Auslese
Susanne Gurschler
Peter Matthiesen Der Schneeleopard Übersetzung: Maria Csollány, Stephan Schumacher Naturkunden Nr. 72
W
ir schreiben das Jahr 1973: Zwei Männer brechen zu einer Expedition mit ungewissem Ausgang auf. George Schaller will in der abgeschiedenen Bergwelt Nepals das Brunftverhalten der Blauschafe, „Bharal“, beobachten. Der Biologe möchte den Nachweis erbringen, dass die Blauschafe eigentlich von Ziegen abstammen – was ihm gelingen wird. Schaller schlägt dem Autor und Naturschützer Peter Matthiesen vor, ihn zu begleiten. Dieser hofft, einen der legendären, damals schon vom Aussterben bedrohten Schneeleoparden zu sehen. Er begibt sich auf eine spirituelle Reise zu sich selbst – möchte den Verlust seiner Frau verwinden, die an Krebs gestorben ist. Seine Reise wird eine mit Rückschlägen werden. Die Expedition führt die beiden Männer in das von der tibetischen Kultur geprägte innere Dolpo. Da sich die Blauschafe im Winter paaren, findet die Reise unter ungünstigsten Witterungsbedingungen statt. Eis, Schnee und Kälte setzen den beiden und ihren Trägern zu. Jahre später verwandelt Matthiesen seine Notizen, Erinnerungen und Eindrücke zu einem Buch. The Snow Leopard erschien 1978 und erhielt den National Book Award. Fast 50 Jahre nach dessen Erscheinen veröffentlicht der Verlag Matthes & Seitz in der Reihe „Naturkunden“ nun eine Neuauflage von Der Schneeleopard. Es ist ein Buch, das den Leser/die Leserin sofort in den Bann zieht. Mit einer unglaublich frischen, wachen und farbenprächtigen Sprache schildert Matthiesen die weite Wanderung zu den höchsten ganzjährig bewohnten Bergtälern Nepals, ins Innere der tibetischen Kultur und in sein eigenes Innerstes, beschreibt Fauna und Flora. Matthiesen berichtet von der Bedrohung intakter Naturlandschaften, von den menschlichen Eingriffen und deren Folgen. Der Leser begleitet die beiden Forschenden in eine hochalpine Welt, die in einem Moment voller Magie, im anderen tödliche Bedrohung ist. Matthiesens Schilderungen sind geprägt von einem offenen Blick für die Schönheit, die Vergänglichkeit tibetischer Kultur und besonderer Naturräume, voller Respekt für diese einsame, abgeschiedene Welt, voller Demut vor der Macht der Berge, vor dem Leben und seinen Abgründen. Der Schneeleopard, auf dessen Spuren er sich begibt, steht sinnbildlich für das, was der Mensch im Begriff ist zu verlieren. Matthiesen spürt die Anwesenheit dieses sagenumwobenen Tieres, wird – im Gegensatz zu Schaller – aber keines sehen. Der Schneeleopard ist von der ersten bis zu letzten Seite spannend, lässt einen den eigenen Zugang zur Bergwelt hinterfragen. Denn die Schilderungen bewegen sich weitab von einer „hypermaskulinen Spielart des Alpinismus“ und „individualistischen Selbstbespiegelung“ (so Herausgeber Bernhard Malkmus im Nachwort), wie sie im Alpinismus heute vielfach prägend sind. 76
Styria Verlag 2022
Verlag Matthes & Seitz 2021
Kulturjournalistin und Sachbuchautorin
Martin Burger Gehen auf alten Wegen in den Süden Auf den Spuren von Händlern, Abenteurern und Alpinisten durch die Steiermark, Kärnten und Italien Nach „Gehen auf alten Wegen in Niederösterreich“, erschienen 2020, legt der leidenschaftliche Wanderer und Berggeher Martin Burger mit „Gehen auf alten Wegen in den Süden“ ein weiteres Buch vor, das alte, vergessene Handelswege und Wanderrouten von Händlern, Kaufleuten, Säumern, Abenteurern und Alpinisten aufspürt. Dabei zeigt sich Burger als akribischer Forscher, der hellhörig wird bei eigenwilligen Feld- und Flurnamen und der alte Karten studiert, um längst überwucherte Wege ausfindig zu machen. Dem Leser gibt er mit seinem neuen Buch sozusagen die Essenz seines unermüdlichen Forschens in die Hand: Beschreibungen von historischen Wegen und Pfaden, denen man heute noch mit Genuss folgen kann. Es geht durch Niederösterreich, von Niederösterreich ins Burgenland und in die Steiermark und ins italienische Friaul. Burger garniert die Routenschilderungen mit Anekdoten und macht Gusto, sich auf Spurensuche zu begeben.
Marta Sobczyszyn, Stefanie Ramb Mountain Girls Gemeinsam unterwegs in der Bergwelt „The Munich Mountain Girls“, das ist ein Zusammenschluss von Frauen, die sich in ihrer gemeinsamen Leidenschaft für die Bergwelt gefunden haben und sich gegenseitig unterstützen. Keine Frage, in der Alpinismusgeschichte fanden Frauen lange kaum Erwähnung. Dabei gab es von Bergauf