Wandern im UNESCO Welterbe
AUF DEM WASSERWEG Eggerberg | Wasser gäbe es im Gletscherkanton Wallis eigentlich genug, jedoch nicht überall. Um die kargen Südhänge zu bewässern, schufen die Walliser über Jahrhunderte hinweg kunstvolle Wasserwege, die Suonen. Diese Lebensnerven durchziehen heute auf 2’000 Kilometer das Land wie Adern und versorgen eine einzigartige Kulturlandschaft mit mineral- und nährstoffreichem Gletscherwasser. Wanderern bieten sie unvergessliche Erlebnisse.
UNESCO-Welterbe Swiss Alps Jungfrau-Aletsch Bahnhofstrasse 9a 3904 Naters +41 (0)27 924 52 76 jungfraualetsch.ch Suonenwanderung Eggerberg-Ausserberg Strecke: 12 km bergauf: + 506 hm bergab: - 337 hm myswissalps.ch/trail/490 Spot Tipp: Waghalsige wanden entlang der «Niwärch», mit 14 km die längste Suone im Baltschiedertal
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Die Oberwalliser leben eigentlich an der Quelle, denn der Grosse Aletschgletscher ist der grösste Wasserspeicher der Alpen. Würde man den Eisriesen abschmelzen, so könnte die gesamte Menschheit fünf Jahre täglich mit einem Liter Wasser versorgt werden. Doch das kostbare Gut ist ungleich verteilt. Die kargen Südhänge des Oberwallis zählen zu den niederschlagsärmsten und trockensten Gegenden der Schweiz. Um das Kulturland landwirtschaftlich nutzbar zu machen, wurden die Walliser erfinderisch. Aus Holz und Stein bauten sie ausgeklügelte Leiten, die Suonen, um das Wasser zu Dörfern, Äcker, Felder und Wiesen zu führen. Teils bis zu tausend Jahre alt werden die Konstruktionen bis heute in mühevoller und gefährlicher Handarbeit erhalten. Für Wanderer ist es ein besonderes Erlebnis, entlang dieser Trenn-
SpotMagazine l Frühling 2021
✎ Carina Scheuringer
striche der Walliser Landschaften zu wandeln. Faszinierend ist die biologische Vielfalt, die sich entlang der lebensspendenden Wasserrinnen entfaltet hat; atemberaubend sind auch die kühnen Konstruktionen als solche – so wie die Kombination aus «Chänil» (ausgehöhlter Baumstamm), «Chrapfa» (krumm gewachsener Baumstamm) und «Toggen» (Träger), die ohne Anker und Bindemittel das Wasser an senkrechten Felswänden vorbeiführen. Eindrückliche Beispiele stellen die Ausserberger Suonen «Gorperi» und «Undra» im Baltschiedertal dar. Sie führen geradewegs in das Herz des UNESCOWelterbes Swiss Alps Jungfrau-Aletsch. Etwa um 1640 erbaut, schöpft die «Gorperi» das Wasser auf 1’216 m ü. M. aus der Baltschiera und bewässert damit die Kulturlandschaft von Eggerberg und Eggen. Auf einer Strecke von 12 km windet sich der Wasserlauf und damit der Suonen-Wanderweg entlang waghalsiger Felsnasen und am Fusse senkrechter Felswände durch ein Eldorado aus schattigen Birken-, Erlen- und Eschenwälder und bietet wunderbare Ausblicke auf die Bergwelt. Unterwegs zeugt ein 15 m langer rekonstruierter «Holzkännel», in dem die Suone einst eine Felswand traversierte, vom Einfallsreichtum der Walliser. Über die «Gorperi» von Eggerberg ins Baltschiedertal gewandert, bietet sich die Strecke der talauswärtsführenden «Undra» als Rückweg mit Destinaton Ausserberg an. Der Hauptverlauf führt zumeist an Felswänden, über Geröllhalden und durch schattige Wälder nach Ausserberg. Im Dorf lohnt sich ein Abstecher in die Suonenbrauerei, wo exzellente Spezialbiere aus dem Wunderwasser gebraut werden.
Valais/Wallis Promotion - Pascal Gertschen, David Carlier und Marco Schnyder