DIE ERNÄHRUNG VOLUME 44 | 01 2020

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DIE ERNÄHRUNG

Prickelnde Nachhaltigkeit Seite 4 © Adobe Stock – credon2012

ÖSTERREICHISCHE POST AG MZ 14Z040109 M SPV PRINTMEDIEN GMBH, FLORIANIGASSE 7/14, 1080 WIEN

Österreichische Zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft

VOLUME 44 | 01. 2020

Landwirtschaft und Welternährung Seite 12

ABSTRACTED IN CHEMICAL ABSTRACTS ABSTRACTED IN SCOPUS


Höchste Qualität von der Saat bis zum Öl

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3 inhalt content

INHALT —

Liebe Leserin, lieber Leser, —

04

WIRTSCHAFT economy

wir starten in ein neues Jahr, das bereits von einem heiß diskutierten Thema geprägt ist: dem Klimawan­ del. Aus diesem Grund haben wir die­ se Ausgabe von DIE ERNÄHRUNG dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit ge­ widmet.

04 Prickelnde Nachhaltigkeit 08 European Green Deal 12 Landwirtschaft und Welternährung 14 Zwischen Bio-Boom und Verschärfung von Spielregeln 16 Risiko bei Lebensmitteln richtig einschätzen 18 Eine Erfolgsgeschichte auf drei Stufen 20 Europäische Milchlandschaft gestalten

I

TECHNIK SPEZIAL technology special II Interpack 2020 jetzt schon ausgebucht IV Hygiene ist unerlässlich VII Hefeabziehen – clever und sparsam VIII Dauerbrenner Mineralöl in Lebensmitteln

26

WISSENSCHAFT science 26 Methoden zur Modulierung der mikrobiellen Pansenfermentation und Verbesserung der Diagnosemöglichkeiten von subakuter Pansenazidose bei Kühen 30 Ätherische Öle

33

RECHT law 33 EuGH-Entscheidung i. S. „Kulturchampignons“ 34 Glyphosatverbot: Zurück an den Start 36 EuGH-Urteil zum Schutzumfang der g. U. „Queso Manchego“ 36 Impressum

Mit Günter Walkner ist ein renom­ mierter Experte an Bord. Er vertritt Österreich bei der Organisation für Ernährung und Landwirtschaft der Vereinten Nationen. In seinem Artikel geht er der Transforma­ tion der Lebensmittelindustrie und dem weltweiten Hunger auf den Grund. Weiters tauchen wir in ein Flag­ ship-Projekt der EU ein: Der Green Deal hat das Ziel, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Das stellt auch unsere Branche vor He­ rausforderungen. Im CEO-Interview erzählt Birgit Aichinger, Geschäfts­ führerin von Vöslauer, welche Lö­ sungen ein führendes Getränkeun­ ternehmen dazu entwickelt. Mit dem Jahreswechsel kommt auch frischer Schwung in unser Magazin: Ass.-Professor Klaus Dürrschmid von der Universität für Bodenkultur Wien hat die Leitung der wissen­ schaftlichen Redaktion übernom­ men. Ich freue mich, dass wir einen derart versierten Experten gewonnen haben. Neu ist zudem unser „Tech­ nik Spezial“. Künftig finden Sie Spannendes zum Thema Lebens­ mitteltechnik in einem eigenen Teil. Viel Freude beim Lesen!

Katharina Koßdorff

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PRICKELNDE NACHHALTIGKEIT DIE ERNÄHRUNG SPRACH MIT MAG. BIRGIT AICHINGER, GESCHÄFTSFÜHRERIN DER VÖSLAUER MINERALWASSER GMBH, ÜBER NACHHALTIGKEIT, DIE BEDEUTUNG VON MINERALWASSER UND PRODUKTVIELFALT, ÜBER EXPORTERFOLGE, INNOVATIONEN, VERPACKUNGEN UND REGIONALITÄT. OSKAR WAWSCHINEK

D

ie Ernährung: Nicht nur im Sommer ist ausreichendes Trinken wichtig: Wie positionieren Sie Ihr Unternehmen am

Unternehmen und mit unseren Produk­ ten CO2-neutral und, wir stellen mit März unser gesamtes PET-Sortiment auf 100 % rePET um.

Markt? Birgit Aichinger: Vöslauer ist die Nummer eins am österreichischen Mine­ ralwassermarkt, als Familienunternehmen sind wir sehr stark mit der Region und unserer Ursprungsquelle verbunden – das bedeutet auch eine große Verantwortung. Ausreichendes Trinken ist ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung. Neben unseren reinen Mineralwas­ ser-Produkten steht sowohl bei all un­ seren Getränken im Near-Water-Bereich als auch bei unseren Limonaden ein maßvoller Zuckerkonsum im Mittel­ punkt der Entwicklungen. Bei Vöslauer zählt natürliches, reines Mi­ neralwasser als der beste Durstlöscher, alle Getränke sind entweder zuckerredu­ ziert oder komplett zuckerfrei, enthalten keine künstlichen Konservierungs- oder Süßstoffe und sind zu 100 % vegan. Darüber hinaus steht unser nachhaltiges Engagement im Zentrum unseres Tuns und ist Teil unserer Unternehmensphilo­ sophie und -strategie. So haben wir uns auch ehrgeizige Nachhaltigkeitsziele ge­ setzt, wovon wir zwei wesentliche Mei­ lensteine mit 2020, schon fünf Jahre frü­ her als geplant, umsetzen werden: Zum einen sind wir mit Beginn des Jahres als

Wie entwickelt sich der Markt generell – im In- und Ausland? Aichinger: In Österreich wird am liebsten prickelndes, gefolgt von stillem Mineralwasser getrunken. Wobei stilles Mineralwasser immer mehr an Beliebt­ heit gewinnt (+1,7 %)*, dieses Wachs­ tum beobachten wir auch bei „Vöslauer ohne“ mit einem Plus von 3,7 %*. In Deutschland hingegen, unserem Haupt­ export-Markt, wird mit rund 41 %** am liebsten mildes Mineralwasser kon­ sumiert, wenn es sich aber um Vöslau­ er Mineralwasser handelt, kaufen die Deutschen am liebsten „Vöslauer ohne“. Parallel dazu hat sich ein weiteres Seg­ ment entwickelt: Produkte mit natürli­ chem Aroma und ohne Zucker, wie die Vöslauer Flavours – diese Null-Kalo­ rien-Varianten mit Geschmack, ohne künstliche Konservierungs- und Süß­ stoffe – erfreuen sich in beiden Märk­ ten großer Beliebtheit. Außerdem sind unsere Produkte auch zu 100 % vegan. Hier haben wir den Trend rechtzeitig erkannt, denn in diesem Segment zeigt die Wachstumskurve klar nach oben. Welche Strategie verfolgen Sie in Österreich?

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Aichinger: Wir nehmen uns vor, je­ des unserer Produkte nachhaltiger als seinen Vorgänger zu gestalten. Damit haben wir auch konsequent daran ge­ arbeitet, unser gesamtes PET-Sortiment zur Gänze auf nachhaltiges rePET aus 100 % Recyclingmaterial umzustellen und das gelingt uns schon dieses Jahr im März, also fünf Jahre früher als geplant. Darüber hinaus bauen wir auch stetig unseren Glas-Mehrweg-Bereich weiter aus. Hier haben wir jüngst als erster Mineralwasseranbieter Österreichs die erste 0,5 l Glas-Mehrweg-Flasche in den Sorten prickelnd und Zitrone auf den Markt gebracht. Und ganz neu im Sortiment und damit in der Mehrweg-Familie ist die Vöslauer Limonade in den Sorten Sizilianische Zi­ trone, Himbeere-Brombeere und Spani­ sche Orange. Die neuen Sorten der Vös­ lauer Limonade werden in der 1 l und 0,5 l Glas-Mehrwegflasche und in der 0,5 l rePET-Flasche bereits im Februar erhältlich sein. Das Besondere dabei: Es handelt sich bei dem neuen Produkt um die erste Bio-Limonade, die national in Glas-Mehrwegflaschen erhältlich ist und mit der wir auch gemeinsam mit dem WWF für mehr Bewusstsein im Bereich Glas-Mehrweg schaffen wollen. Das bedeutet, wir bei Vöslauer setzen mit unseren Handlungen als Unternehmen und mit unseren Produkten auf Nachhal­ tigkeit und einen gesunden Lebensstil.


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© VÖSLAUER

Wie hoch ist Ihre Exportquote und welche neuen Märkte wollen Sie beliefern? Was ist Ihre Strategie dahinter? Aichinger: 2018 betrug die Export­ quote rund 18 %, Hauptexport-Markt ist Deutschland, aber auch in Ungarn erfreuen wir uns immer größerer Beliebtheit. Wie ist das Verhältnis zwischen den Mineralwässern und den flavoured Produkten (Balance)? Wohin geht die Entwicklung? Aichinger: Seit über zehn Jahren gibt es den klassischen, etablierten „Near Water“-Markt. Diese Produkte sind im Vergleich zu einer Limonade deutlich kalorienreduziert – also sehr wassernah und mit wenig Zucker. Hier ist ein ge­ wisses Volumen erreicht, da gehen wir nicht mehr von allzu großem Wachstum aus. Anders sieht es bei Null-Kalori­ en-Produkten im Near-Water-Bereich aus, dieser Markt entwickelt sich sehr gut. Das sehen wir bei unseren Fla­ vour-Getränken besonders gut – kein Zucker, keine Kalorien, keine Süßstoffe und ausschließlich natürliche Aromen. Wie gehen Sie mit der Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) um? Wie sehen Sie die Entwicklungen im Bereich der zunehmenden Eigenmarken des LEH? Aichinger: Ich bin überzeugt davon, dass sich die Marktmacht des Lebens­

mitteleinzelhandels auch immer an den Wünschen der Konsumenten orientiert. Beispiel Glas-Mehrweg: Die Konsu­ menten wollen mehr Glas im Handel, also muss es dafür eine Lösung geben. Ähnlich verhält es sich mit den Eigen­ marken, die in gewissen Bereichen auch ihre Daseinsberechtigung haben und mit denen sich die Konsumenten sicher auch identifizieren. Das Vertrauen unserer Kunden ist deshalb umso wichtiger und es zu behalten Teil unserer täglichen Ar­ beit und des Qualitätsversprechens, das wir ihnen geben. Wir glauben auch, dass nach wie vor die Marke eine wesentliche Rolle spielt. Mit Vöslauer verbinden die Konsumenten etwas – das Thema Jungbleiben ist unse­ ren Kunden ein Begriff, genauso wie un­ ser nachhaltiges Engagement und unser Pioniergeist, wie beispielsweise die Ent­ wicklung der ersten 100 % rePET-Fla­ sche oder der ersten 0,5 l Glas-Mehr­ wegflasche in Österreich. Das meinen wir damit, wenn wir sagen „Wir löschen den Durst der Zeit“.

schonendste und gleichzeitig auch all­ tagstauglichste Mineralwasser-Flasche zu bieten. Daher haben wir künftig aus­ schließlich Flaschen aus 100 % rePET, rePET-Pfand oder Glas-Mehrwegfla­ schen in unserem Sortiment.

Medial heiß diskutiert werden aus Sicht der Nachhaltigkeit alle Verpackungen, besonders jene aus Plastik (PET). Wie sind bei Ihnen die Gebindearten unterteilt (Glas/Pfand/Leichtflasche)? Welche Richtung wollen Sie forcieren? Aichinger: Unser Anspruch ist es, unseren Kunden immer die umwelt­

Sie haben eine neue 0,5 Liter Glasflasche in den Handel gebracht. Was sind Ihre Erwartungen und wie wirkt sich die kleinere Flasche im Hinblick auf die Nachhaltigkeit aus? Aichinger: Wir wollten damit auch für den kleinen Durst unterwegs eine Glas-Mehrweg-Alternative anbieten und

Wie entwickelt sich die rePET-Initiative aus Ihrer Sicht? Was sind Ihre Ziele dabei? Aichinger: Wir waren im Herbst 2018 das erste österreichische Unter­ nehmen mit einer 100 % rePET Flasche am Markt und damit einmal mehr Vor­ reiter. Wir freuen uns, dass wir damit vielen anderen Unternehmen ein Vorbild waren. Wie bereits erwähnt, werden wir heuer im März, fünf Jahre früher als geplant, unser gesamtes PET-Sortiment auf 100 % rePET umstellen. Die Heraus­ forderung war dabei, als Marktführer die entsprechende Menge an recyceltem Material zu bekommen. Der für uns geringst mögliche Materialeinsatz steht dabei immer im Mittelpunkt.

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Sie haben eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt und wurden dafür im Rahmen von „17 und wir“ ausgezeichnet. „Wer erfolgreich sein will, der muss auch Verantwortung übernehmen“, lautet Ihr Credo im Unternehmen. Worauf kommt es Ihnen dabei an? Aichinger: Nachhaltigkeit hat vie­ le Facetten, das wissen wir bei Vöslauer schon lange und schreiben dies seit mehr als 10 Jahren in unserem regelmäßig er­ scheinenden Nachhaltigkeitsbericht nie­ der. Von den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen – die miteinander

haben zusätzlich gleich die Transportkis­ te mit- und weitergedacht. Diese besteht zu 100 % aus Recyclingmaterial und ist so konzipiert, dass beim Transport der Raum bestmöglich ausgenutzt wird. Zur Nachhaltigkeit wollen wir dem­ nächst valide Daten liefern, deshalb haben wir gemeinsam mit dem WWF unter Beiziehung eines wissenschaftli­ chen Beirats eine Ökobilanzstudie un­ terschiedlicher Vöslauer Getränkever­ packungen in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse wir noch im ersten Quartal 2020 präsentieren wollen.

about

Zum Unternehmen —

Vöslauer ist das Lieblingsmineral­wasser der Österreicher. Mit einem Umsatz von 102,96 Millionen Euro (2018) und mit einem Anteil von über 40 % (bei Mine­ ralwasser) ist Vöslauer klarer Marktfüh­ rer. Über 200 Mitarbeiter identifizieren sich mit der Marke und ihren Werten. Die Quelle in Bad Vöslau ist schon seit 50 nach Christus bekannt, im Jahr 1136 wurde sie das erste Mal schriftlich er­ wähnt. Bis heute wurde das Unterneh­ men an diesem geschichtsträchtigen Standort kontinuierlich ausgebaut und entwickelt. An Spitzentagen werden bis zu zwei Millionen Liter Vöslauer Mine­ ralwasser ausgeliefert. Die Ex­ portquote liegt bei 18 %. Erfolgsfaktoren sind aber nicht nur das Wasser selbst, das 15.000 Jah­ re braucht, bis es rein und klar aus einer Tiefe von rund 660 Metern kommt, sondern auch die laufenden Innovati­ onen und der Schwer­ punkt auf Nachhaltig­ keit. © VÖSLAUER

Vöslauer achtet darauf, seine Produk­ te ökologisch verträglich herzustellen und mit erfrischenden Flaschende­ signs sowie Geschmacksrichtungen zu überraschen. Viele Entwicklungen stammen aus dieser Grundhaltung. Seit 20 Jahren gibt es Vöslauer Balan­ ce – in immer wieder neu entwickelten Geschmacksrichtungen. Beim aktu­ ellen Thema Verpackungen reicht die Palette der Entwicklungen historisch gesehen einerseits von der 1,5 Liter PET-Leichtflasche über verschiede­ ne Gebindegrößen und Zusammen­ stellungen bis zur 100 % rePETFlasche für die gesamte Produkt-Ran­ ge, die bereits 2020, also fünf Jahre früher als geplant, umgesetzt wird, und andererseits von der 1 Liter Glasmehr­ wegflasche und der Splitkiste bis zur neuesten Innovation für den kleineren Durst mit 0,5 Liter und einer neuen Transportkiste, die zu 100 % aus Recyclingmaterial be­ steht. Im Durchschnitt wird eine Glas­flasche 15 Mal befüllt. Auch die Produktinno­ vationen sind vielfältig und reichen von still bis superprickelnd, von Mineralwasser über Near Water bis hin zur Bio-Limonade.

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verbunden und nicht teilbar sind – wirken sich unsere Aktivitäten natürlich auf meh­ rere Ziele positiv aus, was uns selbstver­ ständlich mit einem gewissen Stolz erfüllt. Was wir erreichen wollen und wo auf dem Weg wir uns gerade befinden, zeigen wir transparent her und lassen uns auch regelmäßig durch externe Institutionen zertifizieren. Denn als regional verwur­ zelter Marktführer tragen wir eben Ver­ antwortung – für unsere Mitarbeiter und Lieferanten, unsere Konsumenten und natürlich auch für die 15.000 Jahre alte Quelle, die es zu schützen und für künfti­ ge Generationen zu bewahren gilt. Sie positionieren Ihre Marke stark im Lifestyle-Bereich – Stichwort Design-Webshop. Wollen Sie diese Richtung ausbauen und wie schätzen Sie die Bedeutung von Social Media und Influencern für den Markt ein? Aichinger: Wir haben es uns zur Mission gemacht, Wohlbefinden zu schaffen und den Durst der Zeit zu löschen. Dazu gehört unter anderem auch Social Media. Wir nutzen die­ se Channels, um inspirierende Stories rund ums Jungbleiben zu erzählen. Jungbleiben heißt übrigens auch, visu­ ell am Puls der Zeit zu sein. Deswegen bringen wir auch hier immer wieder neue Impulse. Denn Ästhetik schätzen nicht nur wir bei Vöslauer, sondern auch unsere Kunden. Wie sehen Sie die Diskussion über Zucker? Wie reagieren Sie im Unternehmen und bei der Produktentwicklung? Aichinger: Seit 2017 konnten durch stetige Zuckerreduktionen in allen Ge­ tränken bereits insgesamt 165 Tonnen Zucker eingespart werden. Diesen Weg, wenig bis keinen Zucker einzusetzen, wollen wir konsequent fortsetzen, denn Wohlbefinden und ein gesunder Lebensstil sind Teil der Marke Vöslauer und damit auch Bestandteil unseres Nachhaltigkeits­ gedankens. 2018 haben wir alle Balan­ ce-Sorten mit 30 bis 50 % weniger Zucker und somit mit nur mehr 9–13 Kalorien pro 100 ml auf den Markt gebracht. Und unsere Flavour-Produkte enthalten, wie erwähnt, keinen Zucker und auch keine Süßstoffe. Es gibt immer wieder mediale Diskussionen über Ernährung. Das reicht von Zucker bis


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zur Herkunft. Wie gehen Sie strategisch mit der Debatte z.B. über Zucker um? Wie sehen Sie eine mögliche Besteuerung von Zucker bzw. Salz und Fett generell? Aichinger: Für uns ist es wichtig, mit unseren Produkten zu einem ge­ sünderen Lebensstil der Österreiche­ rinnen und Österreicher beizutragen, denn Gesundheit und Wohlbefinden sind Werte, die wir nachhaltig und mit unseren Produkten verkörpern, das ist Teil unserer Verantwortung. Und Steu­ erdiskussionen überlassen wir besser der Politik. Welche Bedeutung haben aus Ihrer Sicht Innovationen? Aichinger: Ohne Innovation kein Fortschritt – man muss sich nicht stän­ dig neu erfinden, aber Weiterentwick­ lung und das Bestreben, sich stetig zu verbessern, sind unumgänglich für ein modernes Unternehmen wie Vöslauer. Das muss gleichermaßen auf die Pro­ dukte, aber auch auf die ganz grundsätz­ liche Art und Weise des Wirtschaftens mit allem was dazugehört, zutreffen. Welche Bedeutung hat Qualitätsmanagement im Konzern? Wie gehen Sie mit Zertifizierungen um? Aichinger: Zertifizierungen haben bei Vöslauer einen hohen Stellenwert und wir scheuen auch nicht den Auf­ wand von externen Audits, die diese Auszeichnungen mit sich bringen. Wir denken, dass man daraus durchaus für künftige Entwicklungen Schlüsse ziehen und Empfehlungen zur Verbes­ serung ableiten kann. Transparenz ist uns wichtig und wir lassen uns ger­ ne hinter die Kulissen schauen. Einen Überblick zu unseren Zertifizierungen im Bereich Qualitätsmanagement fin­ den Sie auch ganz transparent auf un­ serer Website. Ist das vieldiskutierte Thema „Herkunft“ bei Ihnen relevant? Wie sieht es bei den flavoured Produkten aus? Aichinger: Die Herkunft ist bei uns absolut zentral. Vöslauer Mineralwasser gibt es nur aus der 15.000 Jahre alten und 660 Meter tiefen Quelle aus Bad Vöslau. Bei den Flavours, bei Balance und auch bei unserer Limonade legen wir deshalb entsprechend unseres Qualitätsverständ­

about

Zur Person — Biographie Birgit Aichinger, seit Juli 2018 Geschäftsführerin der Vös­ lauer Mineralwasser GmbH, brennt für die Entwicklung von Strategien, alltagstaugliche wie nachhaltige Lö­ sungen, gutes Design und die Ver­ bindung von Altem und Neuem. Sie denkt und agiert vorausschauend, sie vermarktet mit ihrem Team rei­ nes Mineralwasser und dessen Ver­ wandtschaft, auf der permanenten Suche nach Erneuerung in einer sehr beständigen Branche, in der sie seit beinahe zwanzig Jahren tätig ist. Mit ihrem Team zeigt sie Mut, setzt auf Kooperationen und Nachhaltig­ keit, schätzt Know-how und ist offen für Neues, das die Welt zumindest ein bisschen besser macht. Die Mission: „Die Quelle ist unser Ursprung, wir schaffen Wohlbefin­ den und löschen den Durst der Zeit.“ Unser Thema: jungbleiben. Das wird nach außen getragen, wie nach innen. Von nachhaltigen Produktinnovatio­ nen über die Kommunikation bis zur Art, wie gearbeitet wird.

nisses höchsten Wert auf die Herkunft der Zutaten, die wir dem Vöslauer Mi­ neralwasser hinzufügen. Wie zufrieden sind Sie mit Österreich als Standort? Aichinger: Der Ursprung unseres Tuns, nämlich die 15.000 Jahre alte Quelle befindet sich in Österreich und daher fühlen wir uns natürlich der Region, in der wir arbeiten, sehr ver­ bunden. Wir sind gut vernetzt mit un­ serer Gemeinde Bad Vöslau, wie auch mit dem Land Niederösterreich, denn wichtig sind uns guter Austausch und konstruktive Kommunikationsmög­ lichkeiten. Hätten Sie diesbezüglich Wünsche an die neue Bundesregierung? Aichinger: Vieles, was die neue Bun­ desregierung in ihrem Regierungsüberein­

© VÖSLAUER

kommen zum Thema Nachhaltigkeit nie­ dergeschrieben hat, haben wir bei Vöslauer bereits umgesetzt. Aber wir bewerten es positiv, dass dadurch Unternehmen, die nicht so ambitionierte Ziele verfolgen, dazu angehalten werden, künftig Klima- und Umweltschutz auch ernster zu nehmen. Was ist Ihr Lieblingsessen? Aichinger: Essen hat für mich mit Genuss und Wohlbefinden zu tun. Daher lege ich besonders großen Wert auf fri­ sche, saisonale Nahrungsmittel. Ich bin seit vielen Jahren Vegetarierin und esse darum am liebsten frisch zubereitetes Gemüse. * Quelle: A.C. Nielsen, Mineralwasser exkl. Near Water, LEH exkl. H/L, Wert, 2019 YTD ** Quelle: IRI, YTD Dezember 2019, LEH >= 200 qm exkl. Discount.

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EUROPEAN GREEN DEAL DIE EU SOLL BIS 2050 ZUM ERSTEN TREIBHAUSGASNEUTRALEN WIRTSCHAFTSRAUM WERDEN. DABEI SOLL DIE „FARM TO FORK“-STRATEGIE ZENTRALER INHALT FÜR DIE LEBENSMITTELWIRTSCHAFT WERDEN. EIN ERSTER ÜBERBLICK. OLIVER DWORAK

Neue EU-Klimaarchitektur Mit der 2018 vorgelegten Strategie „A clean planet for all“ hat die europäische Kommission bereits Vorschläge und Sze­ narien präsentiert, wie in Europa bis 2050

©  WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH

A

m 11. Dezember 2019 haben Ursula von der Leyen, neue Präsidentin der EU-Kommission, und Frans Timmermanns, Vi­ zepräsident der Kommission und EU-Kli­ maschutzkommissar, den European Green Deal vorgestellt. Bereits im März 2020 soll ein Vorschlag zur gesetzlichen Verankerung der Treibhausgasneutralität bis 2050 vorgelegt werden. Neben neuen Zielen und Maßnahmen in den zentralen Bereichen der Energie- und Klimapoli­ tik, wie insbesondere Emissionshandel, Energieeffizienz, Erneuerbare Energie, Energiebesteuerung, nachhaltige Mobili­ tät, Gebäudestandards und nachhaltiges Finanzwesen, umfasst der Fahrplan der Kommission zum Green Deal auch neue EU-Strategien für die Industrie, die Forst­ wirtschaft und die Biodiversität sowie die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ („Farm to Fork“) zur besseren Berück­ sichtigung von Umweltbelangen in der Gemeinsamen Agrarpolitik.

Oliver Dworak

Klimaneutralität erreicht werden kann. Dies erfordert Minderungen von über 90 % der Treibhausgase, verbunden mit der Kompensation unvermeidlicher Emis­ sionen (insbesondere aus industriellen Pro­ zessen und der Landwirtschaft) durch die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre mittels natürlicher und technologischer Speicherung. „Der europäische Grüne Deal ist unsere neue Wachstumsstrategie – für ein Wachstum, das uns mehr bringt, als es uns kostet“, so Ursula von der Leyen. Europa solle zu einer fairen und wohlha­ benden Gesellschaft mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfä­ higen Wirtschaft werden, in der im Jahr

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2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden und Wirtschafts­ wachstum von der Ressourcennutzung ab­ gekoppelt ist. Als Zwischenschritt wird die Kommis­ sion bis Sommer 2020 einen Vorschlag zur Anhebung des 2030-Treibhausgas­ reduktionsziels von derzeit 40 % auf 50 oder sogar 55 % veröffentlichen, begleitet von einer umfassenden Fol­ genabschätzung. Damit verbunden werden soll die Überarbeitung und gegebenenfalls Zielverschärfung der Erneuerbaren-Richtlinie (RED) und der Energieeffizienz-Richtlinie (EED) sowie die Evaluierung und Erweite­ rung der Emissionshandels-Richtlinie (ETS) und der Effort Sharing Verord­ nung inklusive Landnutzung, Land­ nutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF).

Verknüpfung von Klimaschutz, Wirtschafts-, Finanzsowie Handels- und Umweltpolitik Die EU strebt weiters eine führende Rol­ le in internationalen Klima-Verhand­ lungen an, um andere große Emittenten


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©  ADOBE STOCK – PROSLGN

bis 2021 zu überzeugen, in ihren Klima­ schutzaktivitäten ehrgeiziger zu werden. Weitere geplante Maßnahmen des Green Deals sind u. a. • die Erweiterung des EU-Emissions­ handels auf Seeverkehr und Gebäu­ desektor, • die Überprüfung und schrittweise Ein­ führung eines CO2-Grenzausgleichs­ systems (Carbon Border Adjustment) in ausgewählten Sektoren auf Basis von Impact Assessments,

• ein Europäischer Klimapakt zur Ver­ knüpfung mit regionalen und lokalen Initiativen, • ein Masterplan für die Umgestaltung der Wirtschaft durch eine moderne europäische Industrie- und Innovati­ onsstrategie mit dem Ziel, die EU zum globalen Technologieführer bei Kreis­ laufwirtschaft und Low-Carbon-Tech­ nologien zu machen, • saubere und kompetitive Mobilität, • die Förderung von Infrastruktur zur

CO 2-Abscheidung, -transport und -speicherung, • eine umfassende Sustainable Finance Strategie, insbesondere mit – der Finalisierung und Umsetzung der Verordnungen zu Disclosure, Benchmarking, Taxonomie, – der Überarbeitung des Corporate Reportings (Non-Financial-Infor­ mation RL), – der Erarbeitung eines EU Green Bond Standards und – der Neuausrichtung der Finanzie­ rungspolitik der Europäischen In­ vestitionsbank. • ein neuer Aktionsplan zur Kreislauf­ wirtschaft • sowie die Initiative „Zero Emission“ (saubere Böden, Luft, Wasser, Lärm, sichere Chemikalien usw.).

Vom Hof auf den Tisch

Quelle: COM(2019) 640 final)

Abbildung: Der europäische Grüne Deal

Im Frühjahr 2020 plant die Kommissi­ on, die „Farm to Fork“-Strategie vorzu­ legen und damit eine Debatte über alle Stufen der Lebensmittelkette anzusto­ ßen. Zentrale Instrumente zur Unter­ stützung der ambitionierten Klima- und Umweltziele bleiben die gemeinsame Agrarpolitik und die Gemeinsame Fi­ schereipolitik. 40 % der Gesamtmit­ volume 44 | 01. 2020  ERNÄHRUNG | NUTRITION


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internationalen Level Playing Fields nä­ her zu kommen, bleiben die notwendi­ gen Fortschritte im Klimaschutz uner­ reichbar.

Faire Wettbewerbsbedingungen durch Grenzausgleichs­ maßnahmen?

©  ADOBE STOCK – PROSLGN

tel der GAP und 30 % der Mittel des Meeres- und Fischereifonds sollen für klimapolitische Maßnahmen verwendet werden. So sollen auch die nationalen Strategiepläne für die Landwirtschaft zur Nutzung von nachhaltigen Verfah­ ren wie Präzisionslandwirtschaft, öko­ logischem Landbau, Agrarökologie, Agrarforstwirtschaft und strengeren Tierschutzstandards führen. Die Kom­ mission will mit den Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten, um die Potenziale von nachhaltigem Fisch und nachhal­ tigen Meereserzeugnissen als Quelle CO2-armer Lebensmittel auszubauen. Weiters soll der Einsatz und das Risiko chemischer Pestizide sowie die Verwen­ dung von Düngemitteln und Antibiotika deutlich verringert und die Stellung der Landwirte in der Wertschöpfungskette verbessert werden. Die EU soll gemäß Europäischer Kom­ mission innovative Wege zum Schutz der Ernten vor Schädlingen und Krankhei­ ten entwickeln und die Nachhaltigkeit im Lebensmittelsystem mittels innova­ tiver und sicherer neue Verfahren ver­ bessern. Die Strategie soll auch darauf abzielen, einen nachhaltigen Lebens­ mittelverbrauch sowie erschwingliche und gesunde Lebensmittel für alle zu fördern. Eingeführte Lebensmittel, die nicht den einschlägigen EU-Umwelt­ normen entsprechen, werden auf den EU-Märkten nicht mehr zugelassen. Die Kommission wird schließlich auch Maß­ nahmen vorschlagen, um Verbrauchern dabei zu unterstützen, eine gesunde und nachhaltige Ernährung zu wählen und die Verschwendung von Lebensmitteln zu verringern. Dabei sollen neue Wege ausgelotet werden, um Konsumenten besser über Einzelheiten wie den Ur­ sprungsort des Lebensmittels, seinen

Nährwert und seinen ökologischen Fuß­ abdruck zu informieren.

Grundsätzliche Anmerkungen aus Sicht der Bundessparte Industrie Der Green Deal bietet Unternehmen neue Chancen, stellt sie aber zugleich vor enorme Herausforderungen. Klima­ schutz und Wirtschaftswachstum enger zu verknüpfen, wird begrüßt – das Ver­ sprechen der Politik, dass dies auch ein­ treten wird, ist aber nicht genug. Ein derart umfassendes Projekt, das die Transformation unserer Gesellschaft und Wirtschaft zum Ziel hat, benötigt jedenfalls klare Perspektiven für die Planungs- und Investitionssicherheit von Unternehmen. Nur so kann die Entwicklung und Anwendung neuer CO 2-armer Technologien auch zum „Business Case“ werden. Die betrof­ fenen Branchen – und das sind nahezu alle Bereiche der Industrie – müssen daher mit industriepolitischen Begleit­ maßnahmen und innovativen Anreiz­ modellen unterstützt werden, um den Umbau zu neuen, treibhausgasarmen bzw. -freien Technologien zu ermögli­ chen. Die Implementierung des EU-Bin­ nenmarkts, der Abbau von Bürokratie und die Sicherstellung von fairem inter­ nationalem Wettbewerb sind vorrangi­ ge Ziele. Darüber hinaus benötigt die Industrie vor allem die Versorgung mit geeigneten Rohstoffen und Energieträ­ gern zu kompetitiven Kosten. Solange sich die EU als Frontrunner lediglich zusätzliche Vorgaben auferlegt, ohne dem Aspekt des dringend notwendigen

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In Bezug auf die österreichische Nah­ rungsmittelindustrie ist grundsätz­ lich anzumerken, dass Zugangsbe­ schränkungen für Lebensmittel zum EU-Binnenmarkt, insbesondere jene, die für Weiterverarbeitung und Ex­ port produziert werden, kritisch zu betrachten sind. Die Betriebe der ös­ terreichischen Lebensmittelindustrie arbeiten sehr energieeffizient, ressour­ censchonend und CO2-arm. Über den 20-MW-Schwellenwert sind einige Anlagen aus unserer Branche auch im EU Emissionshandel, einzelne NA­ CE-Codes (z. B. für Öle und Fette, Stär­ ke, Zucker und Malz) sind auch auf der Carbon Leakage Liste 2021–2030. Die Branche ist stark export­orientiert, deshalb wäre es aus dem Blickwinkel der internationalen Wettbewerbsfähig­ keit wichtig, international vergleichba­ re Verpflichtungen in der Produktion und für den Außenhandel zu erreichen. Der EU ETS könnte dafür ein Anknüp­ fungspunkt sein. Bis das gelingt, könnten EU-weit gülti­ ge, WTO-konforme und international anwendbare Klimazölle in einer Über­ gangsphase dazu beitragen, dass Impor­ te in die EU auf Basis CO2-intensiver Produktionstechnologien nicht wett­ bewerbsschädigend für heimische Pro­ duzenten sind. Unabdingbare Voraus­ setzung für ein solches CO2-Regime ist aus unserer Sicht jedenfalls, dass es zu keiner Verteuerung von Nahrungsmittel­ rohstoffen (z. B. Fruchtsaftkonzentrat, Gewürze, Kakao usw.) und in weiterer Folge von Lebensmitteln kommt, über die Österreich nicht bzw. nicht in aus­ reichender Menge verfügt und auf deren Import wir täglich angewiesen sind. DI Oliver Dworak Bundessparte Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich, Wien


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Buchtipp DIE 50 BESTEN ENTZÜNDUNGSKILLER — „Wenn der Körper in Flammen steht“ Der Autor beschäftigt sich mit der Frage, wie Entzündungen, speziell „stille“ oder „silent inflammations“, im Körper des Menschen entstehen und welche Auswirkungen diese haben können. Es handelt sich um ein relativ neues Fachgebiet. Man nimmt an, dass ca. die Hälfte der Menschen in Deutschland da­ von betroffen sein könnte. Ausge­ hend von Störun­ gen der Darmflora könnten diese stil­

ständigkeit bietet, die aber leider nur für Deutschland aufbereitet sind, was sowohl steuerliche als auch rechtliche Fragen und Adressen betrifft. Da nun schon die zweite Auflage erschienen ist, wäre eine entsprechende Adaptierung bzw. Ergänzung für Österreich – mögli­ cherweise unter Mitarbeit entsprechen­ der Branchenorganisationen – eine zu prüfende Möglichkeit. Birgit Blumenschein, Susanne Klein (Hrsg.) Erfolgreich selbstständig als Ernährungs­ fachkraft Thieme Verlagsgruppe, € 61,70

len Entzündungen dem Autor zufolge (mit)verantwortlich sein für erhöhten Cholesterin- und Blutzuckerspiegel, un­ gewollte Gewichtszunahme, Diabetes, Arthritis, Gicht und Rheuma. Um diese stillen Entzündungen zu verringern bzw. zu bekämpfen, empfiehlt Müller neben ausreichend Bewegung und Flüssigkeits­ zufuhr (Wasser) eine ausgewogene Er­ nährung. Er hebt im Speziellen einzelne Produkte wie z. B. Hafer, Leinöl, Fische wie Lachs, Hering und Makrele, Aus­ tern, Karotten, Ingwer und Curry her­ vor. Aber auch Vitamin C und D, Zink, Folsäure und Selen werden besprochen. In Summe ein interessanter Überblick, auch wenn zu dem neuen Forschungs­ gebiet noch viele Details und Studien fehlen. Sven David Müller Die 50 besten Entzündungskiller Trias Verlag, € 10,30

Die Flut an Informationen rund um Ernährung und Lebensmittel führt oft zu Verwirrung und Verunsicherung – bei Konsumenten ebenso wie Fachleuten. Um Bot­ schaften erfolgreich an die jeweilige Zielgruppe zu bringen, braucht es Verständnis für die kom­ plexen Zusammenhänge, Kommunikationsmöglichkeiten und Intentio­ nen der unterschiedlichen Akteure. Die Autorinnen Angela Mörixbauer, Mar­ lies Gruber und Eva Derndorfer erläutern die Stolpersteine auf dem Weg der Botschaft vom Sender zum Empfänger und verdeutlichen, wie wichtig eine professionelle Zielgruppenanalyse ist, um die richtigen Kommunikationskanäle zu wählen. Der Fokus des Sach- und Lehrbuchs liegt auf der öffentlichen Kommunikation, die häufig über Massenmedien erfolgt. Die Leser erfah­ ren Hintergründe zur Mediennutzung und -wirkung von Print, TV, Radio, Internet und sozialen Medien sowie Theorien zum Infor­ mationsverhalten. Social Marketing ist eben­ so Thema wie Storytelling und Entertainment Education. Es werden Merkmale guter Tex­ te und eindrucksstarker Bilder beschrieben, Tipps für Pressearbeit und Interviewvorbe­ reitung sowie rechtliche Hinweise zu Copy­ right geliefert. Zudem wird erklärt, weshalb sensorische Lebensmittelbeschreibungen nicht nur für Marketingabteilungen interes­ sant sind. Kapitel über Ernährungserziehung und -bildung sowie Risikokommunikation runden die Inhalte ab. Das Buch liefert einen Überblick über Faktoren, die zu einer gelun­ genen Ernährungskommunikation beitragen. Es richtet sich an Studierende und Praktiker aus den Gebieten Ernährungswissenschaft, Ökotrophologie, Diätologie, Ernährungsme­ dizin, Gesundheitsförderung, Lebensmittel­ marketing und Public Health. Angela Mörixbauer, Marlies Gruber, Eva Derndorfer Handbuch Ernährungs­kommunikation Springer Spektrum, € 46,25

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LANDWIRTSCHAFT UND WELTERNÄHRUNG Eine globale Herausforderung vor dem Klimawandel ALS DIE ORGANISATION FÜR ERNÄHRUNG UND LANDWIRTSCHAFT DER VEREINTEN NATIONEN (FAO) ALS GRÖSSTE SPEZIALORGANISATION DER VEREINTEN NATIONEN NACH DEM 2. WELTKRIEG GEGRÜNDET WURDE, STANDEN DIE THEMEN HUNGER UND ERNÄHRUNGSSICHERHEIT HOCH OBEN AUF DER POLITISCHEN AGENDA IN ÖSTERREICH UND EUROPA. WIR HABEN ES VIELLEICHT SCHON VERGESSEN, DOCH DAS WAR DIE GENERATION UNSERER ELTERN. GÜNTER WALKNER

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eute bieten die Vereinten Nationen mit der Agen­ da 2030 und 17 Nach­ haltigkeitszielen (Sus­ tainable Development Goals, SDGs) konkrete Lösungen im Kampf gegen Armut, Hunger und Klima­ wandel. Österreich ist derzeit Mitglied im FAO-Rat und seit 12 Jahren auch wieder im Exekutivrat des Welternährungspro­ gramms der Vereinten Nationen, das sind die jeweils höchsten Gremien dieser UN-Organisationen mit Sitz in Rom. Der Agrarsektor ist weltweit für knapp ein Viertel der menschlich verursachten Treibhausgase verantwortlich, birgt aber auch ein großes Potential zur Lösung der Klimaproblematik1. Die Landwirt­ schaft muss dieses Potential nutzen. Das liegt im eigenen Interesse, denn ein Vier­ tel der wirtschaftlichen Schäden bedingt durch Klimakatastrophen treffen die Landwirtschaft. Berücksichtigt man die Dürreschäden in Entwicklungsländern,

sind es mehr als 80 %. Grenzüberschrei­ tende Tier- und Pflanzenkrankheiten werden immer mehr. Alleine die Pflan­ zenkrankheiten verursachen weltweit heute schon Schäden von jährlich rund 200 Milliarden Euro2. Der Klimawandel wird zukünftig alle Bereiche der Lebensmittelproduktion beeinflussen und steht in Wechselwir­ kung mit zahlreichen zukünftigen Ent­ wicklungen und Trends.

Der Hunger hat ein Gesicht! Obwohl wir weltweit genug Nahrung produzieren, stieg in den letzten Jah­ ren die Zahl der Hungernden wieder auf 820 Mio. Menschen – weltweit ist jeder Neunte chronisch unterernährt3. Die beiden Hauptgründe sind einerseits Konflikte, Kriege und anderseits die Fol­ gen des Klimawandels.

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Das Welternährungsprogramm der Ver­ einten Nationen ist die führende huma­ nitäre Organisation im Kampf gegen den Hunger weltweit und erreicht jährlich 80 Millionen Menschen in rund 80 Län­ dern. Der Großteil der Nahrungshilfen konzentriert sich auf rund 10 Länder mit Konflikten und Klimakatastrophen. Der UN-Sicherheitsrat hat bestätigt: Ohne Le­ bensmittelsicherheit gibt es keine Sicher­ heit. Mit jedem Prozent mehr hungernde Menschen steigt die Migration um 2 %. Die Landwirtschaft ist also wieder zu­ rück auf der hohen internationalen politi­ schen Agenda. Eine besondere Herausforderung wird der afrikanische Kontinent mit derzeit einem Drittel aller Hungernden Men­ schen – bei steigendem Trend. Die FAO setzt gezielt Schwerpunkte bei Themen wie Jugend, Frauen, Innovation und der Digitalisierung in der Landwirtschaft, wo wir auch von österreichischer Seite die Zusammenarbeit ausbauen werden.


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Afrika ist nicht nur die Wiege der Mensch­ heit, der Kontinent wird auch mit der Zu­ kunft Europas eng verbunden sein. Die Bedeutung des weltweiten Ag­ rarhandels ist für die österreichi­ sche Landwirtschaft und die Ernäh­ rungssicherheit im Kampf gegen den Hunger unumstritten. Ein globaler Agrarmarkt und regionale Produk­ tion schließen sich dabei nicht aus, sondern ergänzen und bedingen sich. Auch wenn die meisten Lebensmittel in den Ländern konsumiert werden, wo sie produziert werden, hat sich in den letzten 10 Jahren der globale Agrarhandel verdreifacht und wird weiter an Bedeutung zunehmen. Für die exportorientierte österreichische Agrar- und Lebensmittelwirtschaft er­ geben sich zukünftig große Chancen. Insbesondere Asien, Nordafrika und der Nahen Osten werden ihre Position als Nettoimporteure von Agrargütern ausbauen. Wer wird die Welt ernähren, wo oder wie finden wir genug Nahrung für 10 Milliarden Menschen? Die Welt­ bevölkerung wird bis zum Jahr 2050 um ein Drittel wachsen. Damit müssen wir in den nächsten 50 Jahren die land­ wirtschaftliche Produktion um 50 % steigern und die pflanzliche Produktion verdoppeln, verglichen mit dem Jahr 2013. Die steigende Kaufkraft in Län­ dern mit derzeit niedrigem oder mittle­ rem Einkommen wird zu einer Nach­ fragverschiebung zu weiterverarbeiteten Lebensmitteln und vermehrtem Fleisch­ konsum führen. Dazu kommen eine rasante Urbanisie­ rung und eine steigende Lebenserwar­ tung der Menschen. Im Jahr 2050 wer­ den weltweit zwei Drittel der Menschen in Städten leben, vor etwa 30 Jahren war es noch umgekehrt. Damit wandert aber auch die Armut in die Städte, denn derzeit leben 80 Prozent der Armen im ländlichen Raum. Das Thema der länd­ lichen Entwicklung ist nicht nur in Ös­ terreich von Bedeutung, sondern eine globale Herausforderung. Ein wesentliches Thema ist auch die Le­ bensmittelverschwendung. Ein Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel wer­ den weggeworfen beziehungsweise gehen in Entwicklungsländern auf dem Weg von der Ernte bis zum Markt verloren. Das

entspricht einem Wert von über 700 Mil­ liarden Euro, womit wir jährlich 2 Milli­ arden Menschen ernähren könnten. Heute versorgen uns rund 2 Mrd. klei­ ne Bauernfamilien, Fischer und Wald­ bauern mit 80 % unserer Lebensmittel, die wir täglich konsumieren – doch wie sieht das Bild der Zukunft aus? Im Zusammenhang mit dem Klimawan­ del führen wir viele Diskussionen über die besten Agrarmodelle. Österreich hat dabei eine starke Stimme in der FAO zum Schutz von natürlichen pflanzlichen und tierischen genetischen Ressourcen, landwirtschaftlichem Kulturerbe, für faire Wettbewerbsbedingungen, gegen Agrarexportbeschränkungen und im Kampf gegen Gentechnik. Wir müssen zukünftig die Vielfalt und Vorteile aus vielen Lebensmittelsystemen zur Ernäh­ rungssicherheit nützen, sofern sie nach­ haltig sind. Die FAO erreicht jährlich 25 Millionen Menschen und arbeitet weltweit bereits seit über zehn Jahren in 300 Projekten mit Regierungen und Bauern an der Umstellung zu nachhalti­ gen Lebensmittelsystemen und „Climate Smart Agriculture“.

Transformation der Lebensmittelsysteme Die Transformation der Lebensmittel­ systeme in Richtung Nachhaltigkeit ent­ lang der gesamten Wertschöpfungskette sowie Stärkung der Wiederstands- und Anpassungsfähig gegen die Klimaän­ derung ist nicht eine Frage des „ob“, sondern eine Frage der Geschwindig­ keit. Nachhaltige Lebensmittelsysteme müssen zahlreiche Funktionen erfüllen, wie eine ausreichende und ressourcen­ schonende Nahrungsmittelproduktion, sichere und leistbare Nahrungsmittel, Förderungen von Anpassungen in der Ernährung, die sich positiv auf Gesund­ heit, Umwelt und Klima auswirken, die Stärkung des ländlichen Raums und die Sicherung der Einkommen für die Bäue­ rinnen und Bauern. Diesen Ansatz der Transformation der Landwirtschaft und ländlicher Gebie­ te verfolgt auch die EU-Kommission mit dem „Europäischen Grünen Deal“ und der neuen Strategie „From Farm to Fork“ als neue Wachstumsstrategie Europas. Die EU-Kommission strebt die

© BMNT

Günter Walkner

Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 an, Österreich bis 2040. Wir gehen international mit gutem Beispiel voran, global sind jedoch größere Ambi­ tionen notwendig. Der Landwirtschaft wird es auch vor den Herausforderungen des Klimawandels mit Innovation, Mut und Unternehmer­ geist gelingen, für uns täglich ausrei­ chende und gesunde Nahrungsmitteln auf den Tisch zu bringen. Vorausgesetzt, den Konsumenten sind Nachhaltigkeit, Qualität und Regionalität auch monetär etwas Wert. Die Landwirtschaft wird damit auch in Zukunft dazu beitragen, den Lebensstandard für alle zu verbes­ sern, unter dem Aspekt wirtschaftlicher, sozialer und umweltbezogener Nachhal­ tigkeit. Für eine Welt ohne Hunger und gesunder Ernährung. Gesandter DI Günter Walkner: Ständiger Vertreter Österreichs bei der Organisation der Vereinten Nationen für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) und dem Welternährungs­ programm (WFP), Rom Literatur [1] FAO, The Future of Food and Agricul­ ture, Trends and Challenges 2017 [2] FAO, FAO´s Work on Climate Change, United Nations Climate Change Confe­ rence 2019 [3] FAO, The State of Food Security and Nu­ trition in the World 2019 [4] FAO, Transforming the World Through Food and Agriculture, FAO and the 2030 Agenda for Sustainable Development

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ZWISCHEN BIO-BOOM UND VERSCHÄRFUNG VON SPIELREGELN WÄHREND DIE BIO-ANBAUFLÄCHEN IN ÖSTERREICH ZULETZT WEITER STARK GESTIEGEN SIND, WUCHS DIE NACHFRAGE NACH BIO-PRODUKTEN NICHT IM SELBEN AUSMASS AN. DIES MACHT SICH Z. B. BEI DEN LAGERSTÄNDEN UND DEN PREISEN VON BIO- UND UMSTELLER-GETREIDE BEMERKBAR. EINE WEITERE HERAUSFORDERUNG STELLT DIE AB 1. 1. 2021 IN KRAFT TRETENDE NEUE EU-BIO-VERORDNUNG DAR. SIE ÄNDERT DIE SPIELREGELN FÜR DIE PRODUKTION VON BIO-LEBENSMITTELN. LISA JÖCHLINGER

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ie Entscheidung für eine Produktion von biolo­ gischen Lebensmitteln wird oftmals aus wirt­ schaftlichen Überlegun­ gen getroffen. Der Markt honoriert in vielen Fällen den höheren Aufwand für die Produktion nach Bio-Standards. Zudem spielt für viele Landwirte auch die ideologische Überzeugung von die­ ser Produktionsweise eine wichtige Rolle. Landwirte, die in der aktuellen Förderperiode der Gemeinsamen Ag­ rarpolitik auf biologische Wirtschafts­ weise umsteigen wollten, hatten dazu bis November 2018 die Möglichkeit, um auch noch alle entsprechenden Leistungen aus dem ÖPUL (Österrei­ chisches Programm für umweltgerechte Landwirtschaft) in Anspruch nehmen zu können. Dass so mancher Bauer dies

„am letzten Drücker“ umsetzte, zeigt sich in den Umstiegszahlen des Land­ wirtschaftsministeriums (BMNT): Von 2017 auf 2018 erhöhte sich der Anteil an biologisch bewirtschafteten Flä­ chen um rund 17.000 ha, davon rund 13.000 ha Ackerland. Im Jahr 2018 gab es in Österreich demnach 23.477 Bio-Betriebe, welche bereits rund 25 % (637.805 ha) der landwirtschaftlich ge­ nutzten Fläche bewirtschafteten. Starke Zuwächse waren insbesondere in den nordöstlichen Ackerbauregionen Ös­ terreichs zu verzeichnen. Positiv entwi­ ckelt sich auch der biologische Anbau von Soja mit fast 30 % der Fläche. Bei weiteren heimischen Eiweißpflanzen (im wesentlichen Pferdebohnen und Erbsen) liegt der Bio-Anteil sogar bei rund zwei Drittel. Die Bio-Anbauflä­ che von Feldgemüse liegt bei gut 20 %.

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Rund 22 % der Rinder, 33 % der Scha­ fe und mehr als die Hälfte der Ziegen in Österreich werden auf Biobetrieben gehalten.

Angebot und Nachfrage Der jüngste Umsteller-Boom in die Bio-Landwirtschaft machte sich vor allem in den Produktionsmengen von Bio-Soja und Bio-Winterweichweizen bemerkbar.1 Doch bei letzterem über­ steigt das Angebot bereits die Nachfra­ ge, die Lager für Bio-Getreide sind zum Teil noch aus dem Jahr 2017 gefüllt. Probleme in der Vermarktung gebe es vor allem bei der sogenannten Umstel­ lerware, dem „Zwitterprodukt“ aus konventionell und biologisch produzier­


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©  ADOBE STOCK – JÉRÔME ROMMÉ

tem Getreide, das aufgrund der zu gerin­ gen Nachfrage zuletzt als konventionelle Ware und damit zu niedrigeren Preisen verkauft wurde. Über einen Zeitraum von zwei Jahren nach der Umstellung auf biologische Wirtschaftsweise kön­ nen zwar schon entsprechende Aus­ gleichszahlungen bezogen werden, die Ernte kann jedoch noch nicht als biolo­ gisch zertifiziert und deklariert werden.

Neue Spielregeln für die Bio-Produktion ab 2021 Die Diskussionen begannen bereits Ende 2011 unter dem damaligen EU-Agrarkom­ missar Davian Ciolos, der mit der Evaluie­ rung der aktuellen EU-BioVO begann. Im Mai 2018 wurde das Gesetzgebungsverfah­ ren nun abgeschlossen und die BIO Basis­ VO 848/20182 vorgestellt, die noch durch weitere Detailregelungen in Form von „sekundären Rechtsakten“ ergänzt wird. Diese werden aktuell erarbeitet und sollen zeitgerecht vor dem Geltungsbeginn 2021 bekannt gegeben werden. Änderungen sind dabei für den Geltungsbereich, die Vor­ schriften für die pflanzliche und tierische Produktion, die Produktionsvorschriften für die Aquakultur und Produktionsbestim­ mungen für verarbeitete Lebensmittel vor­ gesehen. Neu aufgenommen werden soll unter anderem Salz, wobei konkrete Vorga­ ben noch nicht veröffentlicht wurden. Ver­ schärfungen soll es für die Produktion von Bio-Aromen geben, für die künftig alle Trä­ gerstoffe aus biologischer Produktion stam­

men müssen. Auch für die Produktion von Bio-Geflügel sind Verschärfungen angekün­ digt. Der Einsatz von 5 % konventionellem Eiweiß-Futtermittel ist nach Bestätigung der Nicht-Verfügbarkeit von Bio-Futtermit­ teln durch die Behörde ab 2021 nur mehr für Ferkel bis 35 kg sowie für Junggeflügel möglich, wobei hier die Altersgrenze noch festzulegen ist. Für Bio-Fisch-Anlagen sind in der neuen EU-BioVO Mindestdistanzen zu Nicht-Bio-Anlagen vorgesehen.

Kein Bio ohne Boden Doch viele bestehende Regelungen werden auch in der neuen EU-Bio­ VO beibehalten. So gilt weiterhin der Grundsatz „Kein Bio ohne Boden“. Da die biologische pflanzliche Erzeugung auf dem Grundsatz beruht, dass Pflan­ zen ihre Nährstoffe in erster Linie über das Ökosystem des Bodens beziehen, sollen Pflanzen auf und in lebendigem Boden in Verbindung mit Unterboden und Grundgestein erzeugt werden. Hy­ drokultur und der Anbau von Pflanzen in Containern, Säcken oder Becken, bei denen die Wurzeln nicht mit dem leben­ den Boden in Berührung kommen, sind daher nicht zulässig. Tomaten, Salat oder Kräuter werden oftmals in Hydro­ ponik-Kultur produziert, die demnach nicht biologisch zertifizert werden kön­ nen. Auch der Trend „Urban Garde­ ning“ in Hydrokultur kann demnach nicht als „bio“ bezeichnet werden.

Keine Ausnahmen für die Weidehaltung in Bio-Betrieben seit 1. Jänner 2020 Zuletzt für Diskussionen in den Medien sorgten die Regelungen zur Weidehaltung. Schon vor Inkrafttreten der neuen EU-BioVO ist in Bio-Betrie­ ben während der Vegetationsperiode verpflichtend Weidehaltung vorgese­ hen. Allerdings galten in Österreich in begründeten Fällen Ausnahmeregelun­ gen. Dazu zählten größere Distanzen oder Hindernisse wie eine Bundesstraße zwischen Stall und entsprechend gro­ ßer Weide. Diese Ausnahmeregelungen wurden nun von der EU als „nicht im Einklang mit EU-Recht stehend“ be­ wertet und laufen daher mit 31.12.2019 aus. DI Lisa Jöchlinger, Fachverband der Lebensmittelindustrie Wien Literatur [1] Presseaussendung Agrarmarkt Austria vom 6.8.2019: „Getreideernte 2019: Durchschnittliche Erntemenge mit guter Qualität, Rekordzuwachs bei Bio-Acker­ flächen“ [2] Verordnung (EU) 2018/848 des eu­ ropäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologi­ sche/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/ biologischen Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates

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RISIKO BEI LEBENS­ MITTELN RICHTIG EINSCHÄTZEN Welche Risiken bei Lebensmitteln bestehen, kommt auf den Standpunkt an. AUSGEHEND VON DEN AMTLICHEN UNTERSUCHUNGEN DER AGES, DER AGENTUR FÜR GESUNDHEIT UND ERNÄHRUNGSSICHERHEIT, UND DER EINSCHÄTZUNG DER EFSA, DER EUROPÄISCHEN LEBENSMITTELSICHERHEITS­ BEHÖRDE, STEHEN ANTIBIOTIKA-RESISTENZEN, KRANKMACHENDE KEIME UND NEUE TIER- UND PFLANZENKRANKHEITEN AN ERSTER STELLE. OSKAR WAWSCHINEK

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©  ADOBE STOCK – PROFIT_IMAGE

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ine AGES-Befragung zur Ri­ sikowahrnehmung in Öster­ reich bei der Bevölkerung, aber auch bei Ärzten und Journalisten zeigt: „Mikro­ plastik“ wird als größtes Risiko einge­ schätzt, gefolgt von „Täuschung durch unrichtige Information“ sowie „Anti­ biotikarückstände in Lebensmitteln“ und „Auswirkungen von Chemikalien und Schadstoffen“ (Abbildung). Die Beunruhigung der Menschen hat leider oft nichts mit einem tatsächli­ chen Risiko zu tun, denn dem Risiko von Krankheitserregern in Lebensmit­ teln wird wenig Beachtung geschenkt, obwohl es jedes Jahr tausende Erkran­ kungen und auch Todesfälle gibt. Nach Angaben des Sozialministeriums gehen zwar die lebensmittelbedingten Krank­ heitsausbrüche seit dem Jahr 2006 zurück, dennoch starben 2018 acht Personen an Listeriose, 27 Menschen erkrankten daran. An Campylobacter


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starben sechs Personen, die Zahl der Er­ krankungen betrug rund 8.000. Durch Salmonellen wurden 1.533 Krankheitsund fünf Todesfälle verursacht. Die AGES hat daher heuer mit dem Schwer­ punkt „Sichere Lebensmittel“ versucht, den Menschen ein realistisches Bild von vermeintlichen Gefahren, aber auch von realen Risiken zu bieten. Neuartiges Risiko – große Besorgnis Grundsätzlich haben die Österreicher Vertrauen in die Lebensmittelsicherheit, reagieren aber mit großer Beunruhi­ gung auf bisher Unbekanntes, wie zum Beispiel Mikroplastik in Lebensmitteln oder neue Lebensmitteltechnologien, unabhängig davon, ob überhaupt ein Risiko besteht. Immerhin fühlen sich zwei Drittel der Österreicher nicht aus­ reichend zu Themen der Lebensmittelsi­ cherheit informiert. Laut einer aktuellen europaweiten EU­ ROBAROMETER-Befragung werden drei Themen am häufigsten erwähnt: der Missbrauch von Antibiotika, Hormonen und Steroiden bei Nutztieren, Pflanzen­ schutzmittel-Rückstände in Lebensmit­ teln sowie Lebensmittelzusatzstoffe. Die Europäer scheinen jedoch weniger als zuvor über Themen wie Gentechnik be­ sorgt zu sein, während neue Themen wie Mikroplastik erstmals auf dem Lebens­ mittelsicherheits-Radar auftauchen. Lebensmittelsicherheit – nur international vernetzt Aus Sicht der EFSA sind Antibiotika-Resistenzen, lebens­ mittelbedingte Krankheiten und klima­ wandel-bedingte Risiken wie Myko­ toxine (Schimmelpilzgifte) die großen Herausforderungen für die Sicherheit von Lebensmitteln in Europa und welt­ weit. Veränderte Marktrealitäten einer globalen Lebensmittelkette sowie der vermehrte internationale und nationale Tierverkehr, Lebensmittel-Betrugsfälle der vergangenen Jahre oder auch der zunehmende Handel von Produkten im Internet erfordern national bzw. europä­ isch koordinierte Maßnahmen. Die Anforderungen der Gesellschaft an eine nachhaltigere Lebensmittelpro­ duktion mit besonderen Anforderun­ gen an den Tierschutz, den Pflanzen­ schutzmittel- oder Antibiotika-Einsatz sowie Trends zur Bekämpfung von Food-Waste oder neue Informations­

Quelle: AGES

Abbildung: Risikowahrnehmung der Bevölkerung, von Ärzten, Journalisten und AGES

anforderungen an Lebensmittel müssen sich auch in der Struktur der Kontrolle entlang der Lebensmittelkette wider­ spiegeln. Ein Partizipationsprozess und mehr Transparenz sind Schlüsselaspek­ te einer erfolgreichen Risikokommuni­ kation für die Zukunft. Ein umfassendes Lebensmittelsicher­ heitspaket unter dem Motto der Eu­ ropäischen Kommission „Smarter ru­ les for safer food“ bringt ein Bündel an Maßnahmen zur Verbesserung der Durchsetzung der Gesundheits- und Si­ cherheitsstandards entlang der Lebens­ mittelkette. Mit diesem Regulierungs­ paket werden Kontrollvorschriften für alle Segmente der Lebensmittelkette von Pflanzengesundheit, Pflanzen­ schutz, Futtermittelsicherheit, Tier­

schutz, Tiergesundheit und Lebens­ mittelsicherheit vereinheitlicht. Die EU-Verordnungen sind ab Dezember 2019 auch national anzuwenden.

Tipp — Der Risikobarometer Umwelt & Gesundheit 2019 ist unter www.ages.at/wissen-aktuell/ abrufbar

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EINE ERFOLGSGESCHICHTE AUF DREI STUFEN Das war die Österreichische Sektgala 2019 EINE NEUE BOTSCHAFTERIN FÜR DEN ÖSTERREICHISCHEN SEKT, EIN HOCHKARÄTIGER SOMMELIER-WETTKAMPF SOWIE ÖSTERREICHISCHER SEKT UND KÄSE – UND IM MITTELPUNKT ÖSTERREICHISCHER SEKT IN DEN DREI QUALITÄTSSTUFEN KLASSIK, RESERVE UND GROSSE RESERVE. DIE ÖSTERREICHISCHE SEKTGALA ERWIES SICH ERNEUT ALS TRENDSCHAU FÜR DIE HEIMISCHE SEKTWIRTSCHAFT UND ABERMALS LOCKTEN MEHR ALS 30 DER BESTEN HEIMISCHEN SEKTHERSTELLER RUND 1.500 BESUCHER AN. BENEDIKT ZACHERL

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urgenland, Wien, Niederös­ terreich und Steiermark – aus diesen vier Bundesländern kamen die Sekthersteller angereist, um bei der Öster­ reichischen Sektgala ihre erstklassigen Sektspezialitäten zu präsentieren. Die ös­ terreichische Sektpyramide bot den qua­ litativen roten Faden, sie ist das zentrale Schaustück der heimischen Sektwirtschaft

und als echte Erfolgsgeschichte zu erach­ ten. Sie gibt der vorhandenen Vielfalt Struktur und bietet so den Konsumen­ ten eine gut verständliche Orientierung. Erfreulich ist auch, dass immer mehr österreichische Sekthersteller ihren Sekt in den drei Stufen Klassik, Reserve und Große Reserve geschützten Ursprungs (g.U.) klassifizieren. Erst im vergangenen Jahr stiegen die Einreichungen zur erfor­ derlichen Prüfung um erfreuliche 27 Pro­ zent. Nun ist es wichtig, diese drei Qua­ litätsstufen als „Anleitung“ noch breiter zu kommunizieren und im Bewusstsein der Schaumweinliebhaber zu veran­ kern. Ebenso braucht es dafür das Engagement von Gastronomie und Handel. Die steigende Be­ liebtheit von regionalen Pro­ dukten spielt dem perfekt zu. Und während die pri­ ckelnden Aktivitäten vom Österreichischen Sektko­ mitee und der Österreich Wein Marketing tatkräf­

©  CHRISTINE MIESS

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tig vorangetrieben werden, wünscht man sich von der Politik dringend die Aufhe­ bung der wettbewerbsverzerrenden Sekt­ steuer, wie sie nun im neuen Regierungs­ programm vorgesehen ist. Bühne frei für die Sommeliers! Schon im Vorfeld der Österreichischen Sektgala herrschte in der Österreichischen Nati­ onalbibliothek lebhaftes Treiben – acht Top-Sommelières und -Sommeliers aus ganz Österreich stellten sich dem Wett­ kampf um die beste Schaumweinkom­ petenz. In Zweierteams, die kurz vor Beginn durch das Los ermittelt wurden, ging es zunächst darum, in einer Blind­ verkostung Herkunft, Rebsorte und Do­ sage verschiedener Produkte zuzuordnen und auch den internationalen „Piraten“ herauszukosten. Als Sommelier ist man Gastgeber und Führungskraft, da gehört gute Argumentationstechnik zur tägli­ chen Praxis. Diese stellten die Sommeliers im Zuge eines Rollenspiels unter Beweis, bei dem unterschiedliche Szenarien einer


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©  CHRISTINE MIESS

Auf eine dynamische Zukunft für den österreichischen Sekt freuen sich (v.l.n.r.) Herbert Jagersberger, Vorsitzender Österreichisches Sektkomitee; Maria Großbauer, Opernballorganisatorin und neue Sektbotschafterin; Mag. Benedikt Zacherl, GF Schlumberger.

Veranstaltung mit Fokus auf österreichi­ schen Sekt simuliert wurden. Prickelndes Fachwissen war anschließend bei einem Quiz gefragt, Augenmaß und Geschick beim gleichmäßigen Aufteilen einer Ma­ gnumflasche Sekt auf 16 Gläser. Bei die­ ser finalen Aufgabe durfte in jedes Glas nur einmal eingeschenkt werden, nach­ justieren nicht erlaubt. Nach gut einein­ halb Stunden holte sich das Team Anna Andert (Restaurant Buxbaum, Wien) und Michèle Metz (Edelweiss Salzburg Mountain Resort, Großarl) den Titel „Österreichischer Sekt-Sommelier-Cham­ pion 2019“. Amtsübergabe in der Sektbotschaft Österreichischer Sekt und die Wiener Staatsoper können auf eine lange gemein­ same und sehr erfolgreiche Vergangenheit zurückblicken. So freut sich das Österrei­ chische Sektkomitee, Opernballorgani­ satorin Maria Großbauer als neue Bot­ schafterin gewinnen zu können. In ihrer Antrittsrede gab sie Einblicke in ihre Philo­ sophie und Ideen für den österreichischen Sekt: „Als Qualitäts-Fetischistin schätze ich besonders auch in der Kulinarik, wenn etwas handwerklich hervorragend ge­ macht wird – aber wirklich gut wird’s erst mit Liebe und Leidenschaft. Und davon gibt es bei den österreichischen Sektwin­ zern jede Menge! ‚Sekt und Brötchen‘ ist ja sozusagen die heimische Variante des

Aperitivo – und wir Österreicher pflegen das schon sehr, sehr lange! Sekt passt ein­ fach zu jeder Tageszeit: vom berühmten Sekt-Frühstück über den Aperitif bis hin zum Mitternachtstrunk. Man könnte also jederzeit sagen: It’s Sekt o’Clock! Das ist der Trinkspruch, den ich als Sektbotschaf­ terin mitbringen möchte. Als Botschafterin möchte ich das tun, was Botschafter so zu tun haben: andere Menschen mit dieser Freude anstecken! Ich freu mich darauf!“ Maria Großbauer folgt in ihrer Funkti­ on als Österreichische Sektbotschafte­ rin Karl Hohenlohe, Herausgeber des Gault-Millau. Zuvor bekleideten dieses Ehrenamt Dr. Petra Stolba, Geschäfts­ führerin der Österreich Werbung, sowie Dr. Ferdinand Maier, welcher sich seit vielen Jahren als Obmann des Kurato­ riums Kulinarisches Erbe Österreich für den guten und nachhaltigen kulinari­ schen Geschmack engagiert. Kulinarische Sektbegleitungen Ein weiterer Programmpunkt wurde dem Talent von österreichischem Sekt als Spei­ senbegleiter gewidmet. „Käse und Wein“ gilt als Klassiker, „Käse und Sekt“ ist noch etwas weniger bekannt, umso spannender erwies sich die kommentierte Verkostung für Fachbesucher in Kooperation mit Schärdinger und Tirol Milch, wo Bezie­ hungsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Charakteren von österreichischem Sekt

und Käse wie Affineur Rahmcamembert, Affineur Weinkäse, Affineur St. Severin und Affineur Le Rosé ausgelotet wurden. Als Gesprächspartner stand Diplom-Käse­ sommelier Josef Stiendl, einer der profilier­ testen Käseexperten des Landes, zur Verfü­ gung. Die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten von österreichischem Sekt konnten auch bei den bäuerlichen Betrieben des „Netzwerk Kulinarik“ erkundet werden. Hier reichten die ausstellenden Anbieter lukullische Köst­ lichkeiten wie selbstgemachte Gänsepaste­ te, Schinken, Wild­salami, Käse oder varian­ tenreich gewürzte, geröstete Kürbiskerne. Für die Besucher ein reiches Feld, um die persönlichen Lieblingspaare von verschie­ densten Speisen mit österreichischem Sekt zu entdecken. Mag. Benedikt Zacherl Geschäftsführer Schlumberger AG Wien

Internettipp — www.oesterreichsekt.at

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EUROPÄISCHE MILCHLAND­ SCHAFT GESTALTEN EDA Kongress 2019 tagte in Wien ÖSTERREICH WAR 2019 GASTGEBERLAND FÜR DEN JAHRESKONGRESS DER EDA (EUROPEAN DAIRY ASSOCIATION, DEM VERBAND DER EUROPÄISCHEN MILCHINDUSTRIE). DIESER FAND VOM 16.–19.10.2019 IN WIEN STATT (WWW.EDA2019.EU). DER KONGRESS HAT SICH IN DEN LETZTEN JAHREN ZUR PLATTFORM DER GESAMTEN EUROPÄISCHEN UND INTERNATIONALEN MILCHBRANCHE ENTWICKELT. 2019 STAND ER UNTER DEM GENERALTHEMA „DIE EUROPÄISCHE MILCHLANDSCHAFT GESTALTEN“ UND UMFASSTE DIE GROSSEN WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE BRANCHE NACH DER NEUKONSTITUIERUNG DES EU-PARLAMENTS UND DER EU-KOMMISSION. JOHANN KÖLTRINGER

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rfreulich war der gute Be­ such mit über 250 Teilneh­ mern, Spitzenvertretern der nationalen, europäischen und weltweiten Milchwirt­ schaftsorganisationen, Vertretern der europaweit führenden Molkereien, aus der Politik die damalige BM DI Maria Patek, BMNT, Norbert Lins, der neu gewählte Präsident des Agrarausschus­ ses im europäischen Parlament sowie Alexander Bernhuber als Mitglied des Umweltausschusses im EP, zusätzlich In­ teressenvertreter und politische Vertre­ ter Österreichs sowie aus angrenzenden Regionen. Verantwortlicher Veranstalter für die Tagung war die Vereinigung Ös­ terreichischer Milchverarbeiter (VÖM) mit Präsident Helmut Petschar und GF Johann Költringer als nationaler Mit­ gliedsverband der EDA. Mit umfasst vom EDA Kongress ist auch die Orga­ nisation Assifonte, der Verband der eu­

ropäischen Schmelzkäseindustrie mit Dr. Ludwig Rupp als Präsidenten. Für die VÖM war es sehr wichtig, mit dieser Tagung Österreich als traditionel­ les Milchland mit qualitativ sehr hoch­ wertigen Milchprodukten vor einem internationalen Publikum zu präsentie­ ren: Denn Österreich ist Heimat einer dynamischen Milchwirtschaft mit 86 traditionellen, aber auch sehr innovati­ ven Milchverarbeitungsunternehmen, von denen manche Privatunternehmen, die meisten Genossenschaften sind. Sie ist die Heimat von über 27.000 Milch­ bauern, die sich zu höchster Qualität und nachhaltiger Milchproduktion verpflichtet sehen. Mehr als drei Vier­ tel unserer Landwirte arbeiten in Bergund benachteiligten Gebieten, wo die Milchwirtschaft unsere Landschaft wirklich gestaltet und erhält. Sie setzt auf Qualität und Innovation: Sechs ös­ terreichische Käse tragen geschützte

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geografische Bezeichnungen im Rahmen der EU-Qualitätspolitik, wie z. B. der einzigartige Vorarlberger Bergkäse. Die relativ kleinen Molkereien sind in der Entwicklung neuer Produkte stark, so­ wohl in der weißen, aber vor allem auch in der gelben Palette, in der auch die Schmelzkäseverarbeitung eine wichtige Position einnimmt. Vor dem Kongress erfolgten die Ta­ gungen der ständigen Fachgruppen der EDA zum Bereich Umwelt, Ernährung, Lebensmittelrecht, Nachhaltigkeit mit weiteren Untergruppen sowie dem Wirt­ schaftsausschuss mit Agrar- und Han­ delspolitik, weiters die statutarischen Organe der EDA unter der Leitung von Michel Nalet, dem Präsidenten der EDA. Nachhaltigkeit in der Milchwirtschaft Start des Kongresses war eine Keyno­ te des neu gewählten Mitglieds im EP


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Alexander Bernhuber, Mitglied des Um­ welt-Ausschusses im EU-Parlament. Bernhuber stellte in seinem Statement die Anforderungen und Notwendigkei­ ten einer nachhaltigen Milchwirtschaft als wichtigen Teil der Lebensmittelwirt­ schaft dar. Dies umfasst sowohl Nach­ haltigkeitsaspekte in der Produktion, in der Verarbeitung und in der Verpa­ ckung. Wichtig dabei ist: Wenn die An­ forderungen der Gesellschaft zunehmen, müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine positive Weiterentwick­ lung des Sektors gewährleisten. Bernhu­ ber zeigte als Kenner der Branche großes Engagement für die Milchwirtschaft und hinterließ beim Auditorium einen erfri­ schenden Eindruck als neu gewählter Politiker. Das Thema „Nachhaltigkeit und Milch in der Ernährung“ startete mit einem Referat von Prof. Jürgen König von der Universität Wien. König erläuterte in seinem Referat die zentralen ernäh­ rungsrelevanten Faktoren der Milch. Diese ist ein sehr wichtiger, vielfältiger und hochwertiger Teil einer ausgewoge­ nen Ernährung. Bei Vergleichen gilt es, das zu berücksichtigen. Im Bereich der Auswirkungen auf das Klima gibt es unterschiedliche wissenschaftliche Er­ kenntnisse. Mehr Nachhaltigkeit bei Verpackungen Die politischen Vorhaben auf EU-Ebene wie die Single Use Plastik Richtlinie oder die Circular Economy Richtlinie mit verschärften Anforde­ rungen hinsichtlich Sammlung und Wiederverwertung stellen die Milch­ branche vor große Herausforderungen. Verpackungslösungen müssen stets ihre Funktionalität angesichts der strengeren gesetzlichen Vorgaben unter Beweis stel­ len. Deshalb wurden Vertreter verschie­ dener Packstoffe für eine Diskussion eingeladen: Dr. Jane Muncke vom Food Packaging Forum Zürich, CH, sprach zum Bereich Glasverpackungen, Daniel Lehner von den ALPLA Werken Öster­ reich zu Plastik- bzw. PET-Verpackun­ gen und Dr. Heike Schiffler von Tetra Pak zum Thema Verbundkarton. Fazit: Es gibt nicht eine Lösung, alle Bereiche bemühen sich um entsprechende Ver­ besserungen in ihren Systemen, um auch entsprechende ökologische Optimierun­ gen zu erreichen. Entscheidend sind das

© VÖM

EDA-Präsident Michel Nalet (li) und VÖM-Präsident Helmut Petschar (Dir. Kärntnermilch)

Produkt und die Akzeptanz des Konsu­ menten, um die Verpackungskreisläufe entsprechend mitzutragen. Globale Marktinformationssysteme und Marktausblick Die zweite Er­ öffnungssitzung befasste sich mit dem Thema „Marktprognosen, wie werden diese erstellt bzw. wie schauen diese aus?“ Geleitet wurde dieser Themen­ block von Wim Kloosterboer, Friesland Campina. Die europäische Kommission hat mit der Marktbeobachtungsstel­ le die milchwirtschaftliche Prognose weiterentwickelt. Die Schaffung dieser Milchmarktbeobachtungsstelle ist ein klares Signal für den Wechsel der euro­ päischen Behörden: Mit mehr Markt­ orientierung des Milchwirtschaftssek­ tors hat in der Milchwirtschaftspolitik die Marktbeobachtung und Analyse eine zentrale Bedeutung eingenommen, sie hat vielfach die Rolle früherer politi­ scher Markteingriffe überholt. Markttransparenz ist das Schlüssel­ element für die Begrenzung der Preis­

volatilität auf den Milchmärkten. In Zeiten volatiler Märkte, der globalen Instabilität der Handelsströme und der politischen Unsicherheit sehen Markt­ analysten neuen Herausforderungen. So wird im Rahmen der neuen Agrarpolitik intensiv an neuen Instrumenten zur Be­ grenzung der extremen Volatilität gear­ beitet. Nach Angelo Rossi von CLAL, IT, berichtete Prof. Marin Bozic, Dairy Market.org über den US-amerikani­ schen Milchsektor. Die Entwicklung des amerikanischen Milchmarkts ist angesichts der stärker werdenden glo­ balen Verflechtung der Milchmärkte auch für die europäische Milchwirt­ schaft von immer größerer Bedeutung. Schließlich präsentierte Prof. Holger D. Thiele, ife-Institut Kiel, D, seine Analy­ sen zum Milchmarkt. Das Institut von Prof. Thiele veröffentlicht monatlich den Kieler Milchpreis, ein Wert, der auf Basis der Schlüsselprodukte Butter und Magermilchpulver einen indikativen Rohmilchpreis angibt. In der Diskussion

volume 44 | 01. 2020  ERNÄHRUNG | NUTRITION


22 wirtschaft economy

wurden die unterschiedlichen Systeme hinterfragt bzw. durchleuchtet, ebenfalls wurde die Rolle von Future Märkten als Hilfsmittel/Indikator für die Marktent­ wicklung dargelegt. Die europäische Milchlandschaft gestalten – Ziele bis 2024 Freitagvor­ mittag war den agrar- und milchpo­ litischen Themen gewidmet. Mit der Neugestaltung der gemeinsamen Agrar­ politik, dem angekündigten Green Deal sowie den Anforderungen aus Wirt­ schaft und Gesellschaft gilt es, die milch­ politischen Rahmenbedingungen neu zu gestalten. Zudem gibt es auf EU-Ebene eine neue Kommission und ein neu gewähltes Europaparlament, welches einen im­ mer stärkeren Anteil in der Neugestal­ tung der Milchpolitik hat. Begonnen hat dieser Block mit dem Referat des EDA-Präsidenten Nalet, der die wich­ tigsten Forderungen des europäischen Milchwirtschaftsverbands formulierte. Anschließend präsentierte der Präsident der Gastgeberorganisation VÖM, Hel­ mut Petschar, die Position der österrei­ chischen Milchwirtschaft. Norbert Lins hat als neu gewählter Vorsitzender des Ausschusses für Land­ wirtschaft und ländliche Entwicklung im EU-Parlament eine zentrale Rol­ le in der Verhandlung der gemeinsa­ men Agrarpolitik. Er stellte in seinen Ausführungen die Neufassung der ge­ meinsamen Agrarpolitik sowie des EUFinanzrahmens dar. Dabei gilt es, die Milchwirtschaft weiter zu unterstützen. Die Milchwirtschaft muss in Zukunft als zentraler Sektor der Ernährung und des ländlichen Raums dem Thema Nach­ haltigkeit gerecht werden, weiters gilt es, die handelspolitischen Rahmenbe­ dingungen positiv zu gestalten und den Menschen, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette arbeiten, Einkom­ men zu ermöglichen. Die damalige BM Maria Patek betonte in ihrem Referat die zentralen Forderungen Österreichs an die kommende Agrarpolitik. Ange­ sichts der Neukonstituierung der EUOrgane wird mit einer Verschiebung des Inkrafttretens der GAP gerechnet. Anschließend legte Giuseppe Ambrosi, CEO Ambrosi spa und Präsident von Assolatte, IT, Forderungen des italieni­ schen Milchindustrieverbands für die

künftige Ausgestaltung der EU-Agrarpo­ litik dar. Italien erwartet sich vor allem gute außenhandelspolitische Rahmen­ bedingungen. Josef Braunshofer, GD der Berglandmilch, skizzierte in seinem Re­ ferat die Besonderheiten der Milchpro­ duktion in Österreich. Milchwirtschaft in Österreich ist der wichtigste Sektor der österreichischen Landwirtschaft, er prägt vor allem die Regionen in Bergund benachteiligten Gebieten. Sie hat einen sehr hohen Anteil bei Spezialpro­ duktionen wie Bio oder Heumilch, wei­ ters viele regionale Produkte und setzt auf Qualität. Probleme bereiten die hohe Konzentration im Lebensmittelhandel, weiters die Konkurrenz aus Regionen mit deutlich geringeren Kosten. Öster­ reich erwartet agrarpolitische Rahmen­ bedingungen, dass Milchwirtschaft in benachteiligten Gebieten weiterhin mög­ lich ist und vor allem auch Qualitäts­ aspekte in der künftigen Politik stärker betont werden. Die anschließende Diskussion unter­ strich die zentralen Forderungspunkte der europäischen Milchwirtschaft an die kommende Agrarpolitik, insbesondere eine rasche Klärung der Brexit-Frage. Was treibt den globalen Milchmarkt an? Der zweite Teil der Konferenz am Freitag umfasste globale Entwicklun­ gen der Milchwirtschaft sowie Fragen der Handelspolitik. Die europäische Milchwirtschaft hat hervorragende Pro­ dukte, die internationale Nachfrage steigt. Vor allem in Ländern mit einer hohen Entwicklungsrate kann die steigende Nachfrage durch Eigenproduktion nicht bedient werden. Europa ist mittlerweile weltweit der größte Exporteur von Milch­ produkten, ca. 15 % der EU-Milchpro­ dukte werden auf internationalen Märk­ ten abgesetzt. Handelsstreitigkeiten mit Zöllen und Marktabschottungen sollten tunlichst vermieden werden. Zunächst legte dazu Dr. David Walker, ständiger Vertreter Neuseelands bei der WTO in Genf, die Position Neusee­ lands, eines sehr aktiven Exporteurs und Konkurrenten auf den Weltmärkten, seine Sicht zum Welthandel dar. Neu­ seeland verlangt eine völlige Liberali­ sierung der Märkte. Francois Salamon, CEO von Schreiberfoods Europa, des einzigen größeren Milchverarbeiters aus den USA, welcher auch in Europa pro­

ERNÄHRUNG | NUTRITION  volume 44 | 01. 2020

duziert, die Vorstellungen eines US-ba­ sierten Milchunternehmens dar. Vermarktung von Milch und Milchprodukten in den unterschiedlichen Vertriebskanälen Milch und Milch­ produkte sind äußerst vielfältig, es gibt Potential in allen Sektoren. Dr. Michael Blass, AMA-Marketing GmbH, AT, prä­ sentierte die Strategie und Aktivitäten der AMA-Marketing, um Milch und Milchprodukte bei den Konsumenten optimal zu positionieren. Durch die konsequente Arbeit der AMA-Mar­ keting konnte für die österreichischen Milchprodukte ein sehr positives Image erreicht werden. Anschließend berichtete Dr. Jaap Pe­ traeus, Royal Friesland Campina, NL, über die neuesten Entwicklungen auf globaler Ebene im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit für den Milchsektor. Er ist eine Schlüsselperson der DSF (Dairy Sustainability Framework) und der SIA (Sustainable Agriculture Initiative Plat­ form) und hat dazu die Schwerpunkte auf dem B2B-Markt und deren positive Auswirkungen dargelegt. Boyan Neytchev, Bel Groupe GM Cen­ tral Europe, F, gab Einblicke in die Un­ ternehmensperspektive für die Positionie­ rung einer hochwertigen Marke. Er ortet in den Beitrittsländern der EU nach wie vor großes Potential für Milchproduk­ te. Schließlich legte Dr. Andreas Steidl, REWE Austria, seine Ausführungen zur Vermarktung von Milchprodukten dar. REWE Österreich hat wie kein ande­ res Unternehmen erfolgreich neue Pro­ duktlinien entwickelt, z. B. eine starke Bio-Marke, die sowohl Konsumenten als auch den Produzenten Vorteile bietet. Dazu sind neben Umweltaspekten vor al­ lem eine konsumentengerechte Werbung als auch neue Aspekte, wie z. B. hohe Tierwohlstandards, unabdingbar. Der EDA Kongress setzte ein starkes Si­ gnal der europäischen Milchwirtschaft Richtung politische Vertretung, und die österreichische Milchwirtschaft konn­ te die Entwicklungen und Anliegen der heimischen Milchwirtschaft vor einem internationalen, hochrangingen Fachpu­ blikum darlegen. Mag. DI Johann Költringer VÖM Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter, Wien


DIE ERNÄHRUNG TECHNIK SPEZIAL

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ür einen Überblick über das einzigar­ tige Angebot und die teilnehmenden Unternehmen können Inter­ essierte auf www.interpack. de die Rubrik „Aussteller und Produkte“ nutzen. Ein schneller Einstieg ist über die acht Zielgruppen-Icons unter „Branchensuche“ möglich: Ein Klick listet alle Aussteller auf, die Angebote für die ent­ sprechende Branche in ihrem Portfolio haben. Durch verschiedene Selek­ tionsmöglichkeiten können künftige Besucher die Ergeb­ nisse weiter verfeinern und

mit der MyOrganizer-Funk­ tion in einem persönlichen Account abspeichern. Ein­ zelne Aussteller können als Favoriten markiert und mit Notizen versehen werden – Synchronisierung mit der in­ terpack App, die es für iOS und Android gibt, inklusive. Die Funktion bietet darüber hinaus einen personalisierten Hallenplan, der die Orientie­ rung in den 18 Messehallen erleichtert.

punkte für Anwenderindustri­ en wie z. B. die Pharma- und Kosmetikbranche (Hallen 15–17) oder Teilsegmente der Branche wie Packstoffe, Pack­ mittel und deren Produkti­ on (Hallen um den Eingang Nord) bildet. Um die Orientie­ rung innerhalb der Cluster zu vereinfachen, wurden die Aus­ steller auch dort klarer struk­ turiert. Angebote zu bestimm­ ten Prozessschritten stellen nun in räumlicher Nähe aus.

Optimierte Hallen­struktur Dazu trägt auch die optimierte Struktur der interpack bei, die nun auch Angebotsschwer­

Neue Konferenz: „Life with­o ut Packaging?“ Das Thema Nachhaltigkeit – schon seit Jahren prägend für

ERNÄHRUNG | NUTRITION  volume 44 | 01. 2020

die Branche – hat in jünge­ rer Vergangenheit durch die Diskussion insbesondere um Verpackungen aus Kunststoff eine neue Dynamik erfahren. Die neue Konferenz „Life wi­ thout Packaging?“ beleuchtet die Themenfelder Verpackun­ gen, Nachhaltigkeit und Um­ welt kontrovers und aus un­ terschiedlichen Perspektiven. Kritiker kommen genauso zu Wort wie Fürsprecher und diskutieren Vermeidbares und Notwendigkeiten. Inhaltliche Schwerpunkte sind Nachhal­ tigkeit und Umweltfolgen, Reduzierung von Nahrungs­ mittelverschwendung sowie


III

interpack

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Hygiene. Die eintägige Kon­ ferenz findet am 12. Mai, dem vorletzten Messetag, von 10:30 bis 17:00 Uhr im CCD Süd statt. Karten können über den Online-Shop der inter­ pack unter www.interpack.de erworben werden. Dort fin­ den Interessenten auch Details zu den Referenten und den Details des Konferenzpro­ gramms. Matchmaking mit künstlicher Intelligenz Ein Highlight der neuen digita­ len Angebote zur effizienten Gestaltung des Messebe­ suchs ist das komplett über­ arbeitete Matchmaking, das künftige interpack-Be­ sucher nutzen können. Es ermöglicht Terminabspra­ chen im Vorfeld der Mes­

se. Dabei lernt das System anhand der Interaktion mit dem User mit der Zeit dazu und schlägt potenzielle Ge­ sprächspartner vor. Auch über die App können diese – ähnlich einer bekannten digitalen Kontaktbörse – durch Swipen positiv oder negativ beurteilt werden. Durch die Entscheidungen verbessern sich die Vor­ schläge immer weiter. www.interpack.de

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IV technik spezial technology special

HYGIENE IST UNERLÄSSLICH VOR ALLEM IM LEBENSMITTELBEREICH IST ES UNVERZICHTBAR, EIN MINDESTMASS AN HYGIENE EINZUHALTEN. DABEI MÜSSEN PERSONEN GEEIGNETE UND SAUBERE ARBEITSKLEIDUNG UND BEI BEDARF SCHUTZKLEIDUNG TRAGEN, ÜBERTRAGBARE KRANKHEITEN MELDEN UND BEI INFEKTIÖSEN KRANKHEITEN DEN UMGANG MIT LEBENSMITTELN MEIDEN.

E

benso wichtig ist es, beim Umgang mit Lebensmitteln keinen Schmuck zu tragen, eventuell vorhandene Wunden abzudecken und bei offenen Lebensmitteln nicht zu husten, zu niesen oder zu spucken. Als Grundlage für die Hygiene am Arbeitsplatz dienen gesetzliche Vorgaben sowohl von Seiten der Euro­ päischen Union als auch na­ tionale Gesetze und Verord­ nungen.

Vorgaben zur Betriebshygiene Für das Thema Lebensmit­ telhygiene gibt es einige recht­ liche Bestimmungen der Eu­ ropäischen Union und dazu

einige österreichische Gesetze und Verordnungen. Für jede Stufe der Lebensmittelkette gibt es spezifische Hygiene­ vorschriften. In den Allgemei­ nen Hygienevorschriften für alle Lebensmittelunternehmer werden sehr detailliert Vor­ schriften für Betriebshygiene und Hygiene am Arbeitsplatz festgelegt. Diese Vorschriften gelten für folgende Hygiene­ bereiche: • Betriebsstätten • Räume • ortsveränderliche oder nicht­ ständige Betriebsstätten • Beförderung • Ausrüstungen • Lebensmittelabfälle • Wasserversorgung • Persönliche Hygiene • Lebensmittel • Umhüllen und Verpacken

• Wärmebehandlung • Schulung

Gefährliche Mikroorganismen Bei Mikroorganismen handelt es sich in der Regel um Ein­ zeller, sie können jedoch auch aus mehreren Zellen bestehen. Die Größenordnung, in der sich Mikroorganismen bewe­ gen, beträgt zwischen 10 nm (1 Nanometer = 10–9 m = 0,000.000.001 m) und 50 μm (1 Mikrometer = 10 –6m = 0,000.001 m). Mikroorganis­ men sind die kleinsten unter dem Mikroskop erkennbaren Lebewesen, was bedeutet, dass sie ähnliche Bedürfnisse haben, wie es von Menschen oder Tieren bekannt ist:

• sie benötigen Nahrung zum Überleben, • sie benötigen Feuchtigkeit (Wasser) zum Überleben, • sie sind in der Lage, sich zu vermehren • sie benötigen bestimmte Temperaturen, um sich wohl zu fühlen. Problematisch werden Mi­ kroorganismen in der Be­ triebshygiene unter anderem dadurch, dass sie mit bloßem Auge als Einzelorganismus nicht sichtbar sind, sondern erst, wenn eine große Anzahl herangereift ist, z. B. wenn ein Schimmelrasen auf dem Brot entstanden ist. Dies erschwert eine präventive Handlungsweise erheblich. Mikroorganismen sind in unserer Umgebung überall zu finden. Wir kennen dies

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V

von Krankheitskeimen, die sich durch vielfältige Übertragungswege vertei­ len. Die für die Betriebs­ hygiene – Hygiene am Arbeitsplatz problemati­ schen Mikroorganismen haben zwei Eigenschaf­ ten: • sie können Krankheiten beim Menschen verursa­ chen. • sie sind in der Lage, Lebensmittel zu ver­ derben. Persönliche Hygiene fängt bei den Händen an Im Lebensmittelbereich und in Lebensmitteln herr­ schen für Mikroorganis­ men die günstigsten Bedin­ gungen für Wachstum und Vermehrung. Daher ist es für Mitarbeiter in diesen Bereichen sehr wichtig, ein Verständnis dafür entwi­ ckeln zu können, in welch einem hochsensiblen Tä­ tigkeitsfeld sie arbeiten. Damit einhergehend sind alle Maßnahmen, die zur Vermeidung von Konta­ minationen und von Ver­ mehrungen gefährlicher Mikroorganismen führen, genau zu definieren. Ein wichtiger Faktor zu einer ausreichenden Hy­ giene ist das Händewa­ schen. Genau genommen müssten Hände immer dann gewaschen und des­ infiziert werden, wenn sie mit verunreinigten Gegenständen in Berüh­ rung gekommen sind. In der alltäglichen Pra­ xis der Betriebshygiene lässt sich das allerdings schwer umsetzen, wes­ halb hier besonders der „gesunde Menschenver­ stand“ der Mitarbeiter gefragt ist. Der verant­ wortungsbewusste Mit­ arbeiter ist stets wach­ sam und aufmerksam

und in der Lage, mögli­ che Verunreinigungen zu erkennen. Häufig sind saubere und desinfizierte Hände hygienischer als selten gewechselte Hand­ schuhe. Als grundsätzliche Regel für die Hygiene am Arbeitsplatz gilt Je schmutziger, desto häufi­ ger waschen und desinfi­ zieren … eigentlich alles ganz logisch, oder? Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Deshalb hier noch einmal in aller Deutlichkeit: Am Arbeits­ platz darf nicht • gegessen oder getrun­ ken werden (Gefahr der Kontamination mit Mikroorganismen oder Fremdkörpern wie Glas oder Plastik) • nicht geraucht werden (Gefahr von Schadstof­ fen und Geruch) • mit Medikamenten ge­ handhabt werden (Ge­ fahr von Verunreini­ gung mit Wirkstoffen) • Privates gelagert werden (Gefahr von Kontamina­ tion mit Mikroorganis­ men und Fremdkörpern)

Hygienisches Verhalten Jeder Mitarbeiter, der selbst an einer Krankheit oder an Wunden leidet, stellt eine Gefahr für die Sicherheit von Produkten und somit für die Hygiene am Ar­ beitsplatz dar. Deshalb sind auch die Forderungen des Infektionsschutzgesetzes zu beachten, in welchem eine Meldung von Infektions­ krankheiten vorgeschrieben ist. Erster Ansprechpartner ist dabei immer der direk­ te Vorgesetzte, welcher in

gemeinsamer Abstimmung über das weitere Verfahren entscheidet. Es gibt ver­ schiedene Möglichkeiten je nach Krankheitsbild: • zum Arzt gehen (ggf. Tä­ tigkeitsverbot, ausgespro­ chen durch den Arzt) • Mitarbeiter zeitweise ver­ setzen • besondere Schutzklei­ dung tragen (z. B. Mund­ schutz) • Wunden abdecken Beim Abdecken von Wun­ den ist zu beachten, dass Verbandsmaterial (z. B. Pflaster) verwendet wird, das eine andere Farbe als das Produkt aufweist. In den meisten Fällen werden blaue Pflaster verwendet, da diese, sollten sie abfal­ len, im Produkt leicht zu finden sind. Grundsätzlich empfiehlt sich das Tra­ gen von Fingerlingen oder Handschuhen, um ein Ab­ fallen zu vermeiden. Häufig werden auch Pflaster ver­ wendet, die einen Metall­ streifen beinhalten, da die­ se beim Durchlaufen eines Metalldetektors erkannt und herausgefiltert werden können. Vor allem am offe­ nen Produkt ist die strenge Einhaltung von Verhaltens­ regeln Pflicht – in der Nähe des Produkts zu husten, nie­ sen oder gar auszuspucken ist absolut unhygienisch.

Sichere Schutzkleidung In jedem Unternehmen in der Lebensmittelbranche gibt es Vorschriften, wel­ che Kleidung zu tragen ist und wie damit umgegan­ gen werden soll. Sollten Sie diese nicht kennen, fragen Sie danach! Die jeweilige Schutzkleidung darf nur in den dafür vorgesehenen Be­

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reichen des Unternehmens ge­ tragen werden und unter keinen Umständen bereits zu Hause angezogen werden. Schließlich möchte niemand von einem Zahnarzt an der offenen Kief­ erwunde versorgt werden, der in der Mittagspause mit dersel­ ben weißen Kleidung beispiels­ weise seine Pferde gefüttert und versorgt hat! Auch das Essen in der Kantine oder der Besuch des Raucherzimmers sollte nicht in Arbeitskleidung erfolgen. Zum Umziehen ist der Umkleideraum zu benut­ zen, der über eine Trennung von Straßenkleidern und Be­ triebskleidern verfügt. Hygiene­ kleidung gilt übrigens auch für alle Personen, die im Bereich der Hygienezonen zu tun ha­ ben: • Besucher, Überwacher, Au­ ditoren • Handwerker, Techniker • Leiharbeiter, Dienstleister • Chefs!

Was ist zu tun, wenn Sie eine Person ohne oder mit nicht vorschriftsmäßiger Kleidung sehen? Sie sollten auf jeden Fall die Betriebshygiene vor dem „Eindringling“ schützen. Dies geht im günstigsten Fall durch Ansprechen der Person. Wenn keine Einsicht vorhanden ist, sollte eine unhygienische Per­ son dem Vorgesetzten gemeldet werden. Eventuell stößt man durch solche Situationen auf Bereiche oder Situationen, die man bei der Erstellung der Hy­ gieneregeln nicht bedacht hatte.

Reinigung und Desinfektion Um Kontaminationen durch unsaubere Anlagen und Um­ gebung zu vermeiden, müs­ sen diese gereinigt und oft auch desinfiziert werden. Für alle Bereiche des Unterneh­ mens sollte es Reinigungsplä­

ne geben, in denen folgende Punkte geregelt werden: • Was wird gereinigt? • Wie oft wird gereinigt? • Womit wird gereinigt? • In welcher Reihenfolge wird gereinigt? • Wie stark wird gereinigt • Wie lange wird gereinigt? • Von wem wird gereinigt? • Wie wird Reinigung doku­ mentiert? • Wie wird Reinigung über­ prüft? Unter einer Reinigung versteht man: Die Entfernung aller sichtbaren Verschmut­ zungen wie Lebensmittelrück­ stände, Staub und sonstiger Schmutz. Sowie die Entfernung von 90−99 % aller vorhande­ nen Mikroorganismen (Vor­ aussetzung für eine ausreichen­ de Desinfektion). Unter einer Desinfektion versteht man: Die Zerstörung von Mikroorganis­ men, die Reduzierung auf ein

Maß, welches weder für die menschliche Gesundheit noch für die Qualität verderblicher Güter eine Gefahr darstellt.

Lagerung Für die Betriebshygiene ist es wichtig, dass Reinigungsmittel immer getrennt von anderen Waren gelagert werden, insbe­ sondere natürlich von Lebens­ mitteln. Um Verwechslungen zu vermeiden, sollten Reinigungs­ mittel eindeutig gekennzeichnet und sicher gelagert werden. Achtung Beachten Sie die vom Hersteller mitgelieferten Sicherheitsdatenblätter und die Betriebsanweisungen. Die­ se müssen so aufgehängt oder abgelegt sein, dass ein schnel­ ler Zugriff möglich ist, falls ein Unfall mit den Mitteln ge­ schieht, da sie u. a. auch Hin­ weise zur Ersten Hilfe und zur Brandbekämpfung enthalten.

Zentrale Absaugsysteme für die Lebensmittelindustrie Die Hygieneanforderungen in der Lebensmittelindustrie sind äußerst streng. Das schwedische Unternehmen Dustcontrol führt jetzt ein effizientes Absaugsystem für die Lebensmittelindustrie ein: „Gut für Lebensmittel – When Clean Is Not Enough.“ Das System trägt zur sicheren und hygienischen Lebensmittelherstellung bei.

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VII technik spezial technology special

HEFEABZIEHEN – CLEVER UND SPARSAM DAMIT SIE WETTBEWERBSFÄHIG BLEIBEN, MÜSSEN BESONDERS KLEINE UND MITTELSTÄNDISCHE BRAUER AN DER KOSTENSCHRAUBE DREHEN. UM DAS HEFEMANAGEMENT IM BRAUPROZESS ZU OPTIMIEREN, HAT DIE LÖWENBRAUEREI SCHWÄBISCH HALL ZUSAMMEN MIT DEM ANLAGENBAUER WELLMANN ENGINEERING EINE MOBILE PUMPENEINHEIT ENTWICKELT.

D

as Aggregat senkt Bierschwand und Wasserverbrauch signifikant, so­ dass sich die fünfstellige In­ vestition binnen zwei Jahren amortisierte. Bis Mitte 2017 wurde das Hefeabziehen aus den zylin­ drokonischen Tanks (ZKT) der Löwenbrauerei Hall händisch bewerkstelligt und durch ein Sichtfenster über­ wacht. „Von außen ist aber nicht unmittelbar zu sehen, ob ich im Tankinneren noch Hefe oder schon wertvolles Bier absauge“, sagt Dip­ lom-Braumeister Hermann Mayerle. Das Verfahren war nicht nur mit hohen Pro­ duktverlusten, Bierschwand genannt, und Personalauf­ wand verbunden. Um die abgezogene Hefe über län­

gere Strecken pumpbar zu halten, mussten die Schwa­ ben Trinkwasser hinzu do­ sieren. Kampf dem Bierschwand durch Automatisierung Im Fokus einer Analyse des Pro­ zessablaufs des Hefe-Abpump­ vorgangs standen die maßgebli­ chen physikalischen Parameter wie Fließgeschwindigkeit sowie pumpeneinlauf- und pumpen­ auslaufseitiger Gassättigungsund Differenzdruck. Weitere wichtige Aspekte bestanden im Verlauf der Rohrleitung und der Hefebeschaffenheit. Ziel war die exakte und au­ tomatisierte Phasentrennung zwischen Bier und Hefe. Da die Homogenität der Hefe im Verlauf der Gärung stark va­ riiert, wurde eine Reihe von Viskositätsmessungen durchge­

führt. Auf Basis dieser Viskosi­ tätsanalyse und der gegebenen Rohrleitungswege wurden der Pumpentyp ausgewählt und die Steuerungstechnik ausgelegt. Prozesseffizienz steigern, Produktverluste senken Die eingebaute Messtechnik er­ kennt unter anderem die Trennung von Hefe zu Bier und regelt den Abpump-Vor­ gang in Sekundenbruchteilen ab. Zusätzlich überwacht und steuert die Sensorik den Hefefluss während des Pump­ vorgangs. Je nach Hefetyp kann die Pumpe individuell und bedarfsgerecht gefahren werden, sodass die Hefe im Gärtank nachrutschen kann und vom Sog erfasst wird. Die frequenzgeregelte Pumpe arbeitet stufenlos, sodass der Hefestrom nicht abreißt und

sich keinerlei Rückstände im Konus der ZKTs bilden, die bei der Filtration wieder zu Störungen führen können. Gleichzeitig realisiert das Ag­ gregat die exakte Trennung der Phasen Hefe und Bier. Nach zwei Jahren im Regelbe­ trieb zieht Braumeister Mayer­ le ein rundum positives Fazit: „Mit dem mobilen Pumpen­ aggregat erhöhen wir die Ef­ fizienz und Wertschöpfung im Brauprozess und meine Kol­ legen können sich stärker auf ihre wertschöpfenden Kerntä­ tigkeiten konzentrieren.“ Der Wasserverbrauch konnte sig­ nifikant reduziert werden, der Gesamtbierschwand sank um circa 15 Prozent, sodass sich die fünfstellige Investition in­ nerhalb von 24 Monaten voll­ ständig amortisierte.

©  WELLMANN ENGINEERING

www.wellmann-engineering.eu

Hefeabziehen vorher: Über das Sichtfenster wurde von außen kontrolliert, wann Bier statt Hefe in den Abzug gelangt, um die Öffnung daraufhin manuell zu schließen.

Hefeabziehen nachher: Das mobile Pumpenaggregat von Wellmann Engineering mit kompletter Automation zur Steuerung und Über­wachung des Hefeabzugs.

https://www.haller-loewen­ braeu.de/

volume 44 | 01. 2020  ERNÄHRUNG | NUTRITION


VIII technik spezial technology special

DAUERBRENNER MINERALÖL IN LEBENSMITTELN AUCH NACH MEHR ALS SECHS JAHREN SORGEN MINERALÖLRÜCKSTÄNDE IN LEBENSMITTELN NOCH IMMER VERLÄSSLICH FÜR ATEMLOSE SCHLAGZEILEN IN EINSCHLÄGIGEN ZEITSCHRIFTEN. WAS STECKT AUS FACHLICHER SICHT DAHINTER? EINE STANDORTBESTIMMUNG.

D

a bis heute keine allgemein gülti­ gen Grenzwerte festgelegt wur­ den, konkurrieren Prüflabore hinsichtlich immer tieferer Bestimmungsgrenzen und neuer, noch komplizierterer Testanordnungen und dem Ergebnis, dass eigentlich im­ mer etwas nachgewiesen wer­ den kann.

Bis 2017 hat sich die Euro­ päische Kommission nicht zu dem Thema geäußert. Erst unter dem Druck von Deutschland, das bereits seit Jahren eine nationale Mineralölverordnung in der Pipeline hatte, erklärte sie sich mit der Empfeh­ lung (EU) 2017/84 für das Mineralölthema zuständig. Darin wird die amtliche Über­w achung, aber auch die FCM1 und die Lebens­ mittelindustrie dazu aufge­ rufen, MOSH/MOAH2-Er­ gebnisse an die EFSA zu übermitteln, damit auf Basis eines großen Datenumfangs eine EFSA-Risikobewertung samt Grenzwertfestlegung erfolgen kann. Das Problem dabei war allerdings, dass dieses Monitoring bis spä­ testens Februar 2018 abge­ schlossen sein sollte, aber vorher noch auf die Leitli­ nie zur Probennahme, Ana­

lyse, Prüfergebnisangabe und Reporting-Vorgabe ge­ wartet werden musste. Die­ se Leitlinie3 entstand unter Leitung des EURL FCM 4 und wurde erst im Jänner 2019 veröffentlicht. Daher musste die Deadline des Monitorings auf Oktober 2019 verschoben werden. Auch einige österreichische Lebensmittelunternehmen meldeten im Rahmen die­ ses Monitorings Daten, die erfolgreich bei der EFSA in die elektronische Daten­ bank hochgeladen werden konnten. In dieser Leitlinie sind die analytischen Methoden bzw. ein Prozessablaufschema an­

© PRIVAT

JOHANNA FOISNER

Johanna Foisner

gegeben, wie plausible und valide Messergebnisse je nach Art der Prüfmatrix (Verpa­ ckungsmaterial oder Lebens­ mittel) zustande kommen können. Die Quantifizierung der Mineralölmigration muss für die Kohlenstoff-Anzahl von C10 bis C50 validiert

sein. Für die Durchführung dieser Analytik müssen La­ bors zumindest mit OnlineLC-GC-FID-Geräten, für weiterführende Abklärung auch noch mit GCxGC-FID/ MS und qualifiziertem Per­ sonal ausgerüstet sein. Das bedeutet, dass es nicht allzu viele Privatlabors gibt, die Mineralöl-Analytik des ge­ nannten Standards liefern können. Amtliche Proben werden je­ denfalls im gesamten EU-Ge­ biet gemäß dieser Leitlinie entnommen und untersucht. Die Beurteilung der so erhal­ tenen Ergebnisse bleibt aber weiterhin nicht harmonisiert, da erst nach Auswertung der

LOQ – max. [mg/kg]

LOQ-t [mg/kg]

Rrec [%]

intermediate precision [%]

Categories

Associated foods*

Dry, low-fat content (< 4 % fat/oil)

bread and rolls; breakfast cereals; grains for human consumption; pasta, products derived from cereals

0.5

0.1

80–110

15

Higher fat/oil content (< 4 % fat/oil)

fine bakery ware; confectionery (incl. chocolate) and cocoa; fish meat, fish products (canned fish); oilseeds; pulses; sausages; tree nuts

1

0.2

70–120

20

Fat/oils

animal fat (e. g. butter); vegetable, oils

2

0.5

70–120

20

Paper and Board

Reporting only up to C35 (extraktion optimised up to C35)

10

5

80–110

10

Abbildung: Bestimmungsgrenzen sollten gewährleistet sein

ERNÄHRUNG | NUTRITION  volume 44 | 01. 2020


IX technik spezial technology special

Monitoring-Daten und nach durchgeführter Risikobewer­ tung durch die EFSA ein Vor­ schlag zu Grenzwerten an die Kommission erfolgen kann. Wahrscheinlich wird dann eine „EU-Mineralölverord­ nung“ verfasst, die erst nach Durchlaufen aller EU-Gre­ mien rechtswirksam werden kann. Somit kann man frü­ hestens Ende 2021 mit einer harmonisierten Mineralölre­ gelung rechnen. In der Zwischenzeit wer­ den immer wieder verun­ sichernde Berichte durch Konsumentenschützer und NGOs veröffentlicht. Eine der letzten Meldungen be­ traf Kleinkindernahrung. Da es sich dabei um eine extrem schützenswerte Ver­ brauchergruppe handelt, hat die EFSA sehr rasch ein „Rapid risk assessment 5 abgegeben. Dabei wurde besonderes Augenmerk bei der MOAH-Fraktion auf genotoxische, krebserre­ gende polycyclische (3 bis 7 Ringe) aromatische Ver­ bindungen (3–7 PAC) gelegt, wobei die Kontamination aus verschiedenen Quellen stammen kann. Die EFSA

©  ADOBE STOCK – RDNZL

kam zu dem Schluss, dass anhand der vorliegenden, streuenden Ergebnisse nicht auf ein tatsächliches Vor­ handensein von 3–7 PAC in den Lebensmitteln geschlos­ sen werden kann und des­ halb weiterhin der Nachweis von MOAH als „potential concern for human health“ bewertet werden soll. Auf­ grund der vorhandenen geringen Datenmenge ist die Unsicherheit bei der Ri­ sikobewertung zu hoch in Hinsicht auf die nachgewie­ senen MOAH-Mengen von 0,2–3 mg/ kg.

Es heißt also weiterhin warten auf eine harmonisierte Bewer­ tung von Mineralöl in Lebens­ mitteln. Der nächste Schritt sollte die Scientific Opinion der EFSA sein, die nach Aus­ wertung der Monitoring-Da­ ten möglich sein sollte. DI Johanna Foisner, Expertin Food Contact Materials, LVA GmbH Klosterneuburg Literatur [1] FCM: Food Contact Materials [2] MOSH: mineralölbasierte gesättigte Kohlenwasserstoffe

MOAH: mineralölbasierte aromatische Kohlenwasser­ stoffe [3] JRC-Guidance on sampling, analysis and data reporting for the monitoring of mine­ ral oil hydrocarbons in food and food contact materials [4] Europäisches Referenzlabor für FCM [5] doi:10.2903/sp.efsa.2019. EN-1741; Rapid risk assess­ ment on the possible risk for public health due to the contamination of infant for­ mula and follow-on formula by mineral oil aromatic hy­ drocarbons (MOAH)

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volume 44 | 01. 2020  ERNÄHRUNG | NUTRITION


X technik spezial technology special

BERÜHRUNGSFREIE HÄNDEREINIGUNG UND -DESINFEKTION ALLE BETRIEBE, DIE LEBENSMITTEL HERSTELLEN, VERARBEITEN, ZUBEREITEN ODER IN VERKEHR BRINGEN, VERPFLICHTET DIE LEBENSMITTELHYGIENE-VERORDNUNG (LMHV) DAZU, IHRE FÜR DIE LEBENSMITTELSICHERHEIT KRITISCHEN ARBEITSSTUFEN ZU ERMITTELN, NACHHALTIG ZU ÜBERWACHEN, ZU DOKUMENTIEREN SOWIE ANGEMESSENE SICHERHEITSMASSNAHMEN UMZUSETZEN.

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ür die durch die LMHV vorgeschriebenen techni­ schen Sicherheitsmaßnah­ men finden Lebensmittelerzeuger in Kohlhoff Hygienetechnik einen kompetenten Partner, der dafür ein (mehr als 100 Produkte) um­ fassendes Programm mit vielfach bewährten und wirtschaftlichen Lösungen bietet. Eine Neuheit ist das Mehr­ platz-Hand-Hygienecenter WRECO SWTD – eine besonders platzsparende Lösung für die komplette hygienische Händerei­ nigung und -desinfektion. Dieses Modell kann mit bis zu 4 Wasch­

plätzen ausgestattet werden. Jeder dieser Plätze verfügt über Wasserauslauf, Seifenspender, Hochgeschwindigkeits-Hände­ trockner und Desinfektionsmit­

telspender. Die in die abschließ­ bare Kopfblende integrierten Komponenten werden ebenso wie der Wasserauslauf aus­ schließlich berührungsfrei über Sensoren aktiviert. Die Hände­ trocknung benötigt ca. 15 Sekun­ den. Sie ist notwendig, damit das anschließend applizierte Desin­ fektionsmittel seine Wirkung voll entfalten kann. Der Vorteil für die tägliche Pra­ xis: Um Flüssigseife oder Desin­ fektionsmittel austauschen bzw. nachfüllen bzw. Wartungs- oder Einstellarbeiten ausführen zu können, kann die Kopfblende

entriegelt und aufgeklappt wer­ den. Gasdruckfedern halten sie in der geöffneten Position und ermöglichen so einen einfachen und bequemen Zugang zu allen technischen Komponenten. Optional erhältlich sind Wasserund Stromversorgung von oben, Anti-Legionellensteuerung sowie Unterschränke, Installationsfü­ ße und Rückwandverblendun­ gen für die freie Aufstellung im Raum. Der Abfluss kann werk­ seitig wahlweise links oder rechts angeordnet werden. www.kohlhoff-hygiene.de

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23 kurzmeldungen news

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www.bfr.bund.de

RA OT O-G PH CK STO K– TO C ES OB AD

in Lebensmitteln quantifizieren und in Laborversuchen anwenden zu können. Einen wichtigen Schwerpunkt stellen Visualisierungstechniken dar, damit Mi­ kroplastik auch in biologischen Medien, wie zum Beispiel der Lebensmittelmatrix oder auch in menschlichen Zellen, de­ tektiert werden kann. Um Mikroplastik auch in realen Umweltproben analysie­ ren zu können, müssen Aufreinigungsund Trennverfahren entwickelt werden. Letztlich können durch Mikroplastik verursachte, zelluläre Effekte gemessen werden, um die Wirkmechanismen von Mikroplastik zu verstehen. Im Falle, dass Mikroplastik vom Körper aufge­ nommen wird und der Verdacht besteht, dass es Effekte im Menschen auslösen kann, werden auch klassische toxiko­ logische Ansätze zur Risikocharakteri­ sierung notwendig. Es ist zu vermuten, dass sich der Erkenntnisstand zu Mikro­ plastik in den kommenden Jahren deut­ lich weiterentwickeln wird und somit zukünftig eine bessere Bewertung der potenziellen Risiken, die von Mikroplas­ tik in Lebensmitteln ausgehen könnten, ermöglicht wird.

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DAS BFR, das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung, hat Mikroplastik einer Bewertung unterzogen. Im Rah­ men eines Verbraucherschutzforums in Berlin erklärte BfR-Präsident Prof. DDr. Andreas Hensel, dass es bisher keine wissenschaftlichen Hinweise gebe, dass von Plastikpartikeln in Lebensmitteln gesundheitliche Risiken für den Men­ schen ausgehen. Erste eigene Unter­ suchungen des BfR mit verschiedenen Partikelgrößen zur oralen Aufnahme ergaben, dass Mikroplastik weder den Magen noch das Darmgewebe schädigt. Für eine umfassende Risikobewertung fehlen aber noch verlässlichere Daten zur Partikelgröße und zum Gehalt in Le­ bensmitteln. Mikroplastik hat in den vergangenen Jahren in der öffentlichen Wahrneh­ mung zunehmend an Bedeutung gewon­ nen und es wurde gezeigt, dass es auf verschiedenen Wegen in die menschliche Nahrung gelangt. Aktuell liegen noch nicht ausreichende wissenschaftliche Daten vor, um eine zusammenfassende Risikobewertung durchführen zu kön­ nen. Jedoch lassen sich die grundlegen­ den Prinzipien der Risikobewertung auch auf Mikroplastik anwenden. Um die bestehenden offenen Fragen klären zu können, müssen analytische Techni­ ken verbessert werden, um Mikroplas­ tik physikochemisch charakterisieren,

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Mikroplastik

Risiko Bambus? EINE ARBEITSGRUPPE der Europäi­ schen Kommission beschäftigt sich mit der Verwendung und dem Inverkehr­ bringen von Materialien und Gegenstän­ den mit Lebensmittelkontakt aus Kunst­ stoff, die gemahlenen Bambus enthalten. Die Experten diskutieren Untersuchun­ gen zu Bambus-Melamin-Lebensmittel­ kontaktmaterialien und -gegenständen und stellen fest, dass die Verwendung von Zusatzstoffen natürlichen Ur­ sprungs wie Bambus in einer Kunststoff­ matrix nicht unbedingt ein direktes Ge­ sundheitsrisiko darstellt. Allerdings hält die Arbeitsgruppe fest, dass eine andere Situation entsteht, wenn Verunreinigungen vorliegen oder z. B. das Material durch heiße Flüssig­ keiten anschwillt. Dann können nega­ tive Oberflächenveränderungen und Migration zu einem Gesundheitsrisiko führen. https://ec.europa.eu/food/sites/food/files/ safety/docs/cs_fcm_bamboo_wg-201906.pdf

volume 44 | 01. 2020  ERNÄHRUNG | NUTRITION


24 kurzmeldungen news

Schwedenbomben ausgebaut NIEMETZ 2013 hat die Schweizer Heidi Chocolat AG die vor dem wirt­ schaftlichen Ende stehende Firma Niemetz gekauft, die seit 129 Jahren für Wiener Konditorqualität steht. Unter aktiver Mithilfe von begeister­ ten Konsumenten gelang die Rettung von Schwedenbombe, Manja und Swedy. Nach dem Umzug von Wien nach Wiener Neudorf im Jahr 2015 gelang nun der nächste Schritt: Um das Produktionsvolumen inklusive neuer Geschmacksrichtungen weiter auszubauen, investierte das Unterneh­ men einen siebenstelligen Betrag in den Ausbau der Produktionshalle und eine neue Linie. Zukünftig werden bis zu 15 zusätzliche Mitarbeiter beschäftigt. Der Ausbau und

© NIEMETZ

die neue Produktionslinie erlauben nicht nur die Erhöhung der Produktionskapa­ zität, sondern auch die Herstellung neuer Produkte. So werden Österreichs Nasch­ katzen in Zukunft neben den bereits erfolg­

www.niemetz.at

Gesetze zu Lebensmittel­ sicherheit werden überarbeitet

Broschüre Backmittel BACKMITTEL Ob Brot, Semmeln oder feine Backwaren – Backmittel spielen vielfach bei der Herstellung von Back­ waren eine zentrale Rolle. Sie unterstüt­ zen nicht nur die Konsistenz, den Ge­ ruch, den Geschmack und die Optik von Backwaren, sie sorgen vor allem auch für eine längere Frische. Mit ihrer Hilfe genießen Kunden Backwaren in ge­ wohnter geschmacklicher Qualität, an­ sprechender Optik und großer Vielfalt. Trotz der vielen positiven Effekte, die Backmittel auf die Qualität von Back­ waren haben, werden sie oft skeptisch betrachtet und als „ungesunde Chemie“ abgelehnt. Das deutsche Wissensforum Backwaren klärt mit seiner kürzlich er­

reich getesteten Cappuccino-Busserl noch mit vielen Ideen und weiteren süßen High­ lights überrascht werden.

schienenen Neuauflage der Broschüre „Was sind Backmittel?“ über ihre Be­ deutung und Herstellung auf: Die Pro­ duktion von qualitativ hochwertigen Backwaren erfordert viel Wissen und Erfahrung rund um Rohstoffe, Techno­ logien und Herstellung. www.wissensforum-backwaren.de

ERNÄHRUNG | NUTRITION  volume 44 | 01. 2020

JAPAN Im Sinne internationaler Anpas­ sungen und der internationalen Großver­ anstaltungen der nächsten Jahre (Olympi­ sche Sommerspiele 2020 in Tokio, Weltausstellung Osaka 2025) überarbeitet Japan die eigenen Gesetze zur Lebensmit­ telsicherheit. Im Bereich Herstellung von Lebensmitteln sollen international aner­ kannte HACCP-Regeln (nach internatio­ nalem Codex) eingeführt werden. Neben den Gesetzesänderungen für japanische Hersteller werden auch österreichische Unternehmen, die Nahrungsmittel nach Japan exportieren, betroffen sein. Insbe­ sondere werden Herstellerdaten genauer angegeben werden müssen. Außerdem wird für Lebensmittelverpackungsmateria­ lien und Geschirr sowie andere Lebensmit­ telkontaktmaterialien eine Positivliste ein­ geführt, die genau angibt, welche Stoffe enthalten sein können. www.wko.at/service/aussenwirtschaft/ japan-ueberarbeitet-lebensmittelsicherheits-gesetze.html


25 kurzmeldungen news

Dosen, PET und Roboter SPITZ Der oberösterreichische Lebens­ mittelhersteller Spitz investiert in seinem Werk in Attnang-Puchheim einen sechs­ stelligen Betrag in eine neue Dosenabfüll­ anlage u. a. für Energy Drinks, Sportge­ tränke und Limonaden. In der neuen Anlage sollen stündlich bis zu 100.000 Dosen befüllt werden können. Dies bedeu­ tet für das Unternehmen eine beträchtliche Kapazitätserhöhung. Die neue Dosenhalle wird 4.200 Quadratmeter groß sein. Auch in eine neue Aseptik-PET-Linie, eine Low-Acid-Anlage, wurde investiert. Diese ermöglicht, künftig auch ungesüßte Tee­ getränke sowie Getränke mit Kuh- oder Pflanzenmilch abzufüllen. Die verwendete Abfülltechnik stellt den höchsten Standard in der Getränkeabfüllung dar und dient als schonende Produktionsmethode zur Halt­ barmachung von Getränken. Derzeit verlassen rund 1,3 Millionen Pro­ dukte auf rund 2.000 Paletten täglich das Werk in Attnang-Puchheim. Daher wurde im Sinne von „Industrie 4.0“ in ein fah­ rerloses Transportsystem investiert. Damit verfolgt Spitz das Ziel, eine möglichst kur­ ze Time-to-Market für neue Produkte zu erreichen und die Wertschöpfungskette zu optimieren. Das System lernt schnell: Die hochpräzise Indoor-Lokalisierungstech­ nologie ermöglichte es, innerhalb weniger Stunden den gesamten Produktionsbereich der Backwarenherstellung einzulernen und zu digitalisieren. Die vollautonome Anlage sorgt für eine zuverlässige Versorgung der Produktionslinien mit Verbrauchsmaterial sowie für einen Abtransport der Fertigwa­ ren zu einem zentralen Übergabepunkt an das Hochregallager.

Zuckermoleküle gegen Viren CYCLODEXTRINE Schweizer und briti­ sche Forscher haben Zuckermoleküle so modifiziert, dass sie in der Lage sind, Vi­ ren durch einfachen Kontakt zu zerstö­ ren. Sogenannte „viruzide“ Substanzen wie Bleichmittel zerstören Viren auch, können jedoch nicht auf den menschli­ chen Körper aufgetragen werden, ohne ernsthafte Schäden zu verursachen. Die meisten der derzeitigen antiviralen Medi­ kamente wirken, indem sie das Wachstum von Viren hemmen, ohne sie zu zerstören. Außerdem sind sie nicht immer zuverläs­ sig: Viren können mutieren und gegen diese Behandlungen resistent werden. Hingegen ziehen modifizierte Zucker­ moleküle aus natürlichen Glukosederi­ vaten, den sogenannten Cyclodextrinen, Viren an. Indem sie die äußere Hülle des Virus zerstören, sind sie in der Lage, infektiöse Partikel durch einfachen Kontakt zu zerstören, anstatt nur das

Wachstum des Virus zu blockieren. Und dieser Mechanismus scheint bei allen Viren zu funktionieren, wie die Wissen­ schaftler bei Viren nachweisen konnten, die für Atemwegs- und Herpesinfektio­ nen verantwortlich sind. Cyclodextrine haben viele Vorteile: Sie sind biokompatibel, einfach in der An­ wendung, lösen keinen Resistenzme­ chanismus aus und sind nicht toxisch. Sie werden bereits in großem Umfang eingesetzt, insbesondere in der Lebens­ mittelindustrie. Die Forscher haben ein Patent angemel­ det und ein Spin-off gegründet, um die pharmazeutische Entwicklung zu unter­ suchen. Auch eine Bekämpfung des Co­ ronavirus könnte so gelingen. https://advances.sciencemag.org

www.spitz.at

©  ADOBE STOCK – KATERYNA_KON

© WWW.SPITZ.AT

volume 44 | 01. 2020  ERNÄHRUNG | NUTRITION


TERMINE __

27.02. WIEN

Themenabend: Neue Züchtungsmethoden bei Pflanzen und ihre Einstufung als Gentechnik durch den EuGH www.dielebensmittel.at

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18.–20.03. BRUNN AM GEBIRGE

VEÖ-Workshop: Sport und Ernährung www.veoe.org

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04.03. WIEN

Herkunftskennzeichnung www.lva.at

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24.–26.03.

11.–12.03. BAD ERLACH

IFS Foodv7 / BRC / FSSC / QM / HACCP intensiv www.lva.at

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MÜNCHEN, DEUTSCHLAND

Global Food Summit 2020

www.globalfoodsummit.com

25.–27.03. WIESBADEN, DEUTSCHLAND

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33. Deutscher Lebensmittel­ rechtstag

26.–27.03.

www.ruw.de

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WIEN

37. Ernährungskongress des Verbands der Diaetologen Österreichs www.diaetologen.at/kongress-2020

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18.06. WIEN

Frühjahrssymposium 2020 – Ernährungsmitbedingte Krankheiten im FOKUS – ein Update Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) www.oege.at

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