SO LÄUFT’S
Fa s h i o n T ec h
„YOUR OLD ROAD IS RAPIDLY AGIN’!“ Ein Kommentar von Stephan Huber
Man kann das gesamte Universum entweder mit Physik oder mit Bob Dylan-Zitaten erklären. Ich war in Physik leider eher Deko, also: „Come mothers and fathers throughout the land And don’t criticize what you can’t understand Your sons and your daughters are beyond your command Your old road is rapidly agin’. Please get out of the new one if you can’t lend your hand for the times they are a-changin’.“ The Times They Are a-Changin’, Bob Dylan, 1964
Wenn es überhaupt noch einen Beweis dafür gebraucht hat, dass die digitale Transformation der Gesellschaft nicht zuletzt auch einen Clash of Generations bedeutet, so hat das der Impact des Youtube-Videos eines jungen Mannes mit blauen Haaren und drei Millionen Followern vor Augen geführt. Nicht nur die hilflose Reaktion der gebashten Volkspartei CDU, sondern auch die Rezeption in den klassischen Medien oder die hastig einberufenen Fernsehdebatten haben gezeigt, dass die prädigitale Generation überwiegend immer noch nach einem Kompass sucht, um sich im #neuland zu orientieren. Und dieser Kompass nennt sich digitale Strategie.
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style in progress
Um es am genannten Beispiel kurz durchzudeklinieren: Rezo, also der junge Mann mit den blauen Haaren, ist nicht nur Privatperson, sondern ein Massenmedium. So wie alle, die im Social Media Universe hunderttausende oder Millionen Follower erreichen. Das ist übrigens völlig legitim, daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln, denn diese Reichweite muss man sich ja erst einmal erarbeiten. Eine breite Debatte über die gesellschaftspolitische Macht dieser neuen Massenmedien ist aber nicht nur legitim, sondern zwingend geboten. Macht braucht immer Kontrolle. Das ist ein entscheidendes Prinzip des demokratischen Rechtsstaats. Das Problem (nicht nur der Politik): Wer über Spielregeln nachdenkt, sollte das Spiel verstanden haben. Dass sich die Modebranche in weiten Teilen mit der digitalen Transformation so ungemein schwer tut, ist in vieler Hinsicht ebenfalls einem Generation-Gap und der oft so tief sitzenden Angst vor Veränderung geschuldet. Dafür gibt es keinen Anlass, obwohl die Veränderungen in allen Bereichen so tiefgreifend sind, dass man das Wichtigtuer-Wort „disruptiv“ tatsächlich guten Gewissens verwenden darf. Dieser, wie immer aus tiefster Überzeugung optimistische Zugang prägt diese Ausgabe von style in progress. Sie soll Orientierung geben und ein Kompass sein auf der „new road“ ins #neuland.