Schlechten Bedingungen zum Trotz gut gelaunt. Bewohnerinnen des Viertels Uruguai in Salvador.
Allein gegen die Krankheit Rassismus und eine prekäre Infrastruktur verschärfen die Lage der Bewohner_innen des Viertels Uruguai in der brasilianischen Stadt Salvador. Der Staat hilft wenig – und das nicht erst seit der Covid-19-Krise. Von Christine Wollowski (Text) und Rafael Martins (Fotos) Luana da Conceição Souza hat ihren jüngsten Sohn mitten in der Pandemie auf einem öffentlichen Platz geboren. Die 23-Jährige lebt mit ihrer Mutter, ihren drei Geschwistern, ihrem Partner und ihren beiden Söhnen im Stadtviertel Uruguai in Salvador im Bundesstaat Bahia. Das Haus der Familie liegt am Ende einer langen schmalen Gasse, die auf beiden Seiten von Hausmauern begrenzt ist, an denen Wäscheleinen hängen. Für Fenster ist in dem engen Haus kein Platz, die schmale Eingangstür ist die einzige Lüftungsmöglichkeit.
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Die junge Mutter sitzt in dem winzigen Wohnzimmer auf einem Sofa, das kaum in den Raum hineinpasst. »Wir haben über Stunden versucht, ein Taxi zu bekommen, aber alle hatten Angst, nachts in unser Viertel zu kommen«, erinnert sie sich an die Geburt. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es in diesem Teil des Viertels nicht. Ihr Sohn Gaél Henrique erblickte schließlich auf einer Betonbank das Straßenlicht der Welt. Eine Polizistin beobachtete die Geburt von einem Polizeiposten aus und fuhr die Mutter und das Neugeborene im Streifenwagen ins Krankenhaus. Während Luana da Conceição Souza erzählt, kommen weitere Familienmitglieder nach Hause und verschwinden diskret hinter einem geblümten Vorhang, der den Wohnraum vom Bad und vom Schlafplatz trennt. Die Grundfläche des Hauses misst vielleicht 20 Quadratmeter. Es ist kaum vorstellbar, dass dort
AMNESTY JOURNAL | 04/2021