„So tut man nicht!“ BENNO PFATTNER spielt mit Ausnahme eines „Zwischenstopps“ in Meran seit seinem 15. Lebensjahr für den SSV Brixen Handball im Tor; in den letzten Jahren war der heute 32-Jährige sogar Kapitän der Mannschaft. Nun ist er mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch zurückgetreten. Dem „Brixner“ erläutert er die Gründe. Herr Pfattner, vor drei Wochen hat die Brixner Handballwelt über einen ziemlich polemischen Post auf Facebook erstaunt erfahren müssen, dass Sie als Kapitän und Tormann des SSV Brixen Handball in der neuen Saison nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Hat sich der Groll inzwischen etwas gelegt? BENNO PFATTNER: Nun, mein Post auf Facebook entstand aus einer Mischung aus Enttäuschung, Groll und Wut über die Vorgehensweise der Vereinsführung. Der Groll hat sich etwas gelegt, das stimmt, aber die Enttäuschung bleibt. Mein halbes Leben spiele ich Handball, und einen solchen Abschied wünscht sich kein Spieler. Auslöser war die Verpflichtung von Valerio Sampaolo, der bisher in Pressano im Tor war. War das mit Ihnen nicht abgesprochen? Ich möchte betonen, dass es nicht die Verpflichtung von Sampaolo ist, die für meine Entscheidung ausschlaggebend war, sondern die Vorgehensweise des Sektionsleiters Werner Wieland und des Trainers Davor Cutura. Ich habe am 11. April über ein Telefonat vom Trainer erfahren, dass Sampaolo sich angeboten hatte. Zu jener Zeit hatte ich noch nicht entschieden, ob ich noch ein weiteres Jahr als Tormann zur Verfügung stehen würde; ich habe eine junge Familie mit zwei Kindern, und es ist schwierig, dies in Einklang zu bringen mit dem Sport und mit meinem Beruf. Also erklärte ich Wieland, er möge mir bitte eine Woche oder zehn Tage Zeit lassen, weil ich die Entscheidung mit meiner Frau besprechen möchte – ohne Rückhalt der Familie geht so ein Engagement einfach nicht. Wieland hat mir diese Bedenkzeit zugesprochen. Sie hatten also Zweifel? Ja, weil zu den familiären Verpflichtungen auch die Corona56
Pandemie kam, die ja auch den Sport beeinträchtigt. Zum Beispiel weiß heute noch niemand, wie sich die Krise auf die Sponsorenakquise auswirken wird, was wiederum den Spielerkader beeinflussen kann. Jeder Spieler, der ein gewisses Alter erreicht hat und über einen eventuellen Rücktritt nachdenkt, lässt die Entscheidung auch abhängen vom Mannschaftskader. Wenn ich in meiner Situation also hätte weiterspielen wollen, wollte ich am Ende auch bei der Meisterschaft vorne mitspielen – diesen Ehrgeiz braucht man. Gemeinsam mit meiner Frau habe ich mich dann doch dafür entschieden, ein weiteres Jahr als erster Tormann anzuhängen. Das war am 21. April – also genau zehn Tage nach meinem Telefonat mit Cutura.
holen können mit der Erklärung, dass er sofort eine Entscheidung von uns brauche. Das wäre aus meiner Sicht eine logische und korrekte Vorgehensweise. Vielleicht wollte der Trainer und der Sektionsleiter unbedingt einen neuen Tormann für die nächste Saison? Ja, vielleicht erhofft sich der Trainer durch den neuen Tormann wirklich bessere Ergebnisse. Wenn er mir das offen gesagt hätte, wäre ich zwar auch enttäuscht gewesen, aber ich hätte es akzeptiert. Schauen Sie, Brixen hatte im Vorjahr mit Alex Wierer, Michael Ploner und mir ein aus meiner Sicht sehr gutes Tormannteam. Auch mit meinem Rücktritt hätte meiner Meinung nach Alex Wierer erster Tormann werden können, und er hätte seine Sache sicher gut gemacht. Aus meiner Perspektive gab es aus sportlicher Sicht also keinen Anlass, diesen Tormann nach Brixen zu holen.
Und Sie haben Ihre Entscheidung sofort mitgeteilt? Ich fragte Wieland per Whatsapp, ob er bei meiner Zusage Sampaolo trotzdem engagieren würde. Meine verständliche Erwartungshaltung war, dass Wieland daraufhin eine kurze Antwort schickt, mit der er seine Freude zum Ausdruck bringt über meine eventuelle Bereitschaft, aber ... nichts, keine Reaktion. Eine ganze Woche lang hat sich niemand bei mir gemeldet. Am 28. April schrieb Wieland, dass der Verein Valerio Sampaolo gern verpflichten möchte. Das war eine glatte Lüge, denn Wieland hatte den Vertrag mit Sampaolo bereits am 18. April unterzeichnet, also zehn Tage vorher. Ihm fehlte offenbar der Mut, mir das zu sagen.
Sie hätten ja trotzdem weitermachen können. Ja, natürlich, aber dann hätte Brixen drei gute Tormänner gehabt, mit Michael sogar vier. Das heißt, dass es einen ständigen Kampf um Spielanteile gegeben hätte. Da wäre eine ziemlich ex-
plosive Situation entstanden, die am Ende für die ganze Mannschaft negative Folgen gehabt hätte. Mein Rückzug ist also in diesem Sinn für die Mannschaft gut und auch für Alex Wierer, der dadurch doch noch die Chance hat, hin und wieder eingesetzt zu werden. Werner Wieland soll ja nach wie vor behaupten, er hätte den Vertrag unterzeichnet, weil Sie zu zögerlich waren mit Ihrer Zuoder Absage. Ich weiß, ja. Das ist aber nicht korrekt, der zeitliche Ablauf beweist das Gegenteil. Ich will nicht die beleidigte Leberwurst spielen, aber so geht man mit einem Spieler, der viele Jahre alles für die Mannschaft gegeben hat, nicht um. So tut man nicht. Ist der Handballsport für Sie also nun endgültig Vergangenheit? Nein, denn mein halbes Leben hänge ich an diesem Sport. Aber eine Zusammenarbeit mit diesem Vorstand kommt für mich ganz sicher nicht in Frage. Trotzdem: Ich hänge nach wie vor mit viel Herzblut am Verein, auch am Fanclub. 18 Jahre sind eine lange Zeit. Woran erinnern Sie sich am liebsten?
Foto: Melanie Vitroler
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Und wann hat der Verein dann reinen Wein eingeschenkt? Das war erst am 11. Mai. Verstehen Sie meine Enttäuschung? Wieland hätte mir am 11. April eine Deadline geben können. Oder er hätte vor der Unterschrift des Vertrags mit Sampaolo Alex Wierer und mich an einen Tisch
Benno Pfattner: „Ich hänge nach wie vor mit viel Herzblut am Verein, auch am Fanclub“
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