"die beste Zeit", Januar-März 2021

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Das Kulturmagazin im Bergischen Land 01/2021 Januar-März

#MachenWirGern

Musik von William Shaw ab Weihnachten im Stream

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Tickets und Termine: schauspiel-wuppertal.de/robinhood

iStock, Lili Graph

Knospe, Spaten und Feines – für die kommende Gartensaison

Schloss Lüntenbeck 16. – 18. April 2021

Textilmarkt

Öffnungszeiten: 11 bis 18 Uhr Eintritt: 7 €, Kinder bis 14 Jahre frei Anfahrt und Parken: www.schloss-luentenbeck.de

21.06.20 08:38

Webausstellung „7 Places“ – Zentrum für verfolgte Künste in Solingen Gespräch Zum 30. Jubiläum der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft Erinnerung Hermann Schulz über den Wuppertaler Autor Karl Otto Mühl Festival Pina Bausch Zentrum under construction Einblicke Bettina Paust zum Potenzial der freien Kunstszene in Wuppertal Zukunft Kunst und (Nachhaltigkeits-)Wissenschaft begegnen sich 01/ 2 0 21 J a n u a r - M ä r z / 5. 8 0 € 21.12.20 22:51

Das Kulturmagazin im Bergischen Land 01/2021 Januar-März

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VON DER HEYDT- MUSEUM WUPPERTAL

Vision und Schrecken der Moderne

16.12.20 10:40

Choreographie Richard Siegal Bühne Anish Kapoor Kostüme Richard Siegal Musik Alva Noto Licht Matthias Singer Probenleitung Barbara Kaufmann

Choreographie Rainer Behr Bühne Michael Simon / Rainer Behr Kostüme Susanne Stehle Musikalisches Konzept Andreas Eisenschneider Licht Michael Simon Assistenz Annika Kompart

Mit Dean Biosca, Gabriel Brito, Maria Giovanna Delle Donne, Taylor Drury, Alexander Lopez Guerra, Nazareth Panadero, Azusa Seyama, Oleg Stepanov, Tsai-Wei Tien

Mit Emma Barrowman, Andrey Berezin, Jonathan Fredrickson, Nazareth Panadero, Julie Shanahan, Julie Anne Stanzak, Julian Stierle, Christopher Tandy, Stephanie Troyak, Tsai-Chin Yu

Vorverkaufsbeginn 22. Januar 2021 Tickethotline 0202 563 7666

pina-bausch.de

The art of tool making

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GEMEINSAM ZUKUNFT GESTALTEN.

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Für uns ist Nachhaltigkeit ein Selbstverständnis. Deshalb setzen wir für eine enkelgerechte Zukunft auf wirtschaftliches Handeln, soziale Verantwortung und ökologisches Bewusstsein. Was wir sonst noch gern machen, erfahren Sie auf barmenia.de

ROBIN HOOD von Henner Kallmeyer Musik von William Shaw ab Weihnachten im Stream

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Industrie und künstlerischer Aufbruch

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SCHAUSPIEL WUPPERTAL

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Kultur auf der Siegesstraße

16.12.20 10:40

Uraufführungen von Richard Siegal und Rainer Behr 11. 12. 13. 14. März 2021 25. 26. 27. 28. März 2021 Knospe, Spaten und Feines – für die kommende Gartensaison

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Schloss Lüntenbeck 2. bis 5. Juni 2011 www.larena-wuppertal.de „l‘aréna“, Siegesstraße 110, 42287 Wuppertal Tel.: 02 02 / 42 97 83 - 50/51/52, info@larena-wuppertal.de

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ISSN 18695205

Aussetzung der Veranstaltungen Infolge der effektiven Umsetzung der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19 Pandemie finden bis auf Weiteres keine Veranstaltungen in unserem Hause statt! Wir hoffen, dass Sie und Ihre Angehörigen gesund bleiben. Auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen in Ihrer laréna Eventlounge

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Uraufführungen von Richard Siegal und Rainer Behr 11. 12. 13. 14. März 2021 25. 26. 27. 28. März 2021

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Kultur auf der Siegesstraße

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Choreographie Richard Siegal Bühne Anish Kapoor Kostüme Richard Siegal Musik Alva Noto Licht Matthias Singer Probenleitung Barbara Kaufmann

Choreographie Rainer Behr Bühne Michael Simon / Rainer Behr Kostüme Susanne Stehle Musikalisches Konzept Andreas Eisenschneider Licht Michael Simon Assistenz Annika Kompart

Mit Dean Biosca, Gabriel Brito, Maria Giovanna Delle Donne, Taylor Drury, Alexander Lopez Guerra, Nazareth Panadero, Azusa Seyama, Oleg Stepanov, Tsai-Wei Tien

Mit Emma Barrowman, Andrey Berezin, Jonathan Fredrickson, Nazareth Panadero, Julie Shanahan, Julie Anne Stanzak, Julian Stierle, Christopher Tandy, Stephanie Troyak, Tsai-Chin Yu

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Editorial Liebe Leserinnen und Leser,

Dass wir mit der Produktion unseres Magazins nun zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate in den Lockdown geraten sind, hatte zwar Auswirkungen auf den Produktionsablauf und auch auf die Inhalte – so fehlen in dieser Ausgabe der beliebte Kultur-Ausflug ins weitere Umland und viele Kulturtipps; Projekte, von denen zu berichten gewesen wäre, sind auf Eis gelegt, und es ist ungewiss, ob und wann Sie die Ausstellung im von der Heydt-Museum in Wuppertal, die wir ihnen ausführlich vorstellen, überhaupt besuchen können. Und trotzdem haben wir wieder jede Menge Kulturlesestoff für Sie – denn unsere bergische Region und unsere Stadt Wuppertal sind einfach reich an Kultur und vor allem reich an Menschen, die auf ganz unterschiedliche Weise Kultur schaffen und vermitteln: so wie seit 30 Jahren die Else Lasker-Schüler-Gesellschaft, wie die Begegnungsstätte Alte Synagoge, wie die vielen Akteurinnen und Akteure der freien Kulturszene, deren Bedeutung Kulturbüroleiterin Bettina Paust in diesem Heft würdigt, und viele mehr. Wir finden: Ein neues Jahr, das ist immer wie ein Buch mit leeren Seiten. Es wartet darauf, von uns beschrieben zu werden. Wir haben die Chance, alten Ballast hinter uns zu lassen und den Blick auf das zu richten, was schön und

wertvoll ist, und auf das, was Neugier weckt, Hoffnung, Zuversicht und einfach Lust macht auf eine gemeinsame Zukunft. Was wäre als Symbol dafür besser geeignet als das zukünftige Pina Bausch Zentrum, das jetzt endlich „under construction“ ist. Und zwar lange bevor noch der erste Stein für den Umbau bewegt wurde. Denn das hat das neuntägige Festival „under construction“, auf das wir im Heft zurückblicken, gezeigt: Gebaut werden kann – und muss – daran weit im Vorfeld. Das fertige Gebäude wird nur die Hülle sein und die Bühne, die vieles ermöglicht. Das Festival hat schon viele einzelne kleine und größere Bausteine zusammengetragen. Oder besser: Zusammengetragen haben die Bausteine sehr viele sehr verschiedene Menschen. Und haben dabei gezeigt, was dieses Pina Bausch Zentrum einmal werden könnte. Noch ist es eine wunderbare Utopie. Aber Utopie kann Wuppertal. Und anpacken können die Wuppertalerinnen und Wuppertaler auch. Also lassen Sie uns gemeinsam bauen: an diesem Haus, an unserer Stadt, an unserer Zukunft. Wir wünschen all unseren Leserinnen und Lesern ein gutes neues Jahr 2021! Das Redaktionsteam: Anne-Kathrin Reif, Willi Barczat und Rita Küster

Foto: die beste Zeit

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Sie halten diese erste Ausgabe von „die beste Zeit“ 2021 aller Voraussicht nach einige Tage später in den Händen als vorgesehen. Tatsache aber ist: Sie halten Sie in den Händen – und das macht uns froh. Zum einen natürlich, weil wir daran Ihr Interesse an unserem Magazin erkennen, das wir auch dieses Mal wieder mit viel Herzblut und Leidenschaft für die Kultur auf den Weg gebracht haben. Zum anderen aber auch, und jetzt müssen wir mal kurz sehr ernst werden: Weil Sie überhaupt dazu in der Lage sind. Das nämlich ist inmitten dieses Corona-Winters noch weniger selbstverständlich als sonst. Wir von der Redaktion der „besten Zeit“ beginnen das Jahr mit Dankbarkeit, weil wir anders als viele andere gesund geblieben sind und in unserem direkten Umfeld niemanden an das Virus verloren haben. Allen, die das nicht sagen können, gilt unser Mitgefühl.

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Inhalt 10 Von der Heydt-Museum Wuppertal: Goldene Zeiten

„Gemälde sind Zeitzeugen“

Zum Festjahr 2021 „1700 Jahre Juden in Deutschland“

Jüdisches Leben im Bergischen Land Solinger „Zentrum für verfolgte Künste“ initiierte die Webausstellung „7 Places“

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Erinnerungskultur auf neuen Wegen

Exemplarisches Schicksal, einzigartiges Werk

Chronik, Schmuckstück, Fundgrube Der Wuppertaler Autor Karl Otto Mühl ist gestorben

Die Erfindung des Augenblicks

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Ein Gespräch zum 30. Jubiläum der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft

Der Else Lasker-Schüler-Almanach zum Feierjahr ist erschienen

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Lyrik-kiryl: Karl Otto Mühl

Gedichte

Über die Entstehung eines Theaterstücks zu Friedrich Engels

Was zum Teufel geht bloß in ihm vor?

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Mit Kitsch, Klamauk und Kunst: Mitten in den Geschlechterkampf

Die Wuppertaler Marquise als Niki de Saint Phalle

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Peter Kowald Gesellschaft startet eine Kammermusikreihe. Und einen neuen Flügel gibt’s auch

Neue Klänge am ORT für Improvisierte Musik

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Das Festival „Pina Bausch Zentrum under construction“ hat gezeigt: Es könnte so schön werden.

Ein Haus für Wuppertal und die Welt

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Uraufführungen mit Choreografien von Richard Siegal und Rainer Behr

Kontinuität und Aufbruch beim Tanztheater Wuppertal Pina Bausch Kunst und Kultur als Motor kommunaler Transformation

Grandios an der Wupper Kulturtipps

für Kinder und Jugendliche Die Evangelische CityKirche Elberfeld bringt den Urwald mitten in die Stadt.

Dschungel in Elberfeld

Kunst und (Nachhaltigkeits-)Wissenschaft begegnen sich

Die Stadtkarte des „Zukunftslabor Kunst & Stadt“ zeigt pulsierende Kunst- und Kulturorte

Ein übermorgenrotes Wuppertal

Neue Kunstbücher vorgestellt von Thomas Hirsch

Über das Leben in der Kunst

Ausstellungen, Musik, Literatur, Kino

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Kulturtipps

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Impressum

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Zukunftsküche

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„Gemälde sind Zeitzeugen“ Goldene Zeiten

Frans Snyders, Stillleben mit Wildschweinkopf, 1640-1650, Von der Heydt-Museum Wuppertal

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Das Von der Heydt-Museum zeigt seine Sammlung der Niederländer und erzählt dazu auch die Geschichte(n) hinter den Werken und wie sie ins Museum kamen. Im Gespräch mit der besten Zeit berichtet Kuratorin Anna Storm, wie sie die Ausstellung vorbereitet und warum die Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts für die Wuppertaler Sammlung besonders wichtig war. Wie kam es zu der Idee für diese Ausstellung? Das Von der Heydt-Museum verfügt ja über eine reiche und sehr vielseitige Sammlung, die neben moderner Kunst auch viele niederländische Gemälde aus dem 16. und 17. Jahrhundert umfasst. In vergangenen Zeiten, zum Beispiel in den Nachkriegsjahren, waren die Niederländer fast immer im Haus präsent. Nun war die Sammlung über längere Zeit nicht mehr in seinem ganzen Umfang zu sehen. Also haben wir schon 2019 in der Interimsphase unter der Leitung von Frau Dr. Birthälmer überlegt, die Niederländer in einer neuen Präsentation wieder zu zeigen. Dabei werfen wir einen neuen, frischen Blick auf die Bilder und rücken die hinter den Werken verborgenen Geschichten ins Licht.

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Haben Sie sich zuvor schon mit den Niederländern in der Sammlung beschäftigt? Im Rahmen der Ausstellung zu Peter Schenck, einem Wuppertaler Grafiker des 17. Jahrhunderts, habe ich mich 2019 schon mit der niederländischen Sammlung des Hauses beschäftigt. Damals haben wir auch einige ausgewählte Gemälde anderer Künstler der Zeit präsentiert und so versucht, die Epoche des 17. Jahrhunderts hinsichtlich der Produktion von Malerei und Druckgrafik abzubilden.

Jan van Bylert, Singende Hirten, 17. Jh., Von der Heydt-Museum Wuppertal

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Floris van Schooten, Frühstückstillleben mit Käse, Brot und Früchten,

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1. Hälfte des 17. Jh., Von der Heydt-Museum Wuppertal

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Was ist das Besondere an dieser Epoche? Wie kamen Sie auf den Ausstellungstitel? Die Niederlande waren im 17. Jahrhundert eine Großmacht. Welthandel und Schifffahrt führten zu hohem Wohlstand, der sich auch auf Kunst und Kultur auswirkte. Selten hat die Malerei eine vergleichbare Blüte erlebt wie in den Niederlanden im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert – der Epoche, die als das „Goldene Zeitalter“ bekannt ist. Der Begriff ist heute allerdings nicht mehr unumstritten, denn mit der Assoziierung, dass alles in dieser Zeit goldig-glänzend war, werden beispielsweise Ausbeutungsverhältnisse nicht mitreflektiert. In unserer Ausstellung soll es dezidiert um die Sammlungsgeschichte dieses Konvoluts gehen. Mit „Goldene Zeiten“ meinen wir die goldenen Zeiten im Wupper-Tal des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, wo es durch den Aufbau der Textilindustrie zu Wohlstand und vor allem zum Aufbau privater Sammlungen kam. Diese bilden letztlich die Basis der heutigen Sammlung niederländischer Malerei im Von der Heydt-Museum. Der Ausstellungstitel ist insofern

doppeldeutig: Er verweist auf die kunsthistorische Epoche, aber auch auf die spezifischen Umstände und Gegebenheiten in Wuppertal und die Entstehung der niederländischen Sammlung. Wie sind die Werke in die Sammlung des Von der HeydtMuseums gekommen? Den Anfang der Niederländer-Sammlung in Wuppertal machte August von der Heydt. Der Bankier, einer der wichtigsten Förderer des Museums, schenkte dem Museum, das 1902 gerade gegründet wurde, das Gemälde „Südliche Landschaft“ von Jacques d’Arthois. Weitere Schenkungen kamen in den Jahren darauf durch engagierte Wuppertaler Familien wie Bayer, Noetzlin, Frowein, Küpper, Baum, Hülsenbusch, Schmits, Wichelhaus, Lohe und Schniewind dazu. Schenkungen von Augusts Sohn Eduard von der Heydt 1956, 1958 und 1964, und Werke aus seinem Vermächtnis, vergrößerten die Sammlung noch einmal beachtlich. Eine ganze Sammlung kostbarer Grafiken von hochrangigen Künstlerinnen und Künstlern gelangte 2011 dank einer Schenkung von Ruth und Dr. Wolfgang Hein-

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Jacques d‘Arthois, Südliche Landschaft, 17. Jh., Von der Heydt-Museum Wuppertal

Warum haben die Mäzene Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts gerade die Niederländer gesammelt? Bei einem eher konservativen, wohlhabenden Bürgertum waren niederländische Gemälde im 19. Jahrhundert sehr beliebt, anders als die moderne Kunst, die erst nach und nach salonfähig wurde. Interessanterweise haben einige wenige Sammler, wie auch August von der Heydt, sowohl niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts als auch die neue, moderne Kunst sehr geschätzt und gezielt gesammelt. Darüber hinaus gab es in keiner Epoche eine so hohe künstlerische Produktion wie in den Niederlanden in dieser Zeit. Das heißt, der Markt für niederländische Malerei bzw. das Angebot waren sehr groß, was sich im 19. und frühen 20. Jahrhundert im Preis und im Kaufverhalten ausdrückte.

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Wie viele Werke besitzt das Von der Heydt-Museum aus dieser Zeit? Die Sammlung der Niederländer besteht heute aus etwa 60 Gemälden, unter ihnen so bedeutende Namen wie Aelbert Cuyp, Jan van Goyen, Joos de Momper, Pieter Neefs d. Ä., Salomon van Ruysdael, Herman Saftleven III oder Frans Snyders. Daneben besitzt das Von der Heydt-Museum auch eine umfangreiche grafische Sammlung, mit Blättern von beispielsweise Hendrik Goltzius, Nicolaes Berchem, Cornelius Dusart und Rembrandt. Für mich als Kuratorin eine Fundgrube! Sie wollen die Geschichten hinter den Bildern zeigen, das hört sich spannend an. Welche Geschichten wären das denn etwa? Die Gemälde und Grafiken sind über 400 Jahre alt, das heißt sie haben viel erlebt. Denn in der Regel gab es nicht nur einen Vorbesitzer oder eine Vorbesitzerin, bevor sie zu uns ins Haus kamen, sondern eine ganze Reihe. Die Werke hingen also sehr wahrscheinlich in diversen Wohnzimmern und vielleicht sogar in unterschiedlichen Ländern. 7

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rich Lohmann aus Wuppertal ins Museum. Darunter auch eine Reihe niederländischer Grafiken aus dem 17. Jahrhundert, die wir nun in der Ausstellung zeigen. Privates Engagement war also immer besonders wichtig.

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Aelbert Cuyp, Ansicht von Amersfoort, vor 1650, Von der Heydt-Museum Wuppertal

Wir wollen rekonstruieren, soweit es uns gelingt, über welche Station die Werke zu uns gekommen sind.

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Gibt es ein konkretes Beispiel? Das Gemälde von Aelbert Cuyp zum Beispiel, das Titelmotiv der Ausstellung, war früher einmal in englischem Privatbesitz und kam dann über eine Galerie in Frankreich nach Wuppertal.

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Fragen der Provenienzforschung, also Fragen nach der Herkunft, sollen auch eine Rolle spielen. Sind die denn bei diesen Bildern aufgearbeitet? Wo kommen die Bilder her? Mit Fragen zu Besitzverhältnissen gehen natürlich immer Fragen der Provenienzforschung einher – ein Forschungsfeld, das enorme Wichtigkeit hat und das wir in der Ausstellung auch sichtbar machen wollen. Ich konnte gemeinsam mit meiner Kollegin Anna Baumberger, die bei uns seit vergangenem Sommer für Provenienzforschung zuständig ist, einen Erst-Check aller Gemälde vornehmen. Das bedeutet nicht, dass die Provenienzforschung zu allen Gemälden abgeschlossen ist, denn das ist ein sehr langer und zum Teil schwieriger Prozess. Wir verfügen aber zu nahezu jedem Gemälde über die Informationen zu den Erwerbungshintergründen und zu den direkten Vorbesitzern.

Gab es bei Ihrer Recherche schon überraschende Einsichten und Erkenntnisse? Absolut. Die ausführliche Betrachtung der Rückseiten der Werke war schon eine sehr spannende Angelegenheit, wo wir vieles entdecken konnten. Stempel, Siegel oder handschriftliche Vermerke helfen uns, die Stationen der Vorbesitzer zu rekonstruieren. Und auch bei der Recherche in alten Archivalien, etwa im Stadtarchiv, konnte ich sehr interessante Einsichten erlangen, beispielsweise durch Korrespondenzen mit Galerien oder Händlern, Rechnungen oder Angebote. Dabei sind mir Knotenpunkte aufgefallen, wo vieles zusammenläuft, zum Beispiel eine Pariser Galerie, über die diverse Ankäufe abgewickelt wurden. Was schätzen Sie persönlich an diesen Werken? Diese Frage hätte ich vor einem Jahr noch anders beantwortet. (Lacht) Da hätte ich zum Beispiel das reiche Motivspektrum des Konvoluts, das sich von Landschaften über Genrebildern bis zu Stillleben erstreckt, benannt oder auch die hohe malerische Qualität der Werke betont. Heute, nachdem ich verstärkt zu den Erwerbungshintergründen recherchiert habe, muss ich meine Antwort erweitern. Gemälde sind im doppeltem Sinne Zeitzeugen: Sie erzählen uns auf der einen Seite etwas über ihre Entstehungszeit,

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zum Beispiel über das Leben damals – wenn auch nicht jede Darstellung eine realistische Lebensbeschreibung ist. Auf der anderen Seite erzählt ihre Provenienz eine Geschichte über die Vorbesitzer, zeichnet geografische Wege oder gibt Auskunft über materiale Wertigkeiten und Möglichkeiten in der Vergangenheit. Ich schätze also – neben der Betrachtung dieser wunderbaren Werke – ihr dahinterliegendes erzählerisches Potenzial und hoffe, dass die Besucherinnen und Besucher genauso viel Freude haben werden, dieses zu entdecken, wie ich.

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Goldene Zeiten Die Sammlung niederländischer Kunst und ihre Geschichte(n) Sonntag, 28. Februar 2021, bis Sonntag, 27. Februar 2022

Von der Heydt-Museum Turmhof 8, 42103 Wuppertal www.von-der-heydt-museum.de 9

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Cornelis Dusart, Heimkehr vom Markt, 1684, Von der Heydt-Museum Wuppertal

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Jüdisches Leben im Bergischen Land

Zum Festjahr 2021 „1700 Jahre Juden in Deutschland“

Im Hintergrund: Porträt einer Dame, aufgefunden im Schutt der abgebrannten Barmer Synagoge im November 1938, um 1860 Im Vordergrund: Objekte aus jüdischem Besitz, Foto: Willi Barczat

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Es ist erstaunlich: Immer wieder sind zwei simple Zahlen Ursache für Verblüffung bei den Gästen im jüdischen Museum der Begegnungsstätte Alte Synagoge: Die eine ist „321“, die andere „1“. Dass es schon seit 1700 Jahren Juden nördlich der Alpen gibt, ist so wahr wie allgemein kaum bekannt. Und dass trotz der ungeheuren Zahl von sechs Millionen Holocaustopfer die Zahl der Juden nie mehr als 1% des Bevölkerungsanteils in Deutschland betragen hat, kann man sich kaum vorstellen. Dass die große Zahl der Opfer sich vor allem aus polnischen, sowjetischen und ungarischen Juden zusammensetzt und eben nicht aus deutschen, dringt im schulischen Geschichtsunterricht ganz offensichtlich nicht so richtig ins Bewusstsein. Das ändert sich vielleicht im Jahr 2021, dem 80. Jahr des Überfalls der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion im Juni 1941, mit dem der Holocaust begonnen hat. Mit diesem Wissen im Hinterkopf im Jahr 2021 aber zugleich „1700 Jahre Juden in Deutschland“ zu feiern, macht beklommen. Doch beidem, der nationalsozialistischen Vernichtung der europäischen Juden und der langen jüdischen Geschichte in Deutschland, die sich bis in die Spätantike zurückverfolgen lässt, ist in spannungsreicher Beziehung zu gedenken.

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Als Gründungsdokument jüdischer Geschichte in Deutschland gilt ein Schreiben Kaiser Konstantins vom 11. Dezember 321, das dem Stadtrat Köln erlaubt, Juden zu

Natürlich nicht an der Wupper. Die ist bekanntlich bis heute nicht schiffbar, und daher war das Wuppertal in Zeiten vor der Eisenbahn für Zuwanderung nur eingeschränkt attraktiv. Ans Verkehrsnetz angeschlossen zu sein, ist nicht erst seit gestern unabdingbar für eine hoffnungsvolle Existenzgründung mit berechtigter Bleibeperspektive. Ein Dokument aus dem Jahr 1691 berichtet von einem Isaac Meyer, dem Kurfürst Johann Wilhelm eine für 16 Jahre gültige Aufenthaltsgenehmigung erteilte – selbstverständlich gegen fürstliche Bezahlung. Die allermeisten Juden in der Region lebten bis ungefähr zum Jahr 1800 in kleinen und kleinsten Gruppen auf dem Land, in ziemlich prekären wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnissen, als Viehhändler, Metzger und Kramhändler. Nur selten gab es Betreuung und Aufsicht durch einen Rabbiner. Die Leute vertrauten in Kultusangelegenheiten ihren eigenen religiösen Kenntnissen, und die waren zahlreich. Geregelt werden mussten die koschere Schlachtung und überhaupt die Kaschrut, die Einhaltung der Speisegesetze, was in einer nichtjüdischen Umgebung ein kompliziertes Unterfangen war und ist. Sodann die

Eintrag von Isaac Meyer im Elberfelder Einwohnerbuch aus dem Jahr 1802/03 (Stadtarchiv Wuppertal)

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berufen. Das war eine „lex generalis“, besaß also überall in den römischen Provinzen Gültigkeit. In Köln und auch in anderen Städten an Rhein, Main, Donau und vergleichbar großen Wasserstraßen, wo man vor allem die Anwesenheit von Juden vermuten darf, gab es eine solche jüdische Mitbestimmung.

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Hatte die Übersiedelung in die Stadt sich nun gelohnt? In einer Steuerliste wurde Samuel Steilberger auf die Entrichtung von einem Taler veranschlagt, was der zweitniedrigste Satz war. Das spricht nicht gerade für Wohlstand, war aber vermutlich immer noch besser als der Lebensstandard in Langenberg. Und er befand sich zusammen mit 121 anderen steuerpflichtigen Juden im Kreis Elberfeld in der größten Gruppe. Übrigens: Die 23 Familien der Ein-TalerSteuerklasse zahlten zusammen weniger als die Hälfte des vermögendsten der jüdischen Gemeindemitglieder, der allein und als einziger der Elberfelder Juden 48 Taler zu zahlen hatte. Von wegen „alle Juden sind reich“!

Samuel Steilberger, 1890er Jahre, (Begegnungsstätte Alte Synagoge 1509)

Beschneidung der männlichen Säuglinge, Eheschließungen und Begräbnisse, die religiöse Alphabetisierung und Unterweisung der Kinder.

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Erst das beginnende Wachstum der Städte Elberfeld und Barmen, dazu die Verbesserung der rechtlichen Situation in der französischen Verwaltung seit 1809, machte die jüdische Zuwanderung in die Wupperstädte interessant und möglich.

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Einer von denen, die diesen Schritt erwogen, war Samuel Steilberger aus Langenberg. 1814 als Sohn eines armen Webers und jüdischen Lehrers geboren, gehörte er der Landjudenschaft der Unterherrschaft Hardenberg an, in deren Schutz (immer gegen Geld und Abgaben von Naturalien) die Juden schon seit mindestens 1694 einigermaßen gesichert leben konnten. Samuel, wie der Vater Weber von Beruf, heiratete 1844 Friederike Simon aus Neviges. Die beiden bekamen in rascher Folge sechs Kinder, spürten die Armut und den Trend, und der ging in Richtung Stadt. 1856 oder 1857 entschloss sich die Familie zum Wegzug, und bis zum Jahr 1867 wurden in Elberfeld weitere sechs Kinder geboren, von denen aber nur drei das Erwachsenenalter erreichten.

So stolz Köln auf das Konstantin-Dokument aus dem Jahr 321 sein darf, so dankbar sind wir in Wuppertal für die durch einen bloßen Zufall zu uns gekommene Briefsammlung aus dem Besitz der Familie Steilberger. Das sind 29 Briefe des betagten Samuel Steilberger aus den Jahren 1895 bis 1901 an seine Tochter Regina, die im schweizerischen Biel mit ihrem Mann Moritz Meyer eine der damals bekannten „Knopf“-Filialen führte. Erhalten sind noch eine im Elberfelder Born-Verlag gedruckte Festschrift zur Goldhochzeit der Eltern aus dem Jahr 1894 und ein paar Fotos. Das alles zusammen dokumentiert anschaulich und auch irgendwie anrührend eine jüdische Alltagsgeschichte, die obendrein überaus lehrreich ist. Denn nicht nur korrigiert sie dankenswerterweise einige der häufigsten Klischees, die noch immer und immer wieder über Juden erzählt werden. Vielmehr erzählt diese Geschichte eines „Nobody“ von Verlöbnissen und Heiraten, vom Kinderkriegen und von Krankheiten, vom Haushalt und vom Essen, von Ereignissen in der jüdischen Gemeinde, von Klatsch und Tratsch. Und von dem, was die Juden dieser Zeit vor allem antrieb: „Wer hätte vor 18 Jahren denken sollen, dass ihr jetzt in der Schweiz sollt sein und so ein kaufmännisches Geschäft innehabt? Woher kömmt das? Hauptsächlich erste Bedingung: Schulkenntnisse! Ohne dieselbe ist nichts anzufangen. Ich spreche aus Erfahrung, wenn ich zur Schule geschickt worden wäre, wäre ich heute ein ander Mann. Das ist nicht mehr zu ändern.“ So schreibt der 83-jährige Samuel Steilberger an Regina im Januar 1898. Seine eigene Bildung beschränkte sich auf den Religionsunterricht, den ihm sein Vater erteilt hatte. Die lateinischen Buchstaben brachte er sich später selbst bei. Er „schickte“ seine Söhne in die Schule und mit größter Wahrscheinlichkeit auch die Töchter. Samuel sah und nutzte die Chancen, die eine zunehmend liberalere Gesellschaft auch

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ihm als Juden bot. Seine Kinder sollten es besser haben, „Aufstieg“ hieß die Parole, und sie hatten es auch besser: Einer der Söhne wurde Arzt, das Ziel einer noch holprigen Schul- und Studienlaufbahn. Die anderen wurden Kaufleute, wohl auch ganz erfolgreich, die Töchter heirateten in vielversprechende Familien ein, und einige experimentierten mit der Auswanderung in die USA, was allerdings nicht bei allen glückte. Dass mindestens einer der Söhne nicht so wohl geraten war, soll hier genauso wenig verschwiegen werden, wie es der Vater in seinen Briefen tat. Samuel starb 1901. Und die große Kinderschar? Mit der Hilfe von näheren und ferneren Familienangehörigen dieser überaus zahlreichen „Mischpacha“ haben wir in den letzten Jahren viel herausgefunden und die Lebensdaten der Steilbergers bis in die neunte Generation verfolgen können. Das jüngste uns bekannte Kind ist Lea, geboren im August 2010 in Tal Schomer in Israel. Andere Familienzweige endeten aber abrupt: Samuels geistig behinderte Enkelin Betty wurde 1940 in der Tötungsanstalt Grafeneck ermordet, 53 Jahre alt. Ein Enkel, der Arzt Dr. Carl Martin Steilberger, und seine Frau ertranken im Oktober 1943 auf der Flucht mit dem Boot auf dem Weg über die Ostsee nach Schweden – ihr Sohn Hans Harald überlebte und starb 1980 in Stockholm. Viele weitere Opfer dieser Generation könnten wir hier nennen.

Vom Ende her oder vom Heute, also von einem Standpunkt aus, den man für den wahren hält, erscheint die jüdische Geschichte stets als eine, die auf den Holocaust zuläuft, so als gäbe es eine Zwangsläufigkeit, eine Notwendigkeit, eine Chronologik. Die übermächtige Katastrophe des Holocaust und ihre schmerz- und schuldbeladene Undurchdringlichkeit verstellen den Blick auf die „Offenheit des Moments“, auf die von Zufällen abhängigen und von einzelnen Entscheidungen gewollten Ereignisse, die erst in der Rückschau zu „historischen“ Ereignissen werden. Es gab vielleicht eine „Vorgeschichte“ des Nationalsozialismus und es gab ganz gewiss viele Bedingungen und ein kompliziertes Netz von Faktoren, die den Holocaust möglich machten, aber ganz sicher gab es keine Zwangsläufigkeit und schon mal gar nicht eine „Schicksalhaftigkeit“ der über 1700-jährigen jüdischen Geschichte.

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Jüdische Geschichte unterliegt eben nicht einer Chronologik. Sie ist, bei aller zahlenmäßigen Marginalität der Jüdinnen und Juden (1%!), eigenständig und paradigmatisch. Deshalb sei abschließend auch noch eine dritte Zahl genannt, die im allgemeinen „Narrativ“ eigentlich immer fehlt: „1847“. In diesem Jahr ratifizierte der preußische König ein „Gesetz, die Juden betreffend“, mit dem die acht Provinziallandtage Preußens für die Gleichstellung der Juden gestimmt hatten – der Düsseldorfer (wie heute also „unser“ Landtag) sogar schon vier Jahre früher. Jubel und Dank der Juden im Rheinland kannten keine Grenzen, und die aus dem Wuppertal schrieben an die Abgeordneten: „Sie, edle Herren, haben es verstanden, […] den Begriff eines christlichen Staates in seiner erhabenen, wahren Bedeutung aufzufassen, klar zu machen und zu bekennen. […] Die Annalen der Geschichte werden es unseren Nachkommen verkünden, daß es der siebente Rheinische Landtag in unserm Vaterlande zuerst aussprach, daß ein verjährtes Unrecht kein rechtskräftiges Servitut [Dienstbarkeit, hier: Gewohnheitsrecht] begründet, daß die jüdischen Bewohner der Rheinlande, die ihr Vaterland und ihre christlichen Mitbürger lieben, […] die Freude und Leid, Gefahren und Lasten mit ihnen theilen, auf den unverkümmerten Genuß derselben Rechte Anspruch haben. […]“ Niemand konnte damals auch nur im Entferntesten ahnen – und nichts ließ darauf schließen – welches Verbrechen sich hundert Jahre später unter den Augen der Bevölkerung, mit ihrer Duldung und Zustimmung ereignen würde. Es hätte auch anders kommen können. Dr. Ulrike Schrader Leiterin der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal

Initiator und Koordinator des bundesweiten Themenjahres ist der in Köln ansässige Verein „321 – 2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.“: www.1700jahre.de Die Wuppertaler Veranstaltungshinweise auf www.alte-synagoge-wuppertal.de 13

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Mit ungeheurer Wucht bricht der Holocaust in diese hoffnungsfrohe, fromme, lebendige und tatkräftige Familie hinein. Eine jüdische Familiengeschichte lässt sich nur selten in Ruhe zu Ende erzählen. Oder nie?

Bei der Betrachtung eines solch langen Zeitraums wird das im Jahr 2021 eine der größten Herausforderungen sein: jüdische Geschichte zu sehen, als Reservoir für Optionen, als eine dynamische Ereignisfolge und Entwicklungskette, die für sich allein historisches Schauspiel und großartige Leistung ist. Sie ist nicht das kaum beachtete Präludium zu einem Völkermord, dessen Geschichte auch nur zu oft verkürzt wird zum Lehrstück für die Begründung menschenrechtlicher Standards.

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Screenshots der Webausstellung „7Places - Sieben Orte in Deutschland“

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Erinnerungskultur auf neuen Wegen Solinger „Zentrum für verfolgte Künste“ initiierte die Webausstellung „7 Places“ Die Ausstellung verknüpft exemplarisch sieben Orte jüdischer Erinnerungskultur und zeigt, wie lebhaft jüdische Kultur in Deutschland heute ist.

2020 sollte für die Gestalterinnen und Gestalter der Ausstellung ursprünglich ein Jahr der Jahrestage und des aufwendig kuratierten Zurückblickens werden, schließlich erlebten gleich mehrere historisch und erinnerungskulturell relevante Daten bedeutende Jahrestage. „Es bleibt die eine Antwort: Nie wieder! Niemals wieder! Deshalb darf es keinen Schlussstrich unter das Erinnern geben“, betonte Franz Walter Steinmeier gleich zu Beginn des Jahres, als er im Januar 2020 als erster deutscher Bundespräsident in der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem sprach. Hier benannte er die deutsche Verantwortung im Kampf gegen den Antisemitismus: „75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz stehe ich als deutscher Präsident vor Ihnen allen, beladen mit großer historischer Schuld […] Unsere deutsche Verantwortung vergeht nicht“, so Steinmeier.

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Kurz darauf, 75 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, dem ikonischen Datum im Erinnern an die Shoa, des institutionalisierten Massenmordes an den Juden, wurde anlässlich der „Gedenkstunde zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ im Deutschen Bundestag die Ausstellung David Olère. Überlebender des Krematoriums III in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau und dem Zentrum für verfolgte Künste, unterstützt vom Rundfunk Berlin-Brandenburg, eröffnet. Zur Vernissage sprachen Piotr Cywi ski, der Direktor des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau, und Beate Klarsfeld als eine der Kuratorinnen der Ausstellung. Die 1939 in Berlin geborene glühende Antifaschistin erlangte insbesondere dadurch einst große Bekanntheit, dass sie Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger wegen dessen Verstrickungen in das NS-Regime öffentlich ohrfeigte. Gemeinsam mit ihrem Mann Serge Klarsfeld hat sie es sich zur Lebensaufgabe gemacht, dass die Verbrechen der Nationalsozialisten ausnahmslos aufgeklärt und den Tätern und Täterinnen nachgespürt werde. So versuchte das Paar 1971, Kurt Lischka, den einstigen SD-Chef (Sicherheitsdienst des Reichsführers SS) von Paris, der für die Deportation Zehntausender Juden verantwortlich war und trotz eines französischen Gerichtsurteils unbehelligt in Köln lebte, auf französischen Boden zu entführen. Lischka ist bei weitem kein Einzelfall. Wie sehr Biografien wie die seine den Überlebenden der Shoa als eine Verhehlung der Verantwortung an dem Massenmord erscheint, zeigt auch der Film Non retour ou la mémoire volée, für den der Dokumentarfilmer und Regisseur Jean Boussuge David Olère, den Künstler der Ausstellung, 1980 in seinem Wohnhaus und Atelier das letzte Mal vor der Kamera interviewte. Lischka und andere finden darin Erwähnung. David Olère (*19. Januar 1902 in Warschau; †21. August 1985 in Paris) ist sichtlich erschüttert: „Jetzt tun sie so, als hätte es das nie gegeben. Da gibt es Leute, die das alles abstreiten […] sie sagen, es sei nicht wahr, das habe es alles nicht gegeben, 15

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Bundesaußenminister Heiko Maas und Melissa Fleming, Under-Secretary-General for Global Communications der Vereinten Nationen, eröffneten am 9. November 2020 die Online-Ausstellung 7Places – Sieben Orte in Deutschland, die das Solinger Museum Zentrum für verfolgte Künste mit Unterstützung des „Holocaust and the United Nations Outreach Programme“ initiiert und gestaltet hat. Im digitalen Raum rücken dort sieben exemplarisch gewählte Orte jüdischen Lebens zusammen, die realiter sowohl topografisch wie geografisch und insbe-sondere jedoch in ihrer historischen Entwicklung unterschiedlicher kaum sein könnten. So werden hier vielfältige Aspekte einer indes ohnehin heterogenen Erzählung jüdischen Lebens in Deutschland in einem gemeinsamen Rahmen gezeigt: Sieben Orte in Deutschland und das weltweite Gedenken an die Shoa kommen auf dem Zeitstrahl der Website an einem Ort zusammen und eröffnen gleichzeitig neue Räume für Dialoge der Erinnerungskultur im Jahr 2021, dem Festjahr 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. Dass dieses Projekt im Jahre 2020 so entstand, wie es nun vorliegt, ist allerdings eine Folge der Pandemie und des damit einhergehenden Bedarfes, Erinnerungskultur und -vermittlung in Zeiten der Digitalisierung neu zu denken.

Öffentlich bekundete er im Folgenden, dass Deutschland sich nur dann gerecht werde, wenn es seiner eigenen historischen Verantwortung gerecht werde.

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Franzosen und Deutsche.“ Dem entgegen hält er zeitlebens seine Zeugenschaft, die in seinen großformatigen Bildern bis zu seinem Tod sein erlebtes Trauma verdeutlichen: „Je l‘ai vécu moi-même“, sagt er, „Ich habe es selbst erlebt, was kann und soll ich noch sagen? Ich bin hier! Ich bin immer noch hier! Jede Szene, die ich male – ja, ich war da – sehen Sie: es gibt ihn noch, O-L-È-R-E, der da abgebildet ist, ja, ich war da, ja, ich habe es gesehen.“

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David Olère ist der einzige Maler des sogenannten Sonderkommandos, der in seinen Bildern Zeugnis ablegte. Die jüdischen Häftlinge des Sonderkommandos von Auschwitz mussten die Gaskammern und Krematorien in Gang halten. Die meisten von ihnen wurden nach kurzer Zeit mit in eine der Gaskammern geführt, etliche begingen schon vorher Suizid. Nachdem David Olère das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau überlebt hatte, hielt er das Gesehene in detailgenauen Zeichnungen fest, die die Grundlage seines späteren Werkes bilden. Eine Dokumentation der Ausstellung und der Film in seiner vollen Länge finden sich auf der Webpräsenz des RBB-Projektes Auschwitz und ich (auschwitzundich.ard.de), das ebenfalls einen Teil der Ausstellung bildete.

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Im Vorwort für die Begleitbroschüre der Ausstellung schrieb Wolfgang Schäuble, der ebenfalls die einleitenden Begrüßungsworte sprach: „[Die Werke David Olères] führen unmissverständlich vor Augen, was zu keiner Zeit aus dem Blick geraten darf: die Abgründe eines singulären Zivilisationsbruchs, der von Deutschland ausging und der uns in die Pflicht nimmt, dem Gebot ‚Nie wieder!‘ stets aufs Neue zeitgemäß Gestalt zu verleihen.“ Und der Kulturwissenschaftler Jan Assman, bekannt für seine Beschäftigung mit Erinnerungskultur, formulierte es an anderer Stelle so: „Es ist unsere Pflicht, Auschwitz in der Geschichtskultur, im Schulunterricht, in Denkmälern und vielen anderen Medien präsent zu halten. Dass das zur Routine verkommt, glaube ich nicht. Das, was man unter Vergangenheit versteht, muss immer neu ausgehandelt werden. Es gibt in dieser Frage kein heilsames Schweigen.“ „Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung“, artikulierte Theodor W. Adorno (1966) in seiner „Erziehung zur Mündigkeit“ das immerwährende Postulat: Nie wieder! So sollte dieses „Nie wieder!“ weiterhin durch das Jahr 2020 hallen, in dem sich auch das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 75 Mal jährte. Im Zentrum für verfolgte Künste und verschiedenen seiner Partnerinstitutionen waren über das Jahr hinweg Ausstel-

lungen geplant, die sich dieser Verantwortung verpflichten. Dann allerdings kam alles anders: „Eigentlich hatten wir uns alle das Jahr 2020 ganz anders vorgestellt, und es gab die Überlegung, das Solinger Museum mit all seinen Aktivitäten und Kooperationspartnerinnen und Partnern in New York vorzustellen. Die virtuelle Ausstellung, die wir hier aus der Dauerausstellung des Museums für verfolgte Künste eröffnen, ist eine lebendige Antwort auf die notwendigen Einschränkungen zur Bekämpfung der CoronaPandemie“, heißt es im Eröffnungsfilm der Ausstellung 7Places, der auf der Website 7Places.org zu sehen ist. Die Schließung des Museums im Rahmen der Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und die Umgestaltung des Jahresprogrammes bargen einige Herausforderungen. Ohnehin bedarf es eines fortwährenden offenen Dialoges, sich 75 Jahre nach der Shoa in eine lebhafte, nachhaltige Erinnerungskultur einzuschreiben, eines Diskurses über die Art, wie wir der Vergangenheit, der Verantwortung und dem virulenten Vergessenwollen („Fliegenschiss“) begegnen können. Noch einmal mit Jan Assmann gesprochen: „Das, was man unter Vergangenheit versteht, muss immer neu ausgehandelt werden.“ Die Frage nach den Begriffen und insbesondere den Medien, derer wir uns bedienen wollen, kann im Jahr 2020 aus vielen Gründen nicht lauter gestellt werden: Die verbliebenen Überlebenden werden bald nicht mehr realiter Zeugnis ablegen können, es gilt die Begegnung mit ihnen zu überführen, die Erinnerung und das ererbte Trauma über Generationen zu tragen und weiterzuerzählen. Dabei kann nicht die eine Geschichte zum Narrativ werden, da in ihr mehrere Stimmen erschallen. Doch sollte man der Polyphonie der Geschichtserzählung(en) Konturen und Anlässe und dem „Nie wieder!“ einen Resonanzraum geben. Ein Versuch, Überlebenden und Folgegenerationen Sichtbarkeit und eine Stimme zu verleihen, ist das Projekt Auschwitz und ich des RBB. Julia Riedhammer und Christine Thalmann stellten darin allen Beteiligten die Frage: „Was kann jede und jeder einzelne tun, damit so etwas wie die Shoa nie wieder passiert?“ Einige der Antworten, so unter anderem die von Claudia Roth, der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, finden sich auch in der Webausstellung 7Places, die neben der Geschichte jüdischen Lebens in Deutschland auch einen Einblick in die Arbeit an der Erinnerungskultur gibt.

Die sieben Orte So stehen die titelgebenden sieben Orte – die Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum

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Berlin: Neue Synagoge

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Foto: Crative Commons, Marek liwecki 2017.

Essen: Die ausgebrannte Synagoge in Essen, 9. 11. 1938. Man erkennt auf der Schwarzweißfotografie deutlich, wie Schaulustige das Geschehen beobachten.

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Die imposante Synagoge ist ausgebrannt, ihr Dachstuhl bereits eingefallen.

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Foto: Alte Synagoge Essen

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Norderney: Verabschiedung von drei bayerischen SA-Männern durch SA-Urlauber. „Norderney judenfrei!“ – diese Aussage traf nicht zu. Erst 1941 mussten die letzten

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jüdischen Einwohner die Insel verlassen. Fotografie, 1933, Stadtarchiv Norderney

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Judaicum, die Alte Synagoge in Essen, die Gedenkstätte der Landjuden an der Sieg, die jüdische Gemeinde in Halle an der Saale, vertreten durch das Leopold Zunz Zentrum e.V., die ehemalige Synagoge auf der Nordseeinsel Norderney, die Gedenkveranstaltung der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Schwertstraße am Platz der ehemaligen Synagoge in Solingen und das Museum MiQua, LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln, nicht allein auf dem übersichtlichen Zeitstrahl, der den Kern der Darstellung bildet, im Schlüsseljahr 321 ansetzt und auch im Jahr 2021 fortgeführt werden wird. Für die jüngere Vergangenheit werden die sieben Orte auf dem Zeitstrahl um internationale Gedenkorte und Institutionen ergänzt, beispielsweise mit dem Datum ihrer Gründung, ihrer Geschichte oder mit einer Veranstaltung im Rahmen der Web-Ausstellung. Eine solche (Live)-Veranstaltung rückt nach ihrer Durchführung in die Chronologie des rückblickenden und sich fortschreibenden Zeitstrahls – ein offenes virtuelles Museum. „Remembrance is vivid through communication“, so der Leitspruch der Ausstellung. Die kontinuierlich wachsende Zahl an Kooperationspartnerinnen und -partnern eröffnet allen die Möglichkeit, ihre Arbeit und ihre Projekte Menschen weltweit näherzubringen und die Vielfalt der globalen mahnenden Erinnerung an die Shoa und die Verbrechen des Nationalsozialismus zu zeigen. So stehen Orte der Erinnerung und des Gedenkens neben Orten der Gräuel, neben Orten lebhafter jüdischer Kultur und Geschichte und werden gleichsam erfahrbar anhand von vielen Filmbeiträgen, Fotografien, Kunstwerken, Quellen und Dokumenten. So steht hier die jüdische Gemeinde in Halle neben dem Johannesburg Holocaust & Genocide Centre (JHGC), das auf eine lange und stolze jüdische Tradition zurückbli-

Halle: Ansicht der östlichen Synagogenfassade in der Kleinen Brauhausstraße vor 1900. Aus südlicher Richtung vor Anfügung des Orgelraumes zwischen den Türmen, Foto: Stadtarchiv Halle

cken kann und bereits seit 1184 jüdischen Siedlerinnen und Siedlern innerhalb seiner Stadtmauern den Raum bot, eine der größten Gemeinden der Region aufzubauen. Auch der Anschlag auf die Synagoge in Halle im Oktober 2019 ist auf dem Zeitstrahl verzeichnet, es findet sich allerdings ebenso ein Eintrag zu dessen erstem Jahrestag mit der Enthüllung des Denkmals. So ist die virtuelle Ausstellung eine Einladung, davon zu erfahren, wie sich jüdisches Leben in Deutschland im Laufe der Jahrhunderte an den verschiedenen Orten verändert hat, bedroht und getilgt wurde und wieder entstehen konnte – und wie lebhaft die jüdische Kultur in Deutschland heute ist. „Erinnern bedeutet, aus dem Gestern die richtigen Schlüsse für heute und morgen zu ziehen“, sagt Heiko Maas in seiner Eröffnungsrede – der fortgeführte Zeitstrahl der Ausstellung wird auch dies dokumentieren. Mit 7Places ist es gelungen, zum Launch der Website am 9. November 2020 bereits über 30 internationale Kooperationspartnerinnen und -partner in ein lebendiges Netzwerk einzubinden. Gemeinsam stehen sie für ein „Nie wieder!“ Birte Fritsch Kuratorin im Museum Zentrum für verfolgte Künste, Solingen, sowie Kuratorin und Projektkoordinatorin der Webausstellung 7Places

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Solingen: Schweigemarsch im Gedenken an die Novemberpogrome, Solingen, 1978, Foto: Stadtarchiv Solingen

Köln: Das entstehende MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln aus der Perspektive des Rathausplatzes, Quelle: MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln, © Wandel Lorch Architekten

Die Ausstellung entstand in enger Zusammenarbeit mit vielen internationalen Partnerinnen und Partnern, dem Rundfunk Berlin-Brandenburg, RBB, dem trimedialen ARD-Projekt „Auschwitz und Ich“ der ARD und dem MOCAK Museum für Gegenwartskunst Krakau. Auch das Themenjahr „321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ beteiligt sich an „7Places – 7 Orte in Deutschland“. Zur Thematik der Ausstellung erschien im November 2020 im Wallstein Verlag das Buch „Polyphonie des Holocaust“.

www.7places.org Museum Zentrum für verfolgte Künste Wuppertaler Straße 160, 42653 Solingen 7places@verfolgte-kuenste.de

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Das Holocaust and the United Nations Outreach Programme wurde von den Vereinten Nationen gemäß der Resolution 60/7 der UN-Generalversammlung vom 1. November 2005 ins Leben gerufen, in der die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen aufgefordert wurden, Bildungsprogramme mit didaktischem Material über den Holocaust zu entwickeln, und in der der UN-Generalsekretär aufgerufen wurde, ein Holocaust Outreach Programme und Maßnahmen zur Mobilisierung der Zivilgesellschaft für das Gedenken an den Holocaust und zur Aufklärungsarbeit zu entwickeln, um künftige Akte des Völkermords zu verhindern. 19

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Verantwortlich für die Ausstellung im Museum Zentrum für verfolgte Künste sind die Kuratorin Birte Fritsch und der Direktor Jürgen Kaumkötter mit Unterstützung des Holocaust and the United Nations Outreach Programme als multimediale Bildungsquelle zur Erinnerung und Aufklärung über die Novemberpogrome von 1938.

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Exemplarisches Schicksal, einzigartiges Werk

Zum 30. Jubiläum der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft: Ein Gespräch mit dem Vorsitzenden Hajo Jahn sowie den Vorstandsmitgliedern Anne Grevé und Heiner Bontrup

Erst einmal darf ich gratulieren. Schon für einen mäßig orientierten Beobachter ist ja unverkennbar, wie aktiv, auch hartnäckig diese Gesellschaft ist. Mit welchen Motiven sind Sie alle denn vor 30 Jahren an die Gründung gegangen?

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Hajo Jahn: Ich bin Berliner. Als Kriegskind hatte ich den Krieg und die DDR-Diktatur im Hinterkopf und kam nun in die Stadt, in der Else Lasker-Schüler geboren ist, die in Berlin berühmt wurde. Aufgrund meiner Biografie wollte ich, dass nicht nur Werk und Andenken an diese großartige Künstlerin wachgehalten werden, sondern es ging mir auch um eine neue, zeitgemäße Erinnerungskultur: Nicht mit dem erhobenen Zeigefinger „Nie wieder“, sondern angelehnt an einst und aktuell verfolgten Künstlern, Journalisten und anderen Intellektuellen. Weil wir damals, politisiert durch Nazizeit und Kommunismus, wollten, dass so etwas nie wieder passiert. Und Else Lasker-Schüler steht mit ihrer Biografie für alle verfolgten Kunstsparten, für Toleranz auch gegenüber Christen und Muslimen. Deshalb wollte ich eine Literaturgesellschaft, die politisch agiert. Zur Gründung kam es am 23. November 1990 – im Hochhaus der Sparkasse, denn Lasker-Schülers Geburtshaus in der Herzogstraße 39 war im Krieg zerstört worden.

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Das heißt: Ihre Motivation, Herr Jahn, war von vorne herein diese politische, ganz konkret nach der Nazizeit. Hajo Jahn: Ja. Bei der Gründungsversammlung gab es eine Diskussion, wir sollten eine jüdische Gesellschaft werden. Dies habe ich strikt abgelehnt und darüber abstimmen lassen. Man folgte mir, dass es eine weltoffene, säkulare politisch agierende Gesellschaft werden sollte. Anne Grevé: Es war eine sehr politisierte Zeit. 1933 hat sehr viel mit Else Lasker-Schüler zu tun. Es war keine große Frage, nun eine solche Gesellschaft zu gründen, das war allen ganz klar. Wir waren engagiert und sehr dankbar, dass Hajo das initiiert hat. Es ist ja immer so: Einer muss mal anfangen.

Die Grundintention war also politisch und zunächst nicht unbedingt geknüpft an die Person Lasker-Schüler? Anne Grevé: Doch. Beides. Hajo Jahn: Untrennbar. Viele musste ich überzeugen, dass Else Lasker-Schüler durchaus eine politisch bewusste Künstlerin war – auch Johannes Rau. Heiner Bontrup: Sie hat ja zwei Standbeine. Das eine ist sicher das politische Bewusstsein: Lasker-Schüler steht mit ihrem Schicksal exemplarisch für Menschen, die gerade heute wegen ihrer Ethnie, Überzeugung, Hautfarbe verfolgt werden. Doch ist sie auch als Künstlerin absolut herausragend: Es geht auch um Erinnerungsarbeit für das literarische und zeichnerische Werk. Wie lief die Gründung ab? Hajo Jahn: Ich war ja WDR-Studioleiter. Alle, die ich eingeladen hatte, kannte ich durch meine Arbeit als Journalist – darunter Karl Otto Mühl, Hermann Schulz, Hanna Jordan und andere. Journalisten gründen nicht Gesellschaften, um dort Vorsitzender zu werden, und gehen eigentlich auch in keine Vereine. Deshalb wurde ich Geschäftsführer, habe auch die Arbeit gemacht und Ideen eingebracht. Vorsitzender auf Zeit wurde aber Prof. Friedhelm Beiner. Heinz Engel, Vorstandsmitglied der Sparkasse, war unser erster Schatzmeister. Die Sparkasse hat uns über all die Jahre sehr unterstützt.

Außenminister Hans Dietrich Genscher und Journalist Jürgen Serke, beide Mitglieder der

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ELS-Gesellschaft, beim XII. Forum 2004 in Prag.

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1995 im Berliner Schloß Bellevue: Benefiz-CD für die Stiftung Zentrum der verfolgten Künste an (von links) Bundespräsident Roman Herzog mit Hans Joachim Schädlich, Jürgen Serke, Hajo Jahn und Liedermacher Klaus Hoffmann. Für die CD hatten u.a. BAP und Reinhard Mey Lieder zur Verfügung gestellt. Betty und Paul Alsberg 1998 am Grab von Else Lasker-Schüler in Jerusalem. Der in Elberfeld geborene Prof. Alsberg war Staatsarchivar Israels und Nachlassverwalterin der Dichterin.

Die spätere Lieraturnobelpreisträgerin Herta Müller mit dem Schriftstellerkollegen Hans Joachim Schädlich beim IX. ELS-Forum 2001 in Jerusalem. Schirm-

Mario Adorf und Tochter Stella Maria Adorf beim XI. Else Lasker-Schüler-Forum

herr war Shimon Peres.

2003 in Breslau.

Heiner Bontrup: Ihr seid mit 20 Mitgliedern gestartet. Heute hat unsere Gesellschaft 1200 Mitglieder – ein phänomenales Wachstum. Ex-PEN-Präsidentin Ingrid Bachér mit der Schauspielerin Gudrun Landgrebe - DbZ 1-21 - 21 Einzelform - 22.12.2020 - 08:06:52 - Yellow Black -- - E-Plott Cyan Magenta E-Plott -E-Plott E-Plott

am 28. April 2013 im Zentrum für verfolgte Künste.

Wie kam es denn zu dieser enormen Expansion? Die Verbreitung erstreckt sich heute ja in alle Welt. Hajo Jahn: Wir wurden national und international richtig bekannt nach den Anschlägen um 1992 auf die Asylbewerberheime in Rostock, Mölln, Hoyerswerda. Darauf gewannen wir mehr als 50 prominente Schriftsteller und Schriftstellerinnen zu Dichterlesungen in Asylbewerberheimen, darunter Günter Grass, Herta Müller, Sarah Kirsch, Reiner Kunze, Peter Härtling. Wir starteten am 9. November, also an einem historischen Datum, in allen 16 Bundesländern gleichzeitig. Eine Mammut-Organisationsaufgabe. Jeder Dichter wurde vor Ort von einem Mitglied von uns betreut.

Adolf Burger, Prag, wurde 2008 Ehrenmitglied der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft. Mit ihr zusammen hat er im Laufe der Jahre vor ca. 90 000 Jugendlichen über sein Leben als Fälscher im KZ gesprochen, gegen Antisemitismus, Nationalismus und

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Faschismus. Für „Die Fälscher“, die Verfilmung seiner Biografie, gab es einen Oscar.

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Die Dichterin Safiye Can, Tochter von aus der Türkei eingewanderten Tscherkessen, erhielt 2016 den Else Lasker-Schüler-Lyrikerpreis. Nina Hoger bei einer Lesung im Zentrum für verfolge Künste 2018

Das setzten wir dann jeden Samstag fort – nun in je einem Bundesland mit je einem Lesenden. Das hat eine Menge von Mitgliedseintritten hervorgebracht.

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Eine Initialzündung? Hajo Jahn: Das war eine Initialzündung. Und es ging durch alle Medien. Ich wollte über diese prominenten Schriftsteller die deutschen Nachbarn in die Asylbewerberheime holen, und das ist auch gelungen. Von ihnen wurden viele dann Mitglied und auch die prominenten Schriftsteller. Die Nachbarn kamen mit den Asylbewerbern ins Gespräch und merkten: Das sind Menschen wie du und ich. Anne Grevé: Aber es war auch sehr wichtig, so populäre Künstler dorthin zu bringen, wo die Heime kurz vorher angezündet worden waren. Das hatte doch eine Öffentlichkeitswirkung: Zu vermitteln, dass Geflüchtete willkommen sind. Eine Atmosphäre zu schaffen, die diese schrecklichen Taten zurückdrängt. Und die Künstler haben sofort zugesagt.

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Neben den politischen Anliegen der Gesellschaft: Was waren jeweils Ihre persönlichen Bezüge zur Person Else Lasker-Schüler? Hajo Jahn: In der DDR bekam ich, das Kriegskind, zu hören: das Gedicht „Weltende“. „Es ist ein Weinen in der Welt, als ob der liebe Gott gestorben wär“. Seitdem war ich von dieser Künstlerin gefesselt. Und lande dann als Berliner hier in dieser Stadt. Anne Grevé: Für mich entscheidend war, dass ein solcher Mensch in dieser Stadt weitestgehend unbeachtet geblieben ist. Das hat sich jetzt auch dadurch bewahrheitet, dass die Gesellschaft für das Jubiläumsjahr nicht einen Euro mehr bekommen hat als seit mindestens 25 Jahren. Das ist in dieser Stadt so verknöchert, das sitzt so tief. Das habe ich nie verstanden. Deshalb war die Else Lasker-Schüler-

Gesellschaft eine verdammt wichtige Angelegenheit, um diese Frau, diese Künstlerin, diese Lyrikerin, dieses Leben endlich einmal hier in die Stadt zu bringen und bewusst zu machen. Heiner Bontrup: Wuppertal stellt generell sein Licht unter den Scheffel. Deswegen ist es gut, dass die Else Lasker-Schüler-Gesellschaft jedenfalls diese Dichterin spätestens seit 2019 mit diesem fulminanten Erinnerungsjahr in die Köpfe der Wuppertalerinnen und Wuppertaler bekommen hat. Hajo Jahn: Sie ist heimgeholt worden. Heiner Bontrup: Ja, davon bin ich fest überzeugt. An dieser Stelle ist die Saat, die unsere Gesellschaft gesetzt hat, aufgegangen. Manchmal muss man eben Geduld haben. Hajo Jahn: Den städtischen Eduard von der Heydt-Kulturpreis nach Else Lasker-Schüler umzubenennen ist uns leider nicht gelungen. Was uns aber gelungen ist: Wir haben drei Theaterstücke über Else Lasker-Schüler finanzieren können. Sie bundesweit in Veranstaltungen vorgestellt. Sie wieder in die Schulbücher gebracht. Das Image von Wuppertal hat durch unsere Aktivitäten einen Schuss nach vorne gekriegt. Wir haben in Berlin eine Else Lasker-SchülerStraße erkämpft, bei Google gab es ein „Doodle“ zu ihr, es existiert eine Briefmarke. „Ichundich“ wurde als Oper an der Hamburger Staatsoper uraufgeführt. Als Schirmherren für Else Lasker-Schüler-Foren haben wir Vaclav Havel gewinnen können, ebenso Schimon Peres, Wladislav Bartoszewski oder Mary Robinson, die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte. Else Lasker-Schüler ist eine internationale Figur. Wir haben erreicht, dass ihre Gedichte übersetzt und in allen Weltsprachen herausgegeben wurden. Es gibt in Wuppertal keine Person – außer Engels –, die international wieder so ins Bewusstsein gelangt ist wie Else

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Auch ich habe die Wahrnehmung, dass Lasker-Schüler inzwischen fest im kollektiven Bewusstsein verankert ist. Ein weiteres Ansinnen daneben war für Sie ein Zentrum für verfolgte Künste. Hajo Jahn: Das war ein Kampf gegen viele Widerstände. Viele meinten, es gebe ja genug Einrichtungen: KZ-Gedenkstätten, das Jüdische Museum in Berlin, das Deutsche Literaturarchiv ... Dass es einer weiteren Einrichtung bedarf, sehen wir an der politischen Entwicklung: neuer alter Antisemitismus, Faschismus und dergleichen mehr. Es kamen zwei glückliche Umstände zusammen: Einmal, dass eine wohlhabende Fotografin und Künstlerin uns über die ehemalige PEN-Präsidentin Ingrid Bachér eine Stiftungssumme zur Verfügung gestellt hat. Und es gab die Bildersammlung Gerhard Schneider mit Bildern verfolgter Maler. Wir haben mit unserer Stiftung die Sammlung des Schriftstellers und Journalisten Jürgen Serke gekauft. Else Lasker-Schüler ist die Verbindung zwischen allen verfolgten Kunstsparten. Ihre Werke wurden verbrannt, Stücke durften nicht aufgeführt werden. Einen schon ge-

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planten Film durfte sie nicht realisieren. Von den Komponisten, die sie anfangs vertont haben, waren drei von den Nazis Verfolgte: Herwarth Walden, Paul Hindemith, auch Friedrich Hollaender. All das kann man Jugendlichen näherbringen. Plötzlich gewinnen die Biografien Hand und Fuß, Greifbares, Nachvollziehbares, Hörbares, Sichtbares. Das soll in diesem Zentrum geschehen. Und das schlägt ja jetzt Wellen: In Berlin wird versucht, ein Deutsches Exilmuseum einzurichten, für all die unbekannten Verfolgten. Unser Ansatz sind die Künstler und Wissenschaftler – das war die Elite, Vorbilder, die etwas hinterlassen haben. Das ist viel nachvollziehbarer. Heiner Bontrup: Wobei: Meine Erfahrung ist, dass neben den großen Namen auch der lokale Bezug sehr wichtig ist. Gerade für die namenlos Gewordenen haben wir eine ethische Verantwortung: Dass sie nicht noch einen zweiten Tod sterben. Darum ging es ja im besagten Exil-Club. Der, wie ich jetzt gelernt habe, ja eher die weniger prominenten Opfer in den Mittelpunkt stellt. Hajo Jahn: Ja, aber im Internet gibt es noch ein weiteres Standbein: das „Exil-Archiv“. Da ist es uns mit Ulrike Müller gelungen, dass die Biografien von einst und heute Verfolgten ins Internet gestellt werden. Derzeit ist es allerdings offline. Kann man das „Zentrum“ als Meilenstein in Ihrer Erfolgsgeschichte sehen? Anne Grevé: Deutlich ausgesprochen: Ohne Hajo Jahn würde es das Zentrum nicht geben, ohne seine Arbeit, inzwischen jeden Tag von morgens bis abends, und das seit 30 Jahren – kräftig unterstützt von seiner Ehefrau. Und sie machen das alles ehrenamtlich. Hajo Jahn: Und unterstützt von Euch. Anne Grevé: Ja. All die Veranstaltungen und auch das Zentrum: Ohne Hajo gäb‘s das nicht. Was steht an als Ausblick? Hajo Jahn: Das 23. Else Lasker-Schüler-Forum, wenn Corona uns keinen Strich durch die Rechnung macht: Im Oktober nächsten Jahres in Sanary-sur-Mer. Das war der Hotspot der deutschen Exilliteraten: So vollendete Brecht mit Weill hier seine Dreigroschenoper. Es wird Theaterstücke geben, von Heiner Bontrup und Gerolt Theobalt. Alfred Grosser ist geplant, Frido Mann haben wir angefragt, der bei uns Mitglied ist. Das ist so ein bisschen auch die Motivation: Dass man so tolle Leute kennenlernt, wenn man solch eine Arbeit macht. Das Gespräch führte Martin Hagemeyer 23

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Lasker-Schüler. Eine Chance, die Frauen, Jüdinnen, Exilanten normalerweise nicht haben. Heiner Bontrup: Was meinen Bezug betrifft: 1995 las ich in der Zeitung: Hajo Jahn plant, einen „Exil-Club“ zu gründen. Schülerinnen und Schüler sollten die Lebensgeschichten Nazi-Verfolgter in ihrer Heimatstadt recherchieren, was dann im Internet veröffentlicht werden sollte – und Hajo suchte dafür einen Redakteur. Ich bin Lehrer, habe aber auch eine journalistische Ausbildung gemacht und meldete mich. Wir lernten uns kennen, und Hajo hat mir sofort die Chance gegeben. So bin ich in die Else LaskerSchüler-Gesellschaft hineingerutscht. Ehrlich muss ich sagen: Zwar war ich von expressionistischer Lyrik schon mit zwölf Jahren fasziniert, aber LaskerSchüler blieb mir zunächst ein Fremdkörper. Ich glaube übrigens bis heute, dass sie keine Expressionistin ist. Über die Arbeit für die Gesellschaft bin ich ihr dann immer näher gerückt, und heute habe ich fast alles von ihr gelesen. Was mich heute an Else Lasker-Schüler fasziniert: Bei ihr sind Leben und Werk eine Einheit, untrennbar. Wenn sie Gedichte schreibt, dann performt sie sie auch. Wenn sie sich in die Figuren wie Prinz Jussuf von Theben oder Tino von Bagdad hineinversetzt, dann ist sie das auch in der Weise, dass sie sich so anzieht. Auch die Bipolarität in der Sexualität findet sich bei ihr schon in den 1920er-Jahren. Das ist der persönliche Bezug von meiner Seite: Dass sie diese Bewegungen schon antizipiert hat, finde ich so toll an der Else.

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Ein Blick ins Buch, Foto: Willi Barczat

Chronik, Schmuckstück, Fundgrube Der Else Lasker-Schüler-Almanach zum Feierjahr ist erschienen

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Der 13. Else Lasker-Schüler-Almanach trägt den Titel des Festjahrs: „Meinwärts – Das Herz der Avantgarde“. Auch gewidmet ist er expli-

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zit diesem 150. Geburtsjahr der Dichterin, das er mit seinen gut hundert Veranstaltungen gebührend Revue passieren lässt. Doch zugleich ist das schön gestaltete Buch viel mehr als eine Dokumentation für die Annalen. Es gibt auch Einblick in einen Kulturverein, der außerordentlich vital, wach und produktiv ist. Unmittelbar dem Jubiläumsjahr gewidmet ist vor allem das erste Kapitel, ergänzt ums dritte mit fotografischen Eindrücken. Doch wie hier zeigt sich auch im weiteren Fortgang eine vielfältige Mischung, eine gute Portion Mutwille im besten Sinn: Sachtexte verschiedener Art stehen gleich neben literarischen, eine Überblicksdarstellung folgt Essays zu Einzelaspekten der Dichterpersönlichkeit. Was das Festjahr betrifft, so gilt das Mischprinzip etwa für

den Vortrag von Martin Dreyfus über „Elses“ Verhältnis zur Ausdruckstänzerin Charlotte Bara, den er im März beim Gastspiel „Tanz und Mysterium“ hielt. Diesem Sachtext folgt direkt ein Zyklus von Ulrich Land zu ihrem Stück „Ichundich“, während eine ganz andere künstlerische Bearbeitung ihm vorausgeht: ein Rap von Mehmet Kaldik und Eral Topay, Schüler der „Else“-Gesamtschule. Ganz ungewöhnlich: ein ganzer Stückabdruck. Bei Gerold Theobalt, in der Ära Holk Freytag Dramaturg am Schauspielhaus, hatte die Gesellschaft zum Geburtstagsjahr das Stück „Prinz Jussuf von Theben“ in Auftrag gegeben, das im Juni 2019 am Folkwang-Theater uraufgeführt wurde. Ein Porträt der Dichterin, eingebettet in ein Zeitbild rund um die damalige Künstlerszene und durchsetzt von spannenden Zeitsprüngen – Schauspielerinnen und Schauspieler leisten in diesem Stück körperliche Schwerstarbeit beim rezitierenden Umsetzen des Gedichts „Weltflucht“.

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Nicht nur Rekapitulation, vielmehr Reflexion bietet „Elbanaff nach Elberfeld“ von Birte Fritsch, Kuratorin des Festjahres und nebenbei eine vergnügliche Stilistin. Nachzulesen sind hier grundsätzliche Überlegungen im Vorfeld zur Behandlung einer nicht mehr lebenden Jubilarin in der modernen Diskussion um das Autorentum überhaupt: Rund um „Themen“ wie Identität oder Krise soll die Dichterin nicht zuletzt als Exempel vorgestellt werden, um sich ihr über eben diese Vielschichtigkeit zu nähern. Der LiveEffekt erscheint dabei als wichtiger Punkt, für den die Bedingungen sich denn als günstig erwiesen: „So war es ein nicht zu unterschätzender Wert, dass in der Affirmation, der gemeinsamen Einstimmung auf dieses Festjahr, dem hohen Enthusiasmus und der emphatischen Huldigung Else Lasker-Schülers alle Akteur*innen schnell Einigkeit fanden und über das ganze Jahr hinweg erlebten.“

Noch zuvor drei Essays. Eines behandelt ihr Verhältnis zum Theater: „Denn Zaubern ist des Dichters Handwerk“ von Dramatiker Theobalt würdigt ihr prophetisches „Arthur Aronymus und seine Väter“ und darin Lasker-Schülers persönliches und unvoreingenommenes Schreiben. Heiner Bontrup charakterisiert „Else“ beim Schreiben ihrer Gedichte als „Die Glasbläserin“: „Wie ein Glasgefäß trennen sie die Welt auf in ein Innen und ein Außen. Aber durch ihre plastische und zugleich diaphane Gestalt können die Gedichte uns die Wirklichkeit in neuem Lichte erscheinen lassen.“ Und Ästhetik-Ikone Bazon Brock, wie immer allumgreifend, problematisiert en passant die Form des Essays selbst: „Dieser Ausweg [des Essayismus] war offensichtlich der klugen Zeitgestalt ELS verschlossen.“ Irgendwo dazwischen: Ein bislang unbekannter Brief von Gottfried Benn.

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Dass das Buch bei allem Mix ein Schmuckstück ist, liegt zum einen an der Aufmachung: In freier Seitenstruktur erscheinen die durchgängig farbigen Bilder mal über dem hübsch gesetzten Text, mal in eigener Spalte – Abbildungen bekannter Mitglieder, ein historisches Titelblatt, eine eigene Else-Briefmarke. Hinzu kommt: Der Almanach referiert Selbstverständnis und Tatkraft der Lasker-Schüler-Gesellschaft nicht bloß – er ist auch ihr kreativer Beleg, ihr überzeugendes Dokument. So findet ein Aspekt des Dichterinnenlebens wie Exil und Verfolgung seine Spiegelung beim tschechischen Schriftsteller Ji í Gruša, vertreten mit einer Rede unter dem Titel „Glücklich heimatlos“. Klar, dass der mittlerweile verstorbene P.E.N.-Präsident Mitglied der Lasker-SchülerGesellschaft und Akteur beim XII. ELS-Forum in Prag war. Hier etwa mag auch andocken, wer einen Hauptaspekt des Vereins im Almanach sucht (nicht nur hier natürlich wird er fündig): das dezidiert politische Selbstverständnis. Im Hinblick auf die vielen Freundschaften im Netzwerk der Dichterin äußert sich Hajo Jahn fast entschuldigend über das „Namedropping“ in seinem Beitrag über die vielen Weggefährten im Laufe der 30 Jahre. Die Schar illustrer Mitglieder in dieser Zeit buchstabiert auch aus, was bekannte Schriftsteller, Schauspieler und andere Persönlichkeiten in dieser Literaturgesellschaft so dauerhaft zusammenführt – Eigensinn und Biografie einer ganz außergewöhnlichen Künstlerin. Martin Hagemeyer

Hajo Jahn, Meinwärts - das Herz der Avantgarde Else Lasker-Schüler-Almanach 13

Und dann kann der Leser sich ins Bild setzen lassen über viel, allzu viel, was ihm 2019 entgangen sein mag. Etwa beim Bericht über das Projekt „Transitraum Else“, das nicht

Softcover, Fadenbindung, durchgehend vierfarbig, mit zahlreichen Abbildungen 384 Seiten, Peter Hammer Verlag, 20,- €

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Schön heterogen in den Genres bleibt es auch im Folgenden, den Kapiteln „Weggefährten“, „Den Sternen versprochen“ und schließlich „Epilog“. Vor einer Textmontage zur Begegnung der Dichterin mit der Malerin Gabriele Münter finden sich Darstellungen zur Musikalität in ihrer Lyrik oder – von der Wuppertaler Germanistin Dr. Gabriele Sander – zu ihren lyrischen Künstlerporträts. Erstere stammt von Karl Bellenberg, der 2019 seine frisch zu ihr erschienene Dissertation vorgestellt hatte: Er widmet sich besagtem Thema mit eingehender Gedichtanalyse ebenso wie mit einer Wissenschaftlichkeit atmenden Grafik zu Wortfeldkomplexen.

im Tal stattfand: Dabei lasen Künstler „Else“-Gedichte an historischen Exilorten wie New York, Stockholm und im Züricher Cabaret Voltaire. Wie Initiatorin und Schauspielerin Claudia Gahrke treffend spielerisch formulierte: „um einen Tibet-Klangteppich daraus zu weben“. Immerhin, einen Eindruck davon gibt künftig im Solinger „Zentrum für verfolgte Künste“ eine Sound-Installation.

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Foto: Torsten Krug, 2013

Die Erfindung des Augenblicks Der Wuppertaler Autor Karl Otto Mühl ist gestorben

Das erste Telefonat, es muss 1988 gewesen sein, zwischen dem Schriftsteller Mühl und mir verlief ziemlich unfreundlich. Wir kannten

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uns noch nicht persönlich. Meine Frau hatte mir erzählt, er säße häufig bei den Zusammenkünften der sozialdemokratischen Frauen, an der seine Frau Dagmar Mühl-Friebel teilnahm, schweigend und nachdenklich in der letzten Reihe. Später wusste ich, dass er an allen gesellschaftlichen Bewegungen immer schon stark interessiert war.

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Das zeigte sich schon bei seinem ersten Stücken, als Arno Wüstenhöfer ihn als Dramatiker entdeckte und zum Erfolgsautor weiterentwickelte. „Kur in Bad Wiessee“ kam auf die Bühne. Als Holk Freytag als Intendant und Gerold Theobalt als Dramaturg 1987 nach Wuppertal kamen, haben sie Mühl als Dramatiker gleichsam wiederentdeckt. Er schrieb für die hiesigen Bühnen Hauptmanns „Die Weber“ im schlesischen Dialekt und „Das Privileg“, beides wurden Publikumserfolge. Ich hatte an Holk Freytag einen historischen Stoff aus dem Jahre 1826 geschickt und angefragt, ob das nicht ein Theaterstück werden könnte. Es ging um einen Afrikaner, den

ein Wuppertaler Kaufmann „preiswert“ in einer Kneipe in Rotterdam von einem betrunkenen Kapitän erworben hatte und mit dem jener auf den Jahrmärkten des Bergischen Geld verdiente. Er hatte sich ein blutrünstiges Programm für den Schwarzen ausgedacht. Schließlich war der arme Mann nur noch ein Nervenbündel und konnte sein Arbeitsprogramm nur noch unter Alkohol durchstehen. Eines nachts floh er und landete in Düsseldorf in den Graf Reckeschen Anstalten. Dort lebte er als Schuster noch einige Jahre bis zu seinem Tod; als es ans Sterben ging, war er schon lange ein frommer Mann, der vielen der bäuerlichen Besucher vom Niederrhein, die ihn am Sterbebett besuchten, „zum Segen wurde“, wie es in dem Artikel eines Missionsblattes hieß. Freytag fand Gefallen an dem Stoff, sein Dramaturg Gerold Theobalt sprach Karl Otto Mühl an. Dann hatte ich ihn am Telefon: Wie ich mir das denn vorstellen würde? Um ein Stück zu schreiben, würde er mindestens zwei, drei Jahre brauchen, und ähnliche Klagen, zu denen ich keinen Kommentar abgeben konnte. Mühl und ich trafen uns, um einiges zu besprechen, zu einem ausführlichen Spaziergang. Es folgten regelmäßige gemeinsame Spaziergänge (Hildener Stadtwald, Kemnader See vor Bochum, die Umgebung unserer Stadt etc.). Es war der Beginn einer engen Freund-

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schaft, die bis zu seinem Tod in diesem Jahr Bestand hatte. Nebenbei sei bemerkt, dass das Stück Ein Neger zum Tee nach einem halben Jahr fertig war und aufgeführt wurde. „Ein Heimatstück“ hatte der Autor es genannt. Das aus diesen ersten Kontakten Freundschaft wurde, ist verwunderlich. Unsere persönlichen Hintergründe waren denkbar verschieden: Er, Mühl, verstand nichts von Brieftauben (eine meiner Leidenschaften!), hatte nie wie ich „unter Tage“ im Bergbau gearbeitet oder Fidel Castro die Hand gedrückt; ich war nie (wie er von 1941 bis 1947) in Kriegsgefangenschaft, hatte keinen jüdischen Urgroßvater, verstand wenig von Theater oder den Geheimnissen der Haken und Ösen, die er für seinen Arbeitgeber Stocko zu vertreiben hatte.

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Der Kriegsheimkehrer Karl Otto Mühl

In jenen Jahren schrieb ich meinen ersten Roman „Auf dem Strom“ und gab Otto das Manuskript zur Durchsicht. Noch heute weiß ich, was er alles streichen und verändern wollte. Alle Passagen, die man als sentimental interpretieren könnte, wollte er eliminieren! Typisch Mühl! Aber bis auf wenige Ausnahmen biss er bei mir auf Granit! (Das Buch wurde in mehreren Sprachen ein guter Erfolg! Zu meiner Überraschung auch in Japan). Inzwischen hatte ich seine Bücher gelesen, vor allem den Heimkehrer-Roman „Siebenschläfer“. Da entdeckte ich seine kraftvolle Sprache; er wurde in mancher Hinsicht mein Lehrer und verlässlicher Berater.

Karl Otto Mühl mit dem Schauspieler Günter Lamprecht

Es gelang mir als Verleger auch, ihn zu motivieren, für den Peter Hammer Verlag einen Jugendroman zu schreiben. Fernlicht erschien 1997, ein wunderbares Buch, das auch von Mühl und seiner eigenen Jugend vieles zeigt, was in seinen berühmten Theaterstücken („Rheinpromenade“, „Kur in Bad Wiessee“ u.a.) nur verborgen sichtbar wird: Dass dieser Autor den sogenannten kleinen Leuten zugeneigt ist, viel von ihrem Leben, ihren Dramen, ihren Hoffnungen und Träumen weiß. Und dann schrieb er auch das schöne, von Juliane Steinbach illustrierte Kinderbuch „Jakobs seltsame Uhren“.

Soweit einige Merkmale seiner Persönlichkeit. Auf den langen Spaziergängen (an die er, schon bettlägerig, gern bei meinen Besuchen zurückdachte und davon sprach) lernte ich einen Meister der zwischenmenschlichen Kommunikation kennen: Ob ein Mütterchen im Garten Kartoffeln ausmachte, ein Bauer sein Pferd striegelte oder Jugendliche Äpfel pflückten: Mühl blieb stehen und verstrickte die Menschen in wundersame Gespräche, ohne sich anzubiedern. Schließlich suchten wir bei schlechtem Wetter ein Café auf – und fanden für einige Jahre am Domagkweg in einem Stehcafé morgens eine Bleibe. Da standen und 27

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Es gab auch ungeahnt Verbindendes: Inzwischen sprachen wir regelmäßig über Literatur und das Schreiben; immerhin war ich Verleger und ausgebildeter Buchhändler! Mühl hatte sich zum Thema Schreiben wesentlich mehr Gedanken gemacht als ich (als Verleger interessierte mich vor allem die Verkäuflichkeit!), mit den meisten seiner Theorien allerdings konnte ich wenig anfangen, vermutlich weil ich sie nicht verstand.

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saßen Arbeiter, Büroleute, Bauern und Landstreicher und es entspannten sich lebhafte Gespräche, die Mühl später unter dem Titel „Stehcafé“ aufgeschrieben und öffentlich machte. Zuerst waren Mühl und ich mit den zufälligen Besuchern allein, dann sammelten sich regelmäßig mehr und mehr Freunde, Männer und Frauen, Almuth Scheu, Erika Flüshöh-Niemann, Peter Hohberger, Bernd Altjohann, Lucas Greiner, Klaus Seiler, Harald Steup, später Wolfgang Honigmann u.a., um daran teilzunehmen.

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Diese Frühstückskaffee-Runde existiert bis heute, allerdings nicht mehr am Domagkweg und leider ohne KOM. Die Stehcafé-Geschichten von Mühl sind wunderbare Perlen seines Humors, seiner Begabung, Menschen liebevoll zu zeichnen, und seiner Kunst, ein flüchtiges Gesprächsthema zu einer „Geschichte“ zu machen. (Die späteren Publikation sind fast ausschließlich im NordPark-Verlag erschienen, ebenso einige Nachdrucke der frühen Titel wie „Siebenschläfer“.)

ler Einrichtungen rund hundert Lesungen stattfinden. (Durch die Corona-Probleme ist allerdings die Arbeit unterbrochen.)

Erwähnt sei sein Buch Totenwache. Abschiede. Die Personen, derer er gedenkt, hat er nicht nach öffentlicher Bedeutung ausgesucht, sondern nach der Intensität, mit der sie Teile seines Lebens waren. Da leuchten seine vielseitigen Beziehungen zur Theaterwelt wieder auf. Die Erinnerungen werden auch für die Leserinnen und Leser Begegnung mit der Rätselhaftigkeit des Lebens und Sterbens. Was mich persönlich besonders beeindruckt (fast möchte ich sagen: geprägt) hat, war seine Offenheit, mit der er auch ungeschützt von eigenen Schwächen und Niederlagen sprechen konnte; ein Pränomen, das man bei Männern leider selten antrifft.

Bis zuletzt hat Karl Otto Mühl über Geschichten und neue Bücher nachgedacht, auch wenn nicht für alle Pläne die Kraft reichte. Was von ihm und seinem Schreiben bleibt, mag man nur vermuten. Sicher aber einige seiner Aphorismen, von denen er unter dem Titel Geklopfte Sprüche zwei Bände herausgebracht hat. Von den Theaterstücken Rheinpromenade und das Prosawerk Siebenschläfer. Aber darüber kann man so kurz nach seinem Tod nur spekulieren. Das wird die Zeit erweisen. Erscheinen wird noch ein Buch von ihm, das er vor seinem Tod nicht mehr erscheinen lassen wollte: Mein Leben als Greis. Vermutlich wird es Anfang 2021 vorliegen.

Mühl hatte von Beginn unserer Freundschaft an starkes Interesse am literarischen Geschehen in dieser Stadt. Er zog mich, als mein erster Roman erschien (1998), in den Schriftstellerverband und seine regelmäßigen Treffen; gemeinsam brachten wir es zustande, dass der Kreis größer und größer und lebendiger wurde. Für die Organisation gewann Mühl Wolf von Wedel Parlow, auch ein Autor dieser Stadt. Manchmal kamen zu den Treffen rund 40 Autorinnen und Autoren oder mehr! Mühl war auch Gründungsmitglied der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft und Mitglied der SPD. Erwähnt werden soll die Gründung von „Lesefreuden. Lesungen in Senioren-Einrichtungen“. Otto brachte die Idee der regelmäßigen Lesungen in Altenheimen von seinem Freund Saddai aus Frankfurt mit. Wir gewannen Leocadia Dreßler, Jeanine Arnauné und Eva Scholz für die Organisation und erreichten, dass in jedem Jahr in Wupperta-

In einer kleinen Feierstunde haben Mühl und die Verantwortlichen der Bergischen Universität den Vertrag unterschrieben, dass sein schriftstellerischer Nachlass an der Universität betreut wird. Seinen engsten Freunden (und sicher auch seinen Kindern Anna, Maren und Julia und seiner Frau Dagmar), zu denen ich mich rechnen darf, fehlen schon jetzt die Gespräche mit ihm, seine Offenheit, seine Klugheit bei der Beurteilung von Haltungen oder Texten, seine Verlässlichkeit. So einer ist nicht leicht zu ersetzen mit seinen Fähigkeiten zur Freundschaft und seinem sozial wachen Gewissen. Karl Otto Mühl starb am 21. August 2020. Hermann Schulz Fotos Seite 29 bis 30: privat Dr. h.c. Hermann Schulz, ehem. Verlagsleiter des Peter Hammer Verlages, Autor von Kinder- und Jugendbüchern

Im Stehcafé – Karl Otto Mühl, Frank Becker, Almuth Scheu und Hermann Schulz

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Lyrik-kiryl

Gedichte Es ist kinderleicht ein Gedicht zu verfertigen merk nur auf was in dir glitzert und brummt beugt sich über dich lächelt verschmitzt oder winkt vom Waldrand Ist das nicht leicht Dann raunt eine Stimme manchmal sehr schön aber wehe am Abend und in der Nacht hört sie nicht auf - DbZ 1-21 - 29 Einzelform - 22.12.2020 - 08:06:52 - Yellow Black -- - E-Plott Cyan Magenta E-Plott -E-Plott E-Plott

Karl Otto Mühl aus: Lass uns nie erwachen, Gedichte NordPark Verlag, März 2008

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Was zum Teufel geht bloß in ihm vor? Über die Entstehung eines Theaterstücks zu Friedrich Engels Ein Mann von 30 Jahren, hinter sich Rebellion gegen die Familie, Revolution gegen die Herrschenden, Buchautor, Journalist, Soldat, Dandy. Jetzt in London, zum ersten Mal völlig mittellos. Mit ihm Karl Marx und seine Familie. Eine Bewegung ist zu organisieren, ein Buch zu schreiben, Hunger droht. Der Entschluss: „Versöhnung“ mit der Familie, Arbeit als Controller und später Teilhaber in Manchester, in die zweite Reihe treten, dem „Genie“ Marx den Vortritt lassen. Knete genug, um Marx zu unterstützen, zwei Wohnungen zu zahlen, seine Freundin nebst Schwester zu versorgen, mit dem Adel auf Fuchsjagd zu gehen. Könnte ich das? Ist das nicht schizo? Macht das nicht krank? Hielte ich das aus? Ein Leben im ständigen Widerspruch zur eigenen Theorie …

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Klar: Hat bestimmt auch Spaß gemacht. Macht. Liebe. Lesen, denken, schreiben, lernen. Party, saufen. Aber echt jetzt: Muss höllisch anstrengend gewesen sein. Gut, statt „Psyche“ gab es damals noch ein hegelianisches Selbstbewusstsein. Das antizipiert schon in der Theorie eben jenen Widerspruch zwischen Herrschaft und Knechtschaft – aber trotzdem: Hält dich das aus, was dich aufhält, gehörst du dazu und wie hältst du das aus? (Die Sterne, „Themenläden“)

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In meiner Beschäftigung mit Engels anlässlich seines Geburtstages haben mich diese Fragen nicht losgelassen, und so habe ich Torsten Krug davon erzählt. Offensichtlich haben auch ihn diese Fragen beschäftigt, und so diskutierten wir, ob und was für ein Theaterstück man daraus machen könnte. Gut 18 Monate, einige Finanzierungsrückschläge und viele interessante Diskussionen später kommt hier eine Antwort: Die Widersprüche von damals durch die heutigen bebildern und verdichten, aber durch den Text, der zu einem großen Teil aus Originalzitaten besteht, „am Mann bleiben“.

Und damit gleichzeitig dem Widerspruch dieser Tage begegnen, in denen gearbeitet und konsumiert werden soll, aber in denen Kultur und Begegnung komplett in den medialen Raum verlagert werden – nur die Religionen dürfen noch in ihre Beträume einladen, Theater sind geschlossen zu halten! Denn Religion ist „Opium fürs Volk“, während, wie wir von Tucholsky wissen, die Revolution in Deutschland im Saale stattfindet; falls sie stattfindet. Also: Ein Ein-Frau-Stück, das Publikum im Saal und per Stream überall, mit vier Kameras. Die „Engelsmaschine“ macht Engels‘ Parallelwelten und seine Verwandlungen zum Thema, auch „den Antagonismus von Mann und Weib“. Eine Frau von heute taucht ein in die Gedankenwelt von Friedrich Engels, die viel über unsere moderne Welt zu erzählen hat. Umgeben von Technik und Kameras, geht Engels auf Sendung – mit allen Widersprüchen. Lukas Hegemann

„Ich kann des Nachts nicht schlafen vor lauter Ideen des Jahrhunderts“ Eine Engelsmaschine Von Torsten Krug

Uraufführung Mit: Julia Wolff Buch und Regie: Torsten Krug Bühne und Kostüme: Manfred Marczewski Live-Kamera: Laura-Alina Blüming Premiere: Freitag, 15. Januar 2021, 19.30 Uhr Eine Produktion der börse zum Engelsjahr 2020/21. Da das Stück als Hybrid mit vielen Kameras angelegt ist, wird es am 15. Januar 2021 in jedem Fall eine Art Premiere geben. Aufführungen: 20., 22., 31. Januar 2021, 4. Februar 2021, jeweils um 19.30 Uhr. Weitere Aufführungen sind für März und April sowie für den Herbst 2021 geplant. Mit freundlicher Unterstützung der Dr. Werner JackstädtStiftung, des Kulturbüros der Stadt Wuppertal, von Christian Baierl und der GEDOK Wuppertal.

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Die börse und die Pandemie Schlechte Zeiten für Kulturzentren: Nichts ist mehr planbar. Ende Oktober mussten wir zum dritten Mal in diesem Jahr unser Programm komplett umkrempeln. Trotzdem wird weiter geplant, immer in der Hoffnung, dass es in drei Monaten doch bestimmt endlich mal weiter gehen kann mit schönen, großen Veranstaltungen. Na ja, bisher eben nicht oder nur sehr eingeschränkt – und kaum hatten wir uns an die kleinen Formate gewöhnt, schon durften auch die nicht mehr stattfinden. Tote Hose also?

Torsten Krug, Foto: Gregor Eisenmann

Julia Wolff, Foto: Claudia Kempf

Und dann: Seit die Kurse und Veranstaltungen nicht mehr stattfinden dürfen, haben wir auf einmal viel Platz im Haus. Den konnte im ersten Shut-Down das „Krux-Kollektiv“ für die Proben zum Stück „Walden“ nutzen. Geplant war, die Aufführung dann nur für die Kamera zu zeigen und je nach Gelingen zu verwenden. Doch dann kam der Sommer und wir durften zwei Aufführungen vor bis zu 80 Leuten spielen. Beide Vorstellungen waren nahezu ausverkauft und ein großer Erfolg.

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Jetzt, im zweiten Shut-Down, können wir zumindest der vierten Klasse der Grundschule am Hesselnberg ein wenig Turnunterricht ermöglichen: Die Halle der Schule ist wegen Corona gesperrt. Unsere ist, Dank der guten Lüftung, als Ersatz geeignet. Und: Torsten und Julia studieren unser Engels-Stück „Ich kann des Nachts nicht schlafen vor lauter Ideen des Jahrhunderts“ ein. Und weil wir inzwischen geübt sind, und weil es zum Stoff passt, wird es direkt auch für die Kamera produziert, sodass die Uraufführung am 15. Januar auf jeden Fall stattfindet, eventuell halt nur im Netz. Dann werden wir aber im März, April und im Herbst weitere Aufführungen für das „echte Erlebnis“ planen. Es wird wieder einen Sommer geben. Und wir haben einen Plan, und irgendwann wird der auch wieder funktionieren. Nähere und aktuelle Informationen: www.dieboerse-wtal.de Das Streaming Archiv der börse bei youtube: www.dieboerse-wtal.de/youtube-archiv/ 31

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Nein, nicht wirklich. Wir können nicht anders, wir machen weiter. Schon im ersten Shut-Down waren wir nach zwei Wochen bei stew.one auf Sendung und haben inzwischen gelernt, was so alles geht. Besonders unsere Weltmusikformate im „Global Music Club“, aber auch Poetry Slams und Diskussionen zum Engels-Essay-Wettbewerb lassen sich prima streamen und finden Publikum.

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Oper/Schauspiel Heiner

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Die Marquise von O...., Schauspiel Wuppertal, Foto: UweSchinkel, Madeline Martzelos, Konstantin Rickert, Silvia Munzón López

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Die Wuppertaler Marquise als Niki de Saint Phalle Mit Kitsch, Klamauk und Kunst: Mitten in den Geschlechterkampf

xx 19. September 2020: Die Premiere der Marquise von O…. steht auf dem Programm. Nach dem Lockdown im März scheint in Deutschland das Schlimmste überstanden. Schulen und Theater sind wieder geöffnet. - DbZ 1-21 - 33 Einzelform - 22.12.2020 - 08:06:53 - Yellow Black -- - E-Plott Cyan Magenta E-Plott -E-Plott E-Plott

Wenn auch unter strengen Hygieneauflagen. Das Land wieder erwacht aus dem Dornröschenschlaf, in das es die Corona-Pandemie versetzt hat. Nun sind die Theater wieder zu. Die zweite Welle hat Europa, hat Deutschland hart getroffen. Kein Theatervorhang hebt sich mehr; die Schulen wieder zu. Und während ich an dieser Rezension schreibe, erwische ich mich unwillkürlich bei diesem Gedanken: Wie merkwürdig sich die Zeiten doch ähneln. Die Corona-Pandemie heute und jene überhitzte Vergangenheit, in der Kleists eigentümliche Novelle spielt.

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Eine Zeit, schwankend zwischen den mit dem Siegeszug Napoleons verbundenen politischen Hoffnungen auf Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit einerseits und andererseits Pessimismus, Resignation und Angst. Das Virus, das die Menschen in Kleists Erzählung heimsucht, ist ein abscheulicher Cocktail aus sexueller Gewalt und Standesdünkel, moralischer Verkommenheit und Bigotterie. Die Novelle spielt inmitten des zweiten Koalitionskrieges. Während der Schlacht um die Zitadelle von M… will eine Gruppe marodierender russischer Soldaten die Marquise vergewaltigen. Ganz Offizier und Gentleman, befreit der, die russischen Truppen kommandierende, Graf die Marquise. Die aber rettet sich vor der grausamen Wirklichkeit des Krieges und ihren eigenen – politisch unkorrekten – Passionen in eine Ohnmacht. Was dann genau geschieht – ob die Marquise aus der Ohnmacht erwacht und sich willentlich dem Grafen hingibt, oder ob der Retter selbst nun zum Vergewaltiger wird, das bleibt für den Leser unklar. Möglicherweise auch für die Marquise selbst. Der wohl berühmteste Gedankenstrich der deutschen Literatur hält beide Möglichkeiten offen: „Hier – traf er, [der Graf] Anstalten, einen Arzt zu rufen; versicherte, indem er sich den Hut aufsetzte, daß sie [die Marquise] sich bald erholen würde; und kehrte in den Kampf zurück.“ Als die Marquise später schwanger ist, kann sie sich an nichts mehr erinnern – außer an einen Helden, der ihr „wie ein Engel erschien“. Kurzerhand verbannt sie der Vater aus dem Haus.

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Die Marquise stürzt in einen Abgrund: Die Welt, die einmal die ihre war, versteht sie nicht mehr. Vergewaltigung als Mittel der Kriegsführung, Bigotterie und falsch verstandener Ehrbegriffe zertrümmern jene Mitmenschlichkeit, die man doch mindestens in der Familie erwarten dürfte. Dass Literatur es wagte, der Zeit so radikal den Spiegel vorzuhalten, rief zur Entstehungszeit Abwehr und Unverständnis hervor. Unisono tönt der kakophone Chor der Verrisse: „Nur die Fabel derselben [der Novelle] angeben, heißt schon, sie aus den gesitteten Zirkeln verbannen“, urteilt etwa Karl August Böttiger. „Kein Frauenzimmer könne die Novelle“, so Böttiger, „ohne Erröten lesen“. Kleists Erzähler trägt diese unwahrscheinliche Erzählung im vorwärtsdrängenden, sich überschlagenden Ton eines Chronisten und Verfassers eiliger Depeschen vor. Doch wie bringt man eine solch unerhörte Begebenheit auf die Bühne? Wie dramatisiert man diese surreale, den dunklen Kosmos Kafkas präludierende Erzählung? Regisseurin Kristin Trosits widersteht der naheliegenden Versuchung einer naheliegenden Aktualisierung, die die Metoo-Be-

wegung in den Fokus rückt. Es hätte sich angeboten, den Vater der Marquise als Filmmogul Weinstein auf die Bühne zu zerren. Doch nichts dergleichen. Herzlichen Dank! Stattdessen setzt die Wuppertaler Inszenierung auf eine radikal erweiterte Szenische Lesung, die zwischen Schauspiel, Performance und Tanz (Choreografie: Jeremy Curnier) oszilliert. In atemlosen Tempo wechseln Madeline Martzelos, Silvia Munzón-López und Konstantin Rickert die Rollen, sind abwechselnd Erzähler, Marquise, Vater, Bruder, Mutter, Graf. Eine artistische Ensembleleistung, die dem Zuschauer hohe Konzentration abfordert, die aber zugleich das Dunkel der erzählten Welt durchleuchtet, in der die Grenzen zwischen Realität und Traum im Niemandsland der Erinnerungen verschwimmen: Wie in einem Spiegelkabinett begegnen die Figuren einander und erkennen sich selbst im Zerrbild der anderen. Kleist war ein Großmeister der Schilderung sonnambuler, tranceähnlicher Zustände, jenen Fluchtbewegungen der Seele, in die sie sich begibt, wenn sie überfordert ist, Sehnsüchte und Leidenschaften mit dem Realitätsprinzip in Kongruenz zu bringen. Zunehmend verliert die Marquise in der camera obscura ihres Seelenlebens Halt und Orientierung. Der lange Sturz ins Bodenlose beginnt. Und so kämpfen, rasen, raufen sich Martzelos, MunzónLópez und Rickert im permanenten Rollenwechsel durch das Werk: Highspeed-Theater mit fulminanten Transitionen. Das großartig minimalistische und zugleich expressive Bühnenbild von Nina Sieverst trägt die Handlung: Wie in einer Kampfarena verfolgt der in die Rolle des Voyeurs gedrängte Zuschauer diese ultimative Gender-Combat Show, in der sich der Graf und die Marquise einen gnadenlosen Geschlechterkampf liefern. Zugleich wird er Zeuge eines Seelendramas und einer Familientragödie. Die tragischen Verstrickungen der Figuren werden häufig komödiantisch verzerrt, der Bogen ins Klamaukhafte überdehnt. Wie etwa die Persiflage der Herzblatt-Sendung Rudi Carrells als Blaupause für die Suche der Mutter nach dem idealen Bräutigam für die „gefallene“ Tochter. Längst ist die Wahl auf den mehr als standesgemäßen Grafen gefallen; und doch soll die hochnotpeinliche Wahrheit, dass der Graf der Vater des zukünftigen Kindes der Marquise ist, durch echte Liebe geadelt werden. Entlarvt aber nicht gerade dieser schrille Kitsch vortrefflich die gesellschaftliche Verlogenheit? „Kunst, diese sehr ernsten Scherze“, so sah es schon Goethe. Doch rollen wir die Handlung noch einmal zurück: Vor ihrer schicksalhaften Begegnung mit dem Grafen flüchtete die Marquise in die Welt der Kunst. So heißt es in der

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Die Marquise von O...., Schauspiel Wuppertal, Foto: UweSchinkel, Madeline Martzelos, Konstantin Rickert, Silvia Munzón López

Springen wir vom Anfang zum Ende der Novelle. Die findet scheinbar ein Happy End. Auf eine von der Marquise aufgegebene Zeitungsannonce hin, in welcher sie den Vater ihres zukünftigen Kindes sucht, meldet sich der Graf. Der Vater der Marquise willigt nach einigen Irrungen und Wirrungen in den Heiratsantrag des Grafen ein, setzt aber einen Ehevertrag auf, der dem zukünftigen Gatten alle Pflichten abverlangt, aber keinerlei der damals noch bewilligten Rechte eines Ehemanns einräumt: Verbotene Liebe. Aber die Standesregeln sind wieder in Kraft gesetzt. Wie brüchig dieser verlogene Burgfrieden einer überkommenen Gesell-

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Man liest möglicherweise leicht über diese Stelle der Novelle hinweg und deutet sie als ein Bild wiederhergestellten Familienfriedens. Tatsächlich ist dies aber die wohl dunkelste Stelle der Novelle: Mit diesem inzestuös aufgeladenen Bild deckt Kleist die Verlogenheit der Gesellschaft und die damit verbundene Unterdrückung sexueller Begierden auf. Keinerlei Zweifel an diesen Zusammenhängen lässt die Wuppertaler Inszenierung. Sie durchleuchtet schonungslos – wie auch schon Kleist ein Jahrhundert vor Freud – die Menschen mit den Röntgenstrahlen der Psychoanalyse und macht so das Unbewusste sichtbar. Noch stärker ist der Schluss: Die Ehe mit dem Grafen, der der Marquise zuerst wie ein Engel, dann aber wie ein Teufel erscheint, ist die Hölle auf Erden. Und das zeigt die Schlusssequenz so: Durch einen langen, einen Phallus assoziierenden Stock sind die Marquise und der Graf zugleich voneinander getrennt und miteinander verbunden. In einem atemberaubenden Totentanz umkreisen sie einander, rammen den Stock einander in Magen, Herz und Geschlecht. Silvia Munzón-Lopez und Christian Rickert kämpfen, als ginge es um Leben und Tod. Lange, sehr lange dauert dieser Kampf. Bis das Paar einen Zustand fast tödlicher Erschöpfung erreicht, der ihnen Frieden und – wer weiß – vielleicht sogar ein spätes Glück schenkt. Heiner Bontrup Sollte wider Erwarten der Lockdown am 10. Januar 2021 enden, ergäbe sich die Chance die Wuppertaler Marquise am Sonntag, dem 24. Januar um 18 Uhr im Theater am Engelsgarten zu sehen. Nähere Informationen: www.schauspiel-wuppertal.de 35

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Novelle: „Im Kommandantenhaus ihres Vaters hatte sie die nächsten Jahre mit Kunst, Lektüre, mit Erziehung, und ihrer Eltern Pflege beschäftigt, in der größten Eingezogenheit zugebracht.“ Splended Isolation, goldener Käfig: Dieser verzweifelte und zum Scheitern verurteilte Versuch, Kunst und Familie als Quietiv des Lebens zu leben, wird in der Wuppertaler Marquise in frappierende Bilder übersetzt. Plastikfolien hängen an den Gestängen der Raute. Zu Technoklängen klatschen die Schauspieler sie im aggressiven Gestus des Action-Painting mit grellen Neonfarben zu. Die zu Niki de Saint Phalle verwandelte Marquise rebelliert gegen Einsamkeit, gegen Lieb- und Sinnlosigkeit: Die beschmierten Folien verstellen den Blick auf die Welt nun endgültig. In ihrer Wut schüttet sie die Farbeimer auf den Boden. Immer wieder rutscht sie aus auf dem glitschigen Bühnengrund: Sinnbild des verzweifelten Versuchs, den Triebenergien durch Sublimierung und Anpassung zu entgehen. So ist die Marquise prädisponiert für den Schritt vom Wege.

schaft ist, zeigt eine Szene am Ende der Novelle: „Drauf endlich öffnete sie [die Mutter] die Tür, und sah nun – und das Herz quoll ihr vor Freuden empor: die Tochter still, mit zurückgebeugtem Nacken, die Augen fest geschlossen, in des Vaters Armen liegen; indessen dieser, auf dem Lehnstuhl sitzend, lange, heiße und lechzende Küsse, das große Auge voll glänzender Tränen, auf ihren Mund drückte: gerade wie ein Verliebter! Die Tochter sprach nicht, er sprach nicht; mit über sie gebeugtem Antlitz saß er, wie über das Mädchen seiner ersten Liebe, und legte ihr den Mund zurecht, und küßte sie. Die Mutter fühlte sich, wie eine Selige; ungesehen, wie sie hinter seinem Stuhle stand, säumte sie, die Lust der himmelfrohen Versöhnung, die ihrem Hause wieder geworden war, zu stören.“

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Neue Klänge am ORT für Improvisierte Musik Peter Kowald Gesellschaft startet eine Kammermusikreihe. Und einen neuen Flügel gibt’s auch. Edel sieht er aus in seinem von keinem Kratzer getrübten glänzend schwarzen Lack. Würde sich auch in jedem kleineren Kammermusiksaal hervorragend machen. Im ORT, der legendär-

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en Spielstätte für Improvisierte Musik in Wuppertal, bildet der brandneue Flügel einen interessanten Kontrast zum keineswegs schicken, aber dafür mit jahrzehntelanger Geschichte aufgeladenen Ambiente. Da steht er nun, still und stumm, und wartet darauf, endlich erklingen zu dürfen. Bereits im November hat er sein neues Quartier bezogen – kurz bevor der ORT wie alle anderen Spielstätten aufgrund des „Teillockdowns“ zur Eindämmung der Corona-Pandemie die Türen zum zweiten Mal innerhalb des Jahres für mehrere Wochen schließen musste.

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„Wir sind überglücklich und sehr dankbar, dass die Dr. Werner Jackstädt-Stiftung es uns ermöglicht hat, diesen schönen Flügel anzuschaffen“, sagt Wolfgang Schmidtke, Vorsitzender der Peter Kowald Gesellschaft. „Jetzt können wir es natürlich kaum erwarten, ihn endlich im Konzert zu hören.“ Besonders schade: Eigentlich hätte Alexander von Schlippenbach das Instrument Anfang Dezember offiziell einweihen sollen. Der 82-jährige Pianist und Free-JazzPionier war fest entschlossen gewesen, auch im Dezember 2020 mit seinen Trio-Kollegen Evan Parker und Paul Lytton von Berlin nach Wuppertal zu reisen, um im ORT wieder das Jahresprogramm abzuschließen und damit eine lieb gewordene, langjährige Tradition fortzusetzen. Nur eines der vielen unwiederbringlichen kulturellen Erlebnisse, die der Corona-Pandemie bislang zum Opfer gefallen sind. Jetzt hofft das ORT-Team darauf, dass der Spielbetrieb bald wieder aufgenommen werden darf – und auch der neue Flügel endlich seinen ersten großen Einsatz haben wird: Nämlich dann, wenn in Kooperation mit der Musikhochschule in Wuppertal eine neue Reihe startet, die mit Neuer Musik und klassischer Kammermusik eine ganz neue Klangfarbe in den ORT bringen wird. Kuratiert wird sie von Werner Dickel, der mit der Initiative

dazu auch die Anschaffung des Flügels maßgeblich mit vorangetrieben hat. Der Bratschist und Professor für Viola an der Musikhochschule Wuppertal ist seit vielen Jahren Mitglied der Peter Kowald Gesellschaft, übt und probt als Untermieter des Vereins im ORT und hat den Raum ins Herz geschlossen: „Die Intimität, das liebevoll Provisorische, nicht Perfektions- sondern Prozessorientierte, das darin wohnt, hat mich immer dahin gezogen“, sagt er. „Zudem ist der Raumklang zugleich weich und klar, präsent und rund, perfekt für Streichinstrumente – und nicht nur dafür“, findet der Musiker, betont aber auch: „Wer in den letzten Jahren im ORT war und ein Konzert gehört hat, bei dem der Flügel gespielt wurde, der wusste auch, dass da ein anderes Instrument stehen sollte.“ Auch die eingeholte Expertenmeinung ergab: Das über hundert Jahre alte Instrument war nicht mehr so zu überarbeiten, dass es einem anspruchsvollen Konzertbetrieb gewachsen gewesen wäre. Gemeinsam mit seiner Kollegin Jee-Young Phillips, Dozentin für Klavier an der Musikhochschule Wuppertal, hat Werner Dickel den Kawai-Flügel für den ORT ausgesucht und ist nach einer ersten Probe begeistert: „Das Instrument klingt, als wäre es für den Ort gebaut.“ Vorerst drei Konzerte hat Dickel für die Reihe Neue Musik und Kammermusik im ORT im ersten Halbjahr 2021 geplant. Renommierte Musikerinnen und Musiker ihres Fachs (in der Regel Dozentinnen und Dozenten an der Musikhochschule Wuppertal) werden mitunter auch gemeinsam mit ihren Studierenden auftreten, um die Nachwuchsarbeit zu fördern und den fortgeschrittenen Studierenden Praxiserfahrung im Konzertbetrieb zu ermöglichen. Aber komponierte, noch dazu klassische Musik an „dem“ Ort für Improvisationsmusik in Wuppertal? Wie geht das zusammen? „Wir haben auch weiterhin nicht die Absicht, den ORT zu einer Spielstätte mit beliebigem Programm zu machen“, winkt Gunda Gottschalk, eine der Hauptverantwortlichen für die Programmplanung ab. „Aber in der neuen Reihe sehen wir eine stimmige Erweiterung unseres Pro-

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grammspektrums. Die aus dem Free Jazz hervorgegangene freie Improvisationsmusik und die aus dem Klassikbereich sich entwickelnde zeitgenössische Neue Musik haben über die Zeit zu immer mehr Berührungspunkten und größeren Schnittmengen gefunden. Komposition verbindet sich zum Beispiel mit aleatorischen und/oder improvisatorischen Elementen“, erläutert die Musikerin, die selbst in beiden Bereichen zu Hause ist. „Dass in der Reihe nicht nur Neue, sondern auch mal ganz klassische Kammermusik erklingt, finden wir eine spannende Mischung, die vielleicht auch Publikum neugierig macht, das mit Neuer Musik noch nicht so vertraut ist“, ergänzt sie.

Die Öffnung hin zur komponierten Musik ist sicherlich die größte, jedoch nicht die einzige Veränderung im ORTProgramm 2021. „Neben der Kammermusikreihe wird es drei weitere Reihen mit jeweils eigenem Kurator, eigener Kuratorin geben,“ stellt Gunda Gottschalk in Aussicht. In der Reihe „Freie Improvisation“ fungieren die „soundtrips NRW“-Konzerte weiterhin als „Flaggschiff“ des Programms. Eine „Jazz-Reihe“, kuratiert von Wolfgang Schmidtke, holt drei derzeit sehr angesehene Ensembles in den ORT und schreibt damit die lange Wuppertaler Jazz-Geschichte weiter. Und unter dem Label „all female“ präsentiert Kuratorin Ute Völker in Kooperation mit dem Wuppertaler Netzwerk junger Künstlerinnen „Yaya“ junge Frauen aus der Region sowie internationale Gruppen aus einem weiten musikalischen Spektrum. Vertraute Farben im ORT-Programm wie die Filmreihe cine:ort oder gelegentliche Ausstellungen und Gesprächsrunden sollen darüber nicht verschwinden. „Von dem neuen Konzept versprechen wir uns aber eine Schärfung des Programmprofils, sodass auch das Publikum klarer einschätzen kann, was es im ORT erwartet“, erläutert Gunda

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Erste Probe im ORT mit dem neuen Flügel – Werner Dickel, Jee-Young Phillips und Susanne Müller-Hornbach. Alle Fotos: Karl-Heinz Krauskopf

Gottschalk. Rückenwind gibt es jedenfalls schon mal von der „Initiative Musik“. Die vom Bund finanzierte Institution, die das ORT-Programm in den vergangenen Jahren bereits drei Mal mit dem Bundesspielstättenpreis „Applaus“ gewürdigt hat, fördert im ersten Halbjahr 2021 die Konzerte im Rahmen ihres Programms „Neustart Kultur“, das den durch die Corona-Schließungen gebeutelten Spielstätten wieder auf die Beine helfen soll. Das ORT-Team schaut mithin trotz des zweimaligen „Shutdowns“ einigermaßen zuversichtlich auf das Jahr 2021. Und freut sich darauf, endlich den neuen Flügel erklingen zu hören. Anne-Kathrin Reif Mehr zum Programm der Peter Kowald Gesellschaft unter den „Kulturtipps“, Seite 70. 37

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Den Auftakt der neuen Reihe macht Florence Millet (Klavierprofessorin in Wuppertal) am 6. Februar 2021 mit Kompositionen von Hans Abrahamsen, Daria Naminova, Elliott Carter, George Crumb, Evan Williams, Faidros Kavallaris, Debussy und mit Beethovens „Appassionata“. „Eine Pianistin und Vermittlerin ersten Ranges“, schwärmt Werner Dickel über die Kollegin. Am 19. Mai spielen Jee-Young Philipps (Klavier), Susanne Müller-Hornbach (Cello) und Werner Dickel (Violine) Klaviertrios von Beethoven und Schumann und Werke von Kurtag und Anton Webern. Professor Lukas Böhm, „Sensation am Schlagzeug aus Berlin“ (Dickel) und ebenfalls Professor an der Musikhochschule Wuppertal, kommt im Juni mit zwei Studenten in den ORT.

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Ein Haus für Wuppertal und die Welt

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Das Festival „Pina Bausch Zentrum under construction“ hat gezeigt: Es könnte so schön werden.

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38 Probe Robyn Orlin …we encountered ourselves on a walk, bumped into a spirit, who reminded us to start again… Foto: Evangelos Rodoulis

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Vielleicht ist es am Ende die Tänzerin Julie Stanzak, die mit einem einzigen Begriff prägnant zusammenfasst, wie und was das zukünftige Pina Bausch Zentrum in Wuppertal einmal sein soll: „glocally“ nämlich. Die Wortkombination aus „globally“ und „locally“ bringt das auf den Punkt, was in diversen Gesprächsrunden und Aktionen an allen neun Tagen des Festivals „Pina Bausch Zentrum under construction“ immer wieder zum Ausdruck kam: Es soll – „glocally“ – in die ganze Welt ausstrahlen und Menschen von überall her einladen. Und es soll lokal verankert sein, ein Haus, das offen ist für alle Menschen in Wuppertal – „locally“ eben.

Glocally in diesem Sinne war auch das Festival „under

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construction“ selbst, das vom 21. bis 29. November 2020 unter Leitung von Marc Wagenbach erfragte, erforschte und erprobte, was das Pina Bausch Zentrum einmal werden soll. Es gab Talkrunden, Panels, Gespräche, Filme, Workshops für unterschiedliche Altersgruppen, künstlerische Beiträge, morgendliche „Warm-ups“ und mehr – wenn auch, coronabedingt, überwiegend im digitalen Raum. Schulen, die freie Kulturszene und andere Bürgerinnen und Bürger Wuppertals waren schon im Vorfeld einbezogen worden, etwa beim Sammeln von Wünschen für das zukünftige Haus oder von „Lieblingsbewegungen“, die auf die Fassade des alten Schauspielhauses projiziert wurden; lokale Gruppen wie „Power of Colour“, der internationale Chor „Women of Wuppertal“ oder der „Tanzchor 60plus“ und einzelne Wuppertaler Künstler wie der Tänzer Milton Camilo oder der junge Musiker Horst Wegener u.a.m. waren an künstlerischen Interventionen und Gesprächen beteiligt. Die Panels und Talkrunden brachten Expertinnen und Experten miteinander in Austausch, die in unterschiedlichen Bereichen denkend und gestaltend tätig sind, ob in Wuppertal, New York, London, Gent, Hamburg oder Berlin. Und die Company des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch mit seinen internationalen Akteurinnen und Ak-

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Das Künstlerduo deufert&plischke sammelte „Lieblingsbewegungen“ und machte die Fassade des Schauspielhauses dafür zur Projektionsfläche.

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Foto: Evangelos Rodoulis

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teuren, die das Festival mit einer auf die Fassade des Schauspielhauses gestreamten, collageartigen Version von „Das Stück mit dem Schiff“ eröffnete, ist sowieso und war immer schon „totally glocally“. Aber letztlich muss auch ein so prägnanter Begriff erst einmal mit Inhalt gefüllt werden. Wer einen Großteil der Veranstaltungen von „under construction“ verfolgte, der hatte am Ende wohl immer noch kein vollständiges Bild vor Augen – dafür aber einen ganzen Haufen einzelner Bausteine, die noch zum zukünftigen „gemeinsamen Haus“ zusammengesetzt werden müssen. Und in möglichen Konturen und mit vielen verschiedenen Aspekten ist doch sichtbar geworden, was dieses Zentrum einmal sein könnte. Verdammt großartig nämlich.

Man stelle sich das mal vor: In der Mitte der Stadt angesiedelt, hat sich das in seiner Architektur immer noch herausragende ehemalige Schauspielhaus in einen Ort verwandelt, der den ganzen Tag über für alle Menschen geöffnet ist und an dem man sich einfach gerne aufhält. Mit Loungemöbeln im Foyer, mit Bildschirmplätzen, Video- und Hörstationen, die Zugang zum Archivmaterial des Pina Bausch Archivs gewähren, mit Ausstellungsflächen, Räumen für Workshops und Proben, einer Bibliothek und einem Café. Ein Raum, der Begegnungen ermöglicht. Zwischen Menschen, die das Interesse am Tanz verbindet oder die einfach nur neugierig sind. Die an Workshops des Tanztheaters oder der Pina Bausch Foundation teilnehmen. Die aus der ganzen Welt herkommen, um hier zu forschen. Regelmäßig ergeht eine Einladung an Studierende

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Das deutsch-ivorischen Duo Gintersdorfer & Klaßen erarbeitete mit fünf Performern „Materialtänze“, die auch auf die Fassade des Hauses projiziert wurden.

in aller Welt, um hier in Wuppertal mit dem Werk von Pina Bausch zu arbeiten – und es überhaupt erst einmal kennenzulernen. Es ist ein Ort, wo Neues entstehen kann, aber wo nicht jeder etwas schaffen muss – wo man auch einfach auftanken kann, ein Kraftort, ein Ort des freien Spiels und des Experiments.

Ein Raum für Begegnungen: zwischen Künstlerinnen und Tänzern, die hier Projekte entwickeln und ihre Arbeitsprozesse auch für Außenstehende transparent machen. Und natürlich auch mit den ehemaligen und den aktuellen Mitgliedern des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, denn: „WE DON’T LEAVE! THIS IS OUR HOUSE!“, wie Tänzerin Nazareth Panadero in einer wunderbaren Performance (von der südafrikanischen Choreografin Robyn

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Orlin mit Wuppertaler Akteurinnen und Akteuren in wenigen Tagen erarbeitet) quasi in Großbuchstaben ausrief. Aber da sprachen vielleicht auch die Geister des Hauses – und auch denen wird man im zukünftigen Pina Bausch Zentrum ja vielleicht begegnen können. Man stelle sich ein Haus vor, in dem die Pina Bausch Foundation und das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch mit ihrer Arbeit dafür sorgen, dass das Erbe der großen Choreografin gehütet und bewahrt wird, die aber auch die Flamme weiterreichen, an der sich die Inspiration von vielen anderen künstlerisch arbeitenden Menschen entzünden kann – und zwar durchaus mit unkalkulierbaren Ergebnissen. Ein Ort künstlerischer Freiheit. Ein Haus, in dem kreatives Schaffen von der Schülerarbeit bis 41

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Foto: Knut Klaßen

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Julie Shanahan, Ensemblemitglied des Tanztheater Wuppertal, in dem Film „Coakroom Encounters – Garderobenbegegnungen“ von Helena Waldmann.

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Foto: Evangelos Rodoulis

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zur Spitzenproduktion ermöglicht und gewürdigt wird; ein „Thinktank“, in dem zum Beispiel über neue, hybride Kunstformen aus analoger und digitaler Welt nachgedacht wird sowie über das Potenzial von Tanz im Besonderen und künstlerischen Prozessen im Allgemeinen im Kontext von gesellschaftlichen Transformationsprozessen. Und aus dem heraus Produktionen und Projekte entstehen und in die Stadt hineinwirken, Projekte, die solche Prozesse anstoßen, befördern, begleiten, hinterfragen – und umgekehrt Impulse, die aus der Stadtgesellschaft kommen, aufspüren und aufnehmen. Ein Ort, bei dem nicht ein einzelner Kopf die Inhalte vorgibt, sondern der von vielen mitgestaltet werden kann. Ein Ort, an dem man nicht schon ganz genau weiß, was einen

erwartet, sondern wo man neue ästhetische Erfahrungen machen kann; wo man etwas sieht und erlebt, was man noch nicht kannte. Wo man einen neuen Blick auf das Vertraute gewinnt und plötzlich ein Fenster zur Welt aufgeht, wie bei der Performance „Rhythmus und Vermessung in einem schönen Haus“, als ein Tänzer von der Elfenbeinküste seine assoziativen Eindrücke bei der Erforschung des Hauses („Bisschen kaputt hier.“/„Wohin mit dem Gestrüpp?“) in Beziehung zu politischen Geschehnissen in seinem Heimatland setzte. Wo man vielleicht schon an der Garderobe von einer so köstlichen Performance überrascht wird, wie sie die Choreografin Helena Waldmann mit „Cloakroom Encounters – Garderobenbegegnungen“ mit Eddie Martinez, Nazareth Panadero und Julie Stanzak – drei „Granden“ des Tanztheater Wuppertal – erarbeitet hatte.

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All das könnte das Pina Bausch Zentrum einmal werden. All das sind Vorstellungen, Hoffnungen, Ideen und Visionen, die Menschen bei „under construction“ auf verschiedenen Wegen zum Ausdruck gebracht haben. Wuppertalerinnen und Wuppertaler verschiedenster Lebensalter, mit und ohne Migrationshintergrund, Schülerinnen und Schüler, Pina-Bausch-Fans, Tänzerinnen und Tänzer; Choreografinnen, Performer, Nachhaltigkeitsforscher, Theaterintendanten, Ministerin, Oberbürgermeister, Bundestagsabgeordneter, Lehrerin, Musiker. Es sind alles Bausteine für das zukünftige „gemeinsame Haus“. Das neuntägige Festival „under construction“ hat – trotz der notgedrungenen Verlegung ins Digitale – viele verschiedenen Menschen darüber in Austausch gebracht – solche, die ganz konkret an diesem Haus „mitbauen“, und solche, die es einmal beleben und „bewohnen“ sollen. Nicht alle Programmpunkte waren gleichermaßen gut gelungen – etwa das doch etwas zweifelhafte digitale „Kekse backen mit Marc Wagenbach“. Aber was soll’s. Dem Leuchtturm bricht nicht die Spitze ab, wenn in der ersten Etage die Plätzchen verbrennen oder in der zweiten mal der Videostream wackelt. Wenn das Ganze ein gemeinsamer Weg werden soll, der viele Menschen mitnimmt, dann braucht es keinen Perfektionismusanspruch, der wohl schon im Vorfeld dem ein oder anderen Tanzkritiker den Blick verstellt hat, sondern Offenheit und Mut zum Experiment, bei dem auch mal was schief gehen darf.

bis zur erhofften Fertigstellung des Umbaus 2027 warten, dann die Türen öffnen und hoffen, dass sich das Haus von selbst mit Leben füllt oder ein bestellter Intendant das schon macht. Mit dem „Wir bauen gemeinsam ein Haus.“ muss vielmehr ab sofort ernst gemacht werden: Es wäre geradezu fahrlässig, die Impulse, die das Festival gesetzt hat, verpuffen zu lassen. Schon in den vergangenen Jahren hat es verschiedene Aktionen vonseiten des Tanztheaters und der Foundation gegeben, um das Schauspielhaus als zukünftiges Pina Bausch Zentrum ins Bewusstsein zu heben – mit „under construction“ gibt es jetzt ein griffiges Label, unter dem die verschiedensten Aktionen immer wieder erkennbar zusammenkommen können. Und es braucht nicht erst 2027, sondern schon jetzt solche Vermittler, „Katalysatoren“ oder „Agentinnen“, wie Tanztheater-Intendantin Bettina Wagner-Bergelt sie nannte, die ein Gespür für die in der Stadt und in der Gesellschaft virulenten Themen haben

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Was jetzt ganz konkret vor allem nottut, ist eine kluge Ausschreibung des Architekturwettbewerbs, die den Bewerbern genau diese Vision des Pina Bausch Zentrums, wie sie bei „under construction“ in Umrissen sichtbar geworden ist, vermittelt. Und es werden Architekten gebraucht, die in der Lage sind, das umzusetzen und dabei mitzudenken, dass sie ein Gebäude für die Zukunft bauen. Und das soll offen sein für viele Möglichkeiten: „Weil Kunst immer reagieren muss auf die Themen ihrer Zeit“, wie Bettina Milz, Leiterin des Referats für Theater und Tanz im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, es in einer Gesprächsrunde formulierte. Zur Sprache kam während des Festivals „under construction“ übrigens auch immer wieder, was das Pina Bausch Zentrum genau NICHT werden soll: Kein elitärer und exklusiver Kunsttempel nämlich, kein Ufo, das sich äußerlich und inhaltlich gegen die Stadt abschottet, kein Elfenbeinturm für Tanzspezialisten. Stattdessen: Ein Haus für Menschen aller Altersstufen, Hautfarben und Kulturen. Dem man schon ansieht: Du brauchst keine Scheu zu haben hineinzugehen, denn es ist ein Ort der Freiheit, der Toleranz und des Miteinanders. Muss man eigens betonen, wie nötig unsere Zeit solche Orte hat? Und gibt es einen besseren Platz dafür als Wuppertal, wo das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch die Stadt seit fast 50 Jahren mit der Welt verbindet, die Welt nach Wuppertal holt und Pina Bausch mit den zeitlos-existenziellen Themen ihrer Stücke zugleich immer auch am Puls der Zeit (oder ihr voraus) war? Am Ende aber braucht es den Mut, das alles nicht nur zu proklamieren, sondern auch zu leben – wie Salomon Bausch die vielleicht wichtigste Losung ausgab, an der sich alle Beteiligten ab sofort und immer wieder werden messen lassen müssen. Anne-Kathrin Reif

under construction

Die künstlerische Leitung hatte der Tanzwissenschaftler Dr. Marc Wagenbach, ehemals Assistent von Pina-Bausch und wissenschaftlicher Leiter der Pina Bausch Foundation in ihrer Aufbauphase. Etliche der gestreamten Formate sind weiterhin im Internet abrufbar unter www.under-construction-wuppertal.de. 43

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Allerdings: Ein paar Sachen mehr braucht es schon noch – auch dies kam beim Festival durchaus zur Sprache. Vor allem kann man nicht

und die Verbindungen herstellen können zwischen der Stadtgesellschaft und dem, was im Pina Bausch Zentrum Gestalt annimmt.

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Kontinuität und Aufbruch beim Tanztheater Wuppertal Pina Bausch Uraufführungen mit Choreografien von Richard Siegal und Rainer Behr

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Bettina Wagner-Bergelt, Intendantin des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, im Gespräch mit Dramaturg Stefan Dreher

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Frau Wagner-Bergelt, es gibt endlich im Tanztheater wieder eine Premiere, und zwar im März 2021 Ja, das ist richtig. Wir halten daran fest und ändern, wenn uns die Situation wieder einmal dazu zwingen sollte. Wir mussten ja coronabedingt die spannenden EncountersKreationen in der letzten Spielzeit absagen. Das war ein harter Schlag. Fünf Choreografen sollten an einem gemeinsamen Abend arbeiten, an einem künstlerischen Konzept, und neue, kooperative, demokratische Arbeitsformen ausprobieren. Ein aufregendes Konzept. Daraus hatte ich dann auch die Idee zur diesjährigen Premiere weiterentwickelt. Unter dem Stichwort „Kontinuität und Aufbruch“ wollte ich dem Ensemble die Möglichkeit geben, an Themen des Encounters-Abends mit zwei der fünf Choreografinnen und Choreografen weiterzuarbeiten, nämlich mit Richard Siegal und Rainer Behr. Ich bin kein Freund von Eintagsfliegen, ich denke immer konzeptionell und langfristig. Für das Ensemble wäre das eine Chance der Vertiefung gewesen, der Intensivierung und Weiterentwicklung von Themen wie Cultural Appropriation, die eine ganz zentrale Frage des aktuellen künstlerischen Diskurses – auch vor dem Hintergrund von Rassismus-Debatten – ist. Was gehört mir, was eigne ich mir an, wo beginnt das Aneignen, wo nehme ich illegitimerweise fremde Formen an? Das Aufeinandertreffen von Folkwangund Tanztheatertraditionen auf der einen und eher abstraktem, neoklassischem Tanz auf der anderen Seite bleibt uns jetzt auch mit dieser Doppelpremiere. Gleichzeitig sind es Arbeiten eines externen Choreografen und eines von mir sehr geschätzten Mitglieds des Tanztheaters, jemand aus den eigenen Reihen, der seit vielen Jah-

ren spannende Choreografien präsentiert hat, aber nie im Opernhaus mit einer eigenen Arbeit zu sehen war. Ist es nicht noch immer schwierig, Premieren zu planen? Viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen haben Neuproduktionen für eine ganze Zeit ausgesetzt. Ja, das ist richtig. Wir können nicht davon ausgehen, dass wir im Februar normal proben werden wie vor Corona. Das heißt, es wird Tests geben müssen, eine Blase, in der nur diejenigen drin sind, die zusammenarbeiten, Tänzerinnen und Tänzer, Technik, Requisite, Kostüm, Maske etc.. Das haben wir ja wie alle Theater alles lange und erfolgreich durchgespielt, und bisher auch ohne eine einzige Ansteckung. So soll das auch bei dieser Premiere wieder funktionieren. Das heißt, es müssen noch immer extra Corona-Produktionen erarbeitet werden, die alle Vorschriften einhalten? Nein, nicht ganz. Aber wir werden statt eines Doppelabends, wie er geplant war, zwei Premierenabende herausbringen, einen mit der Uraufführung von Richard Siegal in einer Installation des englischen Bildhauers Anish Kapoor und mit einer Neukomposition von Alva Noto. Und zehn Tage später die Uraufführung von Rainer Behr, zum ersten Mal im Opernhaus, mit Michael Simon als Lichtdesigner. So bleiben die Gruppen kleiner und überschaubarer, und das Publikum kann sich auf zwei komplette Abende freuen – nach der langen Durststrecke vielleicht auch ein Geschenk. Also wird es kein geteilter Abend werden? Nein, es werden zwei Premieren mit je vier Vorstellungen in Wuppertal. Beide Choreografen haben einiges Gewicht, denke ich. Einerseits in ihrer künstlerischen Gegensätzlichkeit, andererseits auch im Kontext ihrer eigenen Werkgeschichte. Richard Siegal hatte sich zudem von Beginn unserer Produktionsgespräche an auf den Plan kapriziert,

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in sein Stück ein so genanntes „Moving painting“ des weltberühmten englisch-indischen Bildhauers Anish Kapoor zu integrieren. Und das Wunder geschah: Sir Anish hat unserer Anfrage nach seinem Werk mit Begeisterung zugestimmt und freut sich, alles zu tun, damit seine Installation „Shooting into the corner“ Teil des Raumes in Richard Siegals Stück für das Tanztheater Wuppertal werden kann. Mit dieser Zusammenarbeit mit einem so wichtigen bildenden Künstler verweisen wir einerseits zurück auf Pina Bausch und ihre langjährige Zusammenarbeit mit Künstlern wie Rolf Borzik oder Peter Pabst, deren Räume ja nicht im eigentlichen Sinne Bühnenbilder waren, die dem Stück dienten. Sie waren ganz eigenständige künstlerische Statements, optisch und in ihrer Aussage sehr stark und unabhängig. Gleichzeitig weist eine solche Zusammenarbeit in eine Zukunft, in der das Tanztheater hoffentlich neben seiner Pflege des Erbes von Pina Bausch entscheidende Position beziehen wird in der Moderne, konzeptionell und in der Zusammenarbeit mit wegweisenden Künstlern anderer Genres. Auch im Hinblick auf das zukünftige Pina Bausch Zentrum … Der Ansatz gilt in seiner Radikalität auch für Rainer Behr, der alle Produktionsbereiche in seinen Produktionen bisher gern selbst in die Hand genommen hat, der seinen Raum aus der Bewegung, aus den Angeboten, der kreativen Zusammenarbeit mit seinen Tänzerinnen und Tänzern entstehen lässt. Daraus entwickelt sich langsam so etwas wie eine Atmosphäre, eine Landschaft aus Material, die sich ständig verändert durch die Aktionen der Performer. Am liebsten hat Behr Alltagsräume, in denen Menschen ihrer normalen Tätigkeit, ihrer Arbeit, ihrem Leben nachgehen, und da hinein setzt er seine Werke. Beiläufig fast, unspektakulär, aber unglaublich zwingend in seinem Zugriff auf die Wirklichkeit, eine Art von Konstruktion und Dekonstruktion, die in Wellen abläuft. Er arbeitet mit Michael Si-

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mon zusammen, einem einzigartig vielseitigen Künstler, mit dem ich, wie mit Siegal, sehr lange gearbeitet habe. Ein fantastischer Lichtdesigner, Videokünstler, Regisseur und Bühnenbildner, dessen Räume und architektonische Lösungen für die frühen Werke von Forsythe Legende sind, dem diese offene, sich entwickelnde Arbeitsweise von Rainer Behr sehr vertraut ist und der ihn darin begleitet – er selbst nennt das Bühnenbild-Dramaturgie. Wird es in Zukunft ähnliche Formate wie Encounters für Kreationen des Tanztheaters geben? Ja, es gibt weitere solche Konzepte wie Encounters, die wir vielleicht noch im Rahmen der Underground-Serie oder anderer Formate im Schauspielhaus zeigen werden. Digitale Formate machen jetzt viele andere, ich verlasse mich doch lieber auf die Sensation des authentischen Erlebnisses und die reale Begegnung, wo immer sie möglich ist. Bettina Wagner-Bergelt übernahm am 1. Januar 2019 die Intendanz und künstlerische Leitung des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch. Sie war von 2000 bis 2016 Stellvertretende Direktorin des Bayerischen Staatsballetts und von 1990 bis 2016 Leitende Dramaturgin und baute in München ein herausragendes internationales Repertoire aus Moderne und Avantgarde. Stefan Dreher ist Dramaturg und Referent der künstlerischen Leitung des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch. In der Zusammenarbeit mit Ensemble und Gästen liegt ihm sehr daran, neue Prozesse individueller künstlerischer Suche beim Tanztheater zu unterstützen und diese als besondere Chance wahrzunehmen. Es geht um persönliche Eigenheiten, den Facettenreichtum von Tänzerinnen und Tänzer und die Kunst sich immer wieder neu zu erfinden und sich trotzdem treu zu bleiben. 45

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Bettina Wagner-Bergelt und Stefan Dreher, Foto: Milan Nowoitnick Kamper

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Bei der Uraufführung des Stückes „Mein Schloss“ von Jean-Laurent Sasportes im Haus der Jugend Barmen. Foto: Klaus Dilger

Grandios an der Wupper

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Kunst und Kultur als Motor kommunaler Transformation

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2018 kam Dr. Bettina Paust nach Wuppertal, um die Leitung des städtischen Kulturbüros zu übernehmen. Und stellte schnell fest: Die freie Kulturszene in Wuppertal ist außergewöhnlich. Hier schreibt sie über das Potenzial der Szene für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung, über Transformationskunst und über Joseph Beuys im Kontext der Nachhaltigkeitsdebatte – auch ein Vorblick auf das Beuys-Jahr 2021.

In Wuppertal bildet wie in kaum einer anderen Stadt dieser Größe die Freie Kunst- und Kulturszene im Zusammenklang mit den kommunalen Kultureinrichtungen das Fundament für die kulturelle Existenz und damit für die Zukunft der Stadt. Schon lange ist das außergewöhnlich kreativ-kulturelle Potenzial der Stadt Wuppertal ein wichtiger Motor für die erfolgreiche Stadtentwicklung. Dabei sind jedoch in fördernder wie in kulturpolitisch-strategischer Hinsicht städtische Kultureinrichtungen und Akteurinnen und Akteure der Freien Szene nicht segmentiert zu betrachten, sondern unter dem Fokus der Gesamtentwicklung der Kultur und damit der Stadt. Ein ganz aktuelles Beispiel steht für das kommende Jahr an: Im Juni 2021 wird

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Das Team von der „Utopia-Stadt“ am Mirker Bahnhof. Foto: Wolf Sondermann

das vom Wuppertaler Kulturbüro veranstaltete Performancefestival „Die Unendlichkeit des Augenblicks. Aufführungskünste nach Beuys“ im Rahmen des NRW-weiten Jubiläumsjahres zum 100. Geburtstag von Joseph Beuys an verschiedenen Orten in der Stadt stattfinden.

Kunst und Kultur und ihre zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure sind wichtige Motoren nicht nur für kulturell-ästhetische Entwicklungen. Vielmehr sind sie in den rasanten globalen Veränderungsprozessen zu einem geradezu unerlässlichen Transformationsfaktor geworden. Denn, wie Marc-Oliver Pahl, Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung, konstatiert, „was unter Kultur verstanden wird, unterliegt einem permanenten Definitionswandel. Ohne die Schaffung eines Bewusstseins zur Nachhaltigkeit in der Gesellschaft, ist die Transformation nicht zu bewältigen“ 1. Deshalb hat zum Beispiel der Rat für Nachhaltige Entwicklung bereits 2017 eine Förderschie-

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ne für Nachhaltigkeitskultur auf den Weg gebracht, die das transformierende Potenzial der Alltagskultur und von Kulturschaffenden unterstützt. Hieran wird deutlich, dass der heutige Kunst- und Kulturbegriff tief in gesellschaftlichen Themen und Entwicklungen verwurzelt ist beziehungsweise sich mit diesen kontinuierlich verändert. Schon seit Jahrtausenden sind künstlerische Äußerungen Spiegelbild gesellschaftlicher und damit politischer, ökonomischer und sozialer Entwicklungen. Setzt man in der jüngeren Kunstgeschichte an, so haben sich nach der tief greifenden Welterschütterung durch den Zweiten Weltkrieg verschiedene künstlerische Strömungen wie beispielsweise die Pop-Art, Land-Art, Eat-Art oder Fluxus mit der zunehmenden, auf ständiges Wachstum angelegten Ökonomisierung der Welt und den daraus resultierenden Folgen auseinandergesetzt. Diese Entwicklung setzt sich in den Künsten nahtlos fort, denkt man heute zum Beispiel an ökologische Kunst oder Kunst, die sich mit den Fragen des Anthropozäns beschäftigt, an Animal-Art oder Kunst im sozialen Raum. Einer der wichtigsten Künstler, der durch seine Kunst den Auswirkungen der rasanten Zivilisationsspirale ab Mitte des 20. Jahrhunderts entgegenzuwirken suchte, war Joseph Beuys (1921-1986). Er hat mit seiner Vorstellung, dass Kunst als kreativer Akt – losgelöst vom tradierten Kunstbegriff – durch jeden Menschen vollzogen werden und gesellschaftliche Veränderung bewirken könne, die Vorstellung der Wirkkraft von Kunst revolutioniert. Sein immaterielles Hauptwerk, die Soziale Plastik, besagt, dass jeder Mensch kreative Potenziale besitzt, die es zum 47

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Eine grandiose Kunst- und Kulturszene ist heute in der Stadt an der Wupper omnipräsent: an ihren angestammten Orten wie Museen, Konzerthäusern und Theatern oder in Zentren, die verstärkt im soziokulturellen Bereich arbeiten. Als Knotenpunkte in Stadtvierteln, die durch ihre kulturellen Aktivitäten und mit bürgerschaftlichem Engagement viele Menschen in der Stadtgesellschaft erreichen, denen der Zugang zu Kulturangeboten in der Regel nur schwer zugänglich ist. Und nicht zuletzt durch die zahlreichen mobilen Akteurinnen und Akteure, die durch die gesamte Stadt hindurch mit ihren künstlerischen Interventionen oft niederschwellige Zugänge zu Kunst und Kultur ermöglichen.

Viele Akteure sorgen für das Programm im LOCH. Foto: Arne Schramm

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Akteure des Projekt „Die Wüste lebt“ bringen Kultur nach Oberbarmen - hier

(Nicht nur) Kultur für Kinder gibt‘s in der Alten Feuerwache an der Gathe.

als Karawane. Foto: Piet Binek

Foto: Birgit Pardun

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gesellschaftlichen Gemeinwohl zu erkennen, zu aktivieren und einzubringen gelte. Damit darf Joseph Beuys als Schöpfer des Erweiterten Kunstbegriffes gelten, der heute im Kontext der Nachhaltigkeitsdebatte nicht aktueller sein könnte. Hat Beuys doch bereits 1978 in seinem „Aufruf zur Alternative“ einen globalen Krisenzustand konstatiert, nicht nur im Sinne einer „ökologischen Krise, Bildungs-, Wirtschafts- und Demokratiekrise“, sondern auch als fundamentale „Bewusstseins- und Sinnkrise“ 2. Kreative Potenziale sind nicht nur essentiell für die Krisenfestigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten einer (Stadt)gesellschaft, sondern sie sind, wie es Beuys vor über 40 Jahren formulierte, das gesellschaftliche Kapital schlechthin 3. So wird vom 2. bis 6. Jun 2021 das Wuppertaler Performancefestival zu Joseph Beuys mit mehr als 15 nationalen sowie lokalen Künstlerkollektiven und wissenschaftlichen Podien der Frage nach der gesellschaftlichen Transformationskraft durch Kunst nachspüren. Hier greift auch einmal mehr die enge Verbindung zwischen Kunst und Wissenschaft.

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In seinem 2018 erschienenen Buch Die Große Transformation hat der heutige Wuppertaler Oberbürgermeister Uwe Schneidewind für gesellschaftliche Veränderungsprozesse den Begriff des/der „Zukunftskünstlers*in“ geprägt 4. Damit benennt er im Kern genau das, was Joseph Beuys mit seiner Theorie der Sozialen Plastik meint, nämlich die kreativen Fähigkeiten und Kompetenzen der „beruflich Kreativen“ – also der Kunst- und Kulturschaffenden – genauso für die Wandlungsprozesse zum Gemeinwohl zu erkennen und zu nutzen wie die kreativen Potenziale aller Menschen. Mit seiner Aussage „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ demokratisierte Beuys bereits

Mitte des 20. Jahrhunderts einen elitären Kunstbegriff und bezieht die Fähigkeit zur Kreativität auf jedes Mitglied einer Gesellschaft zu deren nachhaltigen und sozial gerechten Entwicklung. Uwe Schneidewind beschreibt heute die Idee der Nachhaltigen Entwicklung als kulturelle Revolution, bei der die Würde und die Entfaltungsmöglichkeiten von Menschen weltweit die Grundlage für gesellschaftliches, politisches und ökonomisches Handeln sind 5. Für dieses zukunftsweisende Vorhaben scheint gerade die Stadt Wuppertal prädestiniert zu sein. Denn die Wandlungskraft ist in vielen Kulturorten Wuppertals und von diesen ausstrahlend bereits in vollem Gange. Allen voran UTOPIASTADT, die bereits zu einem internationalen Aushängeschild kreativer Stadt(teil)verwandlung geworden ist. Sie wurde 2019 mit dem erstmalig verliehenen Social Sculpture Award ausgezeichnet und unter anderem am 19. November 2020 mit einem langen Bericht in der Tageschau gewürdigt. Ebenso wichtig in ihrer Arbeit und Wirkkraft in die Stadtbevölkerung sind durch das gesamte Stadtgebiet verteilte Kulturorte wie die Mobile Oase oder die Färberei – Zentrum für Integration und Inklusion, die Alte Feuerwache, das LOCH, der ort e.V., das Café Swane oder die börse, um nur einige Beispiele unter vielen zu nennen. Hinzu kommen regelmäßig stattfindende Festivals wie Klangkosmos – Weltmusik, AfrikaFilmtage oder Tanzrauschen. Das Wuppertal Institut hat 2018 in seinen Bergischen Klimagesprächen unter dem Titel Kunst, Kultur und Transformation am Beispiel von acht Wuppertaler Kulturorten untersucht, wie urbane Transformation durch Kunst und Kultur konkret funktionieren kann und welche Potenziale für die weitere Stadtentwick-

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Der Verein „Tanzrauschen“ sorgte mit dem Festival „Dancesreen“ 2019 für internationales Filmfestivalflair in Wuppertal - im Bild der Schlussapplaus.

lung zu heben sein könnten. Auch die Kulturpolitische Gesellschaft hat sich 2020 – ebenfalls mit Unterstützung des )) freies netz werk )) KULTUR – in ihrer Sommerakademie für eine klimagerechte Kulturpolitik am Beispiel der Wuppertaler Freien Szene mit den Fragen nach einer nachhaltigen Entwicklung durch Kunst und Kultur beschäftigt. Deutschland-, wenn nicht sogar europaweit einzigartig ist der Schulterschluss der Freien Szene in Wuppertal, die bereits Anfang März 2020 zu Beginn des ersten Corona-Lockdowns den Selbsthilfefonds EinTopf ins Leben gerufen hat. Mit diesem Soforthilfeprogramm hilft die Freie Szene soloselbstständigen Kulturschaffenden und privatwirtschaftlichen Kultureinrichtungen aus ihren eigenen Reihen, die in existentielle Not geraten sind und nicht durch öffentliche Soforthilfeprogramme abgedeckt werden, schnell und unbürokratisch. Alle diese Beispiele stehen stellvertretend für die Bedeutung der Freien Kunst- und Kulturszene in Wuppertal. Im Zusammenklang mit den städtischen Kulturein-

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richtungen bewirken sie die kulturelle Dynamik in der Stadt im bereichernden Spannungsfeld zwischen lokaler Verortung und internationaler Vernetzung. Mit der Veranstaltung Under Construction – Wir bauen ein Haus im November 2020 im Schauspielhaus als einem der ersten Formate zur sichtbaren Konstituierung des Pina Bausch Zentrums wurden genau diese kulturellen Potenziale und Chancen für die Stadtentwicklung in unterschiedlichen Diskussionsrunden und Workshops thematisiert. Das vierte Handlungsfeld des Pina Bausch Zentrums, das Forum Wupperbogen, soll zukünftig in Analogie zu dem, was heute bezogen auf Kultureinrichtungen als „Dritter Ort“ bezeichnet wird, ein Raum für die Stadtgesellschaft werden, an dem sich Menschen verschiedenster Herkunft begegnen und sich durch das Medium Kunst über aktuelle gesellschaftliche Themen austauschen bzw. an diese herangeführt werden. Die Herausforderung, Kunst und Kultur viel stärker als gesellschafskonstituierende Pfeiler zu begreifen, könnte 49

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Foto: Stefan Fries

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Akanni Humphrey bei einer „Global Music Class“ in der „börse“. Wichtiger Spielort der Freien Kulturszene und eines der ältesten Soziokulturzentren

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der Bundesrepublik. Foto: Imam Sy

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heute nicht virulenter sein. Denn die Coronapandemie hat die Welt tief erschüttert und in vielen Bereichen erschreckende Wahrheiten offengelegt, wie beispielsweise die Zuspitzung sozialer und politischer Spaltungen, die Verschärfung menschlicher Vereinsamung oder die explodierenden Gewinne von Konzernen wie Amazon einerseits und das Sterben zahlreicher mittlerer und kleiner Unternehmen andererseits. Besonders hart wurde der Kulturbereich getroffen – so auch die Kulturszene in Wuppertal. Heute ist noch nicht absehbar, welche Konsequenzen die Lockdowns langfristig für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Kultur im Tal und auf den Höhen der Wupper haben werden. Deshalb ist es umso wichtiger, sich der grundlegenden Bedeutung von Kunst und Kultur für den Zusammenhalt einer Stadtgesellschaft bewusst zu sein und bereits jetzt zu handeln. Die Förderung und die Existenzsicherung von Kunst und Kultur ist – politisch gesehen – eine „freiwillige Leistung“ der Kommunen. Doch die Coronakrise verdeutlicht, dass Kunst und Kultur gerade in Krisenzeiten ihre gesellschaftliche Relevanz einmal mehr unter Beweis stellt.

Das Wuppertal Institut bringt dies in seinem Papier zu resilienten Post-Corona-Städten, das bereits im April 2020 unter seinem damaligen Präsidenten Uwe Schneidewind veröffentlicht wurde, auf den Punkt: „[…] Kreative Potentiale sind daher essentiell für die Krisenfestigkeit von Städten und Gesellschaften insgesamt. Umso einschneidender ist die Tatsache, dass gerade der freischaffende Kultursektor von den ökonomischen Folgen der Corona-Bewältigung so massiv betroffen ist. Hier gilt es nach der Krise auf Strukturen und Förderformen zu achten, die eine lebendige und vielfältige Kulturszene in den Städten wieder ermöglichen und stärken.“ 6 Das Förderbudget des Kulturbüros der Stadt Wuppertal für die Freie Szene konnte im Doppelhaushalt 2020/2021 im Bereich der Institutionellen Förderung von 31% auf 39% (342.500,- €) der Gesamtfördersumme und im Bereich der Projektförderung von 8% auf 11% (95.305,- €) erhöht werden, dort jedoch wieder mit einer 20%-igen Corona bedingten Kürzung. Diese Entwicklung ist deshalb besonders begrü-

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Das Swane-Café hat sich zum lebendigen Treffpunkt der Kulturen entwickelt.

Im vielfach mit Spielstättenprogrammpreisen ausgezeichneten ORT in der

Foto: privat

Luisenstraße sind Jazz und Improvisierte Musik zuhause. Foto: Karl- Heinz Krauskopf

Es ist also kein kommunaler Luxus, sich Kultur zu leisten, sondern eine Überlebensnotwendigkeit. Denn, wie bereits weltweit viele Städte und Forschungsvorhaben zeigen 7, sind Kunst und Kultur ein zentraler Faktor für und in urbanen Transformationsprozessen, denn dort werden relevante Themen wie Integration, Bildung, Toleranz, Teilhabe – kurzum soziale Verantwortung nicht nur verhandelt, sondern gelebt. Hier könnte Wuppertal seine Vorreiterrolle national und international ausbauen, indem die kulturellen Ressourcen in ihrer Gesamtheit als zentraler Faktor der Stadtentwicklung gestärkt werden. Neben den kommunalen Kultureinrichtungen kommt dabei den Akteurinnen und Akteuren und Kultureinrichtungen der Freien Szene eine besondere Rolle zu, da sie die kulturelle Teilhabe und damit Grundversorgung für alle Bevölkerungsschichten sichern. Sie gewährleisten spartenübergreifend und oft niederschwellig eine kulturelle Pluralität und wirken oft auch im Kleinen und unbemerkt

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im Sinne einer nachhaltigen urbanen Transformation. Angesichts dieser auch strategisch wichtigen Rolle der Freien Kunst- und Kulturszene für die Zukunft Wuppertals gilt es, sowohl in der aktuellen Coronakrise wie auch mit mittel- und langfristigen Perspektiven die Existenz und Weiterentwicklung der Freien Szene in ihrer Vielfalt, Offenheit, Unabhängigkeit und Heterogenität finanziell zu sichern, kulturpolitisch zu stärken und kooperativ zu unterstützen. Denn so „frei“, beständig und experimentell die Freie Kunst- und Kulturszene mit ihren Soloselbständigen und privatwirtschaftlichen Kultureinrichtungen in Wuppertal ist, so kontinuierlich und innovativ muss konsequenterweise auch die kommunale Kulturförderung als „freiwillige Leistung“ sein. Bettina Paust 1 Pahl, Marc-Oliver: Die querliegende Größe. In: Zimmermann, Olaf; Geißler, Theo (Hg.): Politik & Kultur. Dossier „Heimat & Nachhaltigkeit“, S. 15-16. 2 Beuys, Joseph: Aufruf zur Alternative. In: Frankf. Rundschau, 23.12.1978, Nr. 288, S II. 3 Paust, Bettina: Joseph Beuys Vision einer besseren Welt durch Kunst. In: Skrandies, Timo (Hg.): Kunst im Anthropozän. Erscheint 2021 im Snoek Verlag, Köln. 4 Schneidewind, Uwe: Die Große Transformation. Eine Einführung in die Kunst des gesellschaftlichen Wandels. Frankfurt a. Main 2018. 5 Schneidewind 2018, S. 23. 6 Schneidewind, Uwe; Baedeker, Caroline; Bierwirth, Anja; Caplan, Anne; Haake, Hans: „Näher“ – „Öffentlicher“ – „Agiler“. Eckpfeiler einer resilienten „Post-Corona-Stadt“; Diskussionspapier. Wuppertal 2020. https://wupperinst.org/fa/redaktion/downloads/publications/Post-Corona-Stadt.pdf (abgerufen am 22.10.2020). 7 Berger, Hilke Marit; Ziemer, Gesa (Hg.): Perspectives in Metropolitan Research. New Stakeholders of Urban Chance: A Question of Culture an Attitude?. Berlin 2017.

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ßenswert, hatte sich doch die Haushaltskonsolidierung Wuppertals der letzten Jahre besonders auf den Etat zur Förderung der Freien Szene mindernd ausgewirkt. Bei der Behebung der Auswirkungen der Coronakrise darf sich dies mit Verweis auf die oben zitierte Aussage zur Post-CoronaStadt nicht wiederholen – im Gegenteil. Es muss vielmehr im Bewusstsein des großen kulturellen Erbes Wuppertals und der enormen kulturellen Innovationskraft in der Stadt das Ziel sein, Kunst und Kultur als Identifikationsfaktor und Motor für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung im 21. Jahrhundert deutlicher wahrzunehmen und vielfach zu stärken.

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Kulturtipps für Kinder und Jugendliche LCB | Haus der Jugend Barmen Geschwister-Scholl-Platz 4-6 42275 Wuppertal Aktuelle Infos über www.hdj-online.de

Das Schnipselkino kommt in die Kita!

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Schnipselkino ist ein ganz besonderes Bilderbuchabenteuer Detailreiche und abgedeckte Bilderbuchseiten sind der Ausgangspunkt. Kleine Schnipsel bilden Gucklöcher, und schon geht es los: Welches Bild verbirgt sich hinter den kleinen Bildschnipseln? Wohin läuft die Maus? Wer schleicht in der Nacht über den Bauernhof? Die Neugierde ist geweckt. Erzählerinnen und Musiker lassen beim Schnipselkino eine fast filmische Erzählung des Bilderbuches entstehen. Flöten, Cello, Gitarre und eine Blechwanne werden zu Mausgetrappel, Hühnern, Werkzeugen und Fahrzeugen. Plötzlich befindet sich der Zuschauende mitten im Bilderbuch. Ein Abenteuer für Kinder und Erwachsene wartet darauf, erlebt zu werden! Damit Kinder in dieser Zeit trotzdem die schön inszenierten Bilderbücher mit Leinwand, Sprechern und Musikerinnen erleben können, kommt das Schnipselkino in die Kitas!

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Ab Februar/März geht es zum Wandern ab in die Berge mit Dr. Brumm, ein turbulentes Bilderbuchabenteuer von Daniel Napp für Kinder ab 4 Jahren. Dr. Brumm macht das, was er jeden Mittwoch macht – wandern gehen! Mit seinen Freunden Pottwal und Dachs marschiert er los. „Die Rucksäcke wiegen so viel, als hättest du Steine eingepackt“, jammert Dachs. „Eine vernünftige Ausrüstung ist das A und Oho“, sagt Dr. Brumm. Als erfahrener Wanderführer hat er nämlich an alles gedacht. Oder etwa nicht?

Wuppertaler Kinder- und Jugendtheater Theater im Berufskolleg, Bundesallee 222, 42103 Wuppertal Aktuelle Infos und Anmeldung über www.kinder-jugendtheater.de oder telefonisch unter 0202 89 91 54

Junior Uni Wuppertal Forscherplattform Bergisches Land Am Brögel 31, 42283 Wuppertal Kursprogramm, auch mit eigener Sparte „Kunst & Kultur“: www.junioruni-wuppertal.de

Kulturelle Jugendbildung Kursinformationen und Anmeldungen über www.jugend-kult.de oder unter 0202 563 2645 Ein buntes und interessantes Programm für Kinder und Jugendliche quer durch alle Stadtteile Wuppertals könnt ihr auf der Internetseite www.jugend-freizeit.de finden.

Für das Frühjahr ist die Wiederauflage des Stücks Mozart & Robinson und Der waghalsige Pfannkuchenplan geplant. 52

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Von der Heydt-Museum Turmhof 8, 42103 Wuppertal Angebote für Kinder und Familien Anmeldung für alle Angebote: Online: von-der-heydt-museum.de per E-Mail: vdh.kunstvermittlung@stadt.wuppertal.de Tel.: 0202 563-6630 oder 563-6900 Anmeldungen am Wochenende nur an der Museumskasse Aufgrund der aktuellen Situation bitte auf der Webseite über kurzfristige Änderungen informieren!

Kinderführungen im Museum Zweistündig mit Atelierarbeit, für Kinder ab fünf Jahren ohne Begleitung der Eltern. Kosten: 7 €/Kind Foto: Von der Heydt-Museum

Sonntag, 14. Februar, 15 bis 17 Uhr Kinderführung: Plastik Planet Vor hundert Jahren wurde in Haushalten sparsam gelebt und alles verwertet. Heute überschwemmt Plastikmüll nicht nur unsere Meere. Viele Künstlerinnen und Künstler verwandeln Müll jedoch in Kunstwerke. Wir upcyclen weggeworfene Plastikteile zu eigenen Kunstwerken.

Familiensonntage für Groß und Klein sonntags, 15 bis 17 Uhr Pro Kind können max. zwei erwachsene Begleiterinnen und Begleiter für den Familiensonntag angemeldet werden. Kosten: Erwachsene 10 €/Kinder 5 € Sonntag, 21. Februar, 15 bis 17 Uhr Familiensonntag: Mensch-Maschinen Menschen als „Arbeitsmaschinen“? Wir erforschen Kunstwerke und fertigen kleine Entwurfskizzen an. Im Atelier bauen wir aus Kartons eigene bunt bemalte „Mensch-Maschinen“.

Sonntag, 7. März, 15 bis 17 Uhr Kinderführung: Viele Pünktchen werden ein Ganzes Kennt ihr die Bilder des Künstlers Paul Signac, die aus vielen kleinen Farbpunkten zusammengesetzt sind? Wie beim Anschauen neue Farben entstehen, finden wir mit Farb-und Sehexperimenten heraus. Im Atelier gestalten wir aus Punkten ein leuchtendes Bild. Sonntag, 28. März, 15 bis 17 Uhr Kinderführung: Stillleben - von wegen leise! Exotische Früchte, Gemüse, Vasen, Krüge und sogar Tiere, bedeutungsvoll angeordnet, entdecken wir auf Stillleben im Museum. Im Atelier arrangieren wir eigene Stillleben und trainieren unser Sehen, um ein Gefühl für Farben und Formen zu bekommen. Foto: Von der Heydt-Museum

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Foto: Von der Heydt-Museum

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Ausschnitt aus dem Comic der Gewinnerin des Wettbewerbs 2020 zu „Der Liebestrank“: Asya Burgazli, 8. Klasse, Carl-Duisberg-Gymnasium

Samstag, 27. März, 11 bis 14 Uhr Was kreucht und fleucht am Meeresstrand? Wir suchen Gemälde mit Meerestieren und bauen ein kleines Strandterrarium aus bunten, bemalten Papieren, in dem die Tiere auf einfache Weise dreidimensional werden. Kosten 15 €/Kind inkl. Material

Kurt-Drees-Str. 4, 42283 Wuppertal Weitere Infos: www.wuppertaler-buehnen.de www.oper-wuppertal.de, www.schauspiel.wuppertal

Comic-Wettbewerb zu „La traviata“ Jugendliche im Alter von 12 bis 20 Jahren können alleine oder in der Gruppe, im Kunstunterricht oder als spannende Herausforderung in der Freizeit die Handlung der Oper „La traviata“ von Guiseppe Verdi als Comic gestalten und bis Freitag, den 19. März 2021, an die Oper Wuppertal senden. Der Siegercomic schafft es ins Programmheft und wird im Opernhaus und im Rathaus Barmen ausgestellt. Den Flyer zum Comic-Wettbewerb mit allen Details zur Teilnahme gibt es hier: oper-wuppertal.de/comic

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„Robin Hood“ Familienstück im Stream

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Annou Reiners als Prinzessin Robin von Locksley. Foto: Uwe Schinkel

Wenn die Familien nicht ins Theater kommen, kommt das Theater auf’s Sofa. Das Schauspiel Wuppertal zeigt sein Familienstück (ab 6 Jahren) an Weihnachten und im neuen Jahr im Stream. In „Robin Hood“ wird die Geschichte um den mittelalterlichen Helden aus einer ganz anderen Perspektive erzählt. Ein politischer Umsturz nötigt Prinzessin Robin von Locksley zur Flucht. Im Wald von Sherwood sucht sie nach ihrem legendären Namensvetter Robin Hood, der doch versprochen hat, dem Land zu helfen, wenn es in Not gerät. Die Szenen werden von epischer Musik – eigens für das Stück komponiert und vom Sinfonieorchester Wuppertal eingespielt – stimmungsvoll begleitet. Tickets und Termine: schauspiel-wuppertal.de/robinhood

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Stilio Uno

Osterferien-Workshop für Kinder ab 6 Jahren

Wuppertaler Bühnen

White Moons

Samstag, 27. Februar, 14 bis 17 Uhr Kreativer Familienkurs: Modellieren mit Ton Ran an den Ton! Nicht nur die Kinder, auch die Eltern krempeln die Ärmel hoch. Wir entdecken Skulpturen berühmter Künstlerinnen und Künstler und modellieren mit Ton eigene Skulpturen nach angefertigten Skizzen. Kosten: 50 € für eine Familie (max. 2 Erwachsene, 2 Kinder)

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Verlässliches in unsicheren Zeiten: Der Kilifü 2020/2021 lädt in Kinder- und Jugendbuchwelten eines ganzen Jahres ein

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Bei Nachfragen und Beratungswünschen sind alle eingeladen, die Buchhändlerinnen und Buchhändler bei Mackensen direkt anzusprechen.

Stilio Uno

White Moons

Herausfordernd war das letzte Jahr, geprägt von Covid-19, mit Homeschooling, Social Distancing, viel Zeit zu Hause und täglich neuen Regeln, die es zu beachten galt. Bilderbücher, Hörspiele, Sachbücher und Kinderromane standen Klein und Groß dabei zur Seite, wenn es galt, den Alltag zu meistern. Die vielen Kinder- und Jugendbuchverlage haben sich nun erneut ins Zeug gelegt und eine neue bunte Palette an Büchern präsentiert. Diese finden sich in dem handlichen und zugleich umfangreichen Almanach der Kinderliteratur, dem Kilifü. Mit 300 Buchvorstellungen ist er wie in den Vorjahren auch in der Buchhandlung Mackensen am Laurentiusplatz erhältlich, die übrigens 2017, 2018 und 2019 mit dem deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet wurde. Als „Ideengeber, Nachschlagewerk, Geschenkefinder und Entscheidungshilfe“ regt der Kilifü dazu an, Spaß und Freude am Lesen und Hören von Geschichten zu wecken, die vielseitig sind wie das Leben.

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Die Illustratorin Inga Beitz-Svechtarov vor dem von ihr geschaffenen und auf 22,5 x 9,6 Meter vergrößerten Wimmelbild, das auf der Nordfassade der Citykirche Elberfeld angebracht wurde.

Dschungel in Elberfeld

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Die Evangelische CityKirche Elberfeld bringt den Urwald mitten in die Stadt. Wo eigentlich eine Baustelle ist, wird es plötzlich farbenfroh und lebendig.

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Die Nordseite der Alten reformierten Kirche am Kirchplatz wird in den kommenden zehn Monaten aufwändig restauriert, die Außenfassade mit Mauerwerk, Fugen und Fenstern sind Auslöser der Sanierung. Nach jahrelangen Planungen wurde die Baustelle nun eingerichtet. Dazu feierte aber eine besondere Kunstaktion ihre Eröffnung: „Es gibt viel zu entdecken“, verrät Pfarrerin Tuulia Telle-Steuber, die das Projekt im Team der CityKirche koordiniert. „Tiere, Pflanzen und Geschichten. Das Dschungel-Wimmelbild lädt Kinder und Erwachsene ein, zu verweilen und genau hinzusehen.“

Die Bauarbeiten, die auch einige Einschränkungen mit sich bringen, haben bereits begonnen. Lärm und Staub lassen sich nicht vermeiden, auch nicht mit speziellen Planen am Baugerüst. Erhard Ufermann hatte zuvor die besondere Idee, gestalterisch mit dieser Situation umzugehen und einen attraktiven Ort zu schaffen, an dem Klein und Groß Freude haben: „Die eigentlich abschreckende Baustelle wird zur charmanten Irritation für Passanten der Elberfelder Innenstadt und Cafébesucherinnen des WeltCafés.“ Seit Mitte November hängt also ein riesiges DschungelWimmelbild (ca. 22 mal 10 Meter) außen an der Nordfassade der Kirche. Die Künstlerin Inga Beitz-Svechtarov aus Bad Münstereifel hat das Originalbild als Aquarell auf 120 mal 52 Zentimeter gemalt, das auch im WeltCafé ausgestellt wird. Dieses Kunstwerks nahm sich der Wuppertaler

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Fotograf Dr. Karl-Heinz Krauskopf in einer aufwändigen Reproduktion mit 35 hochauflösenden Einzelfotos an, um eine Druckvorlage für das XXL-Wimmelbild zu erstellen. Das Ergebnis begeisterte alle Beteiligten und Umherstehenden schon während der Aufhängung. Inmitten von Häusern, Asphalt und Lärm finden sich die Wuppertalerinnen und Wuppertaler so überraschend im Dschungel wieder. Und bei manchen Tieren darf man sich fragen, wie sie dort wohl hingekommen sein mögen.

Ein Kunstprojekt als Anstoß für weitere Aktionen „Der Baulärm hinter dem Bild erinnert auch daran, wie gefährdet der Urwald heute durch Menschen ist“, erzählt Telle-Steuber. Oder genau andersherum gedacht: „Im Dschungel ist viel Platz für die verschiedensten Tiere. Und auch in unserer Gesellschaft sollte Platz sein für alle möglichen, bunten Menschen verschiedener Herkunft. Das Wimmelbild ist unübersichtlich – wie unser Leben.

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Wie komme ich da durch? Wie finde ich Orientierung?“ Dazu sind rund um das Dschungelmotiv zahlreiche Aktionen als Begleitprogramm geplant, sobald es die Situation wieder zulässt: ein Preisausschreiben mit Quiz, thematische Veranstaltungen, eine Gottesdienstreihe. Dabei sollen die CityKirche Elberfeld und das WeltCafé auch während der Restaurierungsarbeiten an der Kirche wie gewohnt geöffnet sein. Die Termine rund um das Projekt werden auf der Homepage des Evangelischen Kirchenkreises Wuppertal veröffentlicht unter www.evtal.de/dschungel. Tim Polick Alle Fotos: Karl-Heinz Krauskopf Pfarrerin Tuulia Telle-Steuber CityKirche Elberfeld, Kirchplatz 2, 42103 Wuppertal Tuulia.Telle-Steuber@ekir.de

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Dschungel-Wimmelbild – Das Original hängt im Weltcafé der CityKirche. Illustration: Inga Beitz-Svechtarov

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Zukunftsküche

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Kunst und (Nachhaltigkeits-)Wissenschaft begegnen sich

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Lange stand das italienische Restaurant im Gebäude des Wuppertal Instituts am Döppersberg leer. Im September 2020 wurde es zu neuem Leben erweckt, als seitlich des Institut-Haupteingangs eine Leiter an der Wand lehnte. Vorbeigehende wurden langsamer, blieben sogar stehen und schauten neugierig hoch auf den neuen Schriftzug: Zukunftsküche – gemeinsam erkunden, betrachten, gestalten. Was soll das bedeuten und wie kann das gehen? Zu Beginn haben wir – Anne Karrenbrock und Annika Greven, Wissenschaftlerinnen am Wuppertal

Institut – uns genau das auch gefragt. Heute können wir berichten und blicken zurück, was in den letzten Monaten in der Zukunftsküche bei uns im Wuppertal Institut geschehen ist. So viel vorab: Der Schriftzug ist ein Hinweis auf vielseitige Dialoge zwischen Kunst und transformativer Forschung. Auf den Weg gebracht haben das Projekt der Künstler und Organisationsentwickler Daniel Hoernemann und die Dramaturgin Uta Atzpodien, die zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Wuppertal Instituts sowie weiteren Kunstschaffenden aus der Region in der Zukunftsküche Synergien diskutiert und zu gestaltende Freiräume ausgelotet haben.

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Blick auf die sich stetig verändernde Iris der Installation von Gregor Eisenmann, die im September im rechten Fenster der Zukunftsküche zu sehen war. Foto: Anne Karrenbrock

Wuppertal Institut-Mitarbeiterin Annika Rehm blickt auf die Iris.

Die Zukunftsküche ist nicht das erste Projekt am Wuppertal Institut, welches in der Schnittmenge von Kunst und Wissenschaft neue Dialoge erzeugt. „die beste Zeit“ hat den Werdegang verfolgt: 2016, noch vor unserer Zeit am Wuppertal Institut, zeigte der Film „Mensch:Utopia“ Porträts von Menschen der Stadt Wuppertal mit ihren Utopien. „Mensch:Utopia“ wurde zur Jubiläumsfeier des Instituts in der historischen Stadthalle großformatig vorgestellt und wanderte anschließend mit mehreren Präsentationen durch die Stadt (dbZ 3/2017). Im Oktober 2018 fanden die Bergischen Klimagespräche 2018 zum Thema „Kunst und Transformation“ mit Exkursionen durch Kunst- und Kulturorte der Stadt statt (dbZ 1/2019). Im Sommer 2018 erschien das Buch „Die Große Transformation – Eine Einführung in die Kunst gesellschaftlichen Wandels“ von Prof. Dr. Uwe Schneidewind, ehemaliger Präsident des Wuppertal Instituts und inzwischen Oberbürgermeister der Stadt

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Inspiriert von diesen vielen Aktivitäten entstanden Anfang 2020 erste Konzeptionsgespräche zwischen Kunst und Wissenschaft und Ideen, wie das leer stehende Ladenlokal zukünftig als Ort, als Brücke zwischen Kunst, Kultur, Wissenschaft und Stadtgesellschaft genutzt werden könne. Daniel Hoernemann und Uta Atzpodien initiierten also mit unserer Unterstützung das Projekt „Zukunftsküche”, das durch die Vereinigung der Freunde des Wuppertal Instituts e. V. finanziert wurde. Allerdings traf die COVID-19 Pandemie auch unser Projekt, und wir standen vor der Herausforderung, wie Dialoge in Zeiten einer Pandemie stattfinden können. Wir passten unser Konzept an und koppelten digitale und physische Austauschformate, um auch Institutsmitarbeitende aus dem Homeoffice zu beteiligen. Leicht verspätet erfolgte die Umsetzung im September 2020, und es fanden erste interne Dialoge zwischen Kunst und Wissenschaft statt, die gemeinsam kreative Spuren in den verwaisten Gastronomie-Räumen hinterließen.

In der Zukunftsküche erzählt Atzpodien Besucherinnen und Besuchern: „Es gibt hier viele Wände, Winkel, alte verwaiste Gerätschaften, auch etwas Fett hier und dort und den noch eingestellten Gastro-Radiosender am Küchenradio. Viel Platz, um sich inmitten all der Disziplinen zu begegnen und sich auszuprobieren.“ Matthias Wanner, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich Innovationslabore in der Abteilung Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren am Wuppertal Institut, ergänzt: „Ein vielschichtiger Möglichkeitsraum für das Zusammentreffen der beiden bisher – leider viel zu selten – miteinander arbeitenden ,Lager’. Hier findet Inspiration statt!“. Mit der Zukunftsküche soll ein Raum entstehen, in dem Zukunft gemeinsam ausprobiert werden kann. Die Themen, die dabei vertieft werden, knüpfen an Fragen nach der „Großen Transformation“ an: Wie kann dieser Raum gemeinsam 59

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Foto: Uta Atzpodien

Wuppertal, welches er im Herbst 2018 in der Oper vorstellte. Hier reifte auch die Idee für den Ämtertausch des Opernintendanten Berthold Schneider und des damaligen Präsidenten des Instituts (dbZ 4/2019). Im Jahr 2019 fanden wiederholt die Bergischen Klimagespräche zum Thema „Bewegen. Zukunftskunst und nachhaltige Mobilität“ statt (dbZ 1/2020). Dieses Jahr präsentierte das Projekt „Zukunftslabor Kunst & Stadt“ – eine Kooperation von )) freies netzwerk )) KULTUR und dem Wuppertal Institut – eine Karte, die Wuppertaler Orte hinsichtlich ihrer Impulse für Kunst, Stadtentwicklung und Nachhaltigkeit für ein enkeltaugliches Wuppertal untersucht.

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Wuppertal Institut-Mitarbeitende Ansgar Taubitz und Franca Kruppa erkunden die Zukunftsküche. Fotos 1, 2: Anne Karrenbrock

mit der Öffentlichkeit gestaltet und genutzt werden? Wie können sich Menschen diesen Ort aneignen und auf Augenhöhe bespielen, gebrauchen, erfahren? Wie kann von hier aus eine Transformation – ein Wandel in Richtung nachhaltige Entwicklung, Zukunftsfähigkeit oder Enkeltauglichkeit – entstehen, die viele gemeinsam beginnen? Wie kann ein Ort geschaffen werden an dem nicht „nur“ gedacht und geforscht wird, sondern an dem auch zusammen gehandelt wird?

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Als im September 2020 die Teilnehmenden der „Sommerakademie für eine klimagerechte Kulturpolitik” der Kulturpolitischen Gesellschaft im Institut und in der Zukunftsküche zu Gast waren, erläutert Hoernemann: „Wir wollen zukunftsweisend ko-kreative Arbeits- und Reflexionsräume öffnen.“ – „Und auch den Ort als Freiraum und im Sinne von Joseph Beuys als Soziale Skulptur für eine pulsierende und zukunftsweisende Stadtentwicklung nutzen”, ergänzt Atzpodien. Anschließend waren auch Mitglieder des Internationalen Wissenschaftlichen Beirats, der die jährliche Forschungsplanung des Wuppertal Instituts beurteilt, zu Gast in der Zukunftsküche und hinterließen ebenso Spuren und Zeichen. Genauso wie die vielen analogen und digitalen Gespräche der Künstlerinnen und Künstlern sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im ehemaligen Restaurant: auf Schildern, mit Kreide auf dem Grill, direkt an der Wand, um Gedanken festzuhalten.

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Der Künstler und Organisationsentwickler Daniel Hoernemann am Werk. Fotos 3, 4: Uta Atzpodien

Immer wieder taucht in verschiedenen Variationen die Frage „Was ist möglich?“ auf. So zeigt sich, was die „Besetzerinnen und Besetzer“ der Küche umtrieb und macht ihren Weg nachvollziehbar für die Nachfolgenden. Auf großen weißen Würfel finden sich zum Beispiel konkrete Ideen und Wünsche zur Umnutzung des Restaurants. Ein Raum für Yoga, für Essen und Verweilen oder ein Fahrradverleih soll hier doch bitte entstehen. Überall finden sich Botschaften, kleine Kunstwerke, eine Speisekarte mit dem immer gleichen Gericht: „eine wissenschaftliche Studie“. Ferner Gedankenfetzen, ganze Wissenschaftsberichte, Fragen und Aufforderungen. Was ist möglich? [sic], Die Gesellschaft ist die Expertin, Inhalt + Prozess + Raum, Regenwurmarbeit, um ein paar Beispiele zu nennen. Kreide

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Türflügel, gestaltet von der bildenden Künstlerin Anke Büttner Foto: Anne Karrenbrock

auf den Rippen des Grills beschreibt die Abhängigkeit des h-Index (eine Kennzahl zur Abbildung der Wahrnehmung einer Wissenschaftlerin, eines Wissenschaftlers, hier mit „hä-index“ erklärt) mit der Häufigkeit der Besuche am beliebtesten Treffpunkt im Institut, der Kaffeemaschine.

Was wird zukünftig in der Zukunftsküche gekocht und wie geht es weiter? Wir sind noch mitten im Prozess. Für eine Zukunftsküche für morgen gilt es nun, gemeinsam weiter auszuloten, wie Kunstschaffende und Forschende sowie Bürgerinnen und Bürger der Stadt zukünftig gemeinsam Zukunft gestalten können und welche Rolle die Räumlichkeiten der Zukunftsküche spielen können. Neben weiteren Beteiligungsmöglichkeiten für Kunstschaffende der Region wäre beispielsweise auch ein EscapeRoom mit Themen wie Klimakrise und Transformation möglich. Ebenso steht die Idee im Raum, eine Mittagstafel, bei der Mitarbeitende aus der Wissenschaft und Kunstschaffende mit Menschen aus der Stadt gesund und lecker speisen und ins Gespräch kommen können, einzurichten. Oder all das, was sonst noch denkbar ist. Ideen und Anregungen sind willkommen. Annika Greven und Anne Karrenbrock

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Aktuelle Installation „Don‘t be afraid“ von dem Choreographen und bildenden Künstler Mark Sieczkarek.

Wuppertal Institut-Mitarbeiterinnen Anne Karrenbrock, Annika Greven und Franziska Stelzer. Fotos 2-4: Uta Atzpodien

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Ebenso schlossen sich weitere Kunstschaffende an und setzten auch nach außen sichtbare anregende und inspirierende Zeichen. So hinterließ die Malerin Anke Büttner auf den Glastüren des Eingangsbereichs eine ihrer typischen Darstellungen – eine beschwingte Figur und eine Silhouette. Der Wuppertaler Lichtkünstler Gregor Eisenmann eignete sich einen von außen einsehbaren Raum an. Vorbeigehende wurden aufgefordert, einen Blick in das große Auge zu werfen. Im kunstvoll arrangierten Schaufenster lassen sich vielschichtig Licht, Farben und Begriffe entdecken. Im winterlichen, zweiten Lockdown sind die Türen geschlossen, doch dank der Unterstützung des Kulturbüros Wuppertal leuchtet die Zukunftsküche für die Winterphase 2020/2021 weiterhin nach außen. Der Choreograf und bildende Künstler Mark Sieczkarek, ehemals Tänzer beim Tanztheater Pina Bausch Wuppertal, gestaltete eines der Fenster. Atzpodien und Hoernemann arrangierten von außen sichtbare Lichtspiele, die aus dem Treffen von Wissenschaft und Kunst entstanden.

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Kernteam: Dr. Uta Atzpodien (Dramaturgin), Jens Oliver Robbers (Graphiker), Matthias Wanner (Psychologe, Mitarbeiter Wuppertal Institut) und Christian Koch (Kulturmanager, nicht abgebildet). Foto: Ralf Silberkuhl

Wie kann eine Karte Kompass für Transformationspotenziale sein? Indem sie beispielhaft dreizehn von vielen weiteren spannenden Kunst- und Kulturorten der Stadt beleuchtet, die sich über die gesamte Ost-West-Achse ziehen: die Färberei, Mobile Oase Oberbarmen, BOB Campus, Oper, Junior Uni, die börse, Café ADA/ INSEL e.V., Alte Feuerwache, Utopiastadt, Kulturkindergarten, LOCH, Café Swane und die Kunststation Vohwinkel. Das „Zukunftslabor Kunst & Stadt“ selbst versteht sich als Experiment, ein Real-Labor im Feld von Kunst und Wissenschaft. Träger des Projekts ist der seit Jahren mit Veranstaltungen durch die Stadt wandernde Zusammenschluss )) freies netz werk )) KULTUR, das hier mit dem Wuppertal Institut zusammengearbeitet hat.

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Für die Karte trugen alle Beteiligten Informationen zu den Orten und ihren Transformationspotenzialen zusammen, unterstützt von der Kunststiftung, der Jackstädt-Stiftung und dem Kulturbüro. Das Ganze lief über Recherchen, Workshops und konkret im Frühjahr des ersten Lockdowns auf Stew.one gestreamte digitale Gespräche.

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Dabei ist es zu spannenden Begegnungen gekommen: Oper trifft Kulturkindergarten (Opernintendant Berthold Schneider, Kulturkindergartenleiterin Astrid Ippig, Musiker Björn Krüger) oder Alte Feuerwache trifft Junior Uni (Pädagogische Leiterin Jana-Sophia Ihle und Geschäftsführerin der Junior Uni Ariane Staab). Fragen waren zum Beispiel: Wie können Opernprofis den Kindergarten an der Nordbahntrasse klanglich inspirieren? Oder Kinder auch zukünftig die Oper genießen? Wie befruchten sich die Alte Feuerwache, die sich seit Jahren engagiert, um Kinderarmut zu überwinden, und die Junior Uni mit ihrer experimentellen Lehrpraxis in Naturwissenschaften und anderen Disziplinen? 62

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Ein übermorgenrotes Wuppertal

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Die auffaltbare Stadtkarte des „Zukunftslabor Kunst & Stadt“ zeigt pulsierende Kunst- und Kulturorte

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Jens Oliver Robbers stellt die Karte „Zukunftslabor Kunst & Stadt“ im Zirkuszelt von Utopiastadt vor. Die Päsentation war Auftakt der „Sommerakademie für eine klimagerechte Kulturpolitik“ von der Kulturpolitischen Gesellschaft, die im September 2020 durch verschiedene Orte in Wuppertal gewandert ist. Foto: Ralf Silberkuhl

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Stille. Den Topf erhitzt ein Kerzenständer, der an eine Erdkugel erinnert. Neben ihm ist zu lesen: „Auf kleiner Flamme bei 37,1 C° köcheln lassen“.

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Einer der lebendigen Kulturorte Wuppertals ist das Café Swane, mitten im Elberfelder Luisenviertel. In einem Ambiente von bunten, aus Öltonnen hergestellten UpcyclingMöbeln aus Afrika finden hier seit Jahren vielseitige und kreative Projekte zur kulturellen Verständigung statt. Gegründet hat den Ort Selly Wane, deren Arbeit ihr Heimatland Senegal ebenso prägt wie die hiesige kulturelle Vielfalt, die Wuppertal als Stadt ausmacht. Auf der Zukunftslabor-Karte ist die Architektur des Ortes siebdruckartig zu erkennen. In feinen weißen Linien auf Rottönen ist ein Kochtopf zu sehen, aus dem Blasen aufsteigen, beschriftet mit: Begegnung, Perspektive, Hoffnung, Möbel,

Eine merkwürdig anmutende Gebrauchsanweisung? Oder eher Auslöser für eine spielerisch-detektivische Zeichensuche zu Zukunftsfragen? Die Rückseite der ZukunftslaborKarte klärt mit Texten zu jedem der 13 Orte auf und stellt die Geschichte, Eigenart und den Laborcharakter des jeweiligen Ortes vor. So ist „Cooking Hope“ ein Lernrestaurant im Café Swane, das mit Praxis- und Theorieteilen, Gründungs- und Bewerbungsseminaren konkrete berufliche Perspektiven für geflüchtete Menschen bietet. „Encourage one another and build another up“, lautet das Motto im Swane. Den Wärmegrad bestimmt die menschliche Temperatur, eben 37,1 C°. Das „Zukunftslabor Kunst & Stadt“ hat seinen Blick auf Phänomene und Experimente gerichtet, die auch der nachwachsenden Generation zugutekommen können und damit „enkeltauglich“ sind. Selly Wane begeistert die Karte: „So kann ich sehen, was es gibt, und verstehen, was Kunst- und Kulturschaffende in der Stadt machen.“

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Details der Karte „Zukunftslabor Kunst & Stadt“, die – mit Dank – in der Junior Uni aufgenommen wurden, oben: Färberei, Mobile Oase Oberbarmen, Oper, die börse,

Die Zukunft zeigt sich im Jetzt, in den schon gelebten Utopien: Die Karte des „Zukunftslabor Kunst & Stadt“ destilliert die markanten Transformationspotenziale der beispielhaften Kunst- und Kulturorte. Hier entstehen spannende Geschichten, Kunst- und Kulturpraktiken und Dynamiken als Nährboden für eine nachhaltige Stadtentwicklung. So sammelt die „Mobile Oase Oberbarmen“ mit ihren künstlerischen Interventionen im städtischen Raum „Angst“ in Marmeladengläsern ein; die Kunststation ist wie ein Ufo mitten im Verkehrsknoten Bahnhof Vohwinkel gelandet; die Oper ragt wie ein riesiges Ohr mitten in die Stadt hinein. Spannend bleibt, was sich aus all den überschäumenden Impulsen entwickeln kann, seien es Kunstwerke, Netzwerke, weitere Kooperationen, konkrete künstlerische Aktionen oder schlicht menschlich bewegende Begegnungen. Aufgrund des Lockdowns und der Maßnahmen angesichts der COVID19-Pandemie ist es im letzten Jahr ruhig um die Kunstorte geworden. Die Karte bringt sie samt der involvierten Akteurinnen und Akteure in Erinnerung. Sie alle brauchen im bald beginnenden Jahr 2021 Unterstützung,

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damit ihnen ein Neustart gelingt. Die Karte macht gleichzeitig deutlich, dass die Stadtgesellschaft genau diese Orte für den eigenen Neubeginn braucht. Denn die CoronaKrise ist wie ein Brennglas: Der Gesellschaft zeigt sie, wie elementar zukunftsfähiges Handeln ist. In dem Sinne ist die Karte eine Botschafterin oder Brückenbauerin: Sie will Neugier wecken, dazu anregen, die Stadt zu erkunden, sich inspirieren zu lassen und sie mitzugestalten. Die Karte ist ein Plädoyer für Kunst und Kultur: Sie stellen Fragen, reflektieren, liefern Gesellschaftsentwürfe. Sie helfen, Selbstwirksamkeit, Solidarität, Diversität, Interkulturalität und zukünftig sicher auch noch mehr ökologische Nachhaltigkeit zu entdecken und mit Leben zu füllen. Sobald die Kunst- und Kulturorte wieder öffnen, sind hier die analogen Karten zum Auffalten und An-die-Wand-Hängen erhältlich. Auf der Website von )) freies netz werk )) KULTUR sind Details der Zukunftslabor-Karte jetzt schon zu sehen. Feedback und Anregungen dazu sind herzlich willkommen: zukunftslabor@fnwk.de Uta Atzpodien und Matthias Wanner 65

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Junior Uni; unten: Alte Feuerwache, Café ADA / INSEL e.V., Utopiastadt, LOCH, Kulturkindergarten; ganz unten: Café Swane. Fotos: Ralf Silberkuhl

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Orhan Pamuk, Orange, englisch, 192 Seiten mit

Martin Gayford: Britische Kunst,

350 Farbabbildungen,

448 Seiten mit 113 Abbildungen,

Leinen, gebunden, 25 x 17,5 cm,

Broschur, 26 x 18,5 cm,

Steidl, 34,- €

Piet Meyer Verlag, 35,- €

Neue Kunstbücher vorgestellt von Thomas Hirsch

Über das Leben in der Kunst

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Es gibt verschiedene Ansätze, sich einem künstlerischen Werk zu nähern. Einer ist das Leben selbst, das mit der Biografie und der räumlichen Umgebung des Künstlers oder der Künstlerin ohnehin in die Arbeit einfließt. Ja, das Werk vermag seinerseits eine Annäherung an das – private, allgemeine – Leben selbst zu sein mit der Absicht, das Vorübergehende, kaum Begreifliche für sich ein Stück begreiflich und sichtbar zu machen.

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Das trifft auf Orhan Pamuk (geb. 1952) zu, den großen türkischen Schriftsteller, der mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde. Zentraler Bezugspunkt ist Istanbul – Pamuks Heimatstadt, in der er auch lebt – mit seiner Urbanität, seinem Fluss und den Menschen. In seiner Jugend und noch als junger Erwachsener wollte Pamuk Maler werden; die Fotokamera, die ihm zunächst dazu diente, die Sujets für die Malerei zu fokussieren, hat er seitdem nicht mehr aus der Hand gelegt. 2018 ist im Göttinger Steidl Verlag ein Buch mit den Fotografien von seinem Balkon entstanden: immer vom selben Standort und oft in den Himmel auf die Möwen gerichtet, wobei die Aufnahmen in ein helles verwaschenes Blau-Grau gehüllt sind. Nun stellt Steidl ein weiteres Projekt vor, das erneut in Istanbul spielt und von einem Farbton begleitet wird: „Orange“. „Orange“ setzt weit in der Vergangenheit ein, wie weit, wird leider nicht mitgeteilt. Pamuk fotografiert hier Istanbul bei Nacht, erleuchtet von Lampen, Laternen. Dieses Licht hat sich in Istanbul, durch Technik und Effizienz bedingt, im Laufe von Jahrzehnten von Orange zu einem kalten, sterilen Weiß gewandelt und wird damit zu einem Zeugnis

für den Wandel der Metropole. Pamuk fotografiert in den Vororten und den kleinen Gassen. Er richtet die Kamera auf die Straßen, deren Kopfsteinpflaster regennass ist oder im matschigen Schnee versinkt. Die kleinen Läden haben noch geöffnet, Kinder spielen draußen. Allmählich sieht man genauer hin und erkennt, wie das Licht auf die Wahrnehmung der Menschen, Häuser, Dinge wirkt und die Atmosphäre zwischen wohnlich und abstoßender Kälte beeinflusst. Wären es weniger Abbildungen, so hätte Orhan Pamuk hier eine Geschichte des Lichtes bei Dunkelheit geschrieben, so aber geht es um persönliche Impressionen von einer unaufhörlich pulsierenden Weltstadt im Wandel: eine Schule des Sehens, Ausdruck einer Liebe. Andere Zeit, anderer Ort. Martin Gayfords „Britische Kunst“ dreht sich ganz um London und um die Künstlerinnen und Künstler, die in den Jahren von 1945 bis 1970 und danach hier tätig waren und mit ihren Werken die „London School“ geprägt haben. Gayford, der mit den Protagonistinnen und Protagonisten seines Buches über Jahrzehnte gesprochen hat, folgt den Spuren, Unternehmungen, Vorgehensweisen der allesamt weltberühmten Künstlerinnen und Künstler: Aus einer solchen Nähe wurden Frank Auerbach, Francis Bacon, Lucian Freud oder auch Howard Hodgkin selten analysiert. Schade, dass manches im Anekdotischen und Internen für Außenstehende wenig ergiebig bleibt und das Buch, vielleicht zwangsläufig, zwischen den Kunstschaffenden hin und her springt. Aber das Milieu wird greifbar, durch etliche Originalzitate fundiert, und Gayford vermittelt die Kunst dahinter einleuchtend.

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Jacob Lawrence, Blake Gopnik: Warhol.

Lines of Influence, englisch,

Ein Leben als Kunst,

216 Seiten mit 120 überwiegend

1228 Seiten mit 63 überwiegend

farbigen Abbildungen, Leinen,

dokumentarischen Abbildungen,

gebunden mit Schutzumschlag,

gebunden mit Schutzumschlag,

30 x 24 cm,

23 x 15 cm, C. Bertelsmann, 48,- €

Scheidegger & Spiess, 58,- €

Von den vielen zum einen, auf der anderen Seite des Atlantiks, und zwar zur gleichen Zeit: Über Jahrzehnte hat Andy Warhol von New York aus die Kunstwelt in Atem gehalten. Seine Kunst, die Pop-Art, ist gegenständlich, figurativ, dabei schablonenhaft, plakativ, repetitiv und für jedermann eingängig wie die Werbung. Folglich wendet sich sein Werk, und mit ihm sein Leben, den Celebrities zu. Davon lässt sich die Monografie von Blake Gopnik (der wie Martin Gayford als ausgebildeter Kunsthistoriker als Journalist arbeitet) nicht beeindrucken. Sie ist faktenversessen, bleibt sachlich und stellt immer die Beziehung zur Kunst her, ohne Warhols Lebenswandel, seine allmähliche Anerkennung oder die Organisation seiner Factory zu vernachlässigen. Die Biografie liest sich wie ein Roman, ist dabei rasant und spannend, weil Gopnik alles und jedes befragt, nichts als gegeben hinnimmt, etwa den Umzug des Studios oder die Operation, in deren Folge Warhol gestorben ist. Zugleich erwacht New York zum Leben. Wir bewegen uns durch die Stadt, nehmen an den Ereignissen, dem öffent-lichen Geschehen teil. So unverzichtbar wie Gayfords Buch für die Londoner Szene künftig ist, so wenig kann man in Zukunft auf Gopniks monumentale Darlegung verzichten, wenn es um Warhol geht.

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So bekannt Andy Warhol hierzulande ist, so unbekannt ist Jacob Lawrence (1917-2000). In seiner narrativen Malerei, in der starkfarbige scherenschnittartige Flächen ineinander verschränkt sind, schildert er das Leben der Afroamerikanerinnen und -amerikaner in den Vereinigten Staaten, und zwar aus der Perspektive eines Afroamerikaners. Jacob Lawrence, der selbst die Chance hatte, Kunst zu studieren, von seiner Kunst zu leben und an Hochschulen zu lehren, hat in Bildzyklen gearbeitet. Er hält mit eindringlichen, klaren Bildern die Unterdrückung, den Rassismus und die alltägliche Diskriminierung zu seiner Zeit fest und porträtiert im Stil von Plakaten die Widerstandskämpferinnen und -kämpfer – allesamt Anliegen, welche die Kunst dieses bedeutenden Chronisten auch für die Gegenwart wichtig werden lassen. In den USA ist das Werk von Jacob Lawrence längst anerkannt, und es gibt eine Stiftung, die sich darum kümmert, dass er nicht in Vergessenheit gerät. Diese hat nun ein Buch über Lawrence herausgegeben. Dessen Manko: Viele Informationen werden vorausgesetzt, die Nicht-Insider schlicht nicht wissen. „Lines of Influence“, im renommierten Züricher Verlag Scheidegger & Spiess erschienen, ist aus einer Ausstellung im SCAD Museum of Art in Savannah zum 100. Geburtstag des Künstlers hervorgegangen und ist mehr Festschrift als Katalog zum Werk. Es stellt Lawrence mit älteren oder gleichaltrigen Künstlerinnen und Künstlern vor, mit denen er im künstlerischen Austausch stand, die ihn mitunter beeinflusst haben oder im stilistischen Denken verwandt sind, und zeigt im zweiten Teil Werke von jüngeren Kunstschaffenden, auf die Jacob Lawrence wiederum Einfluss hatte. Die Gemälde von Lawrence treten demgegenüber in den Hintergrund; immerhin kommt er in Interviews und Texten von Freunden und Zeitzeuginnen – leider nur auf Englisch – selbst zu Wort. Ein interessanter Ansatz der Annäherung an Leben und Werk also, dem unser spärliches Wissen aber im Weg steht. Trotzdem: toller Künstler, gutes Buch. 67

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Dazu tragen die zwar wenigen, aber pointiert auf Vergleiche hin angelegten Werkabbildungen bei. Wer in die Welt der genannten Künstler eintauchen und ihre Motive und ihre Malweise annähernd verstehen und einen Hauch vom „Swinging London“ mitnehmen möchte, der ist mit diesem Buch des exzellenten Piet Meyer Verlages bestens beraten. Freilich ist dies nur ein Kapitel der Kunst in London in den Nachkriegsjahrzehnten; eine andere, die immerhin erwähnt ist, beträfe die Bildhauer um Anthony Caro, die zeitweise als „Young Generation“ für Furore sorgten – das aber wäre eine andere Geschichte ...

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Kulturtipps und Kulturorte

Von der Heydt-Museum

Schauspielhaus Wuppertal Bundesallee 260, 42103 Wuppertal pinabausch.org

Historisches Zentrum Wuppertal

Geschwister Scholl Platz 4-6, 42275 Wuppertal-Barmen www.von-der-heydt-kunsthalle.de

Engelsstraße 10/18, 42283 Wuppertal friedrich-engels-haus.de

Kunstmuseum Solingen

GALERIEN

Wuppertaler Straße 160 42653 Solingen-Gräfrath kunstmuseum-solingen.de

Hengesbach Gallery Vogelsangstraße 20, 42109 Wuppertal hengesbach-gallery.com

Grölle pass:projects

KunstStation im Bahnhof Vohwinkel Bahnstraße 16, 42327 Wuppertal buergerbahnhof.com

galerie#23 Frohnstraße 3, 42555 Velbert-Lgb. galerie-23.de

Ins Blaue Kulturwerkstatt e.V. Verein für kulturelle Bewegung Siemensstraße 21, 42857 Remscheid www.ins-blaue.net

Galerie Wroblowski Alleestraße 83, 42853 Remscheid galerie-wroblowski.de

Galerie SK in den Güterhallen

Wuppertaler Str. 160, 42653 Solingen verfolgte-kuenste.de

Friedrich-Ebert-Straße 143e, 42117 Wuppertal

Alexander-Coppel-Str. 44 42651 Solingen solingerkuenstler.de

Haus Martfeld

passprojects.com

Kulturbahnhof Eller

Haus Martfeld 1, 58332 Schwelm schwelm.de

Museum Morsbroich Gustav-Heinemann-Straße 80, 51377 Leverkusen www.museum-morsbroich.de

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Fr.-Engels-Allee 174, 42285 Wuppertal wuba-galerie-brigittebaumann.de

Pina Bausch Foundation

Zentrum für verfolgte Künste im Kunstmuseum Solingen

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Skulpturenpark Waldfrieden

MUSEEN

Von der Heydt-Kunsthalle

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WUBA Galerie

Hirschstraße 12, 42285 Wuppertal skulpturenpark-waldfrieden.de

Turmhof 8, 42103 Wuppertal www.von-der-heydt-museum.de

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ANDERE ORTE

Informieren Sie sich aufgrund der Situation rund um die COVID-19-Pandemie über den neuesten Stand der Dinge auf den Websites der Veranstalter. Hier finden Sie eine Auswahl:

Museum für Asiatische Kunst

RAUM 2

Neuer Kunstverein Wuppertal Hofaue 51, 42103 Wuppertal neuer-kunstverein-wuppertal.de

Friedrich + Ebert Fr.-Ebert-Str. 236, 42117 Wuppertal friedrich-ebert.de

Sieplenbusch 1, 42477 Radevormwald asianart-museum.de

Bergische Kunstgenossenschaft

Aquarius-Wassermuseum

Hofaue 55, 42103 Wuppertal bkg.wtal.de

Burgstr. 70, 45479 Mülheim an der Ruhr aquarius-wassermuseum.de

Burg Wissem Bilderbuchmuseum, Stadt Troisdorf Burgallee 1, 53840 Troisdorf troisdorf.de

DruckStock Ort für freie Grafik Fr.-Engels-Allee 173, 42285 Wuppertal druckstock-hagemeier.de

Vennhauser Allee 89, 40229 Düsseldorf kultur-bahnhof-eller.de

Galerie Peter Tedden Mutter-Ey-Straße 5, 40213 Düsseldorf galerie-tedden.de

BÜHNE/THEATER/MUSIK: Wuppertaler Bühnen Oper, Schauspiel und Sinfonieorchester Kurt-Drees-Straße 4, 42283 Wuppertal wuppertaler-buehnen.de

TalTonTHEATER Wiesenstraße 118, 42105 Wuppertal taltontheater.de

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Teo Otto Theater

Swane Design Café

Konrad-Adenauer-Straße 31-33 42853 Remscheid teo-otto-theater.de

Luisenstraße 102a, 42103 Wuppertal swane-faircycledesign.com

Theater Filidonia

Wiesenstraße 6, 42105 Wuppertal cafeada.de

Siemensstraße 21, 42857 Remscheid theater-filidonia.de.webnode.com

Theater Hagen Elberfelder Str. 65, 58095 Hagen theaterhagen.de

Historische Stadthalle Johannisberg 40, 42103 Wuppertal stadthalle.de

die börse Wolkenburg 100, 42119 Wuppertal dieboerse-wtal.de

Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal Genügsamkeitsstr., 42105 Wuppertal alte-synagoge-wuppertal.de

Bandfabrik Wuppertal Kultur am Rand e.V. Schwelmer Str. 133, 42389 Wuppertal bandfabrik-wuppertal.de

KuKuNa-Atelier Hünefeldstraße 52c . 42285 Wuppertal caritas.erzbistum-koeln.de Caritasverband Wuppertal/Solingen e. V.

Int. Begegnungszentrum

Kirchplatz 2, 42103 Wuppertal citykirche-elberfeld.de

BÜHNE/LITERATUR:

Kontakthof Genügsamkeitsstr. 11, 42105 Wuppertal kontakthof-wuppertal.de

Kulturzentrum Immanuel Sternstraße 73/Von-Eynern-Straße 42275 Wuppertal immanuelskirche.de

Schwebeklang Klangkosmos Weltmusik Internationale Musikkulturen in Wuppertal klangkosmos-nrw.de

Buchhandlung von Mackensen Friedrich-Ebert-Straße / Ecke Laurentiusstraße 12, 42103 Wuppertal mackensen.de

Glücksbuchladen Friedrichstraße 52, 42105 Wuppertal gluecksbuchladen.buchhandlung.de

KINO: Alte Feuerwache, Innenhof Gathe 6, 42107 Wuppertal talflimmern.de

Rex-Filmtheater Kipdorf 29, 42103 Wuppertal rexwuppertal.de 69

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im Mirker Bahnhof Mirker Straße 48, 42105 Wuppertal facebook.com/beimhutmacher

Hühnefeldstr. 52c, 42285 Wuppertal caritas.erzbistum-koeln.de

Ecke Ekkehardstraße/Plateniusstraße 42105 Wuppertal lochloch.sommerloch.info

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Café Hutmacher

CityKirche Elberfeld

Jazz Club im Loch

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Cafe ADA

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Donnerstag, 18. Februar 2021, 20 Uhr

„all female“

In memoriam Global village, Foto: privat

Bis auf Weiteres:

Mariá Portugal und Angelika Niescier Im ersten Konzert der neuen Reihe „all female“ im ORT sind zwei absolute Top-Musikerinnen im Duo zu erleben: Mariá Portugal, improviser in residence des mœrs festival 2020, ist als Schlagzeugerin, Komponistin,

Peter Kowald Gesellschaft/ ort e.V. Luisenstraße 116, 42103 Wuppertal Samstag, 30. Januar 2021, 20 Uhr

In Memoriam Global Village Ensemble Xu Fengxia (Ghuzeng), Gunda Gottschalk (Violine) und Peter Jacquemyn (Kontrabass) sind durch die Begegnung und die Zusammenarbeit mit Peter Kowald reich beerbt worden. Der Anfang vielfältiger Kooperationen wurde durch Kowalds „365 Tage am Ort“ 1994 gesetzt. Die Verständigung verschiedenster Musikkulturen durch das Zwiegespräch der Improvisation setzen Gottschalk, Xu und Jacquemyn auf ihre eigene Weise fort und betreiben es mit unwiderstehlicher Intensität.

Samstag, 6. Februar 2021, 20 Uhr Reihe „Neue Musik und Kam-

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mermusik im ORT“:

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Florence Millet, Klavierprofessorin an der Musikhochschule in Wuppertal, eröffnet die neue Reihe im ORT mit Kompositionen von Hans Abrahamsen, Daria Naminova, Elliott Carter, George Crumb, Evan Williams, Faidros Kavallaris, Claude Debussy und mit Beethovens Klaviersonate Nr. 23 in f-Moll op. 57. Die besser als „Appassionata“ bekannte Komposition gehört zu den bekanntesten Klavierwerken Beethovens und gilt als Inbegriff expressiver solistischer Virtuosität.

Mariá Portugal, Foto: Miriam Juschkat

Produzentin und Sängerin in der brasilianischen Musikszene seit zwanzig Jahren aktiv und trat international auf zahlreichen Festivals und Konzerten in ganz Südamerika, Europa, Asien und Ozeanien auf. Die Saxofonistin Angelika Niescier gilt als eine der aufregendsten Stimmen im deutschen Jazz – temperamentvoll und virtuos. Als Bandleaderin und Komponistin erhielt sie einige der renommiertesten Auszeichnungen wie den Albert-Mangelsdorff-Preis/ Deutschen Jazzpreis, den Echo Jazz, zweifach den Vierteljahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik und war 2008 die erste improviser in residence in Moers. Als international anerkannte Musikerin bereist sie unzählige Länder, und performt ihre Musik auf renommierten Festivals. Die gebürtige Polin studierte an der Folkwang Hochschule in Essenund lebt heute in Köln.

Cafe ADA Wiesenstraße 6, 42105 Wuppertal Freitag, 26. Februar 2021, 19.30 Uhr Literatur auf der Insel mit Philipp Weiss Eintritt: 12/8 € Gastgeber Torsten Krug und Uta Atzpodien „Am Weltenrand sitzen die Menschen und lachen“: 1000 Seiten, 5 Bände – ein Roman. Der Autor Philipp Weiss erzählt in seinem furiosen Debüt von der Verwandlung der Welt im Anthropozän, jener Epoche der Erdgeschichte, in welcher der Mensch zur zentralen gestaltenden Kraft geworden ist. Zwischen Frankreich und Japan, zwischen dem 19. und dem 21. Jahrhundert, in Form von Enzyklopädie, Erzählung, Notizheft, Audiotranskription und Comic entwirft dieser kühne Roman ein Panoptikum unserer fliehenden Wirklichkeit. Wie kommt man zurecht mit dem Unvorhersehbaren? Und was bringt die Zukunft des Menschen?

Philipp Weiss

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Literatur sei ansteckend, wird oft und viel zu emotional gesagt. Entscheidende Unterschiede zu Infektionen sind jedoch, dass sie keinen biologischen Bauplan in sich trägt und dass wir meist freiwillig auf sie zugreifen. Literatur folgt den Bedürfnissen des Geistes wie den Ereignissen der Welt und hilft in der Auseinandersetzung mit diesen. Das Heft Nr. 13 des KARUSSELL erscheint im Mai 2021 mit Essays, Prosa, Lyrik und Kunst aus dem ganzen deutschsprachigen Raum zum Thema KRIEG UND FRIEDEN sowie mit den Siegertexten des Essay-Wettbewerbs der börse zu Friedrich Engels. Broschur, 96 S., 12,–

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Gastbeiträge durch Autoren spiegeln nicht immer die Meinung des Verlages und

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der Herausgeber wider. Für den Inhalt dieser Beiträge zeichnen die jeweiligen

Redaktion: Willi Barczat, Rita Küster, Anne-Kathrin Reif

Autoren verantwortlich.

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Titelbild: Pina Bausch Zentrum under construction, Probe Robyn Orlin „… we

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encountered ourselves on a walk, bumped into a spirit, who reminded us to start again…“, Foto: Evangelos Rodoulis Erscheinungsweise: vierteljährlich, Erfüllungsort und Gerichtsstand: Wuppertal Trotz journalistischer Sorgfalt wird für Verzögerung, Irrtümer oder Unterlassungen keine Haftung übernommen. Texte und Fotos: Bildnachweise/Textquellen sind unter den Beiträgen vermerkt. Haftung oder Garantie für Richtigkeit, Aktualität, Schreibweise, Inhalt und Vollständigkeit der Informationen kann nicht übernommen werden. Kürzungen bzw. Textänderungen, sofern nicht sinnentstellend, liegen im Ermessen der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Beiträge kann keine Gewähr übernommen werden. Nachdruck - auch auszugsweise - von Beiträgen innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist nur mit der ausdrücklichen Genehmigung des Verlages.

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Das Kulturmagazin im Bergischen Land 01/2021 Januar-März

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Knospe, Spaten und Feines – für die kommende Gartensaison

Schloss Lüntenbeck 16. – 18. April 2021

Textilmarkt

Öffnungszeiten: 11 bis 18 Uhr Eintritt: 7 €, Kinder bis 14 Jahre frei Anfahrt und Parken: www.schloss-luentenbeck.de

21.06.20 08:38

Webausstellung „7 Places“ – Zentrum für verfolgte Künste in Solingen Gespräch Zum 30. Jubiläum der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft Erinnerung Hermann Schulz über den Wuppertaler Autor Karl Otto Mühl Festival Pina Bausch Zentrum under construction Einblicke Bettina Paust zum Potenzial der freien Kunstszene in Wuppertal Zukunft Kunst und (Nachhaltigkeits-)Wissenschaft begegnen sich 01/ 2 0 21 J a n u a r - M ä r z / 5. 8 0 € 21.12.20 22:51

Das Kulturmagazin im Bergischen Land 01/2021 Januar-März

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VON DER HEYDT- MUSEUM WUPPERTAL

Vision und Schrecken der Moderne

16.12.20 10:40

Choreographie Richard Siegal Bühne Anish Kapoor Kostüme Richard Siegal Musik Alva Noto Licht Matthias Singer Probenleitung Barbara Kaufmann

Choreographie Rainer Behr Bühne Michael Simon / Rainer Behr Kostüme Susanne Stehle Musikalisches Konzept Andreas Eisenschneider Licht Michael Simon Assistenz Annika Kompart

Mit Dean Biosca, Gabriel Brito, Maria Giovanna Delle Donne, Taylor Drury, Alexander Lopez Guerra, Nazareth Panadero, Azusa Seyama, Oleg Stepanov, Tsai-Wei Tien

Mit Emma Barrowman, Andrey Berezin, Jonathan Fredrickson, Nazareth Panadero, Julie Shanahan, Julie Anne Stanzak, Julian Stierle, Christopher Tandy, Stephanie Troyak, Tsai-Chin Yu

Vorverkaufsbeginn 22. Januar 2021 Tickethotline 0202 563 7666

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Kultur auf der Siegesstraße

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Schloss Lüntenbeck 2. bis 5. Juni 2011 www.larena-wuppertal.de „l‘aréna“, Siegesstraße 110, 42287 Wuppertal Tel.: 02 02 / 42 97 83 - 50/51/52, info@larena-wuppertal.de

Öffnungszeiten: 11 bis 18 Uhr Eintritt: 7 €, Kinder bis 14 Jahre frei Anfahrt und Parken: www.schloss-luentenbeck.de

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ISSN 18695205

Aussetzung der Veranstaltungen Infolge der effektiven Umsetzung der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19 Pandemie finden bis auf Weiteres keine Veranstaltungen in unserem Hause statt! Wir hoffen, dass Sie und Ihre Angehörigen gesund bleiben. Auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen in Ihrer laréna Eventlounge

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VON DER HEYDT- MUSEUM WUPPERTAL

Webausstellung „7 Places“ – Zentrum für verfolgte Künste in Solingen Gespräch Zum 30. Jubiläum der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft Erinnerung Hermann Schulz über den Wuppertaler Autor Karl Otto Mühl Festival Pina Bausch Zentrum under construction Einblicke Bettina Paust zum Potenzial der freien Kunstszene in Wuppertal Zukunft Kunst und (Nachhaltigkeits-)Wissenschaft begegnen sich 01/ 2 0 21 J a n u a r - M ä r z / 5. 8 0 € 21.12.20 22:51

Choreographie Richard Siegal Bühne Anish Kapoor Kostüme Richard Siegal Musik Alva Noto Licht Matthias Singer Probenleitung Barbara Kaufmann

Choreographie Rainer Behr Bühne Michael Simon / Rainer Behr Kostüme Susanne Stehle Musikalisches Konzept Andreas Eisenschneider Licht Michael Simon Assistenz Annika Kompart

Mit Dean Biosca, Gabriel Brito, Maria Giovanna Delle Donne, Taylor Drury, Alexander Lopez Guerra, Nazareth Panadero, Azusa Seyama, Oleg Stepanov, Tsai-Wei Tien

Mit Emma Barrowman, Andrey Berezin, Jonathan Fredrickson, Nazareth Panadero, Julie Shanahan, Julie Anne Stanzak, Julian Stierle, Christopher Tandy, Stephanie Troyak, Tsai-Chin Yu

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