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Wer seinen Partner stärkt, stärkt sich selbst (Frank Sportolari)

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von Frank Sportolari (Senior Advisor Transformation UPS Europe; Präsident der American Chamber of Commerce in Germany)

Derzeit stehen wir an einem Scheideweg in den transatlantischen Beziehungen. In den USA endeten die Präsidentenwahlen mit Joe Bidens Wiedereinzug ins Weiße Haus. In seiner Antrittsrede sprach er zwar davon, die USA könnten sich wieder zur führenden Kraft für das Gute in der Welt machen1 – von Wirtschaftsbeziehungen war dabei jedoch nicht die Rede. Auch wenn Biden sofort nach seinem Amtseintritt das Pariser Klimaabkommen und die WHO-Mitgliedschaft reaktiviert hat, bleibt offen, ob er sich auch für einen freien Welthandel einsetzen wird.

Traditionell gesehen sind die Demokraten eher gegen freien Handel – Trump bildet die Ausnahme auf republikanischer Seite. Es besteht also weiterhin die Gefahr des Protektionismus. Auch Biden möchte voraussichtlich Arbeitsplätze in die USA zurückholen, um die Arbeiterschicht und den Rust Belt, die wirtschaftsschwache alte Industrieregion zwischen New York und Illinois, zu stärken.

Vor allem Deutschland wurde unter Trumps Regierungszeit ein hohes Außenhandelsdefizit vorgeworfen. Das besteht noch immer, wobei die jüngsten Zahlen2 deutliche Fortschritte zeigen. Im Jahr 2019 stieg der Export in die USA im Vergleich zu 2017 um stolze sechs Prozent, der Import sogar um 15 Prozent. Zum Vergleich: Die gesamten deutschen Exporte nahmen zwischen 2017 und 2019 um 3,8 Prozent zu, die Importe um 7,1 Prozent.

Der deutsche Außenhandel mit den USA wächst überproportional – und das hat eine lange Tradition: Die Vereinigten Staaten zählen schon seit 1950, gemessen am Außenhandelsumsatz, zu den zehn wichtigsten Handelspartnern Deutschlands; seit 1993 sogar durchgehend zu den Top 5. Unabhängig davon, wie gerade in Washington über Berlin gesprochen wird – die Amerikaner und die US-Wirtschaft stehen den Deutschen sehr positiv gegenüber. Kein Wunder, denn: 45 Millionen US-Amerikaner führen ihre Herkunft auf Deutschland zurück.

Auch wenn die Demokraten traditionell eher gegen freien Handel sind, bietet sich mit Präsident Biden die Chance auf eine Richtungskorrektur und die Chance, das transatlantische Verhältnis besser zu gestalten. Auch, oder gerade, wenn es mal politischen Streit gibt, sollte die deutsche Politik aktiv die Wirtschaftsbeziehungen zu den USA pflegen. Deutschland und seine Kanzler sollten viel mehr Wirtschaftsreisen in die USA unternehmen, mit einer Delegation verschiedener Wirtschaftsvertreter.

Deutschland sollte dabei auch eine Vorreiterrolle für die EU einnehmen, das wird in anderen EU-Ländern auch so erwartet und bisher eher vermisst. Alle Probleme können gemeinsam, transatlantisch, besser gelöst werden. Und beide Seiten sollten nicht vergessen: Stärkt man seinen Partner, dann stärkt man auch sich selbst. Doch welche Maßnahmen müssen nun konkret ergriffen werden?

Es gilt die Chance auf eine intensivere Zusammenarbeit auf beiden Seiten des Atlantiks zu nutzen: Präsident Biden sollte rasch vertrauensbildende Maßnahmen ergreifen. Die Bundesregierung wiederum auf Washington zugehen und bei den globalen Herausforderungen eng mit dem Weißen Haus zusammenzuarbeiten. Die Kooperation eines deutschen Biotechnologie-Start-ups mit einem US-Pharmakonzern ist nur ein aktuelles Beispiel jahrzehntelanger gemeinsamer Erfolge, globale Herausforderungen zu meistern.

Darüber hinaus sollte die EU mit den USA wieder Verhandlungen aufnehmen für ein neues Freihandelsabkommen. So entstünde sowohl in Europa als auch den USA ein großes Potential auf Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum. Die EU und die neue US-Administration sollten sich entgegenkommen, etwa mit einer Verzichtserklärung zu neuen Zöllen und über die Aufhebung der Stahl- und Aluminiumzölle. Auch der Subventionsstreit im Flugzeugbau sollte am Verhandlungstisch gelöst werden.

Europa und Amerika stehen für Demokratie und Freiheit, für eine offene Gesellschaft, die auf dem Prinzip der Solidarität basiert, für Chancengleichheit und für das Recht auf das Streben nach Glück. Das sind die Werte des Westens. Aber das sind auch die Werte, ohne die es keine bessere und friedlichere Welt geben kann. Nur in Ländern, wo die Menschen vor staatlicher Willkür, Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen geschützt sind, gedeihen Wirtschaft und Handel.

Die heutigen Herausforderungen unserer Welt sind, neben der Pandemie und der Hinwendung zu mehr Nachhaltigkeit, die Digitalisierung und China. Es gibt viele wichtiger werdende, rasant wachsende Märkte, wie etwa Indien und die afrikanischen Staaten. Die nahe Zukunft wird stark geprägt sein von der Wahl zwischen zwei Systemen, Demokratie und Autoritarismus, Rechtsstaatlichkeit und Willkür. Wir sollten die Welt von morgen aktiv mitgestalten – gemeinsam mit den USA. Das bedeutet auch, die Verhandlungen zwischen der EU und den USA über das Transatlantische Freihandelsabkommen wieder aufzunehmen, die seit 2017 unter der Regierung Trumps pausieren. Ein Abbau von Zöllen und anderen Handelsbarrieren würde den wirtschaftlichen Austausch zwischen der EU und den USA deutlich erleichtern.

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