Journal Jahrgang 2022, Ausgabe 03

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ÜBERSICHTSARBEIT

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as Kurzdarmsyndrom mit Darmversagen (KDS-DV) ist die Folge einer starken Reduktion der resorptiven Kapazität des Darms, die nach einer ausgedehnten Darmresektion auftritt. Bei dieser Form des Darmversagens kann die Protein-, Energie-, Flüssigkeits- und Mikronährstoffbilanz mit einer konventionellen Diät nicht mehr aufrechterhalten werden. Basis der Therapie sind daher eine den individuellen Bedürfnissen des Patienten angepasste enterale und parenterale Ernährung [1]. Eine neue medikamentöse Option ist das GLP-2-Analogon Teduglutid (Revestive®), das die Aufnahme von Nährstoffen und Flüssigkeiten aus dem Darm verbessert und so den Bedarf an parenteralem Support (PS), d.h. parenterale Ernährung (PE) und/oder intravenöse Flüssigkeitsgabe, verringern kann [2]. Ätiologie und Prävalenz

Die Notwendigkeit einer Darmresektion kann sich aufgrund angeborener Anomalien oder erworbener Ursachen ergeben. Ätiologisch lassen sich dabei 3 Gruppen unterscheiden [3, 4]: • Vaskuläre Erkrankungen: Mesenterialinfarkte, Mesenterialthrombosen, Dünndarmvolvulus, Malrotationen, Inkarzerationen des Darms • Entzündliche Erkrankungen: Morbus Crohn, Strahlenenteritis, schwere Colitis ulcerosa, Autoimmunenteritis • Weitere Ursachen: Trauma, Tumor, nekrotisierende Enterokolitis, Motilitätsstörungen, kongenitale Erkrankungen wie z.B. intestinale Atresie und Gastroschisis Es gibt nur wenige Daten zur Prävalenz der Erkrankung. Nach von

Kurzdarmsyndrom mit Darmversagen – eine schwer zu behandelnde Erkrankung Brigitte Söllner, Erlangen

Websky et al. betrug die Gesamtanzahl der Patienten mit KDS-DV in Deutschland im Jahr 2011/2012 etwa 2.800. Daraus ergibt sich eine Prävalenz von ca. 34 Patienten pro 1 Million Einwohner [5]. Klassifikation

Schweregrad, Verlauf der Erkrankung sowie die Aufnahme von Mikro- und Makronährstoffen sind sehr patientenspezifisch und vor allem davon abhängig, welche Darmabschnitte in welchem Ausmaß reseziert wurden (Resektionsort und Restdarmlänge), außerdem von der funktionellen Kapazität des Restdarms, der Grunderkran-

Typ I

Typ II

kung und den Begleiterkrankungen. Grundsätzlich werden nach Messing 3 Typen der postoperativen Anatomie unterschieden, die einen prädiktiven Einfluss auf die zu erwartende Malabsorption haben (Abb. 1) [6]: • Typ I: Resektion von (Jejunum +) Ileum + Kolon: terminale Jejunostomie • Typ II: Resektion von (Jejunum +) Ileum (+ Kolonabschnitten): jejunokolonische Anastomose • Typ III: Resektion von Ileumabschnitten (+ Kolonabschnitten): jejunoileokolonische Anastomose In Abhängigkeit von der verbleibenden Restfunktion des Darms

Typ III

Abbildung 1: Typen des Kurzdarmsyndroms nach Messing [6] (Abb. mod. nach [1]).

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2022 · 31. JAHRGANG

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