Journal Jahrgang 2020, Ausgabe 01

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

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ei der chronischen inflamma­ torischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP) handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der primär die Myelinscheiden im peripheren Nervensystem von Antikörpern, Zytokinen oder Lymphozyten oder Lymphozyten und Makrophagen angegriffen werden [1]. Folgen der entzündlichen Reaktion sind eine segmentale Demyelinisierung sensibler und motorischer Nerven sowie eine axonale Degeneration. Die Erkrankung verläuft progressiv oder schubförmig und ist klinisch durch proximale und distale symmetrische Paresen der Arme und Beine sowie Sensibilitätsstörungen charakterisiert [2]. Die Prävalenz liegt bei bis zu 9 Fällen pro 100.000 Einwohner [3]. Die CIDP sollte so früh wie möglich diagnostiziert werden, um rechtzeitig eine adäquate Behandlung einleiten zu können. Nur so lassen sich irreversible Schädigungen der Axone verhindern. Zur Erhaltungstherapie steht CIDP-Patienten, die bereits auf intravenöses Immunglobulin (IVIg) angesprochen haben, seit März 2018 mit Hizentra® alternativ das erste und einzige subkutane Immunglobulin (SCIg) zur Verfügung [4]. Therapie so früh wie möglich beginnen

Die aktuelle DGN-Leitlinie zu immunvermittelten Neuropathien empfiehlt für die Akuttherapie 3 ähnlich wirksame Optionen: intravenöse Immunglobuline (IVIg), Glukokortikosteroide und Plasmapherese [5]. In der Langzeittherapie sind Steroide allerdings meist keine Option und gerade bei Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Osteoporose problematisch.

CIDP: Vorteile der Erhaltungstherapie mit subkutanem Immunglobulin

Die Plasmapherese ist für die Langzeitanwendung nicht geeignet – bleibt also die Therapie mit Immunglobulinen. Alternativ zu IVIg kann eine wirksame Symptomkontrolle auch durch eine subkutane Ig-Applikation erzielt werden. Der Vorteil: Das SCIg Hizentra® kann – nach einer entsprechenden Schulung – zuhause vom Patienten selbst appliziert werden [4]. Überzeugende Daten zur Wirksamkeit des SCIg

Die Zulassung des 20%igen SCIg Hizentra® basiert auf den Ergebnissen der PATH-Studie [6]. Mit 172 eingeschlossenen Patienten ist sie die bisher größte internationale, doppelblinde Phase-III-Studie zur Therapie der CIDP. Untersucht wurden 2 verschiedene Hizentra®Dosierungen (0,2 g/kg und 0,4 g/ kg KG pro Woche subkutan). Nach Stabilisierung mit IVIg erhielten die Patienten über einen Behandlungszeitraum von 24 Wochen die Erhaltungstherapie mit Hizentra® oder Placebo (Abb. 1). Primärer Endpunkt war der prozentuale Anteil der Patienten, die eine Verschlechterung im adjustierten INCAT (Inflammatory Neuropathy Cause and Treatment) Disability Score erfuhren oder aus anderen Gründen aus der Studie ausschie-

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den. Sekundäre Endpunkte waren die Zeit bis zum Erreichen des primären Endpunkts, der INCATScore, die mittlere Griffstärke der Hände sowie der MRC-Score (MRC = Medical Research Council). Nach 24 Wochen waren beide SCIg-Dosierungen der Placebogabe in Bezug auf den primären Endpunkt signifikant überlegen: Die absolute Risikoreduktion betrug 30 % in der 0,4 g/kg-Dosisgruppe und 25 % in der 0,2 g/kg-Dosisgruppe). Umgekehrt war der Anteil der Patienten, bei denen sich der INCAT-Score nicht verschlechterte, im Vergleich zu Placebo hochsignifikant höher und betrug unter 0,2 g/kg/Woche 67 %, unter 0,4 g/ kg/Woche 81 % und 44 % in der Placebogruppe (Abb. 2). Auch bei den sekundären Endpunkten (I-RODS, Griffstärke der Hände und MRC-Summen-Score) waren beide SCIg-Dosierungen dem Placebo deutlich überlegen. Dazu passend zeigte der QoL-Fragebogen EQ-5D eine Steigerung der Lebensqualität der Patienten unter SCIg in den Dimensionen Mobilität, Selbstfürsorge, Angst/ Depression, Alltagsaktivitäten und Schmerzen/Unwohlsein im Vergleich zur Placebogruppe (Abb. 3). Die SCIg-Therapie wurde gut vertragen. 24 % der SCIg-Patienten entwickelten lokale, überwiegend © VERLAG PERFUSION GMBH


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