patienten der Colchicin- und 264 der Placebo-Gruppe, was einem signifikanten Vorteil des Gichtklassikers entsprach (6,8 vs. 9,6 %, Inzidenz 2,5 vs. 3,6 Ereignisse/100 Personenjahre, PJ; Hazard ratio, HR 0,69, 95% KI 0,57-0,83; p<0,001). Etwas geringer war die Differenz im wichtigsten sekundären Endpunkt, den 115 vs. 157 Patienten unter Colchicin bzw. Placebo erreichten (4,2 vs. 5,7 %, Inzidenz 1,5 vs. 2,1 Ereignisse/100 PJ; HR 0,72, 95% KI 0,57-0,92; p=0,007). Auch die Inzidenzraten für die kombinierten Endpunkte MI oder Revaskularisation, kardiovaskulärer Tod oder MI, Revaskularisation oder MI waren signifikant geringer unter Colchicin, am deutlichsten waren die Vorteile in puncto MI (3,0 vs. 4,2 %; p=0,01) sowie Revaskularisation (4,9 vs. 6,4 %; p=0,01). Die Stärke der Effekte auf das kardiovaskuläre Outcome entsprach recht gut den Befunden aus der COLCOT- und CANTOS-Studie.
Aufbauend auf den Ergebnissen der Pilotstudie LoDoCo-MI wurde die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte LoDoCo 2-Studie (1) initiiert. Eingeschlossen wurden 5.522 Patienten mit stabiler KHK für ≥6 Monate (im Mittel 66 Jahre, 85 % Männer, je 84 % mit akutem Koronarsyndrom, ACS, und Revaskularisation in Anamnese) und Verträglichkeit von Colchicin in einer 30-tägigen Run-in-Phase (dies war bei 90 % der initial gescreenten Patienten der Fall), die zusätzlich zu einer Standardtherapie (antithrombotisch, Statine) sekundärpräventiv im Verhältnis 1:1 auf niedrig dosiertes (1x 0,5 mg/Tag) Colchicin oder Placebo randomisiert wurden. Der primäre Endpunkt
Allerdings war die Inzidenz für Tod aus nicht-kardiovaskulären Ursachen unter Colchicin etwas höher (0,7 vs. 0,5/100 PJ; HR 1,51; 95% KI 0,99-2,31), ebenso, wenn auch nicht signifikant, die Gesamtmortalität mit 2,6 vs. 2,2 % – die Gründe hierfür sind unklar. In der COLCOT-Studie, die ebenfalls eine signifikante Reduktion Ischämie-getriebener Ereignisse unter niedrig dosiertem Colchicin (0,5 mg/Tag) nachwies, war die Sterblichkeit neutral ( je 1,8 %). Die Verträglichkeit von Colchicin war gut, mit ca. 10 % war die Abbruchquote mit Placebo vergleichbar. Schwere unerwünschte Ereignisse waren gegenüber Placebo nicht erhöht, so z. B. krankenhauspflichtige Infektionen, Neutropenien oder Myotoxizitäten, auch nicht in Kombination mit Statinen. Gleiches gilt für Malignome. Somit bestätigt sich erneut die unter Colchicin erreichbare Reduktion kardiovaskulä-
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rer Ereignisse, den Gründen für die höhere Gesamtmortalität muss aber nachgegangen werden.
Neue Erkenntnisse aus COPS- und COLCOT-Studie Gleichfalls auf dem ESC 2020 stellten australische Experten um Jamie Layland, Melbourne, die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte COPS-Studie (2) vor, in der Colchicin (2x 0,5 mg/Tag für 4 Wochen, danach 11 Monate 1x 0,5 mg/ Tag) ähnlich wie in COLCOT (hier durchgehend 1x 0,5 mg/Tag) bei ACS-Patienten zusätzlich zu einer Standardtherapie evaluiert wurde. Mit 795 Teilnehmern war sie deutlich kleiner als die COLCOT-Studie mit 4.745 Patienten. Primärer Endpunkt war ein Komposit aus Tod, ACS, Schlaganfall oder Ischämie-bedingter Revaskularisation. Nach einem Follow-up von 12 Monaten waren kardiovaskuläre Ereignisse insgesamt selten, sodass wohl auch deshalb im primären Endpunkt kein signifikanter Vorteil von Colchicin erkennbar war (p=0,09). Allerdings änderte sich dieses Bild bei einem längeren Follow-up von 400 Tagen, wo in der Intention-to-treat-Analyse das Signifikanzniveau erreicht wurde, getrieben vor allem wieder durch eine Reduktion von MI und dringlicher Revaskularisation. In der Per-Protokoll-Analyse wurde sogar eine deutliche Risikoreduktion um
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58 % (p=0,01) nachgewiesen. Allerdings fiel auch hier eine signifikant höhere nicht-kardiovaskuläre Mortalität auf (p=0,02), bei allerdings nur 5 vs. 0 Ereignissen – ein Zufallsbefund ist also nicht auszuschließen. Insgesamt lieferte auch COPS positive Daten zu Colchicin, aufgrund der geringen Studiengröße scheinen gerade in puncto Mortalität genauere Rückschlüsse aber fehl am Platz zu sein. Von Interesse war auch eine pharmakogenetische Subgruppenanalyse der kanadischen COLCOT-Studie (2) zu 1.656 Patienten, die stellvertretend Marie-Pierre Dubé, Quebec, präsentierte. Hierin wurden drei Genloci identifiziert, die offenbar für Colchicin-assoziierte Nebenwirkungen relevant sind, so eines auf Chromosom 9, das an der Mikrotubuli-Stabilisierung beteiligt ist und bei dem ein relativ häufiges Allel mit einer besseren Effektivität von Colchicin assoziiert ist. An zwei weiteren Genloci auf den Chromosomen 6 und 10 sind wiederum bestimmte Allele mit einem höheren Risiko für gastrointestinale Nebenwirkungen assoziiert. Diese Befunde könnten auch für Rheumatologen in Zukunft relevant sein. m Quellen: 1 N Engl J Med 2020; doi: 10.1056/NEJMoa2021372 2 Virtueller ESC-Kongress, 29. August - 2. September 2020
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Frühe DMARD-Therapie senkt kardiovaskuläres Risiko Schon früh kann bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) durch die systemische Inflammation das kardiovaskuläre (CV) Risiko erhöht sein. Britische Rheumatologen und Kardiologen um Maya H. Buch, Manchester, untersuchten nun im Rahmen der randomisierten, kontrollierten Phase-IV-Studie VEDERA bei Patienten mit früher RA die Effekte einer rasch eingeleiteten First-line-Therapie mit Methotrexat (MTX) allein oder in Kombination mit dem TNFα-Inhibitor Etanercept auf das CV-Risiko.
Insgesamt 81 Patienten der VEDERAStudie ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung, aber maximal einem traditionellen CV-Risikofaktor, die randomisiert eine First-line-Strategie mit Etanercept plus MTX oder MTX alleine (bei Bedarf Eskalation auf Etanercept ab Monat 6) erhielten, wurden einem kardialen MRT zu Baseline sowie nach 1 und 2 Jahren unterzogen, ebenso wie 30 gematchte Kontrollen. Primärer Endpunkt war einerseits der Vergleich der Aortendehnbarkeit (AD) zwischen den Patienten mit früher RA und den Kontrollen sowie andererseits bei den RA-Patienten deren Veränderung zwischen Baseline und nach 12 Monaten Therapie. Weitere Endpunkte als
Marker für frühe kardiale Abnormitäten waren die linksventrikuläre Masse (LVM) und das myokardiale extrazelluläre Volumen (ECV). Beim Vergleich der Patienten mit früher RA mit den Kontrollen stellte sich heraus, dass die AD ebenso signifikant niedriger war (3,0 vs. 4,4×10−3 mmHg−1; p<0,001) wie die LVM (78,2 vs. 92,9 g; p<0,01), während das myokardiale ECV signifikant erhöht war (27,1 vs. 24,9 %; p<0,01). Beim alleinigen Blick auf die RA-Patienten zeigte sich wiederum, dass sich die AD unter der Therapie signifikant von Baseline bis Monat 12 von 3,0 auf 3,6×10−3 mmHg−1 verbesserte (p<0,01) und dieser Anstieg nach 2 Jahren bestehen blieb. Die Verbesserung der Aortendehnbar-
keit unterschied sich weder zwischen den Anwendern von Etanercept plus MTX gegenüber der MTX-Monotherapie noch gemäß dem Status der Krankheitsaktivität, definiert als Responder versus Non-Responder im DAS28-ESR. Im Ergebnis waren somit selbst bei Patienten mit noch früher RA vaskuläre und kardiale Abnormitäten nachweisbar, die sich unter einer frühen, aggressiven DMARD-Therapie verbesserten, ohne dass sich die Art der DMARD-Therapie oder das klinische Ansprechen darauf auswirkten. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-217653
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Erhöhtes kardiovaskuläres Langzeitrisiko unter Hydroxychloroquin? Das üblicherweise bei systemischem Lupus erythematodes (SLE) eingesetzte Hydroxychloroquin (HCQ) spielt als Begleittherapie auch bei rheumatoider Arthritis (RA) eine Rolle. Nach dem rund um COVID-19 primär in den USA aufgekommenen Hype um HCQ machte die Substanz Schlagzeilen durch teils negative kardiale Effekte bei Patienten mit COVID-19-assoziierter Pneumonie – dies vor allem in Kombination mit Azithromycin. Das internationale OHDSI-COVID-19-Konsortium um Patrick Ryan, Titusville (USA), untersuchte nun anhand von Big Data in einer retrospektiven Beobachtungsstudie die kurz- und langzeitige Sicherheit von HCQ allein und in Kombination mit Azithromycin. Das negative Ergebnis überrascht, da für HCQ bislang eher von einer Reduktion des kardiovaskulären bzw. metabolischen Risikos ausgegangen wurde und sollte aber vorsichtig interpretiert werden.
In der Studie wurden RA-Patienten ≥18 Jahre mit neu begonnener HCQ-Therapie (die zuvor 1 Jahr keine andere Therapie erhalten haben durften) mit Neuanwendern von Sulfasalazin (SSZ) für bis zu 30 Tage verglichen. Selbst-kontrollierte Fallserien wurden durchgeführt, um die Sicherheit von HCQ in einer breiteren Population (alle HCQ-Anwender unabhängig vom RA-Status oder Indikation) zu evaluieren. Separat wurden mit HCQ plus Azithromycin assoziierte schwere unerwünschte Ereignisse (SUE) mit Vergleich zu HCQ plus Amoxicillin erfasst. Herangezogen wurden 14 Quellen (Verordnungsdaten, elektronische Krankenakten) aus Deutschland, Japan, Niederlande, Spanien, Großbritannien und den USA. Es wurden statistische Stateof-the-Art-Verfahren (Propensity-Score und Kalibrierung) angewendet, um potenzielle Einflussfaktoren zu minimieren. Die Hazard ratios (HRs) wurden mit Hilfe von Cox-Modellen berechnet. (1) Eingeschlossen wurden 956.374 HCQund 310.350 SSZ-Anwender, 323.122 Patienten, die HCQ plus Azithromycin
und 351.956, die HCQ plus Amoxicillin erhalten hatten. Bis Tag 30 war kein erhöhtes Risiko beim Vergleich von HCQ und SSZ erkennbar, was auch die selbstkontrollierten Fallserien bestätigten. Hingegen scheint die langfristige HCQAnwendung mit einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität assoziiert zu sein (kalibriertes HR 1,65; 95% KI 1,12-2,44). In Kombination mit Azithromycin war HCQ zudem auch nach 30 Tagen mit einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität (kalibriertes HR 2,19; 95% KI 1,22–3,95), Angina pectoris (kalibriertes HR 1,15; 95 % KI 1,05–1,26) und Herzinsuffizienz (kalibriertes HR 1,22 95% KI 1,02–1,45) assoziiert.
Vorsichtige Interpretation der Daten gefragt Die Studie wird sicherlich kontrovers diskutiert werden und Schlussfolgerungen für die rheumatologische Praxis erscheinen derzeit schwierig. So gibt es trotz der enorm hohen Fallzahlen und Anwendung moderner statistischer Verfahren diverse Kritikpunkte, wie die Auswahl von SSZ als Komparator, fehlende
Angaben zum RA- und kardiovaskulären Ausgangsstatus, der HCQ-Dosierung und Dosis-abhängigen Effekten sowie der späteren Begleitmedikation und der untypische Einsatz als Initialtherapie bei RA (ohne vorherige Medikation für ≥365 Tage). Hinzu kommt, wie Tom W. Huizinga und Rachel Knevel, Leiden (Niederlande), in einem begleitenden Editorial betonen, dass das absolute Risiko der kardiovaskulären Mortalität mit 4,39 vs. 2,00/1.000 Personenjahren unter HCQ bzw. SSZ für RA-Patienten doch niedrig war und ein Selektionsbias nicht ausgeschlossen werden kann. (2) Dass die Befunde nicht überbewertet werden sollten, lässt sich auch daran festmachen, dass ausgerechnet für die unter längerer HCQ-Therapie gefürchtete Makuladegeneration keine Assoziation feststellbar war. Da gerade in Deutschland HCQ bei RA eher selten und dann als Begleittherapie eingesetzt wird, sind klare Rückschlüsse kaum möglich, gleiches gilt für den langfristigen, leitliniengerechten Einsatz von HCQ bei SLE. Die klarste Aussage lässt sich womöglich dahingehend treffen, dass auch die kurzzeitige Kombination mit Azithromycin möglichst unterbleiben sollte – bereits in COVID19-Studien waren hier Effekte wie eine QTc-Verlängerung aufgefallen. m
Quellen: 1 Lancet Rheumatol 2020; doi: 10.1016/ S2665-9913(20)30276-9 2 Lancet Rheumatol 2020; doi: 10.1016/ S2665-9913(20)30289-7
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Intensives Therapiemanagement zahlt sich auch bei etablierter RA aus Viele Studien haben bei früher, aktiver rheumatoider Arthritis (RA) die Effektivität eines intensiven Therapiemanagements (Tightcontrol, Treat-to-target) demonstriert, weniger klar war dies hingegen für die große Zahl von RA-Patienten aus der Routineversorgung mit etablierter, mäßig aktiver RA, die bereits auf eine Therapie mit csDMARDs eingestellt sind. In der von Fowzia Ibrahim, London (Großbritannien), und Kollegen vorgestellten TITRATE-Studie wurde nun in einem solchen Kollektiv untersucht, ob sich auf diese Weise die Remissionsraten steigern lassen.
In der 12-monatigen multizentrischen, individuell randomisierten Studie erfolgte ein Vergleich einer Standardversorgung (SoC) mit einem intensiven Management, das monatliche Termine beinhaltete, bei denen von speziell ausgebildeten medizinischen Fachkräften klinische Parameter erfasst, eine Titration der Medikation veranlasst und psychosoziale Unterstützung gewährt wurde. Primärer Endpunkt war eine Remission nach 12 Monaten im DAS28-ESR, sekundäre Endpunkte waren unter anderem Fatigue und körperliche Funktion. Insgesamt 335 Patienten wurden 1:1 randomisiert, bei 90 % (n=303) lagen die vollen 12-Monats-Daten vor. Das intensive Management war im Vergleich
zur SoC mit einer signifikant höheren Wahrscheinlichkeit für das Erreichen einer DAS28-ESR-Remisison <2,6 nach 12 Monaten verbunden (32 vs. 18 %; p=0,004). Dieses Ergebnis konnte auch für alternative Kriterien einer Remission bestätigt werden. Auch erreichten mehr RA-Patienten mit dem intensiven Management eine niedrige DAS28-ESR-Krankheitsaktivität ≤3,2 (48 vs. 32 %; p=0,005). Überdies kam es zu einer substanziellen Reduktion von Fatigue (mittlere Differenz -18; 95% KI -24 bis -11; p<0,001). Es gab zugleich keine Hinweise auf mehr schwere unerwünschte Ereignisse (n=15 vs. 11) oder andere unerwünschte Ereignisse (114 vs. 151).
Im Ergebnis wies die TITRATE-Studie somit einen signifikanten Nutzen eines intensiven Managements inklusive psychosozialer Unterstützung durch ausgebildete medizinische Fachkräfte bei Patienten mit langjähriger, mäßig aktiver RA nach – sowohl in Bezug auf Remission als auch Fatigue. Auf Deutschland übertragen könnte hier sicherlich bei konsequentem Einsatz der Rheumatologischen Fachassistenz eine weitere Verbesserung der Patientenversorgung erreicht werden. m
Quelle: Semin Arthritis Rheum 2020; 50(5): 1182-1190
Vagusnervstimulation effektiv bei therapierefraktärer RA Bereits auf dem EULAR 2020 vorgestellt und jetzt von Mark C. Genovese, Palo Alto (USA), und Kollegen publiziert wurde eine Pilotstudie zur Vagusnervstimulation (VNS) bei Patienten mit mehrfach therapierefraktärer rheumatoider Arthritis (RA).
In die Studie eingeschlossen wurden 14 Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver RA, die auf Methotrexat (MTX) eingestellt waren und zuvor auf ≥2 bDMARDs oder JAK-Inhibitoren mit ≥2 differenten Wirkmechanismen versagt haben mussten (im Mittel 4,8 frühere Biologika, mittlerer DAS28-CRP 5,94). Zur VNS wurde den Patienten zunächst ein neu entwickelter, miniaturisierter Neurostimulator („MicroRegulator“) implantiert (Phase 1) und für 1 Minute 1x täglich aktiviert. Die Implantation des Device war in allen Fällen erfolgreich, zwei OP-assoziierte Ereignisse ( je 1x Horner-Syndrom und
Stimmbandlähmung) konnten gut und folgenfrei beherrscht werden. In Phase 2 erfolgte eine 1:1:1-Randomisierung auf eine aktive Stimulation (1x 1 Min./Tag oder 4x 1 Min./Tag) oder Sham-Stimulation (also ohne Aktivierung des Device). Primärer Endpunkt waren therapieassoziierte unerwünschte Ereignisse (TEAE), die klinische Effektivität war ein sekundärer Endpunkt. In 50 % der Fälle kam es (anders als in der Sham-Gruppe) zu einem relevanten klinischen Ansprechen im DAS28-CRP in Woche 12, zwei Patienten gelangten
sogar in eine DAS28-Remission. Parallel dazu war eine Reduktion proinflammatorischer Zytokine evident. In Anbetracht der ersten positiven Ergebnisse und keinen mit dem Device oder der Therapie assoziierten TEAE soll nun eine größere, auf den gewonnenen Erkenntnissen zur nötigen Frequenz der VNS aufbauende, Sham-kontrollierte Studie in einem vergleichbaren Kollektiv im Grunde austherapierter RA-Patienten durchgeführt werden. m Quelle: Lancet Rheumatol 2020; 2(9): e527-e538
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Einfluss von Seropositivität auf die Effektivität unterschiedlicher Biologika Ein internationales Expertenteam um Delphine S. Courvoisier, Genf (Schweiz), untersuchte anhand einer Auswertung von 16 Beobachtungsregistern den Einfluss von Seropositivität auf die Effektivität und Retention von Biologika (bDMARDs) bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) in einem Real-World-Setting. Auch wenn frühere Befunde im Wesentlichen bestätigt werden, lohnt sich doch ein Blick auf die Daten aus der klinischen Praxis.
In die gepoolte Analyse über 16 Beobachtungsstudien hinweg gingen 27.583 Patienten mit RA-Diagnose, verfügbarer Information zum RF- und/oder ACPAStatus und neu begonnener Therapie mit Rituximab, Abatacept, Tocilizumab oder TNFα-Inhibitoren ein. Das Absetzen eines bDMARDs wurde mittels Cox-Regression analysiert unter Berücksichtigung des individuellen bDMARDs, Seropositivität und deren Interaktion, adjustiert auf begleitende und frühere Therapien sowie Patienten- bzw. Krankheitscharakteristika, und mit Einberechnung von Land und Kalenderjahr der bDMARD-Initiierung. Die Effektivität
über die Zeit wurde über den Verlauf des CDAI-Scores bestimmt. Die Assoziation von Seropositivität mit einem Absetzen differierte signifikant zwischen den bDMARDs (p für Interaktion <0,001). Die adjustierten Hazard ratios für seropositive im Vergleich mit seronegativen Patienten betrugen 1,01 (95% KI 0,95-1,07) für TNFα-Inhibitoren, 0,89 (95% KI 0,78-1,02) für Tocilizumab, 0,80 (95% KI 0,72-0,88) für Abatacept und 0,70 (95% KI 0,59-0,84) für Rituximab. Die adjustierten Differenzen für die bDMARDs in puncto der Raten an Remission und niedriger Krankheitsaktivität gemäß CDAI folgten dem glei-
chen Muster mit keinem Unterschied für die TNFα-Inhibitoren, einer geringen Differenz bei Tocilizumab, einem größeren Unterschied für Abatacept und der größten Differenz im Falle von Rituximab (Lundex-Differenz +5,9 % für Remission und +11,6 % für eine niedrige Krankheitsaktivität). Seropositivität war somit fast erwartungsgemäß mit einer höheren Effektivität von Nicht-TNF-bDMARDs, insbesondere Rituximab und Abatacept, aber nicht für TNFα-Inhibitoren assoziiert. m
Quelle: Rheumatology 2020; doi: 10.1093/rheumatology/keaa393
Statin zeigt keinen Effekt auf die Krankheitsaktivität 3HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren, besser als Statine bekannt, üben als Standardtherapie bei Hyperlipidämie zusätzlich multiple antiinflammatorische Effekte aus. Dass diese im Vergleich zu den bei rheumatoider Arthritis (RA) eingesetzten antientzündlichen Therapien bescheiden ausfallen, zeigt eine von Cynthia Aranow, New York (USA), und Kollegen publizierte randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-II-Studie, die untersuchte, ob eine Add-on-Therapie mit Lovastatin bei RA-Patienten den CRP-Wert reduziert und die Krankheitsaktivität senkt.
In die 12-wöchige Studie eingeschlossen wurden 64 RA-Patienten mit nur milder klinischer Krankheitsaktivität aber erhöhtem CRP, die im Verhältnis 1:1 auf Lovastatin oder Placebo randomisiert wurden.
Im Ergebnis zeigte sich nach 12 Wochen weder ein signifikanter Unterschied in der CRP-Reduktion noch der Entwicklung der Krankheitsaktivität ab Baseline. Auch die Zytokin-Spiegel veränderten sich nicht signifikant.
Primärer Endpunkt der Studie war die CRP-Reduktion, sekundäre Endpunkte die Krankheitsaktivität sowie RF- und ACPA-Antikörper-Titer. Ebenfalls erfasst wurden die Serum-Spiegel von Zytokinen sowie die Sicherheit vor allem im Hinblick auf hepatische oder muskuläre Beschwerden.
Eine Post-hoc-Analyse zu Teilnehmern, die kein bDMARD erhielten, ergab, dass unter Lovastatin versus Placebo ein signifikant höherer Anteil eine CRP-Reduktion ≥20 % ab Baseline erreichte (p=0,007). Bei mit bDMARDs behandelten RA-Patienten war hingegen kein solcher Unterschied erkennbar. Lovas-
tatin wurde gut vertragen, schwere unerwünschte Ereignisse blieben aus. Letztlich wurde das Ziel der Studie somit klar verfehlt, die antientzündliche Effektivität zumindest dieses Statins scheint bei RA-Patienten zu gering zu sein, um die Krankheitsaktivität beeinflussen zu können, höchstens bei selektierten Patienten könnte es zusätzlich zur CRP-Reduktion beitragen. m
Quelle: Rheumatology 2020; 59(7): 1505–1513
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Methotrexat nicht mit erhöhtem ILD-Risiko verbunden Einerseits ist Methotrexat (MTX) das csDMARD der Wahl als Erstlinientherapie bei rheumatoider Arthritis (RA), andererseits stand es lange im Verdacht, das Risiko für interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) zu steigern. Im Einklang mit anderen neuen Ergebnissen gab jetzt auch eine nationale, dänische Bevölkerungsstudie von Else Helene Ibfelt, Kopenhagen, und Kollegen, die neben dem Risiko für ILD auch jenes für eine akute und chronische respiratorische Insuffizienz untersuchte, Entwarnung.
Aus dem dänischen nationalen Patientenregister (NPR) und dem DANBIO-Register für rheumatische Erkrankungen wurden Daten zu 30.512 zwischen 1997 und 2015 registrierten RA-Patienten gewonnen. Informationen zu ILD und respiratorischem Versagen stammten aus dem NPR, jene zu Alter und Geschlecht aus dem „Danish Civil Registration System“. Die Verordnungen von MTX und anderen RA-Medikamenten wurden dem „Danish Prescription Registry“ entnommen. Die Assoziationen von MTX mit Lungenerkrankungen wurden mit
auf Alter, Zeit, Geschlecht und Begleittherapien adjustierten Cox-Regressionsmodellen erfasst. Die standardisierten Inzidenzratios (SIRs) für Lungenerkrankungen wurden für einen Vergleich der RA-Kohorte mit der Allgemeinbevölkerung berechnet. In dieser großen Registerstudie zeigte sich für MTX (eine oder mehrere vs. keine Verordnungen) weder ein erhöhtes Risiko für Lungenerkrankungen mit einer Hazard ratio (HR) von 1,00 (95% KI 0,78-1,27) für eine ILD und einer HR von
0,54 (95% KI 0,43-0,67) für eine respiratorische Insuffizienz über das 5-jährige Follow-up. Die SIR war drei- bis vierfach höher für ILD bei mit MTX-behandelten RA-Patienten, was aber vergleichbar mit der Gesamt-RA-Kohorte im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung war. Als Fazit bleibt somit wie erwartet ein für RA-Patienten generell erhöhtes ILD-Risiko, das aber durch eine Therapie mit MTX nicht zusätzlich gesteigert wird. m Quelle: Rheumatology 2020; doi: 10.1093/rheumatology/keaa327
HEPATITIS C-INDUZIERTE ARTHRITIS
Erhöhtes Risiko durch neue antivirale Therapien? Mit der Zulassung potenter direkt antiviral wirksamer Medikamente (direct antiviral agents, DAA) hat sich die Therapie gegen Hepatitis C-Virus (HCV)-Infektionen binnen weniger Jahre revolutioniert und die Chancen für eine dauerhafte Viruseradikation drastisch erhöht. Die Hoffnung, dadurch auch HCV-assoziierte muskuloskelettale Manifestationen, die bei bis zu 70 % dieser Patienten berichtet wurden, zu reduzieren, scheint sich jedoch nicht zu erfüllen. Im Gegenteil scheint nach einer DAA-Therapie trotz PCR-Negativität für HCV gemäß einer Studie pakistanischer Rheumatologen um Muhammad Haroon, Lahore, das Risiko einer Verschlechterung oder Neuentwicklung von Arthralgien sogar anzusteigen.
In die Studie eingeschlossen wurden 250 konsekutive HCV-Patienten, die eine DAA-Therapie (Daclatasavir und Sofosbuvir) erfolgreich im Sinne einer PCR-bestätigten Viruseradikation abgeschlossen hatten. Diese wurden systematisch auf chronische muskuloskelettale (MSK)-Symptome, definiert als eine Arthralgie für >6 Wochen, die nicht auf Traumen oder berufsbedingten Risiken fußte, untersucht. Als eine Verschlechterung der muskuloskelettalen Symptome wurde deren Verschlechterung um >50 % im Vergleich zum Status vor Beginn der DAATherapie gewertet. Das mittlere Fol-
low-up nach Therapiebeginn betrug 6,5 Monate. Ungefähr ein Viertel der Teilnehmer (27,6 %) klagte bereits vor der HCV-Therapie über chronische MSK-Symptome. Zu den rheumatologischen Diagnosen zählten Fibromyalgie (n=38), seronegative entzündliche Arthritis (n=16) und rheumatoide Arthritis (n=6). Während 18 von 69 Patienten (26 %) stabile MSK-Symptome nach der DAATherapie aufwiesen, kam es bei 74 % zu deren Verschlechterung. Letzteres beinhaltete zu 43 % (22 von 51 Patienten) eine entzündliche Arthritis und in allen
anderen Fällen chronische myofasziale Schmerzen. Zusätzlich gab es 11 Fälle mit einem Neuauftreten von MSK-Symptomen nach der DAA-Therapie, wovon die Hälfte (53 %) eine entzündliche Arthritis hatte. Die Relevanz dieser erstmals so berichteten Befunde bleibt abzuwarten und bedürfen auf jeden Fall zunächst einer Bestätigung durch weitere Beobachtungsstudien auch in Europa oder Nordamerika. m
Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41496
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
PRIME-Zellen im Blut als früher Marker für einen Schub Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) werden Krankheitsschübe offenbar von präinflammatorischen mesenchymalen (PRIME)-Zellen angekündigt, die laut einem Team US-amerikanischer Experten um Robert Darnell, New York, in der Woche vor dem Schub im Blut nachweisbar sind. Primär ist dies von pathophysiologischem Interesse, für die rheumatologischen Praxis sind die Befunde leider kaum anwendbar.
Im Rahmen der Untersuchung wurden vier Patienten über 1 bis 4 Jahre gebeten, ihre Krankheitsaktivität im RAPID3Fragebogen zu erfassen und zudem 1x wöchentlich eine Blutprobe aus der Fingerbeere ans Labor zu schicken, wo die Boten-RNA analysiert wurde. Im Fall eines Schubs wurde in den vorangegangenen Blutproben nach Veränderungen in der Genaktivierung gesucht. Es fanden sich 2.791 Gene, deren Expression vor oder während des Schubs gesteigert oder geringer war. Etwa 2 Wochen vor dem Schub war zunächst ein „antecedent cluster 2“ (AC2) mit Genen, die in Leukozyten und insbesondere in B-Zellen exprimiert sind, detektierbar. Daher wird vermutet, dass eine Aktivierung von
B-Zellen für den folgenden Schub verantwortlich ist. In der letzten Blutprobe eine Woche vor dem Einsetzen der Symptome kam es dann zur Aktivierung von Genen des „antecedent cluster 3“ (AC3), die an der Bildung von Knorpelgewebe, angrenzendem Knochengewebe und der extrazellulären Matrix beteiligt sind. Diese PRIME-Zellen waren auch in einer Gruppe von 19 weiteren RA-Patienten vorhanden, nicht aber bei Gesunden. Die Autoren vermuten, dass im ersten Schritt die aktivierten B-Zellen die Bildung oder Rekrutierung der PRIME-Zellen bewirkt haben. Diese waren nach Beginn der Symptome nicht mehr im Blut vorhanden, weshalb postuliert wird,
dass sie vom Blut in die Synovia migrieren und dort mit den B-Zellen die Entzündung auslösen. Noch unklar ist, woher die PRIME-Zellen stammen, eine Möglichkeit wären bereits zuvor erkrankte Gelenke. Ebenso fraglich ist, was die B-Zellen dazu veranlasst, die PRIME-Zellen zu aktivieren. Diese Trigger könnten Infekte, Umweltreize oder endogene Faktoren sein. Therapeutisch nutzen lassen sich diese Erkenntnisse kaum, da ein Nachweis der PRIME-Zellen nur durch regelmäßige Blutproben und aufwändige Analysen möglich wäre. m
Quelle: N Engl J Med 2020; 383(3): 218228
OSTEOPOROSE
Atypische Femurfrakturen unter Bisposphonaten selten Bisphosphonate ermöglichen eine effektive Reduktion von Hüft- und osteoporotischen Frakturen, sind jedoch auch mit atypischen Femurfrakturen assoziiert. Diesbezügliche Bedenken räumt in Relation zum Nutzen eine Analyse US-amerikanischer Experten um Dennis M. Black, San Francisco, weitgehend aus.
Eingeschlossen wurden zwischen 2007 und 2017 insgesamt 196.129 Frauen ≥50 Jahre unter einer BisphosphonatTherapie aus dem Kaiser Permanente Southern California-Gesundheitsvorsorgesystem. Primärer Endpunkt waren radiologisch bestätigte atypische Femurfrakturen, Daten zu Risikofaktoren einschließlich Bisphosphonaten wurden elektronischen Gesundheitsakten entnommen. Mittels multivariater Cox-Modelle wurde das Risiko-Nutzen-Profil über 1-10 Jahre Bisphosphonat-Therapie evaluiert und damit assoziierte atypische Femurfrakturen den verhinderten anderen Frakturen gegenübergestellt.
Insgesamt kam es nur zu 277 atypischen Femurfrakturen. Nach multivariater Adjustierung stieg dieses Risiko mit der Dauer der Bisphosphonat-Therapie an: So betrug das Hazard ratio (HR) im Vergleich zu einer Dauer <3 Monate 8,86 (95% KI 2,79-28,20) nach 3 bis <5 Jahren, aber 43,51 (95% KI 13,70-138,15) nach ≥8 Jahren. Andere Risikofaktoren waren asiatische Abstammung, Körperlänge, Gewicht sowie eine Glukokortikoid-Einnahme. Das Absetzen von Bisphosphonaten war mit einer raschen Abnahme des Risikos für atypische Femurfrakturen assoziiert. In Relation überwog nach 1-10-jähriger Therapie die Abnahme des
Risikos für osteoporotische und Hüftfrakturen bei Weitem das erhöhte Risiko atypischer Femurfrakturen bei kaukasischer Abstammung (nach 3 Jahren 149 verhinderte Hüftfrakturen vs. 2 Bisphosphonat-assoziierte atypische Frakturen) und in geringerem Maße bei Patienten asiatischer Herkunft (91 vs. 8). Somit ist das absolute Risiko für atypische Femurfrakturen auch nach längerer Bisphosphonat-Anwendung letztlich gering im Verhältnis zu den darunter verhinderten osteoporotischen und Hüftfrakturen. m Quelle: N Engl J Med 2020; 383(3): 743-753
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ARTHROSE UND GELENKERSATZ
Gibt es positive Effekte der IL-1-Inhibition? Bei Arthrose sind die medikamentösen Eingriffsmöglichkeiten weiter limitiert. Bei zugleich vorliegender Gelenkentzündung können Entzündungsmediatoren wie Interleukin (IL)-1β die Knorpeldestruktion durch die Freisetzung proteolytischer Enzyme antreiben. Vorherige, an IL-1 ansetzende Kurzzeitstudien fanden keinen signifikanten Nutzen, eine von Paul M. Ridker, Boston, (USA), veröffentlichte Subgruppenanalyse der großen CANTOS-Studie zeigte nun aber überraschend einen deutlichen Vorteil für Canakinumab in Bezug auf die Inzidenz von Hüft- und Knie-Totalendoprothesen (TEP).
In die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte CANTOS-Studie waren 10.061 Patienten mit früherem Myokardinfarkt und erhöhtem CRP eingeschlossen und für bis zu 5 Jahre auf Canakinumab in einer Dosierung von 50, 150 oder 300 mg oder Placebo alle 3 Monate randomisiert worden. Als potenziell wichtiges schweres unerwünschtes Ereignis (SUE) war auch die Inzidenz von Hüft- und Knie-TEP regelmäßig erfasst worden.
gegenüber Placebo signifikant geringer ausgefallen (Hazard ratio, HR 0,58; 95% KI 0,42-0,80; p=0,001). Dieser Vorteil zeigte sich konsistent über alle Dosierungen hinweg (50 mg: HR 0,60; 150 mg: HR 0,53; 300 mg: HR 0,60) sowie auch in vergleichbarem Maße bei Männern (HR 0,54) und Frauen (HR 0,66). Auch wenn Patienten mit Gicht oder rheumatoider Arthritis ausgeschlossen wurden, zeigte sich eine signifikante Verringerung des Risikos für Hüft- und Knie-TEP.
Das Ergebnis war verblüffend: Mit 0,31 vs. 0,54 Ereignissen/100 Patientenjahre (PJ) war die gepoolte Inzidenz von Hüft- und Knie-TEP nach einem medianen Followup von 3,7 Jahren unter Canakinumab
In einer Sekundäranalyse wurden zudem die Effekte von Canakinumab auf neue oder sich verschlechternde Arthrose-Symptome erfasst. Auch hier war mit einer Inzidenzrate von 1,17 vs. 1,63/100 PJ
(HR 0,73; 95% KI 0,61-0,87) ein signifikanter Vorteil der IL-1β-Inhibition erkennbar. In der Gesamtschau liefern die Daten gute Anhaltspunkte für einen potenziellen Nutzen dieses Therapieprinzips bei Arthrose, wobei aber zu berücksichtigen ist, dass weder der Funktionsstatus noch die röntgenologische Progression systematisch erfasst wurden und der Frauenanteil mit 25 % recht gering und für diese Indikation somit nicht repräsentativ war. Bei Arthrose-Patienten mit erhöhtem CRP wäre eine Evaluation in weiteren Studien sicher interessant. m Quelle: Ann Intern Med 2020; doi: 10.7326/M20-0527
TEP durch konservative Therapien hinauszögern Dass Patienten mit Hüft- oder Kniearthrose mit konservativen Maßnahmen wie Physiotherapie, Eigenübungen und angepasstem Sport ihre Lebensqualität verbessern und oft auch eine TEP hinauszögern können, belegt eine klinische Studie norwegischer Experten um Nina Osteras, Oslo.
Die clusterrandomisierte Studie umfasste ein Programm, das auf Basis internationaler Behandlungsempfehlungen für Hüft- und Kniearthrose entwickelt wurden. Es enthielt z. B. ein initiales Schulungsprogramm (3 h), gefolgt von 8-12 Wochen individuellen, von Physiotherapeuten angeleiteten Übungen. Der Zugang erfolgte über Allgemeinmediziner, Hausärzte und Physiotherapeuten, die ebenfalls vorher geschult wurden. Von 393 Patienten ≥45 Jahre und mit symptomatischer Hüft- oder Kniearthrose erhielten 284 das Programm, 109 setzten ihre übliche Therapie fort (Kontrollgruppe). Primärer Endpunkt war die Zufriedenheit mit der Qualität der Versorgung
(Score von 0-100) nach 12 Monaten, zu den sekundären Endpunkten zählten Überweisungen zur Physiotherapie oder an Orthopäden sowie Gelenkersatzoperationen. 92 % der Patienten mit Zugang zu dem Programm nahmen daran teil, 64 % schlossen es mit einer Mindestteilnahmedauer von 8 Wochen ab. Nach 12 Monaten berichtete der Verumarm über eine signifikant höhere Versorgungsqualität (58 vs. 41; mittlere Differenz 17,6; 95% KI 11,1-24,0). Auch zeigte sich eine signifikant höhere Zufriedenheit mit der Pflege (Odds ratio, OR 7,8; 95% KI 3,55-17,27) und mehr Patienten befolgten die Emp-
fehlungen zur körperlichen Aktivität (OR 4,0; 95% KI 1,27-12,63). Ein kleinerer Anteil wurde an einen orthopädischen Chirurgen überwiesen (OR 0,5; 95% KI 0,291,00) und noch weniger bedurften einer TEP (4 vs. 11 %, OR 0,3; 95% KI 0,14- 0,74). Die Implementierung eines strukturierten Modells führte somit zu einer verbesserten Versorgungsqualität und Patientenzufriedenheit, höheren körperlichen Aktivität und scheint die Notwendigkeit einer TEP hinauszögern zu können. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2020; 79(Suppl.1): 198 (Abstr. OP0321-HPR)
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BILDGEBENDE DIAGNOSTIK
Tophöse Gicht – wenn das Gelenk wächst ANAMNESE: Der 70-jährige Patient wurde wegen akut aufgetretener Schmerzen im Schulter- und Beckengürtelbereich sowie deutlich erhöhten Akut-Phase-Reaktanten (BKS und CRP-Wert) vom Hausarzt stationär eingewiesen.
der Patient erhöhte Harnsäurewerte in der Vergangenheit, die phasenweise Einnahme von Allopurinol und attackenartig auftretende Schmerzen am rechten Großzehen. Die Diagnose Gicht sei bereits einmal gestellt worden.
Bei der Aufnahmeuntersuchung ergab sich der V. a. eine Polymyalgia rheumatica (PMR), die sich im weiteren Verlauf bestätigte und erfolgreich mit Steroiden (Prednisolon 15 mg/Tag) anbehandelt wurde.
KLINISCHER BEFUND: 170 cm, 79 kg. Gelenkstatus: Derbe Vorwölbung am rechten Großzehengrundgelenk medialseitig mit vorliegender Bewegungseinschränkung.
Bei der körperlichen Untersuchung fiel am rechten Großzehengrundgelenk nicht nur eine eingeschränkte Beweglichkeit, sondern auch eine derbe Vorwölbung auf. Auf Nachfrage bestätigte
LABOR: CRP 85mg/l (Norm bis 5 mg/l), BKS 95/h, Harnsäure 8,5 mg/dl, RF neg., ccP-Ak neg., ANA neg. BILDGEBENDE DIAGOSTIK: Röntgen Vorfüße (s. u.)
A
B
DIAGNOSE: Chronische Arthritis urica mit Tophi am Großzehengrundgelenk rechts BEMERKUNGEN: Der akute Gichtanfall lässt sich radiologisch nicht nachweisen. Sonografisch sind beim akuten Gichtanfall Erguss, Synovitis, Bursitis oder Tenosynovtis nachweisbar. Bei der chronischen Gicht kann mithilfe der Arthrosonografie ein Doppelkonturzeichen am Gelenkspalt abgebildet werden. Bei chronischer Gicht finden sich beim Röntgen der betroffenen Gelenke gelenksnahe, scharf begrenzte Defekte – entsprechend Knochentophi. Mit Progredienz der Erkrankung können Defekte auch die Gelenkkonturen betreffen und zu einer mehr oder weniger ausgeprägten Gelenkszerstörung führen. Neben der Ablagerung von Tophi bei chronischer Gicht sind häufig auch röntgendichte Weichteilschatten (Uratablagerungen), Osteolysen und Tophusstachel (Knochenanbauten) sichtbar. Durch das im klinischen Alltag aber nur selten verfügbare Dual-Energy-CT (DECT) gelingt der Nachweis von Natriumuratablagerungen. THERAPIE: Aktuell erfolgt eine Therapie der PMR mit Prednisolon 7,5 mg/Tag und der chronischen Arthritis urica mit Allopurinol 300 mg/Tag sowie purinarmer Ernährung. m
Abb. 1
Abb. 2
Abb. 1: Röntgen Vorfüße dp: Gichttophus am rechten Großzehengrundgelenk medialseitig bei chronischer Arthritis urica. Abb. 2: Röntgen Vorfuß rechts seitlich: Gichttophus (A) am rechten Großzehengrundgelenk medialseitig. Für eine chronische Arthritis urica (B) typische stanzförmige, zystische Knochendefekte (wahrscheinlich intraossäre Tophi) bei erhaltener Gelenkfläche
Prof. Dr. med. Herbert Kellner Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Gastroenterologie und Physikalische Medizin Romanstr. 9, 80639 München
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AXIALE SPONDYLOARTHRITIS
PREVENT-Studie: Positive Ergebnisse zu Secukinumab Mit den Interleukin (IL)-17A-Inhibitoren Ixekizumab und Secukinumab hat sich nach positiven Phase-III-Studien auch bei der nicht-röntgenologischen axialen Spondyloarthritis (nr-axSpA) das Therapiearsenal erweitert – zuvor waren in dieser Indikation nur TNFα-Inhibitoren zugelassen. Für Secukinumab basierte die Zulassung auf der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten PREVENT-Studie, deren Ergebnisse jetzt von Atul Deodhar, Portland (USA), und Kollegen publiziert wurden.
Aus regulatorischen Gründen waren für die Phase-III PREVENT-Studie zwei Analysepläne für die EU (Woche 16) und USA (Woche 52) für die Zulassung erforderlich, präsentiert wurden nun die vollständigen 52-Wochen-Daten. 555 Patienten mit nr-axSpA (ASAS-Klassifikationskriterien, erhöhtes CRP und/oder Sakroiliitis im MRT) wurden 1:1:1 auf Secukinumab 150 mg s.c. mit (LD) oder ohne Aufsättigung (NL) oder Placebo randomisiert (90 % Anti-TNF-naiv). Der LD-Arm erhielt Secukinumab in Woche 0, 1, 2, 3 und 4, dann alle 4 Wochen (Q4W) bis Woche 52, die NL-Gruppe erhielt Secukinumab in Woche 0 und Placebo in Woche 1, 2 und 3, dann Secukinumab Q4W bis Woche 52; Placebo wurde analog zum LD-Schema gegeben. Ab Woche 20 war
ein Wechsel auf Secukinumab oder eine Standardtherapie (SoC) erlaubt, wovon bis Woche 48 50,8 % (LD), 47,3 % (NL) und 64,0 % (Placebo) der Patienten Gebrauch machten. Primärer Endpunkt war das ASAS40-Ansprechen in Woche 16 (Europa) bzw. Woche 52 (USA) bei AntiTNF-naiven Patienten. In den drei Behandlungsarmen blieben 84,3 % (LD), 89,7 % (NL) und 86,0 % (Placebo) der Patienten bis Woche 52 auf ihrer Therapie. Der primäre ASAS40Endpunkt bei Anti-TNF-naiven Patienten wurde in Woche 16 mit 41,5 (LD) und 42,2 (NL) versus 29,2 % (Placebo) ebenso signifikant erreicht wie in Woche 52 (35,4 und 39,8 vs. 19,9 %; alle p<0,05). Auch in der Gesamtpopulation zeigte sich Secu-
kinumab 150 mg (LD oder NL) in den sekundären Endpunkten in Woche 16 und 52 fast durchweg signifikant überlegen, so in Woche 52 im ASAS40- (33,5 und 38,0 vs. 19,4 %) und im BASDAI50-Ansprechen (30,8 und 35,3 vs. 19,9 %) (alle p<0,05). Überdies wurden in Woche 16 Sakroiliakalgelenk (SIG)-Ödeme im MRT (Berlin-Score) signifikant im Vergleich zu Placebo reduziert (-1,68 und -1,03 vs. -0,39; p=0,0197 bzw. p=0,026). Das Sicherheitsprofil war konsistent mit früheren Studien. Die IL-17A-Inhibition stellt damit auch bei Patienten mit nr-axSpA eine gleichwertige Alternative zur AntiTNF-Therapie dar. m Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41477
Besseres Management von Komorbiditäten im Fokus Um bei Patienten mit axialer Spondyloarthritis das Management von Komorbiditäten zu verbessern, kann ein von Krankenschwestern bzw. Pflegern geleitetes Programm zu deren Detektion und Prävention nicht nur potenziell Ärzte entlasten, sondern auch das Screening und die Einleitung von Interventionen verbessern helfen – so das Ergebnis der von Anna Molto, Paris (Frankreich), und Kollegen publizierten prospektiven, randomisierten, kontrollierten 12-monatigen COMEDSPA-Studie, dem Pendant zur früheren COMEDRA-Studie bei Patienten mit rheumatoider Arthritis.
Verglichen wurde in der Studie ein von Krankenschwestern bzw. Pflegern geleitetes Programm, bei dem während einer spezifischen ambulanten Visite Daten zu Komorbiditäten erfasst wurden, mit einem Schulungsprogramm (Kontrollgruppe). Nach 12 Monaten wurden die Patienten unter Leitung von Krankenschwestern/-pflegern erneut evaluiert, primärer Endpunkt war die Veränderung in einem gewichteten Komorbiditäts-Management-Score (0-100 Punkte). Eingeschlossen wurden 502 konsekutive Patienten (im Mittel 47 Jahre, 63 %
Männer, Krankheitsdauer 14 Jahre) mit ärztlicher Diagnose einer axSpA, die im Verhältnis 1:1 auf die aktive und Kontrollgruppe randomisiert wurden. Auf den ersten Blick war das Ergebnis enttäuschend, da im primären Endpunkt kein Unterschied erkennbar war. Jedoch stieg in der aktiven Gruppe die Anzahl der Patienten mit leitliniengerechtem Management in Bezug auf Impfungen (Grippe 28,6 vs. 9,9 %, p<0,01; Pneumokokken 40,0 vs. 21,1 %, p=0,04), Krebsscreening (Hautkrebs 36,3 vs. 17,2 %,
p=0,04) und Osteoporose (BMD bei 22,6 vs. 8,7 %, p<0,01; Vitamin D-Supplementation 51,9 vs. 9,4 %, p<0,01). Ähnlich wie in COMEDRA finden sich somit erneut Anhaltspunkte für den Nutzen eines solchen Ansatzes – hier zudem auch in einem Kollektiv jüngerer Patienten. Für die Patientenversorgung in Deutschland unterstreicht dies die potenziellen Chancen der rheumatologischen Fachassistenz. m Quelle: Semin Arthritis Rheum 2020; 50(4): 701-708
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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES
Absetzen von Hydroxychloroquin bei Älteren eine Option Obwohl Hydroxychloroquin (HCQ) der Eckpfeiler der Behandlung von Patienten mit einem systemischen Lupus erythematodes (SLE) ist, kann aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung bei älteren Betroffenen eine Situation eintreten, in der, vor allem bei ruhiger Erkrankung, das Risiko der Augentoxizität mit dem bei einem Absetzen potenziell gesteigerten Schubrisiko gegeneinander abgewogen werden muss. In einer multizentrischen retrospektiven Studie untersuchte ein Team um Ruth Fernandez-Ruiz und Peter M. Izmirly, New York (USA), ob HCQ unter den genannten Bedingungen sicher entzogen werden kann.
In die Studie wurden 26 SLE-Patienten aus drei großen Lupus-Zentren in New York eingeschlossen, bei denen HCQ abgesetzt wurde und mit 32 auf Geschlecht, Ethnizität und Alter gematchten SLE-Patienten mit fortgeführtem HCQ verglichen (mittleres Alter 60 Jahre, 96 % Frauen, Krankheitsdauer ca. 20 Jahre, HCQ-Einnahme ca. 14 Jahre, SELENA-SLEDAI-Score 0,9 bzw. 1,8). Primärer Endpunkt war das Auftreten eines Lupus-Flares gemäß dem SELENA-SLEDAI Flare-Index (SFI) binnen 12 Monaten nach dem Absetzen von HCQ oder der gematchten Zeit der Fortführung. Im Ergebnis kam es bei 5 SLE-Patienten (19,2 %) im Therapiearm mit Absetzen
von HCQ zu einem Schub gegenüber gleichfalls 5 SLE-Patienten (15,6 %) bei HCQ-Fortführung (Odds ratio, OR 1,28, 95% KI 0,31-5,30; p=0,73). In keinem der beiden Arme kam es zu schweren Schüben. Die Resultate waren vergleichbar nach Adjustierung auf Krankheitsdauer, Anzahl der ACR-Kriterien, niedrige Komplement-Spiegel und SELENA-SLEDAI-Score sowie in einer Propensity Score-Analyse (OR 1,18, 95% KI 0,236,16; p=0,84). Die Analyse der Zeit bis zu einem Flare zeigte einen Trend zu einer kürzeren Zeitdauer in der HCQ-Absetzgruppe (p=0,67). Die meisten Flares betrafen kutane und muskuloskelettale Symptome, ein Patient (im Fortführungs-
arm) entwickelte eine Perikarditis. Der häufigste Grund für ein Absetzen von HCQ war eine retinale Toxizität (42,3 %), gefolgt von Patientenpräferenz (34,6 %), anderen verdächtigen oder bestätigten unerwünschten Ereignissen (15,4 %), der Empfehlung seitens eines Ophthalmologen in Bezug auf Makuladegeneration oder eines Rheumatologen im Hinblick auf eine ruhige Erkrankung ( je 3,8 %). Bei ruhigem SLE kann nach langjähriger HCQ-Therapie somit ein Absetzen oder Pausieren bei nur geringem Schubrisiko erwogen werden. m Quelle: Arthritis Res Ther 2020; 22(1): 191
Ergebnisse der PLUTO-Studie zu Belimumab veröffentlicht Bereits im Jahr 2019 war der BLyS-spezifische Inhibitor Belimumab zusätzlich zur Behandlung des aktiven, Autoantikörper-positiven juvenilen systemischen Lupus erythematodes (SLE) für Kinder ab 5 Jahren mit hoher Krankheitsaktivität zugelassen worden. Die Grundlage hierfür bildeten die Ergebnisse der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie PLUTO, deren Ergebnisse nun von einer internationalen Studiengruppe um Hermine I. Brunner, Cincinatti (USA), publiziert wurden.
In der andauernden Phase-II-Studie PLUTO wurde und wird die Wirksamkeit, Sicherheit und Pharmakokinetik von 10 mg/kg i.v. Belimumab plus Standardtherapie (SoC) im Vergleich zu Placebo plus SoC alle 4 Wochen für ein Jahr bei 93 Kindern mit SLE im Alter von 5-11 Jahren (n=13,) und 12-17 Jahren (n=80) bewertet (Belimumab, n=53; Placebo, n=40). Primärer Endpunkt war das SRI-4-Ansprechen in Woche 52, sekundäre Endpunkte unter anderem ein PRINTO/ACR30 (alternative Definition)/50-Ansprechen in Woche 52 sowie ein andauerndes SRI4-Ansprechen in Woche 44-52. Die Studie war nicht für eine statistische Auswertung gepowert.
Das Nutzen-Risiko-Profil und die Pharmakokinetik von Belimumab i.v. im Kindesalter stimmten im Allgemeinen mit dem beim erwachsenen SLE überein. Der Anteil der Kinder, die eine numerische Verbesserung der Krankheitsaktivität im SRI-4-Ansprechen erzielten, war bei Patienten, die Belimumab in Kombination mit SoC erhielten, mit 52,8 % in Woche 52 höher als unter Placebo plus SoC mit 43,6 % (Odds ratio, OR 1,49; 95% KI 0,64-3,46). Deutlicher waren die Unterschiede zugunsten von Belimumab im PRINTO/ACR30- (alternativ) sowie 50-Ansprechen mit 52,8 vs. 27,5 % (OR 2,92; 95% KI 1,19-7,17) bzw. 60,4 vs. 35,0 % (OR 2,74; 95% KI 1,15-6,54), Vorteile zeig-
ten sich auch im andauernden SRI-4-Ansprechen (43,4 vs. 41,0 %; OR 1,08) und globalen Urteil der Eltern (PGA: 59,1 vs. 33,3 %; OR 3,49). Der Anteil der Patienten mit mindestens einem unerwünschten Ereignis (UE) und schweren UE betrug 79,2 und 17,0 % unter Belimumab versus 82,5 und 35,0 % unter Placebo. Es wurden keine neuen Sicherheitssignale beobachtet. Im Ergebnis zeigte Belimumab i.v. 10 mg/ kg alle 4 Wochen somit ein gutes Nutzen/ Risiko-Profil auch bei juvenilem SLE. m Quelle: Ann Rheum Dis 2020; 79(10): 1340-1348
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LUPUSNEPHRITIS
Belimumab nach Phase-III-Studie BLISS-LN auf dem Weg zur Zulassung Die erst kürzlich auf dem Online-EULAR präsentierte Phase-III-Studie BLISS-LN zum Einsatz des in der Therapie des systemischen Lupus erythematodes (SLE) etablierten BLyS-spezifischen Inhibitor Belimumab als Add-on-Therapie zum Remissionserhalt bei Patienten mit Lupusnephritis (LN) wurde von Richard Furie, New York (USA), und Kollegen nun hochrangig publiziert. Die bislang größte Studie bei LN überhaupt erreichte den primären und alle wichtigen sekundären Endpunkte, weshalb von einer Zulassungserweiterung sicher auszugehen ist.
Positive Effekte von Belimumab in Bezug auf renale Parameter waren bereits in Post-hoc-Analysen zu den Phase-III-Studien bei SLE verzeichnet worden – nicht überraschend, da es BAFF inhibiert, welches seinerseits die renale Entzündung fördert. Auf dieser Basis wurden in die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte, 104-wöchige Phase-III BLISS-LN-Studie 448 erwachsene SLE-Patienten mit proliferativer LN eingeschlossen und im Verhältnis 1:1 auf i.v. Belimumab 10 mg/ kg in Kombination mit einer Standardtherapie (SoC: zunächst 2-monatige Induktion mit hoch dosierten Glukokortikoiden, GK, plus Cyclophosphamid, CYC, danach Erhaltung mit niedrig dosierten GK plus Azathioprin, oder Induktion mit HochdosisGK und Mycophenolat Mofetil, MMF, und Erhaltung mit Niedrigdosis-GK plus MMF; Steroide ab Woche 24 ≤10 mg/Tag) oder Placebo plus SoC randomisiert. Eine aktive LN wurde bioptisch (ISN/RPS-Kriterien: Klasse III, IV, V oder III plus V oder IV plus V) und klinisch (Albumin/Kreatinin-Quotient, uPCR ≥1 bei Screening) gesichert. Im Mittel waren die Teilnehmer ca. 33 Jahre alt, 88 % waren Frauen, die Krankheitsdauer betrug 0,2 Jahre, 58 % hatten eine LN Klasse III oder IV und mittlere eGFR von 98,5 ml/min/1,73 m2 bzw. ein uPCR von 2,55.
Gute Wirksamkeit als Erhaltungstherapie
Im primären Endpunkt PERR zeigte sich über zwei Jahre ein signifikanter Vorteil von Belimumab (43,0 vs. 32,3 %, Odds ratio, OR 1,55, 95% KI 1,0-2,3; p=0,0311). Gleiches gilt für die sekundären Endpunkte CRR in Woche 104 (30,0 vs. 19,7 %, OR 1,74; p=0,0167), PERR in Woche 52 (46,6 vs. 35,4 %, OR 1,59; p=0,0245), Zeit bis zum Tod oder einem renalen Ereignis (15,7 vs. 28,3 %, Hazard ratio, HR 0,51; p=0,0014) und ORR in Woche 104 (p=0,01) (Abb.). Einen SLEDAI-2K-Score <4 erreichten 27,8 vs. 18,4 % der Teilnehmer unter Belimumab plus SoC gegenüber der alleinigen SoC (OR 1,76; p=0,0164). Es bestätigte sich das gute Sicherheitsprofil von Belimumab, alle und schwere unerwünschte Ereignisse waren in beiden Gruppen auf ähnlichem Niveau, auch bezüglich Depression oder Suizidalität gab es keine Sicherheitssignale. Mit Belimumab zeichnet sich somit bei LN-Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf bisherige Standardtherapien eine potenzielle neue Therapieoption zur Remissionserhaltung ab, die eine signifikante Verbesserung des renalen Ansprechens bei gutem Sicherheitsprofil verspricht. Von einer Zulassung ist auszugehen, ob sich diese aber auch auf die besser praktikable s.c.-Applikation erstrecken wird, bleibt fraglich. m Quelle: N Engl J Med 2020; 383(12): 1117-1128
50
p=0,03 43,0
Ansprechrate in Woche 104 (%)
Primärer Studienendpunkt war eine primäre effektive renale Response (PERR) in Woche 104, definiert als eGFR ≥60 ml/ min/1,73 m2 oder von ≥80 % des Ausgangswertes vor dem Schub und ein uPCR ≤0,7 und kein Therapieversagen. Sekundäre hierarchische Endpunkte waren ein komplettes renales Ansprechen (CRR) in Woche 104, definiert als eGFR ≥90 % des Ausgangswertes vor dem Schub oder im Normbereich und uPCR <0,5 und kein Therapieversagen, eine PERR in Woche 52, die Zeit bis zum Tod oder einem renalen Ereignis, letzteres war definiert als terminale Niereninsuffizienz, Verdopplung des Serum-Kreatinin, renale Verschlechterung (Anstieg der Proteinurie bzw. eingeschränkte Nierenfunktion) oder renal-bedingtes Therapieversagens. Zuletzt wurde noch eine ordinale renale Response (ORR) in Woche 104 erfasst, definiert als ein komplettes, partielles oder kein Ansprechen (partielle ORR = keine eGFR-Verschlechterung >10 % oder normale eGFR, ≥50 % Abnahme des uPCR oder uPCR <3,0, kein Therapieversagen, keine komplette renale Remission).
Placebo Belimumab 10 mg/kg i.v.
40 32,3
p=0,02 30,0
30 19,7
20
10
0
Primäre effektive renale Response (PERR)
Komplette renale Response (CRR)
Abb.: BLISS-LN: Signifikante Überlegenheit von Belimumab vs. Placebo im primären (PERR) und sekundären Endpunkt (CRR)
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SYSTEMISCHE SKLEROSE
Tocilizumab: Licht und Schatten in der Phase-III-Studie focuSSced Die Behandlungsoptionen bei systemischer Sklerose (SSc) sind nach wie vor limitiert. Erstmals auf dem ACR-Kongress 2018 präsentiert, wurden nun die finalen Ergebnisse der Phase-III-Studie focuSSced zu dem Interleukin (IL)-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab mit Fokus auf Hautfibrose und SSc-assoziierte interstitielle Lungenerkrankung (ILD) von Dinesh Khanna, Ann Arbor (USA), und Kollegen veröffentlicht. Wie bereits in der vorherigen Phase-II-Studie faSScinate wurde nur eine numerische Besserung der Hautverdickung im modifizierten Rodnan Skin Score (mRSS) erreicht, aber zugleich erneut ein klinisch bedeutsamer Erhalt der Lungenfunktion (forcierte Vitalkapazität, FVC) in diesem Kollektiv von Patienten mit früher SSc nachgewiesen.
Primärer Endpunkt war die Differenz in der mittleren Veränderung im mRSS von Baseline bis Woche 48, sekundäre Endpunkte waren u. a. die Veränderung der prädizierten FVC bis Woche 48 und die Zeit bis zum Therapieversagen (Tod, FVCReduktion >10 %, mRSS-Anstieg >20 % und mRSS ≥5 oder Auftreten vordefinierter SSc-assoziierter Komplikationen).
Lungenfunktion fast vollständig erhalten In der Intention-to-treat-Population zeigte sich der primäre Endpunkt (mRSS-Veränderung in Woche 48) unter Tocilizumab versus Placebo nur numerisch verbessert (-6,14 vs. -4,41, adjustierte Differenz -1,73, 95% KI −3,78 bis 0,32; p=0,10). Im Hinblick auf die prädizierte FVC (Veränderung von Baseline bis Woche 48) zeigte sich mit -0,6 vs. -3,9 dagegen ein nominal signifikanter Unterschied zugunsten von Tocilizumab (Differenz 4,2, 95% KI 2,0-6,4; p=0,002). Die entsprechende Differenz in der mittleren FVC-Veränderung in Woche 48 betrug 167 ml (95% KI 83-250), wobei unter Tocilizumab quasi keine Abnahme erkennbar war. Fünf (5,4 %) Patienten wiesen unter Tocilizumab einen absoluten Rückgang der FVC um ≥10 %-Punkte auf, gegenüber 15 (16,5 %) unter Placebo und auch im HRCT zeigte sich eine geringere Progression. Der Erhalt der Lungenfunktion unter Tocilizumab ist im zeitlichen Verlauf gut ersichtlich (Abb.).
in Bezug auf den HAQ-DI sowie in der globalen Bewertung durch Ärzte und Patienten (PhGA/PtGA) dokumentiert. Das Sicherheitsprofil von Tocilizumab war konsistent mit früheren SSc-Studien wie faSScinate. Häufigste unerwünschte Ereignisse waren Infektionen (52 vs. 50 % unter Placebo), zu schweren unerwünschten Ereignissen kam es bei 13 vs. 18 Patienten, primär handelte es sich dabei um Infektionen (3 vs. 11) und kardiale Ereignisse (2 vs. 7).
Fazit und Ausblick Trotz des verpassten primären Endpunkts zeigte die Studie somit erneut klinisch bedeutsame Vorteile für Tocilizumab im Erhalt der Lungenfunktion bei Patienten mit früher diffus-kutaner SSc-ILD und erhöhten Akute-Phase-Reaktanten auf. Auch wenn damit wohl eher nicht zu rechnen ist, wäre nun sicher eine neuerliche Phase-III-Studie zu Tocilizumab mit dem Erhalt der FVC als primärem Endpunkt in einem spezifischen SScILD-Patientenkollektiv wünschenswert – ähnlich wie etwa in der SENSCIS-Studie zu Nintedanib. m Quelle: Lancet Respir Med 2020; 8(10): p963-p974
100 50 Mittlere ∆FVC ab Baseline (ml)
In die multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie wurden an 75 Zentren in 20 Ländern (Europa, Nord- und Lateinamerika, Japan) insgesamt 210 Patienten mit einer diffus-kutanen SSc, Krankheitsdauer <60 Monate und initialen mRSS von 10-35 eingeschlossen (ca. 80 % Frauen, im Mittel 48 Jahre, Krankheitsdauer 23 Monate, mRSS 20, prädizierte FVC 82 %) und für 48 Wochen im Verhältnis 1:1 auf Tocilizumab s.c. 162 mg wöchentlich oder Placebo randomisiert (eine Escape-Therapie war ab Woche 16 bei FVCoder ab Woche 24 bei mRSS-Verschlechterung möglich).
0 -50 -100 -150 -200 -250 -300
Die Hazard ratio (HR) für die Zeit bis zum Therapieversagen versus Placebo betrug 0,63 (95% KI 0,37-1,06; nominal p=0,08). Keine Unterschiede zwischen Tocilizumab und Placebo wurden bezüglich der Veränderungen von Baseline bis Woche 48
Tocilizumab 162 mg qw s.c. Placebo 8
16
24
36
Zeit (Wochen)
Abb.: focuSSced-Studie: Veränderung der FVC unter Tocilizumab gegenüber Placebo bis Woche 48
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SYSTEMISCHE SKLEROSE
Positive Phase-II-Ergebnisse zu IL-4/13-Inhibitor Interleukin (IL)-4 und IL-13 sind aufgrund ihrer Rolle in der Pathogenese und bei der Fibrosierung interessante Targets bei systemischer Sklerose (SSc). US-amerikanische und französische Rheumatologen um Yannick Allanore, Paris, untersuchten daher in einer 24-wöchigen randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Proof-of-Concept-Studie der Phase-II den bispezifischen IL-4/13-Inhibitor Romilkimab.
In der Studie wurden 97 Patienten mit früher diffus-kutaner SSc (dcSSc: 80 % Frauen, im Mittel 50 Jahre, Krankheitsdauer 20 Monate, mRSS 20,5) mit oder ohne immunsuppressive Basistherapie (Romilkimab 59,2 % vs. Placebo 51,2 %) im Verhältnis 1:1 für 24 Wochen auf s.c. Romilkimab 200 mg oder Placebo randomisiert. Primärer Endpunkt war die Veränderung im modifizierten Rodnan SkinScore (mRSS) in Woche 24, sekundäre Endpunkte die Vital- bzw.- Diffusionskapazität (FVC/DLco) und der HAQ-DI. Im primären Endpunkt zeigte sich nach 24 Wochen eine absolute Veränderung im mRSS von -2,45 und -4,76 unter Pla-
cebo und Romilkimab (Δ-2,31 zugunsten von Romilkimab; p=0,029). Eine Subgruppenanalyse mit oder ohne immunsuppressive Basistherapie ergab eine robuste Wirksamkeit von Romilkimab nach Abzug des Placeboeffekts (Δ-2,69 bzw. Δ-2,38) in der Verbesserung des mRSS. Bei sekundären Endpunkten waren numerische Vorteile von Romilkimab erkennbar, etwa im Hinblick auf die FVC (-10 vs. -80 ml, Δ70 ml; p=0,06). Exploratorische Endpunkte lassen auf mögliche Effekte von Romilkimab auf Schmerzen, Raynaud-Phänomen, digitale Ulzera und Lebensqualität schließen. Eine Posthoc-Analyse ergab signifikante Vorteile von Romilkimab (Hazard ratio, HR 0,47;
p=0,04) in Bezug auf die Zeit bis zur Progression (erstes Ereignis definiert als Tod, ≥10 % relative FVC-Abnahme, ≥15 % relative DLco-Abnahme, ≥20 % Anstieg oder +5 Punkte im mRSS, oder kardiale Ereignisse, renale Krise, pulmonale Hypertonie). Die Sicherheit war gut und mit Placebo vergleichbar. Somit zeigte sich für Romilkimab eine signifikante Verbesserung der Haufibrose im mRSS sowie der Zeit bis zur Progression – für genauere Aussagen muss eine größer angelegte Phase-III-Studie abgewartet werden. m Quelle: Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-218447
PRIMÄRES SJÖGREN-SYNDROM
Potenziell neues Therapieprinzip gegen schwere Fatigue Beim primären Sjögren-Syndrom (PSS) stellt Fatigue ein wichtigstes Symptom dar. RSLV-132, ein auch bei systemischem Lupus untersuchtes RNase Fc-Fusionsprotein, reduziert die Aktivierung von Toll-like-Rezeptoren (TLR) und subsequente Produktion von Typ 1-Interferon (IFN), die B-Zell-Proliferation und Autoantikörperproduktion – Mechanismen, denen eine Schlüsselrolle in der PSS-Pathogenese zukommt. Eine Dysregulation des IFN-Signalwegs ist dabei speziell auch bei Fatigue bedeutsam. Von James Posada, St. Petersburg (USA), und Kollegen vorgelegte Ergebnisse einer Phase-II-Studie zu RSLV-132 sind ermutigend.
In die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie eingeschlossen wurden 33 PSS-Patienten (Anti-Ro positiv und mit IFN-GenexpressionsSignatur), die kein Hydroxychloroquin, immunmodulatorische Therapien oder Prednison >10 mg/Tag erhielten. Diese wurden im Verhältnis 3:1 auf i.v. RSLV‐132 10 mg/kg (n=22) oder Placebo wöchentlich für 2 Wochen und dann alle 2 Wochen für 12 Wochen randomisiert. Die klinische Effektivität wurden mittels ESSDAI, ESSPRI, FACIT‐F, Profile of Fatigue (ProF) und einem neuropsychologischen Test (DSST) evaluiert mit einem be-
sonderen Fokus auf PROs. Während im ESSDAI-Score (der jedoch mit 3 bzw. 5 bereits zu Baseline niedrig war) nach 14 Wochen keine relevante Verbesserung erkennbar war, profitierten die Patienten unter RSLV‐132, nicht aber Placebo, von klinisch bedeutsamen Verbesserungen im ESSPRI, FACIT‐F, ProF und DSST, was mit einer gesteigerten Expression IFNinduzierbarer Gene korrelierte. So zeigte sich im ProF eine Verbesserung der mentalen Komponente um 1,53 vs. 0,06 Punkte (p=0,046) – konsistent mit signifikanten Vorteilen im DSST (p=0,024) – und der körperlichen Komponente um
0,80 vs. 0,06 Punkte (p=0,142). Ähnliche Trends zeigten sich im ESSPRI- und FACIT-F-Score. Die Verträglichkeit von RSLV‐132 war gut. Angesichts der niedrigen Patientenzahlen sind Aussagen schwierig, weitere Studien zu dieser Therapie bei PSS-Patienten mit schwerer Fatigue scheinen aber gerechtfertigt. m
Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41489
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ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN
Neues zur Therapie bei schwerer Nierenbeteiligung Die Frage nach der optimalen Behandlung von Patienten mit ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) und schwerer Nierenbeteiligung ist noch weitgehend ungeklärt. In einer retrospektiven Kohortenstudie untersuchten nun US-amerikanische Experten um Ulrich Specks und Fernando C. Fervenza, Rochester, das Outcome solcher Patienten unter Cyclophosphamid (CYC) im Vergleich zu Rituximab mit und ohne Durchführung eines Plasmaaustauschs. Gerade im Hinblick auf Rituximab (RTX) mangelt es an klinischen Studien in diesem AAV-Patientenkollektiv.
In die Studie eingeschlossen wurden MPO- oder PR3-ANCA–positive Patienten mit AAV (Granulomatose mit Polyangiitis, GPA, bzw. mikroskopische Polyangiitis, MPA) und einer schweren Nierenerkrankung (eGFR <30 ml/ min./1,73 m2). Verglichen wurden das Erreichen einer Remission (Birmingham Vasculitis Activity Score, BVAS-WG =0), Rezidive sowie die Inzidenz von terminaler Niereninsuffizienz (ESKD) und Tod nach einer Remissionsinduktion mit CYC oder RTX (plus i.v. Methylprednisolon-Bolus, danach Prednisolon) mit oder ohne zusätzlichen Plasmaaustausch. Von 467 Patienten mit aktiver Nierenbeteiligung hatten 251 eine schwere Nierenerkrankung. Insgesamt 161 bzw. 64 Patienten erhielten CYC respektive RTX zur Remis-
sionsinduktion, 51 wurden zudem auch mit Plasmaaustausch behandelt. Signifikante Prädiktoren für ESKD und/ oder Tod nach 18 Monaten waren eine eGFR <15 ml/min./1,73 m2 bei Diagnose (Inzidenz Rate Ratio, IRR 3,09; p=0,002) sowie renale Verbesserung (IRR 0,27; p=0,003) und renale Remission in Monat 6 (IRR 0,40; p=0,027). RTX war in der Remissionsinduktion in Monat 6 vergleichbar effektiv wie CYC (83,3 vs. 76,6 %, IRR 1,37; p=0,132). Ähnliches galt für alle renalen Endpunkte bzw. Tod, im Falle der Progression zur ESKD bis Monat 24 war ein starker Trend zugunsten von RTX erkennbar (15,6 vs. 28,0 %; p=0,052). Ein Plasmaaustausch zeigte keinen additiven Nutzen in der Remissionsinduktion
nach 6 Monaten (IRR 0,73; p=0,230), der Rate von ESKD und/oder Tod nach 18 Monaten (IRR 1,05; p=0,891), Progression zur ESKD (IRR 1,06; p=0,887) und dem Überleben nach 24 Monaten (IRR 0,54; p=0,330). In Bezug auf das Nutzen-Sicherheits-Profil waren Cyclosphophamid und Rituximab in diesem Kollektiv mit schwerer Nierenbeteiligung letztlich vergleichbar, der Plasmaaustausch entfaltete keinen zusätzlichen Nutzen. Genauere Rückschlüsse lässt diese retrospektive Studie nicht zu, nur eine randomisierte, kontrollierte Studie könnte in diesem Risikokollektiv eine valide Entscheidungsgrundlage schaffen. m Quelle: J Am Soc Nephrol 2020; doi: 10.1681/ASN.2019111197
Kutane Manifestationen: Ein genauerer Blick Bei AAV-Patienten mit GPA, MPA oder Eosinophiler Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) sind kutane Manifestationen und deren Assoziation mit systemischen AAV-Manifestationen bislang nur unzureichend evaluiert worden. Stellvertretend für die DCVAS-Studiengruppe publizierten Experten um Robert G. Micheletti, Philadelphia (USA), nun die Ergebnisse einer großen Querschnittstudie zu dieser Thematik.
In die Studie flossen die Daten von 1.184 AAV-Patienten aus weltweit 130 Zentren ein. Bei allen AAV-Subtypen waren kutane Manifestationen häufig mit 34 % bei GPA (223 von 656 Patienten), 28 % bei MPA (85 von 302) und 47 % bei EGPA (106 von 226). Über alle AAV-Subtypen hinweg war die häufigste kutane Manifestation Petechien/Purpura bei 181 der Patienten (15 %). Allergische und unspezifische Manifestationen wie Pruritus, Urtikaria und makulopapulärer Ausschlag traten signifikant häufiger bei EGPA als den anderen AAV-
Subtypen auf (alle p<0,01). Hautbiopsien, die aber nur selten durchgeführt wurden (bei 22-44 % der Patienten), erwiesen sich oft als hilfreich für die Diagnosestellung einer AAV (diagnostisch in 68-94 % der Patienten). Verglichen mit Patienten ohne kutane Manifestationen wiesen solche mit Hautläsionen häufiger auch schwere systemische Manifestationen wie alveoläre Hämorrhagie und Glomerulonephritis, speziell Patienten mit GPA oder EGPA und PR3 ANCA-positive oder ANCA‐negative Patienten (Hazard ratio, HR ≥1,9
für alle), nicht aber jene mit MPA oder MPO-positiver AAV. Kutane Manifestationen sind somit nicht nur häufig, sondern auch mit der Krankheitsschwere bei Patienten mit GPA, EGPA, PR3-ANCA oder ANCA‐negativer Erkrankung assoziiert. Die Befunde unterstreichen die potenzielle diagnostische und prognostische Bedeutung einer kutanen Untersuchung in der Evaluation und im Management der AAV. m Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41310
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GROSSGEFÄSSVASKULITIDEN
Interdisziplinäre S2k-Leitlinie zum Management von Riesenzell- und Takayasu-Arteriitis Jenseits einer S1-Leitlinie zur zerebralen Vaskulitis, die auch Großgefäßvaskulitiden (GGV) berücksichtigt, gab es bislang keine evidenzbasierte deutsche Leitlinie für GGV zur Diagnostik und Therapie von Riesenzell- und Takayasu-Arteriitis (RZA/TA). Die unter Federführung der DGRh erstellte S2k-Leitlinie fokussiert auf das Management der GGV (außer Polymyalgia rheumatica) und verfolgt einen interdisziplinären Ansatz unter Einbezug zahlreicher am Management der GGV beteiligter Fachdisziplinen. Sie fußt unter anderem auf den aktualisierten EULAR-Empfehlungen zum Management der GGV sowie zur Bildgebung bei GGV in der klinischen Praxis.
Die von Jan Schirmer, Kiel, und Kollegen publizierte Leitlinie wurde auch auf dem virtuellen DGRh-Kongress präsentiert. Es wurden 26 Empfehlungen zu den Bereichen übergeordnete Prinzipien (4), Zeitpunkt von Diagnosestellung und Therapiebeginn (2), Diagnostik (8), Glukokortikoid (GK)-Therapie (4), GK-einsparende Therapie bei RZA (3) bzw. TA (1), Rezidivtherapie (1), Thrombozytenaggregationshemmer, Antikoagulanzien und Statine (1), Verlaufskontrollen (1) und Versorgung vaskulärer Komplikationen (1) formuliert. Für das Management der RZA und TA wurden in Anlehnung an die EULAR-Empfehlungen separate Therapiealgorithmen erstellt (Abb.). Zunächst zu den übergeordneten Prinzipien: A) Die Versorgung der Patienten soll auf einer gemeinsamen Entscheidung zwischen Patienten und Behandlern unter Berücksichtigung von Wirksamkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit beruhen. B) Sie sollten Zugang zu Informationen über ihre Erkrankung, insbesondere deren Auswirkungen, wichtigsten Warnsymptomen und Behandlung (inkl. assoziierter Komplikationen) erhalten, sowie auf die Möglichkeit zur Teilnahme an Selbsthilfegruppen aufmerksam gemacht werden. C) Ziele der Behandlung sind die Verhinderung akuter und später Komplikationen durch die GGV bzw. durch die Toxizität der medikamentösen Therapie, die Reduktion der Mortalität sowie der Erhalt und die Verbesserung der Lebensqualität. D) GGV-Patienten sollen auf durch die Therapie beeinflusste (einschließlich kardiovaskulärer) Komorbiditäten untersucht werden. Um das kardiovaskulare Risiko und behandlungsbedingte Komplikationen zu verringern, sollten Lebensstilberatung und Maßnahmen der Prävention und medikamentösen Prophylaxe angeboten werden.
Diagnostik und Bildgebung 1a) Bei V. a. RZA sollte umgehend eine Vorstellung bei einem auf die interdisziplinäre Diagnostik und Therapie von GGV spezialisierten Team erfolgen. Auch bei V. a. TA sollten Diagnostik und Therapie durch ein spezialisiertes Team erfolgen, bei drohender ischämischer Komplikation ebenfalls umgehend. 1b) Bei begründetem V. a. eine RZA soll umgehend eine GK-Therapie begonnen werden. Nicht sofort zur Verfügung stehende Diagnostik soll den Beginn einer GK-Therapie bei V. a. RZA nicht
verzögern. Bestätigt sich der V. a. das Vorliegen einer RZA nach abgeschlossener sorgfältiger Abklärung nicht, soll die begonnene GK-Therapie unter Überwachung rasch beendet werden. 2a) Die Basisdiagnostik bei V. a. eine GGV soll eine gezielte Anamnese und gründliche klinische Untersuchung insbesondere der arteriellen Gefäße einschließen. Zudem soll eine Labordiagnostik einschließlich CRP und BSG erfolgen. 2b) Die klinische Verdachtsdiagnose einer GGV soll zeitnah durch bildgebende Verfahren oder histopathologisch gesichert werden. Insbesondere, wenn bereits eine GK-Therapie begonnen wurde (z. B. bei begründetem V. a. RZA), sollte die Diagnostik wegen unter Therapie abnehmender Sensitivität rasch vervollständigt werden. 2c) Grundsätzlich sollten bei der Auswahl der diagnostischen Verfahren die klinische Fragestellung (z. B. zu untersuchendes Gefäßareal) sowie standortspezifische Faktoren wie Verfügbarkeit und Untersuchererfahrung berücksichtigt werden. 2d) Bei unklaren oder negativen Befunden in Bildgebung oder Histologie und fortbestehendem klinischem Verdacht sollte ein weiteres diagnostisches Verfahren eingesetzt werden. 2e) Bei V. a. prädominant kranielle RZA sollte die Sonografie der Arteriae temporales und axillares die bildgebende Modalität der ersten Wahl darstellen. Alternativ kann die hochauflösende MRT eingesetzt werden. Bei V. a. eine prädominant extrakranielle Beteiligung sollten die MRT/MR-Angiografie, PET-CT oder CT eingesetzt werden. 2f) Zur Beurteilung einer zusätzlichen aortalen Beteiligung bei prädominant kranieller RZA kann die MRT, CT oder PET-CT eingesetzt werden. 2g) Bei V. a. TA sollte die MR-Angiografie als Methode der ersten Wahl eingesetzt werden. Alternativ können eine PET/PETCT, Sonografie oder CT-Angiografie durchgeführt werden. 2h) Bei V. a. kranielle RZA soll eine Temporalarterienbiopsie (TAB) erfolgen, wenn eine aussagekräftige Bildgebung nicht zur Verfügung steht. Die Probenlänge einer TAB sollte ≥1 cm betragen.
Glukokortikoidtherapie und -einsparung 3a) Bei Erstdiagnose einer aktiven RZA ohne Sehstörungen oder einer aktiven TA soll eine GK-Therapie begonnen werden. Die Dosis sollte initial 40-60 mg/Tag Prednisolonäquivalent betragen. 3b) Nach Erreichen einer Remission soll die GK-Dosis
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bei einer GK-Monotherapie schrittweise reduziert werden. Es sollten pro Tag etwa 10-15 mg (RZA) bzw. 15-20 mg (TA) Prednisolonäquivalent nach 3 Monaten, sowie ≤5 mg (RZA) bzw. ≤10 mg (TA) nach einem Jahr erreicht werden. 3c) Die GK-Reduktion sollte unter klinischen und laborchemischen Kontrollen individuell festgelegt werden. Als Ziel sollte die individuell niedrigste effektive GK-Dosierung angestrebt werden, einschließlich eines individuell gesteuerten vollständigen Ausschleichens der GK bei nach 1 Jahr anhaltender Remission. 3d) Bei akutem Visusverlust oder Amaurosis fugax im Rahmen einer aktiven RZA (oder bei begründetem RZA-Verdacht) sollte eine sofortige hochdosierte GK-Pulstherapie mit 500-1.000 mg Methylprednisolon i.v. täglich über 3-5 Tage erfolgen. 4a) Bei bestimmten RZA-Patienten (insbesondere refraktäre oder rezidivierende Erkrankung, Vorhandensein von oder erhöhtes Risiko für GK-assoziierte Folgeschäden) sollte nach individueller Abwägung eine GK-einsparende Therapie mit Tocilizumab durchgeführt werden. Methotrexat (MTX) kann als Alternative eingesetzt werden. 4b) Unter Tocilizumab sollte bei RZA eine schnellere Reduktion der GK-Dosis verglichen mit der GK-Monotherapie erfolgen. Auch unter MTX sollte bei RZA eine raschere GK-Dosisreduktion angestrebt werden. 4c) Bei anhaltender Remission der RZA sollte eine Deeskalation oder Beendigung der GK-einsparenden Therapie erwogen werden. 5) TA-Patienten sollten zusätzlich zu GK mit konventionellen Immunsuppressiva behandelt werden. Bei refraktären, rezidivierenden oder GK-abhängigen Verläufen sollten TNFαInhibitoren oder Tocilizumab erwogen werden. 6) Bei einem schweren GGV-Rezidiv soll erneut eine GK-Therapie begonnen bzw. bestehende GK-Therapie intensiviert werden (Initialdosierung wie bei neu diagnostizierter GGV). Bei einem leichten Rezidiv sollte die GK-Dosis auf mindestens die letzte wirksame Dosis erhöht werden. Eine GK-sparende Therapie sollte bei rezidivierender Erkrankung begonnen oder angepasst werden.
Weitere Themenkomplexe 7) Thrombozytenaggregationshemmer, Antikoagulanzien oder Statine sollten nicht routinemäßig zur Behandlung von GGV angewendet werden, sofern keine andere Indikation dafür besteht. 8) GGV-Patienten sollen regelmäßig klinisch und laborchemisch überwacht werden. 9) GGV-Patienten mit Gefäßkomplikationen sollten von einem interdisziplinaren Gefäßteam betreut werden. Erforderliche endovaskuläre und operative Gefäßeingriffe sollten, wenn immer möglich, in Remission der Vaskulitis erfolgen. Die Entscheidung für spezifische Verfahren sollte individuell und nach interdisziplinärer Abstimmung getroffen werden. Bei gefäßchirurgischen Eingriffen sollte Gewebe zur histopathologischen Untersuchung gewonnen werden. Nach arteriellen Rekonstruktionen sollte eine lebenslange Nachsorge erfolgen. m Quelle: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/ 060-007l_S2k_Management_Gro%C3%9Fgef%C3%A4% C3%9Fvaskulitiden_2020-08.pdf
Diagnose einer aktiven RiesenzellArteriitis
Visusverlust/ Amaurosis fugax
Methylprednisolon-Puls Methylprednisolon 500-1.000 mg i.v. tgl. für 3-5 Tage
GKTherapie Prednisolon 40-60 mg tgl.
erhöhtes Risiko für GKKomplikationen oder hoher GK-Bedarf Beginn GK-einsparende Therapie Tocilizumab oder alternativ Methotrexat
Ansprechen
schrittweise GK-Reduktion Ziel: 10-15 mg Prednisolon tgl. nach 3 Monaten
aktive Erkrankung
kontrollierte Erkrankung leichtes Rezidiv GK-Dosiserhöhung auf letzte effektive Dosis
schrittweise GK-Reduktion Ziel: ≤5 mg Prednisolon tgl. nach 1 Jahr
schweres Rezidiv GK-Dosis wie bei neu diagnostizierter RZA
kontrollierte Erkrankung anhaltende Remission GK-Reduktion (Ziel: individuell niedrigste effektive Dosis, ggf. Absetzversuch) individuell Anpassung oder Deeskalation einer GK-einsparenden Therapie
GKReduktion individuell gesteuert
ggf. Beginn oder Optimierung GK-einsparende Therapie Tocilizumab/Methotrexat
Diagnose einer aktiven Takayasu-Arteriitis
GK-Therapie 40-60 mg Prednisolon tgl. +GK-einsparende Therapie konventionelles Immunsuppressivum
Ansprechen
schrittweise GK-Reduktion Ziel: 15-20 mg Prednisolon tgl. nach 3 Monaten
aktive Erkrankung
kontrollierte Erkrankung leichtes Rezidiv GK-Dosiserhöhung auf letzte effektive Dosis
schrittweise GK-Reduktion Ziel: ≤10 mg Prednisolon tgl. nach 1 Jahr
kontrollierte Erkrankung anhaltende Remission GK-Reduktion (Ziel: individuell niedrigste effektive Dosis, ggf. Absetzversuch)
GKReduktion individuell gesteuert
schweres Rezidiv GK-Stoß wie bei neu diagnostizierter TAK
ggf. Beginn oder Optimierung GK-einsparende Therapie konventionelles Immunsuppressivum oder bei refraktärer Erkrankung ggf. Tocilizumab oder Anti-TNF
Abb.: Vorgeschlagener Therapiealgorithmus bei RiesenzellArteriitis (oben) und Takayasu-Arteriitis (unten)
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VIRTUELLER DGRH-KONGRESS 2020
Rheuma MANAGEMENT | Sep/Okt 2020
RHEUMATOLOGIE
Highlights der letzten zwölf Monate Die für die klinische Praxis relevantesten Arbeiten, die seit dem vergangenen DGRh-Kongress in Dresden publiziert wurden, stellte Prof. Dr. Harald L. Burckhardt, Frankfurt/M., vor. Im Fokus stand der systemische Lupus erythematodes (SLE), wo sich der LLDAS als Treat-to-target (T2T)-Kriterium etablieren könnte und die Phase-III-Daten zu dem Typ-1 Interferon (IFN)-Antikörper Anifrolumab. Im Hinblick auf die ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) wurde erneut die PEXIVAS-Studie thematisiert. Auch die Psoriasis-Arthritis (PsA) mit dem in Bälde verfügbaren Interleukin (IL)-23-Inhibitor Guselkumab sowie neue Daten zum JAK-1-Inhibitor Upadacitinib und die nicht-röntgenologische axiale Spondyloarthritis (nr-axSpA) wurden diskutiert.
Beim SLE stellt sich immer wieder die Frage nach den am besten geeigneten Kriterien für Krankheitsaktivität (SLEDAI-, SRI-, BICLA-Score) und Remission (DORIS-Kriterien, LLDAS) für klinische Studien. Im Hinblick auf die Remission gewinnt der Lupus Low Disease Activity State (LLDAS) immer mehr an Bedeutung, der 5 Kriterien umfasst (SLEDAI-2K ≤4 plus keine Aktivität in wichtigen Organsystemen, kein neues Merkmal einer Lupus-Aktivität, SELENA-SLEDAI PhGA ≤1, Prednisolon ≤7,5 mg/Tag, Standard-Erhaltungdosen von Immunsuppressiva und Biologika). Eine prospektive Validierungsstudie zeigte kürzlich, dass das Erreichen eines stabilen LLDAS mit einer signifikanten Protektion gegen Krankheitsschübe und – dies war der primäre Endpunkt – Organschädigungen (SDI-Score) verbunden ist. Die Ergebnisse validieren den LLDAS als einen geeigneten Endpunkt klinischer SLE-Studien und laut Burkhardt auch prinzipiell als Behandlungsziel von T2T-Strategien in der Pharmakotherapie des SLE. (1)
SLE und Vaskulitiden im Blickpunkt Weiter schwierig bleibt die Interpretation der beiden Phase-IIIStudien TULIP-1 und -2 zu Anifrolumab. Dieses war in TULIP-2 mit dem BICLA-Ansprechen als primärem Endpunkt (in TULIP-1 war es noch der SRI-4) Placebo nach 52 Wochen signifikant überlegen (Abb. 1), gleiches galt für mehrere weitere
Placebo (n=182) Anifrolumab, 300 mg (n=180)
Patienten mit BICLA-Ansprechen (%)
100
80
∆16,3 %-Punkte; adj. p<0,001
60
40
20
0
4
8
12
16
20
24
28
32
36 40
44
48 52
Zeit (Wochen)
Abb.: TULIP-2-Studie: Überlegenheit von Anifrolumab im primären Endpunkt BICLA-Ansprechen in Woche 52
Endpunkte wie dem SRI-4-Ansprechen, der GlukokortikoidReduktion und Hautbeteiligung (CLASI-Score). Nur numerisch besser war es in puncto einer SJC/TJC-Reduktion ≥50 % und der Schubrate. Es kam öfter zu Herpes zoster, ansonsten war das Sicherheitsprofil aber unauffällig. Somit belegt TULIP-2 die Wirksamkeit von Anifrolumab bei mäßig bis schwer aktivem SLE. (2) Warum zuvor die TULIP-1-Studie scheiterte (primärer Endpunkt klar verfehlt, meist nur numerische Verbesserungen in anderen Endpunkten), bleibt angesichts identischer Einbzw. Ausschlusskriterien, Teilnehmerzahlen ( je ca. 180 Patienten unter i.v. Anifrolumab 300 mg 1x monatlich bzw. Placebo) weiter im Dunkeln, insbesondere die eklatante Diskrepanz im SRI-4-Ansprechen (einmal klar verfehlt, einmal klar erreicht) gibt Rätsel auf, so Burckhardt. Nur kurz eingegangen sei auf die von Burckhardt selektierte, schon mehrfach besprochene PEXIVAS-Studie zur Remissionsinduktion bei 704 Patienten mit schwerer AAV (eGFR <50 ml/min., ±alveoläre Hämorrhagie) in der zuzüglich zu (meistens) Cyclophosphamid oder Rituximab der Nutzen der Plasmapherese und die Möglichkeit einer reduzierten Prednisolon-Dosis evaluiert wurden. Primärer Endpunkt war Tod oder terminale Niereninsuffizienz. Im Ergebnis war nach knapp 7 Jahren kein Vorteil einer Add-on-Plasmapherese nachweisbar, so Burckhardt. Positiv war hingegen, dass sich das reduzierte gegenüber dem Standard-Prednisolon-Regime nicht unterlegen zeigte, nach einem Jahr aber mit weniger schweren unerwünschten Ereignissen assoziiert war. (3)
Spondylarthritiden: PsA und nr-axSpA Bei der PsA weiten sich die Therapiemöglichkeiten stetig aus, zumal die Zulassung des IL-23p19-Inhibitors Guselkumab unmittelbar bevorstehen dürfte. Letzterer war in zwei Phase-III-Studien (DISCOVER-1: csDMARD- plus bis zu ≤2 AntiTNF-Vortherapien, DISCOVER-2: ausschließlich csDMARDVortherapie) erfolgreich getestet worden. In beiden Studien wurde ein gutes Ansprechen auf Gelenke (ACR20/50/70) und Haut nachgewiesen, dabei war keine relevante Differenz in Abhängigkeit einer Anti-TNF-Vortherapie erkennbar. In DISCOVER-2 wurde eine Verlangsamung der radiologisch nachweisbaren Gelenkdestruktion belegt. (4, 5) Etwas überraschend war der Befund einer gepoolten Analyse beider Phase-III-Studien,
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der zufolge Guselkumab auch in einer klinisch relevanten Verbesserung axialer Symptome bei PsA-Patienten mit aktiver, mittels Bildgebung validierter Sakroiliitis resultierte. (6) Zwei positive Phase-III-Studien (SELECT-PsA-1 und -2) kann auch Upadacitinib vorweisen, wobei Burckhardt vor allem erstere mit bDMARD-naiven Patienten hervorhob, da in dieser ein direkter Vergleich mit Adalimumab erfolgte. Gegenüber Placebo waren beide Dosierungen (1x 15 und 30 mg/Tag) Placebo signifikant überlegen, in Bezug auf den ACR20 zeigte sich eine Nicht-Unterlegenheit versus Adalimumab und partielle Überlegenheit (auch in einigen weiteren Endpunkten) der 30 mgDosis gegenüber dem TNFα-Inhibitor. Auch die radiologische Progression wurde gebremst. In puncto Sicherheit gab es keine neuen Befunde, die besser wirksame 30 mg-Dosis zeigt etwas mehr Nebenwirkungen. (7) Für die nr-axSpA sind inzwischen auch die IL-17A-Inhibitoren Secukinumab und Ixekizumab nach positiven Phase-III-Studien zugelassen. Stellvertretend stellte Burckhardt zu letzterem die COAST-X-Studie vor. Der primäre Endpunkt ASAS40-An-
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sprechen in Woche 16 und 52 wurde gegenüber Placebo signifikant erreicht, ebenso weitere Endpunkte, darunter MRTVeränderungen der SI-Gelenke im SPARCC-Score. Ixekizumab bietet damit für auf NSAR versagende nr-axSpA-Patienten (ebenso wie Secukinumab nach der PREVENT-Studie) eine neue Therapieoption jenseits der TNFα-Inhibition. (8) m Quelle: Session „Highlights of the year“, DGRh-Kongress, 9. September 2020
Literatur: 1 Golder V et al., Lancet Rheumatol 2019; 1(2): e95-e102 2 Morand EF et al., N Engl J Med 2020; 382(3): 211-221 3 Walsh M et al., N Engl J Med 2020; 382(7): 622-631 4 Deodhar A et al., Lancet 2020; 395(10230): 1115-1125 5 Mease PJ et al., Lancet 2020; 395(10230): 1126-1136 6 Helliwell P et al., Ann Rheum Dis 2020; 79 (Suppl1): 36 7 McInnes I et al., Ann Rheum Dis 2020; 79 (Suppl1): 12 8 Deodhar A et al., Lancet 2020; 395(10217): 53-64
COVID-19 UND RHEUMATOLOGIE
Wichtige Lehren aus den bisherigen Daten Im Hinblick auf den Umgang mit der SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie ist die Befürchtung, dass Rheuma-Patienten unter ihrer immunsuppressiven Therapie per se stärker gefährdet sind, dank der Daten aus dem europäischen, weltweiten und deutschen COVID-19-Register gewichen. Jedoch gibt es auch eine gewisse Ernüchterung in puncto IL-6-Inhibitoren als mögliche Therapieoption – zwei Sarilumab-Studien sind ebenso gescheitert wie eine (COVACTA) zu Tocilizumab, während die zweite (EMPACTA) bei COVID-19-assoziierter Pneumonie erfolgreich war. Daten zur IL-1-Inhibition und Colchicin stehen noch aus.
Auf dem virtuellen DGRh-Kongress wurden auf einer eigenen Abstract-Sitzung aktuelle Daten des deutschen COVID19-Registers erläutert. Dessen Vorteil ist laut Dr. Rebecca Hasseli, Bad Nauheim, dass tatsächlich nur Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (ERE, überwiegend mit rheumatoider Arthritis, RA) und per Abstrich (PCR) oder Antikörper-Test bestätigter SARSCoV-2-Infektion – bis zum 23. August waren es 370 – eingeschlossen wurden. Die am häufigsten eingesetzten Therapien waren Glukokortikoide (GK) und Methotrexat (MTX), gefolgt von TNFαInhibitoren. Hospitalisiert wurden 115 Patienten, von denen 25 invasiv beatmet werden mussten, 19 verstarben (davon 10 mit RA). Insbesondere Kollagenosen waren gehäuft mit einem letalen Verlauf assoziiert (CO.05). Die Daten zu 104 Pa-
tienten wurden kürzlich in RMD Open publiziert. Nur kurz erwähnt sei eine bereits auf dem Online-EULAR von Anne Regierer, Berlin, gezeigte Analyse des Registers (Stand 21. Juni, n=280), die ergab, dass ein Alter >65 Jahre, kardiovaskuläre Erkrankungen, ILD oder COPD und GK-Dosierungen >5 mg/Tag (Odds ratio 2,5, 4,4, 6,5 bzw. 8,1) Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf waren (CO.04). Eine Umfrage zu den psychosozialen Einflüssen der Pandemie auf 696 Rheuma-Patienten (davon 2 % positiv getestet) dauert noch an. 50 % gaben einen positiven Kontakt mit ihrem Rheumatologen an, 50 % berichteten allerdings über Schwierigkeiten in der Kommunikation. Depression und Angst waren vergleichbar zur Normalbevölkerung, Schlafstörungen waren aber häufig bei
im Mittel niedriger Krankheitsaktivität und Schmerzen (CO.11). Mehrere Untersuchungen und Befragungen weisen (mit einer Ausnahme) darauf hin, dass die DGRh-Empfehlung, nicht aus Furcht vor COVID-19, die immunsuppressive Medikation abzusetzen, zumeist eingehalten wurde. Nur kurz erwähnt sei die bereits in Nature Medicine publizierte Arbeit von Georg Schett und Kollegen, wonach ERE-Patienten (plus Psoriasis oder CED) unter Zytokin-Inhibitoren (Anti-TNF, -IL-6, -JAK, -IL-17, -IL23; -IL-12/23) gegenüber solchen ohne solche Therapien und der Allgemeinbevölkerung ein niedrigeres Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion aufzuweisen scheinen (CO.09). m Quelle: Abstractsession „COVID-19“, DGRh-Kongress, 9. September 2020
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Neuigkeiten zu Management und Therapie Über neue Entwicklungen bei der rheumatoiden Arthritis (RA) gab Kongresspräsident Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München, einen kompakten Abriss. Im Blickpunkt standen die neuen EULAR-Empfehlungen zum RA-Management, jene zum Umgang mit SARS-CoV-2 und COVID-19, potenzielle, zukünftige Behandlungsmöglichkeiten, kardiovaskuläre Komorbiditäten und Fallstricke bei einer Therapiedeeskalation nach erreichter Remission.
Nur kurz eingegangen sei auf die EULAR-Empfehlungen 2019 zum Management der RA, die weitgehend jene der DGRh bestätigen und deren wichtigster Punkt die nach Versagen der ersten csDMARD-Strategie und Vorliegen prognostisch ungünstiger Faktoren erfolgte völlige Gleichstellung von bDMARDs und JAK-Inhibitoren sein dürfte. Als eine große Leistung speziell auch der deutschen Rheumatologie wertete Schulze-Koops die rasche Reaktion auf die SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie mit der Vorlage erster vorläufiger DGRh-Empfehlungen bereits Ende März – damals noch weitgehend auf theoretischen Erwägungen und Analogien zu anderen Virusinfektionen beruhend und Wegweiser für die im April folgenden EULAR-Empfehlungen. Nachdem nun – etwa aus dem ebenso rasch aus der Taufe gehobenen deutschen COVID-19-Register – erste valide Informationen vorliegen, konnten die Empfehlungen bereits im Juli aktualisiert werden. Wichtige Punkte: Bekannte Risikofaktoren wie Alter, Multimorbidität, Adipositas und hohe Krankheitsaktivität sind zu beachten, die Patientenversorgung sollte wie unter „normalen“ Bedingungen erfolgen ohne Verzögerung bei Einleitung oder Umstellung von antirheumatischen Therapien, bei Patienten ohne Infektzeichen (auch nach Kontakt zu SARS-CoV-positiven Personen) sollte die Therapie fortgesetzt und erst bei gesicherter, aktiver COVID-19-Erkrankung die DMARD-Therapie pausiert werden.
Ausblick auf neue Therapieoptionen In der Folge stellte Schulze-Koops zwei interessante experimentelle Ansätze vor. So könnten aus dem Blut der Fingerbeere gewonnene CD45-/CD31-/PDPN+ präinflammatorische mesenchymale Zellen (kurz PRIME-Zellen), die Ähnlichkeiten mit synovialen Fibroblasten aufweisen, als frühe Biomarker für einen bevorstehenden Schub dienen – was allerdings ein engmaschiges Monitoring und aufwändige Analysen erfordern würde. Mit dem auch auf Fibroblasten nachweisbaren Oberflächenprotein CD109 wurde ein wichtiger Faktor für die Pathogenese der RA und anderer entzündlich-rheumatischer Erkrankungen identifiziert, dessen Hemmung ein neuer therapeutischer Ansatz darstellen könnte. Konkreter ist eine Pilotstudie zu dem dualen Interleukin (IL)17A/F-Inhibitor Bimekizumab, der derzeit in Phase-III-Studien bei Psoriasis-Arthritis und axialer Spondyloarthritis geprüft
wird. Der Hintergrund: Sobald sich der klinische Effekt einer Anti-TNF-Therapie abschwächt, sind vermehrt Th17-Zellen nachweisbar. Während die alleinige IL-17A-Blockade bei RA wirkungslos war, gelang nun bei auf Certolizumab Pegol versagenden Patienten (DAS28-CRP >3,2) der Nachweis, dass durch eine Add-on-Therapie mit Bimekizumab der Anteil von Patienten mit einer DAS28-CRP-Remssion und einem ACR20/50/70-Ansprechen deutlich gesteigert werden konnte – zumindest bei kurzer Therapiedauer war diese bDMARDKombination auch sicher.
Therapiemanagement: Was sonst noch wichtig war Eine große dänische Studie zu extraartikulären RA-Manifestationen bestätigte eindrücklich, dass die RA einen unabhängigen Risikofaktor für kardiovaskuläre Komplikationen darstellt – dies gilt es zwingend in der Patientenversorgung zu berücksichtigen. Aus einer weiteren aktuellen Studie geht laut Schulze-Koops hervor, dass die kumulative Höhe des CRP-Werts mit der Entwicklung kardiovaskulärer Risiken assoziiert ist, wobei Statine diese negativen Effekte neutralisieren können. Ein strittiges Thema bleibt die Therapiedeeskalation: In der PREDICTRA-Studie wurde eine solche – entweder als Dosisreduktion oder Absetzen von Adalimumab – bei Patienten in lang anhaltender klinischer Remission getestet. Nach dem Absetzen oder der Reduktion kam es bei jedem zweiten bzw. dritten RA-Patienten innerhalb von 9 Monaten zu einem Schub, wobei die Krankheitsaktivität in den nächsten 16 Wochen nur bei der Hälfte bzw. zwei Drittel der Betroffenen wieder kontrolliert werden konnte. Laut Schulze-Koops bedeutet dies, dass das Absetzen bei 25 % und die Reduktion bei 11 % der Patienten unter zuvor stabiler Remission innerhalb von 12 Monaten zu einer RA-Aktivität führt, die nicht durch die bisherige Therapie zu kontrollieren ist. Vorsicht ist also angebracht, jedoch dürfte ein Therapiewechsel in der Regel doch wieder zum Erfolg führen – dies sollte allerdings vorab eingehend mit den Patienten diskutiert werden. m
Quelle: WIN/HOT-Session „Polyarthritiden“, DGRh-Kongress, 10. September 2020
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AXIALE SPONDYLOARTHRITIS
Aktuelle Empfehlungen der DGRh-Leitlinie und neue Entwicklungen Zum Management der axialen Spondyloarthritis (axSpA) hat die DGRh erst kürzlich eine S3-Leitlinie vorgelegt. Über Neuigkeiten zu Überweisungsstrategien, Bildgebung, Behandlungsmanagement, neue Therapieoptionen und möglichen Verbesserungen der Patientenversorgung berichtete entlang einiger deren wichtigster Empfehlungen PD Dr. Uta Kiltz, Herne.
Bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen für ≥3 Monate, einem Alter bei deren Beginn <45 Jahre sowie einem weiteren Merkmal, das für eine SpA spricht, sollte eine Abklärung beim Rheumatologen erfolgen. Als weitere Merkmale, die die Treffsicherheit für eine SpA-Diagnose erhöhen, wurde die Kombination aus Morgensteifigkeit ≥30 Min., gutem Ansprechen auf NSAR und erhöhtem CRP ermittelt, erläuterte Kiltz. In Sachen Bildgebung ist eine gewisse Vorsicht angebracht: Das Knochenmarködem ist zwar ein Indikator für eine aktive Sakroiliitis, aber keineswegs spezifisch. So zeigen auch gesunde Probanden und vor allem postpartale Frauen häufig ein für Sakroiliitis positives MRT der Sakroiliakalgelenke (SIG) und/ oder weisen Knochenmarködeme auf. Am ehesten steigert dann die Anzahl und Tiefe der Läsionen die Wahrscheinlichkeit für eine axiale SpA. Immer mehr bürgert sich statt ankylosierender Spondylitis der Begriff radiografische axSpA ein, so Kiltz. Dass diese Begriffe tatsächlich austauschbar sind, bestätigt ein über acht Kohorten durchgeführter Vergleich. Die Übereinstimmung der modifizierten New York- mit den ASAS-Klassifikationskriterien für axSpA-Patienten mit Strukturschäden in den SIG war sehr gut.
Körperliches Training und Update zu medikamentösen Therapien Betont wird in der DGRh-Leitlinie erneut die große Bedeutung von Sport und körperlicher Aktivität, führte Kiltz weiter aus. Neue Studien zeigen, dass eine individuell angepasste, hochintensive Bewegungstherapie axSpA-Patienten nicht nur nicht schadet, sondern im Gegenteil die Krankheitsaktivität (ASDAS, BASDAI), Schmerzen, Steifigkeit und Fatigue reduzieren bzw. verbessern kann. Bei Patienten mit persistierend hoher entzündlicher Krankheitsaktivität und unzureichendem Ansprechen auf NSAR wird die Therapie mit einem bDMARD empfohlen, ob zunächst ein etablierter TNFα-Inhibitor oder ein Interleukin (IL)-17A-Inhibitor eingesetzt werden sollte, wird offengelassen. Bei Erreichen einer anhaltenden Remission für ≥6 Monate unter einem bDMARD kann eine Dosisreduktion bzw. Intervallverlängerung (oder bei anhaltender Krankheitskontrolle gar ein Absetzen) erwogen werden. Aktuelle Daten aus der C-OPTIMISE-Studie zu Certolizumab Pegol verdeutlichen nun, dass bei Patienten
mit anhaltender Remission unter der vollen bzw. halben Erhaltungsdosis (200 mg alle 2 bzw. 4 Wochen) oder einem Absetzen nach 48 Wochen 83,7, 79,0 und 20,2 % ( je p<0,001 vs. Placebo) schubfrei blieben. Eine Dosisreduktion um die Hälfte ist also sicher durchführbar, ohne den Therapieerfolg zu gefährden, von einem gänzlichen Absetzen ist aber abzuraten, verdeutlichte Kiltz. Für die niedrigere Certolizumab Pegol-Erhaltungsdosis gibt es nunmehr eine entsprechende Indikationserweiterung der EMA. In Bezug auf die nicht-röntgenologische axiale SpA wurden in diesem Jahr zwei positive Phase-III-Studien – eine, PREVENT, zu Secukinumab, die andere, COAST-X, zu Ixekizumab – publiziert, die die gute Wirksamkeit dieser IL-17A-Inhibitoren nun auch in dieser Indikation bestätigten und zu entsprechenden Indikationserweiterungen der EMA für die beiden IL-17A-Inhibitoren führten. Mit Bimekizumab könnte – gute Ergebnisse in Phase-III vorausgesetzt – erstmals auch ein dualer IL-17A/F-Inhibitor, der parallel bei Psoriasis-Arthritis geprüft wird, in die SpA-Therapie Einzug halten. In einer Phase-II-Studie hatten sich die beiden höheren Dosierungen (160 und 320 mg s.c.) als gut wirksam erwiesen. Ein sehr gutes Ansprechen fand sich in einer ersten Phase-II/III-Studie auch unter dem JAK-Inhibitor Upadacitinib (ASAS40-Ansprechen 51,6 vs. 25,5 % unter Placebo in Woche 14). Die Phase-III-Studien bleiben abzuwarten, aber eine erste orale Therapie ( jenseits der NSAR) bei axialer SpA rückt wohl in Sichtweite.
Umgang mit Komorbiditäten Ein letzter Punkt: Die Koordination und Versorgung sowie Zuständigkeit für Komorbiditäten und deren Risikofaktoren sollte zwischen Rheumatologen und Hausärzten abgesprochen werden. Hilfreich können dabei, wie kürzlich die französische COMEDSPA-Studie zeigte, auch medizinische bzw. rheumatologische Fachassistent/innen sein. Deren Einbindung führte zu höheren Impfraten und besseren Versorgung in puncto Osteoporose (Vitamin D-Initiierung, DEXA-Durchführung) und gastrointestinaler Nebenwirkungen, erklärte Kiltz. m Quelle: WIN/HOT-Session „Polyarthritiden“, DGRh-Kongress, 10. September 2020
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PSORIASIS-ARTHRITIS
EULAR-Empfehlungen und neue Trends in der medikamentösen Therapie im Fokus Bei der Therapie der aktiven Psoriasis-Arthritis (PsA) ist weiterhin viel in Bewegung, was sich auch an den neuen EULAR-Empfehlungen ablesen lässt. Wichtige Aspekte auch jenseits der Leitlinie erörterte Dr. Frank Behrens, Frankfurt/M., so die beiden Head-to-head (H2H)-Studien zwischen den Interleukin (IL)-17A-Inhibitoren und Adalimumab, jeweils zwei Phase-III-Studien zu dem IL-23-Inhibitor Guselkumab und Januskinase (JAK)-1-Inhibitor Upadacitinib und damit verbunden die Fragen nach dem Management der axialen PsA sowie dem künftigen Stellenwert der Januskinase (JAK)-Inhibition bei PsA.
Während die von nicht wenigen Rheumatologen präferierten GRAPPA-Empfehlungen zur PsA sich noch in Überarbeitung befinden, sind jene der EULAR kürzlich auf den neuesten Stand gebracht worden. Die wichtigste Änderung ist wohl die nach csDMARD-Versagen ausgesprochene Gleichstellung von TNFα-, IL-12/23- und IL-17A-Inhibitoren, so Behrens. Im Fall des besonders gut verträglichen Ustekinumab sind in der bei PsA zugelassenen Dosierung bei der Wirksamkeit wohl kleinere Abstriche zu machen, jedoch öffnet sich dadurch zugleich die Tür für Guselkumab, dessen Zulassung kurz bevorsteht.
den primären Endpunkte und verschiedenen Studiendesigns für Behrens letztlich keine Rolle. Legt man das kombinierte ACR50/PASI 100-Ansprechen aus SPIRIT-H2H (36 vs. 28 % in Woche 24) als Maßstab an, ist nämlich das Ergebnis in EXCEED (31 vs. 19 % in Woche 52) fast identisch. Auffällig war die in EXCEED gegenüber Adalimumab höhere Therapiepersistenz unter Secukinumab.
Update zu den H2H-Studien SPIRIT und EXCEED
Der IL-23p19-Inhibitor Guselkumab wurde in den beiden Phase-III-Studien DISCOVER-1 bei mit csDMARDs und bis zu max. zwei TNFα-Inhibitoren vorbehandelten PsA-Patienten und in DISCOVER-2 ausschließlich nach einer csDMARD-Vortherapie (dafür höhere PsA-Aktivität) untersucht. Es zeigte sich in Woche 24 ein versus Placebo signifikant besseres Ansprechen der Gelenke (ACR20/50/70), natürlich auch der Haut und weiterer Manifestationen sowie eine Hemmung der röntgenologischen Progression. Interessant war, dass in DISCOVER-1 das Ansprechen auf Guselkumab 100 mg alle 4 oder 8 Wochen mit oder ohne eine Anti-TNF-Vorbehandlung beispielweise im ACR20-Ansprechen mit 56,1 bzw. 57,9 vs. 50,0 bzw. 60,0 % absolut auf Augenhöhe war. Bis Woche 52 zeigte sich ein weiterer Anstieg des ACR20/50/70-Ansprechens auf bis zu 75, 48 und 28 %. Erst in Woche 24 von Placebo auf Guselkumab 100 mg alle 4 Wochen wechselnde Patienten erreichten fast das Niveau der durchgehend mit dem IL-23-Inhibitor behandelten Teilnehmer (Abb. 1). Das Sicherheitsprofil von Guselkumab ist mit schweren unerwünschten Ereignissen bzw. Infektionen ungefähr auf Placeboniveau bislang sehr positiv zu bewerten. Von seinem Wirkprofil her dürfte Guselkumab am besten mit jenem der beiden IL-17A-Inhibitorenzu zu vergleichen sein.
Völlig außer Frage steht inzwischen die (mindestens) Gleichwertigkeit der TNFα- und IL-17A-Inhibition in Bezug auf das Gelenkansprechen, steht aber die Psoriasis im Vordergrund bietet die letztere signifikante Vorteile. Dies ist letztlich die Take home-Message der beiden Direktvergleiche SPIRIT-H2H (Ixekizumab vs. Adalimumab) und EXCEED (Secukinumab vs. Adalimumab). Dass nur die SPIRIT-H2H-Studie formal „als Erfolg“ gewertet werden kann, spielt angesichts der differieren-
ACR-Ansprechraten in Woche 52 (%)
80 70
70,6
PBO → GUS q4w, n=246 GUS q4w, n=245 GUS q8w, n=246
74,6
64,2
60 50 41,1
40
45,7
48,4
30
26,1 27,8 17,9
20 10 0
ACR20
ACR50
ACR70
Abb. 1: DISCOVER-1-Studie: ACR20/50/70-Ansprechen in Woche 52 auf Guselkumab (GUS) 100 mg Q4W bzw. Q8W und bei Patienten mit einem Wechsel von Placebo (PBO) auf Guselkumab Q4W ab Woche 24
Zwei positive Phase-III-Studien zum IL-23-Inhibitor Guselkumab
Überraschende Erkenntnisse aus Studien zur axialen PsA Eigentlich schien nach einer negativen Phase-II-Studie bei Patienten mit radiolografischer axialer Spondyloarthritis (r-axSpA) zu dem auch bei PsA nicht weiter verfolgten IL-23-Inhibitor Risankizumab klar, dass dieses Therapieprinzip bei axialer SpA nicht funktioniert – anders als die IL-17A-Inhibition. In Bezug
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Dass die axiale PsA nicht mit der axialen SpA gleichzusetzen ist, verdeutlicht eine gepoolte Analyse der Phase-III-Studien zu Guselkumab, die unter dem IL-23-Inhibitor überraschend auch eine signifikante Verbesserung axialer Symptome in einer Subgruppe von PsA-Patienten mit aktiver Sakroiliitis in der Bildgebung gemäß den ASDAS- und BASDAI-Kriterien zeigte. Mit der genauen Definition der axialen PsA und ihrer Abgrenzung zur axialen SpA befassen sich derzeit Expertengruppen. Zur Kontrolle der axialen PsA und der Rolle der IL-23-Inhibition sind derzeit noch viele Fragen offen, die robusteste Datenlage sieht Behrens momentan für Secukinumab.
Update zu Tofacitinib und zwei Phase-III-Studien zu Upadacitinib Als einziger JAK-Inhibitor ist bislang Tofacitinib bei der PsA zugelassen. Ein interessanter Aspekt wurde kürzlich in einer OPAL Balance-Substudie aufgegriffen. Bei auf Tofacitinib plus Methotrexat (MTX) gut eingestellten Patienten wurde hierin über 12 Monate hinweg 1:1 MTX weitergeführt oder abgesetzt. Für die fortgesetzte Kontrolle der Krankheitsaktivität, anhand der Minimal Disease Activity (MDA) bestimmt, sowie für weitere Endpunkte (HAQ-DI, Enthesitis, Daktylitis etc.) war dies völlig unerheblich, sodass man bei solchen PsA-Patienten unter JAK-Inhibition auch ohne MTX als Kombinationspartner auskommt, folgerte Behrens. Überhaupt nimmt die JAK-Inhibition bei PsA zunehmend Fahrt auf. Während sich Filgotinib derzeit noch in der Phase-III-Prüfung befindet, kann Upadacitinib mit SELECT-PsA-1 und -2 (in ersterer nur csDMARD-Vorbehandlung, in letzterer auch bDMARD-erfahrene Patienten) bereits zwei positive PhaseIII-Studien vorweisen. Von großem Interesse ist vor allem die SELECT-PsA-1-Studie an bDMARD-naiven PsA-Patienten, da in dieser ein sowohl auf Nicht-Unterlegenheit als auch Überlegenheit gepowerter Vergleich mit Adalimumab (dass also nicht nur als Kontrollgruppe „mitlief“) erfolgte. Im Vergleich zu Placebo schnitten beide Upadacitinib-Dosierungen (1x 15 und 30 mg/Tag) in allen Krankheitsaspekten signifikant besser ab, in Bezug auf den ACR20 zeigte sich in Woche 12 eine NichtUnterlegenheit beider Dosierungen versus Adalimumab und partielle Überlegenheit (auch in einigen weiteren Endpunkten) der 30 mg-Dosis gegenüber dem TNFα-Inhibitor. Im Grunde zeigte sich für alle PsA-Manifestationen, dass die 1x 30 mg/Tag-Dosis die besten Therapieergebnisse lieferte, die 15 mg-Dosis war in etwa mit Adalimumab vergleichbar mit aber oft tendenziellen Vorteilen für Upadacitinib, so z. B. in Woche 24 im ACR20/50/70-Ansprechen (Abb. 2). oder im Erreichen einer MDA (45,4 und 36,6 vs. 33,3 % unter Adalimumab).
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In SELECT-PsA-2 überzeugte Upadacitinib auch bei bDMARDerfahrenen Patienten, das Ansprechen war etwas, aber nicht viel geringer als in dem bDMARD-naiven Patientenkollektiv von SELECT-PsA-1. Auch die Psoriasis sprach gut auf Upadacitinib an (PASI 50/75/100 in SELECT-PsA-1 je nach Dosis ca. 62, 39-50 und 24-34 %), die 15 mg-Dosierung war vergleichbar mit Adalimumab, die höhere zeigte wiederum Vorteile gegenüber dem TNFα-Inhibitor. Es zeigten sich keine neuen Sicherheitssignale in Verbindung mit dem JAK-1-Inhibitor.
Künftiger Stellenwert der JAK-Inhibition Wo sich Upadacitinib nach der zu erwartenden Zulassung einordnen wird, hängt auch davon ab, ob – wie bei der rheumatoiden Arthritis – nur die 15 mg-Dosierung zugelassen wird, oder auch die noch etwas besser wirksame 30 mg-Dosierung, unter der mit mehr JAK-typischen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Zwar zeigte sich Upadacitinib 30 mg (hier in einer Phase-IIIStudie) ähnlich wie die IL-17A-Inhibitoren Adalimumab zumindest partiell überlegen, jedoch reicht es bezüglich des Hautansprechens wohl nicht an Secukinumab und Ixekizumab (und künftig Guselkumab) heran, sodass eine relevante Psoriasis vermutlich die Domäne der IL-17A-Inhibitoren bleibt bzw. der IL-23-Hemmer wird, so abschließend Behrens. m
Quelle: WIN/HOT-Session „Polyarthritiden“, DGRh-Kongress, 10. September 2020 PBO, n=423 UPA 15 mg QD, n=429 UPA 30 mg QD, n=423 ADA 40 mg EOW, n=429
79
80 ACR-Ansprechraten in Woche 24 (%)
auf die letztere war es daher nicht überraschend, dass Secukinumab in der MAXIMISE-Studie bei PsA-Patienten mit axialer Manifestation und NSAR-Versagen die „axiale PsA“ signifikant versus Placebo verbesserte (ASAS20-Ansprechen in Woche 12 63 bzw. 66 % gegenüber 31 % in Kontrollgruppe).
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73
70
67
50
je p<0,001 UPA vs. PBO
61
60 52 45
44
40
36 29
30
23
19
20 10 0
5 ACR20
ACR50
ACR70
Abb. 2: SELECT-PsA-1-Studie: ACR20/50/70-Ansprechen in Woche 24 auf Upadacitinib (UPA) 1x 15 oder 30 mg/Tag, Adalimumab (ADA) und Placebo (PBO)
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KOLLAGENOSEN
Systemische Sklerose: Neue Studien im Überblick Bei den Kollagenosen stand diesmal ganz die systemische Sklerose (SSc) im Fokus, nicht zuletzt aufgrund der Zulassung des Tyrosinkinase-Inhibitors Nintedanib bei mit SSc assoziierter interstitieller Lungenerkrankung (ILD) und weiteren progredient-fibrosierenden ILDs. Entscheidend bei SSc-ILD scheint die intelligente Kombination aus früher antientzündlicher und antifibrotischer Therapie zu sein. Vorgestellt wurden jenseits von Nintedanib aktuelle Daten zu Tocilizumab, Lenabasum und Riociguat.
Bei SSc-Patienten kommt es auf eine frühe Diagnostik und Behandlung an, betonte Prof. Dr. Gabriele Riemekasten, Lübeck, unter Verweis auf Daten des EUSTAR-Registers. Die beste Überlebenschance bietet dabei die frühe Überweisung an ein Zentrum mit entsprechender Expertise. Von Beginn an bedarf es einer regelmäßigen Befunderhebung, so bei jeder Visite des Hautscores (mRSS), bei Verdacht auf oder gesicherter SSc der Lungenfunktion (FVC, DLco) mit in der Regel auch einer HRCT bei de novo-Patienten, initialen Echokardiografie (sowie im Verlauf bei Auffälligkeiten) und mindestens 1x jährlicher Kontrolle des NT-proBNP bzw. bei diffus-kutaner SSc des Troponins sowie weiterer Laborparameter, die eine Aussage zum Risiko geben (sIL-2-Rezeptor, Neutrophilen/Lymphozyten-Ratio, Monozyten, CRP/BSG und Anämie). Frühe und intensive Therapien unter Verwendung von Kombinationen sind nach ihren Worten der Schlüssel, um Spätschäden zu vermeiden. Immunsuppressive Therapien sind dabei nicht immer erforderlich, Voraussetzungen für deren Einsatz sind ein progressives, entzündliches Krankheitsbild mit z. B. Arthritis, Myositis oder entzündlicher Fibrose.
Immunsuppressive Therapien als ein Baustein Sowohl die Haut- als auch Lungenfibrose sind, dies zeigen die mitunter erzielten Erfolge nach autologer Stammzelltransplan-
tation (ASCT), prinzipiell reversibel, in den meisten Fällen ist aber – gerade bei SSc-ILD – eine Stabilisierung das realistischere Therapieziel. Generell geht die Entzündung der Fibrose voraus, spielt aber auch im Verlauf eine Rolle, sodass bei SSc-ILD stets sowohl antientzündliche als auch antifibrotische Therapien gefragt sind. Immunsuppressive Therapien der Wahl sind für Riemekasten Cyclophosphamid (CYC: bei progressiver ILD, stark progressiver Hautfibrose bei diffus-kutaner SSc, refraktärer Myositis, kardialer Beteiligung), Methotrexat (MTX: bei moderat progressiver Hautfibrose, Myositis und Arthritis), Ciclosporin-A (CsA: bei MTX-Versagen, Hautfibrose, Myositis, vor allem als guter Kombinationspartner), Azathioprin (AZA: als Erhaltungstherapie nach CYC, falls keine wesentliche Einschränkung der Lungenfunktion vorliegt) und Mycophenolat Mofetil (MMF: bei ILD, nach oder statt CYC). Bei Therapieversagen stellt die Kombination aus MMF und CsA oder Rituximab eine weitere Option dar. In Bezug auf die Off-label-Therapie mit Rituximab zeigen EUSTAR-Daten aus der klinischen Praxis durchaus eine gewisse Wirksamkeit (mRSS, FVC), dies vor allem im Hinblick auf arthritische Beschwerden, führte Riemekasten weiter aus. Eine weitere interessante Therapieoption wäre die Interleukin (IL)-6-Rezeptorinhibition mit Tocilizumab. Leider ist die PhaseIII-Studie focuSSced formal gescheitert, da der primäre Endpunkt (Verbesserung der Hautfibrose gemäß mRSS) – wie zu-
30 FVC-Reduktion bis Woche 52 (ml/Jahr)
Veränderung der %-FVC ab Baseline
4 2 0 -2 -4 -6
Placebo Tocilizumab
-8 -10
8
16
24 Zeit (Wochen)
36
48
Abb. 1: focuSSced-Studie: FVC-Verlust unter Tocilizumab gegenüber Placebo bis Woche 48 in einer Subgruppe von Patienten mit SSc-ILD
0 -30 -60 -90
Placebo Nintedanib
-120 -150
4
8
12
16
20
24
28
32
36 40
44 48 52
Zeit (Wochen)
Abb. 2: SENSCIS-Studie: FVC-Verlust im zeitlichen Verlauf bis Woche 52 unter Nintedanib gegenüber Placebo in der Gesamtpopulation der Studie
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vor schon in der Phase-II-Studie faSScinate – verfehlt wurde. Erneut zeigte sich aber eine Stabilisierung der Lungenfunktion, die sich mindestens mit Nintedanib messen lassen kann – in einem allerdings nicht direkt vergleichbaren Patientenkollektiv. Zumindest bis Woche 48 war auch in einer Subgruppe von Patienten mit SSc-ILD der FVC-Verlust unter i.v. Tocilizumab nur minimal (Abb. 1), so Riemekasten.
Weitere Erkenntnisse zu Nintedanib bei SSc-ILD Auf die nicht-immunsuppressiven Therapien bei SSc ging in der Folge Prof. Dr. Oliver Distler, Zürich (Schweiz), ein. Einen Durchbruch bei SSc-ILD markierte die Zulassung des MultiTyrosinkinase-Inhibitors Nintedanib als erster zielgerichtet antifibrotischer Therapie. Die Grundlage hierfür hatte die PhaseIII-Studie SENSCIS mit 566 SSc-ILD-Patienten gelegt, in der Nintedanib gegenüber Placebo nach 52 Wochen zu einer signifikanten Reduktion der Abnahme der Lungenfunktion um 44 % (FVC-Verlust -52,4 vs. 93,3 ml/Jahr, ΔFVC -41 ml/Jahr; p=0,04) (Abb. 2) führte – der stärkste Effekt wurde dabei in Kombination mit MMF erreicht. Die gute Wirksamkeit von Nintedanib stützt derweil eine Analyse der SENSCIS-Studie zum Anteil von Patienten mit und ohne Ansprechen. So wurde bei 66 % der Patienten im Placeboarm eine FVC-Verschlechterung und bei 34 % eine Stabilisierung oder Verbesserung festgestellt, unter Nintedanib waren es 56 bzw. 44 %. Größtes Problem unter Nintedanib sind Diarrhöen (bei 75 %), die meist früh nach Therapiebeginn auftreten, allerdings meist nur mild (50 %) oder mäßig (45 %) stark ausgeprägt sind. Diese Komplikation ist dem Patienten gut zu kommunizieren, eine begleitende Verordnung von Loperamid zur bedarfsweisen Einnahme ist sinnvoll. Zusätzlich besteht die Option einer temporären oder dauerhaften Dosisreduktion von 2x 150 auf 2x 100 mg/Tag, so Distler. Mit Blick auf die SSc-ILD verwies Distler auf ein europäisches Konsensusstatement zu deren Diagnose und Management. Wichtige Punkte zur Therapie: Empfohlen werden bei schwerer ILD MMF, CYC und Nintedanib, während zu Tocilizumab keine Einigung erzielt wurde. Bei einem Progress kommt die
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Kombination aus Nintedanib und MMF hinzu und auch Rituximab kann erwogen werden. Als letzte Optionen verbleiben die ASCT oder Lungentransplantation.
Potenzielle neue Therapieoptionen im Fokus Der wahrscheinlich größte Hoffnungsträger bei SSc stellte Lenabasum, ein selektiver Cannabinoid-Rezeptor Typ 2-Agonist und wie Nintedanib ein small molecule, dar. Eine PhaseII-Studie hatte laut Distler eine nach 16 Wochen gegenüber Placebo ausgeprägte Verbesserung des ACR CRISS-Scores, des globalen Arzt- und Patientenurteils sowie der Hautfibrose (mRSS) und Lebensqualität demonstriert und auf Kongressen vorgestellte Langzeitanalysen versprachen eine anhaltende Wirksamkeit. Die große Ernüchterung folgte einen Tag vor dem DGRh-Kongress in Form einer Mitteilung der Herstellers zu den Top line-Ergebnissen der Phase-III-Studie RESOLVE-1 mit 365 Patienten mit diffus-kutaner SSc, die für 52 Wochen on top einer immunsuppressiven Standardtherapie (bei 84 %) auf Lenabasum 2x 5 oder 2x 20 mg/Tag oder Placebo randomisiert worden waren. Weder im primären Endpunkt (ACR CRISS) noch den sekundären Endpunkten war ein Vorteil von Lenabasum erkennbar. Das Problem scheint Distler zufolge das unerwartet gute Ansprechen auf die immunsuppressive Therapie im Placeboarm zu sein mit dem Erreichen eines extrem hohen ACR CRISS-Scores von 0,887 (max. 1), was von Lenabasum mit 0,888 nicht mehr getoppt werden konnte. Von Interesse war zudem die Phase-II-Studie RISE-SSc bei Patienten mit früher diffus-kutaner SSc zu dem oralen Stimulator der löslichen Guanylatzyklase (sGC) Riociguat: Zwar verfehlte auch diese formal den primären Endpunkt einer signifikanten Verbesserung der Hautfibrose im mRSS (p=0,08), jedoch zeigten sich unter Riociguat positive Effekte im Sinne einer Reduktion neuer digitaler Ulzera und bei Patienten mit SSc-ILD eine Verminderung des FVC-Verlusts, so abschließend Distler. m Quellen: HOT/WIN-Session „Systemische Sklerose & Vaskulitiden, Sitzung „Lupus lebenslang“, DGRh-Kongress, 11./12. September 2020
Kurzes Update zum systemischen Lupus erythematodes Ein Symposium zum systemischen Lupus erythematodes (SLE) setzte sich mit dem Therapiemanagement in verschiedenen Lebensphasen auseinander. Zwei konkrete Botschaften hatte Prof. Dr. Hermine Brunner, Cincinatti (USA), parat, die über den juvenilen SLE referierte. So zeigte sich erstens, dass die neuen ACR/EULAR-Klassifikationskriterien auch bei Kindern und Jugendlichen unabhängig vom Geschlecht oder Pubertätsstatus eine bessere Sensitivität gegenüber jenen des ACR aus 1997 aufweisen. Das höchste Risiko einer Fehlklassifikation besteht im Hinblick auf die juvenile Dermatomyositis. Zweitens wurde bei juvenilem SLE auf Basis der PLUTO-Studie der BLyS-spezifische Inhibitor Belimumab neu zugelassen. Laut Brunner war i.v. Belimumab darin vergleichbar effektiv wie in den PhaseIII-Studien bei Erwachsenen, besonders ins Auge sticht die starke Reduktion schwerer Schübe. Den größten Nutzen entfaltet es bei Patienten mit hohem SLEDAI, dsDNA-Positivität und niedrigen Komplement-Spiegeln.
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VASKULITIDEN
Neue Erkenntnisse zur Riesenzell-Arteriitis und zu ANCA-Vaskulitiden Im Rahmen einer wissenschaftlichen Sitzung anlässlich des virtuellen Kongresses der DGRh-Tagung wurden einerseits Neuigkeiten zur Riesenzell-Arteriitis (RZA) erörtert, wobei die erste deutsche S2k-Leitlinie zum Management der Großgefäßvaskulitiden (GGV) viel Raum einnahm, andererseits aktuelle Erkenntnisse zur Eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA), Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) und Mikroskopischen Polyangiitis (MPA). Bei den beiden letztgenannten ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) gab es mit PEXIVAS und ADVOCATE neue Studien zur Remissionsinduktion sowie mit RITAZAREM und MAINRITSAN III zur Remissionserhaltung.
Zunächst zum Update zu den GGV und speziell der RZA, über die Prof. Dr. Frank Moosig, Neumünster, berichtete. Ob bei letzterer spezifische Mikrobiota pathogenetisch relevant sind oder sekundär nach der Gewebeverletzung auftreten, bleibt auch nach einer aktuellen Studie unklar. Positiv sind neue Daten aus Norwegen, wonach sich die Lebenserwartung von RZA-Patienten kaum noch von jener der Allgemeinbevölkerung unterscheidet, wobei im ersteren Fall die Mortalität stärker kardiovaskulär getrieben ist, während im zweiten eher Malignome im Vordergrund stehen.
Großgefäßvaskulitiden im Fokus Interessant ist eine dänische Studie zu 293 Patienten mit RZAEntlassungsdiagnose, die nachfolgend anhand der Befunde und des weiteren Verlaufs überprüft und nur in 62 % der Fälle bestätigt werden konnte. Zwischen den Jahren 2002 und 2017 war zudem auch keine Verbesserung der Diagnosezuverlässig-
Patienten mit Erreichen der primären Remissions-Endpunkte (%)
80 70
p<0,0001 72,3
70,1
60
p<0,0066
54,9
40 30 20 10 Woche 26 Remission
8
p=0,046
p=0,029 7,3
Im Anschluss fasste Moosig die wichtigsten Aspekte der interdisziplinären DGRh-Leitlinie zu GGV (RZA inkl. Takayasu-Arteriitis, TA) mit 4 übergeordneten Prinzipien und 9 spezifischen Empfehlungen sowie deren Unterpunkten zusammen. In puncto Diagnostik ist der Ultraschall die Methode der ersten Wahl bei V. a. kranielle RZA, bei V. a. prädominant extrakraniellen Befall stehen MRT/MR-Angiografie PET bzw. PET-CT oder CT im Vordergrund. Bei eindeutiger Bildgebung und Klinik ist eine Temporalarterienbiopsie verzichtbar. Zur Therapie kann bei RZA-Patienten mit refraktärer Erkrankung, Rezidiven oder hohem Risiko für Glukokortikoid (GK)-Folgeschäden Tocilizumab (alternativ Methotrexat, MTX) eingesetzt werden, dann sollte aber auch jeweils eine raschere GK-Reduktion erfolgen. Nicht routinemäßig angewendet werden sollten Plättchenhemmer, Antikoagulanzien oder Statine.
7
65,7
50
0
Avacopan Prednison
Überlegenheit
Woche 52 anhaltende Remission
Veränderung der eGFR (ml/min.)
Nicht-Unterlegenheit
keit nachweisbar, so Moosig. Wichtigste Merkmale für eine korrekte RZA-Diagnose gegenüber keiner RZA waren CRP (median 52 vs. 21 mg/l), BSG (median 64 vs. 34 mm/h), ein positiver Ultraschall (67 vs. 13 %), positives PET (82 vs. 0 %) und die ACR-Kriterien (76 vs. 21 %). In Bezug auf den Ultraschall erlaubt der Halo-Score eine Quantifizierung der vaskulären Entzündung, kann die RZA-Diagnose bestätigen und ist mit okularer Ischämie bei RZA assoziiert, führte Moosig weiter aus.
6
5,8 4,9
5 4 3
2,9
2 1 Woche 26
Woche 52
Abb.: ADVOCATE-Studie: Erreichen einer Remission (Woche 26) und anhaltenden Remission (Woche 52) – beides primäre Endpunkte - sowie Verbesserung der Nierenfunktion (eGFR) bis Woche 52 unter Avacopan versus Prednison
Update zur Eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis Innerhalb der ANCA-Vaskulitiden gibt es bekanntlich genetische Unterschiede zwischen MPO- und PR3-AAV. Als eine wichtige Neuerung nannte Moosig den Befund, dass es sich nach den Ergebnissen einer Genom-weiten Assoziationsstudie (GWAS) bei MPO-ANCA-positiver und ANCA-negativer Eosinophiler Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) um zwei genetisch und klinisch unterschiedliche Syndrome handelt. So ist etwa bei MPO-ANCA EGPA häufiger mit Glomerulonephritis und Polyneuropathien zu rechnen, im umgekehrten Fall dafür öfter mit Lungeninfiltraten und Kardiomyopathien. In der GWAS wurden zwar genetische Einflüsse mit potenzieller therapeutischer Relevanz identifiziert, jedoch konnten in
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einer Subanalyse der MIRRA-Studie zur Anti-Interleukin (IL)5-Therapie mit Mepolizumab keine genetischen Effekte nachgewiesen werden, die klinisch relevant für das Ansprechen auf Mepolizumab waren. In besagter MIRRA-Studie war Mepolizumab gegenüber Placebo zwar signifikant überlegen, die Remissionsrate aber mit max. 53 % eher gering. Diese stieg laut Moosig auf 78 bzw. 87 %, sobald in einer Post hoc-Analyse das Remissionskriterium weiter gefasst wurde (BVAS =0 und GK ≤4 bzw. 7,5 mg/Tag oder ≥50 % Reduktion der GK-Dosis oder Rezidivfreiheit). Auch in einer europäischen Real-life-Studie zeigte sich eine gute Wirksamkeit und Steroideinsparung, obwohl Mepolizumab (100 mg alle 4 Wochen) niedriger als in MIRRA (300 mg alle 4 Wochen) dosiert war. Mit Benralizumab und Reslizumab werden laut Moosig derzeit weitere Anti-IL-5-Therapien bei EGPA geprüft. In der klinischen Praxis bei refraktärer EGPA effektiv erwies sich auch Rituximab, dies primär bei ANCA-positiven Patienten. Zur Remissionsinduktion bei EGPA empfahl Moosig bei günstiger Prognose (FFS =0) GK plus Azathioprin bzw. MTX, bei ungünstiger Prognose (FFS >0) GK plus Cyclophosphamid (CYC), bei refraktärer Erkrankung und häufigen Rezidiven bei einem FFS =0 Mepolizumab bzw. Rituximab und bei einem FFS >0 Rituximab (danach CYC), IVIG, Mepolizumab oder experimentell andere Anti-IL-5-Therapien. Zum Remissionserhalt sind MTX und Azathioprin sowie Low-Dose-GK eine Option, eventuell auch Ritxuimab und Mepolizumab.
ANCA-Vaskulitiden: Remissionsinduktion im Fokus Die aktuelle Studienlage zu AAV beleuchtete im Anschluss Prof. Dr. Kisten de Groot, Offenbach. Ein Highlight war die PEXIVASStudie zur Remissionsinduktion bei Patienten mit schwerer GPA/MPA (eGFR <50 ml/min.): Zusätzlich zu einer Standardinduktionstherapie mit CYC oder Rituximab brachte eine frühe Plasmapherese nach 6 Jahren keinen Vorteil beim primären Endpunkt aus Tod und Nierenversagen (36 vs. 41 %; p=0,27). Positiv war aber, dass sich eine raschere Reduktion der GK-Dosis (auf 10 statt 20 mg in Woche 11) gegenüber der GK-Standardreduktion nicht negativ auf den primären Endpunkt in Jahr 6 auswirkte (42 vs. 35 %), aber bei gleicher Wirksamkeit das Infektionsrisiko reduzierte. Die Plasmapherese ist damit aber nicht ganz „out“, bei Klinik einer rasch progredienten Glomerulonephritis (RGPN) mit histologischem Beweis könnte sie noch eine Rolle spielen. Potenziell einen Paradigmenwechsel bei der Remissionsinduktion auslösen könnte laut de Groot die Phase-III-Studie ADVOCATE, in der 331 Patienten mit akuter AAV auf den oralen Komplement C5a-Rezeptorinhibitor Avacopan oder Prednison randomisiert wurden. Beide Therapiearme erhielten zusätzlich CYC oder Rituximab zur Remissionsinduktion, gefolgt von Azathioprin. Beide primären Endpunkte wurden erreicht: eine
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Remission in Woche 26 und anhaltende Remission in Woche 52 gemäß einem BVAS =0 und keine GK-Therapie für ≥4 Wochen. So wiesen 72,3 vs. 71,0 % der Patienten in Woche 26 unter Avacopan bzw. Prednison eine Remission und in Woche 52 65,7 vs. 54,9 % eine anhaltende Remission auf – was eine signifikante Überlegenheit von Avacopan gegenüber der GKStandardtherapie bedeutete (Abb.). Auch kam es unter Avacopan zu einer signifikanten Verbesserung der Nierenfunktion mit Anstieg der eGFR ab Beginn der Studie bis Woche 26 bzw. 52 um 5,8 bzw. 7,3 ml/min./1,732 im Vergleich zu 2,8 bzw. 4,9 ml/min./1,732 unter der GK-Therapie (Abb.). Wie erhofft fiel der GK-Toxizitäts-Index unter Avacopan signifikant geringer aus, mit 42 vs. 44 % kam es auch etwas seltener zu schweren unerwünschten Ereignissen. Jenseits der in PEXIVAS explorierten Steroidersparnis in der Induktion durch eine schnellere Dosisreduktion eröffnet sich durch ADVOCATE die Aussicht, GK ganz oder weitgehend zu ersetzen – hier bleiben jedoch zunächst Langzeitbeobachtungen abzuwarten, so de Groot.
Aktuelle Studien zur Remissionserhaltung bei AAV Abschließend ging de Groot noch auf zwei Studien zur Remissionserhaltung mit Rituximab ein. Bereits die MAINRITSAN-Studie hatte bei Patienten mit AAV-Erstdiagnose nach erfolgreicher Remissionsinduktion mit CYC plus GK in der Remissionserhaltung einen Vorteil von Rituximab gegenüber Azathioprin nachgewiesen. In der RITAZAREM-Studie wurde nun bei Rezidivpatienten nach einer Rituximab-Induktion dieses in der Remissionserhaltung (1 g alle 4 Monate bis Monat 20 nach Remission) wiederum mit Azathioprin (2 mg/kg bis Monat 26 nach Remission) verglichen. In Bezug auf das rezidivfreie Überleben bis Monat 24 erwies sich Rituximab erneut signifikant überlegen (Hazard ratio 0,30), frei von einem schweren Rezidiv blieben 82 vs. 62 % der Patienten (in MAINRITSAN waren es 95 vs. 71 %). Dass eine längere Remissionserhaltung Sinn macht, bestätigt wiederum die MAINRITSAN III-Studie, in die 97 AAV-Patienten der MAINRITSAN II-Studie einflossen, die sich nach 18 Monaten Remissionserhaltung mit Rituximab noch in Remission befanden. Diese wurden 1:1 auf weiterhin Rituximab 500 mg alle 6 Monate oder Placebo randomisiert. Nach weiteren 28 (also insgesamt 46) Monaten zeigte sich kein Sicherheitssignal unter Rituximab, sowohl bezüglich rezidivfreiem Überleben (96 vs. 74 %) als auch der Freiheit von schweren Rezidiven (100 vs. 87 %) profitierten die AAV-Patienten von der verlängerten remissionserhaltenden Therapie, so de Groot. m
Quelle: HOT/WIN-Session „Systemische Sklerose & Vaskulitiden”, DGRh-Kongress, 12. September 2020
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OSTEOPOROSE
Personalisierte Differenzialtherapie heute möglich Inzwischen ist eine individualisierte Behandlung und sinnvolle Sequenztherapie der Osteoporose möglich. Was dabei zu beachten ist, ob zunächst ein osteoanaboler oder antiresorptiver Ansatz verfolgt werden sollte und wie die Nachhaltigkeit der Therapie gewährleistet werden kann, war Thema beim virtuellen DGRh-Kongress.
Während im Allgemeinen bei postmenopausalen Frauen mit hohem Knochenumsatz zunächst eine antiresorptive Therapie angezeigt ist, sollte bei hohem Risiko und stark beeinträchtigter Knochenstruktur eine osteoanabole Therapie erwogen werden. Nach Aussetzen des G-BA-Beschlusses im vergangenen Jahr bestehe diese Wahl wieder, berichtete Prof. Dr. Franz Jakob, Würzburg. Generell könnten erhaltende Verfahren eingesetzt werden, wenn es einen starken Risikofaktor gäbe, der korrigierbar sei. Der Therapieerfolg sollte mit einer BisphosphonatTherapie gesichert werden. Bei niedrigem Ausgangsrisiko und mit dem Alter ansteigenden Risiko könne dagegen mit einem SERM begonnen, mit einem stärker antiresorptiven Verfahren weiterbehandelt und bei im Verlauf zunehmendem Frakturrisiko eine anabole Therapiephase zwischengeschoben werden. Auch im Anschluss an ein anaboles Verfahren riet Jakob dazu, die Nachhaltigkeit der Behandlung durch ein Antiresorptivum zu sichern. Bei genügend verbliebener Struktur sei eine Therapie mit i.v. Zoledronat gut vertretbar. Das belege eine aktuelle Studie, in der bei älteren, osteopenischen Patientinnen durch Zoledronat-Infusionen alle 1,5 Jahre eine deutliche Frakturwirksamkeit erzielt wurde.
schluss an die letzte Denosumab-Infusion weitgehend vermieden werden und ist eine zwingende Schutzmaßnahme. Die zur Sicherung des Therapieerfolges eingesetzten Bisphosphonate lassen sich jedoch bei höherem Alter bzw. Niereninsuffizienz und auch zeitlich nur begrenzt (max. 5 Jahre) einsetzen. Auch für SERMs und Romosozumab gilt, dass es ohne Schutzmaßnahmen zu einem Verlust an gewonnener Knochensubstanz kommt. Dies lässt sich im Fall von Romosozumab durch eine anschließende Denosumab-Gabe vermeiden.
Sequenztherapie: Was es zu beachten gilt
Jakob wies noch auf einen wichtigen differenzialtherapeutischen Unterschied zwischen den beiden Osteoanabolika, Romosozumab und Teriparatid, hin: Unter Romosozumab komme es zwar eindeutig zu einem schnelleren Knochengewinn, der innerhalb eines Jahres auch zu einer verbesserten Struktur führe. Im Unterschied zu Teriparatid handele es sich aber um eine Substanz mit primärer Modelling-Aktivität, während Teriparatid zu einem echten Remodelling, inklusive Abbau überkommener Strukturen, führe. (wk) m
Die Nachhaltigkeit der Therapie stellt heute ein relevantes Kriterium für die Wahl eines Osteoporose-Medikamentes bzw. die Sequenztherapie dar. Bei Bisphosphonaten resultiert sie aus den Einlagerungen; der Anstieg des Knochenumsatzes nach dem Absetzen ist gering. Anders bei Denosumab. Hier kommt es nach dem Absetzen zu einem Sturm an resorptiver Aktivität der Osteoklasten. Dieser kann bei einigen Patientinnen zu einem schnellen Knochenmasseverlust und damit multiplen, vor allem Wirbelkörperfrakturen führen. Dieses Rezidiv kann durch eine sechsmonatige i.v. Bisphosphonat-Gabe direkt im AnStarke Risikofaktoren
BMD ▼ starker Strukturverlust
Hoher BMD ▼ wenig Knochenumsatz Strukturverlust
Durch einen sequenziellen Wechsel der beiden Biologika kann der Knochengewinn sogar gesteigert werden: Unter Denosumab ist in der Monotherapie ein kontinuierlicher Anstieg der Knochendichte über zehn Jahre belegt. Wird bei Hochrisiko-Patienten eine Sequenztherapie aus zunächst einem Jahr Romosozumab, gefolgt von einem Jahr Denosumab gewählt, kann nach nur zwei Jahren derselbe Knochenzuwachs erzielt werden wie nach sieben Jahren unter einer Denosumab-Monotherapie – ein imposantes Beispiel dafür, wie die Intensität der Therapie anhand der Aktivität der zu behandelnden Osteoporose gesteuert werden kann.
Quelle: Live-Session „Osteoporose“, DGRh-Kongress, 10. September 2020 Niedriger Postmenop. Knochenumsatz Osteoporose
GK-induzierte AltersOsteoporose assoziiert
Teriparatid Romosozumab Denosumab Zoledronat Alendronat Risedronat Ibandronat HRT/SERMs Training Basistherapie/Ernährung Optimale Therapie der Grunderkrankung
Abb.: Überlegungen zur Differenzialtherapie der Osteoporose
?
Alter/Niereninsuffizienz
Langzeittherapie
Nachhaltigkeit
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RHEUMAORTHOPÄDIE
Rebellisches Gelenk: Therapieoptionen im Überblick Etwa jeder zehnte Patient mit rheumatoider Arthritis (RA) weist ein bzw. einzelne Gelenke mit Synovialitiden auf, obwohl die systemische Aktivität suffizient kontrolliert ist. Bei ein bis zwei Biologika-refraktären Gelenken ist dies nicht als Therapieversagen zu werten und sind lokale Interventionen angezeigt.
Dennoch kann das rebellische Gelenk eine klinische Herausforderung darstellen und erfordert oftmals eine enge Kooperation von internistischen und orthopädischen Rheumatologen, um die im individuellen Fall beste Lösung zu finden, betonte Prof. Dr. Stefan Rehart, Frankfurt/M, einleitend. Per definitionem handelt es sich dabei um eine unter wirksamer Immunsuppression persistierende Arthritis in einem Gelenk. Die Aktivitätsscores können also normal ausfallen – auch weil das betroffene Gelenk nicht zwingend im DAS28 abgebildet ist. Warum einzelne Gelenke nicht auf die Therapie ansprechen, ist bisher unklar. In der Situation mit Krankheitsaktivität in einem Gelenk muss laut Dr. Florian Schuch, Erlangen, geklärt werden, ob es sich um einen Schub, eine neue Erkrankung oder eine Komplikation handelt; zudem sollte die Diagnose hinterfragt werden. Entscheidend sei eine Anamnese zu Traumata, Infekt und Medikation, gefolgt von einer Gelenkuntersuchung mit Gelenkpunktat, ergänzt durch ein Labor und Bildgebung. Auf dieser Basis sollte die Differenzialdiagnose erfolgen und über das weitere Vorgehen entschieden werden. Schuch betonte die Bedeutung der Pseudogicht als wichtiger Differenzialdiagnose, da sie die häufigste Monarthritis des älteren Menschen darstelle. Insbesondere bei Langzeit-RA-Patienten ist eine signifikante, subklinische Synovialitis keine Seltenheit. Bis zu 40 % seien betroffen, so Prof. Dr. Ingo Arnold, Bremen. Als Grund werden die chronischen, kaum reversiblen synovitischen Veränderungen im Gelenk vermutet, die ihren Ausdruck in der Retention entzündungstriggernder T- und B-Zellen finden.
Gelenkinfiltration als Therapie der Wahl Therapie der ersten Wahl bei Biologika-refraktärem, rebellischem Gelenk ist für Arnold die sonografisch gesteuerte Infiltration von Glukokortikoiden (GK) – eine effektive und schnell umsetzbare Option. Daten für eine begründete Wahl des GK gibt es für das Kniegelenk. Hier hat sich Triamcinolon-Hexacetonid gegenüber Methylprednisolon als schneller wirksam erwiesen. Der Effekt hält jedoch bei etwa jedem zweiten Patienten keine sechs Monate an. Eine Herausforderung dieses Vorgehens ist zudem die im entzündeten Gelenk nur kurze GKVerweildauer von 1-4 h. Daher ist es sinnvoll, Hilfsstoffe beizumischen oder Steroide in Kristallform zu verwenden. Auch für die intraartikuläre Gabe von Plättchen-reichem Plasma (PRP)
gibt es Hinweise auf eine antiarthritische und immunregulatorische Wirkung beim rebellischen Gelenk – allerdings bisher nur aus in-vitro- und in-vivo-Untersuchungen. Zudem wird auch die intraartikuläre Gabe von TNFα-Inhibitoren geprüft. Erste Versuche sprechen für eine im Vergleich zu GK höhere Wirksamkeit und geringere Flarerate. Auch hier müssen aber erst noch die Hürden Verweildauer, entsprechend geeignete Drug Delivery-Systeme (DDS) und die Verteilung ins Gelenkgewebe genommen werden.
Radiosynoviorthese und Synovialektomie als ultima ratio Mit der Radiosynoviorthese (RSO) wurden zwar in Fallkontrollstudien gute Erfolge bei der Schmerzlinderung und Verbesserung der Gelenkfunktion erzielt; Daten aus größeren doppelblinden, randomisierten Studien gibt es aber nicht. Bei richtiger Indikationsstellung halte der Effekt aber bei der Mehrzahl der Patienten für 1-5 Jahre, so Arnold. Der Effekt sei aber nur symptomatisch und bleibe ohne Einfluss auf die Langzeitprognose des Gelenkes. Arnold wies noch auf drei wichtige Punkte hin: Eine polypöse Synovialitis, höhergradige Rotatorenmanschettenläsion oder Handgelenklokalisation stellen Kontraindikationen dar, eine geschlossene Bakerzyste dagegen nicht. Ein Knochentumor muss durch Röntgen ausgeschlossen werden. Bei stark hyperplastischer Synovialis und Larsen-Stadium >III ist eine Synovialektomie der RSO vorzuziehen. Die Synovialektomie stellt das invasivste Vorgehen dar. Sie zielt darauf ab, eine fibröse, zell- und gefäßarme, vermindert reaktionsfähige Synovialmembran wiederherzustellen und sollte innerhalb von drei Monaten nach Indikationsstellung erfolgen. Bei offener Synovialektomie ist das Risiko für einen späteren Gelenkersatz erhöht, bei arthroskopischer Synovialektomie hängt der Erfolg entscheidend davon ab, wie gründlich die Synovialis entfernt wird. Eine intensive Physiotherapie darf in der etwa sechswöchigen Regenerationsphase nicht durchgeführt werden. (wk) m
Quelle: Live-Session „Das rebellische Gelenk“, DGRh-Kongress, 10. September 2020
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ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
ePoster: Ausgewählte Highlights vom virtuellen DGRh-Kongress Im Rahmen des deutschen Rheumatologiekongresses wurden eine Vielzahl originärer Abstracts und Poster präsentiert, auf die hier nur am Rande eingegangen werden soll. Einen guten Überblick bietet die Auswahl der Wissenschaftspreise der DGRh für die besten ePosterpräsentationen in den fachlichen Kategorien der ePosterwalk-Sessions, die hier ebenso wie die wichtigsten Preise und Ehrungen kurz vorgestellt werden.
In der Kategorie „Der besondere Fall“ wurden Samantha Ferdinand, Frankfurt/M., und Kollegen für die Vorstellung des schwierigen Falls einer stationär (zunächst in der Infektiologie) mit stark schmerzenden Hauteffloreszenzen aufgenommenen Patientin mit großen Ulzerationen mit putrider Sekretabsonderung an den Mammae ausgezeichnet. Nach Ausschluss mehrerer Differenzialdiagnosen inklusive eines Malignoms, Hauttuberkulose, Parasitose und Zoonose konnte schließlich eine ANCA-assoziierte Vaskulitis mit Eosinophilie bestätigt werden, die mit Rituximab beherrscht werden konnte (FA.47). Prämiert in der Kategorie „Diagnostik und Bildgebung“ wurden Michael Czihal, München, und Kollegen für ihre Arbeit zur Kompressionssonografie der Temporalarterien in der Diagnostik der Riesenzell-Arteriitis bei Patienten mit okulären Durchblutungsstörungen. Diese weist bei einem Cut-Off-Wert von 0,7 www.dgrh-kongress.de
Deutscher Rheumatologi 2020 –– virtuell
Kongress
48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) 34. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
9. bis 12. September 2020
mm der maximalen Wanddicke der Temporalarterien eine extrem gute Sensitivität von 100 %, jedoch – aufgrund der höheren maximalen Wanddicken bei Männern ≥70 Jahre – nur limitierte Spezifität von 84,5 % (77,3 vs. 92,5 % bei Männern und Frauen) auf (DI.14). Oliver Hansen, Heidelberg, und Kollegen wurden für ihr ePoster zur SCREENED-Studie im Bereich „Epidemiologie und Versorgungsforschung“ ausgezeichnet. Sie konnten zeigen, dass eine aktenbasierte Triage die Effizienz der hier untersuchten Screeningsprechstunde in der Frühversorgung von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen noch weiter zu steigern vermag (EV.09).
Neue Erkenntnisse zur JAK-Inhibition Im Bereich „Experimentelle und Translationale Rheumatologie“ wurde ein ePoster von Natalie Frede, Freiburg, und Kollegen zu einer Untersuchung ausgezeichnet, die sich mit spezifischen Effekten von fünf verschiedenen Januskinase (JAK)-Inhibitoren auf die Modulation der B-Zell-Aktivierung und -Reifung befasste und Unterschiede zwischen dem Pan-JAK-Hemmer Tofacitinib und JAK-1/2- bzw. präferentiellen JAK-1-Inhibitoren aufzeigte (ET.17). In der Kategorie „Osteologie und Rheuma-Orthopädie“ prämiert wurde eine Arbeit von Arnd Kleyer, Erlangen, und Kollegen, die sich gleichfalls mit der JAK-Inhibition beschäftigte. Präklinische Untersuchungen zeigen, dass JAK-Inhibitoren wie Baricitinib zur Steigerung der Osteoblastenfunktion und Knochenbildung beitragen könnten, wie eine aktuelle Publikation der Arbeitsgruppe (Sci Transl Med 2020; 12(530): eaay4447) belegt. Die jetzt mithilfe der hochauflösenden CT (HR-pQCT) generierten Daten bei drei mit Baricitinib behandelten Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) unterstreichen den potenziellen Nutzen von JAK-Inhibitoren auf die sekundäre, periphere Osteoporose bei RA-Patienten (OS-RO-01).
Rheumatoide Arthritis und Spondyloarthritiden Ausgezeichnet in der Kategorie „Rheumatoide Arthritis” wurden Supriya Murthy, Leipzig, und Kollegen, die auf Basis ihrer
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Untersuchungen ein pathologisch erhöhtes ionisiertes Calcium (in der Synovialflüssigkeit von RA-Patienten) als Treiber der Inflammation bei RA über eine durch den Calcium-sensitiven Rezeptor vermittelte Aktivierung des NLRP3-Inflammasoms vorschlagen (RA.48).
Bei einer 50-jährigen Patientin mit schwerer Lupusnephritis (Klasse II/IV) mit nephrotischem Syndrom, Perikarditis, Arthritis und Hautbefall normalisierten sich die eGFR und Proteinurie unter Daratumumab binnen drei Monaten und die anderen Symptome verschwanden vollständig.
Von potenziell unmittelbarer Relevanz ist das in der Fachkategorie „Spondyloarthritiden“ ausgezeichnete ePoster von Uta Klitz, Herne, und Kollegen, die in einer Proof-of-Concept-Studie prüften, ob im Management von Patienten mit einer axialen Spondyloarthritis (axSpA) die Selbstüberwachung mit einer Smartphone-App machbar ist. Ergebnis: Die Mehrheit der Patienten konnten die App nutzen, jedoch nur etwas mehr als die Hälfte übermittelten auch regelmäßig Daten zu Krankheitsaktivität (BASDAI) und körperlicher Funktionsfähigkeit (BASFI). Eine höhere Krankheitsaktivität und damit einhergehende Therapieanpassung scheint die Häufigkeit der Übermittlung positiv zu beeinflussen (SpA.01).
Bei einer 32-jährigen Patientin mit transfusions-abhängiger autoimmuner hämolytischer Anämie, Immunthrombozytopenie (ITP) und kutaner Vaskulitis kam es innerhalb von zwei Monaten zur Normalisierung des Coombs-Test mit konsekutiver Erholung der hämolytischen Anämie und kompletten Resolution der ITP und kutanen Vaskulitis. Die Therapie wurde gut vertragen und ging auch mit einem serologischen Ansprechen einher, CD38 dürfte daher bei SLE jetzt vermehrt ins Blickfeld der Rheumatologen geraten (VK.33).
Systemischer Lupus erythematodes im Fokus
In der letzten Kategorie „Verschiedenes“ wurde das ePoster zur Charakterisierung und Behandlung von rheumatischen immun-assoziierten unerwünschten Ereignissen (irAEs) unter einer Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) von Jan Leipe, Mannheim, und Kollegen prämiert. In die Beobachtungsstudie gingen sechs Patienten ein, die nach median 34 Wochen ein rheumatisches irAE entwickelten. In vier Fällen fand sich eine Arthritis (1x Mono-, 2x Oligo- und 2x RA-artige Polyarthritis), in zweien eine neue Psoriasis-Arthritis (1x sich atypisch mit atlantodentaler Synovitis präsentierend), fünf hatten zusätzlich eine Sicca-Symptomatik. Bei allen Patienten gelang eine Symptomkontrolle mit einer Step-up-Therapie mit NSAR und Glukokortikoiden, nur in einem Falls musste auf Methotrexat (nicht aber ein bDMARD) eskaliert werden (VS.21). m
Keine Überraschung gab es im Bereich „Vaskulitiden und Kollagenosen“, wo ein ePoster von Lennard Ostendorf, Berlin, und Kollegen zu CD38 als neuem therapeutischen Angriffspunkt zur Depletion langlebiger Plasmazellen bei refraktärem systemischem Lupus erythematodes (SLE) ausgewählt wurde. Die Arbeit wurde kurz nach dem Kongress hochrangig publiziert (N Engl J Med 2020; 383(12): 1149-1155). Bei zwei Patienten mit einem lebensbedrohlichen, refraktären SLE wurden 4-wöchentliche Infusionen (16 mg/kg) des beim multiplen Myelom zugelassenen monoklonalen Anti-CD38-Antikörpers Daratumumab erprobt.
Nebenwirkungen der Immun-Checkpoint-Inhibition
Preisverleihungen und Ehrungen Den mit 10.000 Euro dotierten Rudolf-Schoen-Preis 2020 für Nachwuchswissenschaftler erhielt im Rahmen des virtuellen DGRh-Kongresses PD Dr. med. Valentin Schäfer, Bonn, für seine Arbeiten zur Integration des Ultraschalls in die rheumatologische Diagnostik. Überdies war er an der Entwicklung der Fluoreszenz-optischen Bildgebung beteiligt, die einen Nachteil des Ultraschalls, den hohen Zeitaufwand, vermeidet. Die Kußmaul-Medaille 2020 ging an Brigitte und Werner Hiller für ihr großes Engagement für eine bessere Versorgung von Menschen mit entzündlichrheumatischen Erkrankungen und die langjährige und großzügige Förderung der Erforschung dieser Krankheiten im Rahmen der Hiller-Stiftung bzw. des Hiller-Forschungszentrums. Für seine Arbeit zur Effizienz der multimodalen Komplexbehandlung bei Patienten mit axialen Spondyloarthritiden zeichnete die DGRh Dr. Phillip Christof Moritz Klemm, Bad Nauheim, mit dem Hans Hench-Preis 2020 für herausragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der rheumatologischen Rehabilitation und Versorgungsforschung aus. Als neue DGRh-Ehrenmitglieder wurden Prof. Dr. Angela Zink, Berlin, und Prof. Dr. Peter E. Lipsky, Charlottesville (USA), benannt. Prof. Zinke prägte in den letzten drei Dekaden die deutsche Rheumatologie, insbesondere mit ihrer epidemiologischen Erforschung der Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Prof. Lipsky drückte seit Beginn der 1990er-Jahre der Rheumatologie und Immunologie in den USA seinen Stempel auf.
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INDUSTRIE-BERICHT
Rheuma MANAGEMENT | Sep/Okt 2020
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Upadacitinib: Gute Argumente für JAK-Inhibition Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), die auf eine csDMARD-Strategie nicht ausreichend ansprechen, stellt sich die Frage, ob diese eher auf ein lange etabliertes bDMARD oder einen JAK-Inhibitor mit dem Vorteil der oralen Einnahme eingestellt werden sollten. Ein wichtiges Kriterium, dass für JAK-Inhibitoren wie Upadacitinib spricht, ist das häufigere Erreichen einer klinischen Remission auch beim Anlegen strengerer Kriterien wie ACR/EULAR Boolean, CDAI oder SDAI.
Die Studienlage zu den zugelassenen JAK-Inhibitoren Tofacitinib, Baricitinib, Filgotinib und Upadacitinib (Rinvoq®) erläuterte Prof. Dr. Andreas Krause, Berlin.. In ORAL Strategy war Tofacitinib (Monotherapie 2x 5 mg, oder kombiniert mit Methotrexat, MTX) nach MTX-Versagen gegen Adalimumab plus MTX geprüft worden, in RA-BEAM gleichfalls nach MTX-Versagen Baricitinib (4 mg) plus MTX gegen Adalimumab plus MTX, in SELECT-COMPARE im gleichen Setting Upadacitinib (15 mg plus MTX) wiederum gegen Adalimumab plus MTX ebenso wie zuletzt Filgotinib (100 oder 200 mg plus MTX) in der FINCH-1-Stu-
die. Zusätzlich wurde Upadacitinib in SELECT-CHOICE nach bDMARD-Versagen vs. Abatacept getestet. Im Ergebnis wurde in Woche 12 für Tofacitinib und Filgotinib (ACR50, DAS28-CRP ≤3,2) eine Nicht-Unterlegenheit bzw. für Filgotinib eine Überlegenheit in der DAS28CRP-Remission versus Adalimumab demonstriert und für Baricitinib sowie Upadacitinib eine signifikante Überlegenheit versus Adalimumab im ACR20 und DAS28-CRP und für Upadacitinib gegenüber Abatacept im Erreichen einer DAS28-CRP-Remssion. Ein Vorteil von Upadacitinib ist, dass es konsistent und auch langfristig signifikant höhere Re-
missionsraten auch bei strengeren Kriterien wie ACR/EULAR Boolean, CDAI und SDAI bot. Ein weiterer Pluspunkt ist laut Prof. Dr. Christoph Fiehn, BadenBaden, dass die nach MTX-Versagen in den Studien SELECT-COMPARE (plus MTX) und SELECT-MONOTHERAPY (ohne MTX) erreichten Remissionsraten quasi identisch waren, es also nicht einer Kombination mit MTX bedarf, wodurch das Risiko von Nebenwirkungen reduziert werden kann. m Quelle: Satellitensymposium AbbVie Deutschland GmbH, DGRh-Kongress, 11. September 2020
BEHÇET-SYNDROM
Apremilast gut wirksam bei oralen Aphthen Auf Basis der Phase-III-Studie RELIEF war der PDE4-Inhibitor Apremilast im April von der Europäischen Kommission für die systemische Behandlung von erwachsenen Patienten mit Behçet-Syndrom und oralen Aphthen zugelassen worden. Grund genug für einen genaueren Blick auf diese Erkrankung.
Das in Deutschland seltene, bei Personen mit Herkunft aus der Türkei, Iran und Asien jedoch gehäuft auftretende Behçet-Syndrom gehört zu den Vaskulitiden variabler Gefäßgröße. Das klinische Bild mit Schüben ist sehr vielfältig – häufig sind orale oder genitale Aphthen, möglich ist eine mannigfaltige Beteiligung der Haut, Gelenke, Augen, des Gastrointestinaltrakts, des zentralen und peripheren Nervensystems, der Großgefäße und Nieren – und erfordert daher eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, so Dr. Theodoros Xenitides, Tübingen. Nach seinen Worten, so geben es auch die EULAR-Empfehlungen aus 2018 wieder, richtet sich die Therapie nach der führenden Beteiligung der einzelnen Organe.
Für orale Aphthen, die häufigste BehçetManifestation, die bei mehr als 97 % der Patienten auftritt, steht mit Apremilast (Otezla®) erstmals eine spezifisch zugelassene Therapie zur Verfügung. Die Zulassung basiert laut Dr. Felix Lauffer, München, in erster Linie auf der randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Phase-III-Studie RELIEF, in der Apremilast 2x 30 mg/Tag bei 207 Erwachsenen mit Behçet-Syndrom und aktiven oralen Aphthen, die zuvor mit mindestens einem nichtbiologischen DMARD behandelt wurden und sich für eine systemische Therapie eigneten, untersucht wurde. Der primäre Endpunkt, die Anzahl oraler Aphthen über 12 Wochen (AUC), wurde signifikant er-
reicht und zwar konsistent über alle Subgruppen hinweg. Auch die Schmerzen wurden signifikant gelindert. Unter Apremilast waren in Woche 12 53 % der Patienten frei von Aphthen gegenüber 22 % unter Placebo. Genitale Aphthen wurden gleichfalls reduziert. Sicherheit und Verträglichkeit waren vergleichbar mit jener bei Psoriasis-Arthritis und Psoriasis, vor allem zu Beginn ist mit gastrointestinalen Nebenwirkungen zu rechnen. Auch wenn Langzeitdaten noch fehlen, geht Lauffer davon aus, dass Apremilast dauerhaft gegeben werden sollte. m Quelle: Virtuelle Pressekonferenz Amgen GmbH, DGRh-Kongress, 11. September 2020
INDUSTRIE-BERICHT
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CHRONISCHE PROGREDIENT-FIBROSIERENDE ILD
Nintedanib mit drittem Durchbruch bei Lungenfibrose Im Juli 2020 erhielt der Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib nach jener bei idiopathischer Lungenfibrose (IPF) und systemischer Sklerose assoziierter interstitieller Lungenerkrankung (SSc-ILD) auch die europäische Zulassung zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit anderen chronischen progredient-fibrosierenden interstitiellen Lungenerkrankungen (PF-ILDs). Basis der Zulassung war die Phase-III-Studie INBUILD, in der Nintedanib die jährliche Abnahme der Lungenfunktion bei Patienten mit chronischen PF-ILDs signifikant um mehr als die Hälfte reduzieren konnte.
In der INBUILD-Studie waren die Patienten erstmals anhand des klinischen Verlaufs und nicht gemäß der primären klinischen Diagnose eingruppiert worden. Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Parallelgruppen-Studie untersuchte die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Nintedanib (Ofev®) in einem breiten Spektrum von chronischen PF-ILDs (u. a. bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, RA). Primärer Endpunkt war die jährliche Abnahme der forcierten Vitalkapazität (FVC), die über 52 Wochen ermittelt wurde. Die adjustierte jährliche FVC-Abnahme betrug in der Gesamtstudienpopulation unter Nintedanib 81 ml/Jahr im Vergleich zu 188 ml/Jahr mit Placebo, was einer si-
gnifikanten relativen Risikoreduktion um 57 % (p<0,001) entsprach, wie Prof. Dr. Dirk Koschel, Dresden, betonte. Die Reduktion der Abnahme der Lungenfunktion war, unabhängig vom fibrotischen Muster in der HRCT, konsistent – es profitierten also auch Patienten mit UIPMuster. Gleiches galt für die zugrundeliegenden Diagnosen, führte Prof. Dr. Jörg Distler, Erlangen, weiter aus. Jenseits weniger Patienten mit SSc- oder Mischkollagenosen-assoziierter ILD waren auch 89 mit RA-ILD eingeschlossen worden, bei denen die Reduktion der FVC-Abnahme mit einer Differenz von 118,2 ml/Jahr versus Placebo in einem ähnlichen Bereich wie im Gesamtkollektiv (Δ107 ml/
Jahr) lag. Überdies verringerte Nintedanib in der INBUILD-Studie im Vergleich zu Placebo signifikant das Risiko einer akuten Exazerbation oder Tod um 33 % (p=0,04). Unter Nintedanib klagten die Patienten zudem seltener über Dyspnoe. Das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil von Nintedanib war bei chronischen PF-ILDs vergleichbar mit jenem bei IPF und SSc-ILD, vor allem gastrointestinale Nebenwirkungen sind für den Rheumatologen zu beachten, wohingegen das Infektionsrisiko nicht erhöht ist. m
Quelle: Web-Pressekonferenz Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, 20. August 2020
FAMILIÄRES MITTELMEERFIEBER
Neu: Telefon-Hotlines in Autoinflammations-Zentren Das familiäre Mittelmeerfieber (FMF) ist eine seltene, genetisch bedingte autoinflammatorische Erkrankung, die überwiegend bei Menschen mit Herkunft aus dem südöstlichen Mittelmeerraum vorkommt. Charakteristisch sind 2–3 Tage anhaltende, wiederkehrende Fieberschübe, die typischerweise mit starken Bauch- und Brustschmerzen sowie mit Gelenkentzündungen einhergehen. Die Erkrankung tritt oft erstmals im Kindes- oder Jugendalter auf und lässt häufig einen Infekt vermuten. Bei wiederkehrenden Beschwerden und entsprechender Herkunft der Patienten sollte jedoch FMF als Möglichkeit in Betracht gezogen werden.
Falls in der täglichen Praxis Fragen zur Diagnose, Symptomatik oder zum Krankheitsverlauf der Erkrankung auftreten, stehen Experten der Universitätskliniken Tübingen und Münster nun über telefonische Hotlines zur Verfügung, die mit Unterstützung der Novartis Pharma GmbH eingerichtet wurden. Allgemeinmediziner, Kinderärzte oder Ärzte anderer Fachrichtungen sind eingeladen, sich an die kostenlosen Hot-
lines dieser Autoinflammations-Kompetenzzentren zu wenden, um Rat und Hilfestellungen rund um das Thema FMF zu erhalten und durch eine frühere Diagnosestellung Spätfolgen und lebensgefährliche Komplikationen zu vermeiden: Autoinflammation Reference Center Tübingen (arcT): Tel.: 07071/29-81381; Montag und Mittwoch 13:30–15:00 Uhr, Dienstag 15:30–17:00 Uhr, Donnerstag 8:30–10:00 Uhr; autoinflammation@
med.uni-tuebingen.de und Münster Autoinflammation Reference Center (MARC): Tel.: 0251/83-58172; Dienstag 11:00–13:00 Uhr, Mittwoch und Donnerstag 10:00–11:30 Uhr und Freitag, 8.009.30 Uhr; autoinflammation@ukmuens ter.de. m
Quelle: Pressemitteilung Novartis Pharma GmbH, 26. August 2020
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INDUSTRIE-BERICHT
Rheuma MANAGEMENT | Sep/Okt 2020
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Filgotinib als neue Therapieoption zugelassen Mit Filgotinib, einem präferenziellen, reversiblen Januskinase (JAK)-1-Inhibitor, steht erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis (RA), die auf ein oder mehrere DMARDs unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben, in Kürze eine neue, von der EMA am 24. September 2020 zugelassene Therapieoption zur Verfügung. (1) Filgotinib war in der Phase-III-Studie FINCH 1 schon nach zwei Wochen im ACR20-Ansprechen für beide zugelassenen Dosierungen (1x 200 mg bzw. 1x 100 mg/Tag) signifikant Placebo überlegen und zeigte in Woche 12 Vorteile im Erreichen einer Remission gemäß CDAI ≤2,8 gegenüber Adalimumab. In Woche 52 erreichte mehr als jeder zweite Patient unter 200 mg Filgotinib eine DAS28(CRP)-Remission. (2) Zugleich erwies sich Filgotinib in allen in den Phase-III-Studien FINCH 1-3 untersuchten Patientengruppen als gut verträglich. (2-4)
Bei RA-Patienten besteht heute das erklärte Therapieziel im Erreichen einer anhaltenden Remission (5), da schon eine niedrige Krankheitsaktivität langfristig mit einer deutlich schlechteren Funktionalität und Lebensqualität einhergeht (6), erläuterte Prof. Dr. Rieke Alten, Berlin. Jedoch erreichen trotz vieler effektiver Medikamente immer noch viele Patienten keine Remission (7), woraus sich der Bedarf an einer neuen innovativen Therapieoption mit starker, anhaltender Wirksamkeit und zugleich breiter Einsetzbarkeit ableitet. Die Zulassung von Filgotinib markiert hier einen großen Schritt nach vorne, so Alten. Bei Filgotinib handelt es sich um einen präferenziellen und reversiblen JAK-1-Inhibitor der neuen Generation, der eine anhaltende Wirksamkeit mit einem günstigen Sicherheitsprofil kombiniert. (1-4, 8) Er ist indiziert bei erwachsenen Patienten mit moderater bis schwerer aktiver RA, die auf ein oder mehrere DMARDs unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben und kann als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat (MTX) angewendet werden. (1) Die übliche Dosierung beträgt 1x 200 mg/Tag. Für Patienten ≥75 Jahre sind es 1x 100 mg/Tag in der Anfangsdosis und für Patienten mit FIL 200 mg + MTX FIL 100 mg + MTX ADA + MTX PBO + MTX
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Patienten in Remission (%)
50 40
p vs. PBO <0,001 p vs. ADA <0,05 p vs. ADA <0,01 +++ p vs. ADA <0,001 *
+
+
++
* ++ +
30
*
20
* ++ * +
*
10 0
* ++
DAS28 (CRP) <2,6
CDAI <2,8
Woche 12
SDAI ≤3,3
DAS28 (CRP) <2,6
CDAI <2,8
SDAI ≤3,3
Woche 52
Abb.: FINCH 1-Studie: Patienten mit Remission gemäß DAS28(CRP), CDAI und SDAI in den Wochen 12 und 52 unter Filgotinb (FIL) 1x 200 mg oder 1x 100mg/Tag, Adalimumab (ADA) und Placebo (PBO) plus MTX (mod. nach 2)*
moderater oder schwerer Nierenfunktionsstörung wird Filgotinib in einer Dosierung von 1x 100 mg/Tag empfohlen. (1) Die Einnahme erfolgt oral und unabhängig von den Mahlzeiten. (1)
Schnelles, starkes und anhaltendes Ansprechen nach MTX-Versagen Die Wirksamkeit und Sicherheit von Filgotinib wurde laut Prof. Dr. Klaus Krüger, München, in den Phase-III-Studien FINCH 1-3 bei einem breiten Patientenspektrum untersucht. (1-4, 8) Deren Ergebnisse belegen in Bezug auf Remission und Therapieansprechen starke Effekte für Filgotinib sowohl in der Mono- als auch Kombinationstherapie mit MTX. (1) Besonders relevant ist die Phase-III-Studie FINCH 1, in die 1.759 Patienten mit moderater bis schwerer RA und unzureichendem MTX-Ansprechen eingeschlossen und randomisiert entweder mit Filgotinib 200 mg oder 100 mg, Adalimumab 40 mg oder Placebo jeweils in Kombination mit MTX behandelt wurden. (2) Primärer Wirksamkeitsendpunkt war das ACR20-Ansprechen in Woche 12. Bereits nach 2 Wochen zeigten signifikant mehr Patienten unter Filgotinib (1x 200 oder 1x 100 mg/Tag) plus MTX als unter Placebo plus MTX ein ACR20-Ansprechen (p<0,001). In Woche 12 erreichten das ACR20-Kriterium unter Filgotinib 200 mg/Tag plus MTX 77 %, unter Adalimumab plus MTX 71 % und auf Placebo plus MTX 50 % der Patienten (p<0,05 vs. Adalimumab*, p<0,001 vs. Placebo). (1, 9) Dabei hielt die Wirksamkeit von Filgotinib 200 mg/Tag plus MTX bis zum Studienende nach 52 Wochen an. (2) Ein Ansprechen wiesen zu diesem Zeitpunkt 78 % der Patienten gemäß dem ACR20-Kriterium auf sowie 62 % gemäß dem ACR50- bzw. 44 % gemäß dem ACR70-Kriterium. (1) Noch aussagekräftiger sind für Krüger jedoch die Daten zur Remission: So erwies sich Filgotinib 200 mg/Tag plus MTX auch hinsichtlich des Anteils der Patienten, die nach dem DAS28(CRP)-Score <2,6 in Woche 52 eine Remission erlangten, als überlegen: Dieser betrug am Studienende 54 % (vs. Adalimumab 46 %, p<0,05)*†. (1-2) Auch hinsichtlich stringenterer Remissionskriterien wie dem CDAI zeigten sich sowohl in Woche 12 als auch Woche 52 Vorteile von 200 mg Filgotinib gegenüber Adalimumab, die 100 mg-Dosierung war in Woche 52 vergleichbar effektiv wie der TNFα-Inhibitor (Abb.). (2)
INDUSTRIE-BERICHT
Krüger hob zudem hervor, dass auch in puncto radiologischer Progression im Vergleich zum Ausgangswert in Woche 52 (ΔmTSS ≤0) die 200 mg-Dosierung von Filgotinib Vorteile gegenüber Adalimumab aufwies. (2)
Gute Wirksamkeit auch nach bDMARDs und als Monotherapie In der Phase-III-Studie FINCH 2, so Krüger weiter, wurde Filgotinib bei Patienten mit moderater bis schwerer aktiver RA geprüft, die unzureichend auf bDMARDs angesprochen oder diese nicht vertragen hatten. (3) Primärer Endpunkt war erneut das ACR20-Ansprechen in Woche 12. Er wurde unter Filgotinib 200 und 100 mg/Tag – jeweils in Kombination mit einem csDMARD (überwiegend MTX) – mit 66,0 % und 57,5 % signifikant häufiger erreicht als unter Placebo plus csDMARD mit 31,1 % ( je p<0,001). (3) Bemerkenswert ist laut Krüger, dass die Wirksamkeit von Filgotinib weder von der Anzahl (1, 2 oder ≥3 Vortherapien) noch der Art (Anti-TNF oder -IL-6) der vorherigen bDMARDs beeinflusst wurde. (10) Zusätzlich stützen die Ergebnisse der Phase-III-Studie FINCH 3 zu MTX-naiven Patienten mit moderater bis schwerer aktiver RA den Einsatz von Filgotinib als Monotherapie‡ (4), betonte Krüger. Im Arm der Filgotinib-Monotherapie (200 mg/Tag) sprachen nach 52 Wochen 75 % der Patienten gemäß ACR20-, 61 % gemäß ACR50- und 45 % gemäß ACR70-Kriterium an. In einer DAS28(CRP)-Remission befanden sich zu diesem Zeitpunkt 46 %. Es zeigte sich bereits ab Woche 4 durchweg eine signifikante Überlegenheit im DAS28(CRP)-Score gegenüber einer MTX-Monotherapie und eine mit Filgotinib 100 mg/Tag plus MTX vergleichbare Wirksamkeit. (4) Diese Daten belegen nachdrücklich, dass Filgotinib sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit MTX stark und anhaltend wirksam ist, unterstrich Krüger. In allen untersuchten Studienpopulationen der FINCH-Studien 1-3 zeigte sich, so ergänzte Prof. Alten, eine rasche (nach
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nur 2-4 Wochen) und bis Woche 52 anhaltende Besserung der für die Patienten bedeutsamen RA-Symptome wie Schmerz, Funktion, Fatigue und Lebensqualität. (1, 12-14)
Vorteilhaftes Sicherheitsprofil bestätigt Ein weiterer Pluspunkt von Filgotinib ist die Verträglichkeit, unterstrich Krüger. Schwerwiegende Infektionen, Herpes zoster und venöse Thromboembolien waren mit Inzidenzraten von 3,0, 1,4 bzw. 0,2 pro 100 Patientenjahre unter Filgotinib selten und befanden sich auf einem vergleichbarem Niveau wie unter Adalimumab. (8) Die Rate an schweren Infektionen blieb selbst in der Langzeitexposition stabil. (14) Klinisch relevante Veränderungen der hämatologischen Laborparameter ließen sich über einen Beobachtungszeitraum von 24 Wochen nur sehr selten beobachten. (15) Besonders in der nicht erhöhten Herpes zoster-Inzidenz im Vergleich zu Adalimumab und Methotrexat sieht Krüger einen Vorteil dieses präferenziellen JAK1-Inhibitors. (8) Zusammen mit der oralen Anwendung, dem günstigen Wechselwirkungsprofil und einfachen Monitoring kann Filgotinib vermutlich breit und unkompliziert eingesetzt werden, resümierte Krüger. (1-4) Auf die Rationale für das vorteilhafte Nutzen-Risiko-Verhältnis von Filgotinib ging Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim, ein. So könnte es von Vorteil sein, in erster Linie JAK 1 zu hemmen, das viele Entzündungsprozesse vermittelt, und nicht andere JAK-Isoformen, die z. B. bei der Erythropoese eine wichtige Rolle spielen. (16) Filgotinib entfaltet seine Wirkung präferenziell an JAK 1 und inhibiert dadurch primär proinflammatorische Botenstoffe. (17, 18). m Quelle: Digitale Fachpressekonferenz von Gilead Sciences, September 2020 Report mit freundlicher Unterstützung der Gilead Sciences GmbH
*p-Werte sind nur nominal und nicht auf Multiplizität adjustiert, ausgenommen die DAS28(CRP)-Werte < 2,6 für Filgotinib vs. Placebo in Woche 12. | †Vordefinierte, nichtklassifizierte Endpunkte und die 52-Wochen-Daten wurden nicht auf Multiplizität kontrolliert, daher könnten die Behandlungsunterschiede Zufallsbefunde darstellen. | ‡ MTX-naive Patienten sind nicht Teil der Zulassung von Filgotinib. Die Ergebnisse von FINCH 3 bei MTX-naiven Patienten stützen die Anwendung von Filgotinib als Monotherapie bei Patienten mit einem unzureichenden Ansprechen auf MTX.
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DE-INF-2020-10-0003
Literatur: 1 Fachinformation Jyseleca®, Stand: September 2020 | 2 Combe B et al., EULAR 2020; Poster THU0198 | 3 Genovese MC et al., JAMA 2019; 322(4): 315-325 | 4 Westhovens R et al., EULAR 2020; Poster SAT0158 | 5 Fiehn C et al., Z Rheumatol 2018; 77(Suppl2): 35-53 | 6 Nikiphorou E et al., ACR 2018; Abstract #1923 | 7 Albrecht K et al., Z Rheumatol 2016; 75(1): 90–96 | 8 Genovese MC et al., EULAR 2020; Poster THU0202 | 9 Combe B et al., ACR 2019; Poster 506 | 10 Gottenberg EF et al., EULAR 2020; Poster THU0204 | 11 Kivitz A et al., EULAR 2020; Poster FRI0128 | 12 Walker D et al., EULAR 2020; Poster FRI0139 | 13 Alten R et al., EULAR 2020; Poster FRI0115 | 14 Kavanaugh A et al., ACR 2019; Abstract #550 | 15 Winthrop K et al., ACR 2019; Presentation #1329 (Poster) | 16 Schwartz DM et al., Nat Rev Drug Discov 2017; 16(12): 843–862 | 17 Gonzalez-Traves P et al., EULAR 2020; Poster THU0067 | 18 Menet CJ et al., J Med Chem 2014; 57(22): 9323–9342
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Rheuma MANAGEMENT | Sep/Okt 2020
INDUSTRIE-BERICHT
ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
Impfstatus von Rheumapatienten regelmäßig auffrischen Insbesondere bei älteren Patienten unter Immunsuppression sollte der Impfstatus regelmäßig überprüft und aufgefrischt werden, um das Risiko von Infektionen möglichst auszuschalten – gerade in Zeiten von Corona.
Basis der Entscheidungen sollte die jährliche Überprüfung des Impfpasses und individuellen Infektionsrisikos in Abhängigkeit von der Grunderkrankung, den Komorbiditäten und der immunsuppressiven Therapie sein, so Prof. Dr. Christian Kneitz, Schwerin. Was unter der jeweiligen Medikation zu beachten ist, ist der Publikation „Impfen bei Immundefizienz“ (Wagner N et al., Bundesgesundheitsblatt 2019), zu entnehmen. Jenseits den von der STIKO empfohlenen Standardsind Indikationsimpfungen gegen Influenza, Pneumo- und Meningokokken sowie Herpes zoster wichtig. Totimpfstoffe könnten auch während einer Steroid- und DMARD-Therapie geimpft werden, mög-
lichst vor Therapiebeginn bzw. in einer stabilen Phase. Lebendimpfstoffe können laut neuer EULAR-Empfehlung nun bei weniger ausgeprägter Immunsuppression mit Vorsicht in Betracht gezogen werden, so auch eine MMR-Auffrischung. Von der EULAR empfohlene Impfungen sind gegen Grippe ( jährlich), Pneumokokken (Wiederholung nach ≥6 Jahren), Tetanus (nach B-Zell-Depletion auch passive Immunisierung), Hepatitis A und/oder B (bei Gefährdung) und Herpes zoster (ab ≥50 Jahre) sowie ein kompletter Impfschutz für immunkompetente Haushaltsmitglieder (außer oraler PolioImpfstoff ), für SLE-Patienten auch HPV.
Auch beim Herpes zoster weisen SLEPatienten bereits ab der 2. Lebensdekade ein besonderes Risiko auf, so Kneitz. Die STIKO empfiehlt für Personen mit erhöhtem Risiko, wie Rheumapatienten, die Impfung mit dem Totimpfstoff Shingrix® ab 50 Jahren als zweimalige Impfung im Abstand von 2-6 Monaten. Die EMA hat am 25. August 2020 eine Indikationserweiterung für Shingrix genehmigt, sodass es auch ab einem Alter von ≥18 Jahren bei erhöhtem Herpes zoster-Risiko verimpft werden kann. (wk) m Quelle: Frühstückssymposium GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, DGRh-Kongress, 11. September 2020
MILDE BIS MODERATE PSORIASIS-ARTHRITIS
Neue Erkenntnisse zu PDE-4-Inhibitor Apremilast Als eine wichtige Option zur Behandlung von Patienten mit milder Ausprägung einer aktiven Psoriasis-Arthritis (PsA) ist im Update der EULAR-Leitlinien der PDE-4-Inhibitor Apremilast vorgesehen. Basis dieser Empfehlung sind die positiven Ergebnisse der auf dem virtuellen EULAR-Kongress dargelegten Analysen der Phase-III PALACE-Studien.
Bei einer oligoartikulären PsA (oPsA) kommt es insbesondere bei milden bzw. moderaten Verlaufsformen oft zu mehrjährigen Verzögerungen bei Diagnose und Therapie, obwohl die Krankheitslast vergleichbar sein kann mit jener bei schwerer PsA. Das Update der EULARGuidelines nennt Apremilast (Otezla®) nach Versagen einer csDMARD-Vortherapie als Therapieoption bei Patienten mit milder PsA sowie bei Kontraindikation anderer Wirkstoffe. Dr. Frank Behrens, Frankfurt/M., präsentierte eine präspezifizierte Subgruppenauswertung der PALACE-Studien 1-3, in der 375 DMARD-vorbehandelte Patienten nach ihrer Krankheitsaktivität strati-
fiziert wurden und über 52 Wochen 2x 30 mg/Tag Apremilast erhielten. Der cDAPSA-Score fiel in den ersten 16 Wochen bei Patienten mit zu Baseline niedriger Krankheitsaktivität oder Remission steiler ab als bei solchen mit moderater oder hoher Krankheitsaktivität. Dieser Vorteil blieb über 52 Wochen bestehen. Patienten, die zu Beginn der Apremilast-Therapie eine niedrige Krankheitsaktivität aufwiesen, hatten überdies eine ca. 50 % höhere Wahrscheinlichkeit, nach 52 Wochen eine niedrige Krankheitsaktivität bzw. Remission zu erreichen: Diesen Status erzielten 71,1 % der Patienten mit niedriger, 46,9 % mit moderater und 24,9 % mit hoher Ausgangs-
aktivität. Das Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität bzw. Remission unter Apremilast war in Woche 52 assoziiert mit milden muskuloskelettalen Manifestationen und keiner oder nur mild ausgeprägter Enthesitis und Daktylitis. Die PALACE-Studie 4 mit DMARD-naiven Patienten zeigte zudem, dass über 60 % der Patienten mit niedriger oder moderater Krankheitsaktivität unter Apremilast eine niedrige Krankheitsaktivität oder Remission erreichten (100 bzw. 61,7 %) – deutlich mehr als bereits mit DMARDs vorbehandelte Patienten. m
Quelle: Pressemitteilung Amgen GmbH, 12. August 2020
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Auch herausfordernde Therapiesituationen gut meistern Beim virtuellen Kongress der DGRh 2020 referierten Experten über Lösungsansätze zu schwierigen Therapiesituationen in der Rheumatologie. Neben der Verunsicherung der Patienten bezüglich ihrer Therapie in Zeiten von COVID-19 wirft auch der Umgang mit rheumatischen „immune-related adverse events“ (irAEs) unter Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) Fragen zu deren Management auf. Deutlicher Optimierungsbedarf besteht noch bei der Therapie von Patienten mit früher rheumatoider Arthritis (RA).
MTX-Therapie im Kontext von COVID-19
Frühe RA: Anspruch und Realität
Auf die Frage, was in Zeiten von COVID-19 bei der Therapie mit Methotrexat (MTX; z. B. metex® PEN) und anderen DMARDs beachtet werden muss, ging Prof. Dr. Christian Kneitz, Schwerin, ein. Auf Basis der im Juli aktualisierten DGRh-Handlungsempfehlungen (1) wies er darauf hin, dass eine DMARD-Therapie nicht allein aus Furcht vor COVID-19 geändert werden sollte. Bei Patienten ohne Infektzeichen, auch mit Kontakt zu SARS-CoV-2-positiven Personen, sollte die bestehende antirheumatische Therapie unverändert fortgesetzt werden. Bei Verdacht auf eine COVID-19-Infektion und Vorliegen deutlicher Infektzeichen (Fieber >38°C) sollten DMARDs aber bis zur Klärung pausiert werden. Nach einer infektionsbedingten Pause kann dann eine erneute Therapie 7-14 Tage nach der Erholung beginnen – bei einem schweren Verlauf je nach Klinik. Eine Glukokortikoid (GK)-Therapie sollte auf die niedrigste effektive Dosis reduziert oder beendet werden, betonte Kneitz.
Dass sich die Möglichkeiten zur Behandlung von RA-Patienten in den letzten 20 Jahren dramatisch verbessert haben, betonte Prof. Dr. Markus Gaubitz, Münster. Dennoch würden insbesondere bei Patienten mit neu diagnostizierter RA längst nicht alle Chancen genutzt. Er verwies auf die aktuelle Leitlinie „Management der frühen rheumatoiden Arthritis“ (3), in der es heißt: Wird bei neu aufgetretenen Gelenkschwellungen binnen sechs Wochen keine Diagnose gesichert, sollte der Patient möglichst innerhalb von zwei Wochen einem Rheumatologen vorgestellt werden. Das erklärte Ziel der Remission für alle neu erkrankten Patienten werde aber häufig verfehlt, weil das „window of opportunity“ verpasst wurde, so Gaubitz. (4) Dies läge teils an der deutlich verspäteten Diagnosestellung, teils aber auch an einer verzögerten Basistherapie.
Management rheumatischer irAEs unter ICI ICI stellen bei einer Vielzahl von Malignomen einen entscheidenden Durchbruch in der onkologischen Therapie dar, gehen aber häufig mit rheumatischen irAEs einher. Vor diesem Hintergrund informierte Dr. Jan Leipe, Mannheim, über ICI-assoziierte muskuloskelettale Nebenwirkungen und die Rolle von DMARDs in der interdisziplinären Versorgung. Eine Objektivierung rheumatischer irAEs gelinge oft klinisch und bildgebend, spezifische Immunlaborauffälligkeiten seien selten. Die Therapie der rheumatischen irAEs sollte in Abhängigkeit vom Schweregrad erfolgen: Bei leichten bis moderaten irAEs sind NSAR und/oder ≤10 mg Prednisolon oft ausreichend. (2) Falls erforderlich, so unter anderem bei hohem GK-Bedarf und/ oder anhaltender entzündlicher Krankheitsaktivität, sollten csDMARDs zur Anwendung kommen. Hierbei bestehen die meisten positiven Erfahrungen für MTX. Nur in seltenen Fällen müssen bDMARDs eingesetzt werden. Das Auftreten rheumatischer irAEs ist prognostisch günstig für Tumoransprechen und Überleben. Um diesen Vorteil nicht zu verlieren, sollte laut Leipe eine defensive Therapiestrategie, also kein Treat-to-Target, in partizipativer Entscheidungsfindung zusammen mit dem Onkologen und Patienten festgelegt werden.
Essenziell zur Verbesserung der Prognose durch frühzeitige Therapie sei daher eine Erstvorstellung beim Rheumatologen spätestens sechs Wochen nach Beginn der Symptome. Laut Gaubitz erfolgt die Erstvorstellung von RA-Patienten beim Rheumatologen aber oft immer noch zu spät. Hinsichtlich der RA-Therapie kritisierte er den verzögerten Einsatz von MTX und verwies auf die oft nach wie vor zu niedrige Dosierung. (5) Auch der parenterale Einsatz von MTX, der eine höhere Wirksamkeit bei besserer Verträglichkeit erlaubt, käme noch zu kurz. (6) Ein weiteres Problem sei die zu spät erfolgende Therapieeskalation bei Nichterreichen der Remission. m Quelle: Satellitensymposium medac, virtueller DGRh-Kongress, 10. September 2020 Literatur: 1 Schulze-Koops H et al., Z Rheumatol 2020; 79(7): 679-685 2 Kostine M et al., Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/ annrheumdis-2020-217139 3 Schneider M. et al., Z Rheumatol 2020; 79(Suppl 1): 1-38 4 Lorenz HM et al., Z Rheumatol 2019; 78(5): 396-403 5 Gaujoux-Viala C et al., Ann Rheum Dis 2017; 76(12): 2054-2060 6 Fiehn C et al., Z Rheumatol 2019; 78(Suppl 2): 385-387 Report mit freundlicher Unterstützung der medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH
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INDUSTRIE-BERICHT
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LUNGENFIBROSE BEI RHEUMATISCHEN ERKRANKUNGEN
Nintedanib kann indikationsübergreifend Verlust der Lungenfunktion bremsen Viele systemische Autoimmunerkrankungen bergen das Risiko für die Entwicklung einer chronischen progredient fibrosierenden interstitiellen Lungenerkrankung (PF-ILD). Die fortschreitende Fibrosierung der Lunge ist mit einer hohen Morbidität und Mortalität assoziiert. (1, 2) Bisher stand hierfür keine zielgerichtete, effektive Therapie zur Verfügung. (3) Mit der Zulassung des Tyrosinkinase-Inhibitors Nintedanib für die Behandlung einer ILD bei Erwachsenen mit systemischer Sklerose (SSc-ILD) sowie chronischen PF-ILDs wurde nun ein entscheidender Durchbruch erreicht. (4)
Vitalkapazität, FVC) (Abb.) reduzieren, nachweislich das Risiko schwerer akuter Exazerbationen senken und im Praxisalltag die Überlebenszeit der Patienten verlängern. (4, 7-10)
Da bei SSc-ILD die Entzündung der Fibrose vorausgeht, sollten bei einem progredienten Verlauf frühzeitig effektive Immunsuppressiva wie z. B. Cyclophosphamid oder Mycophenolat Mofetil (MMF) zum Einsatz kommen. (6) Zeit ist Gewebe, verdeutlichte Riemekasten und riet daher zu einer „Hit hard and early“-Strategie. Dies gilt umso mehr, nachdem mit dem niedermolekularen Rezeptor-Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib (OFEV®) nunmehr auch eine zielgerichtete, wirksame antifibrotische Therapie zur Verfügung steht. (4) Nintedanib bindet an drei TyrosinkinaseRezeptoren (PDGF, FGF, VEGF) und blockiert für die Fibrose relevante Signalwege. Es inhibiert die pathologischen Prozesse, die einer Lungenfibrose zugrunde liegen, unabhängig von der Grunderkrankung. (4) Die Rationale für Nintedanib bei SScILD hatte dessen erfolgreiche Anwendung bei idiopathischer Lungenfibrose (IPF) geliefert: So konnte es bei IPF-Patienten den Verlust der Lungenfunktion (gemessen an der forcierten
Der Nachweis, dass dieses Therapieprinzip auch bei SSc-ILD greift, gelang in der Phase-III-Studie SENSCIS® (11), der mit 576 Teilnehmern laut Riemekasten bislang größten SSc-Studie überhaupt. Hierin eingeschlossen wurden Patienten mit <7 Jahre Krankheitsdauer, ≥10 % Fibrose der Lunge in der HRCT und FVC ≥40 % sowie Diffusionskapazität (DLco) 3089 % vom Sollwert. Etwa die Hälfte der Teilnehmer erhielt MMF als Begleitmedikation. Nach 52 Wochen wurde unter Nintedanib versus Placebo der Lungenfunktionsverlust signifikant um 44 % gebremst: Der adjustierte jährliche FVC-Verlust, der als primärer Endpunkt fungierte, betrug bei mit Nintedanib behandelten Patienten 52,4 ml/Jahr im Vergleich zu 93,3 ml/Jahr mit Placebo (Δ 41,0 ml/Jahr (95 %-KI 2,9–79,0; p=0,04) (Abb.). (11) Der numerisch stärkste absolute Erhalt der Lungenfunktion gelang in Kombination mit MMF (-40,2 ml/Jahr), so Riemekasten. Die Wirksamkeit von Nintedanib war in allen untersuchten Subgruppen vergleichbar und unabhängig von Geschlecht, Alter (</≥ 65 Jahre), diffuser vs. limitierter SSc, ATA-Status und MMF-Begleitmedikation. (11) Auf Basis dieser Ergebnisse erteilte die Europäische Kommission im April 2020 Nintedanib die Zulassung zur Behandlung der SSc-ILD bei Erwachsenen. (4) Eine Post-hoc-Analyse der SENSCIS®-Studie zeigte, dass die Wirksamkeit von Nintedanib hinsichtlich des FVC-Verlusts auch nach 100 Wochen weiter anhielt. Zudem kam es bei signifikant weniger mit Nintedanib behandelten Patienten zu einem FVC-Verlust >5 % als unter Placebo (59,4 vs. 69,8 %; p=0,04). (12) Weitere Subanalysen zeigten, dass Nintedanib bei einem breiten Patientenspektrum wirksam ist. So beeinflussten weder das Ausmaß der ILD (Fibrosierungsgrad in der HRCT ≥30 % und <30 %, FVC <70 oder ≥70 % vom Sollwert), der BMI, CRP-Wert noch die Krankheitsdauer in relevantem Maße den Therapievorteil von Nintedanib. (13-16)
Adjustierte durchschnittliche jährliche Rate (±SE) des FVC-Verlusts (ml/Jahr)
Bei SSc-Patienten ist rasches Handeln gefragt, da gefährliche Organmanifestationen bereits früh im Verlauf auftreten können, betonte Prof. Dr. Gabriela Riemekasten, Lübeck, im Rahmen des virtuellen DGRh-Kongresses. Eine ILD ist für rund ein Drittel (35 %) aller SSc-Todesfälle verantwortlich und damit einer der größten Treiber der Mortalität. (5)
0
INBUILD® n=332
n=331
SENSCIS® n=287
n=288
INPULSIS®-1/-2 n=638
n=423
-50 -52,4
-100
-80,8 -93,3 -113,6
-150 Nintedanib Placebo -200
-187,8 -223,5
-250
-57 % Δ 107,0 ml/Jahr; p<0,001
-44 % Δ 41,0 ml/Jahr; p=0,04
-49 % Δ 109,9 ml/Jahr; p<0,001
Abb.: V.l.n.r. die Zulassungsstudien für Nintedanib bei chronischen PF-ILDs (INBUILD®), SSc-ILD (SENSCIS®) und IPF (INPULSIS®-1 und -2): Konsistente Reduktion des adjustierten jährlichen FVC-Verlusts nach 52 Wochen (primärer Endpunkt; mod. nach 11)
SSc-ILD: Reduktion des FVC-Verlusts mit Nintedanib
Nintedanib stellt einen Durchbruch bei SSc-ILD dar: Erstmals ist eine zugelassene Therapie verfügbar, die den Verlust der
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Lungenfunktion zielgerichtet und effektiv bremsen kann. Die Daten der SENSCIS®-Studie belegen deren Potenzial, kommentierte Riemekasten, die sich in der klinischen Praxis für eine Kombination mit MMF aussprach. Nach ihren Worten lassen sich gastrointestinale Nebenwirkungen meistens gut beherrschen, im Hinblick auf das Infektionsrisiko seien bei Nintedanib keine negativen Effekte zu erkennen. Ein klassischer Fall für Nintedanib sind für sie Patienten mit signifikanter Fibrose (schon bei Diagnose oder bei einem Progress) und Patienten mit Infektionsrisiko.
allen drei Indikationen ein konsistentes Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil (4): Die Zulassungen für Nintedanib bei SSc-ILD und chronischen PF-ILDs stellen weitere Durchbrüche in der Therapie von Lungenfibrosen dar und geben Anlass zur Hoffnung, den fortschreitenden Verlauf dieser schwerwiegenden Erkrankungen von Beginn an verlangsamen zu können, fasste Müller-Ladner zusammen.
Nintedanib effektiv bei chronischen PF-ILDs
Um eine Progression der ILD zu erkennen und rechtzeitig eine Therapie einzuleiten, ist eine frühe Diagnose essenziell. (20) Am besten gelingt dies in Zentren mit entsprechender Expertise durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Pneumologen, Rheumatologen, Radiologen und im Fall der SSc-ILD auch Dermatologen. Bei ILD-Patienten und solchen mit systemischen Autoimmunerkrankungen, bei denen sich im Verlauf eine Lungenfibrose entwickeln kann, sollte bereits bei Diagnosestellung der Fibrosierungsgrad der Lunge mittels HRCT bestimmt werden (21), so Prof. Dr. Dirk Koschel, Dresden/Coswig. Patienten mit Lungenfibrose sollten im Rahmen eines regelmäßigen, proaktiven Monitorings mittels Lungenfunktionstests auf ein Fortschreiten der Fibrosierung untersucht und der Verdacht auf einen progredienten Verlauf per HRCT abgeklärt werden. (20) Anhaltspunkte für einen Progress bieten das Erfüllen von ≥1 dieser 4 Kriterien innerhalb von 24 Monaten: Abnahme der FVC ≥10 %, Abnahme der FVC um >5 bis <10 % plus Dyspnoe oder Zunahme der Fibrose in der HRCT oder die Zunahme von Dyspnoe und vermehrte Fibrose in der HRCT. m
Die Vorteile von Nintedanib waren konsistent über verschiedene Subgruppen wie Alter, Geschlecht, Lungenfunktion (FVC, DLco), HRCT-Muster (NSIP vs. UIP) und Primärdiagnose nachweisbar (19), führte Müller-Ladner weiter aus. Ungefähr 25 % der Patienten des Studienkollektivs wiesen eine mit einer Autoimmunerkrankung wie RA assoziierte ILD auf. Für diese war unter Nintedanib der adjustierte mittlere FVC-Verlust nach 52 Wochen um 104,0 ml geringer als mit Placebo (bei den 89 RAILD-Patienten betrug die Differenz sogar 117,9 ml/Jahr) (19), was in etwa der Differenz im Gesamtkollektiv entsprach. Die häufigste Nebenwirkung war erneut Diarrhö von zumeist leichter bis mittelschwerer Intensität. (18) Nintedanib zeigte damit in
Nintedanib ist die einzige zugelassene effektive und zielgerichtete Therapie für ein breites Spektrum chronischer PF-ILDs und der SScILD. Es konnte in den Phase-III-Studien den jährlichen Verlust der Lungenfunktion konsistent um ca. 50 % bremsen. Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit ist entscheidend für eine schnelle Diagnose und ein optimales Therapiemanagement.
KOMPAKT
Der Bedarf an zielgerichteten Therapieoptionen ist auch bei anderen ILDs hoch. So ist laut Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim, neben der SSc vor allem bei RA, SLE, Sjögren-Syndrom, Mischkollagenosen und ANCA-Vaskulitiden mit einem erhöhten Risiko für progrediente Lungenfibrosen und folglich einer erhöhten Mortalität zu rechnen. (17) Die im Juli 2020 erfolgte Zulassung für Nintedanib zur Behandlung anderer chronischer progredient fibrosierender ILDs als der IPF basierte auf der Phase-III-Studie INBUILD®, in der es (wie bei SSc-ILD: 2x 150 mg/Tag) bei 663 Patienten mit einem breiten Spektrum chronischer PF-ILDs untersucht wurde. (4, 18) Es war die erste klinische ILD-Studie, bei der Patienten anhand des klinischen Verlaufs und nicht der primären klinischen Diagnose eingruppiert wurden. (18) Über 52 Wochen bremste Nintedanib im Vergleich zu Placebo signifikant den FVC-Verlust um 57 %, was weitgehend mit den Befunden der Phase-III-Studien bei IPF und SSc-ILD übereinstimmte. Der adjustierte jährliche FVCVerlust als primärer Endpunkt betrug unter Nintedanib 80,8 ml/ Jahr im Vergleich zu 187,8 ml/Jahr mit Placebo (Δ 107,0 ml/Jahr; 95 %-KI 65,4-148,5; p<0,001) (Abb.). Akute Exazerbationen traten unter Nintedanib seltener auf und auch die Lebensqualität (K-BILD-Score) war im Trend nach 52 Wochen besser als unter Placebo (18), so Müller-Ladner.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich
Quelle: Satellitensymposium Boehringer Ingelheim, virtueller DGRh-Kongress, 10. September 2020 Report mit freundlicher Unterstützung der Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG
Literatur: 1 Harari S. Eur Respir Rev 2018; 27(150): pii: 180110 | 2 Brown KK et al., Eur Respir J 2020; 55(6): 2000085 | 3 Kowal-Bielecka O et al., Ann Rheum Dis 2017; 76(8): 1327-1339 | 4 Fachinformation OFEV®, Stand Juli 2020 | 5 Tyndall AJ et al., Ann Rheum Dis 2010; 69(10): 1809-1815 | 6 Hoffmann-Vold AM et al., Lancet Rheumatol 2020; 2(2): e71-e83 | 7 Richeldi L et al., N Engl J Med 2014; 370(22): 2071-2082 | 8 Crestani B et al., Lancet Respir Med 2019; 7(1): 60-68 | 9 Vašáková M et al., Eur Respir J 2019; 54(Suppl 63): Abstr. 2206 | 10 Richeldi L et al., Respir Med 2016; 113: 74-79 | 11 Distler O et al., N Engl J Med 2019; 380(26): 2518-2528 | 12 Maher TM et al., Am J Respir Crit Care Med 2020; 201: A4558 | 13 Goh N et al., Am J Respir Crit Care Med 2020; 201: A1525 | 14 Jouneau S et al., Am J Respir Crit Care Med 2020; 201: A1526 | 15 Distler O et al., Am J Respir Crit Care Med 2020; 201: A1524 | 16 Riemekasten G et al., EULAR 2020; Poster THU0363 | 17 Grund D, Siegert E. Internist 2018; 59: 911-920 | 18 Flaherty KR et al., N Engl J Med 2019; 381(18): 1718–1727 | 19 Wells AU et al., Lancet Respir Med 2020; 8(5): 453-460 | 20 Cottin V et al., Eur Respir Rev 2018;27(150):pii: 180076 | 21 Gulati M. Prim Care Respir J 2011; 20(2): 120-127
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INDUSTRIE-BERICHT
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AXIALE SPONDYLOARTHRITIS
Certolizumab Pegol: Reduzierte Erhaltungsdosis zugelassen Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat Certolizumab Pegol bei erwachsenen Patienten mit axialer Spondylarthritis (axSpA) eine Zulassungserweiterung durch die Aufnahme einer reduzierten Erhaltungsdosis von 200 mg alle 4 Wochen (Q4W) erteilt, sobald eine anhaltende Remission nach 12 Monaten mit Certolizumab Pegol 200 mg alle zwei (Q2W) oder 400 mg Q4W erreicht wird. Die Zulassung macht es zum einzigen Biologikum in Europa mit der Option zur Dosisreduktion für Patienten mit röntgenologischer als auch nicht-röntgenologischer (r-/nr-)axSpA.
Die Zulassungserweiterung der EMA durch Aufnahme einer zusätzlichen Dosierungsoption von Certolizumab Pegol (Cimzia®) in der Erhaltungsphase basiert auf der Phase-IIIb-Studie C-OPTIMISE bei Erwachsenen mit früher, aktiver axSpA. In Woche 48 der Induktionsphase erreichten 43,9 % der 736 Patienten eine anhaltende Remission (ASDAS <1,3 in den Wochen 32 oder 36 und 48). Von diesen Patienten wurden 313 auf die volle Erhaltungsdosis (Certolizumab Pegol 200 mg Q2W), eine reduzierte Erhaltungsdosis (Certolizumab Pegol 200
mg Q4W) oder Placebo randomisiert. In Woche 96 blieben 84, 79 und 20 % unter der vollen oder reduzierten Erhaltungsdosis bzw. Placebo frei von Krankheitsschüben. Von den Patienten, die mit der reduzierten Erhaltungsdosis Krankheitsschübe erlebten, erreichten 60 % nach 12 Wochen Behandlung mit der vollen Erhaltungsdosis von Certolizumab Pegol wieder eine Remission. Sowohl in der Induktions- als auch in der Erhaltungsphase gab es keine Unterschiede im Ansprechen zwischen Pa-
tienten mit r-axSpA und nr-axSpA. Es wurden im Verlauf der Studie keine neuen Signale hinsichtlich der Verträglichkeit von Certolizumab Pegol im Vergleich zu früheren Studien beobachtet. Bei Patienten, die eine anhaltende Remission erreichen, ist eine Dosisreduktion eine gute Option, die Behandlung sollte jedoch wegen des hohen Risikos von neuen Krankheitsschüben nicht ganz abgesetzt werden. m Quelle: Pressemitteilung UCB Pharma GmbH, 5. August 2020
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Sarilumab: Daten aus der ärztlichen Routine Für den Interleukin (IL)-6-Rezeptorinhibitor Sarilumab wurde in den klinischen Phase-III-Studien und deren Verlängerungen eine bei rheumatoider Arthritis (RA) rasche und langanhaltende Wirksamkeit bei zugleich gutem Sicherheitsprofil demonstriert. In Deutschland wurde mit PROSARA eine große prospektive, multizentrische nicht-interventionelle Studie (NIS) zur Wirksamkeit und Sicherheit von Sarilumab in der Praxisrealität angestoßen, zu der jetzt aus einer ersten Interimsanalyse erste Daten vorliegen, über die Prof. Dr. Eugen Feist, Vogelsang-Gommern, berichtete.
In der Interimsanalyse wurden die Daten zu Patienten mit mittelschwerer bis schwerer RA ausgewertet, die neu auf Sarilumab (Kevzara®) als Monotherapie oder in Kombination mit csDMARDs (37 vs. 63 %) eingestellt wurden. Die Monotherapiegruppe hatte im Vergleich eine etwas längere Krankheitsdauer und geringeren Anteil bDMARD/JAK-Inhibitornaiver Patienten (9,7 vs. 8,7 Jahre bzw. 39 vs. 53 %). Laut Feist wiesen einem praxistypischen Kollektiv entsprechend bei Studienbeginn (n=242) 81 % der Teilnehmer ≥1 Komorbidität auf (58 % Hypertonie, 20 % Typ-1/2-Diabetes, 16 % KHK und 18 % eine psychische Erkrankung/ Depression). Bis Woche 12 zeigte sich
ein gutes Sicherheitsprofil mit schweren unerwünschten Ereignissen bei 6,3 % der Patienten (n=22 von 348), erläuterte Feist. Das Sicherheitsprofil von Sarilumab stimmte mit den Ergebnissen aus früheren kontrollierten klinischen Studien überein. Es stellte sich rasch eine gute Wirksamkeit ein: So erreichten in Woche 12 42,8 bzw. 59,4 % der Patienten eine DAS28ESR-Remission bzw. niedrige Krankheitsaktivität (LDA) (n=180; BaselineWerte: 4,7 % und 11,5 %). Gleichzeitig verbesserte sich die körperliche Funktion im HAQ-DI von Baseline 1,3 (n=256) nach 12 Wochen auf 1,1 (n=195). Das An-
sprechen war unabhängig vom RF/ACPA-Status. Auch eine vorangegangene Therapie mit einem JAK-Inhibitor (n=32) beeinflusste weder den mit Sarilumab erzielten Rückgang des DAS28-ESR und CDAI noch jenen der Anzahl geschwollener und druckschmerzhafter Gelenke. Somit wurde unter Sarilumab im Praxisalltag eine schnelle, klinisch relevante Verbesserung der RA-Symptomatik erreicht und dies auch bei mit einem JAKInhibitor vorbehandelten Teilnehmern, betonte Feist. m Quelle: Webkonferenz Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, DGRh-Kongress, 11. September 2020
INDUSTRIE-BERICHT
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Gute Datenlage zu Tofacitinib in der Praxisrealität Von allen Januskinase-Inhibitoren (JAKi) sind zu Tofacitinib aufgrund der nunmehr jahrelangen internationalen Erfahrungen die umfangreichsten Real-World-Daten verfügbar. Diese bestätigen eine mit Biologika vergleichbare Wirksamkeit von Tofacitinib bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis (RA) und zeigen zudem eine signifikant höhere Persistenz gegenüber TNFα-Inhibitoren (TNFi).
Im Rahmen eines Satellitensymposiums beim virtuellen DGRh-Kongresses berichtete PD Dr. Anja Strangfeld, Berlin, über aktuelle Registerdaten zu Tofacitinib (Xeljanz®). Im Schweizer SCQM-Register wurde die Persistenz unter Tofacitinib (n=793), TNFi (n=1.847) und anderen bDMARDs (Abatacept, IL-6-Inhibitoren, n=1.338) mit oder ohne csDMARD-Komedikation verglichen. Nach drei Jahren war die Persistenz unter TNFi signifikant niedriger als unter Tofacitinib (Hazard ratio, HR 1,29). Im Gegensatz zu Tofacitinib und anderen bDMARDs war die Persistenz unter TNFi in der Monotherapie niedriger als bei csDMARD-Komedikation. Bei Patienten unter TNFi zeigte sich versus Tofacitinib als Grund für einen Therapiestopp öfter mangelnde Wirksamkeit, während ein solcher unter
Tofacitinib öfter aufgrund unerwünschter Ereignisse erfolgte. Eine gegenüber TNFi höhere Therapiekontinuität von Tofacitinib zeigte sich auch im großen europäischen JAKPOT-Register, führte Strangfeld weiter aus. Daten aus dem US-amerikanischen CORRONA-Register bestätigen die gute Sicherheit von Tofacitinib (n=1.117) mit Inzidenzraten für schwere kardiovaskuläre Ereignisse (0,66 vs. 1,14 pro 100 Patientenjahre, PJ), schwere Infektionen (3,45 vs. 3,43/100 PJ) und Malignome (gesamt außer NMSC), die mit jenen unter bDMARDs (n=5.542) mit oder ohne csDMARD vergleichbar waren, ebenso wie die Mortalität. Nur Herpes zoster-Infektionen waren unter Tofacitinib häufiger (1,59 vs. 0,69/100 PJ). Aus Registern
gibt es bislang auch keine Zeichen für eine erhöhte Inzidenz venöser Thromboembolien (VTE) unter Tofacitinib – anders als in der ORAL Surveillance-Studie im Vergleich zu TNFi, die einen entsprechenden Warnhinweis nach sich zog. Interessant ist in diesem Kontext, dass im deutschen RABBIT-Register TNFi auch gegenüber csDMARDs ein niedrigeres VTE-Risiko aufwiesen, so Strangfeld. Eine genauere Bewertung des VTE-Risikos unter Tofacitinib wird erst nach Abschluss von ORAL Surveillance möglich sein – zu beachten ist dabei auch das bei RA generell erhöhte VTE-Risiko. m
Quelle: Satellitensymposium Pfizer Pharma GmbH, DGRh-Kongress, 10. September 2020
ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
GO-NICE-Studie: Neues zu Golimumab im Praxisalltag Neue Daten der GO-NICE-Studie zum Einsatz des TNFα-Inhibitors Golimumab zeigen, dass dieser sowohl bei Biologika-naiven als auch mit einem oder mehreren Biologika – meist TNF-Inhibitoren (TNFi) – vorbehandelten Patienten auch unter Praxisbedingungen effektiv war. Dies unterstützt das Vorgehen, auch nach Versagen eines TNFi auf einen anderen TNFi zu wechseln.
In der deutschen, prospektiven, multizentrischen, nicht-interventionellen 2-Jahres-Studie GO-NICE waren 1.454 Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), Psoriasis-Arthritis (PsA) bzw. ankylosierender Spondylitis (AS) behandelt worden, davon erhielten 883 Golimumab (Simponi®) als First-Line-Biologikum, weitere 370 nach Versagen des ersten sowie 201 nach Versagen mindestens zweier Biologika (überwiegend TNFi). Für die RA-Patienten fand sich unter Golimumab unabhängig vom Ausmaß der Vortherapie eine signifikant reduzierte
Krankheitsaktivität gemäß DAS28-ESR ( je p<0,0001). Im Mittel sank der DAS28ESR unter der First-Line-Therapie mit 1x monatlich 50 mg Golimumab s.c. von 5,0 zu Beginn auf 2,9 in Monat 24, unter der Second-Line-Therapie von 4,9 auf 2,9 und unter der Third-Line-Therapie von 5,1 auf 3,4. Eine DAS28-Remission wiesen nach drei Monaten 27,5 % der in der First-Line, 19,5 % der in der Second-Line und 14,5 % der in der Third-Line behandelten RA-Patienten auf; nach 24 Monaten waren es 45,3, 50,0 bzw. 33,3 %.
Unter den PsA-Patienten wiesen nach 24 Monaten 76,4, 51,0 und 50,0 % in der First-, Second- und Third-Line ein PsARC-Ansprechen auf. Damit erreichten Biologika-naive PsA-Patienten ein besseres Ergebnis als in der Secondund Third-Line-Situation. Ähnlich war es bei den AS-Patienten: In der First-Line wiesen diese nach 24 Monaten einen BASDAI von 2,1 auf, die in der Secondbzw. Third-Line einen von je 2,9. m Quelle: Pressemitteilung MSD Sharp & Dohme GmbH, 15. September 2020
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INDUSTRIE-BERICHT
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AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS
Ustekinumab zeigt lang anhaltende Wirksamkeit und Verträglichkeit unter Praxisbedingungen Bei Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis (PsA) hat sich der Interleukin (IL)-12/23-Inhibitor Ustekinumab im Praxisalltag bewährt. So nahm in der dritten Interimsanalyse der prospektiven, nicht-interventionellen, nationalen, multizentrischen SUSTAINStudie* bei Patienten mit aktiver PsA unter einer Therapie mit Ustekinumab die Zahl geschwollener und druckschmerzhafter Gelenke über den Beobachtungszeitraum von 112 Wochen verglichen zu Studienbeginn langanhaltend ab. Es profitierten sowohl Biologika-naive als auch mit mindestens einem TNF-Inhibitor vorbehandelte Patienten. (1) Die langfristig gute Verträglichkeit und das Sicherheitsprofil werden gleichsam hoch von Ärzten sowie Patienten eingeschätzt. (2) Des Weiteren legen Daten der PHOENIX-2-Studie nahe, dass es auch in der Langzeitbehandlung bei Impfungen gegen Tetanus und Pneumokokken unter Ustekinumab zu einem guten Impfansprechen kommen kann. (3)
Die zielgerichtete Hemmung der proinflammatorischen Aktivität des in der Pathophysiologie der PsA zentralen Zytokins IL23 mit dem rein humanen, monoklonalen IL-12/23-Antikörper Ustekinumab (Stelara®) hat sich im rheumatologischen Praxisalltag als wirksam erwiesen. Ustekinumab ist allein oder in Kombination mit MTX für die Behandlung der aktiven PsA bei erwachsenen Patienten indiziert, wenn das Ansprechen auf eine vorherige nicht-biologische DMARD-Therapie unzureichend gewesen ist. (4) Die 112-Wochen-Daten der laufenden nicht-interventionellen Studie SUSTAIN, die bei 336 Patienten (57 % Frauen) in 75 Zentren über 160 Wochen die Langzeitwirksamkeit und -sicherheit, Lebensqualität von Patienten mit aktiver PsA und weitere Patient Reported Outcomes (PROs) unter Routinetherapie mit Ustekinumab im klinischen Alltag in Deutschland evaluiert, wurden von Dr. Jörg Wendler, Erlangen, und Kollegen vorgestellt.
Breiter Therapienutzen im Praxisalltag In der SUSTAIN-Studie führte die Behandlung mit Ustekinumab im Zeitraum von 112 Wochen zu einer sehr deutlichen Abnahme 10
100
Anzahl druckschmerzhafter Gelenke
8
Anzahl geschwollener Gelenke
6
4
Positiv war überdies, dass auch bereits mit TNF-Hemmern vortherapierte Patienten zu Woche 112 sehr gut auf das Therapieprinzip der IL-12/23-Inhibition ansprachen: Sowohl bei Biologika-naiven als auch mit einem oder mehreren TNFInhibitoren vorbehandelten Teilnehmern wurde bis Woche
4,1
1,8
2
Bewertung in Woche 112 (%)
Mittlere Anzahl betroffener Gelenke
10
der mittleren Anzahl druckschmerzhafter und geschwollener Gelenke: Die Anzahl der druckschmerzhaften Gelenke reduzierte sich im Median von 10,0 zur Baseline (95 %-Konfidenzintervall [KI]: 8,6-11,3) auf 1,8 zu Woche 112 (95 %-KI: 1,1-2,5; n=108). Die mittlere Anzahl geschwollener Gelenke ging parallel von 4,1 zur Baseline (95 %-KI: 3,4-4,9) auf 0,7 zu Woche 112 (95 %-KI: 0,3-1,0; n=108) zurück (Abb. 1). (1) Im gleichen Zeitintervall verbesserte sich das subjektive Schmerzempfinden laut visueller Analogskala (VAS 0-100) im Mittel von 56,0 auf 34,3 Punkte. Unter den Patienten, von denen bereits die Daten zu Woche 112 vorlagen, hatten 30,2 % zu Woche 28 und 29,2 % zu Woche 52 eine minimale Krankheitsaktivität (minimal disease activity, MDA). (1) Die Ergebnisse wertete Wendler für den rheumatologischen Alltag bei der PsA, deren Krankheitsaktivität schwanken kann, als sehr gut.
gut sehr gut
80
60
40
20
0,7 0
0 (n=336) Baseline
(n=108) Woche 112
Abb. 1: Anzahl druckschmerzhafter und geschwollener Gelenke zwischen Baseline und Woche 112 in der SUSTAIN-Studie bei Patienten mit aktiver PsA unter Ustekinumab (erstellt nach 1)
(n=102) Arzturteil
(n=99) Patientenurteil
Abb. 2: Bewertung der Verträglichkeit der Ustekinumab-Therapie zu Woche 112 mit Hilfe des Physician's (links) bzw. Patient's Global Assessment (PGA)-Fragebogens (erstellt nach 2)
112 eine deutliche Abnahme der mittleren Anzahl druckschmerzhafter und geschwollener Gelenke beobachtet. Die Ansprechrate unter Ustekinumab war über alle Subgruppen hinweg zu Woche 112 vergleichbar gut. (1, 5) Bereits zu Woche 76 deutete eine Subgruppenanalyse eine ähnliche Effektivität auch bei mit einem TNF-Inhibitor vorbehandelten Patienten an. So zeigte sich eine Reduktion druckschmerzhafter bzw. geschwollener Gelenke von 13,2 auf 3,4 (n=81) bzw. von 4,6 zur Baseline auf 1,0 (n=79) in Woche 76 †. (5) Die Ergebnisse lassen somit darauf schließen, dass nach einer Anti-TNF-Vortherapie ein Wechsel auf den IL-12/23-Inhibitor zielführend sein könnte. (1)
Gute Verträglichkeit und Therapiezufriedenheit Mit Hilfe des Patient’s und Physician’s Global Assessment (PGA)-Fragebogens wurde die Therapiezufriedenheit unter Ustekinumab in Hinblick auf die Wirksamkeit und Verträglichkeit erfasst. Das subjektive Empfinden der Wirksamkeit der Therapie mit Ustekinumab stuften 89,9 % der Patienten zu Woche 112 als „sehr gut“ oder „gut“ ein. Ganz ähnlich schätzten dies mit 91,1 % auch die behandelnden Ärzte ein. (1) Zu unerwünschten Ereignissen (UE) respektive schwerwiegenden UE (SUE), die auf Ustekinumab zurückzuführen waren, kam es bei 56 % (n=188) bzw. 3,3 % (n=11) der Studienteilnehmer. Lediglich 3,9 % (n=13) aller Patienten haben die Behandlung aufgrund eines UEs abgebrochen. (1) Vertiefend wurde auf dem virtuellen EULAR-Kongress eine aktuelle Interimsanalyse der SUSTAIN-Studie zum Sicherheitsprofil von Ustekinumab vorgestellt. Die Daten zur Verträglichkeit zu Woche 112 sind konsistent mit dem bekannten Sicherheitsprofil des IL-12/-23-Inhibitors bei aktiver PsA und ergänzen die Evidenz vorheriger Studienergebnisse hinsichtlich der Verträglichkeit. (2) Zu Woche 112 stuften sowohl 100 % der behandelnden Ärzte (n=102) als auch Patienten (n=99) ihre Erfahrung zur Verträglichkeit als „gut“ oder „sehr gut“ ein (Abb. 2). Bis Woche 112 kam es unter Ustekinumab zu 88 SUE (9,0 % aller berichteten Ereignisse), die vor allem den Bewegungsapparat und das Bindegewebe (n=21; 6,3 % aller gemeldeten UE) sowie Infektionen (n=9; 2,7 % aller gemeldeten UE) betrafen. Nur 14 (1,4 % aller gemeldeten UE) der 88 SUE waren auf Ustekinumab zurückzuführen. 119 bzw. 11 Patienten brachen die Ustekinumab-Therapie aufgrund von UE bzw. SUE ab. Die häufigsten zu einem Therapieabbruch führenden UEs waren unzureichende Wirksamkeit (n=84) und psoriatrische Arthropathie (n=4). (2)
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Neuer Rheuma-Podcast Mit „Vorsicht, leicht entzündlich!“, dem neuen Rheuma-Podcast von Janssen, können sich Interessierte ab sofort regelmäßig über Themen aus unterschiedlichen rheumatologischen Bereichen informieren. Wechselnde Interviewpartner kommen zu aktuellen Studiendaten und relevanten Entwicklungen zu Wort. Die ersten Folgen haben die Digitalisierung in der Rheumatologie und den Zusammenhang von Ernährung und Entzündung zum Thema: https://www.janssenmedicalcloud.de/ produkt/stelara-psa/service/rheuma-podcast
Hinweis auf unvermindertes Impfansprechen unter Ustekinumab Zum umfassenden Management von PsA-Patienten gehören auch die Berücksichtigung von Komorbiditäten und Minimierung von Risikofaktoren wie Infektionen mit Überprüfung des Impfstatus. Daten zum Impfansprechen unter einer Therapie mit Ustekinumab stammen aus einer Subgruppenanalyse der Phase-III-Studie PHOENIX-2 (Verlängerungsphase). Dies wurde unter einer Langzeitbehandlung für 3 oder mehr Jahre bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver PlaquePsoriasis (Pso) untersucht und mit einer Kontrollguppe von Pso-Patienten ohne systemische Therapie außerhalb der PHOENIX-2-Studie verglichen (n=60 bzw. n=56). (3) Die Ergebnisse lassen vermuten, dass es unter Ustekinumab zu keiner verminderten Impfantwort kommt – und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine T-Zell-unabhängige (Pneumokokken) oder T-Zell-abhängige Impfung (Tetanus) handelte: Einen ≥4-fachen Anstieg des Antikörperspiegels in ≥7 von 14 Serotypen der 23-valenten PneumokokkenVakzine erreichten nach der Impfung 96,6 % der Patienten unter Ustekinumab im Vergleich zu 92,6 % der Kontrollen, einen ≥4-fachen Anstieg des Anti-Tetanus-Antikörperspiegels 84,7 % gegenüber 77,8 % der Teilnehmer. (3) Sowohl unter der Pneumokokken- als auch Tetanus-Impfung erreichten die Patienten mit Ustekinumab somit ein mindestens ebenso gutes Ansprechen wie in der Kontrollgruppe. (3) m
Report mit freundlicher Unterstützung der Janssen-Cilag GmbH
* Sustainability of effectiveness, safety and patient reported outcomes for UStekinumab in the Treatment of Active psoriatic arthritis IN a real-life Cohort † Bei Patienten, die eine Vortherapie mit 1 Biologikum (n=87), 2 Biologika (n=57) und >2 Biologika (n=41) erhalten hatten, reduzierte sich die mittlere Anzahl druckschmerzhafter Gelenke zu Woche 112 jeweils von 13,1 (95 %-Konfidenzintervall [KI]: 9,5–16,7) auf 1,8 (95 %-KI: 0,7–2,8), von 12,3 (95 %-KI: 8,5–16,1) auf 1,4 (95 %-KI: 0,4–2,4) bzw. von 7,2 (95 %-KI: 5,1–9,3) auf 1,6 (95 %-KI: 0,8–4,1). Die Anzahl geschwollener Gelenke verringerte sich von 4,6 (95 %-KI: 2,9–6,3) auf 1,0 (95 %-KI: 0,3–1,6), von 5,6 (95 %-KI: 2,5–8,7) auf 0,7 (95 %-KI: 0,2–1,5) bzw. von 3,2 (95 %-KI: 2,1–4,3) auf 0,2 (95 %-KI: 0,2–0,6) (1, 5). In der Biologika-naiven Gruppe (n=151) reduzierten sich diese zu Woche 112 von 8,2 (95 %-KI: 6,7–9,7) auf 2,1 (95 %-KI: 0,8–3,3) bzw. von 3,6 (95 %-KI: 2,8–4,5) auf 0,7 (95 %-KI: 0,1–1,3) (1, 5). Literatur: 1 Wendler J, et al., DGRh 2019, Poster VS.03 | 2 Wendler J et al., EULAR 2020; Abstr. AB0847 | 3 Brodmerkel C et al., J Drugs Dermatol 2013; 12(10): 1122-1129 | 4 Fachinformation Stelara, Februar 2020 | 5 Wendler J et al., DGRh 2018, Poster SpA.45
CP-177124
INDUSTRIE-BERICHT
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INDUSTRIE-BERICHT
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ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
Neues Etanercept-Biosimilar in Deutschland eingeführt Die Unternehmen Mylan NV und Lupin Limited gaben die Einführung von Nepexto®, einem Etanercept-Biosimilar, für den deutschen Markt bekannt. Nepexto ist indiziert für die Behandlung der mittelschweren oder schweren aktiven rheumatoiden Arthritis (RA), juvenilen idiopathischen Arthritis ab einem Alter von 2 Jahren, aktiven und progressiven Psoriasis-Arthritis, schweren axialen Spondyloarthritis, mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis sowie chronischen schweren Plaque-Psoriasis bei Kindern und Jugendlichen ab 6 Jahren. Nepexto ist für alle therapeutischen Indikationen des Referenzproduktes Enbrel® zugelassen.
Nepexto ist als Injektionslösung in einem Fertigpen sowie als Fertigspritze erhältlich. Daten zeigen eine hohe Patientenakzeptanz des einfach zu handhabenden Fertigpens. Patienten favorisierten dieses latexfreie Produkt zur unkomplizierten Selbstinjektion, was zu einer Verbesserung der Compliance führen kann. Mit einem gleichwertigen Wirksamkeitsund Sicherheitsprofil zum Referenzprodukt Enbrel ist Nepexto eine kosteneffiziente Alternative, die zur nachhaltigen Gesundheitsversorgung beitragen kann. Die Europäische Kommission genehmigte die Marktzulassung von Nepexto am 4. Juni 2020, nachdem das Biosimilar eine positive Stellungnahme des
Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) erhalten hatte. Der CHMP kam zu dem Schluss, dass das Entwicklungsprogramm mit analytischen, funktionellen, klinischen und immunogenen Daten die Biosimilarität mit dem Referenzprodukt Enbrel nachgewiesen hat. Eine 52-wöchige klinische Phase-IIIStudie bestätigte bei 528 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver RA und begleitender Methotrexat-Therapie die Gleichwertigkeit von Nepexto mit dem Referenzprodukt hinsichtlich Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität. So erreichten unter Nepexto und dem Referenzprodukt 83,3 bzw. 88,5 % der Patienten den primären Endpunkt eines
ACR20-Ansprechens in Woche 24 (Δ-5,1, p=n.s.). Auch hinsichtlich der Rate therapieassoziierter unerwünschter Ereignisse gab es keine Unterschiede, für die Entwicklung von Anti-Drug-Antikörpern (ADA) bis Woche 24 war sogar ein Vorteil des neuen Etanercept-Biosimilars erkennbar (0,8 vs. 8,3 %). Nach dem Adalimumab-Biosimilar Hulio® ist Nepexto Mylans zweites Biosimilar im Bereich Immunologie auf dem deutschen Markt. m
Quelle: Pressemitteilung Mylan-Gruppe Deutschland, 26. August 2020
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Teratogenes Risiko von Leflunomid im Fokus Wie umgehen mit Patientinnen mit rheumatoider Arthritis (RA), die unter dem in der Schwangerschaft kontraindizierten Leflunomid dennoch schwanger werden? Über den Stand der Frage zu dessen teratogenem Risikos berichtete anlässlich des virtuellen DGRh-Kongresses PD Dr. Rebecca Fischer-Betz, Düsseldorf.
Laut aktueller Leitlinie wird im primären Management der RA der Beginn einer Therapie mit Leflunomid (z. B. Leflunomid medac®) empfohlen, wenn der Therapiestandard Methotrexat aufgrund Kontraindikation oder Unverträglichkeit nicht einsetzbar ist. Insbesondere aufgrund der in Tierversuchen beobachteten Teratogenität bei human-therapeutischen Serumspiegeln ist Leflunomid jedoch in der Schwangerschaft kontraindiziert. Im Falle einer versehentlichen Exposition haben viele Schwangere wegen der Empfehlungen der Packungsbeilage und der daraus resultierenden Sorge vor
einem Kind mit Fehlbildungen daher die Schwangerschaft abgebrochen.
Evidenz bei Frauen mit Kinderwunsch zu vermeiden.
Laut Fischer-Betz zeigen die verfügbaren humanen Daten bisher jedoch kein spezifisches Fehlbildungsmuster und keinen Unterschied in den Raten von Fehlbildungen zwischen in der Frühschwangerschaft exponierten und nicht exponierten Schwangerschaften, nach zumeist sofort eingeleitetem Auswaschverfahren. Die EULAR empfiehlt, Leflunomid aufgrund unzureichender Dokumentation im Hinblick auf den Einsatz in der Schwangerschaft bis zum Vorliegen einer besseren
Bei ungeplanter Schwangerschaft sollte die Therapie umgehend umgestellt, zur schnelleren Wirkstoffelimination eine Auswaschtherapie mit zweimaliger Dokumentation des Plasmaspiegels <0,02 mg/l durchgeführt und betroffene Frauen zum Basisrisiko und anhand der Datenlage adäquat beraten werden. m Quelle: Satellitensymposium medac GmbH, DGRh-Kongress, 10. September 2020
INDUSTRIE-BERICHT
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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES
Therapieziele erreichen durch frühe Gabe von Belimumab Aus Sicht von Experten lassen sich die erklärten Therapieziele und damit eine langfristige Stabilisierung von Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) mit höherer Wahrscheinlichkeit erreichen, wenn der BLyS-spezifische Inhibitor Belimumab früh im Krankheitsgeschehen eingesetzt wird.
Grundsätzlich spricht sich die aktualisierte EULAR-Leitlinie 2019 für eine zügige Eskalation der Therapie bei weiterhin hoher Krankheitsaktivität oder inakzeptabel hoher Glukokortikoid (GK)-Dosis >7,5 mg/Tag) unter der Standardtherapie mit oder ohne Immunsuppressiva aus. Bei Patienten mit aktivem, Autoantikörper-positivem SLE kann nun auch ohne vorherige Gabe von Immunsuppressiva eine Therapie mit Belimumab (Benlysta®) zusätzlich zur Standardtherapie aus Hydroxychloroquin und niedrig dosierten GK begonnen werden. In einer gepoolten Analyse der BLISSStudien ließ sich mit Belimumab in Woche 52 eine signifikant höhere Rate von SRI4-Respondern erzielen (50,6 vs. 38,8 %;
p<0,0001), so Dr. Tobias Alexander, Berlin. Eine Analyse nach Subgruppen zeigte eine hohe Wirksamkeit bei hoher Krankheitsaktivität (51,5 vs. 31,7 %; p<0,001). Eine hohe Effektivität zeigte sich auch nach s.c.-Gabe (61,4 vs. 48,4 %; p=0,0006) und für Patienten mit juvenilem SLE (52,8 vs. 43,6 %, kein p-Wert). Auch das Ziel einer kompletten klinischen Remission (cSLEDAI-2K =0) wurde unter Belimumab zusätzlich zur Standardtherapie von 40 % der Patienten erreicht, und zwar insbesondere von jenen mit hoher Krankheitsaktivität aber ohne Organschäden bei Therapiebeginn, und jenen mit bisher geringer GK-Gabe, betonte Alexander. Dafür, dass mit Belimumab das Ziel einer GK-Reduktion auch im Alltag erreichbar ist, sprechen
die Daten der gepoolten OBSErve-Studien. Nach sechs Monaten war die durchschnittliche tägliche GK-Dosis nur etwa halb so hoch (8,3 statt 16,7 mg). Als weitere wichtige Argumente für den frühen Einsatz von Belimumab nannte Prof. Dr. Andreas Schwarting, Bad Kreuznach, die erfolgreiche Vermeidung schwerer Schübe (durchschnittlich -10 %) und Organschäden. Letztere traten im Vergleich zur Toronto Lupus-Kohorte, die nur die Standardtherapie erhalten hatte, mit einer jährlich um 61 % niedrigeren Wahrscheinlichkeit auf. (wk) m
Quelle: Symposium GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, DGRh-Kongress, 10. September 2020
AXIALE SPONDYLOARTHRITIS
Secukinumab kann jetzt noch breiter eingesetzt werden Mit der Zulassung für die nicht-röntgenologische axiale Spondyloarthritis (nr-axSpA) im April 2020 kann der Interleukin (IL)-17AInhibitor Secukinumab nun im gesamten Spektrum der axialen Spondyloarthritiden einsetzbar.
In der zulassungsrelevanten PREVENTStudie wurde der primäre Endpunkt eines ASAS40-Ansprechens in Woche 16 (mit Aufsättigung, für EMA) bzw. in Woche 52 (ohne Aufsättigung, für FDA) unter Secukinumab (Cosentyx®) 150 mg von signifikant mehr Patienten mit aktiver nraxSpA und Versagen auf NSAR erreicht, so Prof. Dr. Martin Rudwaleit, Bielefeld. In Woche 16 waren es 41,5 % unter Secukinumab 150 mit 4-wöchiger Aufsättigung bzw. 42,2 % unter Secukinumab 150 mg ohne Aufsättigung vs. 29,2 % unter Placebo (p<0,0001), in Woche 52 35,4 bzw. 39,8 vs. 19,9 % (p<0,05). Einen BASDAI 50 hatten in Woche 52 30,8 bzw. 35,3 vs. 19,9 % (p<0,05) erreicht, eine inaktive Er-
krankung gemäß ASDAS-CRP 15,7 bzw. 23,9 vs. 10,2 % (p<0,05). Rudwaleit wies auf einen wichtigen Aspekt der Studie hin: Patienten aller drei Arme, die das Gefühl hatten, noch nicht richtig gut geworden zu sein, konnten ab Woche 20 offen mit Secukinumab behandelt werden. Diese Option wählten bis Woche 52 64 % der Patienten im Placeboarm und etwa die Hälfte in den Secukinumab-Armen und wurden dann als Non-Responder gewertet werden. Dies erkläre warum die Ansprechraten in Woche 16 und 20 etwas höher waren als in Woche 52. Überdies hatten SwitchPatienten zum Zeitpunkt des Switches
oft ein gutes Ansprechen aufgewiesen (ASAS40 bei 16,0 bzw. 24,4 vs. 10,9 %). Die primären Endpunkte wurden unabhängig davon erreicht, ob die Patienten AntiTNF-vorbehandelt waren (ca. 10 %) oder nicht. Neben der signifikanten und anhaltenden Verbesserung der Krankheitsaktivität kam es auch zu einer signifikanten Reduktion objektiver Entzündungszeichen (Sakroilitis in der MRT). Das Sicherheitsprofil entsprach dem in früheren Studien zu Secukinumab. (wk) m
Quelle: Satellitensymposium Novartis Pharma GmbH, DGRh-Kongress, 10. September 2020
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