BIORAMA 68

Page 33

Bio r a m a 68

Ko nk u r r en z u m s Gr u n dwa sse r

33

Lebendiger Winkel Künstliche Eingriffe in den Wasserhaushalt des Neusiedler Sees werden politisch diskutiert. Kaum jemals geht es dabei um Grundwasserschutz.

D

Bild Istock.co m/bertl123

ie Absichtserklärungen zu künstlichen Eingriffen in den Wasserhaushalt des flächenmäßig größten Sees Österreichs werden konkreter und die Diskussionen dazu lauter. Die Prognosen für dessen – vorübergehende – Austrocknung sind nicht mehr neu, doch es könnte schneller gehen als gedacht. Der derzeit niedrige Wasserspiegel heizt die Debatten um den Bau von Zuleitungen umgebender Flüsse und Flussarme wieder an. Und doch ist der Wasserspiegel nur der sichtbare Teil weit größerer Entwicklungen. Alois Lang vom Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel engagiert sich für einen weit- und umsichtigeren Blick auf die Region.

BIORAMA: Der Neusiedler See und seine Lacken entstanden größtenteils am Ende der letzten Eiszeit und speisen sich vor allem aus Regenwasser. Welche Zeiträume sind denn für die Austrocknung nun natürlich? Alois Lang: Sehr weit will sich hier noch keineR der ExpertInnen aus dem Fenster lehnen und sagen: Dieses Detail ist nicht mehr »normal« im Sinne der periodischen Austrocknung und Wiederbefüllung. Die Lacken trocknen zwischen jedem Jahr und alle drei bis vier Jahre aus. Der See trocknet etwa alle 100 Jahre ohne menschliches Zutun für die Dauer von 1–5 Jahren aus. Die letzte Austrocknung liegt schon über 100 Jahre zurück. Dass wir nicht mehr so wie früher auch

Hochwasserstände mit Überschwemmungen haben werden, liegt nicht am Klimawandel, sondern am sogenannten Einserkanal, der im 19. Jahrhundert zur Vermeidung von Überflutungen angelegt wurde. Wenn wir jetzt eine Austrocknung erleben, ist das unabhängig von Klimawandelfolgen an sich völlig normal. Muss der Klimawandel hier für Probleme herhalten, für die er nicht verantwortlich ist? Im Naturraum Neusiedler See herrscht ein natürlicher Zyklus zwischen extrem trocken und extrem nass. Gleichzeitig hat auch der menschenversursachte Klimawandel Einfluss auf diesen Zyklus. Übrigens sagen die 2016 erstellten Klima­ szenarien für den Seewinkel alle – egal ob pessimistisch oder optimistisch – höhere Niederschlagsmengen für die Region voraus. Für die nähere Zukunft? Ja. Noch für dieses Jahrhundert. Und da würde man vielleicht meinen: Mehr Regen heißt auch, dass die Lacken langsamer austrocknen. Aber das stimmt eben nicht. Weil es nicht so sehr davon abhängt, wie viel es regnet, sondern wann im Jahr. Wie sieht die Zukunft der Lacken und des Sees derzeit aus? Niemand kann das genau vorhersagen, aber vor dem Hintergrund des Klimawandels sieht

Interview Irina Zelewitz

Der Schilfgürtel um den Neusiedlersee ist nach dem Donaudelta das größte zusammenhängende Schilfgebiet in Europa.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.