JOURNAL FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE Ausgabe 5/6-2021

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ISSN 1432-4334 JAHRGANG 30 HEFT 5-6 Dezember 2021

FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE

JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY

Wie geht es uns nach eineinhalb Jahren Corona-Pandemie? Eine Bestandsaufnahme der Weleda Trendforschung 2021 CGRP-Antikörper Fremanezumab überzeugt in der Migräneprophylaxe Mittelschwere bis schwere Colitis ulcerosa: Umfassende Evidenz zeigt den Langzeitnutzen von Tofacitinib Akute myeloische Leukämie: Azacitidin Tabletten schließen Lücke in der Erhaltungstherapie Primär biliäre Cholangitis: Frühzeitige Zweitlinientherapie mit Obeticholsäure erhöht Therapieansprechen Schubförmig remittierende MS: Teriflunomid jetzt auch für die Behandlung von Kindern ab 10 Jahren zugelassen Antikörper Mogamulizumab – die erste zielgerichtete Therapie für das kutane T-Zell-Lymphom

VERLAG

PERFUSION


J E TZ T ZU G E L A S S E N : SA R C LI SA ® + Kd

NEU – in der 2L beim rezidivierten Multiplen Myelom

IN DER TIEFE LIEGT DIE KRAFT Tiefes Ansprechen und kurze Infusionszeiten in der IKEMA-Studie mit SARCLISA® + Kd1 nur

46%

CR-Rate (bereinigte Schätzung)*,2

30%

MRDNegativität#,1

Infusionszeit verkürzbar auf bis zu

75 Min.+

,1

SARCLISA® ist in Kombination mit Carfilzomib und Dexamethason zur Behandlung des Multiplen Myeloms bei Erwachsenen indiziert, die mindestens eine vorausgegangene Therapie erhalten haben. * vs. 28 % mit Kd allein.1 Die Messung der CR-Rate kann durch den therapeutischen Antikörper gestört werden. Basierend auf einer differenzierenden Massenspektrometrie wird die CR-Rate auf 46 % geschätzt. Die Schätzung ohne die differenzierende spektrometrische Untersuchung betrug 40 %.2 # vs. 13 % mit Kd allein; Intention-To-Treat-Population, Next-Generation-Sequenzierung, Sensitivität 10–5.1 + Ab der 3. Infusion – eine schrittweise Erhöhung der Infusionsgeschwindigkeit sollte nur nach Ausbleiben von infusionsbedingten Reaktionen in Betracht gezogen werden. CR = komplettes Ansprechen; EHA = European Hematology Association; ESMO = European Society for Medical Oncology; Kd = Carfilzomib und Dexamethason; MRD = minimale Resterkrankung 1. Fachinformation SARCLISA® (Stand: Juni 2021). 2. Moreau P, Dimopoulos MA, Mikhael J, et al. Isatuximab, carfilzomib, and dexamethasone in relapsed multiple myeloma (IKEMA): a multicentre, open-label, randomised phase 3 trial [published online ahead of print, 2021 June 4]. Lancet. 2021. doi: 10.1016/s0140-6736(21)00592-4. 3. Dimopoulos MA, et al. Multiple myeloma: EHA-ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol. 2021 Mar; 32(3): 309–322. Sarclisa 20 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Wirkstoffe: Isatuximab. Zusammens.: Arzneil. wirks. Bestandt.: 1 Durchstechfl. m. 5/25 ml Konzentrat enth. 100/500 mg Isatuximab, entspr. 20 mg/ml. Sonst. Bestandt.: Sucrose, Histidinhydrochlorid-Monohydrat, Histidin, Polysorbat 80, Wasser f. Injektionszwecke. Anw.-geb.: In Kombination m. Pomalidomid u. Dexamethason z. Behandl. d. rezidivierten u. refraktären Multiplen Myeloms b. Erwachsenen, d. mind. 2 vorausgegangene Ther., darunter Lenalidomid u. e. Proteasom-Inhibitor, erhalten haben u. unter d. letzten Ther. e. Krankheitsprogression zeigten. In Kombination m. Carfilzomib u. Dexamethason z. Behandl. des Multiplen Myeloms b. Erwachsenen, d. mind. 1 vorausgegangene Ther. erhalten haben. Gegenanz.: Überempfindlichk. ggü. d. Wirkstoff od. e. d. sonst. Bestandt. Warnhinw. u. Vorsichtsm.: Nicht schütteln. Nebenw. Isatuximab m. Pomalidomid: Infekt. u. parasit. Erkr.: Sehr häufig: Pneumonie, Infekt. d. ob. Atemw., Bronchitis. Gutart., bösart. u. unspez. Neubild.: Häufig: Plattenepithel-Ca d. Haut. Blut u. Lymphsyst.: Sehr häufig: Neutropenie, febrile Neutropenie. Immunsystem: Gelegentl.: anaphyl. Reaktionen. Stoffw. u. Ernähr.-stör.: Häufig: vermind. Appetit. Herz: Häufig: Vorhofflimmern. Atemw., Brustr., Mediast.: Sehr häufig: Dyspnoe. GIT: Sehr häufig: Diarrhö, Übelk., Erbrechen. Untersuchungen: Häufig: Gewichtsabnahme. Verletz., Vergift. u. durch Eingriffe bedingte Komplikat.: Sehr häufig: infusionsbedingte Reaktion. Nebenw. Isatuximab m. Carfilzomib: Infekt. u. parasit. Erkr.: Sehr häufig: Pneumonie, Infekt. d. ob. Atemw., Bronchitis. Gefäßerkr.: Sehr häufig: Hypertonie. Gutart., bösart. u. unspez. Neubild.: Häufig: Hautkrebs, solide Tumore außer Hautkrebs. Blut u. Lymphsyst.: Häufig: Neutropenie. Immunsystem: Gelegentl.: anaphyl. Reaktionen. Atemw., Brustr., Mediast.: Sehr häufig: Dyspnoe, Husten. GIT: Sehr häufig: Diarrhö, Erbrechen. Allg. Erkr. u. Beschw. am Verabreichungsort: Sehr häufig: Fatigue. Verletz., Vergift. u. durch Eingriffe bedingte Komplikat.: Sehr häufig: infusionsbedingte Reaktion. Verschreibungspflichtig. Sanofi-aventis groupe, 54 rue La Boétie, 75008 Paris, Frankreich Stand der Information: Juni 2021 Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden.

Mit wegweisenden Therapien komplexen Erkrankungen begegnen.

2104_ISA_C_MAT-DE-2102281 - 2.0 - 07/2021

SARCLISA® + Kd wird in den aktuellen EHA-ESMO Leitlinien mit der höchsten Evidenzstufe (I,A) innerhalb der Zweitlinien-Therapie empfohlen.3


EDITORIAL

Nun scheint es so langsam enger zu werden für diejenigen, die sich bislang beharrlich gegen eine CoronaImpfung entschieden haben. Unlängst haben die Spitzen von Bund und Ländern neue Corona-Spielregeln beschlossen. Die lange Zeit kategorisch abgelehnte „allgemeine Impfpflicht“ wird wohl im Frühjahr 2022 kommen. Leider melden sich schon wieder alle möglichen „Experten“ zu Wort, nicht zuletzt prominente Ärzte-Funktionäre, deren Expertise man eigentlich nicht primär in den Bereichen Infektiologie, Virologie oder Epidemiologie vermutet. Und das just nachdem sich ihr monatelang gesungenes Mantra, dass die ärztliche Approbation unabdingbare Voraussetzung sein müsse, um eine intramuskuläre Injektion ohne Gefahr für Leib und Lebens des Impflings zu setzen, so weit abgenutzt hat, dass angesichts des aktuell drohenden Dammbruchs die Politik sich endlich dazu durchringt, auch Apotheker, Sanitäter, Pflegefachkräfte und Tierärzte ins Notfallteam zu holen. Jetzt wird mal wieder versucht, die Ständige Impfkommission (STIKO) sturmreif zu schießen. Noch gibt es keine belastbaren Daten zu den Nebenwirkungen der Impfung bei Kindern und schon wird die Impfpflicht auch für Kinder (und Jugendliche) gefordert. Geht’s noch? Von 101.626 Todesfällen an/mit Corona (Stand: 1.12.2021) waren gerade einmal 35 unter 20 Jahre alt, und bei 25 davon sind dem RKI einschlägige schwere Vorerkrankungen bekannt*, also maximal 10 „normale“ Nicht-Erwachsene von insgesamt 15,3 Millionen (entspricht gut 8 % der Gesamtbevölkerung) im Verlauf von nunmehr 20 Monaten Pandemie. Keine andere Gruppe in der Bevölkerung wird häufiger getestet, keine muss konsequenter Masken tragen… Und warum? Um die Erwachsenen vor schwerem Leid und Tod zu schützen, denen ihre persönliche Freiheit über die aller anderen geht. Die gegen alles immun zu sein scheinen (außer gegen SARS-CoV-2), insbesondere gegen jede Art von Fakten. Die noch auf der Intensivstation die Existenz von Corona leugnen, und die nicht

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Corona: Freiheit ist die Freiheit des anderen wahrhaben wollen, dass die Impfung das Risiko auf eine symptomatische Infektion um den Faktor 10 reduziert, für einen schweren Krankheitsverlauf/Tod noch mehr. Ja, jeder Mensch muss das Selbstbestimmungsrecht über sich selbst haben, das ist nicht nur in unserem Grundgesetz so festgeschrieben, das ist ein grundlegendes Menschenrecht. Deshalb muss jeder erwachsene Mensch z.B. auch rauchen und saufen dürfen. Ja, Rauchen ist Privatsache. Saufen auch, solange niemand sonst dadurch in Gefahr gebracht wird. Aus gutem Grund darf man nicht betrunken Auto fahren. Es ist eben keine „Ungleichbehandlung“ oder „Diskriminierung“, dass Nüchterne Auto fahren dürfen, Betrunkene aber nicht. Es braucht den Staat, um alle vor betrunkenen Autofahrern zu schützen: die Nüchternen, die Betrunkenen – und die betrunkenen Autofahrer vor sich selbst. Aus dem gleichen Grund sind die sich abzeichnenden „Verschärfungen“ der Pandemie-Regularien alternativlos. Die „Freiheit“, sich gegen das Impfen und damit für ein x-fach höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf zu entscheiden, ist spätestens dann nicht mehr Privatsache, wenn die dann wie selbstverständlich eingeforderte (intensivmedizinische) Versorgung zu Lasten anderer schwerer Krankheitsverläufe, insbesondere schicksalshafter geht. Will heißen, wenn Unfallopfer, Krebspatienten, Schlaganfälle etc. um die begrenzte Zahl von Betten konkurrieren, die vor allem durch die limitierte Zahl an Intensivpflegekräften limitiert wird. Wer diese „Freiheit“ für sich reklamiert, kann sich nur so lange auf unser Grundgesetz berufen, wie er nicht die Freiheit anderer damit einschränkt. Deshalb ist es nur konsequent, dass die Hüter unserer Verfas-

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Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch

sung vor wenigen Tagen diese beiden komplementären Rechtsgüter gegeneinander abgewogen haben mit dem Ergebnis, dass uns angesichts der tödlichen Bedrohung einer Pandemie allen gewisse Einschränkungen unserer eigenen persönlichen Freiheit zugemutet werden können, um einer unzumutbare Zunahme der Gefahr für Leib und Leben für alle entgegenzuwirken. Es ist die Folge einer maßlos egozentrischen, jeden Nächsten und das Gemeinwohl mit Füßen tretenden Forderung, einen „Eingriff in die körperliche Unversehrtheit“, vergleichbar mit einem Mückenstich oder Haare schneiden und ungleich weniger invasiv als jede typische diagnostische Routinemaßnahme beim Hausarzt, höher zu bewerten als die körperliche Unversehrtheit und das Leben von besonders vulnerablen Mitgliedern der Gesellschaft (Kindern, alten Menschen, Menschen mit schwachem Immunsystem). Leider ist das unerträgliche Reklamieren einer unbedingten persönlichen Freiheit aber kein spezifischer © VERLAG PERFUSION GMBH


INHALT

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Kollateralschaden der aktuellen Pandemie, es handelt sich vielmehr um eine latente Seuche, die schon länger unser Zusammenleben vergiftet und deren Virulenz allenthalben unterschätzt oder ignoriert wird. Freiheit, das Leitmotiv der französischen Revolution, stand nicht auf einem einzigen, einem egoistischen Bein. Echte Freiheit funktioniert nur, wenn sie nicht vorbehaltlos und (im Sinne des Wortes) verantwortungslos für die eigene Person eingefordert wird, wenn sie sich auf Gleichheit und Brüderlichkeit stützt: Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu. Gleichheit und Brüderlichkeit aber, also der Blick auf den konkreten Nächsten wie den abstrakten Nächsten (das Gemeinwohl), sind schon lange siech geworden. Die Rücksichtslosigkeit nimmt zu, täglich zu erleben im Straßenverkehr: Da werden rücksichtslos 2 Parkplätze oder die Spur für Radler blockiert – in aller Regel dürfte das kein planvoller böser Vorsatz sein, sondern eher Gedankenlosigkeit, getragen von einer unterschwelligen Philosophie des „jeder ist sich selbst der Nächste“, damit aber auch getragen vom Anspruch auf ein gewisses Quantum Anarchie zum eigenen Vorteil. Logische Konsequenz: Solidarität wird von bestimmten Gruppen der Bevölkerung vorbehaltlos eingefordert, für die eigene Person aber jede Verantwortung für andere mit Verweis auf die freie Entfaltung zurückgewiesen. Die Pandemie-bedingten Gefahren werden in absehbarer Zeit überwunden sein, auch die allenthalben proklamierte Gefahr der „Spaltung der Gesellschaft“ in Geimpfte und Ungeimpfte. Gegen die egozentrische Rücksichtslosigkeit wird es aber so schnell kein Mittel geben, wahrscheinlich sogar nie. Diese Gefahr kommt nämlich nicht von außen, sondern von innen, und nur wir selbst können etwas dagegen tun! Karl-Ludwig Resch Nürnberg, * w ww.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-12-02.pdf?__ blob=publicationFile)

ÜBERSICHTSARBEIT Wie geht es uns nach eineinhalb Jahren CoronaPandemie? Eine Bestandsaufnahme der Weleda Trendforschung 2021 Brigitte Söllner

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS CGRP-Antikörper Fremanezumab überzeugt in der Migräneprophylaxe 142 Mittelschwere bis schwere Colitis ulcerosa: Umfassende Evidenz zeigt den Langzeitnutzen von Tofacitinib Akute myeloische Leukämie: Azacitidin Tabletten schließen Lücke in der Erhaltungstherapie Primär biliäre Cholangitis: Frühzeitige Zweitlinientherapie mit Obeticholsäure erhöht Therapieansprechen

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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL Schubförmig remittierende MS: Teriflunomid jetzt auch für die Behandlung von Kindern ab 10 Jahren zugelassen 156 Antikörper Mogamulizumab – die erste zielgerichtete Therapie für das kutane T-Zell-Lymphom

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RUBRIKEN Wissenswertes 140, 153, 168 Kongresse 160

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JETZT ZUGELASSEN BEI FORTGESCHRITTENEM NSCLC* UND BCC**

MÖGLICHKEITEN ERÖFFNEN

• LIBTAYO® – die ERSTE und EINZIGE Immuntherapie indiziert für Patienten mit fortgeschrittenem CSCC# und jetzt neu für Patienten mit fortgeschrittenem BCC**, die eine HHI-Therapie aufgrund einer Krankheitsprogression oder Unverträglichkeit abbrechen mussten.1-3 • LIBTAYO® ist zugelassen als 1L-Monotherapie für NSCLC-Patienten mit PD-L1 ≥ 50 % ohne Treiberaberrationen im Stadium IIIB/C, die keine Kandidaten für eine definitive Radiochemotherapie sind, oder im Stadium IV.* • Neue Therapiemöglichkeit für ein breites Patientenkollektiv.1 2 Jahre LIBTAYO® beim fortgeschrittenen CSCC#,1 LIBTAYO® ist indiziert zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasiertem oder lokal fortgeschrittenen kutanen Plattenepithelkarzinom (CSCC), die für eine kurative Operation oder kurative Strahlentherapie nicht in Betracht kommen.#,1,2 * LIBTAYO® ist indiziert als Monotherapie für die Erstlinienbehandlung von erwachsenen Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC), das PD-L1 (in ≥ 50 % der Tumorzellen) exprimiert und keine EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen aufweist. Die Behandlung ist bestimmt für: Patienten mit lokal fortgeschrittenem NSCLC, die keine Kandidaten für eine definitive Radiochemotherapie sind, oder Patienten mit metastasiertem NSCLC.1 ** LIBTAYO® ist indiziert als Monotherapie für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Basalzellkarzinom (laBCC, oder mBCC), bei denen eine Krankheitsprogression unter einem Hedgehog-Signalweg-Inhibitor (hedgehog pathway inhibitor, HHI) aufgetreten ist oder die eine Unverträglichkeit gegenüber einem HHI haben.1 # LIBTAYO® ist indiziert als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem kutanen Plattenepithelkarzinom (mCSCC oder laCSCC), die für eine kurative Operation oder kurative Strahlentherapie nicht in Betracht kommen.1 LIBTAYO® ist die erste und einzige von der EMA zugelassene Therapie des fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinoms (CSCC). 1. Fachinformation LIBTAYO® (Cemiplimab), Stand Oktober 2021. 2. Stratigos et al., Eur J Cancer, 2020;128: 83–102. 3. Stratigos et al., Lancet Oncol, 2021;22(6):848–857. ALK = anaplastische Lymphomkinase; BCC = Basalzellkarzinom; CSCC = Plattenepithelkarzinom; EGFR = epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor; EMA = Europäische Arzneimittel-Agentur; HHI = Hedgehog-Signalweg-Inhibitor; NSCLC = nichtkleinzelliges Lungenkarzinom; PD-L1 = Programmed Death-Ligand 1; ROS1 = c-ros Onkogen. Libtayo 350mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung Wirkstoff: Cemiplimab. Zusammens.: Arzneil. wirks. Bestandt.: 350mg Cemiplimab/ Durchstechflasche (entspr. 50 mg/ml). Cemiplimab wird mittels rekombinanter DNA-Technologie in einer Zellsuspensionskultur aus Ovarialzellen des Chinesischen Hamsters (CHO) hergestellt. Sonst. Bestandt.: Histidin, Histidinhydrochlororid-Monohydrat, Sucrose, Prolin, Polysorbat 80, Wasser für Injektionszwecke. Anw.-geb.: indiziert als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem kutanen Plattenepithelkarzinom, die für eine kurative Operation oder kurative Strahlentherapie nicht in Betracht kommen. Indiziert als Monotherapie für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Basalzellkarzinom, bei denen eine Krankheitsprogression unter einem Hedgehog-Signalweg-Inhibitor (hedgehog pathway inhibitor, HHI) aufgetreten ist oder die eine Unverträglichkeit gegen einen HHI haben. Indiziert als Monotherapie für die Erstlinienbehandlung von erwachsenen Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom, das PD-L1 (in ≥ 50 % der Tumorzellen) exprimiert und keine EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen aufweist. Die Behandlung ist bestimmt für: Pat. mit lokal fortgeschr. NSCLC, die keine Kandidaten für eine definitive Radiochemotherapie sind, oder Pat. mit metast. NSCLC. Gegenanz.: Überempfindlichk. geg. d. Wirkst. od. sonst. Bestandt. Nebenw.: Infektionen und para. Erkr.: Sehr häufig: Infektio. obere Atemwege; Häufig: Harnwegsinf.; Erkr. Des Blutes / Lymphsystem: Sehr häufig: Anämie; Immunsyst.: Häufig: Reaktion im Zusammenh. m. einer Infusion. Gelegentl.: Sjögren-Syndrom, immunthrombozytopenische Purpura,. Nicht bek.: Abstoßung e. soliden Organtransplantats.Endokrine Erkr.: Häufig: Hypothyreose, Hyperthyroidismus. Gelegentl.: Nebenniereninsuffizienz, Thyroiditis; Diabetes mellitus Typ 1; Hypophysitis; Nerven: Häufig: Kopfschmerzen; periph. Neuropathie; Gelegentl.: Meningitis; Enzephalitis; Myasthenia gravis; paraneopl. Enzephalomyelitis, chron. entzündl. demyelinisierende Polyradikuloneuropathie,. Augen: Gelegentl.: Keratitis. Herz: Gelegentl.: Myokarditis, Perikarditis; Gefäßerkr.: Häufig: Hypertonie; Stoffwechsel- / Ernährungsstör.: Sehr häufig: Appetit vermindert;. Atemw./Brustr./Mediast.: Sehr häufig: Husten; Häufig: Pneumonitis, Dyspnoe. GIT: Sehr häufig: Übelkeit; Diarrhö, Obstipation; Häufig: Abdominalschmerz, Erbrechen, Stomatitis,Kolitis; Leber/Galle: Häufig: Hepatitis. Haut/Unterhautzellgewebe: Sehr häufig: Ausschlag, Pruritus. Skelett/Bindegew./Knochenerkrank.: Sehr häufig: Schmerzen des Muskel- und Skelettsys.; Häufig: Arthritis, Gelegentl.: muskuläre Schwäche, Myositis, Polymyalgia rheumatica. Nieren/Harnwege: Häufig: Nephritis. Nicht bekannt: nicht-infektiöse Zystitis. Allgem./Beschw. a. Verabreichungsort: Sehr häufig: Ermüdung. Untersuchungen: Häufig: Alanin- u./od. Aspartataminotransferase erhöht, alk. Phosphatase u./od. Kreatinin im Blut erhöht; Gelegentlich: Thyreotropin u./od. Transaminasen u./od. Bilirubin erhöht; Thyreotropin erniedrigt. Verschreibungspflichtig. Inhaber der Zulassung: Regeneron Ireland Designated Activity Company (DAC), One Warrington Place, Dublin 2, D02 HH27, Irland. Örtlicher Vertreter: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, 65926 Frankfurt am Main. Stand: Oktober 2021 Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. Sanofi und Regeneron arbeiten gemeinsam an einem globalen Produktentwicklungsprogramm und an der Vermarktung von LIBTAYO®. © 2021 Regeneron Pharmaceuticals, Inc., and Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Potsdamer Straße 8, 10785 Berlin, Telefon 0800 0436996, www.sanofi.de. All rights reserved. MAT-DE-2103247 V2.0-11/2021 2103_CEM_FN

Mit wegweisenden Therapien komplexen Erkrankungen begegnen.


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ÜBERSICHTSARBEIT

Wie geht es uns nach eineinhalb Jahren CoronaPandemie? Eine Bestandsaufnahme der Weleda Trendforschung 2021 Brigitte Söllner, Erlangen

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enngleich die Welt sich immer noch im Pandemie-Zustand befindet, ist die Gesamtsituation eine andere als letztes Jahr. Ob und wie sich diese andauernde und doch veränderte Corona-Lage auf den Einzelnen und die Gesellschaft auswirkt, hinterfragte die Weleda Trendforschung 2021 [1] in ihrer fünften repräsentativen Erhebung. Welches sind die größten Belastungsfaktoren? Wie äußern sich Stressbeschwerden? Wie empfinden die Deutschen momentan ihr soziales Leben? Wird weiter Distanz statt Nähe überwiegen, obwohl soziale Bindungen so wichtig für unser Wohlbefinden sind? Eines der zentralen Ergebnisse: Die Deutschen sind zwar durch die Pandemie weiterhin hoher Belastung ausgesetzt – doch es hat eine Verschiebung der Stressoren und Beschwerden stattgefunden. Insgesamt scheinen wir uns mit der Situation besser arrangiert zu haben als noch im letzten Jahr; eine Adaption an die Dauerbelastung scheint in vollem Gange. Dabei kommt intakten sozialen Beziehungen eine große Bedeutung zu, die aktuelle Strategie vieler Befragter heißt hier dennoch „Qualität vor Quantität“.

Belastungsfaktoren im zweiten Pandemie-Jahr: „Boreout“, FOMO & Co.

Weit fortgeschritten im zweiten Pandemie-Jahr ergibt sich die Frage, was die Deutschen im Vergleich zu 2020 besonders belastet. Zu den aktuellen Stressoren befragt, sagten 39 % der Deutschen, Angst vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 zu haben – das sind trotz fortgeschrittener Impfkampagne etwas mehr Menschen als letztes Jahr (32 %). Zukunftsängste, wie etwa die Angst vor Jobverlust, plagten besonders die Jüngeren (18 – 29 Jahre: 33  % vs. Gesamtschnitt: 19 %). 13 % der Deutschen mussten einen tatsächlichen Jobverlust bewältigen. Interessant: Letztes Jahr gaben noch 72 % an, im neuen CoronaAlltag genau das tun zu können, was sie sich vorgenommen hatten; 57 % sind Dingen nachgegangen, die sie erfüllen [2]. 2021 scheint dagegen im unfreiwilligen Leerlauf das Stichwort „Boreout“ in den Vordergrund gerückt zu sein: Mehr als jeder Fünfte (22 %) stimmte zu, Langeweile als (sehr) starke Belastung zu empfinden, bei den 18- bis 29-Jährigen sogar 42 %. Stress durch zu wenig Stimulati-

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on und erfüllende Beschäftigung – geht das überhaupt? Prof. Dr. Sonia Lippke, Leiterin der Abteilung Gesundheitspsychologie und Verhaltensmedizin an der Jacobs University Bremen, bestätigt das: „Sinnvolle Beschäftigungen und Aufgaben sind für unser Wohlbefinden äußerst wichtig. Fehlen sie, fehlen damit oft auch wichtige Motivation und äußere Taktgeber, die unserem Alltag Struktur verleihen. Dann können sich ungesunde Gewohnheiten festsetzen und sogar Ängste und andere psychische Störungen verstetigen.“ Mit dem eintönigeren Alltag korreliert offenbar ein weiterer Belastungsfaktor, denn besonders diejenigen, die vom Boreout am stärksten betroffen sind (56 % der 18- bis 29-Jährigen gegenüber 30 % im Gesamtschnitt), gaben an, unter Motivationsverlust zu leiden. Vor allem der Wegfall von kurz- und auch langfristigen Lebenszielen wie Party, Reisen oder Arbeit ist – neben psychischer (Über-)Belastung und bestimmten Lebensstilfaktoren wie starkem Internetkonsum – für Lippke als Grund für den Motivationsverlust wahrscheinlich: „Vieles war ja aufgrund der Beschränkungen nicht so einfach möglich oder so© VERLAG PERFUSION GMBH


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ÜBERSICHTSARBEIT

Abbildung 1 (© Weleda).

gar verboten.“ Gleichzeitig führten die fehlenden Möglichkeiten bei vielen Menschen offenbar zu der Angst, „das Leben zu verpassen“ (30 %), auch bekannt als „fear of missing out“ (FOMO). Vor dem Hintergrund der obigen Zahlen ist nachvollziehbar, dass auch dieses Phänomen in der jüngsten Befragtengruppe mit 56 % ausgeprägt ist (Abb. 1) [1]. Abnehmende Stressbeschwerden, zunehmende Anpassung?

Dass chronischer Stress sich negativ auf unser psychisches und körperliches Wohlbefinden auswirken und krank machen kann, ist heute hinreichend bekannt. In der Trendforschung 2020 [2] wurde dies auch sehr deutlich sichtbar: 60 % der Befragten fühlten sich im vergangenen Jahr niedergeschlagen, jeder Zweite hatte Schlafprobleme und etwa ein Drittel der Deutschen berichtete von Magenschmerzen und Verdauungsbeschwerden. Die wissenschaftliche Forschung bestätigte diese Ergebnisse zu ver-

Abbildung 2 (© Weleda).

mehrten mentalen und somatischen Beschwerden während der Pandemie [3, 4]. Nach eineinhalb Jahren Ausnahmezustand hinterfragt die diesjährige Weleda Trendforschung den Ist-Zustand: Sie zeigt, dass die anhaltende Höchstbelastung den Deutschen psychisch nach wie vor zu schaffen macht. 41 % sind nervöser und ängstlicher als im Vorjahr, jeder Vierte nimmt bei sich selbst eine erhöhte Reizbarkeit wahr [1]. Knapp einem Drittel (32 %) fällt es regelmäßig schwer, Entscheidungen zu treffen (Abb. 2). Die Gesamtbilanz ist nicht überraschend: Die Deutschen sind pandemiemüde. Doch die gute Nachricht in Bezug auf die Stressbeschwerden der Deutschen ist: Den Befragten bereitet die Pandemie im wahrsten Sinne des Wortes weniger Kopfschmerzen als noch vergangenes Jahr. Wenngleich die Angabe, in den letzten 6 Monaten täglich darunter gelitten zu haben, bei manchen körperlichen Beschwerden etwas zugenommen hat (z.B. Magenschmerzen oder höherer Puls/Herzrasen je von 3 % 2020 auf 6 % 2021), so sagten die

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Zurück in den eigenen Rhythmus finden Neben der Stärkung der eigenen Resilienz, beispielsweise durch mehr Achtsamkeit, Meditation und andere kognitivbehaviorale Stressbewältigungsstrategien, können bei stressbedingten Beschwerden wie innerer Unruhe auch rezeptfreie Arzneimittel eingesetzt werden. Etwa jedem dritten Befragten ist dabei wichtig, dass diese den natürlichen Rhythmus unterstützen und die Selbstheilungskräfte anregen [1]. Neurodoron® Tabletten von Weleda etwa sind darauf ausgerichtet, den Organismus ganzheitlich zu stabilisieren. Die arzneiliche Komposition aus potenziertem Gold, Kalium phosphoricum und Ferrum-Quarz ist natürlich wirksam bei stressbedingter Erschöpfung und unterstützt dabei, das Nervensystem zu stärken.

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ÜBERSICHTSARBEIT

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Deutschen dennoch, ihr körperlicher und psychischer Gesundheitszustand sei tendenziell zunehmend besser. Es scheint also eine Art Gewöhnungseffekt einzutreten: Die Deutschen haben sich an die andauernde Belastung adaptiert und reagieren weniger stark mit Belastungserscheinungen [1]. Einsamkeit nimmt im Vorjahresvergleich ab

Betrachtet man die diesjährigen Zahlen zum Einsamkeitsempfinden, liegt die Vermutung nahe, dass diese Adaption nicht zuletzt im Umgang mit dem vermehrten Alleinsein liegen: Zwar litt etwa jeder Fünfte (18 %) (sehr) stark unter den bisherigen Kontaktbeschränkungen, und immer noch gut ein Drittel der Deutschen (36 %) gab an, sich einsamer zu fühlen als vor den pandemiebedingten Einschränkungen (vergleichbar mit 2020), jedoch belastet Einsamkeit uns offenbar nicht mehr so permanent und extrem: Sagten 2020 noch 27 % der Deutschen, sich täglich oder mehrfach die Woche einsam zu fühlen [2], waren es dieses Jahr nur noch 23 % [1]. Darüber hinaus gaben 2021 42 % der Befragten an, sich „selten“ oder „nie“ einsam zu fühlen. Auch auf die Frage „Wie oft fühlen Sie sich unglücklich, alleine zu sein?“ antworteten 42 % mit „überhaupt nicht“, weitere 42 % mit „nur an einzelnen Tagen“ (Abb. 3) [1]. Für viele Deutsche gilt nun eher „alleine ≠ einsam“ – was sich laut den Angaben der Befragten zu ihrem gesamten psychischen und körperlichen Wohlbefinden 2021 offenbar positiv auswirkt. Dies unterstreicht auch Prof. Lippke aus psychologisch-medizinischer Sicht: „Alleinsein ist nicht au-

Abbildung 4 (© Weleda).

Abbildung 3 (© Weleda).

tomatisch ein Problem. Es kann allerdings zum Problem werden, wenn Leiden damit verbunden ist und wenn bei Krisen keine soziale Unterstützung mehr mobilisiert werden kann, entweder weil kein soziales „Auffangnetz“ vorhanden ist oder weil die soziale Kompetenz verlernt oder gar nie entwickelt wurde.“ Kontakte und soziale Beziehungen: Weniger ist momentan mehr

Sicherlich trägt auch die Reduzierung der Kontaktbeschränkungen für viele dazu bei, dass sie sich sozial nicht isoliert fühlen. Darüber hinaus hat uns die Pandemie offenbar dazu bewegt, Art und Häufigkeit von sozialen Kontakten und Beziehungen neu zu bewerten. Denn obwohl zum Zeitpunkt der Umfrage bereits seit längerem wieder eine größere Anzahl und Häufigkeit der persönlichen Kontakte gestattet war, gab fast die

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Hälfte der Befragten (44 %) an, sich im Vergleich zur Zeit vor Corona etwas oder viel seltener mit Freunden oder Familie zu treffen. Etwa jedem Zweitem (53 %) geht es nach eigener Aussage ohne ausreichend soziale Kontakte nicht gut. Doch bei 36 % ist die Anzahl der Personen, die sie treffen, nach eigener Aussage kleiner als vor der Pandemie (Abb. 3) [1]. Die Anzahl an direkten Kontakten, die als ausreichend (für das individuelle Wohlbefinden) empfunden wird, hat sich also stark verringert. Gleichzeitig hat die Qualität unserer Beziehungen zu unserem engsten sozialen Umfeld eine Veränderung zum Positiven erfahren: 69 % haben das Gefühl, mit ihren Liebsten näher zusammengewachsen zu sein, und 76 % haben Familie und Freunde nach eigener Aussage mehr zu schätzen gelernt (Abb. 4). Wohl auch deshalb wurden gerade die persönlichen Treffen mit engen Freunden oder Familienangehörigen von gut 2 Dritteln (67 %) als wohltuend empfunden, für 63 % gehören hier auch körperliche Berührungen wie Umarmungen dazu, wohingegen die (körperliche) Nähe fremder Personen von 69 % gescheut wird [1]. Es scheint: Wir wählen unsere Kontakte jetzt bewusster und wissen um ihre Bedeutung für unser Wohlbefinden. © VERLAG PERFUSION GMBH


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ÜBERSICHTSARBEIT

Während die engen Beziehungen also noch enger geworden sind, wahren wir Fremden gegenüber buchstäblich mehr Distanz. AHA + L – für die Deutschen (vorübergehend) OK

Neben Kontaktbeschränkungen gehören auch die Hygieneregeln AHA + L (Abstand, Hygiene, Alltagsmaske + Lüften) zu unserem Alltag mit dem Virus. Das Masketragen etwa stößt dabei auf hohe Akzeptanz: 89  % der Befragten tragen in Geschäften oder im ÖPNV nach eigener Aussage stets einen Mund-Nasen-Schutz. Wenngleich diese Maßnahmen zentral für die Eindämmung der Pandemie waren und sind, hat ihre Befolgung teilweise Auswirkungen auf andere Aspekte des Wohlbefindens – und des Miteinanders. So gaben etwa 47 % der Befragten an, dass Masken für sie „etwas Wichtiges aus einem Gespräch oder Treffen“ herausfiltern [1]. Aus psychologischer Sicht lässt sich das u.a. mit der Rolle der Mimik für den Beziehungsaufbau erklären, wie Lippke darlegt: „Es ist für eine gesunde Individualentwicklung und Sozialisation wichtig, das ganze Gesicht von Bezugspersonen und anderen Menschen zu sehen und das Gegenüber auch nonverbal wahrzunehmen.“ Wir stellen also Aspekte des eigenen Wohlbefindens hinter den Schutz der Gemeinschaft zurück. Über die Hälfte geht zudem – auch freiwillig – auf Distanz: 59 % stimmen (eher) zu, dass ihr „Tanzbereich“ (der Abstand zwischen ihnen selbst und anderen, mit dem sie sich wohlfühlen) seit der Pandemie größer geworden ist (Abb. 5). Aber: Knapp 2 Dritteln der Befragten (64 %) sind Umarmungen zur Begrüßung oder zum

Exkurs: Sind (uns) Touch-Screen-Berührungen genug? Digitaler Kontakt kann persönlichen Kontakt für 86 % der Befragten nicht ersetzen [1]. Knapp 3 Viertel widersprechen der Aussage, das meiste könnte auch in Zukunft digital ablaufen. 42 % haben den Eindruck, in der digitalen Kommunikation entstünden mehr Missverständnisse, mehr als die Hälfte findet die digitale Kontaktpflege anstrengender. Die (zwischenmenschliche) Zukunft ist also nicht rein digital, wenn man die Deutschen fragt. Für Prof. Lippke eine begrüßenswerte Nachricht, denn im virtuellen Raum fehlt etwas für den Aufbau zwischenmenschlicher Beziehungen ganz Entscheidendes: Körperkontakt. „Wir brauchen als Gesellschaft physische Berührungen, denn diese lösen die Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin aus.“ Gesunde Bindungen sind der Expertin zufolge dabei nicht nur für die individuelle Gesundheit von großer Bedeutung, sondern auch für Betriebe und Organisationen (z.B. entstehen dem Arbeitgeber hohe Kosten bei Einsamkeit der Arbeitnehmer [5]) und für die gesamte Gesellschaft. Bei rein digitalen Kontakten werden aber auch psychologisch wichtige Bestandteile der Kommunikation ausgefiltert. Menschen brauchen vielfältige Signale von anderen Menschen, um sich wohl zu fühlen, also auch das, was digital nicht immer „rüberkommt“.

Abschied – zumindest bei nahestehenden Personen – wichtig, und 30 % stimmten der Aussage, dass Händeschütteln zur Begrüßung dazu gehört, (eher) zu. Ausblick: Mehr Distanz – wird unser „Tanzbereich“ größer?

In Anbetracht der diesjährigen Ergebnisse sowie der Tatsache, dass immerhin 33 % der Deutschen angeben, die Gesellschaft anderer fehle ihnen selten oder nie [1], drängen sich Fragen zur gesamtgesellschaftlichen Entwicklung auf: Drohen wir, uns zu einer Gesellschaft von „Einzelkämpfern“ zu entwickeln? Wird mehr (körperliche) Distanz der neue Standard für das Miteinander? Auf den ersten Blick scheint dies eine realistische Möglichkeit: 72 % der Befragten sind überzeugt, dass wir ein stärkeres Bewusstsein für Nähe und Distanz beibehalten werden. 68 %

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Abbildung 5 (© Weleda).

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ÜBERSICHTSARBEIT

glauben, dass Abstände noch lange verbreitet sein werden (Abb. 5), und mehr als 3 Viertel (77  %) glauben oder halten es für möglich, dass viele Menschen gar eine leichte Angst vor (körperlicher) Nähe davontragen werden [1]. Die Weleda Trendforschung 2021 zeigt aber auch: 2 von 3 Befragten (66 %) fehlt trotz der offenbar laufenden Anpassung an das veränderte gesellschaftliche Beziehungsgefüge oft oder manchmal die Gesellschaft anderer Menschen. 57 % vermissen etwa das Gemeinschaftsgefühl, das sie beim Teilen von Erlebnissen wie Fußballspielen oder Konzerten spüren (Abb. 5) [1]. Bis zu einem gewissen Grad konnten wir das gewohnte soziale Gefüge bereits wiederherstellen, teilweise durch das Zurückkehren der

Kontaktmöglichkeiten, teilweise durch unsere Neubewertung sozialer Beziehungen. So sind wir in der „neuen Normalität“ angekommen – und der Wandel geht wohl weiter: Knapp jeder zweite Deutsche (48 %) glaubt oder hält es für möglich, dass wir in Bezug auf (Körper-)Kontakt über kurz oder lang zurückkehren werden zum „PräPandemie-Zustand“. Wenn wir gesamtgesellschaftlich wieder zu einem vertrauten Miteinander ohne Einschränkungen für Gesundheit und Wohlbefinden finden wollen, eine gute Nachricht.

1 Weleda Trendforschung 2021, repräsentative Umfrage im Auftrag von Weleda. Stichprobe: 1.002 Personen der deutschen Bevölkerung ab 18 Jahren. Bilendi

Anschrift der Verfasserin: Brigitte Söllner Lärchenweg 10 91058 Erlangen

Retardformulierung von Tofacitinib jetzt auch für die Therapie der PsoriasisArthritis zugelassen

angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Durch eine Tofacitinib-Formulierung mit verzögerter Wirkstofffreisetzung reicht bei der Therapie der Rheumatoiden Arthritis (RA) wie der PsA eine 1× tägliche Einnahme von 11 mg aus. Die Wirkung ist mit der von 2× täglich 5 mg Tofacitinib vergleichbar. Die Umstellung der Behandlung mit Tofacitinib 5 mg Filmtabletten 2× täglich auf Tofacitinib 11 mg Retardtabletten 1× täglich und umgekehrt kann jeweils am Tag nach der letzten Dosis der jeweils anderen Tablettenart erfolgen.

Die Zulassung der Einmalgabe für die Behandlung der RA in Deutschland erfolgte im Februar 2020. Der von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) – standardmäßig bei der Prüfung modifizierter Formulierungen von bestehenden Medikamenten – geforderte Nachweis der Bioäquivalenz von Tofacitinib 11 mg 1× täglich zum Referenzprodukt Tofacitinib 5 mg 2× täglich wurde seinerzeit in 2 pharmakokinetischen Studien mit gesunden Probanden erbracht. Ferner lagen die Ergebnisse einer ExpositionsReaktions-Analyse vor. S. M.

Ab sofort steht der orale Januskinase (JAK)-Inhibitor Tofacitinib als 1× tägliche Dosierung (Xeljanz® Retardtabletten 11 mg) in Deutschland auch für Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) zur Verfügung. Indiziert ist Tofacitinib in Kombination mit Methotrexat (MTX) zur Behandlung der aktiven PsA bei erwachsenen Patienten, die auf eine vorangegangene krankheitsmodifizierende antirheumatische (DMARD-)Therapie unzureichend

GmbH. Befragungszeitraum: 22.– 28.07.2021. Erhebungsart: online 2 Weleda Trendforschung 2020, repräsentative Umfrage im Auftrag von Weleda. Stichprobe: 1.050 Personen der deutschen Bevölkerung ab 18 Jahren. Bilendi GmbH. Befragungszeitraum: 08.– 15.06.2020. Erhebungsart: online 3 Lippke S et al. Einsam(er) seit der Corona-Pandemie: Wer ist besonders betroffen? – psychologische Befunde aus Deutschland. Präv Gesundheitsf März 2021. https://doi.org/10.1007/s11553021-00837-w 4 Dahmen A et al. Angst vor dem Coronavirus, Absicht zum Befolgen der AHARegeln und Risikowahrnehmung bezüglich Arztbesuchen: Querschnittsstudie mit psychisch vorerkrankten Menschen. Das Gesundheitswesen 2021;83:274-281 5 https://neweconomics.org/uploads/files/ NEF_COST-OF-LONELINESS_DIGITAL-Final.pdf

Literatur

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Die erste CAR-TZelltherapie bei ALL und DLBCL 1

I AM KYMRIAH

®

Bei der abgebildeten Person handelt es sich nicht um einen Patienten, sondern ein Testimonial. 1. KYMRIAH® 1,2 x 10 6 bis 6 x 10 8 Zellen Infusionsdispersion. Kymriah® 1,2 x 106 bis 6 x 108 Zellen Infusionsdispersion.  Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Wirkstoff: Tisagenlecleucel. Zus.-setz.: Arzneil. wirks. Bestandt.: Jeder Ethylenvinylacetat(EVA)-Infusionsbeutel m. Kymriah enthält d. Tisagenlecleucel-Zell-Dispersion in einer chargenabhäng. Konz. an genet. veränderten autologen T-Zellen, d. einen gegen CD19 gerichteten chimären Antigenrezeptor exprimieren (CAR-positive lebensfähige T-Zellen). 1 oder mehrere Infusionsbeutel enth. insg. 1,2 x 106 bis 6 x 108 CAR-positive lebensfähige T-Zellen. Sonstige Bestandteile: Glucose, Natriumchlorid, Humanalbumin-Lsg., Dextran 40 zur Injekt., Dimethylsulfoxid, Natriumgluconat, Natriumacetat, Kaliumchlorid, Magnesiumchlorid, Natrium-N-Acetyltryptophanat, Natriumcaprylat, Aluminium, Wasser f. Injektionszwecke. Anwend.: Behandl. v. Kdr. u. Jugendl. u. jungen erw. Pat. im Alter bis einschl. 25 Jahren mit refraktärer od. rezidivierter (Rezidiv nach Transplantation od. zweites od. späteres Rezidiv) akuter lymphat. B Zell Leukämie (ALL), sowie von erw. Pat. mit rezidiviertem od. refraktärem diffus großzelligen B Zell Lymphom (DLBCL) nach zwei od. mehr Linien einer syst. Therapie. Geg.-anz.: Überempfindl. gegen d. Wirkstoff od. einen d. sonst. Bestandteile. Geg.-anz. d. Chemotherapie zur Lymphozytendepletion sind zu beachten. Nebenw.: Sehr häufig: Infektionen nicht näher spezifizierte Pathogene, virale Infektionen, bakterielle Infektionen, Pilzinfektionen. Anämie, Blutung, febrile Neutropenie, Neutropenie, Thrombozytopenie (>28 Tage anhaltende Zytopenien mögl.). Zytokin-Freisetzungssyndrom (häuf. 1-10 Tage nach Infusion), Hypogammaglobulinämie. Verminderter Appetit, Hypokaliämie, Hypophosphatämie, Hypomagnesiämie, Hypokalzämie. Angst, Delirium, Schlafstörungen. Kopfschmerzen, Enzephalopathie. Arrhythmie. Hypotonie, Hypertonie. Husten, Dyspnoe, Hypoxie. Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Abdominalschmerzen. Ausschlag. Arthralgie. Akute Nierenschädigung. Fieber, Müdigkeit, Ödem, Schmerzen, Schüttelfrost. Verringerte Lymphozytenzahl, Verringerte Anzahl weißer Blutzellen, Verringertes Hämoglobin, Verringerte Neutrophilenzahl, Verringerte Thrombozytenzahl, Erhöhte Aspartat-Aminotransferase. Häufig: Hämophagozytische Lymphohistiozytose, Leukopenie, Panzytopenie, Koagulopathie, Lymphopenie. Reakt. im Zusammenh. mit einer Infusion, Graft-versus-Host-Reaktion. Hypoalbuminämie, Hyperglykämie, Hyponatriämie, Hyperurikämie, Hypervolämie, Hyperkalzämie, Tumor-Lyse-Syndrom, Hyperkaliämie, Hyperphosphatämie, Hypernatriämie, Hypermagnesiämie. Schwindel, Periphere Neuropathie, Tremor, Motorische Funktionsstörung, Krampfanfälle, Sprachstörungen, Neuralgie, Ataxie. Sehstörung. Herzversagen, Herzstillstand. Thrombose, Kapillarlecksyndrom. Schmerzen im Oropharynx, Lungenödem, Nasenverstopfung, Pleuraerguss, Tachypnoe, Akutes respiratorisches Distress-Syndrom. Stomatitis, Abdominale Distension, Trockener Mund, Aszites. Hyperbilirubinämie. Pruritus, Erythem, Hyperhidrose, Nachtschweiß. Rückenschmerzen, Myalgie, Schmerzen des Muskel- u. Skelettsystems. Grippeähnliche Symptome, Asthenie, Multiorganversagen. Erhöhte Alanin-Aminotransferase, Erhöhtes Bilirubin im Blut, Gewichtsverlust, Erhöhtes Serum-Ferritin, Verringertes Fibrinogen im Blut, Erhöhter INR-Wert (international normalised ratio), Erhöhtes Fibrin-D-Dimer, Verlängerte aktivierte partielle Thromboplastinzeit, Erhöhte alkalische Phosphatase im Blut, Verlängerte Prothrombinzeit. Gelegentlich: B-Zell-Aplasie. Ischämischer Hirninfarkt. Hitzewallungen. Lungeninfiltration. Warnhinw.: Enthält Natrium. Enthält Dextran 40 und Dimethylsulfoxid. Beh. Pat. dürfen weder Blut, Organe, Gewebe noch Zellen spenden. Verschreibungspflichtig. Weit. Hinweise: Siehe Fachinformation(en). Stand: Juni 2021 (MS 06/21.5). Novartis Pharma GmbH, Roonstr. 25, 90429 Nürnberg. Tel.: (0911) 273-0, Fax: (0911) 273-12 653. www.novartis.de


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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

A

ntikörper spielen in der Behandlung neurologischer Erkrankungen seit mehreren Jahren eine große Rolle. Mit den CGRP-Antikörpern, die in das Calcitonin-Gene-Related-Peptide-System eingreifen, steht inzwischen eine Substanzklasse zur Verfügung, die die Migräneprophylaxe revolutioniert hat und bei episodischer und chronischer Migräne eingesetzt werden kann [1]. Mittlerweile ist das Wissen über die Antikörper gewachsen. Es hat sich gezeigt, dass sie nicht nur die Migränetage signifikant reduzieren, sondern auch Begleiterscheinungen der Migräne verbessern können [2] und bei Migränepatienten mit Komorbiditäten einsetzbar sind [3]. Das Wichtigste: Sie funktionieren auch in der täglichen Praxis bei Patienten, die in der Regel schon mehrere frustrane Therapieversuche hinter sich haben. Dies belegen aktuelle Interims-Daten aus einer nicht interventionellen Studie für den CGRP-Antikörper Fremanezumab (Ajovy®) [4]. Auch die gute Datenlage bei PatientReported-Outcomes wie Lebensqualität, Produktivität oder Grad der migräne- bzw. kopfschmerzbedingten Beeinträchtigungen spricht für diesen Wirkstoff. Innovativer Wirkmechanismus

Der monoklonale, humanisierte IgG2Δa-Antikörper Fremanezumab bindet direkt an das proinflammatorische Neuropeptid CGRP und verhindert damit, dass beide CGRP-Isoformen (α- und β-CGRP) am CGRP-Rezeptor andocken [5]. CGRP wirkt stark gefäßerweiternd und triggert die zentrale Schmerzauslösung sowie die neurogene Entzündung. Ein Indiz dafür, dass CGRP auch eine ent-

CGRP-Antikörper Fremanezumab überzeugt in der Migräneprophylaxe scheidende Rolle bei der Vermittlung des Migräneschmerzes spielt, ist, dass während eines Migräneanfalls der CGRP-Spiegel nachweislich signifikant ansteigt und mit nachlassendem Kopfschmerz auf Normalwerte zurückkehrt. Untermauert wird die CGRP-Hypothese durch die Beobachtung, dass Injektionen des Neuropeptids bei Migränikern Anfälle auslösen können und diese durch Triptane wieder abgeschwächt werden, die die Ausschüttung CGRP im Trigeminus-System hemmen. Daher geht man davon aus, dass Fremanezumab Migräneanfälle durch eine Modulierung des Trigeminussystems verhindert [5]. Fremanezumab ist zugelassen für die Migräneprophylaxe bei Erwachsenen mit mindestens 4 Migränetagen pro Monat. Der CGRPAntikörper kann flexibel monatlich (225 mg) oder – in höherer Dosierung – auch vierteljährlich (3 × 225 mg) subkutan injiziert werden. Diese Wahl des Dosierungsintervalls ist unter den in Deutschland zugelassenen Vertretern der Wirkstoffklasse in dieser Indikation nur für Fremanezumab verfügbar. Die Anwendung erfolgt mittels eines einfach zu handhabenden Pens oder einer Fertigspritze [5].

nen mit chronischer (HALO CM [6]) und episodischer Migräne (HALO EM [7]) jeweils im Vergleich zu Placebo untersuchten, zeigte Fremanezumab bereits nach einer Woche eine relevante Wirksamkeit, die auch über das gesamte Dosierungsintervall anhielt – egal ob der Antikörper monatlich oder vierteljährlich verabreicht wurde. Unter beiden Fremanezumab-Dosierungsschemata wurden bereits 4 Wochen nach der ersten Dosis signifikante Behandlungseffekte beobachtet. Im Verlauf der 12-wöchigen Studien konnte die Anzahl der monatlichen Migränetage signifikant verringert werden: • Bei Patienten mit chronischer Migräne nahm sie um 4,6 Tage unter monatlicher und um 4,3 Tage unter vierteljährlicher Gabe ab (Placebo –2,5 Tage; p < 0,001 vs. Placebo); die Halbierung der Kopfschmerztage gelang bei 40,8 % bzw. 37,6 % [6]. • Bei Patienten mit episodischer Migräne wurde eine Reduktion um 3,7 (monatliche Gabe) bzw. 3,4 Tage (Quartalsdosierung) erzielt (Placebo –2,2 Tage; p < 0,001 vs. Placebo); eine mindestens 50%ige Verbesserung wurde bei 47,7 % bzw. 44,4 % erreicht [7].

Früh eintretende, signifikante und anhaltende Wirksamkeit

Wie die offene Langzeitstudie HALO LT über 52 Wochen eindrücklich bestätigte, bleibt die Wirksamkeit von Fremanezumab auch über einen längeren Zeitraum

In den HALO-Zulassungsstudien, die den Wirkstoff bei Erwachse-

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Lebensqualität als wichtiger Faktor bei der Therapieentscheidung

Damit eine prophylaktische Therapie als erfolgreich empfunden wird, werden von Patienten unterschiedliche Aspekte angegeben, die sich unter der Therapie verbessern sollten. Bei einer Befragung

Episodische Migräne

Chronische Migräne

≥ 50 % Reduktion der Migränetage 100

≥ 50 % Reduktion der Migränetage 100

90

90

80

80

70 60 50

61

59

65

60

68

66

40 30

Anteil Patienten (%)

Anteil Patienten (%)

erhalten [8]. Bei der chronischen Migräne reduzierte sich nach einem Jahr die Anzahl der monatlichen Migränetage bei monatlicher Dosierung um 8,0 Tage und bei Quartalsdosierung um 7,2 Tage gegenüber Baseline. Darüber hinaus stieg die 50%ige Responderrate weiter an und lag nach einem Jahr bei 57 % (monatliche Dosierung) bzw. 53 % (Quartalsdosierung) (Abb. 1) [9]. Dieser Langzeitnutzen konnte auch bei der episodischen Migräne beobachtet werden: Die Anzahl der monatlichen Migränetage nahm bei monatlicher Dosierung um 5,1 Tage und bei Quartalsdosierung um 5,2 Tage ab. Auch bei diesen Patienten stieg die Responderrate auf 68 % (monatliche Dosierung) bzw. 66 % (Quartalsdosierung) an (Abb. 1) [8]. Neben der Reduktion der Migränetage und dem Anstieg der Responderrate zeigte sich in HALO LT, dass auch Patienten, die nach einem Monat noch nicht auf Fremanezumab angesprochen hatten, von der Behandlung profitieren konnten: 48 % dieser Patienten (episodische Migräne) bzw. 34 % (chronische Migräne) erreichten nach 6 Monaten eine ≥50%ige Reduktion der monatlichen Migränetage [10]. Dies untermauert die Annahme, dass das Ansprechen auf Fremanezumab bei einigen Patienten gegebenenfalls erst mit einer gewissen Verzögerung einsetzen kann.

70 60 50 40 20

10

10 3

6 12 Monate nach Erstinjektion

n=371 n=361

n=347 n=338

Fremanezumab Quartalsdosis

n=313 n=299

42

53

57

44

30

20 0

54

48

0

3

6 12 Monate nach Erstinjektion

n=515 n=531

n=489 n=484

n=434 n=435

Fremanezumab Monatsdosis

Quelle: Newman LC et al. EHF Kongress Athen 2019. E-Poster 010

Abbildung 1: Hohe Ansprechraten zeigten sich auch in der Langzeittherapie mit Fremanezumab (Ajovy®) (mod. nach [8]; ©Teva).

G-BA sieht Anhaltspunkt für beträchtlichen Zusatznutzen Am 7. November 2019 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) über den Zusatznutzen von Fremanezumab entschieden und einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen von Fremanezumab gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie Best Supportive Care (BSC) ausgesprochen [15]. Der G-BA zog zur Nutzenbewertung vor allem die Daten der Phase-IIIb-FOCUS-Studie heran [12]. Die positive Entscheidung bezieht sich dabei auf eine bestimmte Patientenpopulation: erwachsene Patienten, die auf keine der genannten medikamentösen Wirkstoffklassen (Betablocker, Kalziumkanal-Blocker, Antidepressiva, Antikonvulsiva sowie Onabotulinumtoxin A bei der chronischen Migräne) ansprechen, für diese aufgrund einer Kontraindikation nicht geeignet sind oder diese nicht vertragen. Für diese Patientengruppe gilt die Verschreibung von Fremanezumab als Praxisbesonderheit und wird entsprechend bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung berücksichtigt.

von Fremanezumab-Patienten (n = 253), die in der 52-wöchigen HALO-Langzeitstudie entweder eine monatliche oder vierteljährliche Dosierung erhalten hatten, wurde nicht nur die Reduktion der Häufigkeit sowie der Intensität und Dauer der Migräne-Attacken von den befragten Patienten als positiv beurteilt. Über die Hälfte der Patienten war auch mit der Verringerung der Begleitsymptome, wie Schwindel oder Übelkeit, sehr zufrieden [11].

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Außerdem spielt für die Patienten vor allem die Verträglichkeit der Therapie eine entscheidende Rolle. Fremanezumab zeigte in den klinischen Studien ein sehr gutes Verträglichkeitsprofil [6, 7]. Die meisten Nebenwirkungen waren lokale Reaktionen an der Injektionsstelle und von milder bis moderater Stärke. Auch in den Langzeitstudien ergaben sich keine zusätzlichen Sicherheitssignale [8]. Des Weiteren wurden in den klinischen Studien wichtige Patient© VERLAG PERFUSION GMBH


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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Reported-Outcomes (PROs) wie die Lebensqualität (gemessen mit dem Migraine Specific Quality of Life Questionnaire, MSQoL), die Produktivität (gemessen mit dem Work Productivity and Activity Impairment Questionnaire:General Health, WPAI:GH) oder der Grad der migräne- bzw. kopfschmerzbedingten Beeinträchtigungen (gemessen mit dem Migraine Disability Assessment Score, MIDAS, bzw. dem 6-Item Headache Impact Test, HIT-6). Alle Parameter konnten durch die Behandlung mit Fremanezumab in einem hohen Maße verbessert werden [6, 7]. Dies ist besonders bei Patienten, die bereits mehrere erfolglose Therapien hinter sich haben, ein wesentlicher Aspekt. Wie eine Post-hoc-Analyse der FOCUS-Studie [12] ergab, an der Migräne-Patienten teilnahmen, die auf 2 – 4 Vortherapien mit unterschiedlichen Wirkstoffklassen in den letzten 10 Jahren nicht adäquat angesprochen hatten, verbesserten sich nach 3-monatiger Behandlung mit Fremanezumab auch die patientenrelevanten Outcome-Parameter wie Lebensqualität, Gesundheitsstatus und Arbeitsproduktivität im Vergleich zu Placebo signifikant [13]. Real-World-Daten spiegeln die Ergebnisse der Zulassungsstudien wider

In der nicht interventionellen Studie FINESSE, die derzeit in Deutschland und Österreich durchgeführt wird, wird die Wirksamkeit von Fremanezumab bei Patienten mit episodischer oder chronischer Migräne in der klinischen Praxis untersucht. Wie die erste Interimsanalyse nach 6 Monaten zeigt, hatten 49,1 % der Patienten (n = 216), deren Daten in die

Zwischenanalyse einflossen, eine mindestens 50%ige Reduktion der monatlichen Migränetage erreicht [4]. Demnach überzeugt Fremanezumab auch in der täglichen Routine als schnell wirksame, effektive und gut verträgliche Medikation, deren Wirksamkeit sowohl bei monatlicher als auch bei vierteljährlicher Dosierung ohne Wearing-off-Effekte bis zum Ende des Dosierungsintervalls anhält [13]. Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Diener H.-C. et al. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Antikörpern gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor, Ergänzung der S1-Leitlinie Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, 2019, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien 2 Brandes JL et al. Cephalalgia 2020;40: 470-477 3 Lipton RB et al. Headache 2021;61:662672 4 Straube A et al. Effectiveness of fremanezumab for preventive treatment in migraine: the non-interventional FINESSE Study, Poster auf dem DGN-Kongress, 2.–5. November 2021 5 Fachinformation Ajovy® 225 mg Injektionslösung in Fertigspritze / Fertigpen; Stand: Juni 2021 6 Silberstein SD et al. N Engl J Med 2017; 377:2113-2122 7 Dodick DW et al. JAMA 2018;319:19992008 8 Goadsby PJ et al. Neurology 2020;95: e2487-e2499 9 Newman LC et al. EHF Kongress Athen 2019. E-Poster 010 10 Silberstein SD et al. Poster PF111, American Headache Society Meeting 2018, San Francisco 11 Buse DC et al. J Headache Pain 2020; 21:109 12 Ferrari MD et al. Lancet 2019;394:10301040 13 Spierings ELH et al. Headache 2021; https://doi.org/10.1111/head.14196 14 Blumenfeld AM et al. Headache 2020; 60:2431-2443 15 Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Nutzenbewertungsverfahren zum Wirkstoff Fremanezumab. https://www.g-ba. de/bewertungsverfahren/nutzenbewertun g/462/#beschluesse

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M

it der Zulassung von Tofacitinib (Xeljanz®), einem oralen Januskinase-Inhibitor (JAKi), vor über 3 Jahren, wurden die Therapiemöglichkeiten für erwachsene Patienten mit Colitis ulcerosa um eine gut wirksame Substanz erweitert [1]. Die mittlerweile aus dem klinischen OCTAVE-Studienprogramm und den Real-World-Studien gewonnenen Daten sprechen in ihrer Gesamtheit dafür, dass Tofacitinib eine rasche Symptomlinderung in der Induktionstherapie und stabile Remissionsraten in der Erhaltungstherapie ermöglicht – und zwar auch dann, wenn die Erhaltungsdosis von 2 × 10 mg auf 2 × 5 mg täglich reduziert wird [2]. Der klinische Benefit von Tofacitinib wird durch die einfache orale Einnahme und ein gut charakterisiertes, konsistentes Langzeitsicherheitsprofil über einen Zeitraum bis zu 6,8 Jahren ergänzt [3]. Ziel ist die endoskopische Remission

Patienten, die an Colitis ulcerosa leiden, sollen nach dem heutigen Verständnis eine möglichst schnelle symptomatische Besserung und eine dauerhafte Krankheitskontrolle erreichen [4]. Ein vielversprechendes langfristiges Therapieziel stellt die endoskopische Remission verbunden mit einer normalisierten Lebensqualität und der Abwesenheit von Komplikationen dar. Mit Tofacitinib, einem „small molecule“, steht ein zielgerichtetes Wirkprinzip für Erwachsene mit schwerer bis mittelschwerer aktiver Colitis ulcerosa zur Verfügung, das bereits 2 Jahre nach der Zulassung für diese Indikation in die S3-Leitlinie Colitis ulcerosa der DGVS aufgenommen wurde [5]. © VERLAG PERFUSION GMBH


AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

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Mittelschwere bis schwere Colitis ulcerosa: Umfassende Evidenz zeigt den Langzeitnutzen von Tofacitinib Gut untersuchtes Langzeitwirksamkeits- und Langzeitsicherheitsprofil

Mit Tofacitinib lässt sich nicht nur ein schnelles Ansprechen erreichen, sondern bei vielen Patienten auch eine dauerhafte Remission erzielen. Das zeigen die Ergebnisse des Phase-III-Studienprogramms OCTAVE, bestehend aus den beiden 8-wöchigen Induktionsstudien OCTAVE Induction 1 und 2, gefolgt von der 52-wöchigen Erhaltungsstudie OCTAVE Sustain [6]. Mittlerweile liegen weitere Daten der offenen Verlängerungsstudie OCTAVE Open vor [3, 7]. In dieser Studie wurden Patienten aus den beiden OCTAVE-Induktionsstudien, die zu Woche 8 kein klinisches Ansprechen zeigten, sowie Patienten aus OCTAVE Sustain, die keine Remission erreichten, mit 2 × 10 mg Tofacitinib täglich behandelt. Patienten, die sich in Remission befanden, wurden mit einer Dosis von 2 × 5 mg täglich weiterbehandelt. Eine Interims­ analyse (Datenschnitt im Mai 2019) bestätigt das Sicherheitsprofil von Tofacitinib über einen Behandlungszeitraum von 6,8 Jahren (n = 1157) [3]. Die Inzidenzraten relevanter Nebenwirkungen, wie Nasopharyngitis, Arthralgien oder

auch eine Verschlechterung der Colitis ulcerosa, blieben über den gesamten Behandlungszeitraum weitgehend konstant [3]. Auch die Inzidenzraten von schweren Infektionen und Herpes-zoster-Infektionen blieben in der Langzeittherapie stabil. Es wurden keine neuen Sicherheitssignale berichtet. Überzeugende Daten aus der Extensionsstudie gibt es inzwischen auch zum Remissionserhalt: Mehr als 2 Drittel der Patienten (68,3 %), die in OCTAVE Sustain eine Remission erreicht hatten und in OCTAVE Open mit 2 × 5 mg Tofacitinib täglich weiterbehandelt wurden, blieben nach 12 Monaten weiterhin in Remission, 73,9 % zeigten eine endoskopische Verbesserung und 77,5 % ein klinisches Ansprechen (NRILOCF-Daten) [7]. Selbst nach 36 Monaten traf das noch für über die Hälfte der Patienten zu (50,4 %, 55,3 % bzw. 56,0 %) [7]. Remissionserhalt auch nach Dosisreduktion auf 2 × 5 mg Tofacitinib möglich

Dass die JAKi bei Patienten pie auch

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gute Wirksamkeit des vielen Colitis-ulcerosain der Erhaltungstheranach Dosisdeeskalation

von 2 × 10 mg auf 2 × 5 mg Tofacitinib täglich bestehen bleibt, bestätigen die Ergebnisse einer aktuellen Zwischenauswertung der noch laufenden Phase-IIIb/IVStudie RIVETING [2]. In diese Studie wurden Patienten aus der Langzeitstudie OCTAVE Open, die unter der Erhaltungstherapie mit 2 × 10 mg Tofacitinib täglich seit mindestens 6 Monaten in stabiler klinischer Remission waren (n = 140) einbezogen und randomisiert entweder mit 2 × 10 mg oder 2 × 5 mg Tofacitinib täglich weiterbehandelt. Der primäre Endpunkt war die Remissionserhaltung gemäß dem modifizierten Mayo Score (endoskopischer Subscore ≤1, Subscore für Stuhlfrequenz ≤1 und Subscore für rektale Blutungen = 0) zu Monat 6. Nach den Ergebnissen der aktuellen Interimsanalyse hielt die Remission nach Dosisreduktion bei 77,1 % der Patienten weiterhin an [2]. Die höchste Chance auf Remissionserhaltung hatten Patienten, die bei Einschluss in die RIVETING-Studie eine endoskopische Remission (Baseline-endoskopischer Subscore = 0) aufwiesen und nicht mit TNFα-Inhibitoren vorbehandelt waren. Auch in dieser Studie wurden keine neuen Sicherheitssignale detektiert [2]. © VERLAG PERFUSION GMBH


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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Patientenpräferenzen bei der Therapiewahl berücksichtigen

Während in der Vergangenheit die klinischen Folgen einer Coilitis ulcerosa wie Diarrhö, Blutbeimengungen im Stuhl und Anämie im Fokus standen, sind heute auch die aus Patientensicht relevanten Aspekte der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung in den Vordergrund gerückt, die den Alltag und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Dazu zählen insbesondere Fatigue, Leistungsminderung, Angst und Depression [8, 9, 10]. Rund 2 Drittel (65 %) der Patienten haben den Eindruck, dass die Krankheit ihr Leben kontrolliert [9]. Etwa die Hälfte aller Patienten mit mittelschwerer bis schwer Colitis ulcerosa ist mit den konventionellen Therapien unzufrieden [11]. Eine multinationale Befragung ergab, dass Langzeitremission, Applikationsweg, Applikationsfrequenz und Sicherheitsprofil der Medikamente für die Betroffenen die größte Bedeutung bei der Therapiewahl haben [12]. Um das langfristige Outcome zu verbessern, sollten hochwirksame und zielgerichtete Therapieoptionen wie Biologika und JAKi rechtzeitig eingesetzt und die Patientenpräferenzen bei der Therapieentscheidung berücksichtigt werden. Real-World-Erfahrungen mit Tofacitinib

Erste Daten retrospektiver und prospektiver Real-World-Studien

zeigten – in Ergänzung zur wissenschaftlichen Evidenz aus dem klinischen OCTAVE-Studienprogramm – einen raschen Wirkeintritt und eine verlässliche Wirksamkeit von Tofacitinib in einer breiten und heterogenen Patientenpopulation mit mittelschwerer bis schwerer aktiver Colitis ulcerosa in der klinischen Routineversorgung. Eine retrospektive Kohortenstudie aus Großbritannien untersuchte die Effektivität von Tofacitinib bei 134 überwiegend Biologika-resistenten Patienten. Etwa 3 Viertel der Patienten (74 0%) sprachen in Woche 8 auf den JAKi an (95%KI: 65 – 81 %); 44 % erreichten in Woche 26 eine steroidfreie Remission (95%-KI: 34 – 53 %) [12]. Der Behandlungserfolg war unabhängig von einer vorherigen antiTNFα-Therapie. Es wurden keine venösen Thromboembolien oder schwere kardiovaskuläre Ereignisse dokumentiert [12]. Auch in Registerstudien aus den Niederlanden (n = 123) [13] und Spanien (n = 113) [14] ermöglichte die Anwendung von Tofacitinib selbst bei stark vorbehandelten Patienten ein klinisches Ansprechen und/oder eine Remission, bei einem generell mit den Sicherheitsdaten der OCTAVE-Studien übereinstimmenden Sicherheitsprofil. Ein indirekter Vergleich von Sicherheitsereignissen bei Colitisulcerosa-Patienten einer US-amerikanischen Real-World-Kohorte unter TNFα-Hemmern (n = 6366) mit einer Kohorte aus den klinischen Studien mit Tofacitinib (n = 1157) deutet darauf hin, dass schwere Infektionen unter dem

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JAKi numerisch seltener auftreten (0,98 vs. 3,75 Ereignisse/100 Patientenjahre) [15]. Herpes-zoster-Infektionen waren unter Tofacitinib häufiger (4,38 vs. 1,98 Ereignisse/100 Patientenjahre) [15]. Aufgrund des höheren Risikos wird empfohlen, alle Patienten vor Therapiebeginn gegen Herpes zoster zu impfen [1]. Fabian Sandner, Nürnberg

Literatur 1 Fachinformation Xeljanz®; Stand: August 2021 2 Vermeire S et al. J Crohn Colitis 2021; 15:1130-1141 3 Sandborn WJ et al. UEGW 2020; Poster P0494 4 Turner D et al. Gastroenterology 2021; 160:1570-1583 5 Kucharzik T et al. Z Gastroenterol 2020;58:241-326; AWMF-Registernr. 021-009 6 Sandborn WJ et al. N Engl J Med 2017; 376:1723-1736 7 Colombel JF et al. Clin Gastroenterol Hepatol 2020 Oct 9;S1542-3565(20) 31389-6. doi: 10.1016/j.cgh.2020.10.004 8 Radford SJ et al. Frontline Gastroenterol 2020;12:11-21 9 Dubinsky MC et al. Inflamm Bowel Dis 2021 Feb 2;izab016. doi: 10.1093/ibd/ izab016 10 Williet N et al. J Crohns Colitis 2017; 11:165-174 11 Peyrin-Biroulet L et al. Dig Liver Dis 2016;48:601-607 12 Honap S et al. J Crohns Colitis 2020; 14:1385-1393 13 Biemans VBC et al. Aliment Pharmacol Ther 2020;51:880-888 14 Chaparro M et al. J Crohns Colitis 2021; 15:35-42 15 Curtis JR et al. Inflamm Bowel Dis 2021; 1394-1408

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E

ine akute myeloische Leukämie (AML), die häufigste Leukämieform bei erwachsenen Patienten, ist prinzipiell behandelbar. Zur Verfügung stehen u.a. etablierte Chemotherapien, epigenetische Wirkstoffe und die hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSZT) (Tab. 1) [1, 2]. Allerdings können auch mit diesen Optionen nur etwa 35 – 40 % der erwachsenen Patienten bis 60 Jahre und lediglich 5 – 15 % der über 60-Jährigen geheilt werden [3]. Dies liegt oft daran, dass nach einer Induktionstherapie mit oder ohne Konsolidierungstherapie einige leukämische Zellen überleben können, d. h. weiterhin eine minimale Resterkrankung (MRD) besteht [4, 5]. Daher erleiden selbst bei kompletter Remission etwa 50 % der Patienten innerhalb eines Jahres ein Rezidiv [6]. Bei niedrigem Erkrankungsrisiko empfiehlt das European Leukemia Network (ELN) deshalb eine weitere Chemotherapie, bei intermediärem oder hohem Risiko eine HSZT [7]. Wenn – insbesondere ältere – Patienten nicht für eine HSZT infrage kommen, etwa aufgrund von Multimorbidität oder schlechtem Allgemeinzustand, wenn kein geeigneter Spender verfügbar ist

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Akute myeloische Leukämie: Azacitidin Tabletten schließen Lücke in der Erhaltungstherapie oder die Betroffenen sich gegen diese Behandlung entscheiden, gibt es nur wenige Therapiemöglichkeiten. Für diese Patienten ist eine Erhaltungstherapie von entscheidender Bedeutung, um das Ansprechen auf die Induktionstherapie zu verlängern und die Prognose zu verbessern. Trotz des hohen Bedarfs existiert derzeit jedoch noch kein allgemein anerkannter Behandlungsstandard für eine Erhaltungstherapie bei AML – unter anderem weil bislang Therapiemöglichkeiten fehlten, die das Gesamtüberleben signifikant verlängern. Lediglich für Patienten mit FLT3+-Mutation gibt es eine klare Empfehlung für eine Erhaltungstherapie [1]. Um diese therapeutische Lücke ein Stück weit zu schließen, könnten

Azacitidin Tabletten (Onureg®) einen wichtigen Beitrag leisten. Seit dem 17. Juni 2021 ist das orale Präparat als Erhaltungstherapie für Patienten mit AML verschiedener Subtypen zugelassen, die eine komplette Remission (CR) oder eine komplette Remission mit unvollständiger Regeneration des Blutbildes (CRi) nach einer Induktionstherapie mit oder ohne Konsolidierungstherapie erreicht haben und die nicht für eine Transplantation hämatopoetischer Stammzellen geeignet sind, einschließlich derer, die sich dagegen entschieden haben (Abb. 1) [8]. Azacitidin Tabletten verlängerten in der Zulassungsstudie QUAZAR® AML-001 sowohl das Gesamtüberleben als auch das rezidivfreie Überleben im Vergleich zu Placebo signifikant,

Intensive Therapien

Nicht intensive Therapien

Mögliche Behandlungsoptionen 1, 2: • I nduktionstherapie3 (3+7-Schema aus Anthrazyklin kombiniert mit Cytarabin) • K onsolidierungstherapie • N ach Ansprechen auf die Induktionstherapie: Azacitidin Tabletten zum Remissionserhalt, höher dosierte Cytarabin-basierte Therapie oder eine HSZT

Mögliche Behandlungsoptionen: • Hypomethylierende Wirkstoffe (injizierbares Azacitidin oder Deci­ tabin jeweils als Monotherapie oder in Kombination mit Venetoclax) • Niedrigdosierte Chemotherapie (Cytarabin) • Best Supportive Care (Bluttransfusionen bei Anämie, Infektbekämpfung etc.) Keine kurative Behandlung; symptomlindernde und lebensverlängernde Maßnahmen stehen im Vordergrund

atienten mit FLT3-ITD- oder FLT3-TKD-Mutation sollten laut Leitlinie Midostaurin gemäß Fachinformation erhalten. P Patienten mit CD33-positiver Core-Binding-Factor-AML (CBF-AML), mit CD33-positiver NPM1-Mutation bei FLT3wt oder mit CD33positiver Intermediär-Risiko-AML bei FLT3wt sollten Gemtuzumab Ozogamicin in Kombination mit dem „3+7-Schema“ gemäß Fachinformation erhalten. 3 Patienten mit AML-MRC und Patienten mit tAML können statt dem klassischen „3+7-Schema“ CPX-351 gemäß Fachinformation bekommen [1]. 1 2

Tabelle 1: Wirkstoffe, die bei neudiagnostizierter AML zur Anwendung kommen [1, 2].

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Abbildung 1: Der Therapieansatz bei AML ist in der Regel kurativ intendiert und umfasst bei geeigneten Patienten zunächst eine intensive Induktionstherapie mit dem Ziel einer kompletten Remission der Erkrankung, die möglichst lange erhalten werden soll. An die intensive Chemotherapie schließt sich teilweise eine medikamentöse Konsolidierungstherapie oder auch eine HSZT an. Für Patienten in erster Remission, die nicht für eine HSZT geeignet, aber dringend auf eine Erhaltungstherapie angewiesen sind, eröffnen Azacitidin Tabletten (Onureg®) eine neue Behandlungsmöglichkeit (mod. nach [1, 2]). CR: vollständige Remission, CRi: CR mit unvollständiger Regeneration des Blutbildes, SZT: Stammzelltransplantation.

während die gesundheitsbezogene Lebensqualität nicht beeinträchtigt wurde und das Nebenwirkungsprofil gut kontrollierbar war [9]. Signifikante Verlängerung des Gesamt- und rezidivfreien Überlebens

Die Zulassung von Onureg® durch die Europäische Kommission erfolgte auf Basis der Ergebnisse der QUAZAR®-AML-001-Studie, einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten PhaseIII-Studie [9]. Die 472 eingeschlossenen Patienten waren zum Zeitpunkt des Screenings 55 Jahre oder älter, hatten eine neu diagnostizierte AML, wiesen eine intermediäre oder ungünstige Zytogenetik auf, hatten nach intensiver Induktions-Chemotherapie mit oder ohne Konsolidierungstherapie (nach Ermessen

des Prüfarztes vor Studieneinschluss) innerhalb von 4 Monaten (± 7 Tage) vor der Randomisierung eine erste CR oder CRi erreicht und kamen für eine HSZT nicht infrage. Die Studienteilnehmer wurden im Verhältnis 1 : 1 randomisiert und erhielten an 14 Tagen eines 28-tägigen Zyklus entweder einmal täglich oral 300 mg Azacitidin Tabletten (n = 238) oder Placebo (n = 234) zusätzlich zur Best Supportive Care. Die Behandlung lief im Median über 12 Zyklen (1 – 82) mit Azacitidin Tabletten und über 6 Zyklen mit Placebo (1 – 76). Primärer Wirksamkeitsendpunkt war das Gesamtüberleben (overall survival, OS), sekundärer Endpunkt das mediane rezidivfreie Überleben (relapse-free survival, RFS). Bei den mit Azacitidin Tabletten behandelten Patienten zeigte sich nach einem medianen Follow-up von 41,2 Monaten ab dem Zeit-

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punkt der Randomisierung ein signifikanter OS-Vorteil von 9,9 Monaten (p < 0,01; Abb. 2). Das mediane OS betrug bei ihnen 24,7 Monate (95%-KI: 18,7 – 30,5) im Vergleich zu 14,8 Monaten in der Placebo-Gruppe (95%-KI: 11,7  – 17,6). Nach einem Jahr lebten schätzungsweise noch 72,8 % der Patienten unter Azacitidin Tabletten und 55,8 % der Patienten unter Placebo (Unterschied: 17 %; 95%-KI: 8,4 – 25,6). Nach 2 Jahren lagen diese Anteile bei 50,6 und 37,1 % (Unterschied: 13,5 %; 95%-KI: 4,5 – 22,5). Die Vorteile der Behandlung mit Azacitidin Tabletten waren in den meisten Subgruppen (z.B. erhaltene Konsolidierungstherapie oder Vorliegen einer CR bzw. CRi) konsistent. Auch das mediane RFS war zudem unter Behandlung mit Azacitidin Tabletten signifikant länger als im Placebo-Arm: 10,2 Monate versus 4,8 Monate (p < 0,001; © VERLAG PERFUSION GMBH


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Abbildung 2: Ergebnisse der Studie QUAZAR® AML-001 für den primären Endpunkt, das Gesamtüberleben [9].

Abbildung 3: Ergebnisse der Studie QUAZAR® AML-001 für den sekundären Endpunkt, das rezidivfreie Überleben [9].

Abb. 3). Nach 6 Monaten hatten schätzungsweise 67,4 % der Patienten unter Azacitidin Tabletten und 45,2 % der Patienten in der Placebo-Gruppe noch kein Rezidiv entwickelt (Unterschied: 22,2 %; 95%-KI: 13,2 – 31,2). Nach einem Jahr traf dies auf 44,9 bzw. 27,4 % der Patienten zu (Unterschied: 17,5 %; 95%-KI: 8,5 – 26,4) [9].

Ergebnisse zur Sicherheit und Lebensqualität

Als häufigste unerwünschte Ereignisse (UE) traten in beiden Studienarmen gastrointestinale Nebenwirkungen vom Grad 1 oder 2 auf (Azacitidin Tabletten vs. Placebo: Übelkeit 62 % vs. 23 %, Erbrechen 57 % vs. 10 %, Diarrhö 48 % vs. 20 %). Die Häufigkeit dieser UE war in den ersten beiden Behand-

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lungszyklen am größten und nahm danach ab. Seltener auftretende UE von Grad 3 und 4 waren vor allem hämatologische Toxizitäten (Azacitidin Tabletten vs. Placebo: Neutropenie 41 % vs. 24 %, Thrombozytopenie 22 % vs. 21 %, Anämie 14 % vs. 13 %). 1 % der Patienten brach die Therapie mit Azacitidin Tabletten aufgrund von hämatologischen UE ab. © VERLAG PERFUSION GMBH


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Azacitidin Tabletten Bei Azacitidin Tabletten (Onureg®) handelt es sich um einen oral zu verabreichenden, hypomethylierenden Wirkstoff. Basis für dessen Wirksamkeit ist der Einbau des hypomethylierenden Cytidinanalogons in DNA und RNA anstelle des natürlichen Nukleosids Cytosin [8]. Epigenetische Wirkung: • Durch den Einbau von Azacitidin in die DNA kommt es zu einer Hemmung der DNS-Methyltransferasen und somit zu einer Hypomethylierung der DNA. Diese wirkt der Unterdrückung von Tumorsuppressorgenen und Genen entgegen, die für die Zelldifferenzierung wichtig sind, was u.a. zur Auslösung der Erkrankung führen kann. Somit kann es zu einer Re-Expression von Genen mit krebsunterdrückender Funktion kommen und die Funktion von Genen, die wichtig für die Differenzierung und Wachstumskon­ trolle der Zellen sind, kann wiederhergestellt werden. • Die hypomethylierende Wirkung kann die Entwicklung und Reifung von hämatopoetischen Stammzellen wieder normalisieren. Zytotoxische Wirkung: • Durch den Einbau in die RNS und die RNS-Hypomethylierung wird die Proteinsynthese verändert. • Die Aktivierung von DNA-Damage-Pathways führt zu einem gesteigerten Replikationsstress (Störung der DNA-Replikation) innerhalb leukämischer Zellen (Apoptose). Cave: Das pharmakokinetische und pharmakodynamische Profil von Azacitidin Tabletten (Onureg®) unterscheidet sich von dem von injizierbarem Azacitidin (Vidaza®) [8, 10]. Da Azacitidin Tabletten und injizierbares Azacitidin nicht bioäquivalent sind, können und dürfen die beiden Darreichungsformen aufgrund der Unterschiede bezüglich Expositionsdauer und Dosis nicht ausgetauscht werden.

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Hinsichtlich der gesundheitsbezogenen Lebensqualität war die Behandlung mit Azacitidin Tabletten Placebo nicht unterlegen: Zu den meisten Auswertungszeitpunkten zeigten sich keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen – weder im FACIT-Fatigue-Score noch im EQ-5D-3L-Fragebogen [9]. Fabian Sandner, Nürnberg

Literatur 1 Onkopedia-Leitlinie Akute Myeloische Leukämie (AML); Stand: Januar 2021; Im Internet: https://www.onkopedia.com/ de/onkopedia/guidelines/akute-myeloische-leukaemie-aml/@@view/html/index.html 2 Reville PK, Kadia TM. Front Oncol 2021;10:619085, doi:org/10.3389/fonc. 2020.619085 3 Döhner H et al. N Engl J Med 2015; 373:1136-1152 4 Ravandi F et al. Blood Adv 2018;2:13561366 5 Tuval A et al. Haematologica 2019;104: 872-880 6 Burnett AK et al. Leukemia 2017;31:310317 7 Landau DA et al. Leukemia 2014;28:3443 8 Fachinformation Onureg®; Stand: Juni 2021 9 Wei AH et al. N Engl J Med 2020;383: 2526-2537 10 Fachinformation Vidaza®; Stand: Juni 2021

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ONKOLOGIE

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Referenzen: 1. Baeuerle PA, Kufer P, Bargou R. Curr Opin Mol Ther. 2009;11:22-30. 2. Frankel SR, Baeuerle PA. Curr Opin Chem Biol. 2013;17:385-392. 3. Amgen. Amgen Pipeline. Accessed May 27, 2020.

Amgen (Europe) GmbH, 6343 Rotkreuz, Switzerland Date of preparation: July 2020 © 2020 Amgen Inc. All rights reserved. DE-BITE-0920-00001


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D

ie primär biliäre Cholangitis (PBC) ist eine progressive autoimmune Lebererkrankung, die die Gallengänge in der Leber schädigt. Folge ist eine fortschreitende Entzündung, die ihrerseits zu Fibrose, Zirrhose und letztlich zum Leberversagen führen kann. Um die Komplikationsrate zu senken, das Progressionsrisiko zu minimieren und die Lebensqualität von PBC-Patienten zu erhöhen, ist eine frühe effektive Therapie essenziell. Bei nicht adäquatem Ansprechen auf die Standardtherapie mit Ursodeoxycholsäure (UDCA) kann eine Zweitlinienbehandlung mit Obeticholsäure (Ocaliva®) die Ansprechraten deutlich erhöhen. UDCA-Non-Responder haben ein erhöhtes Risiko für eine Progression zur Leberzirrhose

Real-World-Daten zur Erstlinientherapie von 10 großen Zentren in Deutschland haben gezeigt, dass von 480 Patienten 116 ein unzureichendes Ansprechen auf UDCA (gemäß PARIS-I-, PARIS-II- und Barcelona-Kriterien, Alkalische Phosphatase ≤1,67 × ULN und Bilirubin-Normalisierung) hatten [1]. Das Ergebnis dieser retro­ spektiven Analyse entspricht der zu erwarteten UDCA-Non-Responder-Rate, die sich auch bereits in anderen Untersuchungen gezeigt hat. Zu beachten dabei ist jedoch, dass Patienten mit unzureichendem Ansprechen ein erhöhtes Risiko für eine Progression zur Leberzirrhose aufweisen [2]. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass der retrospektiven Analyse zufolge nur bei weniger als einem Drittel der Patienten (n = 28) die Therapie durch die zusätzliche Gabe von Fibraten, Glukokortikoiden oder Obeticholsäure (Ocaliva®)

Primär biliäre Cholangitis: Frühzeitige Zweitlinientherapie mit Obeticholsäure erhöht Therapieansprechen intensiviert wurde, während bei der Mehrheit der Patienten (n = 39) keine Therapieanpassung erfolgte [1]. Immerhin wurde bei gut einem Drittel (n = 35) die UDCA-Dosis erhöht, doch hatte insgesamt nur die Hälfte der Patienten eine ausreichend hohe UDCA-Dosierung [1]. Zweitlinientherapie rechtzeitig beginnen

Bei nicht adäquatem Ansprechen auf eine Erstlinientherapie mit UDCA führt eine frühzeitige, effektive Zweitlinienbehandlung zu einem signifikanten Ansteigen der Ansprechraten. Wichtig dabei ist, die Kriterien stringent anzuwenden und die Leberwerte regelmäßig zu kontrollieren. Nach einem Jahr muss die AP unter 1,67 × ULN abgesunken oder sogar normal sein. Ist das nicht zu erreichen – und das betrifft bis zu 40 % der Patienten –, dann ist es Zeit für die Zweitlinientherapie. Nationales prospektives PBCRegister enthüllt erste wichtige Botschaften

Vor 2 Jahren wurde das erste nationale PBC-Register [3] ins Le-

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ben gerufen, um prospektiv RealWorld-Daten zu sammeln und zu analysieren. Bis Ende Mai 2021 wurden 404 Patienten (über 90 % weiblich) rekrutiert, davon 222 (55 %) UDCA-Responder, 84 (21 %) primäre inkomplette UDCA-Responder, 51 (13 %) sekundäre inkomplette UDCA-Responder und 47 (12 %) neu diagnostizierte Patienten. Die Stratifizierung der Non-Response erfolgte gemäß den PARIS-II-Kriterien (AP <1,5 ULN + AST <1,5 ULN + Bilirubin ≤1 mg/ dl) [3]. Der Anteil an neu diagnostizierten Patienten mit Leberzirrhose ist mit über 20 % erstaunlich hoch – viele PBC-Patienten werden anscheinend zu spät diagnostiziert. Zu Beginn der Therapie bekamen standardmäßig 99,5 % eine UDCA-Therapie (Responder 13,3 mg/ kg, Nicht-Responder bis zu 15,4 mg/kg), 10 % (n = 38) erhielten Obeticholsäure (5 – 10 mg), 18 davon nach primär inkomplettem und 19 nach sekundär inkomplettem UDCA-Ansprechen. Weitere Therapien waren Bezafibrat, Prednisolon und Budenosid [3]. Das biochemische Ansprechen wurde anhand von AP- und Bilirubin-Werten ermittelt. Wie erwartet, waren diese Parameter bei Erhebung der Baseline-Daten bei den UDCA-Non-Respondern deutlich erhöht. © VERLAG PERFUSION GMBH


WISSENSWERTES

Verbessertes Ansprechen durch Dosissteigerung von Obeticholsäure

Die Add-on-Therapie mit Obeticholsäure (bzw. Monotherapie bei UDCA-Unverträglichkeit) ist die bislang einzige zugelassene und in den DGVS- und EASL-Leitlinien [4, 5] empfohlene Zweitlinientherapie für PBC-Patienten mit inkomplettem UDCA-Ansprechen [6]. Aus der offenen Verlängerungsphase der Zulassungsstudie POISE liegen mittlerweile Langzeitdaten über bis zu 6 Jahre vor. Demnach blieben Therapieeffekte, die mit Obeticholsäure während der 12-monatigen Doppelblindphase der Studie erreicht wurden, auch im nachfolgenden LangzeitFollow-up erhalten [7]. Zudem weisen die POISE-Studiendaten darauf hin, dass mit Obeticholsäure behandelte Patienten von der nach Fachinformation empfohlenen Erhöhung der Dosis von einmal täglich 5  mg auf 10  mg profitieren: Bei diesen Patienten ließ sich mehrheitlich eine weitere signifikante Reduktion der AP erreichen (p < 0,001) [8]. Elisabeth Wilhelmi, München

Literatur 1 Wilde ACB et al. J Clin Med 2021; 10:1061 2 Leicht E et al. (unpublished data) 3 Wiegand J et al. J Hepatol 2021;75: S294-803, Abstract PO-1294 4 Strassburg CP et al. SK2-Leitlinie „Autoimmune Lebererkrankungen“; Stand: 9/2017; AWMF-Registernr. 021/027 5 European Association for the Study of the Liver (EASL). J Hepatol 2017;67:145172 6 Fachinformation Ocaliva® 5 mg/10 mg; Stand: Januar 2021 7 Nevens F et al. AASLD 2019, Abstract #L06 8 Nevens F et al. N Engl J Med 2016; 375:631-643

Vosoritid – die erste zielgerichtete Therapie für Kinder mit Achondroplasie Achondroplasie ist die häufigste Skelettdysplasie und durch einen dysproportionierten Kleinwuchs gekennzeichnet. Ursache ist eine Gain-of-Function-Mutation im Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-3-Gen (FGFR3), wodurch die Umwandlung von Knorpel- in Knochensubstanz an der Wachstumsfuge der Knochen hochreguliert und das Knochenwachstum gehemmt wird. Folgen der frühzeitigen Verknöcherung sind neben einer verringerten Körpergröße oft auch schwerwiegende Komplikationen, wie z.B. eine Stenose des Foramen magnum, eine Spinalkanalstenose, O-Beine, aber auch Atemprobleme und häufige Mittelohrentzündungen. Alle bisherigen therapeutischen Ansätze sind auf die symptomatische Behandlung der Komplikationen ausgerichtet. Mit Vosoritid (Voxzogo®) steht Menschen mit Achondroplasie nun die erste zielgerichtete Therapieoption in der EU zur Verfügung. Indiziert ist das Arzneimittel für die Behandlung von Patienten ab 2 Jahren, deren Epiphysen nicht geschlossen sind. Die Diagnose der Achondroplasie sollte durch entsprechende genetische Tests bestätigt werden. Ursache im Fokus

Vosoritid zielt auf die molekulare Ursache der Achondroplasie – die Daueraktivität des FGFR3Signalweges – ab. Ein natürlicher Gegenspieler des FGFR3 ist das C-Typ-natriuretische Peptid (CNP).

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Bei Achondroplasie reicht das körpereigene CNP aber nicht aus, um der dauerhaften Wachstumshemmung durch den mutierten FGFR3 entgegenzuwirken. Genau hier setzt Vosoritid – ein rekombinantes, modifiziertes CNP-Analogon mit verlängerter Halbwertzeit – an. Wirksamkeit und Sicherheit von Vosoritid wurden in einem umfangreichen Studienrogramm in verschiedenen Altersstufen über einen längeren Zeitraum untersucht. Signifikante Steigerung des Knochenwachstums

Basis für die Zulassung von Vosoritid ist eine Phase-III-Studie, in die 121 Kinder mit Achondro­ plasie im Alter von 5 bis <18 Jahren eingeschlossen wurden. Sie erhielten randomisiert 52 Wochen lang täglich eine subkutane Dosis Vosoritid (15 μg/kg Körpergewicht) oder Placebo. Primärer Endpunkt war die Veränderung der mittleren annualisierten Wachstumsgeschwindigkeit (Annualised Growth Velocity, AGV) gegenüber dem Ausgangswert. Unter der Therapie mit Vosoritid stieg die AGV um 1,57 cm/Jahr im Vergleich zu Placebo signifikant (95%-KI: 1,22 – 1,93; p < 0,0001). Die beobachtete Wachstumssteigerung trat proportional – sowohl an der Wirbelsäule als auch an den unteren Gliedmaßen – auf. Nach der Behandlung mit Vosoritid zeigte sich kein Unterschied der Knochenmineraldichte im Vergleich zu Placebo. Unter der Therapie war der mittlere Anstieg des Knochenalters vergleichbar mit dem mittleren Fortschreiten des chronologischen Alters. Das deutet darauf hin, dass die Knochenalterung nicht beschleunigt ist. F. S. © VERLAG PERFUSION GMBH


WISSENSWERTES

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PD-1-Inhibitor Cemiplimab zur systemischen Therapie des fortgeschrittenen kutanen Plattenepithel­ karzinoms Die Immuntherapie ist eine wirksame Therapieoption beim fortgeschrittenen kutanen Plattenepithelkarzinom (CSCC). Auf der diesjährigen Jahrestagung der europäischen Krebsgesellschaft ESMO (European Society of Medical Oncology) wurden aktuelle Daten der EMPOWER-CSCC-1-Studie mit dem PD(programmed-cell-death)1-Inhibitor Cemiplimab (Libtayo ®) vorgestellt. EMPOWER-CSCC-1 ist eine Phase-II-Studie bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem CSCC, die in verschiedenen Kohorten mit dem PD1-Inhibitor Cemiplimab behandelt wurden. Primärer Studienendpunkt war jeweils die durch ein unabhängiges Expertengremium bestätigte objektive Remissionsrate (ORR). In Gruppe 1 waren Patienten mit metastasiertem CSCC und in Gruppe 2 solche mit lokal fortgeschrittenem, mit lokalen Maßnahmen nicht mehr kurativ behandelbarem CSCC eingeschlossen. Beide Patientengruppen erhielten eine an das Körpergewicht adaptierte Dosierung mit 3  mg/kg Cemiplimab intravenös*, alle 2 Wochen. In Gruppe 3 wurde Cemiplimab bei metastasierten Patienten mit einer Fixdosis von 350 mg Cemiplimab i.v., alle 3 Wochen, eingesetzt.

* Die Dosierungen 3  mg/kg Q2W und 600 mg Q4W Cemiplimab sind nicht zugelassen.

Bis zu 20 Prozent komplette Remissionen bei anhaltendem Ansprechen

In den 3 Gruppen zeigte sich eine vergleichbare und konsistente Wirksamkeit von Cemiplimab. Das aktuell publizierte Studien-Update bestätigt nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 15,7 Monaten bei fast jedem zweiten Patienten ein Therapieansprechen mit einer objektiven Tumorrückbildung bei 43 – 51 % der Patienten (ORR: 46,1 % im Mittel), darunter bis zu 20,3 % komplette Remissionen nach 2 Jahren sowie eine Krankheitskontrollrate von 72,5 %. Die mediane Ansprechdauer ist bislang in keiner der 3 Gruppen erreicht. Das gilt auch für das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) und das mediane Gesamtüberleben (OS) bei einer prognostizierten 2-Jahres-Überlebensrate von 73,3 %. Bemerkenswert ist, dass die ORR- und die CR-Rate im Therapieverlauf zunehmen. So betrug die CR-Rate in Gruppe 1 (metastasiertes CSCC) nach 2 Jahren 20,3 % versus 16,9 % nach 1 Jahr. Die Daten unterstreichen, dass mit Cemiplimab hohe Ansprechraten, auch komplette Remissionen, und darüber hinaus ein anhaltendes Therapieansprechen möglich sind. Dies erklärt, warum das mediane PFS und OS bislang nicht erreicht wurden. Verbesserung der Lebensqualität

Mit dem Therapieansprechen verbesserten sich auch die Lebensqualität und der allgemeine Gesundheitszustand signifikant, da krankheitsbedingte Beschwerden und damit einhergehende Schmerzen zurückgingen (p < 0,0001). Die Verbesserungen zeigten sich

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bereits in den ersten 2 Monaten und hielten im Therapieverlauf an. Erste Daten der Gruppe 4 mit höherer Dosierung

Mittlerweile liegen auch Daten einer weiteren Kohorte vor, in der Patienten mit metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem CSCC mit 600 mg Cemiplimab* alle 4 Wochen, behandelt wurden. Die Hoffnung ist, mit der höheren Dosierung eine vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit zu erzielen. Die ersten Ergebnisse der Gruppe 4 zeigen mit 58,7 % eine hohe ORR, darunter bereits 11 % komplette Remissionen. Bei 76,2 % kam es zu einer anhaltenden Krankheitskontrolle mit einer prognostizierten 1-Jahres-PFS-Rate von 64,7 % und einer 1-Jahres-Überlebensrate von 79,6 %. Trotz höherer Dosierung stieg die Rate unerwünschter Ereignisse nicht klinisch relevant an und liegt mit 12,7 % Grad≥3Nebenwirkungen und einer therapiebedingten Abbruchrate von 11,1 % vergleichsweise niedrig. S. M. Cemiplimab Cemiplimab (Libtayo®) ist ein humaner Immunglobulin-G4 (IgG4) monoklonaler Antikörper, der an den programmed cell death1-(PD-1-)-Rezeptor bindet. Dieser kann mit den auf Tumorzellen exprimierten Liganden PD-L1 und PDL2 interagieren, was zur Unterbindung von T-Zell-Funktionen wie z.B. Proliferation, Zyto­kinausschüttung und zytotoxischer Aktivität führt. Indem Cemiplimab die Bindung zwischen PD-1 und PD-L1 sowie PD-L2 blockiert, verstärkt es die T-ZellAntwort, einschließlich der AntiTumor-Antwort.

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WISSENSWERTES

Immunonkologie: Neue Wege in der Krebstherapie mit BiTE®-Molekülen In den vergangenen Jahren konnten große Fortschritte bei immun­ onkologischen Therapien erzielt werden. Der Vorteil der innovativen Immuntherapien ist, dass die Arzneimittel durch die Aktivierung des körpereigenen Immunsystems auch die Krebszellen gezielt attackieren und zerstören können, die sich der Abwehr durch Unterdrückung der Immunantwort entziehen, indem sie beispielsweise keine Antigene präsentieren oder diese als körpereigen erscheinen lassen. Eine vielversprechende Option sind die von der Amgen Research (Munich) GmbH entwickelten BiTE® (bispecific T‑cell engager)Moleküle, die die T-Zellen des Immunsystems dabei unterstützen, die Tumorzellen zu identifizieren und zu zerstören.

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Adapter zwischen Krebs- und T-Zellen

Jedes beliebige Tumorantigen kann erkannt werden

Bei der Herstellung der BiTE®Moleküle werden Teile zweier natürlicher Antikörper miteinander verknüpft, sodass sie gleichzeitig spezifisch an zwei unterschiedliche Zellen binden können. So ausgestattet fungieren die BiTE®Moleküle als Adapter zwischen Krebs- und T-Zellen: Ein Arm bindet an den Rezeptor der T-Zelle (CD3), der zweite Arm verknüpft sich zielsicher mit einem spezifischen Tumorprotein, dem Tumor­ antigen (Abb. 1). Dadurch wird die T-Zelle aktiviert und kann die Krebszelle eliminieren. Gesundes Gewebe nimmt hierbei kaum Schaden. Da die Zellerkennung nicht über die antigenpräsentierenden MHCKomplexe erfolgt, die die Zerstörung der kranken Zellen normalerweise aktivieren, wirken die BiTE®-Moleküle auch dann, wenn die MHC-Signalmoleküle durch den Tumor verändert und ausgeschaltet wurden (Abb. 1).

Aufgrund der Zweiteilung kann der Tumor-bindende Arm des BiTE®Moleküls beliebig an tumorspezifische Antigene angepasst und das jeweilige Molekül gegen bestimmte Krebszellen gerichtet werden. Das erste Arzneimittel auf Basis der BiTE®-Technologie wurde 2015 in Europa zugelassen. Heute sind bei Amgen zahlreiche BiTE®Moleküle für Zielstrukturen bei verschiedenen soliden und hämatologischen Tumoren in der Pipeline. Amgen prüft zudem die Möglichkeit, verschiedene immunonkologische Ansätze miteinander zu kombinieren, um Krebserkrankungen aus verschiedenen Richtungen zu bekämpfen. Gegenstand der Forschung ist beispielsweise die Kombination der BiTE®Technologie mit der CheckpointInhibition. B. S.

a)

b)

Abbildung 1: a) Bei der regulären Immunerkennung kann die T-Zelle die kranke Zelle nur identifizieren und eliminieren, wenn diese ein Signalmolekül an die Zelloberfläche bringt (MHC). b) Das BiTE®-Moleküle aktiviert die T-Zelle dagegen, indem es mit einem Arm an den Rezeptor der T-Zelle (CD3) und mit dem anderen Arm an das tumorspezifische Antigen der Krebszelle bindet (Quelle: Amgen GmbH).

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156

W

eltweit sind mindestens 30.000 Kinder und Jugendliche von Multipler Sklerose betroffen [1], die Inzidenz liegt zwischen 0,18 und 0,51 pro 100.000. 98 % davon leiden an einer schubförmig remittierenden MS (RRMS) [2]. Aufgrund des früheren Krankheitsbeginns treten bei Kindern mit MS irreversible Behinderungen und sekundäre Progressionen im Mittel 10 Jahre früher auf als bei Patienten, bei denen die Erkrankung im Erwachsenenalter diagnostiziert wird [3]. Daher sollten junge MS-Patienten von Anfang an möglichst gut behandelt werden. Allerdings ist die Anzahl der für die pädiatrische MS zugelassenen Therapien begrenzt. Erschwerend hinzu kommt, dass diese Altersgruppe eine orale Therapie eher akzeptiert als beispielsweise eine Injektionstherapie [4]. Daher ist es eine gute Nachricht, dass die Europäische ArzneimittelAgentur (EMA) die Zulassung von Teriflunomid (Aubagio®) im Juni 2021 erweitert hat: Teriflunomid kann nun als erste orale Behandlungsoption für die Erstlinientherapie der RRMS bei Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 17 Jahren eingesetzt werden. Die Dosierung richtet sich nach dem Körpergewicht und beträgt 1× täglich 7 mg bei einem KG ≤40 kg (in dieser Dosierung voraussichtlich ab Ende 2021 verfügbar) bzw. 1× täglich 14 mg bei einem KG ≥40 kg. Zulassungsrelevante Studiendaten aus TERIKIDS

Maßgeblich für die Zulassung waren die Ergebnisse der der PhaseIII-Studie TERIKIDS [5]. In diese multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Parallelgruppenstudie wurden 166

NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

Schubförmig remittierende MS: Teriflunomid jetzt auch für die Behandlung von Kindern ab 10 Jahren zugelassen pädiatrische RRMS-Patienten aus 22 Ländern eingeschlossen. 109 Patienten wurden auf Teriflunomid und 57 Patienten auf Placebo randomisiert und über einen Zeitraum von bis zu 96 Wochen behandelt. In der Therapiephase konnten die Patienten bei einem klinisch nachgewiesenen Schub oder hoher MRT-Aktivität von mindestens 5 neuen oder größer werdenden T2Läsionen bei 2 aufeinanderfolgenden Untersuchungen in eine offene Verlängerungsstudie wechseln, in der alle Patienten Teriflunomid bekamen. Als primärer Studienendpunkt wurde die Zeit bis zum ersten bestätigten klinischen Schub oder eine hohe Entzündungsaktivität im MRT definiert. Die Therapie mit Teriflunomid war mit einem geringeren Schubrisiko von –34 % im Vergleich zu Placebo assoziiert (mediane Dauer: 75,3 vs. 39,1 Wochen; HR: 0,66; 95%-KI: 0,39 – 1,1; p = 0,29). Wegen einer hohen MRT-Aktivität traten aus der Placebo-Gruppe mehr Patienten und früher in die offene Studie über als aus der Verum-Gruppe (26 % vs. 13 %). Wurden beide Endpunkte gemeinsam betrachtet, wie es vorab im Studienprotokoll festgelegt worden war, führte Teriflunomid hinsichtlich des kombinierten Risikos eines klinisch nachgewiesenen Schubs

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oder hoher MRT-Aktivität zu einer statistisch signifikanten Verringerung um 43 % im Vergleich zu Placebo (p = 0,04) [5]. Bei den sekundären Endpunkten – der Anzahl an T1 Gadolinium aufnehmenden Läsionen und der Anzahl neuer oder sich vergrößernder T2-Läsionen – wurde unter Teriflunomid signifikant jeweils eine signifikante Verringerung um 75 % (p < 0,0001) bzw. 55 % (p = 0,0006) anhand von MRT-Befunden verzeichnet [5]. Verträglichkeit auf Placebo-Niveau

Die Gesamtinzidenz aller Nebenwirkungen sowie von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen war in der Teriflunomid-Gruppe und in der Placebo-Gruppe etwa gleich hoch (88,1 % vs. 82,5 % bzw. 11,0 % vs. 10,5 %). Die Verträglichkeit von Teriflunomid lag somit auf Placebo-Niveau. Darüber hinaus wurden bei pädiatrischen RRMS-Patienten, bis auf 2 Fällen von Pankreatitiden, keine neuen Sicherheitssignale verzeichnet. Nebenwirkungen, die in der Teri­ flunomid-Gruppe häufiger auftraten als in der Placebo-Gruppe, waren z.B. Nasopharyngitis (25,7 % vs. 8,8 %), Infektion der oberen Atemwege (21,1 % vs. 10,5 %), © VERLAG PERFUSION GMBH


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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

Teriflunomid Bei Teriflunomid (Aubagio®) handelt es sich um einen Immunmodulator mit entzündungshemmenden Eigenschaften, der selektiv und reversibel auf aktivierte T- und B-Zellen wirkt, indem er das mitochondriale Enzym Dihydroorotat-Dehydrogenase (DHO-DH) hemmt. Dadurch kommt es zu einer Blockade der Proliferation von sich teilenden Zellen, die auf eine De-novo-Pyrimidinsynthese angewiesen sind [11]. Aktuelle Forschungsarbeiten zeigen, dass Teriflunomid bevorzugt die hochaffinen autoreaktiven T-Zellen hemmt. Somit wirkt Teriflunomid nicht auf alle Lymphozyten gleich, sondern erzielt eine selektive Wirkung, bei der schwach aktivierte Zellen kaum betroffen sind. Dies führt zu einer Normalisierung des hochregulierten Stoffwechsels in autoreaktiven T-Zellen (Stoffwechselbremse) [12]. Die gezielte Beeinflussung des gestörten Zellstoffwechsels bewirkt einen relativen Anstieg der regulatorischen, entzündungshemmenden T-Zellen im Vergleich zu den proinflammatorischen Zellen [12]. Die Grundfunktion der Immunabwehr wird unter der Teriflunomid-Therapie nicht beeinträchtigt. So blieb die Lymphozytenzahl in klinischen Studien im Durchschnitt über dem erforderlichen Maß (LLN) [13]. Auch die Immunantwort auf inaktive Impfstoffe wie z.B. eine saisonale Grippeschutzimpfung [14] und ebenso die Immunantwort auf inaktivierte Neoantigene und Recall-Antigene blieben erhalten [15].

Alopezie (21,1 % vs. 12,3 %), Par­ästhesie (11,0 % vs. 1,8 %), abdominaler Schmerz (11,0 % vs. 1,8 %) und erhöhte Kreatinphosphokinase im Blut (≥ 3-Fache der oberen Normgrenze) (5,5 % vs. 0 %) [5]. Überzeugende Langzeitwirksamkeit und -Sicherheit

Teriflunomid ist seit 2013 in der EU zur Behandlung erwachsener MS-Patienten zugelassen. Daher liegen zur Langzeitwirksamkeit und -Sicherheit von Teriflunomid mittlerweile Erfahrungen von über 100.000 behandelten (adulten)

Patienten vor, was einer „RealWorld“-Exposition von mindestens 285.800 Patientenjahren entspricht [6]. In den Extensionsstudien traten unter Langzeitbehandlung mit Teriflunomid über einen Zeitraum von 13 Jahren keine neuen oder unerwarteten Sicherheitsaspekte auf [6, 7]. Unter Teriflunomid bleiben die mittleren Lymphozyten- und Neutrophilen-Zahlen im Allgemeinen im Normbereich. Das Infektionsrisiko ist im Vergleich zu Placebo ebenfalls nicht erhöht, was ein Hinweis darauf ist, dass die Grundfunktion der Immunabwehr bei MS-Patienten unter Teriflunomid erhalten bleibt [6]. Fälle von progressiver multifokaler Leuken-

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zephalopathie (PML) sind unter Teriflunomid bislang nicht aufgetreten [8]. Gepoolte Daten zur Langzeitwirksamkeit aus Kern- und Extensionsstudien zeigten einen stabilen EDSS-Verlauf (Expanded Disability Status Scale) über 12 Jahre hinweg (Mittelwerte zwischen 2 und 3) [9]. Eine weitere Analyse bestätigte, dass Teriflunomid die jährliche Schubrate in allen Altersgruppen (bis 25, 25 – 35, 35 – 45 und >45 Jahre) im Vergleich zu Placebo jeweils signifikant reduzierte [10]. Daher bilden Langzeitwirksamkeit und das überzeugende Sicherheitsprofil eine gute Basis für die langfristige Anwendung von Teriflunomid bei RRMS. Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur 1 Ghezzi A et al. Mult Scler Demyelinating Disord 2017;2(5). https://doi.org/10.1186/ s40893-017-0022-6 2 Chitnis T et al. Neurology 2013;80:11611168 3 Renoux C et al. Clin Neurol Neurosurg 2008;110:897-904 4 Bigi S et al. Pediatric multiple sclerosis. J Child Neurol 2012;27:1378-1383 5 Chitnis T et al. EAN 2020; O2032 6 Comi G et al. BMC Neurol 2020;20:364 7 Miller AE. Ther Adv Neurol Disord 2017;10:381-396 8 Chavin et al. Mult Scler 2018;24:11-117 9 Freedman MS et al. Mult Scler 2018; 24:530-737, P1233 10 Oh et al. Neurology 2019;92 (Suppl. 15), P2-047 11 Fachinformation Aubagio®; Stand: Juli 2021 12 Klotz L et al. Sci Transl Med 2019;11: eaao5563 13 Comi G et al. Mult Scler 2020;26:10831092 14 Bar-Or A et al. Neurology 2013;81:552558 15 Bar-Or A et al. Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm 2015;2:e70

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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

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D

as kutane T-Zell-Lymphom (cutaneous T-cell lymphoma, CTCL) ist eine seltene, lebensbedrohliche Form des NonHodgkin-Lymphoms, die durch die Lokalisation maligner T-Lymphozyten in der Haut charakterisiert ist. Die entarteten T-Zellen exprimieren das Protein C-C-Chemokinrezeptor 4 (CCR4), das es ihnen ermöglicht, vom Blut in die Haut zu gelangen. Dort können sie eine lokalisierte entzündliche Immunreaktion hervorrufen, die zu Hautsymptomen wie roten Flecken, Plaques oder Tumoren führt. Je nach Stadium sind Haut, Blut, Lymphknoten und innere Organe von der Erkrankung betroffen [1]. Mycosis fungoides und Sézary-Syndrom

Die am besten untersuchten Subtypen des CTCL sind die Mycosis fungoides (MF) und das SézarySyndrom (SS), die zusammen über 2 Drittel aller Fälle darstellen (MF: 60 %; SS: 5 %) [1, 2, 3]. Beide unterscheiden sich in Erscheinungsbild, Krankheitsverlauf und Prognose der Patienten deutlich, gemeinsam ist ihnen aber das Vorliegen maligner T-Lymphozyten im Blut. Das Ausmaß der Blutbeteiligung ist sowohl bei der MF als auch beim SS für die Prognose und Behandlung entscheidend [1]. Während das Sézary-Syndrom durch eine frühzeitige signifikante und damit diagnosebestimmende Blutbeteiligung charakterisiert ist und von Beginn an aggressiv verläuft, kann die Mycosis fungoides zwar ebenfalls eine frühe Blutbeteiligung aufweisen, manifestiert sich zu Beginn aber häufig lediglich durch unspezifische Hautveränderungen, die sich durch topische Therapien zunächst gut

Antikörper Mogamulizumab – die erste zielgerichtete Therapie für das kutane T-Zell-Lymphom kontrollieren lassen [4, 5]. Da die Frühstadien (Stadium IA–IIA) oft mit anderen Hauterkrankungen, z.B. Ekzemen, verwechselt werden, vergehen oftmals mehrere Jahre, bis die korrekte Diagnose gestellt und eine adäquate Therapie eingeleitet wird. Die frühzeitige korrekte Diagnose ist für die Patienten jedoch essenziell, da sich die Überlebenswahrscheinlichkeit mit fortschreitendem Krankheitsverlauf deutlich verschlechtert: In einem fortgeschrittenen Stadium überlebt nur jeder zweite Patient mit MF oder SS die ersten 5 Jahre nach der Diagnose [6]. Im Allgemeinen handelt es sich bei MF und SS um nicht heilbare Erkrankungen. Therapieziele wie etwa eine Remission, Teilremission oder Stabilisierung des Gesundheitszustandes sowie eine Verbesserung der Lebensqualität müssen insbesondere bei MF-Patienten individuell formuliert werden. Primäres Behandlungsziel bei beiden Subtypen des CTCL ist immer die Verlängerung des medianen progressionsfreien Überlebens (progression free survival, PFS) [5]. Monoklonaler Antikörper verdoppelt progressionsfreies Überleben

Seit seinem Launch am 15. Juni 2020 steht mit Mogamulizumab

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(Poteligeo®) erstmals eine zielgerichtete Antikörper-Therapie für Menschen mit kutanem T-ZellLymphom zur Verfügung. Mogamulizumab ist für die Behandlung erwachsener Patienten mit Mycosis fungoides oder Sézary-Syndrom indiziert, die mindestens eine vorherige systemische Therapie erhalten haben [7]. Die Zulassung von Mogamulizumab basiert auf der offenen Phase-III-Studie MAVORIC [8], in die 372 Patienten mit Mycosis fungoides oder Sézary-Syndrom eingeschlossen wurden. Sie erhielten 1 : 1 randomisiert entweder Mogamulizumab oder Vorinostat (in Deutschland nicht zugelassen). Die Mogamulizumab-Infusion wurde im ersten 28-tägigen Zyklus an den Tagen 1, 8, 15 und 22 sowie an den Tagen 1 und 15 der nachfolgenden 28-tägigen Zyklen einmal wöchentlich mit einer Dosis von 1 mg/kg verabreicht. Vorinostat wurde beginnend am ersten Tag der 28-tägigen Zyklen einmal täglich mit einer Anfangsdosis von 400 mg oral gegeben. Vorinostat-Patienten mit fortschreitender Erkrankung oder inakzeptablen Toxizitäten durften zur Mogamulizumab-Therapie wechseln. Als primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben definiert. Der Prozentsatz der ohne Krankheitsprogression lebenden Patien© VERLAG PERFUSION GMBH


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ten war 6, 12, 18 und 24 Monate nach Beginn der randomisierten Behandlung bei Mogamulizumab größer (55,3 %, 38,3 %, 28,0 % und 14,1 %) als bei Vorinostat (28,8 %, 15,3 %, 7,2 % und 7,2 %) (Abb. 1). Mogamulizumab reduzierte im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie das Progressionsrisiko relativ um 47 %: Mit Mogamulizumab behandelte Patienten lebten im Durchschnitt 7,7 Monate ohne Progress, die Patienten der Vorinostat-Gruppe dagegen nur 3,1 Monate (HR: 0,53; 95%-KI: 0,41 – 0,69; p < 0,0001) [8]. Die Gesamtansprechrate war mit 28,0 % fast sechsmal so hoch wie unter Vorinostat mit nur 4,8 %, die Ansprechraten in den einzelnen Komponenten (Blut, Haut und Lymphknoten) waren signifikant besser (Tab. 1). Außerdem war die Ansprechdauer unter Mogamulizumab 5 Monate länger (14,1 versus 9,1 Monate) [8]. Mogamulizumab verbesserte darüber hinaus auch signifikant die Lebensqualität – ein klinisch relevanter Aspekt, da die Lebensqualität der CTCL-Patienten zum großen Teil durch das Ausmaß der Hautläsionen beeinflusst wird. In der MAVORIC-Studie kam es ab dem 11. Therapiezyklus bei 80 % der Patienten zu einer Linderung der Hautsymptomatik – signifikant mehr als unter Vorinostat (50 %) [8].

Progressionsfreies Überleben (%)

NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

Anzahl unter Risiko

Abbildung 1: Ergebnisse der MAVORIC-Studie für das progressionsfreie Überleben (ITTPopulation) [7].

Mogamulizumab n=186

Vorinostat n=186

95%-KI

(21,6–35,0)

(2,2–9,0)

Ansprechdauer (median)

14,1 Monate

Gesamtansprechen p-Wert

95%-KI

Ansprechen nach Kompartiment

In einer Post-hoc-Analyse [9] wurde untersucht, ob Patienten mit einer Blutbeteiligung (Stadien BI und BII), d.h. Patienten in einem fortgeschrittenen Krank-

28,0 %

Ansprechrate 95%-KI p-Wert

95%-KI p-Wert

(57,9–75,1) n=186

95%-KI

n=125

18,4 %

p<0,0001

41,9 %

(34,8–49,4) n=136

(12,0–26,3) n=186

15,6 %

p<0,0001

15,4 %

(9,8–22,6)

9,13 Monate (4,7,-)

66,9 %

• Lymphknoten Ansprechrate

p<0,0001

n=124

• Haut Ansprechrate

4,8 %

(9,4–19,2)

• Blut

p-Wert

Insbesondere Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung profitieren

Zeit (Monate)

(10,7–21,6) n=133 3,8 %

p=0,0008

(1,2–8,6)

Tabelle 1: Bei den mit Mogamulizumab behandelten Patienten waren die Ansprechraten auch auf Kompartiment-Ebene höher als bei den Patienten in der Vorinostat-Gruppe [8].

heitsstadium, genauso von einer Behandlung mit Mogamulizumab profitieren können wie Patienten ohne Blutbeteiligung (B0). Ein Vergleich des mSWAT-Scores (modified Severity Weighted As-

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sessment Tool) ergab über 12 Therapiezyklen hinweg ein signifikant besseres Ansprechen auf Mogamulizumab in der Haut bei BI/BII-Patienten im Vergleich zu B0-Patienten. © VERLAG PERFUSION GMBH


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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

KONGRESSE

Mogamulizumab Mogamulizumab (Poteligeo®) ist ein monoklonaler Antikörper, der selektiv gegen den C-C-Chemokinrezeptor 4 (CCR4) gerichtet ist – ein Protein, das sowohl bei der Mycosis fungoides und dem Sézary-Syndrom konsistent von den Krebszellen exprimiert wird und in Verbindung mit seinen Liganden für die Migration von malignen T-Zellen zur Haut eine entscheidende Rolle spielt. beteiligt ist. Indem Mogamulizumab an CCR4 auf malignen T-Zellen bindet, löst es eine Aktivierung von natürlichen Killerzellen aus, die anschließend die Zerstörung der Zielzelle vermitteln [7].

Langfristig wirksam und gut verträglich

Wie eine retrospektive DatenbankAnalyse mit 198 MF-/SS-Patienten zeigte, führten alle vor Markteinführung von Mogamulizumab verfügbaren systemischen Therapieoptionen meist nicht zu einem dauerhaften klinischen Nutzen [10]. Die durchschnittliche Zeit bis zur Anwendung der nächsten Therapie betrug 5,4 Monate. Dagegen vergingen laut einer Post-hocAnalyse der MAVORIC-Studie bei Patienten unter MogamulizumabTherapie im Median 11,0 Monate, bis die Notwendigkeit einer neuen Therapie bestand. Im Vergleich zu Vorinostat (3,5 Monate) war dies eine signifikante Verlängerung der Wirksamkeitsdauer (p < 0,0001) [11]. Im Zuge der EU-Zulassung bescheinigte die European Medicine Agency Mogamulizumab ein gut handhabbares Sicherheitsprofil [12]. Wie die Ergebnisse einer Sekundäranalyse der MAVORICStudie belegen, wurde auch eine langfristige Therapie mit Mo-

gamulizumab (Median: 170 [1– 1.813] Tage) von den Patienten gut vertragen und es traten zudem keine neuen Sicherheitssignale auf [13]. Brigitte Söllner, Erlangen Literatur 1 Trautinger F et al. Eur J Cancer 2017; 77:57-74 2 Willemze R et al. Blood 2019;133:17031714 3 Olsen E et al. Blood 2007;110:1713-1722 4 Wilcox RA. Am J Hematol 2016;91:151165 5 Dippel E et al. J Dtsch Dermatol Ges 2018;16:112-123 6 Scarisbrick JJ et al. J Clin Oncol 2015; 33:3766-3773 7 Fachinformation Poteligeo®; Stand: Oktober 2019 8 Kim YH et al. Lancet Oncol 2018;19: 1192-1204 9 Quaglino P et al. 16th European Association of Dermato Oncology (EADO) Virtual Congress 2020, Poster 139 10 Hughes CF et al. Blood 2015;125:71-81 11 Kim YH et al. International Conference on Malignant Lymphoma (ICML) 2019; Poster 231 12 European Public Assessment Report (EPAR), EMA/698539/2018, 20.09.2018 13 Kim Y et al. 16th European Association of Dermato Oncology (EADO) Virtual Congress 2020, Poster 94

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Großzelliges B-ZellLymphom: CAR-T-Zell-Therapie mit Tisagenlecleucel Wie steht es derzeit um die Versorgung mit CAR-T-Zellen von Patienten mit einem rezidivierten/ refraktären diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (r/r DLBCL) nach 2 oder mehr Linien einer systemischen Therapie? Diese Frage diskutierten führende Experten im Rahmen der Jahrestagung 2021 der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO 2021). Außerdem stellten sie aktuelle Studienergebnisse zur CAR-T-Zell-Therapie mit Tisagenlecleucel (Kymriah®) vor. 5-Jahres-Daten belegen nachhaltiges Therapieansprechen

Aktuelle Studiendaten bestätigen das Wirkungsprofil und ein über 5 Jahre anhaltendes Ansprechen der CAR-T-Zell-Therapie mit Tisagenlecleucel beim r/r DLBCL nach 2 oder mehr Linien einer systemischen Therapie. Nach den jüngsten Ergebnissen der Zulassungsstudie JULIET beträgt die Wahrscheinlichkeit für das progressionsfreie Überleben (progression-free survival, PFS) nach 3 Jahren 31 %. Vor Kurzem wurden zudem die Ergebnisse einer monozentrischen Studie der University of Pennsylvania mit einer medianen Beobachtungsdauer von rund 5 Jahren (60,7 Monaten) veröffentlicht. Dabei hatten 24 Patienten mit r/r DLBCL – nach im Median 5 Vortherapien – eine CAR-T- Zell-Therapie mit Tisa© VERLAG PERFUSION GMBH


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KONGRESSE

CAR-T-Zell-Therapie Die CAR-T-Zell-Therapie ist eine Krebsimmuntherapie, die körpereigene T-Zellen des Patienten nutzt, um bestimmte Krebsarten zu bekämpfen. Dazu werden die Zellen mittels Leukapherese entnommen und in vitro gentechnisch so umprogrammiert, dass sie mittels ihres chimären Antigenrezeptors Krebszellen und andere Zellen erkennen, die ein spezielles Antigen auf der Zelloberfläche tragen. Nach einer lymphodepletierenden Chemotherapie werden die umprogrammierten Zellen per Infusion dem Patienten wieder zurückgegeben, wo sie sich vermehren und die Immunreaktion starten können.

München

Tisagenlecleucel Im August 2018 wurde die CAR (chimeric antigen receptor)-T-Zelltherapie mit dem Wirkstoff Tisagenlecleucel (Kymriah®) in Europa verfügbar. Kymriah® erhielt die europäische Zulassung für Kinder und junge Erwachsene bis einschließlich 25 Jahren mit akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie, die therapierefraktär oder mindestens zweimal rezidiviert ist, sowie für erwachsene Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem diffus großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) nach 2 oder mehr systemischen Therapielinien. Es handelt sich um eine einmalig zu verabreichende Immuntherapie, bei der die eigenen gentechnisch veränderten Zellen des Patienten im Kampf gegen die Krebszellen eingesetzt werden. Tisagenlecleucel nutzt die co-stimulatorische 4-1BB-Domäne als Teil des chimären Antigen-Rezeptors, um die Expansion und Persistenz der Zellen zu steigern.

genlecleucel erhalten. Bei einer Gesamtansprechrate von 58 % erreichten 11 Patienten (46 %) ein vollständiges und 3 ein partielles Ansprechen. Die PFS-Wahrscheinlichkeit nach 5 Jahren lag bei 31 % (95%-KI: 14 – 51). 60 % der Patienten (95 %-KI: 27 – 82) mit einem therapeutischen Ansprechen waren auch nach 5 Jahren in Remission. Patientenversorgung spielt eine wichtige Rolle

„Neben der Medikation spielt auch das Management der Patientenversorgung eine wichtige Rolle. Die

Novartis hat es sich zum Ziel gesetzt, die Versorgungssituation für diese schwer erkrankten Patienten zu verbessern. Zum einen hat Novartis die Produktionskapazitäten verstärkt. Zum anderen arbeitet das Unternehmen daran, das Versorgungsangebot für Patienten mit wohnortnahen CAR-T-Zentren kontinuierlich zu erweitern. Beides sind wichtige Faktoren für eine Verbesserung der Patientenversorgung. Elisabeth Wilhelmi,

Patienten profitieren insbesondere von einer rechtzeitigen Therapieplanung an einem CAR-T-Zentrum“, erklärte Dr. Niklas Münchmeier, Medical Head Cell & Gene bei Novartis Oncology in Deutschland. „Mit Blick auf die Versorgungsrealität stellen wir allerdings fest, dass Patienten mit r/r DLBCL in Deutschland mitunter relativ viele Vortherapien erhalten haben, bevor bei ihnen eine CAR-TZell-Therapie in Betracht gezogen wird. Das heißt, die Erkrankung ist bereits relativ weit fortgeschritten, was das Therapieansprechen und damit auch die Überlebenschancen negativ beeinflussen kann.“

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Klinische Erfahrungen mit Filgotinib in der RA-Therapie Seit rund einem Jahr steht der Januskinase 1 (JAK1)-Inhibitor Filgotinib (Jyseleca®) als Therapieoption für Erwachsene mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis (RA) zur Verfügung, die auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Auf einem Symposium im Rahmen des diesjährigen DGRhKongresses stellten renommierte Experten Kasuistiken aus dem Behandlungsalltag vor und berichteten – vor dem Hintergrund der Studienlage – von ihren Erfahrungen mit Filgotinib. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der hohen JAK1-Selektivität von Filgotinib und deren Bedeutung für die Praxis. Durch Umstellung der Medikation zur Remission

Dr. med. Olaf Schultz, Baden-Baden, führte den Fall einer 45-jährigen Patientin aus, bei der vor 3 © VERLAG PERFUSION GMBH


KONGRESSE

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Jahren eine seronegative RA diagnostiziert wurde. Seit 15 Jahren war sie an multipler Sklerose erkrankt, mit Interferon beta (IFNβ) jedoch stabil eingestellt. Zur Therapie der RA verordnete ihr Hausarzt nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Glukokortikoide (Prednisolon 100  mg); in dieser Zeit entwickelte sie eine deutliche depressive Störung. Die Vorstellung beim Rheumatologen bestätigte die RA-Diagnose (DAS28: 6,2). „Die dort eingeleitete Therapie mit Methotrexat (MTX, 15 mg/ Woche) musste jedoch nach kurzer Zeit aufgrund zunehmender gastrointestinaler Beschwerden abgesetzt werden, trotz hoher Krankheitsaktivität“, berichtete Schultz. Schließlich wurde die Patientin auf Filgotinib 200 mg/d in Monotherapie eingestellt. In den bisherigen Verlaufskontrollen konnte laut Schultz eine deutliche Besserung der RA-Symptomatik und der Entzündungsparameter festgestellt werden. Den JAK-Inhibitor habe sie bisher gut vertragen. Studiendaten zeigen schnelles und anhaltendes Ansprechen

Nach den Worten von Professor Hanns-Martin Lorenz, Heidelberg, stimmt das Setting dieser Kasuistik mit den Ergebnissen der PhaseIII-Studie FINCH 1 überein: In der placebo- und aktiv-kontrollierten Studie wurden 1.755 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer RA und unzureichendem MTX-Ansprechen randomisiert mit Filgotinib (200 oder 100 mg/d), Adalimumab 40 mg alle 2 Wochen oder Placebo (jeweils in Kombination mit MTX) behandelt. Unter Filgotinib 200 mg plus MTX erreichten in Woche 12 signifikant mehr Patienten ein ACR20/50/70-Anspre-

chen als unter Adalimumab plus MTX (p < 0,05, p < 0,001 bzw. p < 0,001) und signifikant mehr Patienten unter Filgotinib 200 mg plus MTX kamen bis Woche 52 in Remission (DAS28(CRP)-Score <2,6) als unter Adalimumab + MTX (54 % vs. 46 %; p < 0,05). Beschwerdefreiheit mit Filgotinib nach Biologika-Versagen

Dass auch mit biologischen (b) DMARD-vortherapierte RA-Patienten von Filgotinib profitieren können, verdeutlichte Dr. med. Susanne Bogner, Stadtbergen: Eine 72-jährige Patientin erhielt nach RA-Erstdiagnose zunächst eine Kortisonstoßtherapie (Prednisolon 20 mg/d). Schon mit Kortisonreduktion traten erneut deutliche Gelenkbeschwerden auf – begleitet von diffusen Ganzkörperschmerzen, Schlafstörungen, ausgeprägter Morgensteifigkeit und stark eingeschränkter Beweglichkeit. „Der DAS28 lag zu diesem Zeitpunkt bei 5,7. Es bestand dringender Handlungsbedarf“, unterstrich Bogner. Eine immunsuppressive Therapie mit 15 mg MTX s.c. einmal pro Woche und eine erneute Kortisonstoßtherapie (30  mg Prednisolon initial, Reduktion auf 5 mg/d innerhalb von 6 Wochen) wurden zunächst gut vertragen. Im Verlauf von 6 Monaten entwickelte die Patientin eine MTX-Unverträglichkeit, was eine Umstellung auf Adalimumab 40 mg s.c. alle 2 Wochen plus Prednisolon 5 mg/d erforderlich machte. Die Krankheitsaktivität (DAS28 von 5,71) zeigte sich darunter unverändert, worauf Bogner auf ein primäres Versagen des TNF-Inhibitors schloss. Erst der Wechsel auf Filgotinib 200 mg/d führte schließlich zum Erfolg: „Innerhalb von nur

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einem Monat wurde die Patientin beschwerdefrei und ist seitdem in klinischer Remission“, berichtete Bogner. Den JAK-Inhibitor vertrage sie problemlos, das Glukokortikoid konnte nach 6 Wochen komplett ausgeschlichen werden. FINCH 2-Studie: Wirksamkeit unabhängig von BiologikaVorbehandlungen

„Auch in diesem Fall wird das therapeutische Vorgehen durch die wissenschaftliche Evidenz gestützt“, hob Lorenz hervor. Die Wirksamkeit von Filgotinib bei Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf Biologika wird durch die Daten der Phase-III-Studie FINCH 2 (n = 448) belegt. Unter Filgotinib 200 mg und 100 mg einmal täglich (jeweils in Kombination mit einem konventionellen synthetischen (cs)DMARD) erreichten 66,0 % bzw. 57,5 % der Patienten ein ACR20-Ansprechen in Woche 12 (primärer Endpunkt) gegenüber 31,1 % unter Placebo plus csDMARD (p < 0,001). Die Wirksamkeit hielt fortgesetzt bis Woche 24 an. Bereits nach 2 Wochen zeigte sich eine signifikante Verbesserung zugunsten des JAKInhibitors gegenüber Placebo. Das konsistente ACR20-Ansprechen war zudem unabhängig von der Zahl der vorherigen bDMARDBehandlungen. Günstiges Sicherheits- und Interaktionsprofil

Filgotinib 100 und 200 mg/d war in den Studien generell gut verträglich. Im klinischen Studienprogramm waren die Infektionsraten in beiden Dosisgruppen numerisch vergleichbar mit denen in den ak© VERLAG PERFUSION GMBH


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tiven Kontrollarmen (Adalimumab und MTX). Auch schwerwiegende Infektionen (einschließlich Herpes zoster) und venöse Thromboembolien (VTE) manifestierten sich nicht häufiger als unter dem TNFInhibitor. Vor dem Hintergrund, dass RA-Patienten überdurchschnittlich häufig von Komorbiditäten betroffen sind, liegt zudem auf dem Wechselwirkungsrisiko der antirheumatischen Therapie ein besonderes Augenmerk. Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass Filgotinib kein Inhibitor des organischen Anionen-Transporters (OATP) ist und somit keinen klinisch relevanten Einfluss auf die Exposition von Substraten des OATP, wie Rosuvastatin, Atorvastatin und Pravastatin, hat. Muskelbezogene Nebenwirkungen waren unter der Therapie selten und nahmen bei gleichzeitiger Statin-Einnahme nicht zu. Auch weitere wichtige Transporter wie P-gp (P-Glykoprotein) und BCRP (Breast Cancer Resistance Protein) werden von Filgotinib in klinisch relevanten Konzentrationen nicht gehemmt. Auswirkungen der präferenziellen JAK1-Hemmung

Die mögliche Bedeutung einer präferenziellen JAK1-Inhibition in der Praxis erläuterte Professor Torsten Witte, Hannover, und führte aus, dass Januskinasen (JAK) und STAT-Proteine (Signal Transducers and Activators of Transcription) als Teil des JAK-STAT-Signalweges für eine Reihe von Zytokin-vermittelten physiologischen Prozessen verantwortlich sind. „Eine Dysregulation dieses Signalwegs scheint eine essenzielle Rolle in der Pathologie chronisch-entzündlicher

Erkrankungen, wie z.B. der RA, zu spielen“, erläuterte Witte. Von den 4 beschriebenen Januskinasen (JAK1, JAK2, JAK3 und TYK2), scheint die Hemmung von JAK1 maßgeblich für die Wirksamkeit der JAK-Inhibitoren in der RA zu sein. „Eine höhere Selektivität für JAK1 könnte unerwünschte Nebenwirkungen der RA-Therapie reduzieren. Sie ist daher für den klinisch-praktischen Alltag durchaus relevant“, betonte Witte. Filgotinib inhibiert in biochemischen Assays präferenziell JAK1 und zeigt eine mehr als 5-fach höhere Potenz für die Hemmung der Aktivität von JAK1 gegenüber JAK2, JAK3 und TYK2. In-vitro-Studien ergaben zudem, dass die von JAK2 und JAK3 abhängigen Zytokinantworten durch Filgotinib kaum beeinflusst werden. Es wurde gezeigt, dass JAK2 eine wichtige Rolle bei der Blutbildung spielt, während JAK3 bedeutend für die Lymphozyten-Proliferation und Immunhomöostase zu sein scheint. „Die geringe JAK2-Hemmung könnte daher eine plausible Erklärung für die niedrige Anämie-Inzidenz im klinischen Studienprogramm von Filgotinib darstellen“, sagte Witte. Die JAK1-Selektivität führt zudem zu einer im Vergleich zu den anderen JAK-Hemmern schwächeren Inhibition der NK (Natural Killer)Zellpopulation in vitro. NK-Zellen, ein wichtiger Bestandteil des angeborenen Immunsystems, bilden die erste Abwehr gegen Pathogene. Die vergleichsweise geringe Hemmung dieser Zellpopulation in vitro könnte daher möglicherweise eine Rationale für die niedrige Herpes-zoster-Inzidenz im Filgotinib-Studienprogramm sein. Elisabeth Wilhelmi, München

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Multiples Myelom: MRD-Negativität als prognostischer Marker Die Therapielandschaft beim Multiplen Myelom hat sich in den letzten Jahren stark verändert und es existieren heute zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten mit Substanzen verschiedener Wirkstoffklassen in der Erstlinie und vor allem im Rezidiv. „Ein Standardprotokoll gibt es nicht, da jeder Patient anders ist. Daher steht eine individualisierte Therapie im Vordergrund“, konstatierte Professor Christoph Renner, Schweiz, auf einem Symposium von Sanofi Genzyme, das im Rahmen des diesjährigen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie am 3. Oktober 2021 stattfand. Die komplexe, langfristige Behandlung umfasst multiple Therapielinien, sodass bei der Planung der Sequenz immer bereits der nächste Schritt bedacht werden sollte. „Angesichts der Fülle der therapeutischen Möglichkeiten gilt es herauszufinden, wie die Patienten am besten behandelt werden können – die Bestimmung der minimalen Resterkrankung (MRD, Minimal Residual Disease) kann hier eine Hilfe sein“, ergänzte Professor Martin Kortüm, Würzburg. Ziel der Therapie ist es, die Patienten möglichst lange in Remission zu halten. „Wir wissen, dass das Erreichen einer Komplettremission heute nicht mehr ausreichend ist. Wir kennen den Zustand der MRDPositivität, aus der hervorgeht, dass zwar eine Komplettremission vorhanden ist, aber die minimale Resterkrankung mittels sensitiver Methodik noch nachweisbar ist. Mit den neuen Therapieoptionen können wir auch MRD-Negativität erreichen“, erklärte Kortüm. © VERLAG PERFUSION GMBH


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MRD-Negativität korreliert mit verlängertem Überleben

MRD-Negativität ist laut Kortüm zwar nicht mit Heilung gleichzusetzen, denn auch Patienten, die diese erzielen, erleiden Rückfälle. Allerdings kann die MRD-Negativität als prognostischer Marker für ein verlängertes Überleben dienen, wie auch eine aktuelle Metaanalyse von 93 Publikationen belegt. „Die Arbeit konnte klar zeigen, dass es für die neu diagnostizierte Erkrankung einen Überlebensunterschied macht, ob Patienten eine MRD-Negativität erreichen. Für die Situation im Rückfall galt das genauso“, berichtete Kortüm. Auch die Daten der ICARIA-MMStudie mit dem Regime aus Isatuximab in Kombination mit Pomalidomid und Dexamethason (Pd) bestätigten, dass die MRD-Negativität auch im Rezidiv prognostische Aussagekraft besitzt: Die Remissionstiefe korrelierte mit einem verbesserten Langzeitüberleben. MRD-basierte Entscheidungen für eine bessere Therapie

„Bisher ist die MRD-Bestimmung meist nur im Rahmen von Studien verfügbar und noch nicht in der klinischen Routine angekommen“, sagte Kortüm. Vor dem Hintergrund sehr wirksamer Therapien mit mehreren Jahren progressionsfreiem Überleben (PFS) ist es vielversprechend, den MRD-Status als Surrogat-Endpunkt in klinischen Studien einzusetzen, um zeitnah weitere Therapieverbesserungen erzielen zu können. Auf diese Weise ist es möglich, MRD-gesteuert bestimmte Entscheidungen zu hinterfragen, wie beispielsweise die Rolle der Tandemtransplantation, Hochdosistherapie, Konsolidie-

rung oder intensivierte Erhaltung. Fast 50 Phase-III-Studien nutzten den MRD-Status bereits als klinischen Endpunkt, die FDA- und EMA-Zulassungen stehen aber noch aus. „Wir werden künftig wahrscheinlich den MRD-Status unserer Patienten bei klinischen Entscheidungen mitberücksichtigen. Wie bei anderen Erkrankungen ist die MRD-Negativität eine Voraussetzung, um eine Heilung beim Multiplen Myelom erreichen zu können“, erläuterte Kortüm. Optimale Therapiewahl im ersten Rezidiv

Über die richtige Therapiewahl im ersten Rezidiv referierte Professor Maria-Theresa Krauth, Wien. In der Zweitlinie stelle sich vor allem die Frage, ob die Patienten Lenalidomid-refraktär oder -sensitiv sind. Gemäß der aktuellen EHAESMO-Leitlinie 2021 erhielten nahezu alle Patienten Lenalidomid in der Erstlinie, sodass viele im Rückfall bereits Lenalidomidrefraktär sind, so Krauth. Die Leitlinien der International Myeloma Working Group (IMWG) nennen als bevorzugte Therapieoption für Lenalidomid-refraktäre Patienten im ersten Rückfall die Kombination aus Anti-CD38-Antikörpern wie Isatuximab (Sarclisa®) oder Daratumumab und Kd (Carfilzomib plus Dexamethason) oder Pomalidomid und Vd (Bortezomib plus Dexamethason). IKEMA: Tiefes Ansprechen unter Isatuximab-Kombinationstherapie

Ein solches Regime untersuchte die IKEMA-Studie, die die Wirksamkeit der Kombination des AntiCD38-Antikörpers Isatuximab*

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(Isa) und Carfilzomib/Dexamethason (Kd) mit der alleinigen Gabe von Kd verglich. In der Phase-III-Studie verringerte die Kombination von Isa-Kd gegenüber der Behandlung mit Kd allein das Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung oder den Tod des Patienten um 47 % (HR: 0,531). Das mediane PFS betrug unter der Behandlung mit dem KdRegime 19,15 Monate, während es in der Isa-Kd-Gruppe zum Zeitpunkt der Auswertung noch nicht erreicht war. „Die Kombination aus Isatuximab und Kd ist ein besonders gutes Schema gerade für Lenalidomidrefraktäre Patienten, denn diese profitieren ebenso von der Dreierkombination“, kommentierte Krauth. Ein deutlicher Benefit zeigte sich auch in der Subgruppenanalyse für Patienten mit renaler Insuffizienz sowie bei älteren Patienten. Zudem hatten Patienten unabhängig von Hochrisiko-Zytogenetik, ISS-Stadium oder vorheriger Gabe eines Proteasom-Inhibitors oder eines Immunmodulators einen PFS-Vorteil unter Isa-Kd. Auch hinsichtlich der Konsistenz und Tiefe des Ansprechens war die Isa-Kd-Kombination gegenüber Kd überlegen. Dies äußerte sich in einer höheren Rate an sehr guter partieller Remission oder besser (VGPR 73 % vs. 56 %) sowie einer höheren Rate an Komplettremissionen (CR). Diese lag bei 46 % im Studienarm mit Isa-Kd* Isatuximab ist in Kombination mit 2 Standardregimen zugelassen: für die Behandlung des rezidivierten/refraktären Multiplen Myeloms (RRMM) in Kombination mit Carfilzomib und Dexamethason (Kd) nach mindestens einer Vortherapie (IKEMA-Studie) sowie in Kombination mit Pomalidomid und Dexamethason (Pd) nach mindestens 2 Vortherapien, darunter Lenalidomid und ein Proteasom-Inhibitor (ICARIA-MM-Studie). © VERLAG PERFUSION GMBH


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Kombination im Vergleich zu 28 % im Kd-Arm**. Außerdem war die MRD-Negativitätsrate mehr als verdoppelt (30  % vs.13  %) und die Rate an Patienten mit CR und MRD-Negativität lag höher (20 % vs. 11 %). Therapie ab dem zweiten Rezidiv

Im zweiten Rezidiv oder einer höheren Therapielinie bieten sich gemäß IMWG-Leitlinie Anti-CD38-Antikörper-basierte Regime in Kombination mit Pomalidomid oder Carfilzomib als Backbone an, erklärte Krauth. In der Studie ICARIA-MM wurde durch die Kombinationstherapie von Isatuximab mit Pomalidomid und Dexamethason (Isa-Pd) das PFS im Vergleich zu Pd allein um mehr als 5 Monate verlängert (6,47 vs. 11,53 Monate; HR: 0,596). „Gerade die Lenalidomid-refraktären Patienten profitierten von der Kombination besonders. Auch für die Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion war die Dreier-Kombination sehr gut wirksam und Patienten mit hohem zytogenetischem Risiko hatten ebenfalls einen Benefit“, berichtete Krauth. Fabian Sandner, Nürnberg

** Die Messung der CR-Rate kann durch den therapeutischen Antikörper gestört werden. Basierend auf einer differenzierenden Massenspektrometrie wird die CRRate auf 46 % geschätzt. Die Schätzung ohne die differenzierende spektrometrische Untersuchung betrug 40 %.

Corona-Pandemie: Wundmanagement durch patientenorientierte Lösungen verbessern Die Corona-Krise hat behandelnde Ärzte und Pflegedienste bei der Versorgung von Patienten mit akuten und chronischen Wunden vor große Herausforderungen gestellt. Diabetespatienten gehören zu den größten Patientengruppen mit chronischen Wunden, bei denen eine rechtzeitige und konsequente Wundbehandlung essenziell ist, um insbesondere der Entwicklung des Diabetischen Fußsyndroms (DFS) vorzubeugen, das bei einer verzögert eingeleiteten Behandlung in einer Amputation enden kann. Eine enge Zusammenarbeit aller an der Wundversorgung beteiligten Akteure und der Einsatz innovativer Technologien, wie z.B. UrgoStart® Plus, können dazu beitragen, chronische Wunden auch in der Pandemie bestmöglich zu versorgen und Folgeschäden wie

Amputationen zu verhindern – so das Fazit der Experten auf einem von URGO medical veranstalteten Pressegespräch. Kontaktbeschränkung verschlechtert die Wundversorgung

Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie haben zu einer Verschlechterung der Versorgung von Menschen mit chronischen Wunden geführt. Manche Patienten gingen aus Sorge vor einer COVID-19-Infektion zu spät oder zu selten zum Arzt, die persönliche Betreuung durch Pflegekräfte zu Hause musste oft auf das Nötigste beschränkt werden und wurde nicht selten von Angehörigen übernommen. Hinzu kommt, dass Menschen mit chronischen Grunderkrankungen wie Diabetes ein höheres Risiko für einen schwereren Verlauf einer COVID-19-Infektion haben und daher besondere Vorsicht bei Kontakten walten ließen – die COVID-19 be-

Healico App erleichtert die Wunddokumentation Zur Erleichterung einer effizienten und Datenschutzkonformen Wunddokumentation, auf die das gesamte Behandlerund Pflegeteam des Patienten Zugriff hat, hat URGO Medical die Healico App entwickelt, die auch den datenschutzrechtlichen Vorgaben der DSGVO entspricht. Die digitale Anwendung erlaubt die Speicherung von Fotos der Wunden von Patienten und ermöglicht die Interaktion zwischen dem medizinischen Fachpersonal in der Pflege, in der ärztlichen Praxis sowie auch mit dem stationären Bereich. Dadurch kann nicht nur das Wundmanagement optimiert, sondern auch wertvolle Zeit gewonnen werden, die wiederum dem Patienten zugutekommt. Die App ist im App Store und im Google Play Store erhältlich.

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dingte Sterblichkeit ist mit 7,3 % bei Diabetespatienten deutlich höher als in der Durchschnittsbevölkerung mit 2,3 %. Anstieg der Amputationsraten

„Im Zuge der Corona-Pandemie wurden Wund-Diagnosen häufig zu spät gestellt und Behandlungen verzögert eingeleitet“, berichtete Professor Ralf Lobmann, Stuttgart. Dies führte bei Patienten mit DFS zu komplikationsreicheren Verläufen mit höheren Amputationsraten. So zeigte eine Studie bei Diabetespatienten während der Pandemie eine 10,8 % höhere Wahrscheinlichkeit für Amputationen im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie. Auch die Fallzahl und der Schweregrad von Wundinfektionen erhöhten sich. „Bei entsprechender Schulung und Wundversorgung könnten diese Amputationen in bis zu 85 % der Fälle vermieden werden“, sagte Lobmann und verwies darauf, dass die veränderte Versorgungsrealität während der Pandemie auch eine engere sektorenübergreifende Zusammenarbeit und die Entwicklung angepasster Behandlungswege ermöglicht, die maßgeblich die Entwicklung und Etablierung von telemedizinischen Systemen und die Digitalisierung des Wundverlaufs vorangebracht haben. Optimierung des Wundmanagements

„Die Telemedizin, Entscheidungshilfen, Behandlungspfade und digitale Tools können dazu beitragen, relevante Patienten schneller zu identifizieren und ein optimales Wundmanagement sicherzustellen“, unterstrich Dr. med. Arthur

Grünerbel, München. Eine engmaschige Begutachtung und Versorgung durch Fach- und Hausärzte, ausgebildete Wundmanager und MFAs sowie der Einsatz von innovativen Verbandmitteln können viel dazu beitragen, den Patienten optimal zu versorgen, Wunden schneller zu heilen und somit Folgeschäden zu verhindern. Auch der Fußpass der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und das neue Fast-Track-Schema für die Pflege, mit dem Wunden systematisiert untersucht und eingeordnet werden können, sind hilfreiche Instrumente, die die Therapie unterstützen. Infizierte Wunden stellen oft eine besondere Herausforderung für das Behandler- und Pflegeteam dar und erfordern insbesondere unter den erschwerten Bedingungen einer Pandemie individuelle Lösungen. „Infizierte Wunden heilen nicht“, betonte Jan Forster, Fachkrankenpfleger und Dozent aus Bremen. Erst wenn die Infektion beseitigt ist, kann eine Heilung erfolgen. Ob eine lokale Infektion vorliegt und welche antiseptische Therapie anzuwenden ist, lässt sich anhand des TILI-Scores ermitteln. Hier stellen Wundauflagen mit der TLC-AgWundheilungsmatrix eine gute und erstattungsfähige Option dar. „Das wichtigste Ziel bei der Behandlung von Patienten mit chronischen Wunden“, so Forster, „ist eine Verbesserung der Lebensqualität durch eine Beschleunigung des Wundheilungsprozesses.“ Wundauflagen mit TLC-NOSFWundheilungsmatrix® wie z.B. UrgoStart® Plus können die Heilungsdauer verkürzen. Außerdem lassen sich damit die Intervalle der Verbandwechsel je nach Wundsituation auf drei- bis einmal pro Woche reduzieren. Von Vorteil sind auch Mehrkomponenten-Kompressionssysteme wie Urgo®K2,

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denn sie sorgen nicht nur für die richtige Druckverteilung in der Wunde, sondern können auch über mehrere Tage ohne zu verrutschen getragen werden. „Dies reduziert gerade in Pandemie-Zeiten die Anzahl der notwendigen Patientenkontakte, sodass der Wechsel von Wundauflage und Kompressionssystem in der gleichen Frequenz erfolgen kann“, erläuterte Forster. Zudem können die Kompressionsverbände Urgo®K2 nach Anleitung auch von medizinischen Laien, d.h. dem Patienten oder seinen Angehörigen, angewendet werden. Fabian Sandner, Nürnberg

Positive Effekte von Safinamid bei Parkinsonassoziierten Schmerzen Im Verlauf des Morbus Parkinson machen Fluktuationen und eine zunehmende Symptomschwere meist eine Therapieanpassung erforderlich. Neuere Studien deuten darauf hin, dass mit der Add-on-Therapie mit Safinamid (Xadago®) neben motorischen Verbesserungen auch ein Rückgang Parkinson-assoziierter Schmerzen und weiterer der oft sehr belastenden nichtmotorischen Symptome erreicht werden kann. Im Rahmen einer Veranstaltung von Zambon gaben Experten einen Überblick über die aktuellen Erkenntnisse zur Therapie mit Safinamid. „Es gibt Erhebungen, die besagen, dass nichtmotorische Beschwerden für die Patienten mit Morbus Parkinson oft eine größere Belastung darstellen als motorische“, berichtete Professor Heinz Reichmann, Dresden. Insbesondere chronische Schmerzen sind ein Problem, das viele Patienten betrifft. „Diese Beschwerden verdienen daher be© VERLAG PERFUSION GMBH


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sondere Aufmerksamkeit und es bedarf gezielter Lösungen für die Patienten, um hier Verbesserungen zu bewirken.“ Safinamid, das nicht nur die dompaminergen, sondern auch die glutamatergen Signalwege beeinflusst, eröffnet hier vielfältige Chancen. Es wird vermutet, dass die Überaktivität der glutamatergen Neuronen für die Entstehung nichtmotorischer Symptome bei der Parkinson-Krankheit eine wichtige Rolle spielt. Erste prospektive Studie belegt Wirkung von Safinamid auf das Schmerzgeschehen

Retrospektive Studien zur Untersuchung der Effekte von Safinamid auf nichtmotorische Störungen hatten bereits Hinweise geliefert, dass das Add-on-Medikament günstige Auswirkungen auf die Schmerzsymptomatik bei Parkinson-Patienten haben und ihre Lebensqualität verbessern kann. Auch positive Effekte von Safinamid auf die Schlafqualität und die Tagesmüdigkeit wurden bereits beobachtet. Basierend auf diesen Erfahrungen hat eine Arbeitsgruppe um Reichmann eine prospektive Studie zu Safinamid und nichtmotorischen Beschwerden durchgeführt, deren Ergebnisse kürzlich publiziert wurden*. In dieser Studie wurden 27 Patienten mit M. Parkinson auf Safinamid als Addon zu Levodopa und ggf. weiteren Therapien eingestellt und über 6 Monate beobachtet. Die Anfangsdosis von 50  mg täglich wurde nach 2 Wochen auf 100 mg erhöht. Untersucht wurde die Wirkung von Safinamid auf nichtmotorische Beschwerden insgesamt, Angst und * Grigoriou S et al. Brain and Behaviour 2021;10:e2336

Depression, die Schlafqualität und die Schmerzsymptomatik. Zur Erhebung des Schmerzgeschehens wurde die King’s Schmerz Skala für Morbus Parkinson verwendet, die 14 Fragen beinhaltet. Diese sind in die Domänen muskulo­ skelettaler Schmerz, chronischer Schmerz, Schmerzen im Zusammenhang mit Fluktuationen, nächtlicher Schmerz und orofaszialer Schmerz gegliedert. Wie Reichmann berichtete, führte die Therapie mit Safinamid nach der Beobachtungszeit zu einem signifikanten Rückgang des Scores bei der UPDRS IV-Skala. Bei der Betrachtung des Schmerzgeschehens zeigten sich ein deutlicher Rückgang vor allem beim muskuloskelettalen Schmerz, eine signifikante Abnahme des fluktuationsbedingten Schmerzes und eine massive Besserung der nachts auftretenden Schmerzen. Auch bei der Gesamtpunktzahl war ein signifikanter Rückgang zu verzeichnen. „Wir haben zeigen können, dass die Therapie mit Safinamid zu einer Verbesserung von leichten Dyskinesien und bestimmten Formen von Parkinson-assoziierten Schmerzen führt“, fasste Reichmann die Resultate zusammen. „Die Ergebnisse legen nahe, dass Safinamid eine interessante Therapieoption für von Schmerzen betroffene Patienten darstellen kann.“ Motorische Verbesserungen und gute Verträglichkeit auch bei vulnerablen Patienten

Dass Patienten auf unterschiedliche Weise von einer Add-onTherapie mit Safinamid profitieren können, zeigt auch die europäische Kohorten-Beobachtungsstudie SYNAPSES mit 1.610 Patienten,

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die die Wirksamkeit und Verträglichkeit des Medikaments unter den Bedingungen der klinischen Praxis im Zeitraum eines Jahres untersuchte. In dieser Studie wurden insbesondere vulnerable Gruppen berücksichtigt, wie Ältere über 75 Jahre oder Patienten mit psychiatrischen und anderen Komorbiditäten, die einen typischen Querschnitt der in der täglichen Praxis behandelten Menschen abbilden. In der SYNAPSES-Studie besserte Safinamid motorische Fluktuationen, insbesondere Wearing-offSymptome und morgendliche Fluktuationen, die um etwa 40 – 50 % abnahmen. Auch die Dyskinesien gingen zurück. Bei 45 % der Patienten zeigten sich zum Studien­ ende klinisch signifikante Verbesserungen um mindestens 2,5 Punkte im UPDRS-Motorikscore und bei 39 % um mindestens 4,3 Punkte im UPDRS-Gesamtscore. Die Sicherheit und Verträglichkeit des Medikaments erwiesen sich als gut. Insgesamt kam es bei 46 % der Patienten zu mindestens einem unerwünschten Ereignis, in den weitaus meisten Fällen waren diese mild oder moderat ausgeprägt. Nur in 2 % der Fälle konnte ein direkter Zusammenhang mit der Medikation eindeutig nachgewiesen werden. Das Sicherheitsprofil von Safinamid bei den über 75-Jährigen, bei Patienten mit Komorbiditäten und psychiatrischen Erkrankungen stimmte weitgehend mit dem der Gesamtpopulation überein. „Die Studie zeigt, dass Alter und Komorbiditäten, auch psychiatrische Erkrankungen, kein Grund sind, den Patienten eine Add-on-Therapie mit Safinamid vorzuenthalten“, kommentierte Professor Wolfgang Jost diese Daten, der als Senior-Autor an der Studie mitgewirkt hat. Elisabeth Wilhelmi, München © VERLAG PERFUSION GMBH


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Fintepla® zur Behandlung epileptischer Anfälle beim Dravet-Syndrom zugelassen Mit Fintepla® (Fenfluramin-Lösung zum Einnehmen) steht in Deutschland eine neue Zusatztherapie für Patienten ab 2 Jahren mit Dravet-Syndrom zur Verfügung*. Diese seltene, schwere Form der Epilepsie beginnt im frühen Kindesalter und ist gekennzeichnet durch häufige epileptische Anfälle, medizinische Notfälle und Entwicklungsverzögerungen. Signifikante Reduktion der Anfallshäufigkeit

Fenfluramin erhöht selektiv die Ausschüttung von Serotonin (5HT) und stimuliert durch die Serotoninausschüttung mehrere 5-HTRezeptorsubtypen. Der genaue Wirkmechanismus beim DravetSyndrom ist zwar noch nicht vollständig geklärt, aber Fenfluramin kann die Anfallshäufigkeit reduzieren, indem es an spezifischen Serotonin-Rezeptoren im Gehirn als Agonist wirkt und Einfluss auf den Sigma-1-Rezeptor nimmt. Dies belegen die Ergebnisse der beiden für die EU-Zulassung relevanten randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studien bei Patienten mit Dravet-Syndrom * Fintepla® steht in Deutschland seit dem 1. Februar 2021 im Rahmen eines Programms für den kontrollierten Zugang (Controlled Access Porgramme; CAP) zur Verfügung, wie es von der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA gefordert wurde. Ärzte in Deutschland müssen sich über die Website www.fenfluraminwichtige-infos.de/verschreiber registrieren und eine Verschreiber-ID-Nummer anfordern, bevor sie Fintepla® verordnen können.

und unzureichender Anfallskontrolle, in denen Fenfluramin – zusätzlich zu den bestehenden Behandlungsregimen verabreicht – eine klinisch bedeutsame (>50 %) und signifikante Abnahme der Anfallshäufigkeit im Vergleich zu Placebo erzielte: • In Studie 1, die eine begleitende Therapie mit Stiripentol ausschloss, zeigten die Teilnehmer, die 0,7 mg/kg Fenfluramin pro Tag erhielten, eine um 62,3 % größere Abnahme der durchschnittlichen monatlichen Anfallshäufigkeit im Vergleich zu Placebo (p < 0,0001). • In Studie 2, in der das Behandlungsregime Stiripentol plus Antiepileptika vorsah, bekamen die Patienten zusätzlich 0,4 mg/kg Fenfluramin pro Tag und erzielten eine um 54,0 % (p < 0,001) größere Abnahme der durchschnittlichen monatlichen Anfallshäufigkeit als die Patienten der Placebogruppe. Der Arzt kann die Dosierung von Fenfluramin nach Bedarf anpassen, um die Anfallshäufigkeit zu kontrollieren. Bei Patienten, die kein Stiripentol einnehmen, darf die Tagesdosis 26 mg nicht überschreiten (mit Stiripentol 17 mg). Fenfluramin hat sich als generell gut verträglich erwiesen. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren verringerter Appetit, Durchfall, Fieber, Erschöpfung, Infektionen der oberen Atemwege, Lethargie, Schläfrigkeit und Bronchitis. Bisher entwickelte keiner der Dravet-Patienten, die im Rahmen der klinischen Studien oder in den noch laufenden Verlängerungsstudien mit Fenfluramin behandelt wurden, eine kardiovaskuläre Erkrankung einschließlich Herzklappenerkrankung oder pulmonale Hypertonie. B. S.

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Neu: Nivolumab zur adjuvanten Therapie von Karzinomen der Speiseröhre und des gastroösophagealen Übergangs Die Europäische Kommission hat den PD-1-Inhibitor Nivolumab (Opdivo®) zur adjuvanten Behandlung erwachsener Patienten mit Karzinomen der Speiseröhre oder des gastroösophagealen Übergangs zugelassen, bei denen nach einer neoadjuvanten Chemoradiotherapie (CRT) noch eine pathologische Resterkrankung vorliegt. Nivolumab ist die erste und einzige in der EU zugelassene adjuvante Therapie in dieser Indikation. Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen der Phase-III-Studie CheckMate-577, in der sich der primäre Endpunkt, das krankheitsfreie Überleben, durch die Behandlung mit Nivolumab im Vergleich zu Placebo nach neoadjuvanter CRT und chirurgischer Komplettresektion in der randomisierten Gesamtpopulation verdoppelte. Überzeugende Ergebnisse für Wirksamkeit und Verträglichkeit

In die randomisierte, multizentrische, doppelblinde Phase-IIIStudie CheckMate-577 wurden 794 Patienten mit vollständig resezierten Tumoren der Speiseröhre oder des gastroösophagealen Übergangs eingeschlossen, die trotz einer CRT keine Komplettremission erreicht hatten. Die Studienteilnehmer erhielten randomisiert entweder Placebo (n = 262) oder Nivolumab (n = 532) 240 mg als intravenöse Infusion alle 2 Wochen über 16 Wochen und anschließend Placebo oder Nivolumab 480 mg alle 4 Wochen bis zur Krankheits© VERLAG PERFUSION GMBH


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WISSENSWERTES

progression, einer inakzeptablen Toxizität oder dem Widerruf der Einverständniserklärung. Die maximale Behandlungsdauer betrug ein Jahr. Die Nachbeobachtung zum Gesamtüberleben dauert noch an. Primärer Endpunkt der Studie war das krankheitsfreie Überleben (Disease-free Survival, DFS), sekundärer Endpunkt das Gesamtüberleben (Overall Survival, OS). Das mediane DFS betrug bei den mit Nivolumab behandelten Patienten 22,4 Monate (95%KI: 16,6 – 34,0), verglichen mit

11,0 Monaten bei den Patienten, die Placebo erhielten (95%-KI: 8,3 – 14,3). Nivolumab reduzierte das Rezidiv- oder Sterberisiko gegenüber Placebo um 31 % (HR: 0,69; 96,4 %-KI: 0,56 – 0,86; p = 0,0003). Die Inzidenz behandlungsbedingter unerwünschter Ereignisse (Treatment-Related Adverse Events, TRAEs), einschließlich TRAEs aller Grade bzw. der Schweregrade 3/4, betrug 71 % bzw. 13 % bei den mit Nivolumab behandelten Patienten im Ver-

gleich zu 46 % bzw. 6 % bei den Patienten der Placebo-Gruppe. Schwerwiegende TRAEs jeglicher Grade bzw. der Schweregrade 3/4, traten unter Nivolumab bei weniger als 10 % der Patienten auf (alle Grade bei 8 %, Grad 3 oder 4 bei 6 %) im Vergleich zu 3 % bzw. 1 % unter Placebo. In beiden Armen war die Rate behandlungsbedingter Abbrüche jeglicher Grade niedrig (9 % unter Nivolumab vs. 3 % unter Placebo). B. S.

Titelbild: Der Immunmodulator Teriflunomid (Aubagio®) hemmt bevorzugt die mitochondriale Atmungsaktivität und damit auch die gesteigerten Stoffwechselprozesse der autoreaktiven T-Zellen, schwach aktivierte Zellen sind dagegen kaum betroffen. Durch diese selektive „Stoffwechselbremse“ kommt es zu einem relativen Anstieg der regulatorischen, entzündungshemmenden T-Zellen im Vergleich zu den proinflammatorischen Zellen (Quelle: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH). Herausgeber: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Ossecker Str. 172, 95030 Hof Univ.-Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Leiter Bereich Kardiologie RZP Potsdam und Geschäftsführer BBGK e.V. Berlin Konstanzer Straße 61 10707 Berlin Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. M. Alexander, Infektiologie, Berlin Prof. Dr. L. Beck, Gynäkologie, Düsseldorf Prof. Dr. Berndt, Innere Medizin, Berlin Prof. Dr. H.-K. Breddin, Innere Medizin, Frankfurt/Main Prof. Dr. K. M. Einhäupl, Neurologie, Berlin Prof. Dr. E. Erdmann, Kardiologie, Köln Prof. Dr. Dr. med. E. Ernst, University of Exeter, UK Prof. Dr. K. Falke, Anästhesiologie, Berlin Prof. Dr. K. Federlin, Innere Medizin, Gießen Prof. Dr. E. Gerlach, Physiologie, München Prof. Dr. H. Helge, Kinderheilkunde, Berlin Prof. Dr. R. Herrmann, Onkologie, Basel Prof. Dr. W. Jonat, Gynäkologie, Hamburg Prof. Dr. H. Kewitz, Klin. Pharmakol. Berlin

Prof. Dr. B. Lemmer, Pharmakologie, Mannheim/Heidelberg Prof. Dr. med. R. Lorenz, Neurochirurgie, Frankfurt Prof Dr. J. Mann, Nephrologie, München Dr. med. Veselin Mitrovic, Kardiologie, Klinische Pharmakologie, Bad Nauheim Prof. Dr. R. Nagel, Urologie, Berlin Prof. Dr. E.-A. Noack, Pharmakologie, Düsseldorf Prof. Dr. P. Ostendorf, Hämatologie, Hamburg Prof. Dr. Th. Philipp, Innere Medizin, Essen Priv.-Doz. Dr. med. B. Richter, Ernährung – Stoffwechsel, Düsseldorf Prof. Dr. H. Rieger, Angiologie, Aachen Prof. Dr. H. Roskamm, Kardiologie, Bad Krozingen Prof. Dr. E. Rüther, Psychiatrie, Göttingen Prof. Dr. med. A. Schrey, Pharmakologie, Düsseldorf Dr. Dr. med. C. Sieger, Gesundheitspolitik u. Gesundheitsökonomie, München Prof. Dr. E. Standl, Innere Medizin, München Prof. Dr. W. T. Ulmer, Pulmologie, Bochum Schriftleitung: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Ossecker Str. 172, 95030 Hof E-Mail: info@d-i-g.org E-Mail persönlich: k.l.resch@d-i-g.org

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 5-6/2021 · 30. JAHRGANG

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