23. MÄRZ 2023
19.30 UHR STADTCASINO BASEL
23. MÄRZ 2023
19.30 UHR STADTCASINO BASEL
PROGRAMM-MAGAZIN NR. 7
SAISON 22/23
Sinfonieorchester Basel
Rachel Nicholls, Sopran (Brünnhilde)
Simon O’Neill, Tenor (Siegfried)
Wiebke Lehmkuhl, Alt (Erda)
Derek Welton, Bassbariton (Der Wanderer)
Sir Mark Elder, Leitung
ÜBERSICHT DER SYMBOLE
Diese Institution verfügt über eine
Höranlage
Nummerierte Rollstuhlplätze im Vorverkauf erhältlich
Entdeckerprogramm
Vor fünf Jahren brachte der britische Dirigent Sir Mark Elder mit unserem Orchester im Goetheanum und anschliessend im Basler Münster den 3. Aufzug aus Wagners Parsifa l in einer konzertanten Fassung zur Aufführung. Ein besonderes Erlebnis, das lange in Erinnerung blieb. Nicht nur wegen des doppelten Regenbogens am Ende des Karfreitagskonzerts in Dornach. Die Konzentration auf die Musik, auf die Sänger und schliesslich auf das Finale hat etwas Reizvolles. Vielleicht liegt es daran, dass man aufnahmefähiger ist, wenn man nicht erst einmal drei bis vier Stunden in einem Opernhaus in Handlung und Musik eindringen muss. Im Falle des 3. Akts aus Siegfried kommt aber noch etwas Besonderes hinzu: Nach der Komposition des 2. Akts des Siegfried, des 3. Teils des Ring des Nibelungen, legt Wagner 1857 eine Pause von zwölf Jahren ein. Hinter dieser schöpferischen Zäsur – Wagner komponiert dann erst einmal den Tristan und die Meistersinger – stehen aber auch Lebensumbrüche: das Verhältnis mit Mathilde von Wesendonck in Zürich, die Trennung von seiner Frau Minna, die Liebe zu Cosima und das neue Domizil in Tribschen am Vierwaldstädtersee sowie die Geburt der gemeinsamen Kinder Isolde und Siegfried. Der 3. Akt des Siegfried spricht eine ganz neue
Klangsprache. In dieser Zeit beginnt aber auch die enge Beziehung zu Friedrich Nietzsche, der von Basel aus die Wagners immer wieder in Tribschen besucht. Wenn Sie mehr erfahren wollen über Wagners Siegfried – aber auch über die Beziehung zwischen Wagner und Nietzsche –, sind Sie vor dem Konzert herzlich eingeladen zu unserem Entdeckerprogramm. Elke Heidenreich und David Marc Hoffmann werden sich auf ganz unterschiedliche Weise mit Wagners Siegfried auseinandersetzen. Und nicht zuletzt wollen wir Sie mit diesem konzertanten Abend auf den geplanten Ring einstimmen, der ab September 2023 nach über vierzig Jahren wieder am Theater Basel inszeniert wird.
Herzliche Grüsse HansGeorg Hofmann Ivor Bolton Künstlerischer Direktor ChefdirigentSir Mark Elder, Dirigent im Sinfoniekonzert ‹Siegfried›
VORVERKAUF
Bider & Tanner –Ihr Kulturhaus in Basel
Aeschenvorstadt 2, 4051 Basel
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Billettkasse Stadtcasino Basel
Steinenberg 14 / Tourist Info
4051 Basel
+41 (0)61 226 36 30
Sinfonieorchester Basel
+41 (0)61 272 25 25
ticket@sinfonieorchesterbasel.ch www.sinfonieorchesterbasel.ch
Das Stadtcasino Basel ist rollstuhlgängig und mit einer Induktionsschleife versehen. Das Mitnehmen von Assistenzhunden ist erlaubt.
PREISE CHF 105/85/70/55/35
ERMÄSSIGUNGEN
• Junge Menschen in Ausbildung: 50 %
• AHV/IV: CHF 5
• KulturLegi: 50 %
• Mit der Kundenkarte Bider & Tanner: CHF 5
• Bei Menschen, die für den Konzertbesuch eine Begleitung beanspruchen, ist der Eintritt für die Begleitperson frei. Die Anmeldung erfolgt über das Orchesterbüro.
Do, 23. März 2023, 19.30 Uhr
Basel, Musiksaal
Richard Wagner (1813–1883):
Siegfried, WWV 86 C, 3. Akt (1871)
1. Szene Der Wanderer, Erda
2. Szene Der Wanderer, Siegfried
3. Szene Siegfried, Brünnhilde
17.30 Uhr, Hans HuberSaal: Entdeckerprogramm zu Richard Wagner und Friedrich Nietzsche mit Elke Heidenreich, David Marc Hoffmann, HansGeorg Hofmann und Sir Mark Elder → S. 6
ca. 80’
Sinfonieorchester Basel
Rachel Nicholls, Sopran (Brünnhilde)
Simon O’Neill, Tenor (Siegfried)
Wiebke Lehmkuhl, Alt (Erda)
Derek Welton, Bassbariton (Der Wanderer)
Sir Mark Elder, Leitung
Konzertende: ca. 21.30 Uhr
Do, 23. März 2023, 17.30 Uhr
Stadtcasino Basel, Hans Huber-Saal
VORTRAG
‹Richard Wagners Siegfried › Elke Heidenreich
KAMMERMUSIK
Richard Wagner (1813–1883):
Siegfried Idyll (1870)
Mitglieder des Sinfonieorchesters Basel
PODIUMSGESPRÄCH
David Marc Hoffmann
Sir Mark Elder
Hans-Georg Hofmann, Moderation
Das Musikdrama Siegfried mit seinem furchtlosen Titelhelden bildet den 3. Teil von Wagners Tetralogie Der Ring des Nibelungen. Wagner vollendete das Werk in Tribschen am Vierwaldstättersee, wo er politisches Asyl gefunden hatte. 1869–1872 besuchte ihn dort regelmässig der Basler Philosophieprofessor Friedrich Nietzsche, der eine enge, später zerbrochene Freundschaft mit dem Komponisten pflegte. Im Entdeckerprogramm um 17.30 Uhr vor dem Konzert sprechen die Schriftstellerin Elke Heidenreich, der Germanist und NietzscheExperte David Marc Hoffmann, der künstlerische Direktor des Sinfonieorches ters Basel HansGeorg Hofmann und der Dirigent Sir Mark Elder über das Verhältnis zwischen Wagner und Nietzsche sowie über die komplexe Entstehungsgeschichte von Siegfried . Ausserdem spielen Mitglieder des Sinfonieorchesters Basel ein weiteres Werk, das in Tribschen entstand: das SiegfriedIdyll, das Wagner seiner Frau Cosima zum Geburtstag schenkte und das auch nach dem gemeinsamen Sohn benannt ist.
VON SIGFRIED SCHIBLI
Der neuseeländische Tenor Simon O’Neill singt in der konzertanten Aufführung des 3. Akts von Wagners Siegfried die Titelpartie. Der 51jährige Bauernsohn wurde einst vom weltberühmten neuseeländischen Bassbariton Sir Donald MacIntyre in die Geheimnisse des Wagner Gesangs eingeführt. Heute singt er alle grossen Tenorpartien von Wagner, aber auch Mozart, Verdi und Puccini. Sein Leben spielt sich zwischen dem paradiesischen Neuseeland und den Opernhäusern in Amerika und Europa ab.
SS Simon O’Neill, Sie singen die Titelpartie von Wagners Siegfried . Möchten Sie diesem Burschen allein im Wald begegnen?
SON Das käme sehr darauf an, ob er gerade in einer poetischen Stimmung ist, an seine Eltern und Freunde und an die Tiere denkt, oder ob er seine übertrieben energische Attitüde ‹Ich nehme mir alles!› draufhat, in welcher er leicht sein Schwert Notung an mir erproben könnte!
SS Wie passt das zum musikalischen Charakter dieser Opernfigur?
SON Nachdem ich die Partie seines Vaters Siegmund häufig gesungen hatte, brauchte ich einige Zeit, um Siegfrieds Musik lieben zu lernen. Sie ist eckig, häufig abrupt und nicht leicht zu singen. Im Verlauf der Oper gibt es aber auch sehr schöne Stellen wie die wunderbare vokale Linie bei «Sonderlich seltsam» im 1. Aufzug.
SS Siegfried ist mehr durch seine Instinkte als durch sein Hirn gesteuert. Zugleich ist er fähig, das ‹Waldvöglein› zu verstehen …
«Siegfrieds Musik ist eckig, häufig abrupt und nicht leicht zu singen.»
SON Es gibt grosse Ähnlichkeiten zwischen Siegfried und dem Auftreten Parsifals! Parsifal ist ebenfalls fasziniert von den Tieren des Waldes und besonders vom armen Schwan. Als Gurnemanz ihm erklärt, was er mit dessen Abschuss angerichtet hat, bedauert er seine Tat zutiefst. Ich bin froh, dass Siegfried den Bären, den er mit sich führt, nicht tötet, sondern ihn als Spielgefährten laufen lässt.
ner*innen. Mein Vater war Landwirt, wir hatten Schafe, Vieh und Getreide. Meine Mutter war Lehrerin. Ich bin so dankbar, dass meine Eltern mich im Alter von sieben Jahren eine musikalische Ausbildung mit Klavier, Orgel und Blechblasinstrumenten beginnen liessen.
SS Und wie kamen Sie zur Oper?
SS George Bernard Shaw bezeichnete Siegfried als Idol der Freiheit und Anarchie. Teilen Sie diese Meinung?
SON Gerade im Jahr 2022 habe ich die grossen Tenorpartien von Wagner weiterentwickelt – Tristan, Tannhäuser und Siegfried. Alle diese Charaktere sind irgendwie fehlerhaft und beschädigt, alle machen eine Entwicklung durch, und allen verhilft unglaubliche Musik dazu.
SS Sie stammen aus Neuseeland. Gibt es dort eine Opernszene wie bei uns?
SON Ich bin glücklich, dass meine Sängerkarriere mir die Möglichkeit bietet, in diesem Paradies zu leben, aber in den grössten Opernhäusern Europas und der Vereinigten Staaten aufzutreten. Bis die erste Oper in Neuseeland aufgeführt wurde, dauerte es bis 1862. Seither sind im ganzen Land Opernensembles entstanden, und Neuseeland hat grosse Sänger*innen hervorgebracht – zum Beispiel Dame Kiri Te Kanawa und Sir Donald MacIntyre. Er war mein Mentor und zwanzig Jahre lang mein wichtigster Lehrer für das WagnerFach. Doch das Land ist nach wie vor auf Gastsänger*innen angewiesen.
SS Stammen Sie aus einer Musikerfa milie?
SON Ich bin auf einer Insel im Süden von Neuseeland aufgewachsen, in einer ländlich geprägten Stadt mit etwa 15 000 Einwoh
SON Der klassische Gesang kam relativ spät in mein Leben, nachdem ich als Bariton im nationalen Jugendchor von Neuseeland gesungen hatte. In der Highschool spielte ich Rugby, aber auch Tuba im Schulorchester, Klavier und Tasteninstrumente in Jazzund Rockbands sowie Kirchenorgel. Als 1990 die ‹Drei Tenöre› an der FussballWeltmeisterschaft auftraten und ich Plácido Domingo, Luciano Pavarotti und José Carreras hörte, wusste ich: Das ist mein Ziel! Nicht in meinen kühnsten Träumen hätte ich gedacht, dass ich zehn Jahre später «Angelo casto e bel» von Donizetti für Pavarotti in New York und wenige Jahre später Siegmund als Cover für Plácido Domingo in der Inszenierung von Otto Schenk an der Metropolitan Opera singen würde.
SS Wagners Dichtung stellt eine besondere Herausforderung dar. Wie konnten Sie so schwierige Sätze lernen wie «Kenntest du mich, kühner Spross, den Schimpf – spartest du mir!»?
SON Ich hatte immer hervorragende Coaches sowohl für die Sprache als auch für die Musik. Vielen englischsprachigen Sänger*innen haben die Veröffentlichungen des grossen New Yorker Tenors und Sprachlehrers Nico Castel geholfen, so auch mir. Er arbeitet mit dem internationalen phonetischen Alphabet in Verbindung mit einer WortfürWortÜbersetzung, und in meinen New Yorker Jahren haben wir eng zusammengearbeitet.
«(Wagners) Charaktere machen eine Entwick lung durch, und allen verhilft unglaubliche Musik dazu.»
«Ich freue mich, diesen erstaunlichen Kerl eines Tages auf der Opernbühne darzustellen!»
SS Was halten Sie von konzertanten Opernaufführungen?
SON Das können wunderbare Erlebnisse sein, auch wenn sie nicht ganz dem ‹Gesamtkunstwerk› von Wagner entsprechen. Eigentlich sollte ich Siegfried an der Deutschen Oper Berlin szenisch singen, aber die CoronaPandemie hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich freue mich, diesen erstaunlichen Kerl eines Tages auf der Opernbühne darzustellen!
Guinevere (Gawain) für das BBC Symphony Orchestra, Lady Macbeth (Macbeth) für Karls ruhe und die NI Opera, Eva (Die Meister singer von Nürnberg) für Karlsruhe und die English National Opera. Zu ihren Konzertengagements gehören Wagners
We sen donckLieder in Rom, Schönbergs Gurrelieder in Tokio, Brittens War Requiem in Lissabon und eine LeFanu Weltpremiere mit dem BBCSO im Barbican.
Rachel Nicholls wurde in Bedford geboren und erhielt 2013 ein Stipendium der Opera Awards Foundation, um bei Dame Anne Evans zu studieren.
Nach ihrem Debüt an der Londoner Royal Opera als Dritte Blumenjungfrau (Parsifal) sang die dramatische Sopranistin Rachel Nicholls ein breites barockes, klassisches und zeitgenössisches Repertoire in Opern und Konzerten im gesamten Vereinigten Königreich und in Europa, auch beim Edinburgh Festival und bei den BBC Proms. Dirigenten, mit denen sie zusammengearbeitet hat, sind Sir Colin Davis, Sir Andrew Davis, Sir Mark Elder, Sir John Eliot Gardiner, Sir Simon Rattle, Sir Roger Norrington, Richard Hickox, Valery Gergiev, Daniele Gatti und Gianandrea Noseda. Als dramatischer Sopran machte sie erstmals mit ihren hochgelobten Auftritten als Brünn hilde an der Longborough Festival Opera auf sich aufmerksam, die 2013 in einem Engagement für einen kompletten Ring Zyklus gipfelten, gefolgt von Isolde (Tristan und Isolde) im Jahr 2014.
Aktuelle Opernengagements umfassen u.a. Isolde für das Théâtre des ChampsElysées, die Oper Stuttgart, die Oper Frankfurt, das Teatro dell’Opera di Roma, das Teatro Regio Turin und das Badische Staatstheater Karlsruhe, die Titelrolle in Elektra für die Theater in Basel, Münster und Karlsruhe, Brünnhilde (Götterdämmerung ) in Taichung, Brünnhilde (Siegfried) mit Sir Mark Elder und dem Hallé Orchestra in Manchester, Brünnhilde (Die Walküre) für die English National Opera, Senta (Der Fliegende Holländer) für die Grange Park Opera, Leonore (Fidelio) für die Opera North und die Litauische Nationaloper,
Die aus Oldenburg stammende Altistin erhielt ihre Gesangsausbildung bei Ulla Groenewold und bei Hanna Schwarz an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Nach Gastengagements am Opern haus Kiel und an den Staatsopern Hamburg und Hannover trat Wiebke Lehmkuhl noch während ihres Studiums ihr erstes Festengagement am Opernhaus Zürich an. 2012 debütierte sie bei den Salzburger Festspielen unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt.
Sie ist regelmässig bei den grossen Orchestern zu Gast, so bei den Berliner Philharmonikern, dem Cleveland Orchestra, beim TonhalleOrchester in Zürich, im Gewandhaus zu Leipzig, bei den Bamberger Symphonikern, dem Orchestre de Paris, dem Swedish Symphony Orchestra sowie den Konzerthäusern in Bilbao, Tokio und Shanghai. Auch bei Festivals wie dem
SchleswigHolstein Musik Festival, dem Rheingau Musik Festival oder dem Lucerne Festival ist sie gern gesehener Gast.
Als Opernsängerin kann man Wiebke Lehmkuhl regelmässig bei den Salzburger und den Bayreuther Festspielen erleben. Ihre absolute Schlüsselrolle auf der Opernbühne ist aber ohne Frage die Erda in Wagners Rheingold und Siegfried . Diese Partie führte sie mittlerweile auf die Bühnen der Bayerischen Staatsoper in München, des Grand Théâtre de Genève, der Opéra Bastille in Paris und des Royal Opera House in London, und dies mit Dirigenten wie Yannick NézetSéguin, Marek Janowski und Philippe Jordan.
Das künstlerische Schaffen Wiebke Lehmkuhls wurde auf zahlreichen Einspielungen festgehalten, darunter J.S. Bachs Weihnachtsoratorium mit dem Gewandhausorchester zu Leipzig unter Riccardo Chailly (Decca) oder C.P.E. Bachs Magnificat mit dem RIAS Kammerchor und der Akademie für Alte Musik Berlin unter HansChristoph Rademann (Harmonia Mundi).
Blaubarts Burg), Pizarro (Fidelio), Figaro (Die Hochzeit des Figaro) und Créon (Œdipus Rex).
In der Spielzeit 2022/23 gibt er seine Debüts an der Opéra National du Rhin als Der König in Der Schatzgräber und an der Opéra de Lyon als Pangloss in Candide, kehrt an die Deutsche Oper Berlin (Das Wunder der Heliane), an die Wiener Staatsoper (Parsifal/Klingsor), an die Victorian Opera (Elektra) sowie an die Bayreuther Festspiele (Parsifal/Amfortas) zurück und gibt seine Rollendebüts als Amfortas in Parsifal mit dem Orquesta de Extremadura, als Wotan in Auszügen von Die Walküre mit dem Orchestre National de Lille, als Der Wanderer im 3. Akt von Siegfried mit dem Sinfonieorchester Basel und als König Marke im 2. Akt von Tristan und Isolde mit den Düsseldorfer Symphonikern.
Welton singt mit Orchestern wie dem London Symphony Orchestra, dem Philharmonischen Orchester Rotterdam, dem Gewandhausorchester, der Tschechischen Philharmonie und den Berliner Philharmonikern. Der Bassbariton ist in CD und DVDAufnahmen zu hören, u.a. als Wotan in Das Rheingold (Naxos), als Orest in Elektra (Unitel Edition), als Heerrufer in Lohengrin (Deutsche Grammophon), in zwei Aufnahmen als Solist in Beethovens 9. Sinfonie (Ondine und Brattle Media) sowie in ei ner SoloCD mit Liedern von Vaughan Williams mit Iain Burnside (Albion Records).
Derek Welton ist Absolvent der Universität Melbourne (Sprachwissenschaft und Deutsch) und der Guildhall School of Music and Drama in London.
Der australische Bassbariton Derek Welton ist regelmässiger Gast verschiedener Opernhäuser wie des Royal Opera House, der Deutschen Oper Berlin, der Staatsoper Hamburg, der Opéra National de Paris, der Lyric Opera of Chicago, des BolschoiTheaters sowie der Salzburger Festspiele und der Bayreuther Festspiele. Er sang bereits Rollen wie Wotan (Das Rheingold), Klingsor (Parsifal), Orest (Elektra), Blaubart (Herzog
VON ELKE HEIDENREICH
Wir sind im Wald. Bisher waren wir in einer reinen
Männeroper – ein Schmied, ein Jüngling, ein Drache und nun auch noch ein Wanderer, ein alter Mann spaziert durch den Wald und ruft eine Frau. Mit dieser Frau hat er vor langer Zeit eine Tochter gezeugt, die Walküre Brünnhilde, die nun – vom Vater dazu verdammt – in einem Ring aus Feuer so lange schlafen muss, bis jemand kühn genug ist, sie zu erlösen.
3. Akt aus Siegfried
Der Vater ist mutlos. Er weiss nicht weiter und ruft Erda, die Urmutter, aus ihrem tiefen Schlaf, um sie zu fragen: «Wie besiegt die Sorge der Gott?» Denn der alte Mann ist der Gott Wotan, der seine Macht und seine Kraft schwinden fühlt. Was soll er tun, was soll er wollen? «Weisst du, was Wotan will?», fragt er doch tatsächlich Erda, die ihm müde zuhört, schon wieder langsam verschwindet, und er ahnt: Ihm ist nicht mehr zu helfen. «Drum schlafe nun du», gesteht er ihr zu, «schliesse dein Auge; träumend erschau mein Ende!»
Das heisst: Er weiss, dass es vorbei ist mit dem Göttertum. Und Erda rät ihm, doch die Nornen zu fragen, die den Schicksalsfaden weben – sie hat genug: «Männertaten umdämmern mir den Mut», und sie sinkt hinab. Und als sie weg ist, kommt Siegfried.
Wotan erkennt ihn sofort. Das ist der Mann, der die Welt retten soll, ein Erlöser. Und Erlösergestalten sind ja nie ganz ohne … Siegfried ist eine Art Anarchist: gezeugt im Inzest zwischen Geschwistern, nämlich Wotans Kindern Siegmund und Sieglinde, im Wald ahnungslos von der Welt aufgewachsen und Parsifal ähnlich in seiner umfassenden Unwissenheit. Mime hat ihn grossgezogen, der verbitterte Bruder des Alberich, und Mime versucht auch seit Jahren, das zerschlagene Schwert Notung zusammenzuschmieden – das einzige
«WEISST DU, WAS WOTAN WILL?»
Schwert, das den Drachen töten kann, der auf dem Goldschatz aus dem Rhein sitzt.
Siegfried hat es schliesslich hingekriegt: Er hat das Schwert geschmiedet, er hat den Drachen erschlagen, er hat den Ring, der Macht oder Liebe verheisst. (Ja, man muss sich da schon entscheiden!) Und nun zieht er los, um die schlafende Schöne zu finden, von der ein Waldvöglein ihm gesungen hat – hier sind wir tief in einem FantasyMärchen: Wer Drachenblut kostet, versteht die Vögel, und an nichts anderes als an diese Vogelerzählung denkt nun der tumbe Tor, als er im Wald auf diesen seltsamen alten Mann trifft. «Aus dem Weg», sagt er respektlos, Wotan fragt ihn zu viel, und schliesslich reisst Siegfried der Geduldsfaden: «Lass mich nicht länger hier schwatzen! Kannst du den Weg mir weisen, so rede: Vermagst du’s nicht, so halte dein Maul.»
Wotan fordert ein bisschen mehr Achtung vor dem Alter, aber Siegfried denkt gar nicht dran: «Solang ich lebe, stand mir ein Alter stets im Wege», pöbelt er und macht sich lustig über Wotans grossen Hut,
über das fehlende Auge: «Das schlug dir einer gewiss schon aus, dem du trotzig den Weg vertratst? Mach dich jetzt fort, sonst könntest du leicht das andere auch noch verlieren.»
Was für ein Frechdachs! Der Wanderer wundert sich doch sehr, mag noch nicht weichen und muss sich dann anhören, dass Siegfried ihn einen «störrischen Wicht» nennt und fragt: «Wer bist du denn, dass du mir wehren willst?»
Ja, was soll Wotan da sagen, wer er ist? Sein Grossvater? Er hält seinen Speer vor sich, um dem jungen Wilden den Weg zu versperren, aber Siegfried haut den Speer in Stücke – den Speer, der frevelhaft aus dem Holz der Weltenesche geschnitzt wurde, Zerstörung und Verrat also von allem Anfang an.
Das ist die alles entscheidende Szene. Das ist der Moment, in dem das Neue das Alte zwar hinwegfegt, aber deshalb hat das Neue noch nicht gesiegt. Jetzt sind wir, jetzt ist die Welt in einem gefährlichen Zwischenreich des Übergangs zwischen Macht und
Ohnmacht, zwischen Alt und Neu. Wotan weiss: Er hat gerade abgedankt, Siegfried weiss noch nicht, dass das Schicksal der Welt jetzt von seinem Handeln abhängt. Und wir wissen schon: Alles wird schiefgehen, die Welt geht unter, aber vielleicht: eine Götterdämmerung?
Doch vorher kommt noch die Liebe. Die Liebe, die so oft überschätzt wird, die Liebe, die mit so vielen Erwartungen befrachtet wird, dass sie sie gar nicht erfüllen kann. Siegfried trifft auf die schlafende Brünnhilde, die erste Frau, die er überhaupt sieht. Und Brünnhilde ist schon so viel weiter und reifer als er – «O Siegfried! Siegfried! Sieh meine Angst!» sagt sie, aber er weiss gar nicht, was Angst ist. Er ist einfach nur verliebt.
Wüsste er, was ihn alles noch erwartet – er hätte sehr wohl Angst.
Sopran solo, Tenor solo, Alt solo, Bassbariton solo, 3 Flöten, Piccolo, 4 Oboen (mit Englischhorn), 3 Klarinetten, Bassklarinette, 3 Fagotte (mit Kontrafagott), 8 Hörner (davon 4 Wagnertuben), 3 Trompeten, Basstrompete, 4 Posaunen, Kontrabassposaune, Kontrabasstuba, Pauken, Schlagzeug, 6 Harfen, Streicher
ENTSTEHUNG
1869–1871 in Tribschen
URAUFFÜHRUNG
16. August 1876 im Bayreuther Festspielhaus unter der Leitung von Hans Richter
DAUER
ca. 80 Minuten
Vom Gesamtkunstwerk
zum Gemeinschaftskunstwerk
Musikalische Leitung: Jonathan Nott
Inszenierung: Benedikt von Peter
Co-Regie: Caterina Cianfarini
Mit: Nathan Berg, Trine Møller, Hanna Schwarz, Kristina Stanek, Ric Furman, Heather Engebretson u.v.m.
Chor des Theater Basel
Sinfonieorchester Basel
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theater-basel.ch/derringeinfestival
VON CORINA KOLBE
Richard Wagners Opern lassen den britischen
Dirigenten Sir Mark Elder seit seiner Jugend nicht mehr los. Nach dem 3. Aufzug aus Parsifal führt er nun mit dem Sinfonieorchester Basel den 3. Akt aus Siegfried auf. Im Interview spricht er über die unwiderstehliche Wirkung, die diese Musik nicht nur im Opernhaus entfaltet.
CK Wann haben Sie den Ring des Nibelungen für sich entdeckt?
SME In den 60erJahren verbrachte ich einen Sommer mit Freunden auf dem Land, nahe Oxford. Wir waren noch Teenager. Irgendwann legte jemand eine Schallplatte mit dem 3. Akt aus Siegfried auf. Die Einspielung mit Sir Georg Solti und den Wiener Philharmonikern war zu der Zeit die
einzige verfügbare Aufnahme des Ring. Ich werde nie vergessen, wie sehr mich diese Musik aufgewühlt und fasziniert hat. So etwas kannte ich bis dahin nicht. Das war mein musikalisches Erweckungserlebnis.
CK Sind Sie bald darauf nach Bayreuth gefahren, um den Ring im Haus des ‹Meisters› zu hören? 1981 dirigierten Sie dann selbst auf dem Grünen Hügel – allerdings nicht die Tetralogie, sondern Die Meistersinger von Nürnberg.
SME In Bayreuth erlebte ich schon Ende der 60erJahre den Ring in der Regie von Wieland Wagner, am Pult stand Lorin Maazel. Weitere Vorstellungen hörte ich am Londoner Opernhaus Covent Garden unter Leitung von Solti, für den ich später Aufführungen vom Rheingold und der Götterdämmerung vorbereitete. Da hatte mich Wagner bereits völlig in seinen Bann gezogen. Seine Opern können starke Emotionen wecken, wenn man sich darauf einlässt. In diese Musik muss man ganz tief eintauchen.
CK Wagner hat eine riesige Fangemeinde, die sich über die gesamte Welt verteilt. Was macht sein Werk so zeitlos?
SME Es ist nicht erstaunlich, dass so viele Menschen überall hinreisen, um diese Opern zu sehen. Die Fragen, die seine
Stücke behandeln, sind nach wie vor sehr aktuell. Das trifft vor allem auf den Ring zu. Darin geht es um das Böse des Kapitalismus, um Gier und Verrat. All dies hat auch heute eine starke Wirkung auf das Publikum. Ich glaube, jede Generation kann den Ring aus neuen Blickwinkeln verstehen.
Sinfonieorchester Basel zusammenzuarbeiten. Die Musiker*innen haben mich sehr gut aufgenommen. Das Münster und das Goetheanum sind zwei eindrucksvolle Orte. Der Saal in Dornach hat eine bemerkenswerte Akustik. Obwohl er nicht allzu gross ist, konnten wir Wagner spielen, ohne dass der Klang den Raum sprengte. Wenn es kein Bühnenbild gibt, lenkt einen nichts von der Musik ab. Eine konzertante Aufführung hat für mich deshalb eine grosse Reinheit. Man sollte Opern immer wieder auch in dieser Form hören.
CK Seit mehr als zwanzig Jahren sind Sie Musikdirektor des Hallé Orchestra in Manchester, mit dem Sie Wagners Werke konzertant aufführen. Worin liegt der besondere Reiz, Opern nicht nur im Graben, sondern auch auf der Konzertbühne zu dirigieren?
SME In Grossbritannien ist das Publikum regelrecht hungrig nach Wagner. Diese Musik eignet sich hervorragend dazu, den Klang eines Orchesters weiterzuentwickeln. Die Musiker*innen müssen ein Gespür für das kammermusikalische Zusammenspiel bekommen. Wenn sie auf die anderen hören, entsteht erweiterte Kammermusik. Es ist einfach wunderbar, wenn Dirigent*in und Orchester einander voll vertrauen. Ich versuche vom Pult aus so wenig wie möglich zu führen. Den Musiker*innen signalisiere ich, dass sie selbst ihre Ohren offen halten müssen, um zusammen zu musizieren. Daraus entsteht die schönste Musik, die man sich vorstellen kann.
CK Bei Ihrer Rückkehr nach Basel dirigieren Sie jetzt im Stadtcasino den 3. Akt von Siegfried .
SME Um Siegfried zu spielen, braucht man unglaublich viel Ausdauer. Die Architektur des letzten Aktes gefällt mir sehr – alles läuft auf das lange Liebesduett zwischen Siegfried und Brünnhilde am Schluss hinaus. Der ganze Akt besteht aus verschiedenen Duetten, die gut konzertant aufzuführen sind, da es auf der Bühne nur wenig Aktion gibt. Die Musiker*innen müssen schnell und flexibel agieren, der Klang soll ganz transparent sein. Wir müssen eine gute Balance finden, damit das Orchester den Sänger*innen genug Raum für ihre Stimmen lässt. Ich bin gespannt, wie sich das Ergebnis unserer Arbeit im Musiksaal des Stadtcasinos Basel anhören wird.
CK Mit dem SOB haben Sie 2018 den 3. Aufzug von Parsifal im Basler Müns ter und im Goetheanum in Dornach aufgeführt. Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
SME Für mich war es eine wundervolle, intensive Erfahrung, das erste Mal mit dem
«Diese Musik eignet sich hervorragend dazu, den Klang eines Orchesters weiterzuentwickeln.»
«Wenn es kein Bühnenbild gibt, lenkt einen nichts von der Musik ab.»
Der Wanderer
Wache, Wala! Wala! Erwach!
Aus langem Schlaf weck’ ich dich Schlummernde auf.
Ich rufe dich auf: Herauf! Herauf!
Aus nebliger Gruft, aus mächtigem Grunde herauf!
Erda! Erda! Ewiges Weib!
Aus heimischer Tiefe tauche zur Höh’!
Dein Wecklied sing’ ich, dass du erwachest; aus sinnendem Schlafe weck’ ich dich auf.
Allwissende! Urweltweise!
Erda! Erda! Ewiges Weib!
Wache, erwache, du Wala! Erwache!
Erda
Stark ruft das Lied; kräftig reizt der Zauber.
Ich bin erwacht aus wissendem Schlaf. Wer scheucht den Schlummer mir?
Der Wanderer
Der Weckrufer bin ich, und Weisen üb’ ich, dass weithin wache, was fester Schlaf verschliesst.
Die Welt durchzog ich, wanderte viel, Kunde zu werben, urweisen Rat zu gewinnen. Kundiger gibt es keine als dich; bekannt ist dir, was die Tiefe birgt, was Berg und Tal, Luft und Wasser durchwebt.
Wo Wesen sind, wehet dein Atem; wo Hirne sinnen, haftet dein Sinn: alles, sagt man, sei dir bekannt. Dass ich nun Kunde gewänne, weck’ ich dich aus dem Schlaf!
Erda
Mein Schlaf ist Träumen. mein Träumen Sinnen, mein Sinnen Walten des Wissens.
Doch wenn ich schlafe, wachen Nornen: sie weben das Seil und spinnen fromm, was ich weiss. Was frägst du nicht die Nornen?
Der Wanderer
Im Zwange der Welt weben die Nornen: sie können nichts wenden noch wandeln. Doch deiner Weisheit dankt’ ich den Rat wohl, wie zu hemmen ein rollendes Rad?
Erda
Männertaten umdämmern mir den Mut: mich Wissende selbst bezwang ein Waltender einst. Ein Wunschmädchen gebar ich Wotan: der Helden Wal hiess für sich er sie küren. Kühn ist sie und weise auch: was weckst du mich und frägst um Kunde nicht Erdas und Wotans Kind?
Der Wanderer
Die Walküre meinst du, Brünnhild’, die Maid? Sie trotzte dem Stürmebezwinger: wo er am stärksten selbst sich bezwang. Was den Lenker der Schlacht zu tun verlangte, doch dem er wehrte zuwider sich selbst, allzu vertraut wagte die Trotzige das für sich zu vollbringen, Brünnhild’ in brennender Schlacht. Streitvater strafte die Maid: in ihr Auge drückte er Schlaf; auf dem Felsen schläft sie fest. Erwachen wird die Weibliche nur, um einen Mann zu minnen als Weib. Frommten mir Fragen an sie?
Erda
Wirr wird mir, seit ich erwacht: wild und kraus kreist die Welt!
Die Walküre, der Wala Kind, büsst’ in Banden des Schlafs, als die wissende Mutter schlief?
Der den Trotz lehrte, straft den Trotz?
Der die Tat entzündet, zürnt um die Tat?
Der die Rechte wahrt, der die Eide hütet, wehret dem Recht, herrscht durch Meineid?
Lass mich wieder hinab!
Schlaf verschliesse mein Wissen!
Der Wanderer
Dich, Mutter, lass’ ich nicht ziehn, da des Zaubers mächtig ich bin.
Urwissend stachest du einst der Sorge Stachel in Wotans wagendes
Herz: mit Furcht vor schmachvoll feindlichem Ende füllt’ ihn dein Wissen, dass Bangen band seinen Mut.
Bist du der Welt weisestes Weib, sage mir nun: wie besiegt die Sorge der Gott?
Erda
Du bist nicht, was du dich nennst! Was kamst du, störrischer Wilder, zu stören der Wala Schlaf?
Der Wanderer
Du bist nicht, was du dich wähnst! UrmütterWeisheit geht zu Ende: dein Wissen verweht vor meinem Willen. Weisst du, was Wotan will? Dir Unweisen ruf’ ich ins Ohr, dass sorglos ewig du nun schläfst!
Um der Götter Ende grämt mich die Angst nicht, seit mein Wunsch es will!
Was in des Zwiespalts wildem Schmerze verzweifelnd einst ich beschloss, froh und freudig führe frei ich nun aus. Weiht’ ich in wütendem Ekel des Niblungen Neid schon die Welt, dem herrlichsten Wälsung weis’ ich mein Erbe nun an. Der von mir erkoren, doch nie mich gekannt,
ein kühnester Knabe, bar meines Rates, errang des Niblungen Ring. Liebesfroh, ledig des Neides, erlahmt an dem Edlen Alberichs Fluch; denn fremd bleibt ihm die Furcht. Die du mir gebarst, Brünnhild’,
weckt sich hold der Held: wachend wirkt dein wissendes Kind erlösende Weltentat.
Drum schlafe nun du, schliesse dein Auge; träumend erschau mein Ende!
Was jene auch wirken, dem ewig Jungen weicht in Wonne der Gott. Hinab denn, Erda! Urmütterfurcht!
Ursorge!
Hinab! Hinab zu ew’gem Schlaf!
2. SZENE – DER WANDERER, SIEGFRIED
Der Wanderer
Dort seh’ ich Siegfried nahn.
Siegfried
Mein Vöglein schwebte mir fort! Mit flatterndem Flug und süssem Sang wies es mich wonnig des Wegs: nun schwand es fern mir davon!
Am besten find’ ich mir selbst nun den Berg. Wohin mein Führer mich wies, dahin wandr’ ich jetzt fort.
Der Wanderer
Wohin, Knabe, heisst dich dein Weg?
Siegfried
Da redet’s ja; wohl rät das mir den Weg. Einen Felsen such’ ich, von Feuer ist der umwabert: dort schläft ein Weib, das ich wecken will.
Der Wanderer
Wer sagt’ es dir, den Fels zu suchen? Wer, nach der Frau dich zu sehnen?
Siegfried
Mich wies ein singend Waldvöglein, das gab mir gute Kunde.
Der Wanderer
Ein Vöglein schwatzt wohl manches; kein Mensch doch kann’s verstehn. Wie mochtest du Sinn dem Sang entnehmen?
Siegfried
Das wirkte das Blut eines wilden Wurms, der mir vor Neidhöhl’ erblasste. Kaum netzt’ es zündend die Zunge mir, da verstand ich der Vöglein Gestimm’.
Der Wanderer
Erschlugst den Riesen du, wer reizte dich, den starken Wurm zu bestehn?
Siegfried
Mich führte Mime, ein falscher Zwerg; das Fürchten wollt’ er mich lehren. Zum Schwertstreich aber, der ihn erschlug, reizte der Wurm mich selbst, seinen Rachen riss er mir auf.
Der Wanderer
Wer schuf das Schwert so stark und hart, dass der stärkste Feind ihm fiel?
Siegfried
Das schweisst’ ich mir selbst, da’s der Schmied nicht konnte: schwerelos noch wär’ ich wohl sonst.
Der Wanderer
Doch, wer schuf die starken Stücke, daraus das Schwert du dir geschweisst?
Siegfried
Was weiss ich davon?
Ich weiss allein, dass die Stücke mir nichts nützten, schuf ich das Schwert mir nicht neu.
Der Wanderer
Das mein’ ich wohl auch!
Siegfried
Was lachst du mich aus?
Alter Frager! Hör einmal auf: lass mich nicht länger hier schwatzen!
Kannst du den Weg mir weisen, so rede: vermagst du’s nicht, so halte dein Maul!
Der Wanderer
Geduld, du Knabe! Dünk’ ich dich alt, so sollst du Achtung mir bieten.
Siegfried
Das wär’ nicht übel!
Solang ich lebe, stand mir ein Alter stets im Wege; den hab’ ich nun fortgefegt: Stemmst du dort länger steif dich mir entgegen, sieh dich vor, sag’ ich,
dass du wie Mime nicht fährst!
Wie siehst du denn aus?
Was hast du gar für ’nen grossen Hut? Warum hängt er dir so ins Gesicht?
Der Wanderer
Das ist so Wand’rers Weise, wenn dem Wind entgegen er geht.
Siegfried
Doch darunter fehlt dir ein Auge; Das schlug dir einer gewiss schon aus, dem du zu trotzig den Weg vertratst? Mach dich jetzt fort, sonst könntest du leicht das andere auch noch verlieren.
Der Wanderer
Ich seh’, mein Sohn, wo du nichts weisst, da weisst du dir leicht zu helfen. Mit dem Auge, das als andres mir fehlt, erblickst du selber das eine, das mir zum Sehen verblieb.
Siegfried
Hahahaha!
Zum Lachen bist du mir lustig! Doch hör, nun schwatz’ ich nicht länger: geschwind, zeig mir den Weg, deines Weges ziehe dann du; zu nichts andrem acht’ ich dich nütz: drum sprich, sonst spreng’ ich dich fort!
Der Wanderer
Kenntest du mich, kühner Spross, den Schimpf spartest du mir! Dir so vertraut, trifft mich schmerzlich dein Dräuen. Liebt’ ich von je deine lichte Art, Grauen auch zeugt’ ihr mein zürnender Grimm.
Dem ich so hold bin, Allzuhehrer, heut nicht wecke mir Neid: er vernichtete dich und mich!
Siegfried
Bleibst du mir stumm, störrischer Wicht?
Weich von der Stelle, denn dorthin, ich weiss, führt es zur schlafenden Frau. So wies es mein Vöglein, das hier erst flüchtig entfloh.
Der Wanderer
Es floh dir zu seinem Heil!
Den Herrn der Raben erriet es hier: weh ihm, holen sie’s ein!
Den Weg, den es zeigte, sollst du nicht ziehn!
Siegfried
Hoho! Du Verbieter! Wer bist du denn, dass du mir wehren willst?
Der Wanderer
Fürchte des Felsens Hüter!
Verschlossen hält meine Macht die schlafende Maid: wer sie erweckte, wer sie gewänne, machtlos macht’ er mich ewig!
Ein Feuermeer umflutet die Frau, glühende Lohe umleckt den Fels: wer die Braut begehrt, dem brennt entgegen die Brunst. Blick nach der Höh’! Erlugst du das Licht? Es wächst der Schein, es schwillt die Glut; sengende Wolken, wabernde Lohe wälzen sich brennend und prasselnd herab: ein Lichtmeer umleuchtet dein Haupt: bald frisst und zehrt dich zündendes Feuer. Zurück denn, rasendes Kind!
Siegfried
Zurück, du Prahler, mit dir! Dort, wo die Brünste brennen, zu Brünnhilde muss ich dahin!
Der Wanderer
Fürchtest das Feuer du nicht, so sperre mein Speer dir den Weg! Noch hält meine Hand der Herrschaft Haft: das Schwert, das du schwingst, zerschlug einst dieser Schaft: noch einmal denn zerspring es am ew’gen Speer!
Siegfried
Meines Vaters Feind! Find’ ich dich hier? Herrlich zur Rache geriet mir das! Schwing deinen Speer: in Stücken spalt ihn mein Schwert!
Der Wanderer
Zieh hin! Ich kann dich nicht halten!
Siegfried
Mit zerfochtner Waffe wich mir der Feige?
Ha! Wonnige Glut! Leuchtender Glanz!
Strahlend nun offen steht mir die Strasse.
Im Feuer mich baden!
Im Feuer zu finden die Braut!
Hoho! Hahei!
Jetzt lock’ ich ein liebes Gesell!
Siegfried
Selige Öde auf sonniger Höh’!
Was ruht dort schlummernd im schattigen Tann?
Ein Ross ist’s, rastend in tiefem Schlaf!
Was strahlt mir dort entgegen?
Welch glänzendes Stahlgeschmeid?
Blendet mir noch die Lohe den Blick?
Helle Waffen! Heb’ ich sie auf?
Ha, in Waffen ein Mann!
Wie mahnt mich wonnig sein Bild!
Das hehre Haupt drückt wohl der Helm?
Leichter würd’ ihm, löst’ ich den Schmuck.
Ach! Wie schön!
Schimmernde Wolken säumen in Wellen den hellen Himmelssee; leuchtender Sonne lachendes Bild
strahlt durch das Wogengewölk!
Von schwellendem Atem schwingt sich die Brust!
Brech’ ich die engende Brünne?
Komm, mein Schwert, schneide das Eisen!
Das ist kein Mann!
Brennender Zauber zückt mir ins Herz; feurige Angst fasst meine Augen: mir schwankt und schwindelt der Sinn!
Wen ruf’ ich zum Heil, dass er mir helfe?
Mutter! Mutter! Gedenke mein!
Wie weck’ ich die Maid, dass sie ihr Auge mir öffne?
Das Auge mir öffne?
Blende mich auch noch der Blick?
Wagt’ es mein Trotz?
Ertrüg’ ich das Licht?
Mir schwebt und schwankt und schwirrt es umher!
Sehrendes Sehnen zehrt meine Sinne; am zagenden Herzen zittert die Hand!
Wie ist mir Feigem?
Ist dies das Fürchten?
O Mutter! Mutter! Dein mutiges Kind!
Im Schlafe liegt eine Frau: die hat ihn das Fürchten gelehrt!
Wie end’ ich die Furcht?
Wie fass’ ich Mut?
Dass ich selbst erwache, muss die Maid mich erwecken!
Süss erbebt mir ihr blühender Mund.
Wie mild erzitternd mich Zagen er reizt!
Ach! Dieses Atems wonnig warmes Gedüft!
Erwache! Erwache! Heiliges Weib!
Sie hört mich nicht.
So saug’ ich mir Leben aus süssesten Lippen, sollt’ ich auch sterbend vergehn!
Brünnhilde
Heil dir, Sonne! Heil dir, Licht!
Heil dir, leuchtender Tag!
Lang war mein Schlaf; ich bin erwacht.
Wer ist der Held, der mich erweckt?
Siegfried
Durch das Feuer drang ich, das den Fels umbrann; ich erbrach dir den festen Helm: Siegfried bin ich, der dich erweckt.
Brünnhilde
Heil euch, Götter!
Heil dir, Welt!
Heil dir, prangende Erde!
Zu End’ ist nun mein Schlaf; erwacht, seh’ ich:
Siegfried ist es, der mich erweckt!
Siegfried
O Heil der Mutter, die mich gebar; Heil der Erde, die mich genährt!
Dass ich das Aug’ erschaut, das jetzt mir Seligem lacht!
Brünnhilde
O Heil der Mutter, die dich gebar!
Heil der Erde, die dich genährt!
Nur dein Blick durfte mich schaun, erwachen durft’ ich nur dir!
O Siegfried! Siegfried! Seliger Held!
Du Wecker des Lebens, siegendes Licht!
O wüsstest du, Lust der Welt, wie ich dich je geliebt!
Du warst mein Sinnen, mein Sorgen du!
Dich Zarten nährt’ ich, noch eh du gezeugt; noch eh du geboren,
barg dich mein Schild:
so lang lieb’ ich dich, Siegfried!
Siegfried
So starb nicht meine Mutter?
Schlief die minnige nur?
Brünnhilde
Du wonniges Kind!
Deine Mutter kehrt dir nicht wieder. Du selbst bin ich, wenn du mich Selige liebst. Was du nicht weisst, weiss ich für dich; doch wissend bin ich nur, weil ich dich liebe!
O Siegfried! Siegfried! Siegendes Licht! Dich liebt’ ich immer; denn mir allein erdünkte Wotans Gedanke. Der Gedanke, den ich nie nennen durfte; den ich nicht dachte, sondern nur fühlte; für den ich focht, kämpfte und stritt; für den ich trotzte dem, der ihn dachte; für den ich büsste, Strafe mich band, weil ich nicht ihn dachte und nur empfand! Denn der Gedanke – dürftest du’s lösen! –mir war er nur Liebe zu dir!
Siegfried
Wie Wunder tönt, was wonnig du singst; doch dunkel dünkt mich der Sinn. Deines Augen Leuchten seh’ ich licht; deines Atems Wehen fühl’ ich warm: deiner Stimme Singen hör’ ich süss: doch was du singend mir sagst, staunend versteh’ ich’s nicht. Nicht kann ich das Ferne sinnig erfassen, wenn alle Sinne dich nur sehen und fühlen! Mit banger Furcht fesselst du mich: du einz’ge hast ihre Angst mich gelehrt. Den du gebunden in mächtigen Banden, birg meinen Mut mir nicht mehr!
Brünnhilde
Dort seh’ ich Grane, mein selig Ross: wie weidet er munter, der mit mir schlief! Mit mir hat ihn Siegfried erweckt.
Siegfried
Auf wonnigem Munde weidet mein Auge: in brünstigem Durst doch brennen die Lippen, dass der Augen Weide sie labe!
Brünnhilde
Dort seh’ ich den Schild, der Helden schirmte; dort seh’ ich den Helm, der das Haupt mir barg: er schirmt, er birgt mich nicht mehr!
Siegfried
Eine selige Maid versehrte mein Herz; Wunden dem Haupte schlug mir ein Weib: ich kam ohne Schild und Helm!
Brünnhilde
Ich sehe der Brünne prangenden Stahl: ein scharfes Schwert schnitt sie entzwei; von dem maidlichen Leibe löst’ es die Wehr; ich bin ohne Schutz und Schirm, ohne Trotz ein trauriges Weib!
Siegfried
Durch brennendes Feuer fuhr ich zu dir! Nicht Brünne noch Panzer barg meinen
Leib:
nun brach die Lohe mir in die Brust. Es braust mein Blut in blühender Brunst; ein zehrendes Feuer ist mir entzündet: die Glut, die Brünnhilds Felsen umbrann, die brennt mir nun in der Brust!
O Weib, jetzt lösche den Brand!
Schweige die schäumende Glut!
Brünnhilde
Kein Gott nahte mir je!
Der Jungfrau neigten scheu sich die Helden: heilig schied sie aus Walhall! Wehe! Wehe!
Wehe der Schmach, der schmählichen Not! Verwundet hat mich, der mich erweckt! Er erbrach mir Brünne und Helm: Brünnhilde bin ich nicht mehr!
Siegfried
Noch bist du mir die träumende Maid: Brünnhildes Schlaf brach ich noch nicht. Erwache, sei mir ein Weib!
Brünnhilde
Mir schwirren die Sinne, mein Wissen schweigt: soll mir die Weisheit schwinden?
Siegfried
Sangst du mir nicht,
dein Wissen sei das Leuchten der Liebe zu mir?
Brünnhilde
Trauriges Dunkel trübt meinen Blick; mein Auge dämmert, das Licht verlischt: Nacht wird’s um mich.
Aus Nebel und Grau’n
windet sich wütend ein Angstgewirr: Schrecken schreitet und bäumt sich empor!
Siegfried
Nacht umfängt gebund’ne Augen. Mit den Fesseln schwindet das finstre Grau’n.
Tauch aus dem Dunkel und sieh: sonnenhell leuchtet der Tag!
Brünnhilde
Sonnenhell leuchtet der Tag meiner Schmach!
O Siegfried! Siegfried!
Sieh meine Angst!
Ewig war ich, ewig bin ich, ewig in süss sehnender Wonne, doch ewig zu deinem Heil!
O Siegfried! Herrlicher! Herr der Welt! Leben der Erde! Lachender Held!
Lass, ach lass, lasse von mir!
Nahe mir nicht mit der wütenden Nähe!
Zwinge mich nicht mit dem brechenden Zwang, zertrümmre die Traute dir nicht!
Sahst du dein Bild im klaren Bach? Hat es dich Frohen erfreut?
Rührtest zur Woge das Wasser du auf; zerflösse die klare Fläche des Bachs: dein Bild sähst du nicht mehr, nur der Welle schwankend Gewog’! So berühre mich nicht, trübe mich nicht!
Ewig licht lachst du selig dann aus mir dir entgegen, froh und heiter ein Held!
O Siegfried! Leuchtender Spross!
Liebe dich und lasse von mir: vernichte dein Eigen nicht!
Siegfried
Dich lieb’ ich: o, liebtest mich du!
Nicht hab’ ich mehr mich:
o, hätte ich dich!
Ein herrlich Gewässer wogt vor mir; mit allen Sinnen seh’ ich nur sie,
die wonnig wogende Welle. Brach sie mein Bild, so brenn’ ich nun selbst, sengende Glut in der Flut zu kühlen; ich selbst, wie ich bin, spring’ in den Bach: o, dass seine Wogen mich selig verschlängen, mein Sehnen schwänd’ in der Flut!
Erwache, Brünnhilde!
Wache, du Maid!
Lache und lebe, süsseste Lust! Sei mein! Sei mein! Sei mein!
Brünnhilde
O Siegfried! Dein war ich von je!
Siegfried
Warst du’s von je, so sei es jetzt!
Brünnhilde
Dein werd’ ich ewig sein!
Siegfried
Was du sein wirst, sei es mir heut! Fasst dich mein Arm, umschling’ ich dich fest; schlägt meine Brust brünstig die deine; zünden die Blicke, zehren die Atem sich; Aug’ in Auge, Mund an Mund: dann bist du mir, was bang du mir warst und wirst! Dann brach sich die brennende Sorge, ob jetzt Brünnhilde mein?
Brünnhilde
Ob jetzt ich dein?
Göttliche Ruhe rast mir in Wogen; keuschestes Licht lodert in Gluten: himmlisches Wissen stürmt mir dahin, Jauchzen der Liebe jagt es davon!
Ob jetzt ich dein?
Siegfried! Siegfried!
Siehst du mich nicht?
Wie mein Blick dich verzehrt, erblindest du nicht?
Wie mein Arm dich presst, entbrennst du mir nicht?
Wie in Strömen mein Blut entgegen dir stürmt, das wilde Feuer, fühlst du es nicht?
Fürchtest du, Siegfried, fürchtest du nicht das wild wütende Weib?
Siegfried
Ha! Wie des Blutes Ströme sich zünden, wie der Blicke Strahlen sich zehren, wie die Arme brünstig sich pressen, kehrt mir zurück mein kühner Mut, und das Fürchten, ach! das ich nie gelernt, das Fürchten, das du mich kaum gelehrt: das Fürchten – mich dünkt, ich Dummer vergass es nun ganz!
Brünnhilde
O kindischer Held! O herrlicher Knabe! Du hehrster Taten töriger Herr! Lachend muss ich dich lieben, lachend will ich erblinden, lachend zugrunde gehn!
Fahr hin, Walhalls leuchtende Welt!
Zerfall in Staub deine stolze Burg!
Leb wohl, prangende Götterpracht!
End in Wonne, du ewig Geschlecht!
Zerreisst, ihr Nornen, das Runenseil!
Götterdämm’rung, dunkle herauf!
Nacht der Vernichtung, neble herein!
Mir strahlt zur Stunde Siegfrieds Stern; er ist mir ewig, ist mir immer, Erb’ und Eigen, ein und all: leuchtende Liebe, lachender Tod!
Siegfried
Lachend erwachst du Wonnige mir: Brünnhilde lebt, Brünnhilde lacht!
Heil dem Tage, der uns umleuchtet!
Heil der Sonne, die uns bescheint!
Heil der Welt, der Brünnhilde lebt! Sie wacht, sie lebt, sie lacht mir entgegen.
Prangend strahlt mir Brünnhildes Stern! Sie ist mir ewig, ist mir immer, Erb’ und Eigen, ein und all: leuchtende Liebe, lachender Tod!
VON SIGFRIED SCHIBLI
Gibt es etwas Deutscheres als die Musik von Richard Wagner? Geboren in Leipzig und aufgewachsen in Dresden, ist Wagner aufs Engste mit dem Festspielhaus und den Festspielen im fränkischen Bayreuth verbunden. Dort wurde 1876 sein vierteiliger Ring des Nibelungen uraufgeführt. Trotz dieser Fixierung auf Deutschland hatte Wagner intensive
Kontakte zur Schweiz. Nachdem er sich 1849 am Dresdner Maiaufstand beteiligt hatte, floh er als politisch Verfolgter nach Zürich, wo er bis August 1858 seinen Wohnsitz hatte. Da Wagner viel und gern reiste, können sich etliche Schweizer Orte
rühmen, einen Platz in seiner Biografie zu haben. Ganz besonders gilt das für Tribschen am Vierwaldstättersee. Dort mietete
Wagner am 4. April 1866 eine stattliche Villa, die bis heute mit seinem Namen verbunden ist.
Seinem Gönner König Ludwig II. schrieb er: «Wohin ich mich aus meinem Hause wende, bin ich von einer wahren Wunderwelt umgeben: ich kenne keinen schöneren Ort dieser Welt, keinen heimischeren als diesen.» Zwei Jahre später zog seine Ge
liebte Cosima von Bülow, Tochter von Franz Liszt und Marie d’Agoult, bei ihm ein. In Tribschen komponierte Wagner den 3. Aufzug von Siegfried, dessen Text er in Zürich geschrieben hatte. Viel Schweiz also in einem sehr deutschen Künstlerleben!
Um das WagnerHaus in Tribschen bei Luzern ranken sich zahlreiche Erinnerungen und Anekdoten. In ihren Tagebüchern erzählt Cosima Wagner, wie Richard und sie mit den gemeinsamen Kindern Eva und Isolde Weihnachten feierten, wie Wagner
ihr aus seinem Aufsatz über das Judentum in der Musik vorlas und sie am Fortgang seiner Kompositionen teilhaben liess. Ihre beiden älteren Töchter Daniela und Blandine blieben vorerst beim Vater Hans von Bülow in München. Cosima litt unter der Trennung, bekannte sich aber voll zu ihrer neuen Beziehung und ihrem neuen Wohnsitz. Die Heirat mit Wagner fand im Juli 1870 in Luzern statt, nachdem Cosimas Ehe mit Hans von Bülow rechtmässig geschieden war.
Schon 1869 lag die Gefahr eines Krieges mit Frankreich in der Luft, und Cosima zitiert Richard mit den besorgten Worten: «Es würde bestimmt dieses Jahr zum Kriege kommen. Wie lange wird uns die Tribschner Ruhe noch beschieden sein?» Einen Eindruck von dieser Ruhe und Beschaulichkeit gibt ein Tagebucheintrag Cosimas vom 13. Januar 1869: «Einsamer Spaziergang nach Tisch; ein Nebel und Sonnenspiel lässt die gegenüber liegenden Ufer wie ein Traumbild erscheinen, die Bäume, von Reif bedeckt, begrüssen mich wie freundlich sanfte Geister; der Pilatus, mit einem goldenen WolkenSchein umgeben, ist wie der erhabene König dieser Traumwelt.»
Die Arbeit am Siegfried kam in Tribschen gut voran, und als am 6. Juni 1869 das
dritte Kind von Cosima und Richard zur Welt kam, war es keine Frage, dass es ebenfalls Siegfried heissen sollte. Der kränk liche Knabe entsprach nicht unbedingt dem Klischee des Helden Siegfried, aber aus ihm wurde später der fruchtbare Komponist Siegfried Wagner. «Der schönste Sommer, dessen ich mich entsinnen kann, hat Siegfried hervorgebracht», notierte Cosima am 6. August 1869. Damit meinte sie wohl gleichermassen die Oper und das Söhnlein! Ebenfalls mit Tribschen verbunden ist das SiegfriedIdyll, bestehend aus Motiven aus Siegfried und Götterdämmerung, mit welchem Wagner seiner Cosima an Weihnachten 1870 zum 33. Geburtstag gratulierte. Die Familie Wagner lebte noch bis April 1872 in Tribschen und zog von dort weiter nach Bayreuth, wo Wagner sich dem Bau des Festspielhauses und der Vorbereitung seiner Ring Tetralogie bei den erstmals durchgeführten Festspielen widmete. Nach Wagners Abreise diente das Patrizierhaus in Tribschen seinen Familienangehörigen als Sommerwohnsitz; es ging 1931 ins Eigentum der Stadt Luzern über und wurde 1933 als WagnerMuseum eröffnet. Mit seinen zahlreichen Gemälden, Einrichtungsgegenständen und Erinnerungsstücken erinnert es lebhaft an Wagners glückliche Jahre in Luzern. Einer der ‹Väter› dieses Museums und der WagnerPflege in der Schweiz war der Basler Musiker und Goldschmied Adolf Zinsstag (1878–1965). Zu den Kundinnen des musikbegabten Goldschmieds von der Basler Gerbergasse gehörte keine Geringere als Cosima Wagner.
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Die Dynamik macht den Unterschied. Als dynamischster SUV von Mercedes-Benz verkörpert der neue GLC modernen und sportlichen Luxus in allen Details. Dabei ist er auf jedem Terrain zuhause: ob onroad oder offroad – überall überzeugt er mit Komfort und Agilität.
Sie hört privat lieber elektronische Tanzmusik als klassische Musik, fertigt in ihrer Freizeit gerne Karikaturen von Dirigent*
innen an und hat ihre musikalische Ausbildung auf drei Kontinenten absolviert:
Seit 2012 ist die taiwanesische Cellistin Phoebe Lin
Teil des Sinfonieorchesters
Basel. Musik bedeutet für sie eher Intuition als Hintergrundwissen – ihre Lieblingswerke stammen von rhythmusstarken Komponisten wie Schostakowitsch, Bartók und Strawinsky.
LV Phoebe Lin, vor unserem Interview warntest Du mich, Du seist eine der «unwissendsten klassischen Musiker*innen». Dabei spielst Du Cello, seit Du neun Jahre alt bist!
PL (lacht) Ja, ich spiele zwar schon lange Cello, war auf mehreren Musikschulen und hatte viele Musikunterrichtsstunden. Nach meinem Studium begann ich aber, mich nur noch auf mein Instrument zu fokussieren und die intellektuelle Auseinandersetzung mit Werken und Komponist*innen aussen vor zu lassen. Beim Musizieren vertraue ich auf meinen Instinkt und habe dabei ein ziem lich gutes Gespür dafür, wie ein Stück klingen soll.
LV Hörst Du zu Hause klassische Musik?
PL Wenn mich Komponist*innen neugierig machen oder ich ein neues Werk studiere, das ich noch nicht kenne, schaue ich mir die Stücke an, beschäftige mich aber nicht sehr intensiv damit. Ansonsten höre ich zu Hause eigentlich keine klassische Musik. Als Kind stand die Klassik für mich zwar im Vordergrund, danach habe ich aber viele andere Musikrichtungen entdeckt. Wenn ich gerade nicht im Orchesterdienst
«Beim Musizieren vertraue ich auf meinen Instinkt.»
bin, höre ich gerne HipHop, Rap oder süd amerikanische Musik. Mein Mann ist ausserdem ein ehemaliger DJ – wir hören deshalb auch viel House.
LV Probierst Du Dich auch mit dem Cello in mehreren Musikrichtungen aus?
PL Vor einigen Jahren gab es beim Sinfonieorchester Basel das Format ‹Cube Sessions›, das in der Kuppel Basel, einem ehemaligen Club, stattfand. Gemeinsam mit meinem Orchesterkollegen Benjamin GregorSmith spielten wir nichtklassische Musik auf elektronischen Celli und arbeiteten mit DJs zusammen. Ansonsten spiele ich auf dem Cello eigentlich nur klassische Musik. Besonders gut gefallen mir Werke mit einem wirklich prägnanten Rhythmus, beispielsweise von Schostakowitsch, Bartók oder Strawinsky.
LV Du bist eine begabte Illustratorin und zeichnest oft Karikaturen von Dirigent*innen und Musiker*innen. Wie kam es zu diesem Hobby?
PL Ich beobachte und zeichne gerne die Menschen um mich herum, weil ich keine besonders gute Rednerin bin. Die Zeichnungen mache ich für mich selbst oder schenke sie Orchesterkolleg*innen zum Geburtstag. Ich habe schon immer gerne gezeichnet – als Kind malte ich immer Papierpuppen zum Ausschneiden. Als ich zum Sinfonieorchester Basel kam, habe ich angefangen, Dirigent*innen zu zeichnen. Jede*r von ihnen ist so besonders und lustig. Ich mag es, meine Kolleg*innen mit meinen Zeichnungen zum Lachen zu bringen.
LV Welche Interessen verfolgst Du sonst noch neben der Musik?
PL Früher habe ich viel Sport getrieben – seit ich Mutter bin, hat sich das auf das Fahrradfahren reduziert. Ausserdem liebe ich gutes Essen und guten Wein. Mittlerweile ist das Kochen mit zwei kleinen Kindern aber eher zur ‹Pflicht› geworden. (lacht)
LV Interessieren sich Deine beiden Kinder für klassische Musik?
PL Leider (noch) nicht! Meine Kinder sind erst zwei und vier Jahre alt und sehr skeptisch, wenn ich ihnen ein klassisches
Stück vorstellen möchte. Ich hoffe, dass sie ein Interesse für die klassische Musik entwickeln und vielleicht auch ein Instrument lernen möchten – im Moment mögen sie es vor allem, zu aller möglichen Musik zu tanzen.
LV Wie bist Du eigentlich zu Deinem Instrument gekommen?
PL Auch diese Entscheidung ist auf meinen guten Instinkt zurückzuführen. Mit drei Jahren hatte ich erst angefangen Klavier zu spielen und wusste im Alter von sieben Jahren bereits, dass ich Musikerin werden will. Im Musikunterricht für musikalisch begabte Kinder, den ich in Taiwan besuchte, musste man sich im Alter von neun Jahren für ein Zweitinstrument neben dem Klavier entscheiden, damit ein Orchester gegründet werden konnte. Meine Mutter wollte erst, dass ich wie die meisten anderen Kinder die Geige wählen würde – ich suchte mir aber das Cello aus. Schon früh mochte ich den war men Klang dieses Instruments, und ich war ausserdem für mein damaliges Alter schon ziemlich gross gewachsen, was das Greifen von Tönen erleichterte.
LV Mit fünfzehn Jahren gingst Du schliesslich in die USA, um dort zu studieren. Gab es in Taiwan damals zu wenig Möglichkeiten für Musiker*innen?
PL Die Ausbildung in Taiwan war eine sehr schwere Zeit für mich. Von allen Kindern wurden Höchstleistungen in allen akademischen und künstlerischen Fächern verlangt – die Prüfungsresultate wurden jeweils öffentlich in den Klassenzimmern ausgehängt. Ich war nie besonders fleissig, und es muss für meine Mutter sehr anstrengend gewesen sein, sich mit den Müttern anderer Kinder in einem dauernden Wettbewerb zu befinden. Ich wollte zwar immer noch Musikerin werden, merkte jedoch bald, dass ich in Taiwan unter diesen Umständen nicht mehr Cello spie
«Schon früh mochte
ich den warmen Klang dieses Instruments.»
len konnte. Meine damalige Cellolehrerin schlug mir schliesslich vor, nach Amerika zu gehen. Dort habe ich dann in Cleveland, New York und Boston studiert. Mein Heimat land zu verlassen, war ein mutiger Ent schluss, aber gleichzeitig die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe.
LV Wie bist Du nach Europa gekommen?
PL Nachdem ich etwa zehn Jahre in Amerika verbracht hatte, wollte ich etwas Neues ausprobieren. Durch das SchleswigHolstein Musik Festival lernte ich Deutschland kennen und traf viele europäische Musiker*innen. Ein Dozent aus Hamburg bot mir schliesslich einen Studienplatz für mein Konzertexamen an, und nach meinem Studium erhielt ich in der Stadt auch gleich mein erstes Praktikum – beim NDR Elbphilharmonie Orchester. Die Probespiele für eine Festanstellung danach waren eine harte Zeit. Bevor ich die Stelle in Basel erhielt, hatte ich bereits acht oder neun erfolglose Probespiele hinter mir und hätte beinahe aufgegeben. Die guten Ereignisse treffen aber bekanntlich immer dann ein, wenn man sie am wenigsten erwartet, und so bin ich schliesslich beim Sinfonieorchester Basel gelandet.
LV Deinen Arm zieren kunstvolle Tattoos, die auch auf der Konzertbühne zu sehen sind. Ganz offen gefragt: War das in Deinem Beruf je ein Problem?
PL Nein, ich habe zum Glück noch nie eine negative Reaktion erlebt! Ich muss aber auch gestehen, dass ich zum Zeitpunkt des Probespiels in Basel nur ein kleines Tattoo hatte. (lacht) Alle anderen Motive sind dazugekommen, nachdem ich meine Festanstellung erhalten hatte. In Deutschland sind die Regeln wahrscheinlich strenger – ich bin sehr froh, dass Basel so aufgeschlossen ist und meine Tattoos nie ein Thema waren!
LV Hast Du ein musikalisches Vorbild?
PL Als Cellistin muss ich natürlich YoYo Ma erwähnen, der ein grossartiger Cellist ist und eine wahnsinnige Wärme ausstrahlt, die mich bereits als Kind fasziniert hat. In einem Meisterkurs schüttelte er mir einst die Hand – dieses Gefühl werde ich nie vergessen! YoYo Ma ist sehr vielseitig in allem, was er tut, was mich sehr fasziniert.
«In einem Meisterkurs schüttelte mir YoYo Ma einst die Hand –dieses Gefühl werde ich nie vergessen!»LV Phoebe Lin, herzlichen Dank für das Gespräch! © Pia Clodi / Peaches & Mint
VON BENJAMIN HERZOG
Mein Grossvater, vielleicht der musikbegeistertste Mensch in unserer Familie, hörte im Alter nicht mehr gut. Das Cello, das er einst in seinem ehrwürdigen AmateurQuartett gespielt hatte, verstaubte in einer Ecke. Über seine Schwerhörigkeit machten wir Enkel uns lustig. Der Rest der Familie war davon genervt. Später wurde auch meine Mutter schwerhörig. Sie war Pianistin. Ob es mich dereinst auch trifft? Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) empfiehlt Musiker*innen: «Immer mit!» Mit Gehörschutz. Zumindest wenn man mit seinem Instrument die empfohlene maximale Spieldauer überschreitet, gemessen in Stunden pro Woche. Bei einer Gitarre sind das vierzig. Auch der Kontrabass darf gemäss dieser Empfehlung so lange pro Woche gespielt werden. Vierzig Stunden sind hierzulande Normalarbeitszeit. Wer allerdings in eine Posaune bläst, sollte das, gemäss SUVA, nicht länger als fünf Stunden pro Woche tun. Für Profis unmöglich. Im gleichen Bereich rangieren Trompete, Horn und Schlagzeug. Für Geiger*innen lautet die Empfehlung: vierzehn Stunden.
Es gibt taube Komponisten (Beethoven, Smetana). Weltbekannt ist die fast gehörlose Schlagzeugerin Evelyn Glennie. Sie nimmt Musik über Vibrationen wahr. Schwerhörig zu sein im Sinfonieorchester
aber, ist unmöglich. Und doch kann gerade das Musizieren in einem Orchester dazu führen. Das Gehör: ein grosses Thema. Es gibt Orchestermusiker*innen, die mit einem Tinnitus leben. Und es gibt solche, bei denen die Hörfähigkeit innerhalb von Jahren rapide abnimmt. Schon vor der Pensionierung. Mit Gehörschutz zu spielen, ist aber für viele unangenehm, da sie ihre Umgebung und sich selbst so nicht mehr richtig wahrnehmen. Andere sagen, Ohrstöpsel im Orchester zu benutzen, sei Übungssache.
Lärm ist subjektiv. Wenn er ausgeruht sei, so ein Posaunist, sei das Spiel im Orchester eine Wohltat. Sei er aber gestresst, so sei er auch viel lärmempfindlicher als normalerweise. Posaunen sind im Orchester zudem oft direkt vor dem Schlagzeug positioniert. Was tun, wenn man weiss, jetzt kommt bald ein lauter Schlag? Den Kopf etwas wegzudrehen, hilft angeblich. Auch schon, auf den kommenden Schlag vorbereitet zu sein. Das deutsche Verb ‹hören› hat seine Wurzeln unter anderem im lateinischen ‹cavere›, sich in Acht nehmen. Wer genau hinschaut, sieht auch immer wieder Musiker*innen, die sich vor lauten Stellen einen Gehörschutz in die Ohren drücken. Das sind passgenaue Anfertigungen, die mit den gelben OhropaxSchäumchen so viel zu tun haben wie eine Stradivari mit einer Fabrikgeige. Je nach Aufsatz kann man so
zehn, fünfzehn oder fünfundzwanzig Dezibel Lautstärke herausfiltern. Zehn schon sind eine Menge. Eine Faustregel besagt, dass die gefühlte Wahrnehmung von Lautstärke sich pro zehn Dezibel verdoppelt (oder verringert). Aber, wie gesagt: Lärm ist subjektiv.
Schon ein steter Wassertropfen im Bad kann uns am Einschlafen hindern. Umgekehrt gibt es Menschen, die problemlos in einem lauten Flugzeug arbeiten können. Lärm ist nicht gleich Lärm. Und der Lärm der anderen stört immer mehr als der eigene. Das wissen Orchestermusiker*innen. «Wenn ich eine laute Stelle zu spielen habe», so ein Schlagzeuger, «warne ich die Kollegen vorher.» Aus Rücksicht würde er in den Proben auch kaum je in voller Lautstärke spielen. Er nennt das «soziales Spielen». Wenn der Mensch – jenseits der Orchesterwelt – sein Recht behaupten will, wird er in der Regel laut. Wir schreien uns an. Hören ist auch mit dem Verb ‹gehorchen› verwandt. Der Lautere gewinnt, denken wir. Aber im Orchester ist das Gehör kollektiv. Ich muss auf die anderen hören und sie auf mich. Verstehen Sie?
Das Philharmonische Orchester Helsinki nahm 1997 mit seinem damaligen Chefdirigenten Leif Segerstam das Album Earquake/Ohrenbeben auf mit der angeblich «lautesten klassischen Musik aller Zeiten».
Stücke sind da zu geniessen von Dmitri
Schostakowitsch (der zusammen mit Gustav Mahler und Richard Wagner als ‹lauter› Komponist gilt), Sergei Prokofjew, Aram Chatschaturjan. Oder vom isländischen Komponisten Jón Leifs. In Hekla beschrieb Leifs 1964 tonmalerisch den Ausbruch eines Vulkans auf Island. Es kommen Kanonen zum Einsatz, Schiffsketten und ‹musikalische Steine›, die für die Uraufführung in Helsinki aus Island importiert werden mussten. Die finnischen Steine hatten die Lärmkriterien des Komponisten nicht erfüllt. Die Kritik nach der Uraufführung sei vernichtend gewesen.
Man kann sich auch weigern. Vor einigen Jahren tat dies das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Die Uraufführung von Dror Feilers Stück Halat Hisar wurde abgesetzt, weil sich die Musiker*innen nicht dessen Lautstärke aussetzen wollten. Im Vergleich mit den Tönen einer elektrischen Gitarre sei sein Stück überhaupt nicht laut, das Verhalten des Orchesters sei «lächerlich», meinte Feiler uneinsichtig.
Was tun, wenn das Gehör beschädigt ist? Hörgeräte werden zwar immer besser, aber den menschlichen Hörsinn können sie bestenfalls imitieren. Er träume in Klängen, hat mir ein Komponist verraten. Und stehe dann manchmal mitten in der Nacht auf, um einen solchen Klang zu notieren. Eine ähnliche Geschichte, erzählt man auch über den Geiger Giuseppe Tartini, dem angeblich der Teufel die Noten seiner TeufelstrillerSonate eingeflüstert hat. Vielleicht hat ja auch mein schwerhöriger Grossvater von Musik geträumt. Gesprochen hat er darüber allerdings nie.
→ Das nächste Mal: H wie ‹H›
Der Ring des Nibelungen is a cycle of four operas by the German composer Richard Wagner (1813–1883) that consists of approximately 16 hours of music drama – too long to perform in a single concert. This month’s concert features Act III of Siegfried, the third opera.
Other than for its musical qualities, Act III is often seen as the turning point of the cycle.
Siegfried’s Act III consists of three scenes, all introduced by an orchestral prelude, in which most of the musical material is presented. In the first scene, the storyline evolves around how Wotan voluntarily gives up his powers and proclaims Siegfried and Brünnhilde to be his heirs. The second scene relates how Siegfried breaks Wotan’s spear (the symbol of his power and musically represented by a downward scale). In the final scene, the fearless Siegfried navigates through the ring of fire, within which Brünnhilde was put to sleep by Wotan for helping the twins Siegmund and Sieglinde, Siegfried’s parents. Siegfried awakes her with a kiss, and they fall in love. (Brünnhilde is a daughter of Wotan and Erda, the goddess of the earth. The twins Siegmund und Sieglinde were conceived by Wotan as well.)
The creation process of Wagner’s Ring was long. Wagner started working on the Ring in 1848, when he envisioned a heroic opera named Siegfried’s Death . He first worked on the libretto (something composers at the time usually didn’t do themselves), most of which was written in Zürich, where he lived in exile since 1849. He soon realized the story needed a prologue, The Young Siegfried . When the need for even more context arose, he added Das Rheingold (the socalled Vorabend or preliminary evening) and Die Walküre (First
day) to form a cycle of four operas. In the process, The Young Siegfried became simply Siegfried (Second day), while Siegfried’s Death became Götterdämmerung (Third day). Based on its genesis, we could say that the Siegfried saga is the seed from which the cycle emerged.
Some scholars perceive Siegfried’s Act III as the dramatic pinnacle of the cycle. First of all, the drama evolves around the three most important characters of the entire Ring: Wotan, Siegfried and Brünnhilde. Secondly, Wagner describes the opening of Act III as “Wotan’s last ride, …[a] descent to the underworld”. The end of Valhalla is foreshadowed, but Wotan accepts it out of love for his grandson Siegfried, who, through his fearlessness, was able to retrieve the ring forged from the stolen Rhinegold. Finally, her love for Siegfried allows Brünnhilde to reject the world of the gods and therefore her own divine powers. Instead, she and Siegfried sing how their love transcends the glory of the gods, and even death, on which Götterdämmerung elaborates. Not that the rest of the cycle is without dramatic climaxes, but the ones in Siegfried seem the most crucial and cathartic in the entire sequence of events from the theft of the Rhinegold to the Hall of the Gods going up in flames. Wagner had taken a 12year break from his composition work for the Ring after he had finished Siegfried’s Act II. When he restarted his work in 1869, his style had evolved and had become more symphonic. Instead of using recitatives, the music continues to flow. Wagner wrote: “Music transfigures everything, it never permits the hideousness of the bare word, however terrible the subject”, making Act III also musically a perfect part to perform on its own.
Der Freundeskreis ist eine engagierte Gemeinschaft, die Freude an klassischer Musik sowie eine hohe Wertschätzung gegenüber dem Sinfonieorchester Basel verbindet.
Wir unterstützen die Arbeit der Musiker*innen des Sinfonieorchesters Basel mit konkreten Projekten und finanziellen Beiträgen. Darüber hinaus tragen wir dazu bei, in der Stadt und der Region Basel eine positive Atmosphäre und Grundgestimmtheit für das Sinfonieorchester Basel und das kulturelle Leben zu schaffen. Unser Verein bietet seinen Mitgliedern ein reichhaltiges Programm an exklusiven Anlässen mit dem Sinfonieorchester Basel sowie über ausgewählte Veranstaltungsformate exklusive Möglich keiten des direkten Kontakts zu Musiker*innen. Wir fördern das gemeinschaftliche musikalische Erleben sowie den Austausch unter unseren Mitgliedern.
Nehmen Sie direkt Kontakt mit uns auf: freundeskreis@sinfonieorchesterbasel.ch oder besuchen Sie unsere Website www.sinfonieorchesterbasel.ch/freundeskreis
Mi, 8. März 2023, 19.30 Uhr
Stadtcasino Basel, Musiksaal
Die vielen Voten und Rückmeldungen bei der Umfrage der Musikzeitschrift Concerti zum ‹Publikum des Jahres 2021› haben uns sehr gefreut und berührt. Dank Ihrer Unterstützung lag das Sinfonieorchester Basel beim OnlineVoting mit Abstand auf dem ersten Platz. Wir möchten uns dafür bei Ihnen mit einem Konzert mit Ihrer Lieblingsmusik ganz herzlich bedanken. Am 8. März 2023 findet das erste Wunschkonzert mit dem Sinfonieorchester Basel im Stadtcasino Basel statt. Zur Wahl standen zwanzig ‹Hits› der klassischen Musik, von denen wir die fünf meistgenannten Werke aufführen werden. Der künstlerische Direktor HansGeorg Hofmann wird durch das Wunschkonzert führen. Die Leitung hat Chefdirigent Ivor Bolton.
Ludwig van Beethoven (1770–1827):
Ouvertüre zu Egmont, op. 84 (1810)
Gabriel Fauré (1845–1924):
Pavane fisMoll, op. 50 (1887)
Joaquín Rodrigo (1901–1999): Concierto de Aranjuez, Konzert für Gitarre und Orchester (1939)
Gustav Mahler (1860–1911):
2. Satz aus Sinfonie Nr. 5 cisMoll (1902)
Antonín Dvořák (1841–1904):
2. Satz aus Sinfonie Nr. 9 eMoll, Aus der Neuen Welt, op. 95 (1893)
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847):
4. Satz aus Sinfonie Nr. 4 ADur, Italienische, op. 90 (1833)
Sinfonieorchester Basel
Stephan Schmidt, Gitarre
PREISE
CHF 105/85/70/55/35
VORVERKAUF
Kulturhaus Bider & Tanner, Billettkasse Stadtcasino Basel am Steinenberg, www.sinfonieorchesterbasel.ch
Ivor Bolton, Leitung
Hans-Georg Hofmann, Moderation
SINFONIEKONZERT
Mi, 19. April 2023, 19.30 Uhr
Do, 20. April 2023, 19.30 Uhr
Stadtcasino Basel, Musiksaal
VERMITTLUNG
Do, 20. April 2023, 10 Uhr
Stadtcasino Basel, Musiksaal
BRUCKNER 9
Sinfonieorchester Basel, Lawrence Power, Domingo Hindoyan
2. SCHULKONZERT
Sinfonieorchester Basel, Lawrence Power, Domingo Hindoyan
GASTSPIEL IN LUZERN
Fr, 28. April 2023, 19.30 Uhr
KKL Luzern
WEITERES KONZERT
Mi, 10. Mai 2023, 19.30 Uhr
Do, 11. Mai 2023, 19.30 Uhr
Stadtcasino Basel, Musiksaal
WEITERES KONZERT
Mo, 15. Mai 2023, 19.30 Uhr
Stadtcasino Basel, Musiksaal
Sinfonieorchester Basel, Tobias Melle, Stanisław Kochanowski
KONZERTGESELLSCHAFTSUND VOLKSSINFONIEKONZERT
Sinfonieorchester Basel, Axel Schacher, David Delacroix, Dmitri Maslejew, Ariane Matiakh
JAZZ OFFBEAT & STEFANO BOLLANI
Sinfonieorchester Basel, Stefano Bollani, Leonardo Sini
VORVERKAUF (falls nicht anders angegeben):
Bider & Tanner – Ihr Kulturhaus in Basel
Aeschenvorstadt 2, 4051 Basel
+41 (0)61 206 99 96
ticket@biderundtanner.ch
www.biderundtanner.ch
IMPRESSUM
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Orchesterdirektor: Franziskus Theurillat
Künstlerischer Direktor: HansGeorg Hofmann
Redaktion ProgrammMagazin: Lea Vaterlaus
Korrektorat: Ulrich Hechtfischer
Gestaltung: Atelier Nord, Basel
Druck: Steudler Press AG
Auflage: 1500 Exemplare