Brixner 365 - Juni 2020

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um, meine Gefühle und Gedanken in der Malerei auszudrücken.“ In den letzten Jahren hat er sich auf religiöse Themen fokussiert, die er natürlich gerne mal einem breiten Publikum vorstellen würde. Dalfovo ist glücklich mit seinen Stammkunden, die seine Arbeiten lieben. „Ich bin wie Ludwig II und bleibe gern für mich“, grinst er, „zuviel Rummel ist mir zuwider.“ Nur selten zeigt sich der Künstler in seiner Stadt, er freut sich aber über Besuche von Künstlerkollegen in seinem Atelier. Der Lockdown war für ihn, der die Stille liebt, eine sehr produktive Zeit. „Das hat auch mit meiner Liebe zu Jan Vermeer und dem goldenen Zeitalter der holländischen Malerei zu tun“, bekennt der 50-Jährige.

Christa Plößnig hat die Kunst zugunsten ihrer Familie zwei Monate lang links liegen gelassen

Christa Plößnig. Nach dem Zwi-

schenstopp bei Walter Dalfovo statte ich der Schmuckdesignerin Christa Plößnig einen Besuch ab. Für die gebürtige Österreicherin war der Lockdown eine permanente Berg- und Talfahrt. „Es war einfach nichts mehr klar festgelegt, fast stündlich gab es neue Bestimmungen“ seufzt sie, „wir fühlten uns als ganze Familie im luftleeren Raum.“ Sie ist daheim geblieben, ließ es sich aber nicht nehmen, regelmäßig spazieren zu gehen, denn „mein Hausverstand sagte mir, frische Luft kann nur gut tun“. So eng zusammen sein mit Mann und Kindern war kein Problem; sie hat sich schon immer alternierend mit ihrem Mann um die Kinderbetreuung gekümmert,

und auch vor Corona wurde stets gemeinschaftlich etwas unternommen. „Wir sind eine Uhu-Familie und hocken aufeinander“, lächelt Christa. Trotz Verständnis für die erklärten Risikogruppen haben ihr aber die Kinder am meisten leid getan. „Was ist das für ein Leben, ohne soziale Kontakte“, moniert die engagierte Mutter, „meine Kinder haben wirklich sehr gelitten; besonders der Zwölfjährige hat das Fußballspiel sehr vermisst.“ Sie ist sauer, dass für die Politik Wirtschaft und Tourismus im Fokus stehen und nichts übrig zu haben scheint für die Schwächsten der Gesellschaft, die Kinder. „Wir haben auch versucht, die Stimmung zu heben mit Räucherungen, brennenden Kerzen, und

Walter Dalfovo hat sich in den letzten Jahren vermehrt religiösen Themen gewidmet 42

Manfred Mureda. Schräg gegenüber steht der Ton-Tausendsassa Manfred Mureda vor seiner wunderbar geschnitzten Werkstatttür und zeigt mir stolz seine vie-

Die Beschäftigung mit seinem Lieblingswerkstoff hat Ton-Tausendsassa Manfred Mureda die Angst um das Virus vergessen lassen

Fotos: Willy Vontavon

Kunst & Kultur Markus Damini: „Wir alle sind jetzt gefordert, Künstler zu sein und an einer von Achtsamkeit geprägten Zukunftsvision zu arbeiten“

wir haben viel getanzt“, gesteht die Seelenversteherin. Familie und Freunde haben sogar online Geburtstag gefeiert, denn Christas Partner Nicola ist 50 geworden. Ihre Kunst hat Christa zwei Monate lang links liegen gelassen. „Zum einen wollte ich für meine Familie da sein, und außerdem hatte ich nicht die geringste Lust, mich kreativ zu betätigen“, gibt sie zu. Seit einigen Wochen ist Christa Plößnig wieder am Arbeiten, sie kann ihre Werkstatt wieder als Ruheoase genießen, und außerdem muss sie ihren Aufträgen nachkommen. Ihre exklusiven Schmuckstücke kauft hauptsächlich einheimische Stammkundschaft, die sie sich in 20 Jahren aufgebaut hat. Etliche Werkstücke hat die Schmuckkünstlerin in kurzer Zeit gefertigt, sogar ein blau schimmerndes Corona-Schmuckstück hat sie kreiert. So sehr Christa Plößnig die Ruhe genießt, so stört sie doch das Dahindämmern des abgelegenen Viertels. „Der Verein Dandelion versucht, Leben hereinzubringen, der Verein Arche macht ab und zu Aktionen, eine Bücherschrank-Idee wäre umzusetzen, beim Wasser Licht Festival wollten wir Wasser in den Brunnen leiten“, zählt Christa auf, „aber es heißt immer: dafür haben wir kein Geld“. Zum Abschied schenkt mir die begabte Handwerkerin („das haben mir meine Eltern mitgegeben“) ein Seelenpflaster, ein kleines gehäkeltes Pad gegen das „Gfredd“, ein Dialektwort für Ärger, Weh, missliche Lage.


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