!ticket Juli/August 2023

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Der Engel der Musik

30 Jahre, nachdem der Kronleuchter zuletzt ins Parkett des Raimund Theaters fiel, lädt das Phantom wieder in die Pariser Oper ...

SWIFT
Österreichs Eventmagazin Nr.1 Damit sind Sie live dabei! musik show sport theater kabarett 2,90 € Ausgabe 261
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TAYLOR
!ticket
JUL/AUG
love story
Ist Ordnung das halbe Leben? Darüber sinniert, ziemlich ungeordnet, Gunkl in seinem neuen Programm
WIENER STADTHALLE,HALLE D 01.02.- 04.02.2024

Auch wenn der erste, nachvollziehbare, emotionale Impuls dagegen lodern lässt: Till Lindemann ist – mit dem aktuellen Wissensstand – vorerst als unschuldig zu werten, formaljuristisch lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt nichts Entgegengesetztes behaupten. Denn: aktuell steht im prestigeträchtigen Fall Rammstein gegen Reihe-0-Konzertbesucherinnen Wort gegen Wort. Und hier darf, vor einer Aufklärung durch die Gerichtbarkeiten, den Äußerungen keiner Seite – ganz gleich in welcher Quantität sie vorliegt – mehr Glauben geschenkt werden. Dabei bedeutet die Unschuldsvermutung kein herabwürdigendes Negieren von vorgebrachten Anklagepunkten; es ist lediglich ein Schutz vor einer Vorverurteilung, die ebenso relevant ist, wie auch (durch bereits aktive behördliche Observation) der Schutz potentieller weiterer Opfer – das zeigt die Vergangenheit: Im vergangenen Jahr wurden anonyme Anschuldigungen gegen die deutsche Band Feine Sahne Fischfilet veröffentlicht. Wer die Vorwürfe geäußert hat und worum es konkret geht, ist bis heute nicht bekannt. Viel ernstzunehmender Lärm, der freilich auch an der Band – die sich geschlossen gegen sexualisierte Gewalt stellt – nicht spurlos vorüber ging. Sie sind um Aufklärung bemüht, doch dingfest wurden die Bezichtigungen bis heute nicht – ein miserabler Graubereich, gerade in dieser Bubble. Noch eklatanter im Fall der polnischen Band Decapitated, die im Herbst 2017 im Zuge ihrer US-Tour verhaftet wurde: Sie sollen in Washington einen Fan missbraucht haben. Die Frau, so sagte sie damals aus, sei in den Tourbus geladen worden, irgendwann sei die Stimmung gekippt und die Musiker hätten sich an ihr vergangen, was die Band jedoch vehement bestritt. Ein halbes Jahr später: Freispruch. Denn die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen

Opfers wurde angezweifelt, weil sie 2014 in einem anderen Fall vor Gericht bereits nachweislich gelogen hatte, und auch diesmal ihre Geschichte zumindest zu weiten Teilen von Zeugen widerlegt werden konnte. Wir erinnern uns auch zurück an den prestigeträchtigen Prozess zwischen den ehemals verheirateten Schauspielern Johnny Depp und Amber Heard aus dem Jahre 2022, an die Prozesse gegen die Moderatoren Andreas Türck und Jörg Kachelmann und aktuell gegen Regisseur Luc Besson. Und auch Marilyn Manson wurde von zahlreichen Frauen vorgeworfen, übergriffig gewesen zu sein – eine der Anklägerinnen, Ashley Smithline, widerrief 2023 ihre Aussage und behauptete, von Mansons ExEhefrau Evan Rachel Wood zur Falschaussage gedrängt worden zu sein. Davor hatte noch Jeff Anderson, Anwalt einer der Klägerinnen, gedonnert: „Raubtiere der Musikindustrie haben zu lange geglaubt, sie stünden über dem Gesetz.” Hier gehe ich d’accord: Ganz gleich ob „mächtiges Raubtier” (die tun sich aufgrund ihrer oft zitierten Machtposition freilich leichter) oder lediglich Otto Normal – ein ungewollter Übergriff ist aufs Schärfste zu verurteilen. Und auch die zuvor benannten Freisprüche händigen nicht automatisch eine blütenweiße Weste aus, Fehltritte werden bewusst und unbewusst vielerorts passiert sein. Auch heißt es nicht, dass die Vorwürfe gegen Till Lindemann, seine Mädchen-Rekrutin Alena Makeeva und Rammstein erstunken und erlogen sind. Sie zeugen von Mut, man muss ihnen Gehör schenken, den Anklagepunkten penibel nachgehen und in aller Öffentlichkeit für Aufklärung und etwaige Konsequenzen sorgen, in aller Strenge. Geahndet können jedoch nur tatsächliche Straftaten werden: Für einen 60jährigen Star blutjunge (aber volljährige) Mädchen „zu beschaffen”, damit jener mit ihnen Sex haben kann, ist cringe (und kein

Rock’n’Roll-Lifestyle), aber nicht strafbar. Bisher wurde von vielen Seiten zwar ein einschüchterndes (und demnach moralisch verwerfliches) Verhalten bestätigt, aber auch, dass ein etwaiges „Nein” akzeptiert wurde; auch Beweise zum Einsatz von Betäubungsmitteln liegen vorerst nicht vor. Dieser Ausgangslage kann heute, in einer Demokratie, kein noch so honorig intendierter Mob vorgreifen. Dem muss sich auch die Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski, fügen – eine Konzertabsage für Wien zu fordern ist ein scheinheiliges Herangehen an ein Grundsatzproblem, ähnlich kurz gedacht wie beim Lindemann verlegenden KiWi-Verlag, der zu Erscheinen seiner Gedichtbände die teils widerwärtigen Inhalte noch vehement als „Lyrisches Ich“ verteidigte, bevor man ihn nun plötzlich angeekelt fallen ließ. Vielmehr ist die gesellschaftliche Frage zu stellen, wie die Bedrohung eines Machtverhältnisses gelöst werden kann; wie trotz Macht eine Eigenermächtigung aussehen kann –denn im Gegensatz zur Podcasterin Alexandra Stanic gehe ich sehr wohl davon aus, dass Frauen auch im patriarchal gefärbten Umfeld selbstbestimmte und nicht bloß fremdgelenkte Wesen sein können. Und nicht zu guter Letzt ist auch zu analysieren, wie wir es als Gesellschaft erreichen können, selbst in Extremsituationen divergierende Parteien zu einem Diskurs zusammenzuführen. Das hat zuletzt bei der Impfpflichtdebatte und den „Klimaklebern” nicht funktioniert, und wenn man die TV-Konfrontationen zur Causa verfolgt: hier ebenso wenig. Im Kern der Sache –Strafverfolgung bei Tatbestand – sind sich sämtliche DiskutantInnen wohl einig, doch am Weg dahin klafft man derart gehässig auseinander, dass einem ob dieser verrohten Unkultur ebenso nur grausen kann.

|03 EDITORIAL Herzeleid.

IN DIESER AUSGABE

[14] Gunkl und sein ziemlich ungeordneter Versuch, über Ordnung zu reden [16] Das Phantom der Oper über Kronleuchter, Maskenbälle und die „Musik der Nacht” [18] Hubert von Goisern verabschiedet sich mit einer allerletzten Tour in eine Bühnenpause [20] Steve McCurry schaut als Kriegsfotograf dorthin, wo andere wegschauen [23] Swans & Blixa Bargeld über kakophonische Tanzmusik [24] My Ugly Clementine erschaffen auf ein Trio verdichtet einen musikalischen Gegenentwurf zum landläufigen „Fear of Missing Out”

Alice Cooper. Das ikonische Rock and Roll Hall of Fame®-Mitglied gibt auf seinem neuen Soloalbum „Road“, das am 25. August erscheint, Vollgas und enthüllte im Juni bereits die erste neue Single „I'm Alice“. Produziert von Bob Ezrin, wurde das Album mit seiner aktuellen Touring-Band geschrieben, komponiert und aufgenommen: Ryan Roxie (Gitarre), Chuck Garric (Bass), Tommy Henrikson (Gitarre), Glen Sobel (Schlagzeug) und Nita Strauss (Gitarre). Das Album enthält zudem eine Bonus-DVD/Blu-ray mit der kompletten Live-Show von Alice Coopers Auftritt auf dem Hellfest 2022 – inklusive aller Hits und selten gespielter Perlen. Ob Alice Cooper nach seinem Auftritt mit den Hollywood Vampires auf Burg Clam am 1. Juli wieder nach Österreich kommt, erfahrt ihr bei uns zuerst: oeticket.com/artist/alice-cooper/

Ganz neu ist der Online-Auftritt unseres Magazins! Hinkünftig findet ihr unter oeticket.com/magazine nicht nur die aktuellsten News über alle Veranstaltungen in ganz Österreich, sondern auch Infos über die wichtigsten Alben-Veröffentlichungen, Singleund Videopremieren – insbesondere von heimischen KünstlerInnen –, Fotos von den geilsten Konzerten in ganz Österreich, Interviews mit Stars, zahlreiche Gewinnspiele und natürlich alle Artikel aus unserem Magazin, damit ihr auch unterwegs immer am Laufenden bleibt!

Rabenhof Theater. In der kommenden (und mittlerweile 20.!) Saison im Wiener Rabenhof Theater werden ab Herbst wieder viele neue, spannende Abenteuer kredenzt – Neuauflagen und Wiederaufnahmen zahlreicher Erfolgsshows, für Alt und Jung gleichermaßen. Ein paar Highlights möchten wir hervorheben: Altbewährtes erlebt man u. a. mit „SPIN!” von Maschek, „Die Tagespresse History”, „Gags, Gags, Gags!” von Stermann und Grissemann, „Der Herr Karl” mit Andreas Vitásek, „Heil: Eine energetische Reinigung" mit Stefanie Sargnagel sowie „Zusammenbraut” von Dirk Stermann wieder. Neben dem Star-Coach und Körpersprache Experten Stefan Verra (4. November) gastiert auch Dr. Mark Benecke am 7. Juni erneut im Gemeindebautheater im dritten Wiener Gemeindebezirk. Literarisch wird es nicht nur bei der Langen Nacht der Kolumnisten am 13. April, sondern auch mit den Rolling-Stone-Kolumnen von Rocko Schamoni am 20. Jänner und mit dem großen Kafka-Festivalmarathon von Kultautor und Element-of-Crime-Mastermind Sven Regener am 6., 7., 8. und 9. März.

Neben zahlreichen anderen neuen Programmen freuen wir uns u. a. auf die Premieren von der „Publikumsbeschimpfung” von Peter Handke mit der Indie-Kult-Band Kreisky, auf die „Spätlese” von Andreas Vitásek, auf „Maurer. Kafka. Komisch” von Thomas Maurer, sowie auf „Luziwuzi: Ich bin die Kaiserin” von und mit Tom Neuwirth/Conchita Wurst.

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Fotos: Jenny Risher, Rabenhof Theater
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SCHEINWERFERLICHT

Noch mitten im Sommer 2023 wirft das nächste Jahr bereits seine Schatten voraus: Holiday on Ice setzt neue Maßstäbe und zaubert im Jänner mit „A New Day“ eine Kombination aus bestem Eiskunstlauf und einer ergreifenden Geschichte auf die große Eisbühne in Wien und Innsbruck. Kurz darauf, im Februar, kommt der Cirque du Soleil nach seiner erfolgreichen Zeltproduktion „Luzia“ mit der faszinierenden Show „Ovo“ für gleich sieben Aufführungen zurück nach Wien. Und dann muss man auch nicht mehr allzu oft schlafen, bis es auf den Pannonia Fields wieder laut wird: Das Nova Rock geht vom 13. bis 15. Juni in die nächste Runde, Tickets gibt es auf oeticket.com, alle Infos laufend in unserem OnlineMagazin „Headliner“ (oeticket.com/magazine). Und für alle Bahnfahrenden ebenfalls eine gute Nachricht: !ticket ist ab sofort auch im ÖBB-Railnet abrufbar!

Die Industrial-Maschine Fear Factory gastiert in ihrer neuen Besetzung am 21. November im ppc, am 23. in der SIMMCity: Nicht nur, dass kürzlich ihr neuntes, ursprünglich 2012 veröffentlichtes Album „The Industrialist“ unter dem Titel „ReIndustrialized“ mit neu eingespielten Drumtracks ihres aktuellen Schlagzeugers Mike Heller neu veröffentlicht wurde, auch soll ihr zwölftes Album, der Nachfolger zu „Aggression Continuum”, mit Burton C. Bell-Ersatz Milo Silvestro am Gesang bereits in Arbeit sein ...

Yves Tumor verschiebt, verändert und spielt mit den Grenzen der zeitgenössischen Kunst und Kultur in einer grenzenlos viszeralen Signatur, irgendwo zwischen Rock, Psychedelia und Electronica. So ist er freilich perfekt für Festivals wie das Coachella und Primavera Sounds geeignet, kommt aber auch am 5. November in die Ottakringer Brauerei!

Mag. Roberta Scheifinger Chefredakteurin und Herausgeberin Roberta Scheifinger

Gerade erst sorgte Josh. zur nachmittäglichen Stunde am Nova Rock für beste Partystimmung, nun kann er den nächsten Punkt auf seiner Bucket List abhaken, denn am 7. November tritt er gemeinsam mit seiner Band in der Wiener Stadthalle D auf – für Austrostars vielleicht sogar noch ein Eizerl größerer Erfolg als für ihre internationale Kollegen? Zu hören sein werden natürlich alle Hits wie „Expresso & Tschianti”, „Cordula Grün”, „Vielleicht” und „Ring in der Hand”, sowie klarerweise auch die Songs des neuen Albums „Reparatur”. Und wer Josh. kennt weiß zudem, dass es eventuell die eine oder andere Überraschung geben wird ...

Judas Priest wurde in den frühen Siebzigern in Birmingham gegründet, einer Gegend, die für viele die Geburtsstätte des Heavy Metal ist. Man könnte fast sagen, dass sich Priest mit ihrem ikonischen Frontmann Rob Halford (und den Twin-Gitarren von Glenn Tipton und K.K. Downing) die Achtziger mehr oder weniger zu Eigen machten – in Sachen „pure Metal“ war die Band schlichtweg unerreicht, Iron Maiden zum Trotz! Sie veröffentlichten unvergängliche Genre-Klassiker wie „British Steel“, „Screaming For Vengeance“ und „Painkiller” und schufen mit ihrem Leder-und-Nieten-Outfit einen Look, der in der Ära seinen Anfang nahm und bis heute von Metalfans überall auf der Welt aufgegriffen wird. Und nun kommen sie im Rahmen ihrer „Metal Masters”-Tour mit den ebenfalls nicht geringzuschätzenden Saxon und Uriah Heep am 1. April in die Wiener Stadthalle D!

Cirque du Soleil präsentiert bei „Ovo” das große Krabbeln: Die Show ist ein rasantes, farbenfrohes und skurriles Kaleidoskop in artistischer Perfektion. Die Welt der Insekten mit ihrer ungeheuren Vielfalt liefert eine ironische Blaupause für das Geschehen auf der Bühne, die einem Nest voller Akrobatik und Komik gleicht. Die schillernden, an natürliche Formen angelehnten Kostüme und Kulissen sind zwischen 1. und 4. Februar in der Wiener Stadthalle D ein herrlicher Spaß für die ganze Familie!

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Fotos: James Hodges / Ross Halfin (Judas Priest), Alec Nicolas (Yves Tumor), Stephanie Cabral (Fear Factory), Cirque du Soleil (Cirque du Soleil), Stefan Kuback (Josh.)
Live in der Wiener Stadthalle mit GERY SEIDL GERNOT KULIS MALARINA LIZZY AUMEIER GUIDO CANTZ und
DIE KABARETTGIPFELBAND
am 06. und 07. November 2023
KGB

Taytays Eras

Taylor Swift ist unbestreitbar eine der einflussreichsten Musikerinnen unserer Zeit. Mit ihren zutiefst persönlichen Texten spricht ihre Musik eine mit ihr wachsende, reifende Generation an: Es ist eine Katharsis, die sie im Laufe ihrer Karriere von Country bis Indie transportiert, ein Seelenstriptease direkt vor und für ihre „Swifties”. Jedes Album markiert den Beginn einer neuen emotiven Ära (daher auch der aktuelle Tourname „Eras”), die sich durch eine einzigartige Ästhetik –Easter Eggs und Farbkaleidoskope – auszeichnet, die zum Konzept der Alben passen. All dies geht Hand in Hand mit ihrer wandelbaren, stets aufwühlenden Stimme und ihren starken Texten, die sich stets an ein neues Klanggewand anschmiegen.

Der Country-Darling

Man schrieb das Jahr 2006, und ein junger aufstrebender Country-Star namens Taylor Swift betrat die Welt der Musik mit nichts als einer Gitarre und einem Paar Cowboystiefel. Nachdem sie jahrelang in Bars in Nashville aufgetreten war, in der Hoffnung, einen Plattenvertrag zu bekommen, brachte die Singer-Songwriterin im Alter von nur 16 Jahren ihr erstes, selbstbetiteltes Album „Taylor Swift” heraus – und schon bald eröffnete die junge Sängerin für etablierte Country-Acts, während sukzessive eigene Songs wie „Teardrops on My Guitar” und ihre Debütsingle „Tim McGraw” ebenfalls die Charts erklommen. Rasch wurde Swift zum „Darling”, zum „süßen Mädchen von Nebenan” des Genres, sofort erkennbar am hippiesken Look mit ihren blonden Locken, den geblümten Sommerkleidchen und den unverkennbaren Cowboystiefeln.

Alters zum Trotz als Ikone für eine Generation. Umgehend gewann sie ihren ersten Grammy (von mittlerweile 12) für das „Album des Jahres” und ging als jüngste Künstlerin in dieser Kategorie im Alter von 20 Jahren in die Geschichte ein – bis die 18jährige Billie Eilish im Jahr 2020 ihren Rekord brach. Nostalgisch erinnern wir uns an die glitzernden Ballkleider, den geflügelten Eyeliner, Herzchen ohne Ende und an Swifts Glückszahl 13. „Fearless” war geprägt von Magie, Neugier, Glückseligkeit, aber auch von einem Aufräumen mit der Jugend. „Es war das Tagebuch der Erkundungen eines Teenagermädchens, das mit jedem neuen Riss kleine Lektionen lernte”, erinnert sich Swift zurück.

Theatralik

Nach dem Erfolg von „Fearless” musste sich Taytay wie jeder aufstrebende Star beweisen. Ihr 2010 erschienenes Album „Speak Now” war ihr erstes (und einziges) fast ausschließlich selbstgeschriebenes Album, ein überaus persönliches, das sich auf die Übergangszeit zwischen Jugend und Erwachsensein, Unschuld und Verständnis, Country und Pop konzentrierte. Swifts „Speak Now”-Tour war geprägt vom Broadway und ein wahrhaft wundersames Spektakel mit Pyrotechnik und Luftakrobaten – fast, als hätte sie auch beim Cirque du Soleil etwas abgeschaut. Geprägt war die Ära nicht nur von der umgarnenden Farbe Lila, sondern auch von einer olfaktorischen Märchenwelt, brachte Swift damals doch auch ihre „Wonderstruck”-Parfümlinie auf den Markt. Alle Sinne bedienen, so die Idee.

Rot

Shorts, Hemden und Vintage-Kleider. Swifts Wechsel von ihrer charakteristischen „Märchen-Prinzessinnen”-Ästhetik zu einem reiferen Stil war natürlich auch ein Spiegelbild ihres veränderten Sounds an der Schwelle zum Erwachsensein: Sie experimentierte mit Klängen aus dem Pop, Rock und sogar EDM und Dubstep, klang dabei wie NME damals schreib wie „eine Person mit gebrochenem Herzen: Es war alles durcheinander, ein zerbrochenes Mosaik von Gefühlen, die am Ende irgendwie alle doch zusammenpassen. Glücklich, frei, verwirrt, einsam, am Boden zerstört, euphorisch, wild und von vergangenen Erinnerungen gequält.”

Das globale Pop-Phänomen „1989” gilt heute als vielleicht ikonischste ihrer „Eras”, war es doch Swifts erstes reines Pop-Album und mit allgegenwärtigen Hits von „Shake It Off” bis „Style” war Swifts Präsenz so ziemlich überall zu spüren. Mit einher ging auch ihr Umzug nach New York und erneut ein neuer Modestil: Sie schnitt sich die Haare zu einem kurzen Bob, trug Crop-Tops, Skater-Röcke und figurbetonte Kleidung, die ihre Verwandlung vom Country-Schätzchen zum Mega-Popstar endgültig vollendeten.

The Dark Side

Mit der Veröffentlichung ihres zweiten Albums „Fearless” begann Swift im Jahr 2008, sich einen Namen zu machen. Mit mittlerweile zu Klassikern gereiften Stücken wie dem programmatischen „Love Story” etablierte sie sich im Handumdrehen ihres

Wenn man an ihre „Red”-Ära denkt, kommen einem wahrscheinlich roter Lippenstift und schwarze Fedoras in den Sinn – und natürlich, dass sie ihre Locken gegen glattes Haar mit Pony tauschte, einhergehend mit einem musikalisch kantigeren Stil. Der Glitzer verschwand zu Gunsten taillierter

Nach diesem Höhepunkt fand sich Taylor Swift plötzlich inmitten schlechter Presse und negativer öffentlicher Kritik wieder –und alles begann mit ihrer berüchtigten Fehde mit Kanye West und Kim Kardashian. Nachdem sie monatelang aus der Öffentlichkeit verschwunden war, feierte Swift 2017 mit ihrem sechsten Album „Reputation” ein ikonisches Comeback – und es ist unnötig zu erwähnen, dass es sie wieder von einer neuen, reiferen, dabei aber auch abgehärteten Seite zeigte. In ihrer Leadsingle „Look What You Made Me Do” erklärte sie „die alte Taylor tot” und legte offiziell ihren Status als „braves Mädchen” ab. Entsprechend den düsteren As-

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pekten ihrer Elektro-Pop-Phase war auch ihr Stil deutlich kantiger: Ihr klassischer roter Lippenstift wurde dunkler und sie trug übergroße Sweatshirts, paillettenbesetzte Bodys und jede Menge oberschenkelhohe Stiefel. Und wie könnten wir „Bleachella” vergessen, als sie ihre Haare zu einem ausgefallenen Platinblond bleichte?

Optimismus

Mit „Lover” entfernte sie sich um 180 Grad von der Düsternis und läutete ihre siebte Ära mit der fröhlichen Leadsingle „ME!” ein, mit einem Musikvideo voller Schmetterlinge, Regenbögen und bunter Pastellfarben. Die Ästhetik spiegelt den strahlenden Optimismus von „Lover” wider und signalisiert, dass die „alte Taylor” vielleicht doch nicht tot ist. „Ich habe beschlossen, dass ich in diesem Leben durch die Dinge definiert werden möchte, die ich liebe –nicht durch die, die ich hasse”, schrieb Swift zum Albums damals. Mit diesem Optimismus zogen auch viele farbenfrohere (wenngleich nicht erneut märchenhaftschreierische) Looks in Swifts Garderobe ein – Fransen, Glitzer, pastellfarbene und nicht selten an die Siebziger angelehnte Herrenmode. Und natürlich gab es auch jede Menge Pink – auch in den Spitzen ihrer nun wieder gelockten Haare.

Folklore

Die Corona-Pandemie. Tristesse und Depression überall, und Taylor Swift reist mit uns (so wie viele Städter tatsächlich) mit „Folklore” in waldige und rurale Landschaften: Die Fotografien in Cottage-Äs-

GRACIE ABRAMS

Auf ihrer sechsten Konzerttour und zweiten reinen Stadiontour haben Taylor Swift in den Staaten bereits zahlreiche KünstlerInnen für sie eröffnet, darunter auch Paramore und Phoebe Bridgers. Besonders hervorzugeben ist aber auch der Jungspund Gracie Abrams, Tochter des Regisseurs J. J. Abrams, der etwa „Armageddon”, „Mission: Impossible III”, „Stark Trek” und einige „Star Wars”-Filme verantwortete. Abrams debütierte 2020 mit ihrer „Minor”-EP und veröffentlichte im Jahr darauf „This Is What It Feels Like”, bevor sie im Frühjahr 2023 mit ihrem ersten Longplayer „Good Riddance” einen wahren Hype auslöste. Man könnte sich die Sache leicht machen

thetik versprechen ein gefühlsintensives Album, das sich um fast biedermeierliche Folk-Geschichten dreht – nicht unähnlich zu etwa Phoebe Bridgers oder Lana Del Rey. Eingebettet in die grau-blau-grüne Bilderwelt: „Exile”, die sagenhafte Kollaboration mit Bon Iver. Auch losgelöst von der pandemischen Tristesse war das Album ein wahres Meisterwerk voller Selbstreflexion und Melancholie – zumal auch Swift von einem „Liebesdreieck” spricht, das sich vermutlich auf „Cardigan”, „Betty” und „August” bezieht, die, zusammengenommen, eine Geschichte zwischen Herzschmerz, Verrat und Sehnsucht weben. Bereits im Dezember 2020 schoss Swift das zweite Album ihrer Indie-Folk-Ära nach, „Evermore”. Zwischen beiden Alben lassen sich viele Parallelen ziehen – etwa bei der Bildsprache von „Willow” und „Cardigan”, aber auch dem auf „Evermore” genannten Co-Autor „William Bowery”, hinter dem niemand anders als Swifts damaliger Freund Joe Alwyn steckt, der bereits bei „Folklore” mittätig war.

Mitternächtliche Reminiszenzen „Midnight”, Taylor Swifts 10. Studioalbum, das freilich Punkt Mitternacht veröäffentlicht wurde, ist eine Sammlung von 13 Songs (da haben wir wieder ihre Glückszahl!), die sie (so die fast unglaublich-romantisch anmutende Geschichte) im Laufe ihrer Karriere in 13 verschiedenen Nächten geschrieben hat. Demnach enthält das Album auch Elemente aus all den verschiedenen Epochen, die in diesem Artikel in aller Sentimentalität nochmals durchgespielt wurden. Das Anhören des Albums

ist eine Erfahrung des Wiedererlebens ihrer Karriere – besonders hervorzuheben die lang ersehnte Zusammenarbeit zwischen Swift und Lana Del Rey. Obwohl „Midnights” für Außenstehende mehr als überraschend veröffentlicht wurde, wurde es in weniger als 24 Stunden zum meist gestreamten Album an einem einzigen Tag und machte Swift zur meist gestreamten Künstlerin an einem einzigen Tag auf Spotify (!). Mit dem Album kehrte Swift auch zu den sehr persönlichen Texten zurück, ihrem Markenzeichen, von dem sie sich auf „Folklore” und „Evermore” zu Gunsten der Wald-und-Wiesen-Romantik (zumindest oberflächlich) gelöst hatte.

Rückblickend ist das Album auch eine gute Grundlage für die „The Eras Tour”: Ein Album, das auf die bewegte Karriere fußt, aus ihr lebt, indem sie in ihr gräbt, ist doch der perfekte Startschuss dafür, eben diese Karriere auch nochmals „livehaftig”, gemeinsam mit den Swifties, zu durchleben, oder? Denn wie es bekanntlich heißt: Live spürt man mehr!

n Taylor Swift gastiert am 9. und 10. August 2024 im Ernst-Happel-Stadion. Der Ticketverkauf beginnt am 11. Juli um 12 Uhr für alle die Fans, die sich zwischen 20. und 23. Juni auf oeticket.com vorregistriert haben.

und Gracie als typisches „Nepo Baby“ bezeichnen, doch ihre wohlbehütete Herkunft lässt die 23-jährige Songwriterin mit ihrer Musik spielerisch links liegen: Denn ihre zwölf neuen Songs der leisen Schule sind nicht nur durch die Vita der Produzentin (Taylor Swift!) auf weltweiten Erfolg getrimmt. Sie sind blütenrein gemacht, niedlich, mild, einfühlsam und poetisch, mit einer magnetischen Zurückhaltung. Aktuell konzertiert Gracie diesen Herbst allein in zahlreichen deutschen Städten, die Konzerte sind jedoch restlos ausverkauft. Da kann man nur hoffen, dass sie vielleicht auch in Wien im Vorprogramm von Taylor Swift zu hören ist ...

EM-HALBFINALE ÖSTERREICH vs. ITALIEN

6. AUGUST TIVOLI STADION INNSBRUCK Tickets bei

Kick-Off: 17 Uhr

IFAF EUROPAMEISTERSCHAFT 2022/23

El Hotzo

Sebastian Hotz, im Internet bekannt als bissiger Humorist El Hotzo, stellt seinen Debütroman im Wiener Stadtsaal vor.

Hotz, 1996 in Oberfranken geboren, gehört zu einer neuen Generation von Humoristen, nämlich einer, die ihre Witze in der kompaktesten Form des Internets, also in Tweets, verbreiten. Auch für das ZDF Magazin Royale von Jan Böhmermann schreibt er. Sein Romandebüt „Mindset“ erzählt von Mirko, einem jungen Informatiker aus Gütersloh, der ein unscheinbares und ereignisloses Leben führt. Als er dann

aber im Internet auf die Seminare des Erfolgscoaches Maximilian Krach aufmerksam wird, der Männern zu Selbstbewusstsein verhelfen will, erkennt Mirko die Chance, sein Leben zu verändern. Im Roman passiert nicht viel, aber der knappe Plot und die exponierten Pointen sitzen, fassen dabei das Lebensgefühl der Gen Z beinah vulgärphilosophisch unterhaltsam in Worte. n El Hotzo liest am 12. Oktober und 10. Dezember im Wiener Stadtsaal.

Eletta Explore von De’Longhi

Coffee Shop Feeling

Dank der fortschrittlichen Technologien der Eletta Explore ist es ganz egal, ob zunächst nach einem gekühlten Cappuccino verlangt wird, aber kurz darauf die Gelüste nach einem heißen Latte Macchiato unersättlich sind. Die raffinierte Kaffeemaschine verfügt über drei patentierte Technologien, die auf die besonderen Bedürfnisse eines jeden Coffee-Lovers zugeschnitten sind: Angefangen bei der Cold Extraction Technologie für einen Cold Brew wie aus dem Coffee Shop, über die bekannte LatteCrema Hot Technologie für perfekten heißen, seidig-weichen Milchschaum, der jeden Kaffeemoment in ein Barista-Erlebnis verwandelt, hat die Eletta Explore auch für diejenigen, die kalte Kaffeeabenteuer bevorzugen, ein besonderes Special in petto: Die LatteCrema Cool Technologie ist ein neues Milchaufschäumsystem, das einen samtigen Milchschaum mit der idealen Temperatur für kalte Getränke liefert. So bietet das Allround-Talent, das ab € 999,99 erhältlich ist, mehr als 50 verschiedene Kaffeerezepte auf Knopfdruck! www.delonghi.com

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für zuhause: Mit der neuen Eletta Explore von De’Longhi werden die Träume vom perfekten warmen sowie gekühltem Kaffee alltagstauglich!
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Laibach gastieren am 21. November im Rahmen ihrer „Love is still alive”-Tour in der Arena. „Love is still alive” ist ein Lied, das für die Science-Fiction-Komödie „Iron Sky – The Coming Race” (2019) geschrieben wurde. Der Film – und der Song – zeigen eine apokalyptische Vision vom Ende der Welt als solcher, in der nur eine kleine Anzahl von Menschen überlebt und nun mit dem Ziel, eine eigene Kolonie auf dem Mars zu gründen, durch das Universum kreuzt. Die legendäre Industrial-Band aus – man kann es erahnen – Ljubljana, veröffentlichte diesen Jänner die EP zum Song, auf dem selbiger in sieben verschiedenen Variationen zu hören ist: Es ist eine 40-minütige Country-, Dance- und Elektronik-Soundreise, die gewissermaßen den Film auf musikalischer Ebene durchspielt. Freilich, live wird man natürlich auf das komplette Œuvre zurückgreifen, wurde im Mai immerhin auch „Nova Akropola” von 1986 neu aufgelegt und im Jänner „Sketches of the Red Districts” veröffentlicht, ein Album, auf dem sie die Entstehungsgeschichte der Band, ihre ästhetischen, klanglichen und ideologischen Wurzeln aus der Distanz der Zeit hinterfragen.

Edwin Rosen dürfte man mittlerweile auf dem Schirm haben: Diesen anfangzwanzigjährigen Ausnahmekünstler, dessen stoisch-sehnsüchtigen Songs mit ihren psychedelischen Soundscapes und sonorem Gesang gekonnt zwischen New- und Dark-Wave, Post-Punk und Synth-Pop bewegt. Aufgewachsen in Stuttgart, setzt sich sein Leben schon früh aus zwei Komponenten zusammen: Abends wohnt er im örtlichen Kellerclub schweißtreibenden Hardcore- und Pop-Punk-Shows bei, tagsüber erschließt er sich die eigene Stadt und das Umland auf dem Skateboard. Der Soundtrack der dazugehörigen Videos und die Plattensammlung des Vaters tun ihr übriges. Wie das live klingt, erfährt man Mitte August bereits am FM4 Frequency, am 20. November in der Arena

Chuck Ragan steht für musikgewordenes Herzblut und garantiert mit seiner Reibeisen-Stimme magisch-raue Momente. Für die Aufnahmen seiner neuen Platte „Till Midnight” hat er nicht nur eine Armee aus fantastischen Musikern zusammengetrommelt, ein paar von Ihnen begleiten ihn auch als seine Band The Camaraderie auf Europa-Tour, die ihn am 10. Dezember auch in die SIMMCity führt. Ragans neues Album festigt seinen Ruf als zutiefst fesselnder Songwriter und unangestrengt charismatischen Interpreten. Wir hören hier lyrische Einsicht und eingängige, kraftvolle Songkunst. Einzigartig ist auch sein scharfsinniges Gespür für lebhafte Melodien, die sowohl seine Wurzeln in der traditionellen amerikanischen Musik als auch seine tiefe Anität zum Rock’n’Roll widerspiegeln. „Diese Platte ist voll von Liebesliedern“, bemerkt Ragan, dessen Arbeit aber immer nicht nur individuelle, sondern auch gesellschaftliche Anliegen anspricht. „Ich liebe es, Liebeslieder zu schreiben, weil es das starkste Gefuhl ist. Es ist das, was uns mit dieser Erde verbindet und uns dazu bringt, dafur zu kampfen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.“

Fotos: KiWi Verlag (El Hotzo), Clara Fuchs (Edwin Rosen), Ben Trivett (Chuck Ragan), Miro Majcen (Laibach), De’Longhi (De’Longhi)

Ordnung

Ist

Günther „Gunkl“ Paal ist eine Konstante des heimischen Kabaretts und mit seinem fast schon wissenschaftlichen Ansatz gleichzeitig ein Humor-Solitär. Anlässlich der nahenden Premiere seines neuen Programms „Nicht nur, sondern nur auch – Ein ziemlich ungeordneter Versuch, über Ordnung zu reden“ spricht Gunkl über Werkzeug, Physik, die Freude am Erschaffen und am Nichtstun, seine Jahre als Kellner und seine Urlaube entlang der deutschen Autobahn.

Was interessiert Sie derart am Phänomen Ordnung, dass Sie dieser ein ganzes Programm widmen? Es geht nicht nur um Ordnung. Aber schon auch. Ordnung ist ein schillerndes, mehrschichtiges Phänomen. Man hätte sie gern. Vorausgesetzt, man hat was davon. Sie entsteht aber, was unsympathisch ist, durch Trennung. Ein Problem ist, dass die Ordnung, die angestrebt wird, eine Hierarchie ergibt. Was sehr deppert ist. Man kann Dinge sehr sinnvoll voneinander trennen, ohne dass eines wichtiger oder wertvoller ist als das andere.

Können Sie dafür ein Beispiel bringen? Wer eine Werkstatt hat, ordnet sein Werkzeug nach bestimmten Kriterien. In der Regel nicht nach Gewicht, sondern nach Funktion. Je nachdem, was ich brauche, greife ich in die Schachtel, wo das drinnen

ist. Ohne zu sagen: Alles hat sich dem Hobel unterzuordnen. Wenn wir das auf Menschen umlegen und sagen, wir sind alle verschieden, ist oft gleich eine Wertung damit verbunden. Nach dem Motto: Der Eine ist besser als der Andere.

Per se ist Ordnung aber nichts Schlechtes. Nein, sie ist gut und notwendig. Wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir unterstellen, dass jede Form von Ordnung mit einer Wertung und Abwertung einhergeht. Ich glaube nicht, dass Frieden herrschen würde, wenn es keine Ordnung mehr gäbe und man unterstellt, dass alle Menschen genau gleich sind.

Ordnung ist ein flüchtiger Zustand. Die Dinge neigen zum Chaos. Ja. Die Physik kennt das Phänomen Entropie. Wenn Zeit vergeht, steigt die Unordnung, wenn man nicht von außen eingreift.

Sie sind ein richtiger Physik-Nerd. Was ist das Faszinierende daran? Mich fasziniert, dass bei der Physik der Mensch keine Rolle spielt. Alles ist so, wie es ist. Erst danach können wir Menschen uns einbringen und sagen, wie es uns damit geht. Das ist mir sehr sympathisch. Leider sind wir in letzter Zeit ein bissl davon abgekommen, die Faktenlage als Grundstock zu nehmen. Viele sagen: Bei mir geht’s – und dann hat

sich die Welt danach zu richten. Das ist auch keine Ordnung.

Wie sieht es mit der Ordnung in Beziehungen aus? Freundschaft ist ein viel verlässlicheres Miteinander als Liebe. Befreundet kann ich nämlich nur mit jemand sein, der auch mit mir befreundet ist. Lieben kann ich auch wen, der nicht einmal weiß, dass es mich gibt. Und bei der Liebe kann es sehr gut passieren, dass man den anderen Menschen verändern will zu einem Ideal, das man sich von diesem Menschen bastelt. Manche gehen mit dem Werkzeugkoffer in eine Beziehung.

Und was machen Sie mit ihrem Werkzeug? Ich gehe gern Schmieden. Einmal im Jahr fahre ich mit einem Freund nach Hannover. Da sind wir dann ein paar Tage und schmieden uns Damastmesser. Das ist sehr schön, weil es in der Zeit, wo ich dort bin, nur die Schmiede, das Werkzeug, das Werkstück und mich gibt.

Ein komplettes Abschalten also? Das auch. Noch mehr reizt mich, dass ich etwas herstelle, das es vorher noch nicht gegeben hat. Dann ist es in der Welt und ich kann es verwenden. So ein Messer hat eine sinnvolle Funktion. Und gehe ich weg, ist es noch immer da. In meinem Beruf ist es anders. Nach „Dankeschön, schönen

Ordnung das halbe Leben? Ordnung ist, zumindest, vielleicht der halbe Inhalt in Gunkls neuem Programm. Und das Programm ist ein dabei eigentlich ziemlich ungeordneter Versuch, über das Phänomen Ordnung zu reden. Aber eben: Nicht nur. TEXT:
SEBASTIAN FASTHUBER
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Foto: Robert Peres

Abend!“ ist das, was ich gearbeitet habe, verschwunden. Die Menschen merken sich was davon und denken vielleicht darüber nach. Das ist toll. Nur ist das Gesagte nicht körperlich vorhanden. Ich gestalte gerne Wirklichkeit.

Wie hat sich der Beruf des Kabarettisten in den letzten 30 Jahren verändert? Für mich gar nicht so sehr. Früher hat man eine Woche in einem Haus gespielt. Heute spielt man einen Abend, vielleicht zwei an einem Ort und dann wieder woanders. Es gibt einfach mehr Kollegen als früher. Das ist in Ordnung.

Sie waren lange Kellner. Wie wurden Sie zum Kabarettisten? Das war nicht geplant. Ich habe zuerst Reproduktionsfotograf gelernt. Wie ich aus der Schule raus bin, war der Beruf eigentlich schon Geschichte. Dann habe ich einen Studienabbruch hingelegt, war Nachtwächter und Kellner.

Nach zwölf Jahren Kellnerei brauchte Alfred Dorfer Musiker für ein Programm. Einer davon war ich. Ich habe ihn beobachtet und mir gedacht: Das könnte ich auch. Ohne es unbedingt machen zu wollen. Ich habe den Leuten von der Kulisse, die damals ein sehr wichtiger Veranstaltungsort war, ein paar Geschichten von mir gezeigt und

bekam den Auftrag zu einem Soloprogramm.

Waren Sie ein guter Kellner? Ich glaube schon. Ich habe so schnell, unaufgeregt und sauber wie möglich bedient. Kopfrechnen kann ich auch. Heute hätte ich ein Problem damit, bei der Arbeit nicht rauchen zu dürfen. Dass man im Kaffeehaus nicht rauchen darf, ist absurd.

Stimmt es eigentlich, dass Sie im Urlaub wochenlang über die Autobahn brettern? Ich brettere nicht, sondern fahre Tempo 100. Was ist der Reiz daran? Die Welt ist draußen, ich bin drin, die Tür ist zu. Niemand will was von mir oder wartet auf mich. Keiner weiß, wo ich bin. Ich mag daran die absolute Planlosigkeit, Bedürfnislosigkeit und Verpflichtungslosigkeit. Wirklicher Luxus ist, wenn man fünf Tage in Berlin ist und davon drei im Hotelzimmer versumpert. Man liegt, schaut fern, geht aufs Klo. Am Abend kriegt man einen Hunger, geht in einen Späti und kauft sich irgendeinen Scheißdreck.

Wie lange sind Sie so unterwegs? Vier Wochen sind kein Problem. Ich habe natürlich nicht für so lang Wäsche mit. Darum muss ich in Münzwäschereien. Das ist das ganz kleine Abenteuer. Die finden sich nicht im Villenviertel, weil dort haben alle eine Waschmaschine. Man bekommt dadurch einen anderen Eindruck einer Stadt als ein Tourist.

Das Gefühl, dass alles immer schneller und hektischer wird, hat Sie nie erfasst? Nein. Da habe ich großes Glück. Ich habe nicht sehr viel zu tun und muss nicht hetzen.

n „Nicht nur, sondern nur auch – ein ziemlich ungeordneter Versuch, über Ordnung zu reden” premiert am 19. September im Stadtsaal Wien und tourt hierauf durch Österreich.

Der Engel d

Der Roman von Gaston Leroux ist ganz großes Kino, der Stummfilm mit Lon Chaney schauerlich, und die Musicalfassung von Andrew Lloyd

Webber schlichtweg mitreißend: Die Rede ist freilich vom „Phantom der Oper”, das verbrannt in seiner Liebe zu Christine Daaé kommendes Jahr erneut den Kronleuchter ins Parkett des Raimund Theaters krachen lässt. TEXT: STEFAN BAUMGARTNER

Selten hat am New Yorker Broadway ein Bühnenelement so viele Schlagzeilen geschrieben wie der Kronleuchter aus „Das Phantom der Oper”: Er kracht im Finale des ersten Akts nur wenige Meter über die Köpfe der Zuschauer hinweg hi-

nunter. Doch damit ist nun Schluss, im April dieses Jahres ging nach fast 14.000 Aufführungen im Majestic Theater die letzte Vorstellung über die Bühne. Etwa zeitgleich erfreuen die Vereinigten Bühnen Wien mit der Ankündigung: 30 Jahre nach der letzten

Vorstellung zieht das „Phantom” erneut ins Raimund Theater ein! VBW-Musical-Intendant Christian Struppeck verrät uns erste Hintergründe und Details.

Foto: CML 16|

der Lieder

Was ist brandneu an der Inszenierung –speziell im Vergleich zu den Aufführungen im Theater an der Wien und im Raimund Theater in den Jahren 1988 bis 1993? Die Neuproduktion von Cameron Mackintosh, die wir ab März 2024 im Raimund Theater zeigen werden, beeindruckt, wie auch die Fassung der Uraufführung, mit vielen spektakulären Spezialeffekten – darunter selbstverständlich auch der legendäre Kronleuchter. In unserer Fassung gibt es aber ein komplett neues Bühnenbild, neues Licht- und Sounddesign, sowie auch ein komplett neues Videodesign – alles auf allerneuestem technischen Stand – und eine neue Choreografie. Bestehen bleibt natürlich die beliebte Geschichte mit der weltbekannten Musik von Andrew Lloyd Webber, mit allen weltbekannten Songs wie unter anderem „Die Musik der Nacht” und „Maskenball”.

Musicals werden von den VBW stets auf Deutsch gezeigt. Wieso? Ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, auch die Texte der Songs gut zu verstehen, um der Handlung bestmöglich folgen zu können. Zudem ist „Das Phantom der Oper” eigentlich ein „musical play“, also eher ein Schauspielstück, die ja auch meistens in die Landessprache übersetzt werden, da die Dialoge wichtig sind, um inhaltlich alles entsprechend verstehen zu können. Außerdem möchten wir niemanden aufgrund einer Sprachbarriere ausgrenzen. Für Menschen, die nicht Deutsch sprechen, gibt es bei uns zusätzlich englische Übertitel, es kommen also auch Gäste aus dem nichtdeutschsprachigen Ausland auf ihre Kosten.

Am Broadway wurde das Musical von 1988 bis 2023 aufgeführt, es ist dort mit fast 14.000 Aufführungen in 35 Jahren das meistgespielte Stück – was bedeutet für Wien das Aus? Das Broadway-Aus war ja in der Branche schon länger bekannt, hat aber überhaupt keine Auswirkungen auf unsere Spielzeit. Generell ist das „Phantom” ja ein weltweites Phänomen: Es zählt insgesamt mehr als 160 Millionen BesucherInnen in Produktionen in 41 Ländern, 186 Städten in 18 Sprachen, hat über 70 der wichtigsten Theaterpreise gewonnen und gehört mit Abstand zu den erfolgreichsten Musicals aller Zeiten. Auch wenn man nach 35 Jahren am Broadway nun die Derniere der Produktion gefeiert hat, ist die Londoner Produktion im 37. Jahr ungebrochen am West End zu sehen. Ich finde, in Wien war es Zeit, eine neue Fassung dieses Stücks auf die Bühne zu bringen: Ich wurde in den vergangenen Jahren oft gefragt, wann es denn endlich wieder einmal bei uns zu sehen ist.

Wie oft und in welchen Versionen haben Sie das „Phantom” gesehen? Ich kenne das Stück sehr gut, habe es selbst bereits zwei Mal in Deutschland mitproduziert und auch in vielen Inszenierungen in den verschiedensten Ländern auf der Welt gesehen –unter anderem auch damals in Wien.

Auch die nicht lizensierten, qualitativ minderen Versionen? Haben Sie gegebenfalls sogar hier Inspirationen ziehen können? Ich kenne zwar einige dieser Produktionen, wir zeigen aber definitiv die neueste Fassung des Originalstücks, die Neuproduktion von Cameron Mackintosh, mit der Musik von

Haben Sie auch Verfilmungen gesehen?

Ich habe alle Verfilmungen des Stoffes gesehen, selbstverständlich auch die MusicalVerfilmung von 2004. Es war zwar sehr erfreulich, dass aufgrund der Wahl des Mediums und der Vermarktung, Musical so einem noch breiteren Publikum zugänglich gemacht wurde. Überrascht hat mich allerdings, dass das gesamte Stück in einem Studio nachgestellt wurde und das Buch vom Musical fast eins zu übernommen und so gut wie gar nicht für den Film adaptiert wurde. Ich kenne zwar die Gründe dafür nicht, fand das aber komisch, da ein Bühnenstück ja in den meisten Fällen bearbeitet wird, bevor es in einem anderen Medium gezeigt wird. Ähnlich war es auch bei „The Producers”, wo es ebenfalls keine Adaption der Bühnenfassung für den Film gab. Meiner Meinung nach wäre es besser gewesen, man hätte es eher wie zum Beispiel bei „Mamma Mia!” oder „Les Miserables” gehandhabt. Hier wurde mehr darauf geachtet, dass Buch des Musicals filmgerecht zu machen, damit es authentischer wirkt. Trotzdem fand ich die Musical-Verfilmung vom „Phantom” nicht so schlecht, wie sie manche Kritiker beurteilt haben.

Noch offen ist die Besetzung in Wien: Wann können wir mit den Namen rechnen? Wir werden Cast und Solistinnen voraussichtlich Ende des Jahres präsentieren.

n Ab Mitte März verwandelt sich das Raimund Theater zur Pariser Oper, wenn die spektakuläre Neuproduktion von „Das Phantom der Oper” ebda. einzieht.

Der Ton macht

Zwei

Liedermacher, Weltmusiker, Politkritiker und Autor – Hubert Achleitner aka Hubert von Goisern hat in seinem 70-jährigen Leben schon so manch wichtige und gewichtige Position im Kulturbereich eingenommen und startet in diesem Jahr voll durch. Seine Open-Air-Tournee „Neue Zeiten Alte Zeichen“ umfasst 30 Konzerte und ist bereits seit Mitte Mai quer durch ganz Österreich zu sehen. Dazu veröffentlichte er auch das Live-Doppelalbum „Zeichen & Zeiten live“, aufgenommen im November 2022 im Salzburger Festspielhaus, und die Best-Of „Derweil II“, die die letzten 15 musikalischen Jahre des Tausendsassas abdeckt. Wenn im Laufe des Herbstes dann die letzten Töne auf den Freiluftbühnen erklingen, wird sich von Goisern eine wohlverdiente Bühnenpause gönnen, doch bis dorthin ist noch einiges zu tun. Kein schmales Programm für einen 70-Jährigen, der aber mit Leidenschaft für Kunst, Kultur, die Natur und das Berggehen immer wieder versteckte Kräfte in den Vordergrund holt.

Bühnenpause

„Ich habe schon Anfang 2005 nach meiner ,Trad‘-Tour eine längere Bühnenpause eingelegt und werde mich wieder eine Zeit lang von der Bühne entfernen“, erzählt von Goisern im Gespräch, „ich weiß noch nicht, wie es weitergeht, denn ich kann mir auch gut ein Leben ohne Musik und Bühne vorstellen. Ich komme nicht zurück, um ein paar Best-Of-Shows zu spielen. Entweder fällt mir etwas Neues ein, oder ich lasse es bleiben.“

Auf der faulen Haut wird der umtriebige Künstler aber

ZELDA WEBER

Zum sechsten Mal wurde heuer der Hubert von Goisern-Preis zur Förderung von Talent und Beharrlichkeit für außerordentliches Engagement und Leistungen im Bereich Musik verliehen. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und vorerst bis 2024 ausgelobt. Ausgezeichnet wurden in diesem Jahre Von Seiten der Gemeinde, Kimyan Law und Durchstarterin Zelda Weber, die am 30. Oktober im Wiener Stadtsaal konzertiert und uns Rede und Antwort stand.

Was bedeutet dir der Preis und wie hast du davon erfahren? Es war eine fette Überraschung, als mich Hubert angerufen hat und davon berichtete. Ich hatte mich davor beworben, dachte aber eigentlich nicht, dass ich da so wirklich reinpassen würde.

Von Goisern steht mit seiner Musik zwischen Tradition und Moderne und auch stilistisch zwischen den Stühlen. Würdest du deine Auffassung von Musik ähnlich bewerten? Ohne Vergangenheit gibt es keine Zukunft. Ich schreibe Songs, um unterdrückte Gefühle rauszulassen. Ich mag MusikerInnen, die Geschichten erzählen und die von ihren Songs voll eingenommen werden.

Alben und eine üppige Open-AirTour, die im Sommer quer durch den alpenländischen Raum geht: Hubert von Goisern will es 2023 wissen, doch was danach kommt, ist noch gänzlich offen.
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die Musik

nicht liegen, er könne sich nach der Tour durchaus wieder einen Abstecher in literarische Gefilde vorstellen. Sein 2020 unter seinem bürgerlichen Namen Hubert Achleitner veröffentlichter Roman „Flüchtig“ stieß auf Anklang. „Dafür müssen mir aber erst die richtigen Ideen kommen und dafür muss ich so richtig tief in eine Geschichte eintauchen, was mir sehr gefällt, weil ich mich dafür mit niemandem koordinieren muss. Hier habe ich völlige Freiheit, die mir in der Musik mit einer Band natürlich fehlt.“

Der Ton macht die Musik Möglicherweise gehen künftige Texte –in welcher Form und Fassung auch immer sie erscheinen werden – wieder in eine politische Richtung. Von Goisern, ein dezidiert politischer Mensch, der mit seinen Ansichten und Meinungen noch nie Haus hielt, juckt es durchaus in den Fingern. „Die politische Spannung im Land hat sich erhöht und es reizt mich schon, in diese Richtung hin die hohen Töne zu spielen“, erklärt er auf Nachfrage süffisant. „Das Lebensgefühl ist derzeit ziemlich angespannt und wir alle müssen ganz allgemein wieder wacher werden. Nur Musik zu machen ist zu wenig, man muss immer auch politisch

sein.“ Eine kulturelle Aushöhlung in den schwarzblauen Bundesländern oder mit nahender schwarzblauer Regierung sieht er nicht. „Die Kunst lebt von der Kreativität. Solange keine Zensur herrscht, wird es immer Wege geben, sie frei auszuüben. Solange wir keine Zustände wie in Russland, Ungarn oder der Türkei haben, sorge ich mich nicht. Sehr wohl müssen wir aber für diese Freiheit kämpfen. Sie ist nicht selbstverständlich und bleibt uns nur erhalten, wenn wir uns um sie kümmern.“

An eine aktive, sofortige Politisierung denkt der Vollblutkünstler vorerst noch nicht. „Die Musik verliert immer, wenn sie sich in den Dienst einer bestimmten Ideologie stellt. Ich will nicht bewusst politische Klänge erzeugen. Die Kunst kann nichts verändern, aber sie kann trösten.“

Zukunftsmusik

Für die laufende Open-Air-Tour setzt von Goisern auf dieselbe Live-Besetzung wie im letzten Jahr, will aber aufgrund der Gegebenheiten zunehmend auf die ruhigeren und intimeren Songs verzich-

ten. „Es ist wichtig, dass das Gesamtkorsett funktioniert. Wir haben im Vorfeld sehr viele Lieder geprobt und stark darauf geachtet, was zusammenpasst und was nicht. Es soll einfach ein rundes Erlebnis sein.“ Dass es in Österreich, Deutschland und Italien insgesamt ganze 30 Shows gab und gibt, sei für von Goisern absolut ausreichend. „2022 haben wir 70 Konzerte gespielt, das war mir zu viel. Nun sind es eben 30. So kommen wir in zwei Jahren auf 100, das passt dann wieder. 100 Konzerte in zwei Jahren waren immer das Ziel, allerdings fiel die Aufteilung ein bisschen anders aus als ich vorhatte.“

Welche Wertigkeit hat Hubert von Goisern einerseits durch seine Musik, andererseits durch seine Persönlichkeit auf dich? Er macht nicht Musik, um Künstler zu sein, sondern ist Künstler, um Musik zu machen. Es geht bei ihm und seinem ganzen Team um die Liebe zu dem, was sie machen und nicht um irgendein Pseudo-Star-Getue.

Was verfolgst du mit deiner Musik? Als kleines Mädchen hat sich die Welt um mich herum wie ein Theaterstück angefühlt hat – jeder spielte seine Rolle. Es wird wahnsinnig viel gelogen und verschwiegen. Das hat mich schon immer gezwickt. Die Wahrheit fand ich bei MusikerInnen. Ich will jemand sein, der ehrlich ist und Sachen anspricht, die man gerne vor Mitmenschen versteckt und runterschluckt.

Neben einem weiteren Buch träumt von Goisern schon länger von einem opulenten Bühnenwerk. „Eine Oper, wenn man so will, wo sich Musik und Dramaturgie vermischen. Auch ein guter Film oder eine schöne Filmmusik würden mir gefallen, aber wir wissen ja, dass es zwischen Wunsch und Umsetzung noch eine große Lücke gibt.“ Partiellen Anfragen von Touristikern erteilt der leidenschaftliche Weltenbummler jedoch seit jeher eine klare Absage. „Ich bin der Letzte, der irgendwem erzählt, wo er in seiner Freizeit hingehen soll. Ich will Dinge entdecken und gehe mit offenen Augen durch die Welt – und das maximal mit meinen engsten Freunden. So wie das Reisen passiert bei mir auch die Kreativität. Ich brauche immer andere Kulturen und Zugänge, das wird sich auch weiterhin nicht ändern.“ Und vielleicht findet er nach einer Verschnaufpause in ein paar Jahren doch wieder seinen Weg zurück auf die Bühne. Überraschungen ist man von Hubert von Goisern seit jeher gewohnt.

n Hubert von Goisern gastiert auf seiner „Neue Zeiten Alte Zeichen”-Tour im Sommer noch in Klam, Graz, Hallstatt, Grafenegg und St. Margarethen.

Foto: Konrad Fersterer, Markus Morianz

Hinschauen, wo andere wegschauen

Das Lebenswerk des profilierten Kriegsfotografen Steve McCurry ist den ganzen Sommer im Semperdepot in Wien ausgestellt.

1984 gelang ihm mit dem Bild des 12-jährigen „Afghan Girl“

Sharbat Gula eine Ikone der Poträtfotografie. Er will aber nicht nur auf dieses Bild reduziert werden.

Fotos: Steve McCurry
TEXT: CLEMENS ZAVARSKY

Kriegsberichterstattung wird gerne als die Königsdisziplin des Reporter-Wesens bezeichnet. Steve McCurry, der seit über 40 Jahren von diversen Kriegsschaupätzen wie Afghanistan, Jugloslawien oder Irak berichtet hat, sieht das nicht so. In seinen Fotos geht es nicht um brennende Gebäude oder explodierende Panzer. McCurry fotografiert die Konsequenz des Krieges und wie Menschen dennoch versuchen, ihren Alltag zu bewältigen. Um neun Uhr morgens erreichen wir ihn in seinem Atelier in Pennyslvania.

Ihr berühmtestes Bild, das „Afghanische Mädchen“ Sharbat Gula, schossen Sie 1984 und wurden so zum Star der Kriegsfotografie. Sie waren erst 34 Jahre alt. Hat dieser frühe Erfolg Ihre Arbeit beeinflusst? Nein, ich habe nie irgendwelchen Druck verspürt. Das Bild lag nicht wie ein zusätzliches Gewicht auf meinen Schultern.

Wie kam es zu dem Bild? Ich reiste über die Grenze nach Afghanistan, wo damals Krieg herrschte. Ich besuchte dort eine Schule und sah dieses Mädchen und wusste sofort, dass dieses Foto etwas Spezielles sein würde, etwas Unübliches. Es war eines dieser Bilder, das man sein Leben lang nicht vergisst.

Haben Sie damit gerechnet, dass Sie das Bild derart berühmt werden wird? Das kann man nie vorhersehen. Du weißt nie, wie auf deine Arbeit reagiert wird.

Sie haben natürlich nicht nur dieses Bild geschossen, aber es ist Ihr berühmtestes und Sie werden vordergründig darauf angesprochen. Ist es wie das eine Lied einer Band, das auf jedem Konzert gespielt werden muss, aber eigentlich nur mehr nervt? Nein, das ist in diesem Fall nicht so. Ich merke, dass meine Arbeit anerkannt wird. Wenn meine Arbeit den Menschen gefällt und sie sich davon angesprochen fühlen, dann muss man dafür dankbar sein.

Ihrem Lebenslauf entnehme ich, dass Sie eher per Zufall zum Kriegsfotograf geworden sind. Ich wollte nie ein Kriegsfotograf sein und sehe mich selbst auch nicht als einer. Ja, ich war über einen gewissen Zeitraum viel in Konfliktregionen unterwegs, würde mich dennoch nicht so bezeichnen. Denn: Es war nie der Krieg, der mich interessiert hat. Sondern welche Konsequenzen er hatte – vor allem auf die normale Bevölkerung, die darunter zu leiden hatte.

Mit welchen Erwartungen sind Sie in diese Regionen gereist? Man muss offen für alles sein. In erster Linie die Augen offen halten, Situationen abwägen. Aber mein letzter Kriegseinsatz ist auch schon 25 Jahre her.

Sie sind US-Amerikaner und haben früh ein spezielles Interesse an Afghanistan, Indien und Pakistan gezeigt. Warum? Als ich mich zum ersten Mal dazu entschlossen habe, in andere Teile der Welt zu reisen, reiste ich in entlegene Gegenden dieser Länder. Ich wollte sehen, wie die Menschen dort leben, ich wollte verschiedene Kulturen, eine andere Art von Menschen sehen; Ihre Religion und Architektur, und wie sie ihr Leben führen. So war das. Und wie es der Zufall wollte, war die erste Region in die es mich verschlug, Südost-Asien. Ich habe mich in die Region und überhaupt Asien verliebt. Irgendwie führte dann eines zum anderen und ich bin einfach von Indien nach Pakistan, von Nepal nach Bangladesch, nach Sri Lanka, nach Tibet, Thailand, Kambodscha weitergezogen. Mit diesen Orten fühle ich mich irgendwie verbunden.

Würden Sie sich selbst als rastlos bezeichnen? Ohja, ich bin ein sehr rastloser Mensch. Ich sehe gerne die Welt, in der wir leben. Ich will sie erleben und lerne auch gerne dazu. Das Leben ist kurz. Man hat nicht viel Zeit, und das Interessanteste und Erfüllendste, was man mit seinem Leben machen kann, ist zu sehen, in welcher Welt

wir leben. Das habe ich so gut es geht versucht, und das gibt mir das Gefühl, meine Zeit auf die beste Art und Weise verbracht zu haben.

Der Beruf des Kriegsreporters ist belastend. Viele Kollegen kommen aus diesen Regionen zurück und scheitern an ihrem Alltag. Wie haben Sie es geschafft, mit dem Gesehenen fertig zu werden? Jeder muss für sich selbst einen Weg finden, sein Leben normal weiterzuführen. Es ist eine Kopfsache. Man muss verstehen, dass diese Geschichten wichtig sind, damit die Welt informiert bleibt, was in ihr passiert. Ich habe für mich persönlich einen Weg gefunden, zu kontrollieren was ich an mich heranlasse und was nicht: Man muss die Kraft haben, es für sich zu behalten und versuchen, nicht darüber nachzudenken und sich nicht davon beeinflussen zu lassen. Aber diese Kraft musst du in dir selbst finden.

Ich war in zweimal im Irak, einmal in der Ukraine. Ich machte selten Fotos. Zum einen, weil ich sehr untalentiert bin, zum anderen weil ich als Reporter das Gesehene beschreiben und es dafür mit meinen eigenen Augen sehen muss. Sie sehen große Momente nur durch die Linse. Stört Sie das manchmal? Ich sehe das nicht so. Ich sehe eine Situation, ich fotografiere sie, und ich habe dann ein Bild, auf das ich mich beziehen kann. Manachmal erwischt man den Moment, manchmal verpasst man ihn.

Wie hat sich das Leben als professioneller Fotograf verändert, auch mit der Einführung der Smartphones? Nachdem ich nicht im aktuellen Nachrichtengeschäft oder bei einer Zeitung, einem Magazin angestellt bin, gibt es für mich auch keine Fristen. So kann ich auf meine eigene Art und Weise arbeiten, mit meinem eigenen Tempo. Ich fotografiere lieber persönliche Dinge, als per Auftrag. Für meine Kollegen bei Zeitungen und Magazinen ist die Welt sicher-

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lich schwieriger geworden: Es gibt mehr Fotografen, das Internet ist unmittelbarer geworden, jeder hat ein Smartphone, jeder fotografiert. Schwer war es aber schon immer, es war nie einfach.

Wo andere wegschauen, müssen Sie die Kamera draufhalten. Wieviel Pietät kann man sich in Ihrem Beruf erlauben? Es ist manchmal äußerst schmerzhaft und schwierig. Manchmal ist der Moment unvorstellbar und man schafft es nicht, abzudrücken. Es ist von Fall zu Fall unterschiedlich, es gibt tatsächlich auch Situationen, die vielleicht nicht festgehalten werden müssen.

Wie gingen Sie mit Gefahrensituationen um? Unterschiedlich. Es muss einem klar sein: Wenn man sich mitten in einem Konflikt befindet, neigen die Menschen dazu, sehr hohe Emotionen zu haben, irrational zu sein. Und manchmal verlieren sie den Verstand.

Nach all dem was Sie gesehen haben, glauben Sie an Gott? Nicht im traditionellen Sinne. Ich glaube an eine universelle Macht.

GEWINN SPIEL

Manch einer hat im Krieg den Weg zu Gott gefunden, andere haben ihren Glauben verloren. Das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Gibt es Fotos, die Sie gerne gemacht hätten? Oder ein Foto, dass Sie bereuen? Wahrscheinlich Tausende von Situationen. Man kann nicht immer alles machen. Im Leben haben wir alle einmal auch Gelegenheiten verpasst. Manchmal funktionierten die Dinge, manchmal nicht. Man muss positiv bleiben und dankbar sein für die Dinge, die gut geklappt haben. So ist das Leben. Man muss nur schlau und gut darin sein, Chancen zu erkennen, das Risiko abwägen und hoffentlich wird alles gut. Es gibt keine Garantie im Leben.

Im Film „The Secret Life of Walter Mitty“ spürt der Protagonist ganz am Ende den gesuchten Fotografen auf, der seit Stunden still sitzt, um ein seltenes Tier zu fotografieren. Am Ende macht er das Foto nicht, um den Moment nur für sich selbst ab-

zuspeichern. Waren Sie je in so einer Situation? Das ist mir kein einziges Mal in den Sinn gekommen, so etwas verstehe ich auch nicht. Es ist großartig für ihn, wenn ihm das wichtig ist, eine persönliche Sache. Vielleicht ist es für ihn besser, überhaupt nicht zu fotografieren und das Leben und den Moment zu schätzen. Leg die Kamera weg und genieß das Leben! Es wurden Billionen von Fotos gemacht und vielleicht sollten wir dankbar sein, dass er das Foto nicht gemacht hat, denn das Letzte, was wir brauchen, sind mehr Bilder. Es ist ein großartiger Film, eine großartige Idee, aber auch ein bisschen albern.

Welche Projekte stehen nun bei Ihnen an? Ich versuche, weiterhin Bücher zu veröffentlichen und auszustellen, ich arbeite also an verschiedenen Projekten. Aktuell bin ich gerade dabei, ein Buch über die „Hingabe” zu beenden.

n Steve Mc Currys Ausstellung gastiert vom 8. Juli bis 24. September im Semperdepot.

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Wir verlosen 3x2 Flexi-Tickets für Steve McCurry, inklusive Katalog der Ausstellung. Mehr Informationen siehe Seite 30. Steve McCurry: die Ausstellung wurde bereits 2021 in Graz gezeigt, nun sind die großformatigen und hinterleuchteten Bilder auch im Wiener Semperdepot zu sehen! 100 überdimensionale Bilder schweben auf mehreren Ebenen und laden die Betrachter auf eine verdichtete Weltreise ein.

Kakophonische Tanzmusik

EIN TOTENTANZ

Es war der 11. Mai 1984, im KOMM Innsbruck: Das Konzertplakat kündigt eine damals neue Band aus dem East Village in New York an, die Band heißt Swans. Sie hatten kürzlich ihre selbstbetitelte Debüt-EP und ihren ersten Longplayer „Filth” veröffentlicht. Das Plakat verspricht „kakophonische Tanzmusik”, haben sich Swans doch zusammengetan, um nicht lediglich, wie es im Fachjargon heißt, eine wall of sound zu errichten, sondern gleich einen mountain of sound: „I like the idea of standing in a room full of sledge hammers”, sagt Sänger Michael Gira damals. Das Zentrum ihrer Musik: ein dichter und donnernder Bass und ebensolches Schlagzeug (das seinem Namen gerecht wird), überlagert von Gegenrhythmen von Percussion schreienden Gitarren und eine dröhnende, unheilschwangere Stimme. Swans damals

waren: ein Anschlag. Ein Zeitsprung von beinah exakt 39 Jahren, wieder nach Innsbruck: Swans sind einer der Headliner am Heart of Noise-Festival, diesmal im Treibhaus. Tags zuvor haben Boris bereits die Ohren klingeln gemacht, die Nachwirkungen sind noch hörbar, als Gira mit großer Bandbesetzung am zweiten Festivaltag die Bühne betritt. 1984 ein zorniger Junge, ist er heute ein misslauniger, alter Mann. Im Gepäck eine Setlist, die zuvorderst auf das 16. SwansAlbum „The Beggar” fußt, das zum damaligen Zeitpunkt allein der Presse zugänglich war. Zwischen „Filth” und „The Beggar” liegen Welten – haben Swans in den 40 Jahren doch zahlreiche Metamorphosen durchgemacht, „wie Bowie”, sagen Wegbegleiter. Klangen sie früher düster, brutal, zermürbend, brach die unheilschwangere Atmosphäre etwa in ihrer Karrieremitte auf, folkloristische, or-

chestrale Ethnoklänge ließen aus dem Dunkel Licht fließen. „Swans are beautiful animals, who are really obnoxious. They’re hateful things”, erklärt Gira den Bandnamen – und nie war es so deutlich wie im orgiastischen Schwanengesang der Spätwerke: Im Chaos zu dröhnen ist leicht; doch Swans verstehen auch, ihre elegische Ritualmusik live, auf der Bühne, in ein surreales Stillleben, einen Albtraum zu verwandeln – und daran sind nicht nur die Verstärker Schuld, die am Anschlag kratzen. Gira, als schamanischer Zeremonienmeister, ist eine Furie, wenn er sogar eine Akustik-Gitarre dronen lässt. Das Mantra? Sinister, orgiastisch.

n Swans gastieren am 3. November in der Arena. Den Abend eröffnet Ex-Gitarrist Norman Westberg solo.

Vergangenen Dezember im Volkstheater: Neubauten-Urgestein Blixa Bargeld findet sich im Rahmen des zweitägigen Desertshore-Festivals ebda. mit dem italienischen Filmkomponisten Teho Teardo ein. Bereits 2013 debütierte man umjubelt mit „Still Smiling”, drei Jahre später folgte der Nachfolger „Nerissimo”: dies steht im Italienischen für eine Art Superschwarz, programmatisch auch für den Konzertabend, der unter prominentem Einsatz von elegischen Streichern ebenso das schwärzeste Schwarz aus den Saiten zupft und kitzelt, dazu schleicht Bargeld facettenreich mit seinen existenzialistischen Überlegungen wie eine ebenso nachtschwarze Katze um die Ecke. (Am zweiten Festivaltag folgten übrigens Michael Gira und Kristof Hahn von Swans – siehe dazu links.)

Nun soll dieses Jahr nicht nur ein Livealbum ihres legendären Auftritts im Silent Green, einem alten Berliner Krematorium folgen, sondern als Vorbote auf ihr drittes Album ebenso eine EP mit neuer Musik. Live werden Teardo und Bargeld diesmal von Cellistin Laura Bisceglia und Gabriele Coen an der Bassklarinette begleitet, die, unterstützt von einem Streichquartett, aus dem durch Philosophie und Kunstgeschichte mäandernde Gesamtwerk spielen werden. n Teho Teardo & Blixa Bargeld gastieren am 25. November im WUK.

Am 23. Juni erschien mit „The Beggar” das 16. Album von Swans. Einen ersten, exklusiven Eindruck bot man bereits Ende Mai am Innsbrucker Heart of NoiseFestival – das kathartische Nachdröhnen wirkt wohl bis zur regulären Präsentation am 3. November in der Arena nach.
TEXT: STEFAN BAUMGARTNER
Fotos: Thomas Rabsch (Bargeld/Teardo), Mute/Pias (Swans)

Ein ziemlich gu

My Ugly Clementine, das sind drei schon für sich stehend herausragende Musikerinnen: Sophie Lindinger ist Teil von Leyya und hat im Frühjahr ihr fantastisches Solo-Debüt veröffentlicht, Mira Lu Kovacs füllt schon länger solo die Hallen, und Nastasja Ronck spielt bei der Indie-Sensation Sharktank. Noch mit Kem Kolleritsch am Schlagzeug hat man 2020 das Debüt „Vitamin C” veröffentlicht, nun schafft man auf ein Trio verdichtet mit „The Good Life” den Spagat zwischen Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit.

Euer neues Album heißt „The Good Life“. Was bedeutet gutes Leben für euch? Nastasja Ronck: Wir haben immer im Kopf: Man muss dies machen und jenes erreichen, dann hat man ein gutes Leben. Man optimiert immer in Richtung bestes Leben. Eigentlich ist das aber unerreichbar. Wenn es halbwegs passt, dann ist es eigentlich schon gut.

Mira Lu Kovacs: Viele Dinge sind strukturell bedingt. Ob man gewisse Vorteile hat im Leben oder nicht. Schon die Chance auf ein gutes Leben ist durch gewisse Privilegien vorausgesetzt, die man mitbekommt.

Inwiefern haben solche Gedanken die Songs und Texte beeinflusst? Mira: Wir haben uns viel mit dem ständigen Hustle auseinandergesetzt. Irgendwann weiß man nicht mehr, warum man alle die Dinge tut, die man tut. Man ist in einem Strudel drin.

Wenn man dann mal pausiert wie wir alle während Covid, stellt man fest: Muss ich eigentlich so krass husteln? Was will ich? Muss ich Geld anhäufen? Will ich fancy Sachen kaufen? Muss ich jedes Jahr den krassesten Urlaub machen? Oder brauche ich vielleicht einen schönen Ausblick, oder Ausflüge mit Freundinnen? Was brauche ich denn wirklich? Lebe ich das Leben, das ich habe möchte? Oder laufe ich nur die ganze Zeit?

Wo steht ihr gerade im Leben? Mira: Ich bin persönlich in einen guten Rhythmus reingekommen. Mein Beruf erfüllt mich unglaublich. Ich kann mit meinen besten Freundinnen zusammenarbeiten, mit ihnen politische Diskussionen führen und fühle mich emotional gut aufgehoben. Ich kann mit ihnen Minigolf spielen, gut essen und Alkohol trinken. Eigentlich ist das schon ein ziemlich gutes Leben.

Nastasja: Ich bin auf einem guten Weg dahin. So lang wie Mira mache ich noch nicht Musik. Ich schließe gerade meinen Master ab und bin noch im Übergang dahin, dass ich von Selbständigkeit leben kann. Als Band habe ich das Gefühl, es geht in die richtige Richtung.

Ihr werde als Supergroup bezeichnet. Seht ihr das auch so? Mira: Nein, natürlich nicht. Wir sind einfach drei gute Freundinnen, die gemeinsam eine Band haben. Das ist über die Jahre so gekommen. Sophie hat

mit Leyya schon sehr viel gemacht, ich auch. Vor einigen Jahren haben wir uns kennengelernt. Und immer wieder darüber fantasiert, irgendwann mal eine Band zu gründen. Wir haben uns langsam angenähert. In den letzten zwei Jahren sind wir sehr zusammengewachsen. Wir drei. Wir haben jeden Tag Kontakt. Es ist eine Nähe und ein Vertrauen entstanden. Dieses Fundament ist nur noch schwer zu erschüttern. Das gilt auch musikalisch. Verbindend war die Sehnsucht nach einer Band, bei der man alles nicht zu ernst nimmt.

Wie funktioniert das Songschreiben zu dritt? Ich kann mir das schwer vorstellen. Mira: Das ist eine urgute Frage. Es ist nämlich ein bissl ein Märchen, dass das einfach so geht. Aber es hat zum Glück gepasst, wir haben uns darauf eingelassen, uns im Studio getroffen oder Sachen hin und her geschickt.

Sophie kommt mit Teil A daher, Nasti schreibt Teil B, ich noch Teil C und plötzlich haben wir einen Song. Es hat sich wahnsinnig gut gefügt. Wahrscheinlich gibt es auch mal Zeiten, wo man sich nicht so perfekt trifft. Ein ganz elementares Ding ist Zeit. Aber wenn du dir viel Zeit nimmst, kann ganz viel Gutes passieren.

Nastasja: Und es braucht Kommunikation. Wir sind drei Freundinnen, die ständig miteinander kommunizieren. Wir sind drei Leute mit einem Singer/Songwriter-Zugang, aber aus verschiedenen musikalischen Welten. Da muss man sich drüber austauschen.

Foto: Mala Kolumna
Auf ein Trio verdichtet veröffentlichen My Ugly Clementine diesen Sommer ihr zweites Album „The Good Life” – und erschaffen musikalisch mit ihrer „Joy of Missing Out” den Gegenentwurf zum landläufigen „Fear of Missing Out”. Kann Langeweile denn Spaß machen?
TEXT: SEBASTIAN FASTHUBER

utes Leben

Das Album hat einen starken 1990er-Vibe. Wie kam das? Nastasja: Wir haben alle drei die Liebe zu Melodien, zu lauten Gitarren und zu Gitarrensoli. Letztere haben wir live entdeckt. Drum machen wir das jetzt auf der Platte auch.

Mira: In modernen Produktionen finde ich zwar auch Melodien, aber nicht so richtig. Sie gehen einen Anti-Weg. Taylor Swift verstehe ich nicht ganz. In den Neunzigern und frühen Nullerjahren wurden in Songs noch Geschichten erzählt. Dazu kamen Powerchords und ein warmer Rocksound. Den haben wir uns einverleibt. Und dazu unsere Stimmen on top. Nostalgisch, aber auf die heute Zeit übersetzt.

Welche Erwartungen habt Ihr an das Album?

Nastasja: Ich will meine Erwartungen nicht zu hoch schrauben. Aber ich finde es voll schön.

Mira: Bei mir hat sich eine Ruhe eingestellt, seitdem das Album fertig ist. Ein Teil von mir ist irgendwo angekommen.

Nastasja: Und ich freue mich schon so auf das nächste Album. Wir haben bereits erste Ideen.

Mira: Ich bin wahnsinnig dankbar, in so einer Band spielen zu dürfen. Es ist fast schon wie bei der Kelly Family. Nur, dass wir nicht blutsverwandt sind.

Für euer jüngstes Video „Feet Up” seid ihr nackt in Bodysuits durchs „Willkommen Österreich“-Studio gelaufen. Wie waren die Reaktionen? Mira: Eigentlich sehr witzig. Endlich Reaktionen von der BoulevardPresse! Meine Familie hingegen hat bis heute nichts dazu gesagt. Ich glaube, die waren unangenehm berührt.

n My Ugly Clementine stellen ihr neues Line-Up und Album am 29. September im PPC, am 10. November in der Arena vor.

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My Ugly Clementine Sophie Lindinger, Mira Lu Kovacs und Nastasja Ronck kein Ohr zu schenken, das wäre wahrlich: „missing out”.
TICKETS & INFOS: WWW.COFO.AT MESSE GRAZ I Halle A Ab 2.6.2023 www.van-gogh-experience.com CHRIS STEGER • ALEXANDER EDER • DIE SEER • BEATRICE EGLI • DIE NOCKIS • MEILENSTEIN OLI.P • ALLE ACHTUNG G.G. ANDERSON • MARC PIRCHER • CLAUDIA JUNG MARCO VENTRE • DIE EDLSEER WIR 4 • DIE FEGERLÄNDER ST. MICHAEL IM LUNGAU 21/10/23 22/10/23 07/12/23 09/12/23 events-lungau.at

Eisenbahn heiraten

1. Juli – 5. August 2023

Komödie von Stefan Vögel

18. Juli bis

26. August

INTENDANZ: MARCUS STRAHL

Mit: Verena Scheitz, Reinhard Nowak, Stephan Paryla-Raky, Margot Ganser-Skofic, Victoria Kirchner, Leila Strahl, Felix Kurmayer und Michael Zallinger

Wachaufestspiele Weißenkirchen

Karten unter Tel.: 02715/2268

www.wachaufestspiele.com

Schlosshof Rothmühle Schwechat | nestroy.at Regie: Christian Graf Aufführungsrechte: Thomas Sessler Verlag, Wien

ROY BIANCO & DIE ABBRUNZATI BOYS BIBIZA

7.9.23

ARENA OPEN AIR – WIEN

www.cavalluna.com EUROPAS BELIEBTESTEPFERDESHOW IST ZURÜCK! 08. - 09.06.24 Wien | 15. - 16.06.24 Salzburg | 22. - 23.06.24 Graz ANNE of Green Gables www.teatro.at 15. Juli - 05. August 2023 Stadttheater Mödling FR 12. / SA 13. APRIL 2024 KONZERTHAUS WIEN CITY OF PRAGUE PHILHARMONIC ORCHESTRA & CHOIR BEN PALMER | LEITUNG HARRY POTTER | DER KÖNIG DER LÖWEN STAR WARS | FLUCH DER KARIBIK | u. v. m. SKYFALL | GOLDENEYE | DIAMANTENFIEBER LIEBESGRÜSSE AUS MOSKAU | GOLDFINGER CASINO ROYALE | U. V. M. SO 10. DEZ 2023 • KONZERTHAUS WIEN PILSEN PHILHARMONIC ORCHESTRA MIT BAND & SOLISTEN

Fotos: Hersteller, Steve McCurry

DER PLATTENLÄSTERER

Die besten, größten und wundervollsten Alben der Musikgeschichte: nach fast einhelliger Kritiker-Meinung sind sie in Stein gemeißelt. Aber sind sie das wirklich? Ich finde nicht. Wie zum Beispiel „I’m Not Dead“ von P!nk. Der Begriff „relativ“ ist in der Musikbranche häufig anzutreffen. Bei Verkaufszahlen zum Beispiel, aber auch bei Qualitätsfragen. So kann es vorkommen, dass ein Album wie „I’m Not Dead“ von P!nk in den Himmel gehoben wird – einfach deswegen, weil es im Vergleich zum eher uninspirierten Vorgänger „Try This“ relativ gut war. Und alles danach. Nicht falsch verstehen: die Kleine mit der großen Stimme aus Pennsylvania liefert seit mittlerweile mehr als 20 Jahren in regelmäßigen Abständen moderne Klassiker ab – dennoch ist ihr vierter Longplayer bei weitem nicht der beste Karriereknüller. Zugegeben, viele Künstler würden für Hits von „Who Knew” bis „Dear Mr. President” ihre Oma verkaufen. Was jedoch auffällt: das Album besticht nicht durch große stilistische Bandbreite und bewegt sich kaum aus der Pop-Rock-Komfortzone. Schade, denn abgesehen von ihrer typischen Röhre hat P!nk nämlich noch viel mehr zu bieten: ein unglaublich gutes Gefühl für samtigen R’n’B, dem Genre, mit dem sie auf ihrem Debüt praktisch zu 100% und auf dem Zweitwerk „Missundaztood“ immer noch zu einem Gutteil beheimatet ist. Und dieses Album ist es auch, das ihr nicht nur dank der unglaublich guten Arbeit von Produzentin Linda Perry die Tür weit aufgestoßen hat, sondern auch exakt den Sweetspot zwischen Pop, Rock und R’n’B/Dance trifft. Banger wie „Don't Let Me Get Me”, „Just Like a Pill”, „Get the Party Started”, aber auch kritische Balladen wie „Family Portrait” zeichnen den musikalischen Weg bis heute schon deutlich vor, nicht jedoch ohne mit Deep Cuts wie „18 Wheeler” oder „Eventually” auf die Wurzeln des Debüts zu vergessen. Auch wenn sie selbst mit dem Genre nie ganz glücklich war und definitiv eine hochkompetente Rocksängerin ist, würde ich mir in Zukunft wieder mehr vom „Missundaztood“-Vibe wünschen. Und weniger „I’m Not Dead“-Kopien.

GEWINN SPIELE

Die Gewinnspiele der aktuellen Ausgabe finden Sie auf den Seiten 18–19 und 20–22.

Zu gewinnen gibt es:

• signierte CDs von Hubert von Goisern

• Tickets & Kataloge für Steve McCurry

Eine Teilnahme an den Gewinnspielen ist möglich auf www.ticketmagazin.com im Beitrag „!ticket Gewinnspiele Juli 2023“. Hier finden Sie auch Informationen und Teilnahmebedinungen zu unseren Gewinnspielen und Datenschutz. Einsendeschluss ist der 1. August 2023.

IMPRESSUM

Herausgeberin, Chefredakteurin: Mag. Roberta

Scheifinger Chefredakteur & Chef vom Dienst: Stefan Baumgartner Anzeigen: Stephanie Ableidinger, Suzana Prgic, Mag. Roberta Scheifinger Anzeigenproduktion & Verrechnung: Susanne Franzl

Redaktion: Stefan Baumgartner, Sebastian Fasthuber, Robert Fröwein, Markus Höller, Clemens Zavarsky

Lektorat: Gunther Natter Fotos: siehe Copyright

Cover: Barracuda Music Medieninhaber, Eigentümer, Redaktionsanschrift: CTS Eventim Austria GmbH, !ticket Eventmagazin, Mariahilfer Straße 41–43, 1060 Wien Designkonzept, grafische Produktion: QMM Quality Multi Media GmbH, Mariahilfer Straße 88a/II/2a, 1070 Wien Artdirektion: Mag. Gottfried Halmschlager Druck: Walstead NP Druck GmbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten

Abonnements: !ticket Österreichs Eventmagazin Nr. 1 erscheint 10 x jährlich. Jahresabo Österreich:

Die nächste Ausgabe erscheint

€ 22,00, Jahresabo Europa: € 44,00. Kündigung jeweils acht Wochen vor Ablauf der Bezugsfrist nur schriftlich eingeschrieben oder per E-Mail an abo@ticketmagazin.com. Einzelpreis: € 2,90

Für unverlangt eingesandte Texte und Fotos übernehmen wir keine Haftung, eine Rücksendung erfolgt nicht, es besteht kein Recht auf Veröffentlichung. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Nachträgliche Honorarforderungen für nicht veröffentlichte Fotocredits werden nicht anerkannt. Alle Inhalte vorbehaltlich Satz- und Druckfehler. Die Offenlegung lt. Mediengesetz finden Sie auf www.ticketmagazin.com/impressum. Sie finden oeticket online auf Facebook, Instagram, Twitter und Spotify, sowie unter www.oeticket.com und www.ticketmagazin.com. Tickets für über 75.000 Events finden Sie auf oeticket.com und in der oeticket-App!

am 6. September.

30|
Journalist Markus Höller versus P!nk Produziert nach den Richtlinien des Österreichischen Umweltzeichens, Walstead Let’s Print Holding AG, UW 808

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