Chefs Table 01|2020

Page 20

S TA N D P U N K T E

Standpunkte Denkanstöße

ENGAGEMENT IST NOTWENDIG! Der Minimalismustrend in der Gastro ist zurzeit stark dem Mangel an Personal geschuldet. Es geht darum, so wenig Aufwand wie möglich zu haben, um kostenschonend zu arbeiten. Das ist mir allerdings teilweise ein echter Dorn im Auge: Wenn in einem Sterne- oder Haubenrestaurant auf dem Teller für 35,– bis 45,– Euro nur ein Ministück Fleisch und ein Püree angerichtet oder ein paar selbst gesammelte Kräuter theatralisch serviert werden, finde ich das dem Gast gegenüber ungerecht. Ein Püree ist und bleibt ein Püree, früher wie heute. Das Produkt muss im Verhältnis zum Preis stehen – im Haubenbereich sowie in einem gutbürgerlichen Restaurant. Auch wenn Kaffee und Schokomousse für Phantasiepreise und als Kombination von schlechtem Service und keinesfalls hochwertiger Schokolade daherkommen, werde ich sauer. Jeder soll etwas verdienen, aber es muss ehrlich und transparent verdient werden. Kaum in einem Lokal sind die Preise richtig kalkuliert, wenn ich höre, dass der Kaffee 3,70 Euro kostet, weil er es wert ist und der Kaffee dabei ganz trivial aus dem Vollautomaten stammt. UNVERHÄLTNISMÄSSIGKEIT Seltsamerweise wird gleichzeitig das 3-Gang Mittagsmenü um 6,90 Euro verkauft. Was soll das, zum Teufel? Jede gute Köchin und jeder gute Koch weiß, dass es unmöglich ist, ein Mittagsmenü für unter 7,– Euro zu verkaufen. Die Fixkosten der GastronomInnen sind dafür eindeutig zu hoch. Es fehlt an geschultem Fachpersonal und die Politik trägt hier ebenfalls Verantwortung. In den letzten 10 Jahren wurde viel verschlafen! Das Jammern der GastronomInnen ist überall hörbar, an jeder Ecke schmeißen die MitarbeiterInnen hin und gehen in die Jobs, die sie früher nie gemacht hätten. Es sind jedoch nicht Land, Politik und ChefInnen alleine Schuld. Die GastromitarbeiterInnen haben sich in den letzten Jahren völlig unter Wert verkauft. Daran ist jeder einzelne selbst mit Schuld: Wenn ich nur sechs Jahre zurückblicke, war ich gleich blöd. Eine 60-Stunden-Woche für 1200,– Euro... Nie wieder, wer dafür arbeitet darf nicht jammern. Auch bei den tollen All-in-Verträgen kann nur einer gewinnen. Ein kleiner Tipp für die ArbeitgeberInnen, die

Personal suchen: Bitte schreibt die Verdienstmöglichkeiten öffentlich aus – so sieht man als Köchin und Koch sofort, wie hoch man geschätzt wird – oder auch nicht. Es ist ein Dumpingmarkt entstanden. Wie soll ich bei neuen ArbeitgeberInnen mehr verlangen, die mit Sicherheit meinen letzten Lohn kennen? Man muss sich in jedem Beruf selbst weiterbilden und Gas geben, um etwas zu erreichen und genug zu verdienen. Ich kann nicht 20 Jahre alt sein, kaum Erfahrung haben, keine Weiterbildungen haben und 2500,– Euro netto verlangen, das ist einfach Selbstüberschätzung. Auch da müssen wir uns selbst an die Nase fassen. Aktiv werden und mitgestalten ist das Gebot der Stunde! Als Mitglied im „Verband der Köche Österreichs“ weiß ich genau, wovon ich rede: Bei unzähligen Veranstaltungen geben immer wieder dieselben vier bis sechs Gesichter richtig Gas und setzen sich dafür ein, dass sich etwas ändert… All jene, die jammern, sehe ich komischerweise nicht bei jenen Veranstaltungen, wo man zusammen etwas erreichen und Flagge zeigen könnte. AKTIV WERDEN! Wir müssen die Sache selbst in die Hand nehmen, z. B. gibt es in fast jeder Berufsgruppe Streiks und Lohnverhandlungen, nur nicht in der Gastro! Wir müssen selbstbewusst dazu stehen, was wir können. Wir müssen ehrlich sagen, dass das Weiterbildungsangebot in Vorarlberg für gute KöchInnen gleich null ist! Hier muss die Politik sofort aktiv werden, um top ausgebildete Kräfte auf den Markt zu bringen. Die Gesetze für uns GastronomInnen sollten optimiert werden. Es müssen sofort die schon über 30 Jahre alten Lehrpläne der Lehrlinge überarbeitet werden. Auch die ältere Generation der LehrerInnen muss sich der Zeit anpassen. Ich sehe der Zukunft positiv entgegen, es wird sich einiges ändern, da immer mehr GastronomInnen sich wehren, zu sich selbst stehen und Flagge zeigen. Denn die Gastro ist einer der besten und geilsten Berufe! Transparenz und Ehrlichkeit werden Bestand haben. Sollte ich jetzt jemandem auf die Füße treten, habe ich alles richtig gemacht. Ich bin gerne jederzeit für jegliche Zusammenarbeit mit Land/Politik und Gastronomie bereit, um gemeinsam was zu erreichen und ein Umdenken zu bewirken.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.