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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
Überlebensverlängerung bei HCC-Patienten mit erhöhtem Alpha-Fetoprotein
Wahrscheinlichkeit für das Gesamtüberleben
In der Phase-III-Studie REACH [4] wurde geprüft, ob Patienten mit einem fortgeschrittenen HCC nach Sorafenib-Versagen in der Zweitlinie von Ramucirumab plus beste supportive Behandlung (Best Supportive Care, BSC) profitieren können. In der Studie erhielten insgesamt 560 Patienten mit HCC 1 : 1 randomisiert Ramucirumab plus BSC oder Placebo plus BSC. Das primäre Studienziel, die Verlängerung des Gesamtüberlebens unter Ramucirumab, wurde nicht erreicht. In einer präspezifizierten Subgruppenanalyse fiel jedoch eine Patientengruppe besonders auf: Die Studienteilnehmer mit einem Alpha-Fetoprotein (AFP)Spiegel von ≥400 ng/ml wiesen eine Überlebensverlängerung von median 4,2 auf 7,8 Monate auf (HR: 0,67; 95%-KI: 0,51 – 0,89; p = 0,0059). Für Patienten mit einem AFP-Wert <400 ng/ml wurde dagegen kein Unterschied zwischen den Behandlungsarmen gefunden (Ramucirumab 10,1 vs. Placebo 11,8 Monate; HR: 1,09; 95%-KI: 0,84 – 1,44; p = 0,5059). Dieses Ergebnis wurde in der Folgestudie REACH-2 [5] näher untersucht. Dafür wurden nur HCC-Patienten mit einem AFP ≥400 ng/ml eingeschlossen, deren Erkrankung nach oder während einer Erstlinientherapie mit Sorafenib fortgeschritten war. Die 292 Teilnehmer erhielten 2 : 1 randomisiert in einem zweiwöchigen Zyklus entweder eine Therapie mit Ramucirumab plus BSC oder Placebo plus BSC. Unter Ramucirumab wurde im Vergleich zum Kontrollarm eine signifikante Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens (8,51 vs. 7,29 Monate;
1,0 HR = 0,710 95%-KI: 0,531 – 0,949 p = 0,0199
0,8 0,6 0,4 0,2 0
Cyramza® + BSC Placebo + BSC 0 3 6 9 12 15 18 21 24 27
Zeit seit Randomisierung (Monate)
Anzahl unter Risiko: Cyramza® + BSC 197 172 121 87 56 37 26 14 4 0 Placebo + BSC
95 76 50 36 19 12 4 1 0 0
Abbildung 1: Kaplan-Meier-Kurve des Gesamtüberlebens für Ramucirumab (Cyramza®) versus Placebo in der REACH-2-Studie [5].
HR: 0,71; 95%-KI: 0,53 – 0,95; p = 0,0199; Abb. 1) und eine signifikante Verlängerung des medianen progressionsfreien Überlebens (2,83 vs. 1,61 Monate; HR: 0,45; 95%-KI: 0,34 – 0,60; p < 0,0001) erzielt. Die Krankheitskontrollrate (komplette und partielle Remissionen sowie stabile Erkrankung) war im Ramucirumab-Arm mit 59,9 % versus 38,9 % signifikant höher als im Placebo-Arm (p = 0,0006) [5]. In einer Metaanalyse [6] wurden die Patienten beider REACH-Studien mit AFP ≥400 ng/ml gemeinsam ausgewertet. Es zeigte sich eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens um mehr als 3 Monate unter Ramucirumab im Vergleich zum Placebo-Arm. Das Mortalitätsrisiko wurde um 31 % gesenkt. 5,4 % der Patienten sprachen auf die Therapie mit Ramucirumab an gegenüber 0,9 % unter Placebo und 50,9 % (versus 36,3 %) der Patienten zeigten zudem eine Stabilisierung der Erkrankung [6]. Ramucirumab zeigte auch in den beiden REACH-Studien bei Patienten mit fortgeschrittenem HCC die bereits bekannte, gute Verträg-
JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 1/2020 · 29. JAHRGANG
lichkeit. Diese wichtigen Ergebnisse führten zur vierten in der EU zugelassenen Tumorindikation für Ramucirumab. Wobei hervorzuheben ist, dass sich die Zulassung beim HCC erstmals auf einen prädiktiven Biomarker (AFP ≥400 ng/ ml) stützt, der durch die REACHStudien für die Therapie mit Ramucirumab etabliert wurde. Elisabeth Wilhelmi, München
Literatur 1 Alison MR Stem Cell Rev 2005;1:253260 2 Robert Koch-Institut. Krebs in Deutschland für 2013/2014. Publikation 2017 3 Fachinformation Cyramza®; Stand: August 2019 4 Zhu AX et al. Lancet Oncol 2015;16:859870 5 Zhu AX et al. J Clin Oncol 2018;36:Abstr. 4003 6 Zhu AX et al. J Clin Oncol 2019;20:282296 © VERLAG PERFUSION GMBH