Natur+Umwelt 3-2022

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NATUR UMWELT +

FAKTEN, PORTRÄTS, AKTIONEN UND TIPPS FÜR UMWELTBEWUSSTE

AKTUELL Energiewende statt Atomstrom! Bahn: Wo bleibt der Ausbau?

PILZE KAUM BEKANNT UND UNTERSCHÄTZT

GUTER RAT Schimmel vermeiden Outdoorkleidung ohne Gift

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„Jedes Quäntchen Engagement trägt zu einem Wandel bei.“ Dr. Ingeborg Haeckel, 1903–1994

BN-Aktivistin und Retterin des Murnauer Mooses

BAYERNS MOORE RETTEN

Aus Liebe zur Natur und für aktiven Klimaschutz  Flächenankäufen

SPENDENKONTO BUND NATURSCHUTZ IBAN: DE65 7002 0500 9300 0001 50

 Moorpflege

 Wiedervernässung

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INHALT

INHALT 3

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LIEBE LESERINNEN UND LESER,

Fotos: l. mauritius images/Ulrich Reichel/imageBROKER; r.u. Reinhard Scheuerlein; r.o. Ökologische Bildungsstätte Oberfranken

AKTUELLES 4–6 Aktuelle Meldungen 7 Gerettete Landschaft 8/9 Meldungen aus Bayern 10 Aktiv für bessere Mobilität 11 Kommentar TITELTHEMA 12/13 Pilze – kaum bekannt 14/15 16/17 18 19 20 21

und unterschätzt Verborgene Vielfalt Der Boden macht’s Große Netzwerker Interview: Wettrüsten im Wald Aus für Ulme und Esche? BUND aktiv

WIRTSCHAFT & TECHNIK 22 Energiewende voranbringen 23 Mehr Solarstrom gewinnen 24 Bahnausbau in Bayern 25 Kryptowährungen NATUR IM PORTRÄT 26 Pflanzenporträt 27 Gartentipp

Die Natur+Umwelt ist das Mitgliedermagazin des BUND Naturschutz und die bayerische Ausgabe des BUNDmagazins.

28/29 Schutz für gefährdete Arten 30/31 Spandauer Forst 32/33 Bedroht: Bechsteinfledermaus AKTIONEN 34 Petition zu Fernstraßen 35 Gartenschläfer INTERNATIONALES 36 Kolumbien 37 Freunde der Erde URLAUB & FREIZEIT 38 Reise: Nordsee 39 Wanderung 40 41 42/43 44–46 47 48/49 50–56 57 58

AUS DEM VERBAND BN-Ökostationen Editorial des Vorstands Delegiertenversammlung 2022 Meldungen Mitmachaktionen BN vor Ort aktiv Regionalseiten Porträt Umweltbildung

SERVICE 60/61 Ratgeber und Ökotipps 62 Leserbriefe 63 Buchtipps und Reisen 66 Ansprechpartner/Impressum

was macht die Welt? Sie gibt uns gerade wenig Anlass zu Optimismus und ­Zuversicht. Da der Blick auf das große Ganze so unerfreulich ist, tun wir gut ­daran, uns an kleinen Dingen auf­ zurichten. Zum Beispiel an der Vielfalt, der wir bei Streifzügen ins Grüne begegnen. Zu den wundersamsten Wesen der ­ atur zählen die Pilze. Weder Tier noch N ­Pflanze, hat die Natur ihrer Farbe, Form oder Konsistenz kaum Grenzen gesetzt. Was gibt es jetzt im Spätsommer nicht alles zu entdecken, vom Riesenbovist bis zu kleinen Erdsternen, Becherlingen oder Korallenpilzen. Wer ein Auge dafür hat, bekommt in Wäldern und auf Wiesen derzeit viel zu sehen. Gleichzeitig erfüllen die Pilze ganz ­zentrale Aufgaben in der Natur. Und die werden nur selten ausreichend ­gewürdigt. Aus diesem Grund, und weil für Pilzliebhaber*innen nun die schönste Zeit des Jahres begonnen hat, ist der ­Schwerpunkt dieses BUNDmagazins den Pilzen gewidmet. Nicht nur deshalb: Möge es ausgiebig regnen in den nächsten Wochen!

Luise Frank

Severin Zillich

Redaktion Natur+Umwelt

Redaktion BUNDmagazin


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AKTUELLES

AKTUELLES

Foto: GettyImages

Form nicht nach Norm – also ab in den Müll?

DIE ZAHL: 11 MILLIONEN In Deutschland fallen jedes Jahr rund elf Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle an. Dies geht aus einem Bericht der Bundesregierung an die EU-Kommission hervor. Fast 60 Prozent davon entstehen in den Privathaushalten. Zu diesen Abfällen zählt vieles, was noch essbar wäre. So wandert jedes achte Lebensmittel in den Müll, weil die angege­ bene Mindesthaltbarkeit überschritten ist. Berücksichtigt sind allerdings auch nicht-­

vermeidbare Bioabfälle wie Kaffeesatz oder Salatstrünke, die allenfalls kompos­ tiert werden können. Weltweit geht pro Jahr etwa ein Drittel der Lebensmittel auf dem Weg vom Feld bis zum Teller verloren. Ein Teil verdirbt, weil es an der notwendigen Kühlung und Lagerung fehlt. Ein anderer Teil wird aus­ sortiert, weil Größe, Form oder Farbe den Vorgaben des Handels nicht entsprechen. Diese Verschwendung belastet Natur und

Klima enorm. Und sie ist auch deshalb in­ akzeptabel, weil gleichzeitig mehr als 800 Millionen Menschen unter Hunger leiden. Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt forderte die Ampelkoalition auf, der Verschwendung von Lebensmitteln mit einem Gesetz zu begegnen.

www.bund.net/ die-grosse-verschwendung

GEFORSCHT – GEEHRT Foto: J.G.: A. Pohl/IÖR media

Jana Böhme

Der diesjährige BUND-Forschungs­ preis geht an drei junge Wissenschaftlerinnen. Mit ihrer Doktor-, Master- und Bachelorarbeit hätten sie einen wichtigen Beitrag zu nachhaltigen Zukunftsstrategien geleistet, so die Jury des wissenschaftlichen Beirates im BUND. Den mit 2500 Euro dotierten Preis für Dis­ sertationen bekam Julia Chladek für ihre Arbeit »Rechtsschutzverkürzung als Mittel der Verfahrensbeschleunigung«. Diese Verkürzung (speziell zulasten der Umwelt­ verbände) sei mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands und den Anforderungen des Europäischen Umwelt­ rechts unvereinbar, so ihr Fazit. 1000 Euro erhielt Josefine Gottschalk für ihre Masterarbeit »Scratching Below Surface. Is the maritime spatial planning of the European Union ready for adequate marine conservation?«. Sie zeigt, dass der ganzheitliche Meeresschutz bei der

Julia Chladek

Josefine Gottschalk

Die Preisträgerinnen unseres Forschungspreises

Raumplanung der EU zu kurz kommt. 500 Euro gingen zudem an Jana Böhme für ihre Bachelorarbeit »The effects of com­ mon gardening practices on biodiversity«. Sie untersuchte die Bedeutung der Gärten für den Schutz der natürlichen Vielfalt in Ballungsräumen. Joachim Spangenberg, der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirates, freute sich: »Unser Forschungspreis zeigt das kreative Potenzial der Wissenschaft. Mit ihren Arbeiten sind die Gewinnerinnen am Puls der Zeit und bieten intelligente Lö­ sungsansätze für eine Politik, die unsere Zukunft sichert.«

www.bund.net/forschungspreis

WAHLEN ZUM BUNDESVORSTAND Vom 18. bis 20. November tagt die Bundesdelegiertenversammlung des BUND e.V. In diesem Jahr wird turnusgemäß ein neuer Bundesvorstand gewählt. Zur Wahl stellen kann sich jedes Mitglied des BUND. Für die Kandidatur zum/zur Bun­ desvorsitzenden und zum/zur stell­ vertretende/n Vorsitzende/n sind die in der BUND-Satzung (§ 7 Abs. 3) beschriebenen Voraussetzungen zu erfüllen. Informationen dazu gibt es unter www.bund.net/bdv. Alle Bewerber*innen werden gebeten, einen Bewerbungsbogen auszufüllen. Dieser ist über die Bundesgeschäftsstelle erhältlich. Hierfür und für weitere Fragen richten Sie sich bitte an gremien@bund.net.


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AKTUELLES 5

Fotos: S. Maier (2)

AUEN-NATIONALPARK BEDROHT sches Umweltrecht und klagte gegen den Ausbau, gemeinsam mit dem NABU und Deutschen Naturschutzring. Ein Verwaltungsgericht in Warschau verpflichtete die zuständige Umweltbehörde nun, die grenzüberschreitenden Folgen des Ausbaus für geschützte Arten und Lebensräume stärker zu beachten. Dazu der BUND-Wasserexperte Sascha Maier: »Der Ausbau zur internationalen Wasserstraße wird Auwälder und Uferbiotope stark in Mitleidenschaft ziehen. Dies hat Polen bisher schlicht ignoriert. Das Urteil ist ein kleiner Schritt in die rich­ tige Richtung.«

Niedrigwasser an der Oder

Weite Teile Europas leiden seit Monaten unter einer historischen Dürre. Heftige Waldbrände und Hitzewellen geben einen Vorgeschmack darauf, wie verheerend sich die Klimakrise noch auswirken wird. Und das nicht zuletzt auf viele Gewässer und Auen. So verkam der größte Fluss Italiens, der Po, zu einem Rinnsal. Zahllose Flüsse und Seen führten, auch weiter nördlich in Mitteleuropa, weniger Wasser als je zuvor. Am Rhein werden im August neue Rekord­ tiefstände erwartet. Und Deutschlands einziger Auen-Nationalpark war schon

Mitte Juli so trocken wie nie. Von einem »extremen Wasserdefizit« im Unteren Odertal sprach der Leiter des Parks, Dirk Treichel. Durch Ausbaupläne auf der pol­ nischen Seite droht dem Nationalpark nun weiterer Schaden. Viel Schotter: Mit Buhnen verengt Polen den Flusslauf der Oder.

EU-RECHT VERLETZT 2021 begann die Republik Polen die Oder einzuengen und zu vertiefen, um sie ganz­ jährig befahrbar zu machen. Der Ausbau wird die Aue des Grenzflusses auch auf deutscher Seite austrocknen. Der BUND sieht darin einen Verstoß gegen europäi­

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Mehr zum Thema Aktionsbündnis lebendige Oder: www.saveoder.org www.bund.net/duerrefolgen-bekaempfen

Zu Anfang Januar trat das LobbyregisterGesetz in Kraft. Es soll über ein öffentlich einsehbares Register für mehr Klarheit sorgen, in welchem Umfang Interessensvertreter*innen politisch Einfluss nehmen. Wie viele andere Organisationen betrifft dies auch den BUND. Im Lobbyregister ist detailliert anzugeben, was wir für die Vertretung unserer Anlie­ gen aufwenden und wer für uns tätig ist. Wer mehr als 20 000 Euro Spenden pro Jahr erhält, muss auch hierzu Daten an das Register übermitteln: den Namen der Spenderin/des Spenders sowie den Betrag.

Fotos: S. Winkmann/Pixabay

TRANSPARENT

Für Spenden aus den Jahren 2020 und 2021 durfte der BUND noch anonymisierte Daten veröffentlichen.

Der BUND begrüßt das Streben nach mehr Transparenz. Wir folgen deshalb schon seit einiger Zeit den Richtlinien der »Initiative Transparente Zivilgesellschaft«. Unter anderem lässt sich der BUND regel­ mäßig von unabhängiger Seite prüfen und gibt Einblick in seine Finanzen und Struk­ turen, aktuell in Form des Jahresberichts. Mehr zur Transparenz beim BUND finden Sie online.

www.bund.net/transparenz


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AKTUELLES

KURZ & GUT »Only bad news is good news« heißt es, vor allem schlechte Nachrichten erregen also unsere Aufmerksamkeit. Doch positive Neuigkeiten aus dem Naturund Umweltschutz tun einfach gut. Einige aus jüngster Zeit haben wir wie immer für Sie ausgewählt.

Teilerfolg gegen den Weiterbau der A20: Der BUND hat gegen den ersten von zwölf Abschnitten der Küstenautobahn in Niedersachsen geklagt, Wes­terstede–Jaderberg. Nun erklärte das Bun­des­ver­waltungsge­richt ihn für vorläufig »rechtswidrig und nicht vollziehbar«, wegen einer falschen Berechnung von Stickstoff-Emissionen. Die Verlängerung der A20 gilt als klimaund naturschädlichster Neubau im Bundes­ verkehrswegeplan. Weit über die Hälfte der geplanten Strecke führt durch Moore und Marschland. Leider klammerte das Gerichtsurteil für uns zentrale Fragen aus: die nach dem Bedarf der Verlängerung und der Vereinbarkeit mit den deutschen Zielen zum Klimaschutz.

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BIO­S PHÄRENGEBIETE

Seltene Biene entdeckt: In Rade­ beul bei Dresden gelang dem BUND Sachsen bei einer systematischen Erfassung ein spektakulärer Fund. Aktive stießen in einem Weinberg auf zwei Rote Zweizahnbienen. Dazu unsere Expertin Mandy Fritz­ sche: »Diese Biene ist eine Kuckucksbiene und schmuggelt ihre Eier in die Nester anderer Wildbienen.« Nur einmal wurde sie in Deutschland bisher festgestellt. Offenbar breitet sich die südliche Art mit steigenden Temperaturen entlang der Elbe und Oder-Neiße in Richtung Norden aus.

Boom bei der Solarenergie: Immer mehr Unternehmen und private Haushalte nutzen in Deutschland die Kraft der Sonne, um Strom zu er­ zeugen. Im März waren auf Dächern und Grundstücken 2,2 Millionen Photovoltaikanlagen mit einer Nenn­ leistung von insgesamt 58 400 Megawatt installiert, so das Statistische Bundesamt. Damit stieg die Zahl der Anlagen und ihre Leistung binnen einem Jahr um etwa zehn Prozent. Dank der Photovoltaik konnten im ersten Quartal dieses Jahres rund 8,8 Milliarden Kilowatt­ stunden Strom ins Netz gespeist werden – ein sattes Drittel mehr als im Vorjahreszeitraum.

Neue Biosphärenreservate: Mitte Juni zeichnete die UNESCO elf neue Modellregionen für Nachhaltigkeit aus. Darunter erstmals zwei Gebiete in Georgien, die geprägt sind von den Sommer- und Winterweiden der Wandertierhaltung im Südkaukasus. Für die Ausweisung des riesigen Feuchtgebietes »Kafue Flats« in Sambia hatte sich auch die deut­ sche Kommission stark gemacht. Es beherbergt auf 26 000 Quadrat­ kilometern unter anderem mehr als 400 Vogelarten. Die übrigen Gebiete liegen in Australien, Kamerun, Ka­ sachstan, Mongolei, Saudi-Arabien, Simbabwe und Tschad. Mit ihnen umfasst das globale Netzwerk nun 738 Biosphärenreservate in 134 Ländern, 16 davon in Deutsch­­land.

Badeartikel frei von Giften: Unsere Arbeit zeigt Wirkung. Kürzlich ließ der BUND Badeartikel auf darin enthaltene Schad­ stoffe überprüfen. Anders als bei Tests vor sieben Jahren fanden wir in den Plansch­ becken, aufblasbaren Schwimmtieren und Schwimmreifen nichts, was dort nicht hingehört. Dem ist nicht immer so. Regelmäßig deckt der BUND mit Labor­ tests Chemikalien auf, die der Umwelt und Gesundheit schaden können. Zusätz­ lich checken immer mehr Menschen mit unserer ToxFox-App Alltagsprodukte auf Schadstoffe. Wir wollen Dinge ohne Gift. Immerhin: Viele Unternehmen scheinen das inzwischen ernster zu nehmen. www.bund.net/toxfox


GERETTETE LANDSCHAFT

Foto: Klaus Leidorf

Die Mündung der Tiroler Achen in den Chiemsee ist das einzige Binnendelta dieser Größe und Ausprägung in Mitteleuropa. Obwohl seit 1954 unter Naturschutz, wollte die bayerische Staats­regierung in den 1970er Jahren eine Autobahn durch das Gebiet bauen. Der BUND Naturschutz kaufte drei Sperrgrundstücke und konnte die Zerstörung des Deltas letztlich verhindern. Wertvolle Lebensräume blieben dadurch erhalten, darunter auch Moorwiesen mit dem größten Vorkommen der Sibirischen Schwertlilie in Mitteleuropa.


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AKTUELLES

Meldungen aus Bayern

6000 FÜR EINE ANDERE POLITIK Etwa 6000 Menschen haben am 25. Juni unter dem Motto »Gerecht geht anders« in München gegen die Politik der G7-­ Staaten demonstriert. Trotz brütender Hitze zogen sie von der Theresienwiese durch die Ludwigsvor­ stadt, um für ihre Vorstellungen von einer gerechteren Welt zu werben. Aufgerufen hatte ein breites Bündnis von Verbänden und Organisationen, darunter auch der BN, Attac, die Arbeitsgemeinschaft bäu­ erliche Landwirtschaft, Greenpeace und

die Welthungerhilfe. Gemeinsam forder­ ten die Demonstrant*innen ein entschlos­ senes Vorgehen gegen den Klimawandel, die Zerstörung der Natur, Hunger, Armut und Ungleichheit. Außerdem forderten sie eine aktive Friedenspolitik. Der BN-Lan­ desbeauftragte Martin Geilhufe sagte, po­ litische Entscheidungen konterkarierten die internationalen Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele. Er kritisierte die substanzlose Diskussion um eine verlän­ gerte Nutzung der Atomenergie.

ERFOLG IM GLYPHOSAT-STREIT und was nicht. Das gefährliche Pflanzen­ schutzmittel Glyphosat habe in der Land­ wirtschaft nichts zu suchen. »Ich hoffe, dass dieses Signal auch bei denjenigen ankommt, die die nach wie vor auf dieses Gift setzen.«

Foto: AdobeStock/Dusan Kostic

Der BUND Naturschutz ist sehr erfreut darüber, dass die Käserei Goldsteig ihren milchliefernden Betrieben nun doch weiterhin den Einsatz von Glyphosat verbietet. Im Frühling hatte das Chamer Unterneh­ men überraschend das seit vier Jahren geltende Glyphosatverbot gekippt. Nach deutlicher Kritik von Verbrauchern, Medi­ en, Umweltverbänden, aber auch Liefe­ ranten der Käserei hat Goldsteig seine Entscheidung im April wieder zurückge­ zogen. »Der Druck war offensichtlich zu groß – und das ist gut so!«, kommentierte der BN-Vorsitzende Richard Mergner die Entscheidung. Hier zeige sich, dass die Verbraucher ein deutliches Gespür dafür hätten, was gut für Mensch und Natur sei

Den Vorstoß der Bayerischen Staatsregierung vom Juni diesen Jahres, den Wolf weniger streng zu schützen, lehnt der BN als wirkungslos ab. »Die Staatsregierung nährt die falsche Hoffnung, mit dem Gewehr anstelle von Herdenschutzmaßnahmen ließen sich Weidetiere verlässlich schützen,« erklärt der BN-Wolfsexperte Uwe Friedel. Der bayerische Wolfsbestand ist zu­ dem viel zu klein, um an eine Bejagung nach dem Vorbild Schwedens in den nächsten Jahren auch nur zu denken. Die Entnahme einzelner Wölfe als Ultima Ra­ tio des Wolfsmanagements ist bereits

Foto: Regina Reiter

Foto: Anne Barth

HERDENSCHUTZ STATT ABSCHUSS

Die stellvertretende BN-Vorsitzende Beate Rutkowski (2. vo. re.) besuchte gemeinsam mit Gisela Sengl, Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung der Grünen im Landtag, einen Almbauernbetrieb.

jetzt möglich und wird vom BUND Natur­ schutz mitgetragen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt seien. Um wie von Umweltminister Thorsten Glauber gefordert die harte Arbeit der Weidetierhalter*innen für den Erhalt der Kulturlandschaft zu würdigen, muss die Staatsregierung auch die laufenden Kos­ ten des Herdenschutzes fördern. »Ohne Zweifel ist der Herdenschutz in Steil­lagen besonders erschwert und nicht überall umsetzbar«, so Friedel weiter. »Gerade deswegen brauchen wir bestmögliche Rahmenbedingungen für den Herden­ schutz, um die Zusatzbelastung zu redu­ zieren.«


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Den staatlichen Artenschutzbemühungen stellte der BN am dritten Jahrestag des Volksbegehrens »Rettet die Bienen« ein negatives Zeugnis aus. Es gebe keinerlei nachvollziehbare Bilan­ zen dafür, ob und wie sich die Situation der Arten in Bayern seit dem erfolgrei­ chen Volksbegehren Artenvielfalt und dem zugehörigen Begleitgesetz vom 17. Juli 2019 tatsächlich verbessert habe, so der BN-Vorsitzende Richard Mergner. »Von ›Artenschutz pur‹ zu reden, ist wirk­ lich der blanke Hohn im Angesicht von massivem Flächenverbrauch, von Ab­ schussforderungen für Fischotter und Wolf und der Blockade ökologischer Ver­ besserungen in der Agrarpolitik.« Ausgerechnet beim so wichtigen Bio­ topverbund gebe es die größten Defi­zite, kritisierte die BN-Artenschutzexpertin Chris­tine Margraf. »Es wurde kein einzi­ ger Biotopverbund neu geschaffen, der ­direkt im Zusammenhang mit dem Volks­ begehren steht. Es werden lediglich be­ reits bestehende Flächen rechnerisch aufaddiert, um die Ziele auf dem Papier zu erreichen.« Auch beim Ökolandbau brauche es stärkere Bemühungen. Wenn der Biolandbau weiterhin wie in den ver­ gangenen drei Jahre wachse, erreiche die Ökofläche 2030 lediglich einen Anteil von 17,5 statt der beschlossenen 30 Prozent.

Meldungen aus Bayern 9

DEUTLICH WENIGER AMPHIBIEN Die ersten Ergebnisse der diesjährigen Amphibienwanderung sind alarmierend: Bei einer aktuellen Umfrage berichtete eine Reihe von BN-Orts- und Kreisgruppen von einem starken, teils sogar sehr starken Rückgang der an den Schutzzäunen eingesammelten Frösche, Kröten und Molche. Um diesem Trend entgegenzuwirken, müssen vor allem Amphibienlebensräu­ me erhalten werden, fordert der BUND Naturschutz. Außerdem müsse die ökolo­ gische Landwirtschaft weiter ausgebaut werden, weil vor allem der Pestizideinsatz und der Mangel an Insekten den Tieren zu schaffen mache. Uferrandstreifen und die Verbesserung des Biotopverbundes trü­ gen ebenfalls dazu bei, Bayerns Amphi­

bienbestände fit für eine Zukunft zu ma­ chen, in der zunehmend trockene Frühjah­ re und Sommer zu erwarten sind. Aber auch von der Wiederherstellung der natür­ lichen Auendynamik an bayerischen Flüs­ sen in Verbindung mit natürlichem Hoch­ wasserschutz würden Amphibien stark profitieren.

Foto: Franziska Nimz

WENIG FORTSCHRITTE SEIT VOLKSBEGEHREN

AKTUELLES

Foto: Thomas Stephan

Foto: AdobeStock/bofotolux

Ökologische Landwirtschaft voranzubringen war ein Ziel des Volksbegehrens. Passiert ist seitdem aber zu wenig.

MITMACHEN! BAYERNWEITER RADENTSCHEID Zum Weltfahrradtag am 3. Juni 2022 hat ein Bündnis aus Verbänden und Parteien einen bayernweiten Radentscheid gestartet. Durch das Volksbegehren soll im Frei­ staat endlich der fehlende Rahmen für eine echte Förderung des Radverkehrs geschaffen werden. Denn obwohl sich die Bayerische Staatsregierung 2017 das Ziel gesetzt hat, den Radverkehrsanteil bis 2025 von zehn auf 20 Prozent zu verdop­ peln, hat dieser bisher nur um einen Pro­ zentpunkt zugenommen. Und auch bei der Umsetzung der erfolgreichen kommu­

nalen Radentscheide geht zu wenig vor­ an, weil Geld und Personal fehlen und überholte Gesetze rasche Verbesserun­ gen verhindern. All dies will der Radent­ scheid Bayern mit einem Radgesetz än­ dern, das Staatsregierung und Kommu­ nen verpflichtet, umweltfreundliche Mo­ bilität praktisch umzusetzen. Start der Unterschriftensammlung war am 16. Juni.

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Weitere Infos radentscheid-­bayern.de/mitmachen


AKTUELLES

Foto: Jörg Farys

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Sommerdebatte: Besser mobil Julia Dade vom Vorstand der BUNDjugend diskutierte am 31. Mai mit dem BUND-Vorsitzenden Olaf Bandt und Verkehrsminister Volker Wissing (rechts). Das Thema: Wie gelingt der dringende ­Politikwandel hin zu einer sozial-ökologischen Mobilität? An die tausend Menschen verfolgten online mit, wie der Minister auf Eigenverantwortung und Wahlfreiheit pochte und dabei an die Menschen mit Auto dachte. Und wie Julia Dade entgegnete, dass diese Freiheit doch auch für Menschen gelten müsse, die stressfrei zu Fuß, per Rad oder mit Bus und Bahn unterwegs sein möchten. Zwei Wochen später demonstrierten bundesweit viele BUND-Aktive für einen menschen- und umweltfreundlichen Verkehr.

www.bund.net/debatte www.bund.net/mobilitaet

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Können wir den KLIMAWANDEL noch beherrschen?

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Der Klimawandel ist längst in Deutschland angekommen. Die globalen Folgen sind nicht absehbar. Doch es gibt auch Hoffnungsschimmer. Der angesehene Klimaforscher Mojib Latif widmet sein neues Buch diesen Fragen: Welche Folgen wird der Klimawandel haben und was ist zu tun, ökologisch, ökonomisch, politisch und gesellschaftlich. Wir müssen handeln – der Countdown läuft. 224 Seiten | Klappenbroschur € 22,00 (D) / € 22,70 (A) ISBN 978-3-451-39271-9 Zu bestellen im BUNDladen www.herder.de

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AKTUELLES 11

KOMMENTAR

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SPAREN UND ABSCHALTEN Deutschland muss dem befürchteten Gasnotstand begegnen und dabei konsequent auf den Schutz des Klimas achten.

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Das Trio der BUND-Vorsitzenden mit Olaf Bandt und seinen Stellvertreterinnen Johanna Baehr (rechts) und Verena Graichen (links)

it Blick auf den kommenden Winter wächst die Sorge, durch einen russischen Lieferstopp in Not bei der Gasversorgung zu geraten. Erdgas wird bei uns vor allem zum Heizen (ca. 30 Prozent) und in der Industrie (ca. 33 Prozent) genutzt. Es drohen also kalte Wohnungen und geschlossene Fabriken. Schon werden stillgelegte Kohlekraftwerke zur Stromproduktion reaktiviert, schädliches Frackinggas soll über neue Terminals eingeführt werden. Und selbst Teile der Regierung erwägen, die Laufzeit der drei übrigen Atomkraftwerke zu verlängern.

Energiesicherheit und des Klimaschutzes, und nicht im Senegal, wo Deutschland plant neue Erdgasfelder zu erschließen.

Wir sagen: Eine mögliche Gasnotlage müssen wir zusammen mit der Klimakrise anpacken. Was vor allem bedeutet: Energie zu sparen. In den vergangenen Monaten haben wir schon einiges erreicht. So sank der deutsche Erdgasverbrauch von Januar bis Mai im Vergleich zum Vorjahr um gut 14 Prozent. Diesen Weg müssen wir nun konsequent und verpflichtend weitergehen.

Wie nötig solche Checks und Reparaturen sind, zeigt sich bei unserem Nachbarn. Frankreichs Meiler laufen wegen umfangreicher Revisionen gerade nur mit halber Kraft, zudem spenden die überhitzten Flüsse kaum mehr Kühlwasser. Für den nächsten Winter sind die deutschen AKW auch deshalb keine Hilfe, weil die Lieferung neuer Brennstäbe und die nötigen Sicherheitstests dieser Hochrisikotechnologie so schnell nicht zu machen sind. Und schließlich ist der Atomstrom bei einem Gasnotstand nur wenig nützlich. Denn die rund 90 deutschen Erdgaskraftwerke erzeugen überwiegend Fernwärme für Gebäude und Industrie. Angesichts des Störfallrisikos darf es keine längeren Laufzeiten für die Atomkraftwerke geben. Es gibt genügend Alternativen, um die drohende Gas- und Stromlücke zu überbrücken.

Je höher die Gaspreise steigen, desto mehr lohnt es sich für die Industrie, Gas zu sparen. Hier muss sie nun schnell tun, was möglich ist. Auch weil Erdgas in der EU keine Zukunft haben wird. Akzeptabel ist es, einzelne Kohlekraftwerke aus der Reserve zu holen, um – wo immer möglich – weniger Gas zur Erzeugung von Strom verbrennen zu müssen. Was damit zusätzlich an Treibhausgasen entweicht, kann und muss bis 2030 durch einen schnelleren Kohleausstieg wieder eingespart werden. Als Ersatz für das russische Erdgas müssen wir zudem befristet Gas aus anderen Ländern einführen. Dabei darf Deutschland nicht in neue Abhängigkeit von despotischen Staaten geraten. Höchstens zwei oder drei Terminals für Flüssiggas mit eng be­ grenzter Laufzeit dürfen entstehen, statt feste Anlagen an bis zu zwölf Standorten. Danach müssen sie zu Terminals für grünen Wasserstoff umgebaut werden. Hier liegt die Zukunft unserer

Was uns nicht weiterhilft, ist den Atomausstieg aufzuschieben. Die drei zum Jahresende auslaufenden Meiler wurden zuletzt 2009 umfassend auf ihre Sicherheit überprüft. Wir wissen zu wenig, wie es in ihrem Inneren aussieht. Sicher ist: Nach weit mehr als 30 Jahren ist der Betrieb der verbliebenen AKW immer riskanter und ihr Sicherheitsrisiko immer schwerer zu kalkulieren.

Was muß jetzt passieren? Kurz gesagt: Der Verbrauch von Strom und Gas in Haushalten, Gebäuden, Verkehr und Industrie muss massiv sinken. Nötig sind hierfür auch verpflichtende Vorgaben aus dem Wirtschafts- und Klimaministerium. Mit den steigenden Energiepreisen geraten immer mehr Menschen unter großen Druck. Staatliche Unterstützung muss auf die wirklich betroffenen Menschen zielen. Wir können es uns nicht länger leisten, Steuer­ gelder über pauschale Kraftstoffrabatte und weitere umwelt­ schädliche Subventionen zu verteilen.


Foto: mauritius images/Ulrich Reichel/imageBROKER

PILZE


KAUM BEKANNT UND UNTERSCHÄTZT Kaum bekannt? Der prächtige Fliegenpilz – Pilz des Jahres 2022 – dürfte den meisten Menschen vertraut sein. Unter seinesgleichen ist er damit eine krasse Ausnahme. Dass die wenigsten von uns mehr als eine Handvoll Pilze bestimmen können, ist nun wirklich schade. Denn dadurch bleibt uns eine unvergleichlich vielfältige und faszinierende Gruppe von Lebewesen weitestgehend verborgen. Schade und fatal ist das auch für die Pilze selbst und ihre Lebensräume. Die Bedeutung, die sie für die natürlichen Stoffkreisläufe haben, kann gar nicht überschätzt werden. Trotzdem fristen Pilze in der Regel ein Schatten­dasein, selbst im Naturschutz. Auf den nächsten Seiten wollen wir Ihnen, passend zur Jahreszeit, einen Einblick in die fabelhafte Welt der Pilze geben. Wie viele Arten gibt es bei uns, was zeichnet sie aus? Warum sind viele von ihnen gefährdet? Was muss zu ihrem Schutz geschehen? Und wo ist der BUND pilzkundlich aktiv?


PILZE

VERBORGENE VIELFALT Überaus formen- und farbenreich präsentiert sich die h ­ eimische Pilzwelt. Die Zahl ihrer Arten übertrifft die der Pflanzenarten um ein Vielfaches. Und: Pilze gibt es nicht nur im Herbst und nicht nur im Wald! Judasohr

Fotos: Gerhard Schuster (5)

und um den Wilden See im Nationalpark Schwarzwald liegt der älteste Bannwald in Baden-Württemberg. Auf etwa 150 Hektar haben pilzkundige Laien und Fachleute hier jahrelang akribisch nach Pilzen gesucht. Am Ende hatten sie 723 Arten entdeckt – darunter solche, die noch nirgends sonst in Deutschland gefunden wurden. In dieser Kernzone des Nationalparks leben damit zehnmal mehr Pilz- als Pflanzenarten. Ein Verhältnis, das vermutlich weltweit gilt. Auf drei bis fünf Millionen Arten wird die Gesamtzahl der Pilze geschätzt. Und die allermeisten sind bis heute nicht wissenschaftlich beschrieben.

GROSS- UND WINTERPILZE Genaueres ist von der hiesigen Pilzwelt bekannt. Das Bundesamt für Naturschutz geht von rund 14 000 Arten in Deutschland aus. Etwas mehr als 5000 davon sind mit bloßem Auge zu erkennen – vor­ausgesetzt, sie haben ihre Fruchtkörper aus dem Boden oder Holz geschoben. So auffällig diese »Großpilze« dann vor unser Auge treten, so rasch ist der Zauber oft wieder dahin. Die längste Zeit wirkt das Geflecht jener Fadenwesen unter der Oberfläche, allen Blicken verborgen. Immerhin lassen sich Pilze nicht nur zur Hochsaison im Spätsommer und Herbst finden. Wer sich gerne regelmäßig Wild­

Krause Glucke

Foto: Flavius Popa/NP

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pilze brät, kann im Winter Austernseitlinge oder Samtfußrüblinge sammeln und bereits ab April auf Morcheljagd gehen. Nur zu trocken darf es nicht sein. Um einen echten Eindruck von der Mannigfaltigkeit unserer Pilzwelt zu gewinnen, heißt es abzuwarten, bis es im Frühsommer erst­ mals ergiebig geregnet hat.

SINNE GEFRAGT Bald danach sprießen die Fruchtkörper meist in großer Zahl aus dem Boden. Selbst wenn wir nur wenige der Pilzgestalten zu bestimmen wissen – allein schon ihre Namen! Judasohr und Krause Glucke, Runzelverpel und Satansröhrling,

Goldblättriger Nabeling, eine der 723 Pilzarten am Wilden See im Nationalpark Schwarzwald


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Toten- oder Herbsttrompete

WENIG WISSEN

Schwefelritterling und Totentrompete und Trollhand. Unzählige wunderlich benannte Wesen begegnen uns beim Blättern im Pilzbuch. Im Wald dann sind all unsere Sinne gefordert. Leuchtet der Täubling vor uns nun kirschrot, blutrot oder weinrot aus dem Moos? Schmeckt sein Fleisch scharf oder mild? Der winzige Helmling daneben, riecht der eher nach Rettich, nach Gurke oder Salpeter? Was ist mit dem merkwürdigen Hut, der kaum aus dem nassen Laub ragt: Fühlt er sich schmierig, klebrig oder schleimig an? Und der Stiel darunter, ist der jetzt schuppig, grubig oder wohl genattert?

Steckbriefe von Pilzen lesen sich wie große Poe­ sie. Und können doch nicht dar­ über hinwegtäuschen, dass Pilze oft schwer zu bestimmen sind. Da ist Ausdauer und Erfahrung gefragt, und nicht selten Feinmotorik. Helfen näm­ lich die äußeren Merkmale nicht weiter, muss der Fund daheim unters Mikroskop. Mehr als jeder zweite Pilz lässt sich nur mit einem Blick auf die Sporen und andere Mikromerkmale bestimmen. Nicht wenige schreckt das ab. Wirklich pilzkundige Menschen fehlen in allen Bereichen, sei es an der Uni, in Umweltbehörden, der Forstwirtschaft und selbst den Naturschutzverbänden. Ein Beispiel: Wie fundamental eine vielfältige Pilzflora für das Gedeihen der Bäume ist, dieses Wissen ist noch immer dramatisch unter­ entwickelt, allen Bestsellern von Peter Wohlleben zum Trotz. Sonst würden nicht schwere Erntemaschinen durch einen Großteil unserer Wälder pflügen.

Samtfußrübling

TITELTHEMA 15

WEIT VERBREITET Von dem bedenklichen Mangel an echten Spezialist*innen abgesehen (die zudem oft in die Jahre gekommen sind): Ober­ flächlich zumindest erschließt sich die Pracht und Vielfalt der heimischen Pilzwelt auch ohne Mikroskop. Neugierde, etwas Spürsinn und vielleicht eine Lupe haben schon tolle Beobachtungen ermöglicht. Wie viele Arten einen einzigen umgestürz­ ten Baum besiedeln können … Überhaupt gibt es kaum Stellen, wo Pilze nicht wachsen. Manche erscheinen auf der Unterseite abgebrochener Äste, andere nur an den Stängeln vorjähriger Brennnesseln, auf alten Kiefernzapfen oder parasitär auf Kartoffelbovisten. Vielfältig sind zuletzt auch die Lebens­ räume, in denen unsere Pilze wachsen. Auf waldfreie, aber eben nicht pilzfreie Habi­ tate verweisen Namen wie Acker-Riesen­ schirmpilz und Heu-Düngerling, Wiesen-­ Champignon und Feld-Trichterling, Moor-­ Hallimasch und Sumpf-Saftling, Dünen-­ Stinkmorchel und Schilfschwindling. Egal, wo Sie also den Spätsommer und Herbst im Grünen verbringen – wenn es vorher nicht zu trocken war und Sie bereit sind hier und da genauer hinzusehen, werden Sie bestimmt fündig. Ein Gang in die Pilze lohnt fast immer, ob Sie nun für die Pfanne suchen oder ob Sie einfach nur gucken wollen. Severin Zillich

Einziger Giftpilz auf dieser Doppelseite: der Satansröhrling


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TITELTHEMA

BEDROHTE VIELFALT

DER BODEN MACHTS Wenn überhaupt, so sind es die Fruchtkörper der Pilze, die Schutz genießen. Weit wichtiger wäre es, ihren eigentlichen Lebensraum besser zu behandeln: den Boden.

ist die Vizepräsidentin der ­Deutschen Gesellschaft für ­Mykologie. Die promovierte Biologin hat diverse Pilzbücher veröffentlicht: www.kreativpinsel.de

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ussten Sie, dass alles, was wir in der Natur lieben und anschauen, mit Pilzen verwoben ist? Und dass unsere Natur noch intakter wäre, würden wir mehr auf diese heimlichen Helfer achten? Wussten Sie, dass alles Leben im Boden – ob in der Wiese oder im Wald – vom Wirken dieser Fadenwesen abhängt? Und damit alles, was darauf wächst und gedeiht und uns Nahrung, Genuss und

Als größtes Lebewesen der Erde gilt ein Hallimasch (in einem Nationalpark in Oregon). In Nadelforsten findet er leichte Beute.

Gesundheit schenkt? Wussten Sie, dass Pilze die Lösung für zahlreiche Herausforderungen unserer Zeit bieten, sei es als Alternative zum Fleisch, als Mittel zur Sanierung von Wasser und Boden, als kompostierbare Verpackung und Baumaterial oder als Arznei? Falls Sie es nicht wussten – damit sind Sie nicht allein. Leider ist das Wissen über Pilze selbst unter Land- und Forstwirt*in­ nen rar gesät. Was das für unsere Natur bedeutet, erfahren Sie, wenn Sie einmal in die Welt dieser mystischen Lebewesen eintauchen. Vergessen Sie kurz alles, was Sie über ordnungsgemäße Land- oder Forstwirtschaft gelernt haben. Schauen Sie ganz neu auf unsere Umwelt, kommen Sie mit auf Entdeckungsreise unter die Erde. Ein Pilz, was ist das eigentlich?

VOLLER LEBEN Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Tausends­ tel Millimeter groß und graben sich von der Bodenoberfläche aus in die Tiefe. Überall um Sie herum unzählige Fäden, in denen das Leben pulsiert. Sie führen direkt zu den Wurzeln der Pflanzen, umspannen deren Enden. Es sind Pilzfäden, die Wasser mit gelösten Nährsalzen transportieren. Im Gegenzug liefern die Pflanzen den Pilzen Zucker zum Aufbau ihrer Fruchtkörper. Neben dem feinen Netz der Pilze treffen Sie auf unzählige Geschöpfe. Einige sind winzig wie Sie, andere erscheinen als riesige Ungetüme – wie die Regenwürmer, die den Boden unter Ihnen zum Beben bringen. Die Larven der Insekten sind nicht minder imposant. Doch die meisten der unermüdlich um Sie herumwirbelnden

Fotos: R. Lüder (3)

RITA LÜDER


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Pilze wie der Zunderschwamm sind auf den Schutz alter und absterbender Bäume angewiesen.

Geschöpfe sind winzig. Könnten Sie nur eine Handvoll Erde zur Gänze wahrnehmen, stellten Sie erstaunt fest: Da­rin tummeln sich mehr Lebewesen als Menschen auf der Erde. Und darin verlaufen Hunderte Kilometer von Pilzfäden.

HOLZ ZU HUMUS Den größten Teil der organischen Masse im Boden machen Pilze aus. Bei unserem Ausflug in den Boden war von jenen die Rede, die mit Pflanzen in Symbiose leben. Mykorrhiza nennt man diese uralte Partner­ schaft. Daneben gibt es weitere Arten, die Organisches verdauen (wie altes Laub, Stängel oder Äste) und wieder in den Kreislauf speisen. Ohne sie würde Holz nicht wieder zu Humus. Selbst Insekten, die im und vom Holz leben, haben Pilze als Helfer im Darm, sonst könnten sie das Holz nicht zersetzen. Der Übergang zu Schmarotzern wie dem Hallimasch ist fließend. Doch einem gesunden und vitalen Baum kann auch ein solcher Pilz – den die Forstwirtschaft als Schädling betrachtet – nichts anhaben.

NUR DIE FRUCHTKÖRPER? Doch was hat all das mit dem Natur­ schutz zu tun? Der amtliche Naturschutz berücksichtigt einzig und allein die Frucht­ körper der Pilze. Wie es dem eigentlichen Lebewesen geht, dem Fadenwerk, aus dem

sie wachsen, bleibt bis heute unbeachtet. Das ist gerade so, als würde man das Sammeln der Äpfel verbieten, nicht aber das Fällen des Apfelbaums. Pilze gehören in jeden Lebensraum. Sie sind selbst im Acker zu Hause, solange wir sie dort nicht vergraulen. 95 Prozent unserer Pflanzen leben in Symbiose mit Pilzen, auch Nahrungsmittel wie Mais und Getreide, Obst und Gemüse.

Der Kegelige Saftling und seine Verwandten streuen bunte Farbkleckse in magere Wiesen.

Aktuelle Studien an Erdbeeren belegen, dass die Früchte je nach Pilzpartner ver­ schieden schmecken, mehr oder weniger attraktive Blüten für Bestäuber bilden und unterschiedlich ertragreich sind. Knapp 30 Schlüsselarten hat man im Boden von Ökoäckern festgestellt. Im konventionellen Acker kommen keine Pilze vor.

Schlüsselarten müssen nicht besonders zahlreich sein, üben aber großen Einfluss auf die mit ihnen verzahnten Lebewesen aus. Dies gilt auch für viele Insekten, denen die meisten unserer Ackerböden schon lange keinen Lebensraum mehr bieten. Eine magere Wiese beherbergt eine Fülle von Pflanzen und Tieren, und außerdem zauberhaft bunte Saftlinge und andere Pilzarten.

BODEN BEWAHREN Viele heimische Pilzarten sind heute sel­ ten geworden. Dies wird gerne den Pilz­ sammler*innen angelastet. Das Sammeln beschränken – schön und gut. Doch die eigentlichen Gefahren für Pilze sind ganz andere: Die Verdichtung der Böden durch schwere Maschinen. Der ständige Eintrag von Nährstoffen aus Landwirtschaft und Verkehr. Hochgiftige Pestizide. Und die zunehmende Trockenheit. Was folgt daraus für unsere Land- und Forstwirtschaft? Der aktuelle Stand der Wissenschaft ist: Wollen wir den Boden wirklich erhalten, sind Rückepferde zum Holztransport im Wald alternativlos. Auch Wiesen und Äcker dürfen wir nicht länger mit Kunstdünger und Pestiziden traktieren, wenn sie uns in Zukunft noch Nahrung liefern sollen. Es wird Zeit, diesen Tatsachen ins Auge zu sehen. Statt weiter leblose und labile Monokulturen zu erzeugen, müssen wir den Boden, eines der wertvollsten Güter unserer Erde, bewahren und regenerieren. Nur so wird er uns als Lebensgrundlage dauerhaft erhalten bleiben. Anders gesagt: Achten wir auf das Wohlergehen der Pilze, so wird es auch uns gut ergehen.


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ÖKOLOGIE

WAS PILZE KÖNNEN Foto: Michael Pyper

Pilze sind ein wesentliches Element fast aller Landlebensräume. Welches Potenzial sie auch für uns Menschen bieten, zeigt das Beispiel der unscheinbaren Puppen-Kernkeule. Steinpilze: Unser Autor bei einer Exkursion mit der BUND-Kinder­ gruppe im hessischen Wehrheim

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ilze sind geniale Netzwerker und evolutionär beispiellos erfolgreich. Was sie nicht können, überlassen sie anderen Organismen. In Ermangelung von Blattgrün ist ihnen die Photosynthese verwehrt. Darum holen sie sich den als Baustein benötigten Zucker von toten oder lebendigen Pflanzen und Tieren. Nur in wenigen Fällen geschieht das auf räuberische Weise. Zumeist versorgen sie als Gegenleistung über ihre endlosen Hyphen die Wurzeln der Pflanzen mit Mineralstoffen. Das fantastische Netzwerk der Pilze treibt den natürlichen Stoffwechsel an.

HEILSAM

Foto: Andreas Kunze

Pilze gedeihen überall auf der Welt, sie trotzen sibirischer Kälte und sengender Sonne. Sie versorgen die Menschen schon seit Jahrtausenden mit Nahrung, Medizin und Werkstoffen. Schon »Ötzi«,

alpine Gletschermumie und bestunter­ suchter Leichnam der Welt, nutzte vor über 5000 Jahren den Birkenporling als Mittel gegen Magen- und Darmstörungen. In Asien und hier vor allem in China gelten Pilze traditionell als bewährte Medizin. Heilpilze werden meist in Zuchtanlagen gewonnen. In freier Natur wächst auch bei uns die Puppen-Kernkeule. Die Sporen dieser Art werden von Insektenraupen mit dem Futter aufgenommen. Weil sie einen Stoff aus­ senden, der der Raupe Ungefährlichkeit vorgaukelt, werden sie nicht abgestoßen. Während sich die Raupe arglos verpuppt, wird sie durch das wachsende Myzel von innen aufgefressen. Irgendwann bricht der keulenförmige Fruchtkörper durch und bildet neue Sporen. Diese Kernkeule enthält laut der tradi­ tionellen Medizin Wirkstoffe gegen fast alle menschlichen Gebrechen. Richtig

Die Puppen-Kernkeule, Pilz des Jahres 2007, parasitiert auf Puppen von Schmetterlingen.

spannend wurde es, als westliche Schul­ mediziner den Stoff, mit dem der Pilz das Immunsystem der Raupe überlistet, als Cyclosporin analysierten. Mit ihm unter­ drücken sie seitdem auch die Immunabwehr organ-transplantierter Menschen. Wer also nach dem Verzehr hochgiftiger Knollenblätterpilze eine neue Leber als Ersatz bekommt, hat dank diesem Pilz eine erhöhte Überlebenschance. Mutter Natur serviert uns eine Apotheke, deren Nutzen erst zum kleinen Teil erforscht ist.

VIELSEITIG Pilze sind Alleskönner. Sie reinigen die von uns verschmutzte Welt. Bestimmte Pilze sammeln und binden gefährliche Schadstoffe in der Erde. Das segensreiche Wirken der Pilze im Untergrund wird offen­ kundiger, je deutlicher der Mensch das Klima verändert und den über Millionen Jahre austarierten Kohlenstoffhaushalt stört. Über ihr unvorstellbar großes Netz­ werk speichern die Pilze Milliarden von Tonnen Kohlenstoff. Von Pilzen produzierten Werkstoffen wird eine große Zukunft vorausgesagt, unter anderem als Ersatz für tierisches Leder. Wirklich neu ist nun gerade diese Nutzung nicht. Seit Jahrhunderten wird das Fruchtfleisch des Zunderschwamms in Südosteuropa für die Herstellung von strapazierfähigen Taschen, Westen und Hüten verwendet. Peter Gwiasda


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INTERVIEW

WETTRÜSTEN IM WALD In naturnahen Wäldern bilden Pilze einen Großteil der b ­ iologischen Vielfalt. Zudem schaffen die Holzbewohner unter ihnen Lebensräume für eine Fülle weiterer Arten. Kaum jemand weiß mehr darüber als der Biologe Georg Möller.

Können Sie das Wirken der Holzpilze an einem Beispiel verdeutlichen? Besonders eindrucksvoll ist der Schiefe Schillerporling. An sterbenden Buchen bildet er zuweilen quadratmeter-große, etwa 5 Millimeter dicke braunrote Frucht­

körper. Um ein Abdriften der Sporen zu er­ möglichen, sprengt er das Splintholz mit Hilfe spezieller Stemmleisten in großen Platten ab. Dabei entstehen manchmal wahre Kunstwerke. In Wirtschaftswäldern ist dieser Schillerporling außerordentlich selten. Stämme, die Anzeichen von Befall zeigen, werden bei der Durchforstung systematisch entnommen. Foto: G. Möller

Herr Möller, von Holz lebende Pilze sind für die Tierwelt in Naturwäldern von größter Bedeutung. Warum? Pilze, die Holz zersetzen, sind biochemi­ sche Multitalente. Um die Zellulose oder das Lignin aufzuschließen, mussten sie ausgeklügelte Enzymsysteme erfinden. Über die Jahrmillionen der Evolution ha­ ben die Gehölzpflanzen in einer Art Wett­ rüsten gelernt sich zu wehren. So lagern Eichen Gerbstoffe in ihr Kernholz ein, um Pilze aufzuhalten. Pilzarten wie der Leber­ reischling und Schwefelporling waren ihrer­ seits nicht faul und spezialisierten sich auf den Abbau eben dieser Gerbstoffe. Den meisten Insekten fehlen die für den Holzaufschluss nötigen Enzyme. Auch was bestimmte Aminosäuren, Spurenelemente oder Vitamine betrifft, sind viele auf Pilze ange­ wiesen. Last but not least ist es viel effizienter, nahrhafte Pilze zu fressen, als sich selbst mit dem widerspenstigen Holz herumzuschlagen. Die Mehrheit der Holzinsekten ist also strenggenommen den Pilzkonsumenten zuzurechnen.

Der Zahnhalsige Baumschwammkäfer lebt in Mulm­höhlen, die der Schiefe Schiller­porling in Buchen verursacht.

Welche Tiere profitieren von den Pilzen im Holz besonders? Etwa die Hälfte der rund 1500 holzbewoh­ nenden Käfer Deutschlands ist von ihnen direkt abhängig. Hinzu kommt eine unbe­ stimmte Zahl von Rindenwanzen und Pilzmücken, räuberischen Schlupfwespen und Erzwespen etc.

Georg Möller hat über die »Struktur- und Substrat­ bindung holzbewohnender Insekten« promoviert und war u. a. im Arbeitskreis Wald des BUND aktiv.

Etliche dieser Insekten sind heute sehr selten. Woran liegt das? An unserer Forstwirtschaft, die noch im­ mer viel zu einseitig an der Holzernte ausgerichtet ist. Rund die Hälfte des in Deutschland geschlagenen Waldholzes wird übrigens nicht einmal stofflich ver­ wertet, sondern sofort verbrannt. Welch unglaubliche Verschwendung! Wie müssen Politik und Forstwirtschaft dafür sorgen, dass unsere Wälder wieder pilzreicher werden, und somit vielfältiger und stabiler? Aus wissenschaftlicher Sicht gilt die fol­ gende Faustregel: Um die waldtypische Biodiversität mit einem stabilen Bestand an Urwaldreliktarten zu sichern, sind pro Hektar etwa zehn lebende, dicke Biotopbäume erforderlich, mit Höhlen, Mulmkörpern, verpilzten Stammarealen oder Astabbrüchen. Und dazu mindestens 40 Festmeter dickes Totholz, stehend und liegend. Von diesen Vorgaben sind die meisten Waldflächen in Deutschland weit entfernt. Über welchen Fund haben Sie sich zuletzt besonders gefreut? Über den Zahnhalsigen Baumschwamm­ käfer in einem Wald bei Templin. Dieses Urwaldrelikt ist eng an den erwähnten Schiefen Schillerporling gebunden. sz


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TITELTHEMA

BAUMSTERBEN

Mit dem globalen Handel haben sich einige Pilze weltweit verbreitet. Dies setzt heimischen Laubbäumen wie Ulme und Esche stark zu.

HEINZ KLÖSER ist stellvertretender Sprecher des Arbeitskreises Naturschutz.

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ilze bauen Biomasse ab und sind für den natürlichen Kreislauf deshalb unverzichtbar. Doch zahlreiche Mikropilze beginnen schon in lebenden Pflanzen damit und können schwere Krankheiten auslösen. So verursachen die (näher mit Algen verwandten) Eipilze der Gattung Phytophthora nicht nur die Krautfäule an Kartoffeln. Sie führen außerdem zu einer schleichenden Wurzelfäulnis sowie zu Rindennekrosen an Erlen und Buchen. Noch folgenschwerer sind zwei Seuchen, die durch echte Pilze hervorgerufen wurden: das Ulmen­ster­ben und das zurzeit grassierende Eschen­sterben.

ZWEI WELLEN

Foto: Amadej Trnkoczy /CC BY-SA 3.0

Das Ulmensterben löste ein ursprünglich aus Ostasien stammender Schlauchpilz aus. Die Sporen von Ceratocystis ulmi gelangten mit Furnierholz nach Europa –

und nach Nordamerika. Dort entwickelte sich aus dem asiatischen Pilz eine neue Form, die wieder mit Furnierholz nach Europa kam. Hier vernichtete sie in einer zweiten Welle auch die Ulmenklone, die man als Überlebende der ersten Welle schon für immun gehalten hatte. Inzwischen beobachtet man eine leichte Wiederausbreitung von Berg- und Feld­ ulme. (Flatterulmen waren von der Seuche weniger betroffen.) Ob sich ihre Bestände vollends erholen werden, ist mehr als fraglich.

TRAGISCHES SCHICKSAL Das Eschensterben trat erstmals 1992 in Polen auf, ausgelöst wieder durch einen ostasiatischen Schlauchpilz. Wie dieses Stängelbecherchen nach Europa kam, weiß man nicht, es wurde erst um 2010 als Verursacher erkannt. Da hatte es sich bereits über das gesamte Verbreitungs­ gebiet der Esche verteilt. Wie beim Ulmen­ sterben wachsen seine Fäden in die Leit­ bündel und verstopfen den Wassertrans­ port in die Krone, die dann vertrocknet.

Foto: H. Klöser

AUS FÜR ULME UND ESCHE?

Befallene Eschen vertrocknen von der Krone abwärts.

Der Pilz befällt auch junge Bäume, so­ bald deren Leitbündel weit genug sind. Ohne Verjüngung aber kann die Esche auf Dauer nicht überleben. Eigentlich hatte man große Hoffnung darauf gesetzt, dass die Esche mit der derzeitigen Klimakrise gut zurechtkommt. Dies macht ihr Schick­ sal nun noch tragischer.

HANDEL UND KLIMASTRESS Auch Tiere können von eingeschleppten Pilzkrankheiten betroffen sein. So wird der deutliche Rückgang unserer Amphi­ bien ebenfalls auf Mikropilze zurückgeführt, die ursprünglich in Afrika und in Südost­ asien heimischen Chytridien. Warum nur treten solche Erkrankungen heute weltweit stärker auf? Zum einen sicherlich wegen der Globalisierung des Handels. Doch setzt auch die Klimakrise vielen Arten zu. Und in gestressten Tieren und Pflanzen können Parasiten – auch einheimische – leichter Fuß fassen. Vielleicht schaffen es die betroffenen Arten, sich noch rechtzeitig gegen die ein­ geführten Pilze zu wappnen, bevor sie ihnen ganz zum Opfer gefallen sind. Die Hoffnung, dass die wenigen verbliebenen Individuen immun sein könnten, kann aber trügen. Möglich, dass die Übertragung der Pilze nur unterbrochen ist, bis sich der Bestand wieder etwas erholt hat und der Befall dann erneut einsetzt. Mit diesem Damo­kles­schwert müssen wir wohl leben.

Das Falsche Weiße Stängelbecherchen ist Auslöser des Eschensterbens.


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BUND AKTIV

KUNDIG WERDEN Von Führungen über Medienprojekte bis zu langjährigen Untersuchungen reicht die ­Bandbreite der Pilz-Aktivitäten im BUND.

Bestimmen leicht(er) gemacht

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anz frisch erst ist in Niedersachsen das BUND-Projekt »ID-Pilze« an den Start gegangen. Mithilfe einer neuen App (einer Erweiterung von ID-Logics mitsamt digitalem Bestimmungsschlüssel) erhalten junge Menschen die Möglichkeit, das Reich der Pilze kennenzulernen. Trotz ihrer ökologischen Bedeutung sind Pilze viel weniger erforscht als Pflanzen und Tiere. Die Zahl der Pilzkundigen ist klein und rückläufig, nicht mal jede*r zehnte ist unter 30 Jahre alt. Zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Myko­ logie und der Uni in Marburg will der BUND junge Menschen befähigen, ihre Artenkenntnis zu erweitern und sich pilz­ kundig am Schutz der Natur zu beteiligen. Bis zum Herbst 2023 sind mehrere Exkur­ sionen und Ausstellungen geplant. Wer Interesse hat, kann die App dann unter Anleitung ausprobieren.

Exkursion auf der Halbinsel Höri am Bodensee

HÖRI UND SCHWARZWALD

GUT BERATEN

Im Südwesten Deutschlands unterstützt der BUND Radolfzell seit 2017 eine län­der­ übergreifende Untersuchung der Halbinsel Höri. Deutsche und Schweizer Fachleute entdeckten hier am Bodensee bisher mehr als 600 Pilzarten. Dazu der Projektleiter Markus Rast: »45 der Pilze sind selten oder gefährdet. Für 21 Arten tragen unsere Länder eine besondere Verantwortung.« Kahlschläge im Zuge einer Borkenkäfer­ plage hätten zuletzt etliche wertvolle Pilz­ biotope auf der Höri zerstört. Rast fordert, seltene Pilze und ihre Lebensräume mehr als bisher zu berücksichtigen, sei es beim Management bestehender oder der Aus­ weisung neuer Schutzgebiete. Im nahen Schwarzwald ist mit Karin Pätzold aus Hornberg eine weitere BUND-­ Expertin aktiv. Sie schreibt Fachartikel über lokale Pilzfunde, bringt den Kindern der örtlichen Schule die Pilze nah, bietet Führungen auch im Nationalpark an und hilft bei der jährlichen Pilzausstellung am Feldberg. Und sie wünscht sich kundigere Forstbehörden, die ihr Handeln stärker auf den Schutz der Pilze ausrichten.

Herbstliche Exkursionen mit fachlicher Begleitung bieten übrigens etliche BUNDG­ruppen an. So organisiert Hans-Heinrich Stamer seit bald 20 Jahren Wanderungen in den Lübecker Stadtwald. Geprüfte Pilz­ kundler präsentieren hier jeden Septem­ ber eine große Artenvielfalt, Ergebnis eines besonders naturnahen Waldbaus. Zum Schluss werden alle Pilze bestimmt und die essbaren zubereitet und verköstigt. An die hundert Personen sind da schon zusammengekommen. Wer alleine sammelt, kann seine Funde in vielen Landkreisen begutachten lassen. In Berlin übernimmt das zur Hochsaison der BUND-Arbeitskreis »Pilzkunde und Ökologie«. Dazu die Vorsitzende Tamara Pilz-Hunter (sie heißt tatsächlich so ...): »Einmal wöchentlich sichten wir die Körbe, bestimmen gemeinsam und sortieren die unverträglichen Fundstücke aus.«

Pilzvielfalt aus dem Lübecker Stadtwald, erläutert vom Sachverständigen Harry Käding

BESSER WIRTSCHAFTEN Entscheidend aber für den Schutz der Pilze bleibt der fortdauernde Einsatz des BUND für eine naturnahe Wald- und Land­ wirtschaft. Weniger düngen, monotone Nadelforste in vielfältige Mischwälder umbauen, mindestens ein Zehntel der deutschen Waldfläche aus der Bewirt­ schaftung nehmen, im fränkischen Stei­ gerwald einen Nationalpark schaffen – würde die Politik Forderungen wie diesen endlich Folge leisten, käme dies auch den heimischen Pilzen zugute. sz


WIRTSCHAFT & TECHNIK

Wirksamen Klimaschutz statt Augenwischerei forderte ein Bündnis von Verbänden anlässlich der Überarbeitung des bayerischen Klimaschutzgesetzes.

ENERGIEWENDE VORANBRINGEN

SCHLUSS MIT DEN LEEREN VERSPRECHEN ! Atomkraft und Wasserkraft sind keine echte Unterstützung im Kampf gegen den Klimawandel. Bayern braucht ein wirksames Klimaschutzgesetz.

er die bayerische Politik dieser Tage verfolgt, könnte denken, dass die Energiewende an der kleinen Wasserkraft hängt und die Atomkraft Bayern sicher durch den Winter bringt. Tatsächlich ist ihr Einfluss auf die Energieversorgung Bayerns ist sehr gering. Zudem bringen beide Energieformen erhebliche negative Einflüsse mit sich. Von etwa 4200 Wasserkraftanlagen in Bayern gehören 4000 zur sogenannten Kleinwasserkraft mit jeweils weniger als ein Megawatt Leistung. Diese über 90 Prozent aller Anlagen liefern aber nur neun Prozent des gesamten Wasserkraft­ stroms und damit nur 1,3 Prozent des ge­

NEUER SPRECHER DES ARBEITSKREISES ENERGIE UND KLIMA t

W

riva

BN-Referent für Energie und Klimaschutz

samten bayerischen Stroms. Aber sie füh­ ren zu massiven Eingriffen in die Ökosys­ teme der Flüsse und Bäche und zerstören wertvolle, artenreiche Lebensräume. Statt die Europäische Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen, die verlangt, dass alle Ge­

»Ich bin Micha Sörgel, 23 Jahre jung und bin im oberbayerischen Lenggries aufgewachsen. Seit knapp zehn ­Jahren bin ich ehrenamtlich aktiv, seit 2019 insbesondere in der Klima­ bewegung. So habe ich 2020 auch zum BN-Landesarbeitskreis Energie und Klima gefunden. Meinen Bachelor habe ich in Regensburg an der OTH

zu »Regenerative Energie­ technik und Energieeffizi­ enz« gemacht und studiere ge­ rade im Master »Erneuerbare Energien­ ­Management« in Erfurt. Ich möchte in den Arbeitskreis Energie und ­ Klima f­ rische Ideen einbringen und freue mich auch auf weitere neue Mitglieder.«

:p

MICHAEL REMY

wässer bis 2027 in einen guten ökologi­ schen Zustand zu versetzen sind, werden so weiterhin Wanderfischarten gefährdet, angrenzende Auen als Baugebiete oder Maisäcker missbraucht und Ufer ver­ steint. Der BUND Naturschutz fordert deshalb, dass die Politik keine Anreize für einen weiteren Ausbau der Wasserkraft gibt. Die drei deutschen Atomkraftwerke, die noch in Betrieb sind, liefern lediglich circa fünf Prozent der deutschen Stromproduk­ tion. Ministerpräsident Markus Söder hat sich mehrfach für einen Weiterbetrieb ausgesprochen, mit der sachlich völlig falschen Begründung, sie könnten russi­ sches Gas ersetzen. Richtig ist: AKWs produzieren Strom, und Gasheizungen können eben nur mit Gas und nicht mit Strom betrieben werden. Zudem ist Atom­ kraft hochgefährlich, mit unkalkulierba­ ren Risiken für die jetzige und nachfolgen­ de Generationen. Leider bleibt auch die neue Version des bayerischen Klimaschutzgesetzes ein zahn­loser Papiertiger. Was Bayern jetzt braucht, ist ein Energiesparprogramm und ein massiver Ausbau von Windkraft und Photovoltaik, den günstigsten erneu­ erbaren Energieformen, die einen sehr kleinen Einfluss auf die Biodiversität ha­ ben. Nachdem die CSU fast zehn Jahre den Ausbau der Windkraft in Bayern blo­ ckiert hat, schafft das neue Wind-anLand-Gesetz des Bundes faktisch die 10-H Regel ab und sorgt für frischen Wind beim Ausbau der Erneuerbaren Energien.

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Foto: BN

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WIRTSCHAFT & TECHNIK 23

Foto: Next2Sun GmbH

AGRI-PHOTOVOLTAIK

Wiesenmahd zwischen senkrecht aufgestellten Modulen

SOLARSTROM

RASCH AUSBAUEN Neben dem Wind müssen wir auch die Sonne stärker nutzen, um uns mit Energie versorgen zu können und das Klima zu schützen. Der BUND hat sich neu positioniert, wie ein naturverträglicher Ausbau auf Dächern und im Freiland gelingen kann. WERNER NEUMANN

KAI FROBEL

ist Sprecher des B ­ UNDArbeitskreises Energie.

ist Sprecher des BUNDArbeitskreises Naturschutz.

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trom aus Photovoltaik spielt eine immer wichtigere Rolle für Deutschlands Energiewende. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt, dass wir bis zu 350 Gigawatt mithilfe der Photovoltaik gewinnen müssen. Dabei ist einberechnet, dass der Strom so sparsam wie möglich verwendet wird, ob in Wärmepumpen oder zum Beispiel in der Elektromobilität.

VORRANG FÜR GEBÄUDE Der Bundesvorstand hat dazu eine neue Position beschlossen. »So viel Photovol­ taik auf dem Dach wie möglich – so viel Photovoltaik im Freiland wie nötig«, lautet

das Fazit. Darin fordert der BUND einen Vorrang für Photovoltaik auf Dächern und Fassaden, an Lärmschutzwänden oder auf Parkplätzen. Allein 250 Gigawatt ließen sich aus un­ serer Sicht durch eine gesetzliche Pflicht gewinnen, alle geeigneten Gebäude und versiegelten Flächen mit Solarmodulen zu bestücken. Auf freier Fläche müssten dann nur noch 100 Gigawatt gewonnen werden. Eine derartige Aufteilung hilft Nutzungskonflikte zu vermeiden. Für ebenso wichtig halten wir gesetzliche Erleichterungen für die Erzeugung von Ei­ gen- oder Mieterstrom und für bürgerliche Energiegemeinschaften.

Wir müssen das Klima besser schützen und unabhängiger von Energieimporten werden. Hier drängt die Zeit. Darum sind Solaranlagen auch im Freiland nötig. Der BUND fordert ihren Bau planerisch zu steuern und mit klaren ökologischen Standards zu verbinden. So wollen wir verhindern, dass riesige Flächen mit Solarmodulen zugepflastert oder mit sterilem Rasen unterlegt werden. Agri-Photovoltaik verknüpft die Erzeu­ gung von Solarstrom und landwirtschaft­ lichen Produkten auf ein und derselben Fläche. Relativ aufwendig ist es, (zumeist Obst-)Kulturen mit Solarmodulen zu über­ dachen, was den Pflanzen Schutz bietet. Mehr Potenzial verspricht es, wenn die Solarmodule platzsparend senkrecht auf­ gestellt werden und die Sonne von Osten und Westen nutzen. Dabei geht höchstens ein Zehntel der Agrarfläche verloren. Auch klassisch schräg Richtung Süden ausgerichtete Anlagen lassen sich natur­ verträglich bewirtschaften, mit extensiv genutzten Wiesen und Brachen und dem Verzicht auf Dünger und Pestizide. Zahl­ reiche Leitfäden zeigen, wie das geht.

MODULE STATT MAIS Insgesamt genügen ohnehin 0,5 Prozent der deutschen Landfläche, um mittels Photovoltaik im Freiland 100 Gigawatt zu gewinnen. Zum Vergleich: Derzeit werden allein auf 7 Prozent oder 2,5 Millionen Hektar Energiepflanzen wie vor allem Mais angebaut. Photovoltaik bringt auf gleicher Fläche die 30- bis 50-fache Menge an Energie. Schließlich lassen sich Freiflächen auch für die Solarthermie nutzen, um Wärme­ netze zu versorgen. Ein Vorbild ist hier Dänemark.

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Mehr zum Thema Die neue BUND-Position finden Sie unter www.bund.net/position-photovoltaik. ­Gutes Beispiel für PV auf freier Fläche: www.buergerenergiebodensee.de/ projekte/solarpark-mooshof (mit einem schönen Kurzfilm auf Youtube)


WIRTSCHAFT & TECHNIK

NEUN-EURO-TICKET Gerade auf dem Land gibt es beim Bahnausbau noch viel zu tun.

BAHNVERKEHR IN BAYERN

WO BLEIBT DER AUSBAU? Der Verkehr ist mit seinen hohen CO2-Emis­ sionen weiterhin das Sorgenkind in der ­Klimapolitik. Zu einer echten Mobilitäts­wende gehört der Bahnverkehr und für den ist es, ­besonders in Bayern, allerhöchste Eisenbahn. MARTIN GEILHUFE BN-Landesbeauftragter

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eider ist die Bahn seit vielen Jahren sehr stiefmütterlich behandelt worden; die Politik hat einseitig auf das Auto gesetzt. Mittlerweile sehen wir die massiven Folgen dieser Fehlentscheidungen. Die politischen Weichen müssen jetzt für eine Umschichtung von Finazmitteln ge­ stellt werden. Statt weiter Geld in den Straßenbau zu pumpen, müssen wir in den Erhalt, den Neu- und Ausbau und die Reaktivierung von stillgelegten Strecken investieren. In Zeiten der sich dramatisch zuspitzenden Klimakrise sind wir an dem Punkt, dass wir dringend im Verkehrssek­ tor die CO2-Emissionen senken müssen. Das kann nur gelingen, wenn massiv auf die Verbesserung der Bahn gesetzt wird.

365-EURO-TICKET Die Menschen müssen motiviert werden, auf die Bahn und den ÖPNV umzusteigen.

Ein wichtiger Schritt ist die temporäre Einführung des Neun-Euro-Tickets. Der ­ BUND Naturschutz fordert schon lange die Einführung des 365-Euro-Tickets. Das politische Ziel, die Fahrgastzahlen bei der Bahn bis 2030 gegenüber dem Jahr 2019 zu verdoppeln, ist gesetzt. Doch der Weg dahin ist nicht ausreichend definiert. Der BUND Naturschutz setzt sich seit Jahren für eine bessere und ver­ lässliche Bahn in Bayern ein und hat sich lokal für Reaktivierungen ausgesprochen. Für die Erreichung der Ziele ist auch der Deutschlandtakt ein wichtiges Werkzeug. Dieser ist ebenso eine sehr alte Forde­ rung des BUND Naturschutz. Bei der Umsetzung wird es auch für uns Umweltverbände Diskussionen und innerökologische Konflikte geben. Um diese Diskussionen erfolgreich für Naturund Umweltschutz führen zu können, hat der BUND Naturschutz renommierte Gut­ achter beauftragt, die Projekte des Deutschlandtakts in Bayern untersuchen zu lassen. Die Ergebnisse werden im nächsten Heft vorgestellt.

Über 20 Millionen Menschen haben allein im Juni das Neun-Euro-Ticket gekauft – zusätzlich zu den zehn Millionen, die schon bisher ein ­ÖPNV-Abo haben. Das heißt: Mehr als ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland hat sich für den öffent­ lichen Nahverkehr entschieden – als Ergänzung zum Auto oder sogar als Alternative. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Spürbar weniger Verkehr auf den Straßen und deutlich weniger Staus. In den Regionalzügen verzeich­ nete das Statistische Bundesamt allein bei Fahrten über 30 Kilometer einen Anstieg um 42 Prozent ge­ genüber dem Vor-Covid-Jahr 2019.

Auch wenn für die vielen kürzeren Strecken in Bussen, S-, U- und ­Straßenbahnen noch keine Zahlen vorliegen: Es ist offensichtlich, dass Millionen Menschen vom Auto ­umgestiegen sind. Und obwohl viele Züge voller ­waren als sonst – das von man­ chen befürchtete große Chaos im ÖPNV ist ausgeblieben. Im Gegen­ teil hat das Neun-Euro-Ticket wohl als große Werbemaßnahme für Bus und Bahn gewirkt. Das zeigt auch eine Online-Befragung des BN, ­deren Ergebnisse auf der Home­ page und den Social-Media-Kanälen nachzulesen sind.

Foto: AdobeStock/ARochau

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WIRTSCHAFT & TECHNIK 25

KRYPTOWÄHRUNGEN

Foto: GettyImages

FINGER WEG ! Crashen fürs Klima: Warum Bitcoin gerne abstürzen darf.

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it nur einhundert Euro Startkapital in drei Monaten reich werden? Selbsternannte Finanzexperten werben auf Youtube noch immer dafür, in Bitcoin und anderes Kryptogeld zu investieren. Diese Hoffnung auf schnellen Profit ist in den vergangenen Monaten geplatzt. Was aber sind Kryptowährungen eigentlich? Und wie wirken sie auf die Umwelt? Kryptowährungen sind digitale Vermögens­ werte, die gehandelt werden und als Zah­ lungsmittel dienen können. Damit sie nicht einfach kopiert und gefälscht werden können, sind alle Käufe, Verkäufe und Zahlungen in einem öffentlichen Kassen­ buch notiert. Dieses ist auf vielen Rech­ nern gespeichert. Geschützt ist es durch verschiedene Verschlüsselungsverfahren, bekannt als »Blockchain«. Dank ihnen funktionieren die Krypto­währungen ohne Kontrolle der Banken.

EXTREME SCHWANKUNGEN Die gängigste Kryptowährung ist Bitcoin. Als sie 2009 in Umlauf kam, lag der Wechselkurs beim Bruchteil eines Cents. Goldgräberstimmung verbreitete sich, als Bitcoin knapp zehn Jahre später rasant an Wert ge­ wann. 2021 erreichte der Kurs beinahe 70 000 Dollar pro Bitcoin.

Rechenzentren, in denen Bitcoins geschürft ­werden, verbrauchen extrem viel Strom.

Kryptowährungen haben keinen reellen Gegenwert. Auch darum sind sie extremen Schwankungen ausgesetzt. Seit Jahres­ beginn befinden sich viele im freien Fall. Besonders hart trifft das jene, die ihr gan­ zes Vermögen in Bitcoin gesetzt haben. El Salvador, wo Bitcoin seit 2021 als offizielles Zahlungsmittel gilt, steht vor dem Staatsbankrott.

MEHR STROM ALS SCHWEDEN Für die Umwelt ist der Wertverlust eine gute Nachricht. Denn die Erschaffung neuer Bitcoins verbraucht mehr Energie als ganz Schweden. Würde Bitcoin flächen­ deckend als Zahlungsmittel eingesetzt, könnte allein das die Erde um über zwei Grad erwärmen, so eine Studie. Warum verbraucht Bitcoin so viel Strom? Um die globalen Transaktionen zu pro­ tokollieren, wetteifern Bitcoin-Goldgräber (Rechenzentren oder private Computer) darum, die schnellsten zu sein. Wer die Transaktionen als erstes bestätigt, erhält zur Belohnung Bitcoins. Für diese doppelt und dreifach verrichtete Arbeit laufen unzählige Rechenzentren, angetrieben mit zumeist fossiler Energie. Fällt der Wert von Bitcoin, lohnt dieses Geschäft oft nicht mehr. Rechenzentren schließen, der Energieverbrauch sinkt. Auch fällt weniger Elektroschrott durch die ständige Erneuerung der Hardware an.

Ein kompletter Crash von Bitcoin wäre daher gut für den Schutz unserer Erde.

GEHT BITCOIN AUCH GRÜN? Ganz verschwinden werden die Krypto­ währungen erst mal nicht. Viele fordern deshalb mehr erneuerbare Energien ein­ zusetzen und den Bitcoin-Code energie­ sparender zu gestalten. Doch wie sinnhaft sind Kryptowährungen überhaupt? Bisher dienen sie hauptsächlich als Geldanlage oder zur Spekulation. Da ihr Wert so schwankt, eignen sie sich kaum als Zahlungsmittel. Zudem erlauben sie keinerlei demokratische Kontrolle. Auch darum hat (nicht nur) die EU damit begonnen, den Handel mit Kryptowährungen stärker zu regulieren. Fazit: Wer das Klima und sein Erspartes retten möchte, sollte von Bitcoin und an­ deren Kryptowährungen die Finger lassen. Louise Kaufmann Projektmitarbeiterin des BUND für Digitalisierung und Umweltpolitik

Aktiv werden Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie digitale Industrie und Umweltkrisen zusammenhängen? Dann melden Sie sich jetzt zur Bits & Bäume-Konferenz an, 30.9. bis 2.10. in Berlin: www.bund.net/ bitsbaeume-konferenz-2022


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NATUR IM PORTRÄT

Pflanzenporträt

PFLANZENPORTRÄT

GEMEINE BRAUNELLE Als kleiner lila Sommerblüher m ­ it viel Nektar und einer genialen Mischung an Wirkstoffen ist d ­ ie Gemeine B ­ raunelle eine ideale Insektenweide sowie eine bei uns fast vergessene Würz- und Heilpflanze. ie Prunella vulgaris liebt sonnige, nährstoffreiche und leicht feuchte Standorte und wächst auf Weiden, Wiesen, Rasen und an Wegrändern. Mit Über­ dauerungsknospen direkt an der Erd­oberfläche kann ein Rasenmäher ihr wenig anhaben. Sie vermehrt sich über kriechende Aus­ läufer und Samen, die durch Regentrop­ fen aus dem Kelch geschleudert werden. Diese sind in feuchtem Zustand klebrig und werden über Tierpfoten und Schuh­ sohlen verbreitet.

BRAUNELLEN

(Prunella) – Lippenblütler Unsere häufigsten Arten: • Gemeine Braunelle (Prunella ­vulgaris): oberstes Blattpaar direkt am Grund des Blütenstandes, ­häufig und ungefährdet • Großblütige Braunelle (Prunella grandiflora): erstes Blattpaar mit Abstand zur größeren Blüte, ­ Rote Liste Vorwarnstufe • Weiße Braunelle (Prunella ­laciniata): Rote Liste 3 – gefährdet • Endemische Arten auf Kreta, in ­Albanien, im Mittelmeerraum • Leichte Verarbeitung und ungiftig, aber die ärztliche Kontrolle nicht vergessen!

Ihren Nektar lieben Hautflügler wie Hummeln und Bienen, deshalb Vorsicht beim Barfußgehen. Aber auch verschie­ dene Bläulinge, Weißlinge und der Mauer­ fuchs sind hier zu sehen. Die Stahlblaue Mauerbiene nutzt die Pollen zur Larven­ aufzucht. In der chinesischen Medizin wird die Gemeine (oder auch Kleine) Braunelle seit Jahrtausenden geschätzt (in der heutigen TCM vor allem als Leber- und Gallenmit­ tel), ebenso in Kaschmir, Indien und bei der indigenen Bevölkerung Nordameri­ kas. Sie gilt als Allheilmittel. In Asien wird deshalb viel geforscht über ihre Wirksam­ keit bei Erkrankungen wie Krebs, Diabe­ tes, AIDS und anderen Viruserkrankun­ gen. Hierzulande ist sie fast vergessen, obwohl sie im Mittelalter als Wundkraut und bei Diphterie verwendet wurde. Volks­

Fotos: Irmela Fischer

D

tümliche Bezeichnungen der Pflanze wie Gottheil, Tischlergras oder der englische Name Selfheal deuten auf diese Wirkung hin. Heute weiß man: Sie ist anti­mikrobiell, antioxidativ, leberschützend, blutdruck­ senkend, harntreibend, entzündungshem­ mend, antiviral, wundheilend sowie tumorund HIV-hemmend. Die Kleine Braunelle lädt ein zum Sel­ bermachen: Blütenköpfchen sammeln, frisch oder getrocknet für Tee bei Erkäl­ tung, Halsschmerzen, Zahnfleischentzün­ dungen oder als Wundauflage, zermahlen als Gewürz oder im Kräutersalz, in Wein gesotten oder als Tinktur zum Betupfen von Herpes-Bläschen und zum Gurgeln, Öl oder Salbe bei Wunden und Sonnen­ brand. Genial als Notfallmittel bei Verlet­ zungen unterwegs: ein Blätterverband für frische Wunden. Welch Schatz in Natur und Gärten! IRMELA FISCHER Die Autorin arbeitet selbststän­ dig als Naturbegleiterin und Um­ weltpädagogin. Sie bietet auch für den BUND Naturschutz und das NEZ Allgäu Exkursionen und Kräuterwanderungen an.

Ein hübscher Anblick für uns Menschen und ein Schlemmerbüffet für Insekten: die Kleine Braunelle in Blüte


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BN AKTIV + NAH

Gartentipp 27

­ erde. Auch Herbststeckzwiebeln und w Schnitt­ knoblauch bieten frisches Grün. So gelingt bis zu den Frühfrösten noch eine Selbstversorgung aus dem eigenen Garten oder vom Balkon.

Foto: Martina Gehret

WOHIN MIT DEM LAUB?

Wer Laubhaufen im Garten liegenlässt,­ bietet Igeln ein Winterquartier

Wenn sich der Herbst ankündigt und die ersten Blätter fallen, stellt sich auch wie­ der die Frage: Wohin mit dem Laub? Die beste Alternative ist, die Blätter im Garten rund um Bäume aufzuschichten oder un­ ter Sträuchern zu verteilen. Dies dient gleichzeitig als Düngung. Damit das Laub beim nächsten Sturm nicht gleich wieder verweht wird, muss es befestigt werden. Dazu das Laub auf der »Baumscheibe« mit alten Holzbrettern oder den abgeern­ teten Bohnenstangen beschweren. Das verrottende Laub bildet eine dicke Mulch­ schicht, aus der Nährstoffe zu den Wur­ zeln der Bäume und Sträucher gelangen und sie düngen. Im Frühjahr kann dann zusätzlich auch noch Kompost für guten Fruchtertrag auf­ gepackt werden. Bringt man nicht alles unter, dann das Laub neben dem Kom­ post zu einem großen Haufen aufschich­ ten und ebenfalls ein wenig befestigen. So entsteht auch gleich ein Winterquar­ tier für Igel. Laubsauger sollten tabu sein, denn ne­ ben Lärm und Abgasen, die den Benutzer selbst schädigen und die Nachbarn stö­ ren, werden mit dem angesaugten Laub Insekten, wie Würmer, Spinnen oder Käfer angesaugt und getötet und oberflächli­ che Humusschichten weggeblasen, die den Rasen vor dem Austrocknen oder vor Frostschäden schützen.

UMWELTFREUNDLICH GÄRTNERN

DER GARTEN IM HERBST Wer der Natur Gutes tun will, fängt im eigenen Garten an. Gerade im Spätsommer und Herbst bieten sich dazu viele Gelegenheiten.

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ichtiger Umgang mit Laub oder Aussaat von Blühflächen: Jetzt ist eine gute Zeit, um eine naturnähere Gartengestaltung auszuprobieren.

WIESE STATT RASEN Im Nutzbereich unseres Gartens haben wir meist den kurzgehaltenen Rasen zum Sitzen, Liegen, Spielen und Feiern. Regel­ mäßig gemäht bleibt er aber grün, nicht bunt. Doch jetzt im Spätsommer ist ein guter Zeitpunkt, Neues zu wagen und z. B. im Randbereich des Rasens eine Fläche anzulegen, bei der Sie künftig nur noch zwei oder dreimal im Jahr und nicht vor Anfang Juli mähen, so dass Wiesenblu­ men zum Blühen kommen können. Geeig­ netes Saatgut erhalten Sie im BN-Shop oder beim Netzwerk blühende Land­ schaft. Für die Herbstaussaat auf sonni­ gen Standorten eignen sich Saatgutmi­ schungen wie »Wiesenblumen«, »Schmet­ terlings- oder Wildbienensaum« oder

»Spät­sommer­ansaat Blühende Land­ schaft mehrjährig«. Damit die Saat auch aufgeht, muss die ausgewählte Fläche umgegraben und von Rasensoden und Wurzeln gründlich befreit werden. Recht­ zeitig beginnen, damit die Brachfläche noch zwei bis drei Wochen liegen bleiben und vor der Saat nochmals gejätet wer­ den kann. Spätestens bis Ende Septem­ ber sollte eingesät sein. Die Fläche sollte dann bis zum Aufgang der Saat feucht ge­ halten werden.

IM NUTZGARTEN Ab Ende August und bis in den Oktober hin­ein können im Gemüsebeet die Herbst­ saaten von Feldsalat und Spinat angelegt werden. Eine erste Ernte im Herbst und eine weitere im darauffolgenden Frühjahr ist möglich. Im Hochbeet oder anderen abdeckbaren Bereichen können weitere Salatsorten gesät oder auch noch Wir­ sing, Kohlrabi oder Fenchel gepflanzt

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TIPPS & PRODUKTE Produkte für den Garten: www.service.bund-naturschutz.de Gartentipps: www.bn-onlineshop.de


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NATUR IM PORTRÄT

Naturschutz

Foto: Markus Martini

Foto: Ökologische Bildungsstätte Oberfranken

Länderübergreifende Zusammenarbeit: Karin Kowol vom BUND Thüringen und Dietrich Förster von der Ökologischen Bildungsstätte in Mitwitz bei der Bestandserhebung im Grünen Band

Das Männchen des Fadenmolches mit kurzem Faden am Schwanz und Schwimmhäuten an den Hinterfüßen

SCHUTZ FÜR GEFÄHRDETE ARTEN

EINEM KLEINEN UNBEKANNTEN AUF DER SPUR Gibt es den Fadenmolch noch im Frankenwald? Und wenn ja, wie geht es der Lurchart? Die erste Bilanz eines Projektes zeigt: Er ist noch da, aber er braucht Hilfe.

D

er Fadenmolch (Lissotriton helveticus) hat in Bayern seinen Verbreitungsschwerpunkt im Frankenwald, in der Rhön, im Spessart und im Odenwald. Deshalb trägt Bayern eine ganz besondere Verantwortung für den Erhalt dieser Art, denn hier im Frankenwald liegt die südöstliche Verbreitungsgrenze. Erste Nachweise des Fadenmolches im Frankenwald gelangen in den 1970er Jah­ ren. Insgesamt aber ist über sein Vorkom­ men in dieser Region bisher recht wenig bekannt. Deshalb führt der BUND Natur­ schutz gemeinsam mit der Ökologischen Bildungsstätte Oberfranken (Naturschutz­ zentrum Wasserschloss Mitwitz) das Pro­

jekt »Der Fadenmolch im Frankenwald« durch. Das Projekt hat 2021 begonnen und läuft bis 2024. Gefördert wird es über Landschaftspflege- und Naturparkricht­ linien-­ Mittel des Bayerischen Staatsmi­ nisteriums für Umwelt und Verbraucher­ schutz.

PIONIER IN STEHENDEN GEWÄSSERN Ziel des Projektes ist es, der Verbreitung des Fadenmolches auf die Spur zu kom­ men. Von den Erkenntnissen profitieren auch andere Molche, Amphibienarten und weitere, wie etwa Libellen. Auf Basis die­ ser Erkenntnisse geht es dann an die Aus­

arbeitung und Umsetzung entsprechen­ der Schutzmaßnahmen. Dafür braucht es möglichst viele helfende Hände. Bei der Erfassung und Beurteilung der Gewässer arbeitet die Projektleitung deshalb mit dem Büro für Ökologische Studien in Bay­ reuth und interessierten Ehrenamtlichen der Naturschutzverbände zusammen. Die Gewässer, die als Lebensraum in Frage kommen und untersucht werden, sind sehr vielfältig: vom ehemaligen Floß­ teich über Fischteiche, Dorfteiche, Tüm­ pel bis hin zu Wagenspuren, in denen sich Wasser hält. Um die Fadenmolche zu fin­ den, benutzen die Mitwirkenden Molch­ reusen oder Kescher – oder einfach ihren geübten Blick. Den Fadenmolchen soll da­ bei natürlich nichts passieren, deshalb werden die Tiere nach der Bestimmung wieder in das Gewässer zurückgegeben. Von den 44 zu Beginn des Projektes be­ kannten und in der bayerischen Arten­ schutzkartierung in den vergangenen 50 Jahren erfassten Gewässern konnten Fa­ denmolche nur noch in sieben Gewässern


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NATUR IM PORTRÄT

Naturschutz 29

Foto: Ökologische Bildungsstätte Oberfranken

FADENMOLCH

Heimat für Fadenmolche: der Schwarze Teich, ein ehemaliger Floßteich, am Grünen Band

nachgewiesen werden. Inzwischen haben die Mitwirkenden am Projekt aber in wei­ teren 25 Tümpeln und Teichen im Fran­ kenwald Fadenmolche entdeckt. Der Fadenmolch besiedelt als Pionier­ art vor allem stehende, (noch) fischfreie Gewässer. Beeindruckt hat die Fachleute, dass neue, erst zwei Jahre alte Gewässer im Frankenwald schon Lebensraum für den Fadenmolch sind.

ERSTE SCHUTZMASSNAHMEN Aufbauend auf diesen Untersuchungen folgen im Rahmen des Projektes, ergän­ zend zu den zahlreichen Aktivitäten der beiden Forstbetriebe Rothenkirchen und Nordhalben der Bayerischen Staatsfors­ ten, die Anlage und die Optimierung von stehenden Kleingewässern als neue Le­ bensräume für den Fadenmolch. Ehemals stark vom Fadenmolch besie­ delte Gewässer wie beispielsweise frühe­ re Floßteiche eignen sich wegen des ho­ hen Fischbesatzes derzeit kaum mehr als Fadenmolchlebensraum. Dazu gehören auch ältere Biberseen; jüngere Biberge­ wässer eignen sich wiederum sehr. Eine wichtige Schutzmaßnahme ist deshalb auch die Reduzierung des Fischbesatzes in ehemaligen Lebensräumen des Faden­ molchs. Fische gehören zu den Fressfein­ den der Lurchart und können diese ver­ drängen, wenn der Besatz zu hoch und die Teichstruktur ungünstig ist.

Der Frankenwald ist Teil des Thürin­ gisch-Fränkischen Schiefergebirges, das heißt, er bildet mit dem Thüringer Schie­ fergebirge einen Naturraum. Deshalb wer­ den über das Projekt »Quervernetzung Grünes Band« des BUND Untersuchungen und Maßnahmen auch auf Thüringen aus­ geweitet. Einige Lebensräume des Faden­ molches befinden sich anteilig in Bayern und in Thüringen. So geht die Landes­ grenze beispielsweise beim ehemaligen Floßteich im Oberlauf des Rosenbaum­ baches mittendurch. Hier bietet die Le­ bensader Grünes Band auch der kleinen Molchart wertvolle Lebensräume. Besonders im Fokus haben die Projekt­ mitarbeiter hier Täler, die mit Fichten auf­ geforstet wurden. Mit der Entnahme von Fichten und dem Anlegen von Gewässern helfen die Mitwirkenden hier dem Faden­ molch, neu oder wieder heimisch zu wer­ den. Diese Maßnahmen werden in den kommenden Jahren weiter ausgebaut. Geplant ist außerdem, in einigen Gewäs­ sern den Fischbesatz zu reduzieren. So können frühere Fischteiche wieder zu Le­ bensraum für den Fadenmolch werden, damit der Frankenwald eine Heimat für die kleine Lurchart bleibt. Dietrich Förster (lf)

Der Fadenmolch (Lissotriton ­helve­ticus) ist ein Schwanzlurch aus der Familie der Echten ­Salamander und Molche (Salamandridae). Unter den mitteleuropäischen Schwanzlurchen ist der Faden­ molch der kleinste Vertreter: Das Männchen erreicht eine Länge von rund 8,5 Zentimeter, das etwas grö­ ßere Weibchen misst etwa 9,5 Zen­ timeter. Namensgebend war das Männchen mit seinem fadenförmi­ gen Schwanzanhang im Balzkleid. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in Frankreich. In Deutschland kommen Fadenmolche vor allem im Westen vor, so im südlichen Nieder­ sachsen, Teilen Nordrhein-West­ falens, im Saarland, in Rheinland-­ Pfalz, Hessen und Baden-Württem­ berg. Die östlichsten Vorposten der Verbreitung liegen im Elstergebirge sowie im Thüringer Wald, Franken­ wald und Harz. Zusammenhängende Laubwald­ gebiete der Mittelgebirge sind der Hauptlebensraum dieser Art. Dort finden die Molche geeignete ­Kleingewässer zur Fortpflanzung. ­ Die Alttiere sind ab Februar/März bis in den Frühsommer im Gewäs­ ser. Laichzeit ist von März bis Mai. ­Fadenmolche e ­ rnähren sich von ­Insekten, Würmern und ähnlichen Kleintieren, im W ­ asser auch von ­Insektenlarven, Wasserasseln. Die Larven, die sich aus den bis zu 450 Eiern entwickeln, welche ein Weibchen pro Saison hervorbringen kann, benötigen nach einer dreibis vierwöchigen Embryonalphase noch zwei bis drei Monate bis zur Metamorphose. Beim Landgang sind sie 20 bis 35 Millimeter groß. Ihre Geschlechtsreife erreichen ­Fadenmolche erst im zweiten Le­ bensjahr.


SPANDAUER FORST

Foto: M. Krauß

WENIGER WÄRE MEHR Er zählt zu den wertvollsten Wäldern der Hauptstadt. Doch die Berliner Wasserbetriebe fördern im Spandauer Forst seit Jahrzehnten zu viel Wasser. Der Wald und seine g ­ eschützten Moore leiden darunter.

S

eit 30 Jahren gibt es das Netzwerk »Natura 2000«. Ihm ist es zu verdanken, dass die wertvollsten europäischen Naturlandschaften heute zumindest auf dem Papier gut gesichert sind. Doch an den Knotenpunkten dieses Netzes, in den FFH- und Vogelschutzgebieten, klaffen Anspruch und Wirklichkeit oft weit auseinander. In Deutschland sind die Defizite besonders groß. Darauf weisen unsere Reportagen im BUNDmagazin seit vielen Jahren hin. Auch im Spandauer Forst treten die Versäumnisse deutlich zutage.

NATUR AUS ZWEITER HAND Anfang Juni zeigt sich das Teufelsbruch von seiner besten Seite. Frösche quaken im Flachwasser um die Wette. Im Schilf

lärmt ein Drosselrohrsänger, ein paar Meter weiter blühen gelbe Schwertlilien am Ufer. In den Baumkronen singen Pirol, Hohltaube und Trauerschnäpper. Und tief aus dem Inneren des Waldes dringen die wilden Rufe des Schwarzspechtes. Wie gut, hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Ganz voller Leben, so wirkt das Feucht­ gebiet an diesem sonnigen Tag. Und hat doch kaum mehr etwas gemein mit dem Lebensraum, der eigentlich geschützt werden soll. Denn der Durst der Berliner hat dem mäßig nährstoffhaltigen Verlan­ dungsmoor, das einst hier lag, längst das Wasser abgegraben. Manfred Krauß, der Experte des Berliner BUND, beobachtet die Entwicklung des Spandauer Forstes

Die BUND-Fachleute Angela von Lührte und ­ Manfred Krauß beim Ortstermin am Teufelsbruch

seit Jahrzehnten: »Schon vor 30 Jahren war allen Beteiligten klar, dass die vielen Brunnen hier zu viel Wasser fördern.«

TÜMPEL STATT MOOR Als der Spiegel des Grundwassers da­ mals sank, drangen Erlen in das Moor ein. Die Wasserbetriebe reagierten, zapften die nahe Havel an und stauten das Teu­ felsbruch künstlich auf. Den Erlen bekam die Flutung nicht, ihre Skelette ragen heu­ te überall aus dem Tümpel. Der Grund­ wasserspiegel dagegen hob sich kaum. Seit mit dem Havelwasser reichlich Nährstoffe ins Gebiet gelangen, breiten


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NATUR IM PORTRÄT 31

Trockengefallenes Nebenmoor des Teufelsbruchs im Spandauer Forst.

TEGELER FORST

TEGELER FORST

Landschaftsschutzgebiet Naturschutzgebiet

HAVEL

TEGELER FORST

Blühende Sumpf-Schwertlilie

Foto: Brais Seara Fernandez/BIA

HAVEL

Foto: M. Krauß

HAVEL

Das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet Spandauer Forst im Nordwesten Berlins grenzt direkt an Brandenburg.

Nicht nur in Berlin als Brutvogel rückläufig: der Trauerschnäpper, hier ein M ­ ännchen

gegen die FFH-Richt­linie, nach der sich die Qualität der Lebensräume in diesen Gebieten nicht verschlechtern darf. In dem genannten Gutachten heißt es gleich am Anfang unmissverständlich: »Durch die Grundwasserabsenkung ha­ ben die Moore ihren Urzustand verloren und sind allesamt weit vom natürlichen Zustand entfernt.« Zwar schließt sich eine Vielzahl möglicher Gegenmaßnahmen an. Doch entscheidend sei eben der Grund­ wasserspiegel, so Krauß. Bleibe der so niedrig, wäre das mit dem FFH-Recht un­ vereinbar und ein Großteil der geplanten Eingriffe nicht mehr als Kosmetik.

Manfred Krauß ist die Sache klar: »Wir dürfen unser Trinkwasser nicht länger so verschwenden.« Warum würden Toiletten­ spülungen oder Rasensprenger immer noch mit dem kostbaren Trinkwasser be­ trieben? Technisch sei es längst möglich, mehr Grauwasser einzusetzen, sprich: nur leicht verschmutztes Abwasser aus Bad und Küche. Das müsse endlich in der Bauordnung verankert werden.

sich am Ufer Schilfröhrichte aus. Frösche, Graureiher oder der Zwergtaucher wissen das zu schätzen. Nur vom früheren Moor ist beinahe nichts geblieben. Nirgends in Deutschland fiel in diesem Frühling so wenig Regen wie in Berlin. Schon deshalb kämpft die Natur hier mit der Dürre. Die exzessive Förderung von Grundwasser verschärft die Lage zusätz­ lich, auch im Spandauer Forst, dem mit 1347 Hektar zweitgrößten FFH-Gebiet der Stadt. Kleine Nebenmoore des Teufels­ bruchs sind bereits ausgetrocknet. Viele Bäume dürsten ebenfalls, wie Angela von Lührte, die Waldexpertin des BUND Berlin, vor Ort verdeutlicht.

RAUBBAU UND KOSMETIK Im März 2021 reichten die Berliner Natur­ schutzverbände Klage ein. Sie bezichtig­ ten die Umweltverwaltung der Untätigkeit. Einer der Initiatoren ist Manfred Krauß: »Die Berliner Wasserwerke betreiben Raubbau an der Ressource Grundwasser. Ein vom Umweltsenat selbst beauftragtes Gutachten bestätigt, dass Wälder, Moore und Feuchtbiotope erheblich unter der Wasserentnahme leiden, im Spandauer Forst wie im Grunewald oder rund um den Müggelsee.« Dies sei ein klarer Verstoß

JETZT HANDELN Aus Rücksicht auf die Schutzziele im Spandauer Forst soll nun ein Gericht ver­ fügen, dass Berlin weniger Grundwasser fördert. Die Naturschutzverbände sehen dafür trotz der ausbleibenden Nieder­ schläge noch immer genügend Spielraum. So könnten die Wasserbetriebe Brunnen in weniger empfind­liche Bereiche verlegen, Min­­dest­grund­wasserstände festlegen und enger mit den Wasserwerken im Umland kooperieren. Drei Viertel des Hauptstadtwassers verbrauchen die privaten Haushalte. Für

UNZEITGEMÄSS Für einen bedachten Umgang mit der Res­ source Wasser wirbt auch die Berliner Wassernetz-Initiative. Darin engagieren sich viele BUND-Aktive. Angesichts der schwindenden Niederschläge fordert die Initiative einen Aktionsplan des Senates. Volle Swimmingpools und das ausgiebige Wässern von Rasenflächen während der heißen Sommermonate seien einfach nicht mehr zeitgemäß. Mit einem Urteil rechnet Manfred Krauß frühestens in ein oder zwei Jahren. Wann werden sich die Wasserbetriebe zu einer umweltschonenderen Praxis durchgerun­ gen haben? Hoffentlich noch rechtzeitig, um die Reste der einst vielfältigen Moore der Stadt zu bewahren. sz


Bedroht 25 Fledermausarten leben in Deutschland. Wie keine andere ist die Bechsteinfledermaus ­ an naturnahe Laubwälder gebunden. Mit ihren kurzen und breiten Flügeln jagt sie geschickt nach Spinnen und ­Insekten. Um sie im Dunklen von Blättern und vom Boden zu ­schnappen, helfen ihr die großen Ohren. Damit empfängt sie ­das Echo ihrer Ultra­schall-­ laute, aber auch noch leiseste Krabbel­geräusche. Die Bechsteinfledermaus gilt heute als stark gefährdet. Kein Wunder, ist sie doch auf Wälder mit höhlenreichen Bäumen und viel Totholz an­gewiesen. Diesen raren Lebensraum teilt sie mit der Wildkatze und weiteren Seltenheiten. Der BUND fordert, mindestens ein Zehntel der heimischen Wälder sich selbst zu über­lassen.


Foto: mauritius images/Marko König/imageBROKER


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AKTIONEN

Foto: Jörg Farys

Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig:­­ Der BUND protestiert gegen den Weiterbau der Autobahn A20.

PETITION

KEINE NEUEN AUTOBAHNEN Will Deutschland die Klimakrise eindämmen, muss es den CO2-Ausstoß im Verkehr bis 2030 halbieren. Unterstützen Sie uns dabei, den Bau neuer Fernstraßen zu stoppen!

T

eile der Bundesregierung und speziell der Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) lehnen schnell wirksame Schritte für einen umweltverträglicheren Verkehr weiter ab. Statt das Ruder herumzureißen und die Verkehrspolitik in Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel zu bringen, verteidigen sie vorgestrige Positionen und schließen die Augen vor der Realität. Darum hat der BUND eine Petition gestartet.

Derzeit steht die Überprüfung des Bedarfsplans zum Bundesverkehrswege­ plan an. Damit ergibt sich die Chance, gravierende Fehler bei der Planung von Fernstraßen zu korrigieren. Der BUND for­ dert alle laufenden Pläne und die schon im Bau befindlichen Projekte zu stoppen. Jede geplante Straße muss daraufhin überprüft werden, wie sehr sie der Natur und dem Klima schadet.

GENAU PRÜFEN

AUF KLIMAKURS

In einer repräsentativen Umfrage sprachen sich kürzlich rund 60 Prozent der Bundes­ bürger*innen dafür aus, Steuergelder statt in den Neubau in die Instandhaltung von Autobahnen und Bundesstraßen zu investieren – eine Mehrheit in allen Alters­ gruppen, auf dem Land wie in der Stadt.

»Mehr Straßen heißt: mehr Verkehr und mehr klimaschädliche Gase. So klar lautet die Rechnung«, erläutert Olaf Bandt, der

Vorsitzende des BUND. »Statt den Ver­ kehr endlich auf Klimakurs zu bringen, verteidigt Minister Wissing weiter den Verbrennungsmotor und hält am Bau neu­ er Fernstraßen fest. Die Bundesregierung muss eine natur- und umweltverträgliche Mobilität durchsetzen – im Interesse der Menschen, für die Natur und um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.« Der Bau neuer Autobahnen und Bundes­ straßen vernichtet Wälder, Wiesen und Moore. Er schadet dem Klima, zerstört fruchtbare Böden, belastet das Grund­ wasser und bringt Lärm und Abgase in bislang verschont gebliebene Regionen. Die Kosten für die Betonschneisen gehen in die Milliarden. Gleichzeitig zerbröseln marode Straßen und Brücken, weil das Geld für ihre Sanierung fehlt.

JETZT UNTERSCHREIBEN Neue Fernstraßen lösen keine Probleme, sondern erhöhen den Verkehr und ver­ schärfen die globale Klimakrise. So lässt sich keine Zukunft planen. Fordern Sie darum Verkehrsminister Wissing mit Ihrer Nachricht auf, den Bau neuer Autobahnen zu stoppen:

n-autobahnen www.aktion.bund.net/keine-neue


Natur +Umwelt 3 | 22

AKTIONEN 35

to Fo ri Bo : Ji

GARTENSCHLÄFER

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Foto: Steffen Ernst

rei Jahre lang begaben sich Naturschützerinnen und Wissenschaftler von BUND, Justus-Liebig-Uni Gießen und der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung auf die Spur der Gartenschläfer. Sie wollten aufklären, warum diese kleine Schlafmaus aus immer mehr Regionen Deutschlands in kurzer Zeit verschwindet. Die Ergebnisse zeigen nun deutlich: Auch ein derart anpassungsfähiges Nagetier findet an vielen Orten keinen geeigneten Lebensraum mehr.

MITTELGEBIRGE VERLASSEN In einigen Städten im Südwesten Deutsch­ lands gibt es noch größere Vorkommen des Gartenschläfers. In etlichen seiner natürlichen Lebensräume aber fanden sich kaum mehr Tiere. »In den Mittelgebirgen fürchten wir derzeit ein Aussterben der Art zu beobachten. Noch vor wenigen Jahren waren die Gartenschläfer hier Begrünte Stadtteile bieten noch am ehesten einen passenden Lebensraum.

Foto: Jana V. M./pixabay

Grüne Städte als letzter Rückzugsort? Darauf deuten die Ergebnisse einer ­Spurensuche hin, die dem selten gewordenen Gartenschläfer galt. recht weit verbreitet. Inzwischen sind sie sehr selten geworden«, erklärt Johannes Lang, Wildtierbiologe der Uni Gießen und Gartenschläfer-Experte für den BUND. »Das Waldsterben infolge der Dürrejahre und dazu die intensive Forstwirtschaft haben offenbar deutliche Spuren hinter­ lassen. Es mangelt den Gartenschläfern besonders an Insekten, einer ihrer Nah­ rungsgrundlagen. Und an Möglichkeiten, sich zu verstecken und zurückzuziehen.«

LEBENSRAUM MIT RISIKEN

Schublade in einem Schuppen als Versteck

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RISKANTES REFUGIUM

Dagegen scheinen Städte am Rhein wie Wiesbaden oder Mainz für den Garten­ schläfer eine Art Arche geworden zu sein. Hier finden Sie noch passende Bedingun­ gen. Doch eine echte Alternative sei das nicht, betont Mechthild Klocke, die BUNDProjektleiterin der Spurensuche: »Städte allein bieten dem Gartenschläfer keine ausreichende Perspektive, darauf sollten wir nicht vertrauen. Hier drohen Gefahren wie Rattengift und Pestizide. Zudem wer­ den viele Ballungsräume fortschreitend verdichtet. Wo das Grün in der Stadt schwindet, schrumpft auch sein Lebens­ raum. Und das Insektensterben macht vor der Stadt ebenfalls nicht halt.«

Der Gartenschläfer braucht Unterstützung.

AKTIV SCHÜTZEN Darum startet das Team der Spurensuche jetzt konkrete Schutz­aktionen. Die kleine Schlafmaus soll in ihren ursprünglichen Lebensräumen eine Zukunft bekommen. Mechthild Klocke: »Gemeinsam mit Frei­ willigen wollen wir dem Gartenschläfer neue Rückzugsorte schaffen: indem wir Gehölze pflanzen, mehr verwilderte Flä­ chen zulassen und Nistkästen anbieten. Und wir wollen zeigen, wie sich jeder für das Überleben dieser Art einsetzen kann, privat oder beruflich.« Und damit für die Artenvielfalt in Deutschland. Jenny Kupfer

Aktiv werden Sie wollen sich mit uns für den ­Gartenschläfer einsetzen? Melden Sie sich g ­ erne bei Andrea Andersen, ­Freiwilligen-Koordinatorin im BUND: andrea.andersen@bund.net. www.gartenschlaefer.de wird im e Gartenschläfer« Die »Spurensuch lt durch lfa Vie he isc Biolog ­Bundesprogramm tz mit Mitteln hu sc tur Na für t das Bundesam fördert. ltministeriums ge des Bundesumwe


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INTERNATIONALES

TILL GROTH

Foto: Rafael Alvarez D./Behiquealto

setzt sich mit dem Partner des BUND in Kolumbien für mehr Klimaschutz ein.

Der BUND-­Partner »Censat Agua Viva« (Friends of the Earth Kolumbien) tut dies seit vielen Jahren. Mit bunten Aktionen setzt er sich dafür ein, das Fracking zu verbieten, aus den fossilen Energien aus­ zusteigen und einen gerechten Energie­ wandel einzuläuten – Mensch und Natur immer im Mittelpunkt. Start der Kampagne gegen geplantes Fracking in Puerto Wilches

KOLUMBIEN

GRÜNER WANDEL? Drogenkartelle, Polizeigewalt und soziale ­Ungleichheit – ­ und ein riesiger biologischer Reichtum. In Kolumbien hat es einen wichtigen Regierungswechsel gegeben.

K

olumbien zählt zu den Ländern mit der größten natürlichen Vielfalt. So gibt es nirgendwo mehr Vogelarten als hier im Nordwesten Südamerikas. Die Chance, dass dieser Schatz angemessen gehütet wird, ist seit der Wahl von Gustavo Petro am 19. Juni größer geworden. Auch unser Partnerverband dort hofft, in einem gefährlichen Umfeld künftig mehr Einfluss auf die staatliche Umweltpolitik nehmen zu können.

GROSSE ZIELE Kolumbien hat gewählt. Und diese Wahl könnte das Land nachhaltig verändern. Gustavo Petro und seine afrokolumbianische Vizepräsidentin Francia Márquez, eine langjährige Umweltaktivistin, sind mit ehrgeizigen Zielen angetreten. So wollen sie die Wirtschaft aus der Abhängigkeit

fossiler Exporte befreien oder im Kampf gegen den Drogenhandel der ländlichen Bevölkerung nachhaltigere Alternativen bieten. Doch was werden die beiden in den nächsten vier Jahren erreichen können? Kolumbien gilt als weltweit gefährlichster Ort für Umweltaktive. Allein im Jahr 2020 wurden 65 von ihnen umgebracht. Häufig stehen die Morde im Zusammenhang mit industriellen Großprojekten, die zur Ver­ treibung von ohnehin marginalisierten (oft indigenen) Menschen führen. Es ge­ hört riesiger Mut dazu, trotz dieses Risikos weiter für Natur und Umwelt zu kämpfen.

www.bund.net/iki-projekt

GROSSER EINSATZ Seit 2018 engagiert sich der BUND nun gemeinsam mit den kolumbianischen Verbündeten dafür, die Stimmen der Zivil­ gesellschaft in der nationalen Klimapolitik zu stärken. Gesellschaftliche Gruppen können entscheidend mitwirken, wenn es darum geht, nationale Klimapläne zu ent­ wickeln und umzusetzen – falls sie denn einbezogen werden. Mit Kampagnen und viel Öffentlichkeitsarbeit trägt Censat seit drei Jahren entscheidend dazu bei, eine umweltfreundlichere Klimapolitik zu ent­ wickeln. Und das spiegelt sich jetzt auch im Programm der neuen Regierung von Gustavo Petro wider.

PROBLEMATISCH Mehr als fünf Prozent der von Deutschland importierten Steinkohle stammte 2021 aus Kolumbien. Um den bisher wichtigsten Anbieter Russland zu ersetzen, führte Kanz­ ler Olaf Scholz noch kurz vor der Wahl Gespräche mit dem Ziel, mehr kolumbianische Kohle einzuführen. Problematisch ist das mit Blick auf den Klimaschutz und die Lage der Menschenrechte rund um El Cerejón, Lateinamerikas größte Kohlemine. Ihr Betrieb führt seit Jahren zu Tod und Vertreibung des indigenen Volks der Wayuu.


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INTERNATIONALES 37

FREUNDE DER ERDE

Weltweit verschärfen sich die Krisen. Die Zeit zum Handeln drängt. Ein wichtiger Hebel für den sozial-ökologischen Wandel ist unser Netzwerk »Friends of the Earth« (FoE). Es besteht nun seit mehr als 50 Jahren. SUSANN SCHERBARTH betreut die internationale ­Klimapolitik des BUND.

I

m Jahre 1971 gründeten Umweltverbände aus Frankreich, Großbritannien, Schwe­den und den USA die »Friends of the Earth International«. Der BUND trat dem Bündnis 1989 bei. Heute umfasst das weltgrößte Netzwerk basisdemokratischer Umweltgruppen 73 Mitglieder in aller Welt. Zum 50. Geburtstag bat »Real World Ra­ dio«, die FoE-eigene Radioshow, Ende Mai einen der Gründer des Netzwerks, fünf ehemalige Vorsitzende und den derzeitigen Vorsitzenden Hemantha Withanage aus

Foto: J. Farys

GLOBAL GEFORDERT

Sri Lanka zum Gespräch. Was haben die Freunde der Erde in diesem halben Jahr­ hundert geleistet? Wie hat sich das Bünd­ nis entwickelt, politisch, strategisch und strukturell? Den Podcast finden Sie unter: rwr.fm/interviews/friends-of-the-earth-­ international-foei-at-50

EUROPÄISCHES BÜNDNIS Seit 1985 gibt es in Brüssel ein eigenes Büro für die Friends of the Earth Europe. Unter anderem liefert es alljährlich eine Zusammenfassung unserer wichtigsten Aktivitäten. Lesen Sie im neuen Jahresbericht, welche Höhepunkte die mehr als 30 europäischen Mitglieder im letzten Jahr gemeldet haben, von Schweden bis Malta und von Irland bis Bulgarien: review2021.friendsoftheearth.eu

Gruppenfoto der europäischen »Friends of the Earth« in Prag

Seit einem halben Jahrhundert engagieren sich die Freunde der Erde für eine bessere Welt, hier im Umfeld einer UN-Klimakonferenz.

Einige Beispiele: FoE Niederlande konnte vor Gericht ein historisches Urteil gegen Shell erstreiten. FoE Bosnien und Herze­ gowina gelang es, den Fluss Sana als Naturmonument vor der Zerstörung durch Wasserkraftwerke zu bewahren. FoE Est­ land bot eine Sommerschule zum Thema Postwachstum an. Und unser spanischer FoE-­Partner etablierte sich als nationales Kompetenzzentrum für Energiegemein­ schaften und warb für das Poten­ zial solch lokaler Bündnisse.

STRATEGIE UND SOLIDARITÄT Im Juni fand die jüngste Hauptversamm­ lung der Friends of the Earth Europe statt. Sehr gastfreundlich empfingen unsere tschechischen Freunde von »Hnuti DUHA« in Prag insgesamt 17 Mitgliedsgruppen, darunter den BUND. Der Schwerpunkt lau­ tete »Re-connecting and Re-imagining«, also: Wiedervernetzen und Neu-Denken. Die Versammlung markierte den Start­ schuss für einen langfristigen Strategie­ prozess. Hemantha Withanage lieferte uns dazu globale Perspektiven und Anregungen. Außerdem diskutierten wir über den russischen Angriffskrieg und seine Folgen für unsere Arbeit. Im Anschluss veröffentlichte FoE Europe gemeinsam mit FoE Georgia eine Solidaritätserklärung zugunsten der Ukraine, Moldawiens und Georgiens. Diese finden Sie hier: friendsoftheearth.eu/news/solidarity-­ with-ukraine-moldova-and-georgia


38 Natur +Umwelt 3 | 22

URLAUB & FREIZEIT

Reise

UMWELTFREUNDLICH REISEN Fotos: Rainer Borcherding

WIND, SAND UND NOCH VIEL MEER Wind und Wellen bieten an der Nordsee­ küste ein einzigartiges Naturschauspiel.

Eine neue Reise lädt dazu ein, den Urlaub an der Nordsee mit aktivem Einsatz für den Naturschutz zu verbinden.

D

er Wind ist immer da. Er riecht nach Salz und Algen und er weht die Sandkörner ins Dünengras und zwischen die herbstlichen Strandastern. St. Peter-­ Ording ist einer der bekanntesten und beliebtesten Urlaubsorte an der Nordsee, und doch werden wir hier Dinge und Orte erleben, die kein Urlauber zu Gesicht bekommt. Beim Artenschutz-Einsatz lernen wir St. Peters Naturvielfalt kennen. Die Enzian­ wiese liegt verborgen in den Dünen im Naturschutzgebiet, und nur in dieser ei­ nen Woche im Herbst erhält sie Besuch von uns – ausgerüstet mit Sägen und Ast­ scheren. Vor Jahrzehnten wurden hier Fichten, Kiefern und Erlen gepflanzt, die

Anpacken für den Naturschutz – die perfekte Kombination von Engagement und Erholung

schlecht wachsen, aber doch gut genug, um den Lungenenzian und die Flora der Dünentäler zu bedrängen. Damit Enzian, Sonnentau und Schnabelried wieder Licht bekommen, roden wir überzählige Gehöl­ ze und beseitigen die Ranken der Kanadi­ schen Cranberry. Ein anderer Arbeitseinsatz gilt der Ame­ rikanischen Traubenkirsche, die im Küs­ tenwald hinter dem Dorf den Eichen und Birken den Platz streitig macht. In St. Peter-­ Ording sucht das Projekt »Sand­ küste« in Zeiten von Klimawandel und Meeresspiegelanstieg nach neuen We­ gen, um Artenvielfalt und Mensch zur Ko­ operation zu bringen. Mit drei Arbeitsein­ sätzen im frischen Nordseewind lernen wir die Projektarbeit kennen und un­ terstützen den Naturschutz vor Ort. Natürlich gehen wir auch ins Watt! Unser Biologe und Wattführer Rainer Borcherding kennt jeden Krebs und Wurm beim Vornamen. Er freut sich über Menschen, die Fra­ gen stellen und die Natur kennenler­ nen wollen. BUND-Kreisvorsitzender ist er außerdem. Mit ihm erkunden wir auch die Salzwiesen, wo urige Highlandrinder im Zottelfell durch gekonntes Grasen für ein Mosaik sel­ tener Pflanzen sorgen. Kein Salzwie­

sengebiet in Deutsch­­­ land ist so arten­ reich wie die Vorländer von St. Peter-Or­ ding. Im Herbst ist auch die beste Zeit, um Zugvögel zu beobachten. Strandläufer, Regenpfeifer, Möwen und Gänse bevöl­ kern zu Tausenden die Küste – ein Muss für ornithologisch Interessierte! Abends ist Gelegenheit für geselliges Beisammensein in der Unterkunft. Rainer Borcherding steht für Fragen und Gesprä­ che zur Verfügung oder zeigt gerne Bilder vom Unterwasserleben, der Vogel- und Insektenwelt an der Küste. Fünf Tage sind ja viel zu kurz, um das Weltnaturerbe ­Wattenmeer vollständig kennenzulernen, aber die Reise nach St. Peter bietet einen einmaligen und sehr exklusiven Einblick in die Welt zwischen Wind, Sand und Meer. Margarete Moulin

ourismus« im im Projekt »Volunt Diese Reise wurde entwickelt. Biologische Vielfalt m rlaub gram pro des Bun naturschutz-im-u turlandschaft.de/ www.nationale-na

REISETERMIN 5. bis 9. Oktober 2022 Infos zu Reisepreis und Anmeldung BUND-Reisen ReiseCenter am Stresemannplatz Stresemannplatz 10, 90489 Nürnberg Tel. 09 11/ 5 88 88-20 www.bund-reisen.de


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URLAUB & FREIZEIT

Wanderung 39

Alte, naturangepasste Terrassen mit Trockenmauern

GERETTETE LANDSCHAFTEN ENTDECKEN

ZWISCHEN ALT UND NEU Ein irritierender Kontrast: Zur Linken schnur­ gerade Rebzeilen, zur Rechten Trockenmauern, steile Treppen und fischgrätartig angelegte Terrassen. Dazu ein Panoramablick über das Maintal.

INFOS ZUR WANDERUNG • Ausgangspunkt: Steinbach, W ­ anderparkplatz am Pfaffenberg • Länge: ca. 2,5 km, geringe ­Steigungen/ beliebig erweiterbar • Wegcharakter: befestigter ­Fahrweg • Einkehr: Zeil am Main, Hecken­ wirtschaften (saisonal)

Auf Effizienz getrimmter Weinbau

Wildbächen. Umso eindrucksvoller ist es, im Kontrast dazu die Trockenmauern und Rebflächen oberhalb des Wegs zu be­ staunen. Da hat die Erosion keine Chance. Vor allem aber ist es ein Augen­ schmaus, die verwinkelten, an den natürli­ chen Hangverlauf angeschmiegten alten Weinberge zu betrachten. Sie konnten in den 80er Jahren nach hartem Kampf vor der Flurbereinigung gerettet werden. Der Fahrweg, der auf halber Hanghöhe am westlichen Ortsrand von Steinbach beginnt, verläuft genau zwischen neuer und alter Welt. Von hier haben wir einen grandiosen Ausblick über das Maintal zum nördlichen Steigerwald auf der ge­ genüberliegenden Seite. Die Wallfahrts­ kirche Maria Limbach grüßt herüber und lädt zu einem Besuch ein. Nach etwa einem Kilometer steht ober­ halb unseres Wegs das »Haus mit dem Gesicht«, ein originell bemaltes Häus­ chen. Danach teilt sich der Weg, wir fol­ gen dem rechten, leicht ansteigenden Teil, bis wir nach etwa 100 Metern eine überdachte Stelle erreichen, an der ge­ zeigt wird, wie das Gestein unter der dün­

nen Bodenschicht aussieht. Eine Tafel gibt Erläuterungen. Ausnahmsweise sei in hier etwas Wer­ bung erlaubt: Für die Winzer, die diese al­ ten Weinberge von Hand bewirtschaften und mit kleinen Schildern auf sich auf­ merksam machen. Ihnen kaufen wir gern ein paar Flaschen ab, um ihnen für ihren unverzichtbaren Beitrag zur Erhaltung der alten Anlagen zu danken. Wer nach diesem kurzen Weg noch nicht genug hat, kann auf dem unteren Weg weiterwandern bis Zeil am Main (etwa fünf Kilometer einfach) oder bis zum Zeiler Käppele (vier Kilometer) mit einem Prachtblick auf die romantische alte Stadt. (Karte empfohlen.) Uli Rohm-Berner, Winfried Berner

Mehr entdecken Winfried Berner, Ulrike Rohm-Berner: Gerettete Landschaften Wanderführer, Verlag Rother, 14,90 Euro Bestellung: service.bund-naturschutz.de

Fotos: Winfried Berner

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inker Hand, im unteren Teil des Steinbacher Pfaffenbergs, hat die Flurbereinigung zugeschlagen und die Weinberge maschinengerecht gemacht. Das erfordert viel weniger Handarbeit bei der Pflege und Ernte. An den Anblick hat man sich gewöhnt, denn die allermeisten Weinberge in Franken und anderswo sehen inzwischen so aus. Beeinträchtigt die konventionelle Wein­ bergbewirtschaftung die Artenvielfalt? Es sieht so aus, als würde die naturnahe Be­ wirtschaftung des oberen Hangteils die Verluste durch die Intensivbewirtschaf­ tung auffangen, so Klaus Mandery, der BN-­­Kreisvorsitzende. Doch es ist ein ge­ fundenes Fressen für die Erosion: Bei Starkregen werden die schütter bewach­ senen Streifen zwischen den Rebzeilen zu


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BN AKTIV + NAH

Meldungen

Große Freude über den gelungenen Umzug in den Biberhof beim BN-Vorsitzenden Richard Mergner (re.) und Thomas Frey, BN-Regionalreferent für Schwaben

Foto: Ulli Sacher-Ley

Foto: Claudia Rothhammer

BN AKTIV + NAH

Viele Gäste kamen zur Eröffnung des Vielfaltergartens beim Umwelthaus Würzburg.

»WIR BIETEN ECHTE STATT VIRTUELLE WELTEN« Im Juli hatte der BN gleich zweimal Grund zum Feiern. Das Naturerlebniszentrum Allgäu (NEZ) hat einen neuen Standort und das Würzburger Umwelthaus feierte seine Anerkennung als 60. Bayerische Umweltstation und die Eröffnung des Vielfaltergartens. An beiden Standorten wird wertvolle Bildungsarbeit geleistet. So können Kinder und Erwachsene die Schönheit der Natur erleben und sich für Umweltschutz begeistern. Mit einem großen Familienfest wurde die Neueröffnung des NEZ gefeiert. Ehren­ gäste wie Bürgermeister Christian Wil­ helm, Bezirkstagsvizepräsidentin Barbara Holzmann und die stellvertretende Land­ rätin Christine Rietzler staunten nicht schlecht, was aus dem ehemaligen Bau­

ernhof am südlichen Ortsrand geworden ist. Die Tenne wurde nach höchsten öko­ logischen Standards renoviert, vieles da­ von in Eigenregie mit Ehrenamtlichen. Doch der Biberhof besticht auch durch sein Außengelände mit Wasserstellen, Streuobstwiesen, Kräutergarten und Feu­ erstelle. Hier können große und kleine ­Besucher mit allen Sinnen Natur erleben. Wie wichtig das ist, stellte Andreas Güth­ ler, Geschäftsführer des NEZ, heraus. Laut Jugendreport Natur 2019 haben mehr als die Hälfte der Jugendlichen im Sommer der Befragung kein Naturerleb­ nis gehabt. »Nicht, weil sie es nicht woll­ ten, sondern weil sie keine Gelegenheit hatten.« Diese Lücke wolle das NEZ schließen. »Wir bieten echte Abenteuer

statt virtuelle Welten.« BN-Landesvorsit­ zender Richard Mergner pflichtete ihm bei. »In erster Linie müssen wir Freude an der Natur wecken und dafür ist das Erleb­ niszentrum der richtige Ort. Ihr legt mit Eurer Arbeit den Samen, dass Kinder und Erwachsene die Natur mit anderen Augen sehen«, so Mergner ans NEZ-Team ge­ richtet. Und diese Aufgabe erfüllt das Team mit viel Elan, führt jährlich 800 bis 900 Veranstaltungen durch.

VIELFALTERGARTEN Bildungsarbeit leistet auch das Team des Umwelthauses Würzburg. Kreisvorsitzen­ der Armin Amrehn dankte bei der Feier Leiterin Dr. Martina Alsheimer und den vielen Ehrenamtlichen, die mitangepackt


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AKTIV AUF INSTAGRAM

Foto: AdobeStock/ U.J

.Alexander

Wir kämpfen für bedrohte Tierarten!

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Mach dir ein Bild auf Insta­gram! www.instagram.com/ bundnaturschutz

BN AKTIV + NAH

Meldungen 41

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LIEBE MITGLIEDER, in diesem Sommer wurde Europa von einer beispiellosen Hitzewelle heimgesucht: Es gab Rekordtem­ peraturen von Spanien bis England, ausgedörrte Wälder brannten, und in den aufgeheizten Städten hatten ­immer mehr Menschen Probleme, überhaupt noch ihren Alltag zu ­bewältigen. Einmal mehr zeigte sich, dass die Klimakrise keine Ankün­ digung für eine ferne Zukunft ist, sondern dass sie längst stattfindet. Doch statt endlich beherzte Maßnah­ men zu ergreifen, um die CO2-Emis­ sionen zu senken, hört man von den Verantwortlichen in der Politik wenig Konkretes. Stattdessen wird eine Laufzeitverlängerung für deutsche Atomkraftwerke aus dem Hut gezo­ gen, als ob Atomstrom fehlendes russisches Gas ­ersetzen könnte. Zudem setzt Bayerns Ministerpräsi­ dent Markus Söder auf Wasserkraft, als ob die vielen Querbauwerke nicht ohnehin schon massive negative Auswirkungen auf auf die Flora und Fauna unserer Flüsse hätte. In Zeiten, in denen viele Menschen Angst haben vor dem Winter und ­einer Energiekrise aufgrund des Krie­ ges in der Ukraine, braucht es mehr denn je Umweltverbände wie den BUND Naturschutz, die als Anwalt der Natur darauf hinwirken, dass Z ­ iele des Klimaschutzes und des Arten­ schutzes nicht in unüberlegten Panik­ reaktionen aufgegeben werden. Es gibt umweltverträgliche L ­ ösungen, und je früher wir diese umsetzen und damit wegkommen von Kohle, Atom, Öl und Gas, um so krisenfester ist unsere Energiever­sorgung.

Nicht nur die Wärmeerzeugung, auch der Verkehrssektor ist einer der großen Klimakiller. Hier muss Ver­ kehrsminister Volker Wissing konkrete Maßnahmen statt Wischiwaschi ­liefern! Zum Beispiel endlich deutsch­ landweit den Ausbau der Bahn voran­ bringen, nachdem seine Vorgänger sie lange Jahre fast kaputtgespart haben. Klar ist auch: ein Tankrabatt ist weder klimafreundlich noch sozial, er nutzt nur denen, die sich überhaupt ein Auto leisten können – und den Mineralöl­ konzernen. Ein Beitrag zum Spritspa­ ren und zum Klimaschutz wäre auch ein Tempolimit, das Wissing und die FDP bisher hartnäckig verweigern.

Foto: Toni Mader

hatten. Um den Boden für den Schmetter­ lingsgarten zu bereiten, wurden Schub­ karre für Schubkarre rund 30 Tonnen Sand und Schotter bewegt. Über 2000 Stunden Engagement beeindruckten auch Oberbürgermeister Christian Schu­chardt. Er kam daher der Bitte nach Unterstüt­ zung beim Bau eines Schuppens gerne nach. Finanziell unterstützt wurde die An­ lage des Gartens durch eine großzü­gige Spende der Familie Schott sowie der Sparkassenstiftung. Von diesem Garten werden nicht nur die vielen Falter profitieren, deren Namen der Landtagsabgeordnete Patrick Friedel erstaunlicherweise parat hatte, sondern vor allem die Kinder, die durch das vom Umweltministerium geförderte Bildungs­ projekt zu echten Schmetterlingsfreun­ den werden. Über 1600 junge Menschen konnte Alsheimer bereits erreichen. Diese Form der Bildungsarbeit sei bei­ spielgebend, stellte Richard Mergner fest und empfahl den Vielfaltergarten als Ex­ portmodell aus Würzburg. Zur Bewälti­ gung der Artenkrise könne jeder einen Beitrag leisten, das zeige dieser Garten. Um vom Wissen zum Tun zu kommen und ein neues Schönheitsideal für unsere Gär­ ten und Fluren zu entwickeln, seien Bil­ dungsangebote wie dieses unerlässlich. Ulli Sacher-Ley, Claudia Rothhammer

Der BUND Naturschutz arbeitet bei all diesen Themen wie immer auf zwei Ebenen: Wir machen Druck auf die Verantwortlichen in der Politik – und wir ermuntern alle Menschen, bei sich selbst anzufangen. So finden Sie auf unserer Homepage konkrete Tipps fürs Energiesparen im Haushalt oder für die Installation einer Solaranlage auf dem eigenen Dach. Lesen Sie doch mal rein!

Doris Tropper

Richard Mergner

Beate Rutkowski

stv. Vorsitzende

Landesvorsitzender

stv. Vorsitzende


BN AKTIV + NAH

Delegiertenversammlung 2022

Fotos: Toni Mader

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Die Delegierten schickten ein deutliches Signal für eine nachhaltige Landwirtschaft an die Politik.

DELEGIERTENVERSAMMLUNG 2022

GEMEINSAM STARK Nach zwei Jahren Pause war die Freude groß: Die Delegiertenversammlung, das Parlament des BUND Naturschutz, konnte wieder »live« zusammenkommen.

D

ie Delegierten des BUND Naturschutz haben auf der Delegiertenversammlung 2022 in Memmingen einen Leitantrag zur Agrar- und Ernährungswende verabschiedet. Nach einer Onlineund Hybridveranstaltung in den vergangenen beiden Jahren hatten sich die über 200 Delegierten erstmals wieder in Präsenz getroffen. Gastrednerin der Veranstaltung war Dr. Manuela Rottmann, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Die drohenden Aufweichungen wichtiger Errungenschaften zum Umbau der Agrar­

politik waren das Hauptthema der dies­ jährigen Delegiertenversammlung (DV) in Memmingen. Die Delegierten, die die rund 261 000 BN-Mitglieder vertreten, stimm­ ten einem entsprechenden Leitantrag ge­ schlossen zu. Darin geht es vor allem um die drohende Aufweichung bei den so­ genannten ökologischen Vorrangflächen, auf denen wieder Ackerbau betrieben werden soll. Der BN-Vorsitzende Richard Mergner betonte: »Der schreckliche Krieg in der Ukraine darf nicht dazu missbraucht wer­ den, um Naturschutzflächen zu opfern. Forderungen nach deren Umpflügen ge­

fährden die Artenvielfalt, sind aber nur ein marginaler Beitrag zur Ernährungssicher­ heit. Erforderlich sind vielmehr eine bes­ sere Finanzierung der weltweiten Be­ kämpfung des Hungers und die länger­ fristige Reduktion des Tierbestands. ­Hunger in der Welt ist kein Erzeugungssondern ein Verteilungsproblem. Hierin liegt unsere Verantwortung, den Hunger in der Welt zu bekämpfen.« Gastrednerin Manuela Rottmann, Parla­ mentarische Staatssekretärin im Bundes­ ministerium für Ernährung und Landwirt­ schaft, unterstrich in ihrem Vortrag mit dem Titel »Die agrarpolitischen Weichen­


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BN AKTIV + NAH

Delegiertenversammlung 2022 43

stellungen der neuen Bundesregierung«: »Das Leitbild des ökologischen Landbaus wird derzeit massiv in Frage gestellt. Da­ bei ist er weniger verletzlich und krisen­ fester als der konventionelle Landbau.« Rottmann machte in diesem Zusammen­ hang klar, dass die Bundesregierung den Green Deal der EU nicht in Frage stellt.

RESOLUTION: »SCHLUSS MIT ATOMKRAFT!«

Verdiente Ehrenamtliche aus dem Regierungsbezirk Schwaben wurden mit der Bayerischen Naturschutzmedaille ausgezeichnet.

EINNAHMEN UND AUSGABEN

2021

Einnahmen der Umweltbildungseinrichtungen

Beiträge von Mitgliedern und Förderern

345 000 Euro

Zuschüsse für Ankäufe, Artenschutz, Projekte

4 144 000 Euro

Gesamt Einnahmen*

20 Mio.

Erbschaften

10 529 000 Euro

Spenden inkl. Hausund Straßensammlung

2 203 000 Euro

2 564 000 Euro

* inkl. Rücklagenzuführung/-entnahme

Arten- und Biotopschutz

Investitionen, Baumaßnahmen

3 332 000 Euro

176 000 Euro

Verwaltung, Miete und sonstige Ausgaben

Ankauf ökologisch wertvoller Grundstücke

2 084 000 Euro

Verbandsorgane, Delegiertenversammlung, Naturschutzveranstaltungen

483 000 Euro

Unterstützung der Jugendarbeit

441 000 Euro

Deutschlandweiter und internationaler Umweltschutz

1 537 000 Euro

Information, Öffentlichkeitsarbeit, Pressearbeit, Internet, Mitglieder- und Spendenwerbung

3 579 000 Euro

2 762 000 Euro

Gesamt Ausgaben

20 Mio.

Fach- und Lobbyarbeit in Natur- und Umweltschutz

735 000 Euro

Unterstützung der Kreis- und Ortsgruppen

2 754 000 Euro

Bildungsarbeit

702 000 Euro

Mitgliederservice »Natur+Umwelt«

1 022 000 Euro

Die Delegierten verabschiedeten außer­ dem zwei Resolutionen: »Schluss mit Atomkraft – Energiewende jetzt!« und »Für eine zukunftsfähige und energiespa­ rende Mobilität: Tempolimit, Straßenbau­ moratorium und Priorität für Mobilität zu Fuß, mit Rad, Bahn und Bus in Bayern und auf Bundesebene durchsetzen«. Der Vorsitzende der gastgebenden BN-­ Kreisgruppe Memmingen-Unterallgäu Hel­ mut Scharpf erklärte: »Wir freuen uns, dass wir die Delegierten bei uns in Mem­ mingen begrüßen durften und alles so rei­ bungslos ablief. Es war schön, dass es die Corona-Lage zugelassen hat, sich endlich mal wieder persönlich zu treffen.« Scharpf wurde auf der DV mit der BN-Na­ turschutzmedaille ausgezeichnet, unter anderem für seine unermüdliche Arbeit im Bereich der Erneuerbaren Energien. Außerdem mit der Naturschutzmedaille ausgezeichnet wurden: der Vorsitzende der Kreisgruppe Augsburg Johannes Enz­ ler. Der 64-Jährige ist seit 50 Jahren im BN aktiv und hat im Raum Augsburg Flä­ chen für den Naturschutz angelegt. Joa­ chim Stiba, der 1989 die Ortsgruppe Erk­ heim gegründet hat und bis 2017 deren Vorsitzender war. Stibas Herzensthema ist die Umweltbildung und Kindergruppen, außerdem ist er sehr engagiert im Arten­ schutz (u. a. Bachmuscheln, Weißstorch, Wildkatze). Der Freundeskreis Riedberger Horn mit Barbara Schäffeler, Martin Si­ mon, Katharina Simon, Ethelbert Babl, Hans-Jürgen-Richter und Julia Wehnert. Der Freundeskreis hatte mit seiner uner­ müdlichen Arbeit einen großen Anteil dar­ an, dass die umstrittene Skischaukel nicht gebaut wurde. Felix Hälbich


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BN AKTIV + NAH

Meldungen

DONAUFEST Nach zwei Jahren coronabedingter Pause war die Freude groß: Endlich konnte der BUND Naturschutz wieder zusammen mit der Spielvereinigung Niederalt­ eich zum Donaufest einladen! Die Veranstaltung am Himmelfahrtstag bot wie immer ein buntes Programm für

die ganze Familie. Als Festredner waren Bayerns Umweltminister Thorsten Glau­ ber (im Bild mit BN-Vorsitzendem Richard Mergner) und der BN-Ehrenvorsitzende Hubert Weiger zu hören. Das Donaufest war während des Kampfes für den letzten frei fließenden Abschnitt der Donau in Niederbayern ent­ standen. Seitdem feststeht, dass dieser Flussabschnitt schonend ohne Kanal und Staustufe ausgebaut wird, ist das Donau­ fest ein Freudenfest für die Natur.

Foto: minouki

UMWELTFREUNDLICHER SCHULANFANG

Der Beginn des neuen Schuljahres ist nicht nur für die Kinder eine aufregende Zeit. Der Alltag muss nach den Ferien wieder neu strukturiert werden und Schulsachen müssen eingekauft werden. Ob Schulranzen, Stifte oder Hefter: Statt unbedarft die Materialliste abzuarbeiten, sollten umweltbewusste und langlebige Schulsachen, die sorgfältig ausgewählt

wurden, den Weg in den Einkaufskorb fin­ den. So kann man seine Kinder vor ge­ fährlichen Schadstoffen schützen und ih­ nen bei der Auswahl von Heften, Stiften und Co. ganz nebenbei erste Öko-Lektio­ nen bieten. Umweltfreundliche Produkte für die Schule gibt es längst nicht mehr nur in mausgrau. Ein verlässliches Siegel ist der Blaue Engel. Außerdem kann man sich an den regelmäßigen Tests von Stiftung Wa­ rentest oder Öko-Test orientieren. Mit dem Papier fängt es an: Recyclingpapier schont die natürlichen Ressourcen und steht in seiner Qualität den Frischfaserpa­ pieren in nichts mehr nach. Eine Auswahl an umweltfreundlichen Schulsachen finden Sie auch in unserem Online-Shop: www.bn-onlineshop.de

Der BN-Landesverband und die Kreisgruppe Günzburg trauern um Professor Karl Ganser. Er verstarb im April im Alter von 84 Jahren. 2007 hatte der BN Karl Ganser in Aner­ kennung seines jahrzehntelangen, glaub­ würdigen Einsatzes für den Natur- und Umweltschutz mit dem Bayerischen Na­ turschutzpreis, der höchsten Auszeich­ nung des Verbandes, gewürdigt. »Profes­ sor Ganser hat den Natur- und Umwelt­ schutz in Deutschland entscheidend fort­ entwickelt und geprägt. Gerade die Vernetzung und die Zusammenschau ver­ schiedener Disziplinen, vom Denkmal­

Foto: BN-Archiv

Fotos: Luise Frank

TRAUER UM KARL GANSER

schutz und der Baukultur über eine ganz­ heitliche Stadt- und Regionalplanung bis hin zur Umwelt-, Landwirtschafts- und Energiepolitik, haben seine Arbeit ausge­ zeichnet«, so der BN-Ehrenvorsitzende Hubert Weiger. Karl Ganser hat Meilensteine für eine bürgernahe und die Grenzen des Wachs­ tums beachtende Raumplanung und Stadtentwicklung gesetzt. Er hat als einer der ersten erkannt, dass für eine »bessere Stadt« die bestehenden Baubestände transformiert werden müssen, während die Diskussionen darüber immer noch neubaufixiert waren. Wie der BN setzte er sich stets gegen die Agrogentechnik, ge­ gen den Flächenfraß und die Ansiedelung von Einzelhandelsgroßprojekten und Ge­ werbegebieten im Außenbereich ein.


BN AKTIV + NAH

Meldungen 45

Foto: Ulla Reck

Foto: Ralf Straußberger

Natur +Umwelt 3 | 22

NATIONALPARKTAG IM STEIGERWALD Ein Festtag für einen dritten Nationalpark in Bayern – unter diesem Motto stand der Nationalparktag, der im Juni in Bamberg stattfand. Eingeladen hatten Bürgerverein und Freundeskreis Nationalpark Steigerwald sowie der BUND Naturschutz. Bei der Podiumsdiskussion sprachen sich die Vertreter der bayerischen Land­ tagsparteien von FDP, Grünen und SPD

klar für einen Nationalpark im Steiger­ wald aus. Auch Bergsteiger und NATURA-­ 2000-­ Botschafter Alexander Huber von den Huber-Buam hielt ein begeistertes Plädoyer für den Nationalpark Steiger­ wald. Die Buchenwälder im Steigerwald sind einzigartig in Europa. Bayern trägt des­ halb eine ganz besondere Verantwortung für ihren Schutz. Der Forstwissenschaft­

AUFRUF: UMWELTFREUNDLICHE ODER UNSINNIGE TRANSPORTE MELDEN

Der weitgereiste Erdbeerjoghurt oder die armen Schweine, die zwischen den Ländern hin und her transportiert werden – dies sind leider nur besonders üble Auswüchse des klimaschädlichen Transportwahnsinns, der seit Jahrzehnten bei uns herrscht. Der Landesarbeitskreis Verkehr des BUND Naturschutz bittet deshalb alle Mitglieder um Mitarbeit: Kennen Sie in Ihrem Land­ kreis weitere Fälle, in denen nur um gering­fügiger Kostenvorteile willen Trans­

porte vorgenommen werden? Umgekehrt ist der Arbeitskreis aber natürlich auch an positiven Beispielen interessiert. Wenn also in Ihrer Region Unternehmen versu­ chen, klimaschädliche Transporte so gut wie möglich zu vermeiden. Interessant kann auch sein, welche Erfahrungen mit der Bahn gemacht werden. Eine Bitte: Beschränken Sie sich mit den Hinweisen auf Betriebe in Ihrer Hei­ matregion. Denn Informationen über all die austauschbaren Produkte in den Großmärkten liegen dem Arbeitskreis lei­ der schon mehr als genug vor.

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Ihr Ansprechpartner Thomas Frey, Mail: thomas.frey@bund-naturschutz.de

ler und langjährige frühere BN-Vorsitzen­ de Hubert Weiger bekräftigte in seiner Fest­ rede, dass das forstliche Trittstein­ konzept dafür nicht ausreicht und einen Nationalpark nicht ersetzen kann. Die deutliche Mehrheit der Bevölkerung in der Region wünscht den Nationalpark Stei­ gerwald. An die Staatsregierung erging der Appell, den Nationalpark in den staatseigenen Wäldern im Nordsteiger­ wald als ersten Nationalpark Frankens auf den Weg zu bringen.

NATUR+UMWELT ONLINE LESEN Sie möchten Res­ sourcen sparen und damit die Umwelt schonen? Ein kleiner Beitrag, der ganz einfach funktioniert: Lesen Sie die Natur+­Umwelt doch in Z ­ ukunft online. Das spart Papier und Transportwege. Schreiben Sie uns einfach eine Mail an natur+umwelt@ bund-naturschutz.de mit Ihrem ­Namen und I­hrer Mitgliedsnummer. Dann erhalten Sie künftig keine ­Zeitschrift mehr per Post, sondern jeweils eine Mail, sobald die neue Ausgabe online ist.


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BN AKTIV + NAH

Meldungen

UMWELTPREIS FÜR PRIMA-KLIMA-KIDS

Sie möchten in Sachen Umweltund Naturschutz immer auf dem Laufenden sein? Dann ist unser Newsletter genau das Richtige für Sie. Wir informieren über aktuelle Themen, Aktionen und Termine.

Foto: Umweltministerium

Die Kreisgruppe Memmingen-Unter­ allgäu des BUND Naturschutz wurde im Mai für das Umweltbildungsprojekt Prima-­ ­ Klima-Kids und die Ausstellung »Was wäre, wenn …« mit dem Bayerischen Klimaschutzpreis ausgezeichnet. Ursi Lerchenmüller, Hannelore Kral und Tina Melder haben den mit 5000 Euro do­ tierten Preis von Umweltminister Thors­ ten Glauber entgegengenommen (im Bild). Im Rahmen des Projektes Prima-­

BN-NEWSLETTER

i Klima-Kids werden Kinder altersgerecht mit Spiel und Spaß an Themen wie nach­ haltiger Umgang mit Energie und Res­ sourcen oder den Klimaschutz herange­ führt. Die Ausstellung »Was wäre, wenn …« zeigt auf, was passieren würde, wenn Bäume so handeln würden wie Men­ schen: Sie zeigt Bäume, die ihre Wurzeln mit Wasser aus dem Supermarkt gießen oder sich per Flugzeug Luft mit viel Stick­

MEHR INFO www.bund-naturschutz.de/ newsletter

oxiden aus den Großstädten der Welt lie­ fern lassen, »weil die besser schmeckt«. Die skurrilen und humorvollen Geschich­ ten überzeugten die Jury durch ihre Auf­ bereitung und ihre einfache Verständlich­ keit.

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Mehr Infos memmingen-unterallgaeu.bundnaturschutz.de/umweltbildung

WIE KINDER DIE NATUR SEHEN »Das Netz des Lebens gilt es zu erhalten. Mal Dir eine intakte Natur« – so lautete das Motto des Malwettbewerbs, den das BN-Jugend- und Naturschutzzentrum Warta­weil ausgeschrieben hatte. Es wurden sehr viele eindrucksvolle Bilder eingereicht. Die Kinder haben sich Ge­ danken gemacht, wie die Natur aussehen soll, in der sie sich wohlfühlen und leben möchten. Die Auswahl der Preisträger war deshalb eine große Herausforderung.

Platz 1: Anna und Fanny (3. Klasse) stellten eindrucksvoll diese vernetzte Welt dar. Bergflüsse, die in Seen münden, die in einer bunten Landschaft liegen mit Bäumen, Blumen und verschiedenen Tie­ ren. Menschen bewegen sich rücksichts­ voll in der Natur (links). Platz 2: Ben, Maxima und Lisa (4. Klas­ se) malten geradezu detailliert die natürli­ che und landwirtschaftliche Vielfalt unse­ res Landkreises Starnberg, als Beispiel

für einen wunderschönen Lebensraum (Mitte). Platz 3: die Klasse 3a der Grundschule Andechs reichte eine künstlerische Be­ sonderheit ein: Auf dem riesigen Gemein­ schaftsprojekt wurde eine beeindrucken­ de Natur festgehalten, groß und faszinie­ rend, und als Teil davon wurden Fotos der Schüler*innen versteckt (rechts). Alle Bilder waren während des Nachhal­ tigkeitsfestes in Wartaweil zu sehen.


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BN AKTIV + NAH

Mitmachprojekte 47

Ganz schön aufregend, so ein Insektenleben! Das Erzähltheater macht die Welt der kleinen Krabbler für junge Menschen verständlicher.

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TERMINE Projekttage Insektenvielfalt für Schulmoderator*innen

Foto: Johannes Bentele

• Workshop »Biene Majas kleine Schwestern – Praxistag Umweltbildung« München, Montag, 29. August, 10:30 – 16 Uhr

BN-MITMACHPROJEKTE

THEATER FÜR INSEKTENSCHUTZ Um das Wissen über den Schutz unserer ­Insekten zu fördern, haben sich der BUND Naturschutz und ein Erzähltheater-Duo zusammengetan.

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iese innovative Kooperation soll Interesse für Insekten wecken und die Bedeutung der fleißigen Krabbler für Ökosysteme erklären. Zu diesem Zweck haben sich Ines Honsel und Gabi Altenbach an den BUND Naturschutz gewandt. Die Schauspielerinnen machen aus einer Theateridee ein nachhaltiges Erlebnis für Kinder und Jugendliche. Grundlage des Theaterprojektes ist das 1893 erschienene Kinderbuch »Max Butzi­ ­wackel der Ameisenkaiser« von Luigi Ber­ telli. Das Buch ist eine Mischung aus Abenteuergeschichte und Wissensver­ mittlung über Insekten. Ein Junge wird darin auf geheimnisvolle Art und Weise in ein Ameisenei verwandelt und durchlebt in Folge ein ganzes Leben als Ameise. Da­

bei begegnet er vielen verschiedenen In­ sekten, die ihm helfen oder denen er hilft. Am Ende wird er wieder in einen Jungen zurückverwandelt und es bleibt die Frage: War die Geschichte nur ein Traum – oder ist sie wirklich passiert? Das Schauspiel-Duo »AH! Altenbach + Honsel« bringt diese bezaubernde Ge­ schichte als Erzähltheater unter dem Titel »Mein Leben als Ameise« für Kinder von acht bis zwölf Jahren zur Aufführung. Lehrer*innen, die Interesse an dem Thea­ terstück »Mein Leben als Ameise« an ih­ rer Schule haben, wenden sich an info@ altenbach-­honsel.com. »AH! Altenbach +­ Honsel« sind zwei Erzählerinnen und Schauspielerinnen, die Vorführungen für Kinder und Jugendliche bieten, in denen

• Online-Kurs Insektenvielfalt 21. September, 17:30 – 19:30 Uhr • Workshop »Einführung in die Insektenwelt – Praxistag Umweltbildung« Nürnberg, Samstag, 24. September, 10:30 – 16 Uhr Wer Interesse an den Mitmach-­ Workshops »Projekttage Insekten­ vielfalt« hat, wendet sich an das ­Bildungswerk unter bildungswerk@ bund-naturschutz.de. sich Elemente des Schauspiels, des frei­ en Erzählens sowie musikalische Elemen­ te mischen. Sie entwickeln ihre Stücke ohne feste Textgrundlage und beziehen von Anfang an ihr Publikum mit ein. Im Anschluss an das Erzähltheater kön­ nen die Schulen das Thema weiterbe­ arbeiten und Mitmach-Workshops zur Insektenvielfalt über den BUND Natur­ schutz vereinbaren. Im Mittelpunkt dieser Workshops steht die spielerische Wis­ sensvermittlung über Insekten. Je nach Jahreszeit und Zeitbudget können zu­ sätzlich durch Schüler*innen und Eltern Insektenhotels gebaut, Blumenwiesen angelegt oder Bastel- und Laufspiele durchgeführt werden. Eine schöne Vari­ ante ist auch eine Entdeckertour mit Be­ cherlupe durch Blumenwiesen. Die an­ schließenden oder auch vom Theaterzeit­ punkt losgelösten Mitmach-Workshops werden durch die Postcode-Lotterie ge­ fördert. rch:

Gefördert du


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BN AKTIV + NAH

BN vor Ort aktiv

Menschen für die Schönheit der Natur begeistern – eine der wichtigsten Aufgaben des BUND Naturschutz. Viele Ehren­amtliche bieten dazu Exkur­ sionen an, bei denen man Wälder, F ­ ledermäuse oder L ­ ibellen entdecken kann.

Fotos: Claudia Rothhammer

Genau hinschauen – welche Libellenart sitzt hier gerade in der Becherlupe?

EHRENAMT IM BUND NATURSCHUTZ

EDELSTEINE DER LÜFTE ENTDECKEN D

as Isarmündungsgebiet ist eine echte Schatzinsel, so viele Kostbarkeiten beherbergt sie. Die Rede ist nicht von Gold oder Diamanten tief im Erdreich, sondern von Edelsteinen auf Sträuchern und in der Luft. Denn das Isarmündungsgebiet ist ein Paradies für Libellen, auch »Edelsteine der Lüfte« genannt. Manche Libellen mögen es schön warm, wie unsere kleine Exkur­ sionsgruppe von unserem Experten Walter Hanschitz-Jandl von der BN-Kreisgruppe Deggendorf bald erfahren wird. So gesehen haben wir uns den perfekten Tag ausgesucht. Während die Son­ nenstrahlen alles versuchen, um das Thermometer an diesem Juni-Tag zur 35 Grad-Marke hochzutreiben, stehen wir am Ein­ gang des Infozentrums Isarmündung im Landkreis Deggendorf und warten, ob sich noch jemand zu uns gesellt. Die Libellen-Exkursion wird einmal im Jahr von der BN-Kreis­ gruppe angeboten, gemeinsam mit dem Landesbund für Vogel­ schutz und dem Infozentrum Isarmündung – und jedes Jahr kommen viele Naturfreunde, einige davon nicht zum ersten Mal. Walter Hanschitz-Jandl ist in der Region als kundiger Odonatolo­ ge bekannt. Auch dieses Mal sind erfahrene Exkursionsteilneh­

Einen Moment lang bleibt diese Libelle auf der Hand des Exkursionsleiters sitzen.

mer dabei – und bestens ausgerüstet mit Fernglas, Kamera und Makroobjektiv. Doch der Kreis bleibt kleiner als sonst. Kein Wun­ der, denn heute rollt die Hitzewelle über Deutschland, die in den vergangenen Tagen selbst den an hohe Temperaturen gewöhn­ ten Spaniern zu schaffen machte.

NATUR VOR DER HAUSTÜR Während wir warten, denke ich mir, dass mich ein Besuch des In­ fozentrums nicht mehr überraschen kann. Immerhin war ich hier schon ein paar Mal in diesem landschaftlichen Kleinod in Nieder­ bayern. Das Infozentrum liegt inmitten von Auwäldern am Rande eines einzigartigen Naturschutzgebietes. Hier fließt die Isar in die Donau, die sich vor dem Aufeinandertreffen in großen Mäan­ dern windet, so als wollte sie der Isar ausweichen. Isar und Do­ nau gestalten diese Landschaft mit Altwässern, ausgedehnten Weich- und Hartholz-Auwäldern, feuchten Au- und Streuwiesen. Gut, auf dem über 8000 Quadratmeter großem Areal des Info­ zentrums ist auch einiges von Menschen- statt Flusshand ange­ legt, aber absolut eine Reise wert.


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BN AKTIV + NAH

BN vor Ort aktiv 49

Walter Hanschitz-Jandl ist einer von vielen BN-Ehrenamtlichen, die bei Exkursionen Menschen für die Natur vor ihrer Haustür begeistern.

WÄRMELIEBENDE EINWANDERER

PRÄCHTIGE FARBEN

Die kleinen Flugakrobaten sausen an uns vorbei. Manche so klein und schnell, dass man sie selbst mit Fernglas nicht wirklich zu Gesicht bekommt, außer sie halten für einen Moment inne und verharren in der Luft oder ruhen sich auf einem Zweig aus, andere so groß, dass man intuitiv ausweicht, wenn eine auf ei­ nen zufliegt. Libellen sind schnell und gerade Großlibellen impo­ sant. Nicht umsonst nennen die Engländer sie »Dragon­ fly«, Drachenfliege. Doch was sich schließlich in Blicknähe niederlässt, ist kein furchteinflößen­ der Drache, sondern eine königliche Majes­ tät. Wir haben eine Kleine Königslibelle vor uns. Wir erfahren, dass herabgesenkte Flügel oder gar die Ausrichtung des Hin­ terleibs Richtung Sonne uns auch keine Angst einjagen sollen. Libellen sind wechselwarme Tiere, die sich erst durch die Strahlen so richtig aufwärmen kön­ nen. Aber manchmal wird es sogar den Li­ bellen zu heiß. Bei praller Sonne richten manche Arten in sogenannten Obeliskenstel­ lung den Hinterleib so zur Sonne aus, dass er sich möglichst wenig erhitzt. Uns wäre gerade allen nach Abkühlung. Die Sonne brennt her­ ab. Walter Hanschitz-Jandl erklärt, dass sich im Zuge der Klima­ erwärmung immer mehr Libellen-Arten aus dem Mittelmeer­ raum nach Norden, also zu uns, ausgebreitet haben. »So sind heute die Kleine Königslibelle und die Feuerlibelle fast überall an

Noch eine wärmeliebende Art ist zu uns eingewandert, aber noch sehr selten: der Spitzenfleck. Walter Hanschitz-Jandl er­ zählt uns immer wieder von ihm, denn die ein oder andere Libelle könnte man mit ihm tatsächlich verwechseln. Doch nicht unser Exkursionsleiter. Ob Körpermerkmale, die Flügel oder gar ein Blick in die Augen – ja, Libellen haben nicht nur einen Körper in den prächtigsten Farben, sondern auch wunderschöne Augenfarben – der 65-Jährige kennt die Tiere ganz genau. »Ich beschäftige mich seit gut 30 Jahren mit Libellen, da ist das nichts Be­ sonderes«, winkt er ab, als wir über sein Fachwissen staunen. Wir, das sind deutlich mehr als noch beim Start. Während wir durch die Welt der Libellen wandern, schließen sich uns immer mehr Passanten an. Maria zum Beispiel. Eigentlich wollte sie nur eine kleine Walking-Runde drehen. Als sie merkt, dass wir Libellen beobachten, bleibt o :W to sie bei uns stehen und fragt interessiert nach. o F Am Ende ist sie baff, wie viel es über Libellen zu wissen gibt. »Jetzt bin ich so oft hier und wusste gar nicht, welche besonderen Arten hier leben«, staunt sie. In der Tat: Wer mit Walter Hanschitz-Jandl durch das Isarmündungs­ gebiet geht, wird es mit ganz anderen Augen sehen und eine Welt voller funkelnder Edelsteine entdecken. Claudia Rothhammer illn

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den größeren Gewässern des Isarmündungsgebiets zu finden.« Und tatsächlich begegnen wir einigen Feuerlibellen, die aus Afri­ ka und dem Mittelmeerraum nach Bayern gekommen sind. Die Körper der Männchen sind feuerrot und dadurch nicht zu überse­ hen, während die Weibchen ockerfarben bis hellbraun sind. An dieser Stelle sind wir überwältigt. Fasziniert betrachten wir die Feuerlibellen, die eine Armlänge vor uns auf einer Pflanze sitzen. Jeder will ein Foto von diesen grazilen Schönheiten. Selbst un­ ser bestens ausgerüsteter Hobbyfotograf und erfahrener Exkur­ sionsteilnehmer ist begeistert: »So ein Foto hat mir noch ge­ fehlt.«

ig K l e i n e Kö n

Nun gut, heute lasse ich mich überraschen, ob ich vielleicht doch etwas Neues sehe. Schließlich bietet die BN-Kreisgruppe unter dem Motto »Natur vor der Haustür« Touren und Veranstal­ tungen an, von der selbst Einheimische schwärmen, dadurch hätten sie ihre Heimat neu kennengelernt. Wir brechen zu unse­ rer Exkur­sion auf, gehen ein paar Schritte – und bleiben sogleich stehen. »Da sind ja schon die ersten«, sagt Walter Hanschitz-­ Jandl und deutet auf die Sträucher und Bäume am Wegesrand hin. Die Ferngläser werden gezückt. »Wo?« – »Ach hier« – »Nee, da«. Wer genauer hinsieht, kann die ersten Edelsteine der Lüfte ohne Fernglas sehen. Ihr Körper ist so blau wie der Sommerhim­ mel. Die Libellen heißen uns willkommen. Walter Hanschitz-Jandl fängt mit dem Schmetterlingsnetz eine ein. »Aber Vorsicht. Libellen zu fangen ist verboten«, sagt er und hält seine Beute in der Hand, um sie in einen Becher mit Lupe zu setzen. »Außer, man hat eine Fanggenehmigung wie ich«, sagt der 65-Jährige und lächelt verschmitzt. Die Libelle ist nicht nur azurblau, sondern heißt auch Azurjungfer, genauer ge­ sagt Hufeisen-Azurjungfer. Wir erfahren, dass sie eine häufig vorkommende Klein­libelle ist. Als ich bei den nächsten Schritten noch überlege, warum ich ihr dann bisher noch nie begegnet bin – oder ist sie mir nur nicht aufgefallen? – sind wir mitten im ­Libellenparadies am Isar-Altwasser.


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BN AKTIV + NAH

Schwaben

Foto: Webcam BN Dillingen

Das Dillinger Eulenpaar in seinem Kasten

NATURNOTIZEN AUS SCHWABEN

Foto: Christoph Bosch

TOTGESPRITZT: Bei einer Routine­

Schleiereulen brüten bevorzugt in Scheunen, Ställen und Kirchtürmen.

KREISGRUPPE DILLINGEN

KINDERSTUBE IM LIVESTREAM Das Internet macht’s möglich: Über eine ­Webcam war im Juni ein brütendes Schleier­ eulenpaar live in seinem Nistkasten zu ­beobachten — und kurz darauf auch der frisch geschlüpfte Nachwuchs.

I

nstalliert hat die Kamera der Arbeitskreis Eulenschutz der Kreisgruppe Dillingen des BN, um mit der live übertragenen Aufzucht der Jungen für den Schutz und Erhalt der Vögel zu werben. Der seit 2021 bestehende Arbeitskreis geht zurück auf die Arbeit von Georg Stoll aus Wittislingen, der vor 30 Jahren die ersten Schleiereulenkästen baute und mit Landwirten auf deren Höfen anbrachte. Heute kümmern sich unter der Leitung von Heike Hoedt etwa 30 Ehrenamtliche um die über 300 Kästen im Landkreis, die auch von anderen Greifvögeln gern ge­ nutzt werden. Die Aktiven des Arbeitskrei­ ses unterstützen die Besitzer der Eulen­ kästen fachlich und praktisch, halten Schulungen ab, organisieren Wartung und Austausch der Kästen und beobachten den Bruterfolg. Die Schleiereule steht in Bayern auf der Roten Liste, ihr natürlicher Lebensraum in

strukturreichen Kulturlandschaften geht zunehmend verloren. Die Dillinger Eulen­ schützer halten mit Heckenpflanzungen dagegen: Allein im Mai haben sie schon über 2000 heimische Gehölze neu ge­ pflanzt. Durch den Verlust an Lebensraum und den Einsatz von Dünge- und Pflanzen­ schutzmitteln schwindet auch das Nah­ rungsangebot in Form von Mäusen und anderen Kleinsäugern. Doch weil sie die Mäusepopulation in Schach halten, sind Schleiereulen eigentlich gern gesehene Gäste auf dem Bauernhof — und ihr Erhalt ein Gewinn für Landwirtschaft und Natur­ schutz. Thomas Frey (as)

begehung Ende Mai deckten Mitglieder der Kreisgruppe Donau-Ries des BN einen unglaublichen Naturfrevel auf. Ein Land­ wirt hatte in seinem Wald offenbar gezielt das Blattgift Glyphosat eingesetzt und so eines der größten Frauenschuh-Vorkom­ men der Region zerstört. Über 100 Exem­ plare der vom Aussterben bedrohten und streng geschützten Orchideenart sind vernichtet, nur vereinzelte Pflanzen ste­ hen noch in der verdorrten Fläche. Der BN erstattete Anzeige und nahm Bodenpro­ ben. Auch bei der Naturschutzbehörde des Landkreises stieß die Zerstörung auf Entsetzen. Der Waldbesitzer muss sich wegen Verstoßes gegen Naturund Artenschutzrecht so­ wie gegen das Pflan­ zenschutzgesetz ver­ antworten, das die Anwendung von Gly­ phosat in Wasser­ schutzgebieten und Fo im Wald verbietet. t o:

KG

Donau-Ries

AUSGEZEICHNET: Die Arbeitsgruppe Amphibienschutz der BN-Ortsgruppe Kaufbeuren wurde am 23. Mai mit dem Umweltpreis des Bezirks Schwaben aus­ gezeichnet. Rund um den Kaufbeurer Kaiserweiher betreuen etwa 50 Ehren­ amtliche eines der größten Amphibien­ vorkommen Schwabens und retten jedes Jahr bis zu 9000 Kröten, Frösche und Molche vor dem Straßentod durch Über­ fahren. Ein wichtiges Anliegen ist der AG auch, den Lebensraum für Amphibien zu erhalten: Nach langjährigem Einsatz konnte der letzte verbliebene Wanderkor­ ridor der Tiere vor einer Bebauung be­ wahrt bleiben. IHR ANSPRECHPARTNER

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Weitere Infos Den Link zur Webcam gibt es unter www.dillingen.bund-naturschutz.de

Schwaben: Thomas Frey Tel. 0 89 / 54 82 98-64 thomas.frey@bund-naturschutz.de


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Unterfranken 51

NATURNOTIZEN AUS UNTERFRANKEN

BN-Vorsitzender Richard Mergner (li.), Markus Fäth, Bürgermeister von Rothenbuch (2. vo. li.), und BN-Ehrenvorsitzender Hubert Weiger (re.) pflanzten eine Ehrenlinde für Sebastian Schönauer (2. vo. re.).

KREISGRUPPEN ASCHAFFENBURG UND MAIN-SPESSART

rung von Unterfranken hat im April das Planfeststellungsverfahren für die rund acht Kilometer lange Umgehung von Gie­ belstadt, Herchsheim und Euerhausen im Landkreis Würzburg gestoppt. Damit wur­ de die Kritik des BUND Naturschutz be­ stätigt, der sich über viele Jahre gegen die enormen Eingriffe in Lebensräume von Feldhamster, Wiesenweihe und Co sowie die Versiegelung landwirtschaft­ licher wertvollster Böden und neue Belas­ tungen für viele Bürger*innen der Gemein­ den gestemmt hatte. Foto: Adobe Stock/Stefan

Foto: Stefan Maurer

UMGEHUNG GEKIPPT: Die Regie­

»EINSATZ TRÄGT FRÜCHTE« Das letzte ökologisch intakte Tal des Spessarts ist gerettet! Der BN würdigte das Engagement Sebastian Schönauers, der jahrzehntelang für das Hafenlohrtal gekämpft hatte.

D

er Regionale Planungsverband für die Region Würzburg hat im Mai die Streichung des Trinkwasserspeichers im Hafenlohrtal aus dem Regionalplan beschlossen. Über Jahrzehnte hatte insbesondere Sebastian Schönauer als Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Hafenlohrtal (AGH) und als stellvertretender BN-­Landesvorsitzender den Einsatz gegen den Speicher mit viel Energie vorangetrieben. Dieses Engagement wurde mit der aktuel­ len Entscheidung endlich belohnt. Der ge­ plant 15 Kilometer lange Speicher, der mit enormen Eingriffen in das ursprüngliche Tal und dem Verlust wertvollster Lebensund Erholungsräume verbunden gewesen wäre, gehört damit endgültig der Ge­ schichte an«, freut sich der BN-Vorsitzen­ de Richard Mergner. »Wir verdanken die­ sen großartigen Erfolg unserem vielge­ schätzten und langjährigem stellvertre­

tenden Landesvorsitzenden Sebastian Schönauer, der mit grandiosem Einsatz und profundem Fachwissen zentrale Fi­ gur des Widerstandes war.« Seinen Dank sprach Mergner auch den vier Hafenlohrtalgemeinden Rothenbuch, Weibersbrunn, Hafenlohr, Windheim so­ wie der Stadt Rothenfels am Main aus und nicht zuletzt den über 800 Mitglie­ dern der AGH, die es zusammen mit der Orts- und Kreisgruppe des BUND Natur­ schutz geschafft haben, das letzte nicht zersiedelte und ökologisch intakte Tal des gesamten Spessarts zu erhalten! Zu Ehren Sebas­tian Schönauers wurde eine »Ehrenlinde« im Rahmen eines kleinen Festakts im Hafenlohrtal gepflanzt. Schö­ nauer war seit 1992 im Amt und schied im Juli 2021 nach fast 30 Jahren aus dem Landesvorstand aus. Steffen Jodl (lf)

NACHRUF: Völlig überraschend ist am 14. Juni Erich Perchermeier verstorben. Wegen seines jahrelangen, unermüdli­ chen Einsatzes für den BUND Natur­ schutz wurde Erich Perchermeier, lang­ jähriger Vorsitzender der Kreisgruppe Main-Spessart und zuletzt stellvertreten­ der Vorsitzender, im Mai zum Ehrenvorsit­ zenden der Kreisgruppe ernannt. Aktiv war er auch im Landesbeirat, als Mitglied im Landesarbeitskreis Umweltbildung, im Landschaftspflegeverband, im Natur­ schutzbeirat des Landkreises und als stellvertretender Vor­ sitzender der Arbeits­ gemeinschaft Hafen­ lohrtal. 2006 wurde er mit der Bayeri­ schen Naturschutz­ medaille geehrt.

IHR ANSPRECHPARTNER Unterfranken: Steffen Jodl Tel. 01 60/5 61 13 41 steffen.jodl@bund-naturschutz.de


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BN AKTIV + NAH

Oberbayern

So könnte die neue »Grüne Lunge« in der Münchner Innenstadt ­aussehen, wenn die Sonnenstraße wieder zum Park-Boulevard wird.

NATURNOTIZEN AUS OBERBAYERN

KREISGRUPPE MÜNCHEN

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EIN CENTRAL PARK FÜR DIE CITY

Die BN-Ortsgruppe Baar-­Ebenhausen/Reichertshofen/Pörn­ bach hat sich seit 2010 dem Schutz der Wildbienen um den Windsberg in Frein­ hausen verschrieben. Dort findet sich die Ochsenzungen-Sandbiene und das bay­ ernweit einzige Vorkommen der Malven-­ Langhornbiene (siehe Foto). Die seltene Art sammelt im Juni Pollen auf rosa Wild­ malven. Die Futterpflanzen müssen die Ehrenamtlichen des BN im Frühling markieren, damit sie nicht verse­ hentlich abgemäht werden. Weiter bildet die Ortsgruppe Inter­ essierte als »Bienen­ r Be zähler« aus. ter : Pe

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Foto: KG München/Montage: Fair Fleet

ARTENHILFE:

Unter Bäumen flanieren statt im Stau stehen? Geht es nach der BN-Kreisgruppe München, könnte dies bald Wirklichkeit werden. Für ihr im März präsentiertes Konzept eines »Munich Cen­ tral Park« erntete sie überwältigenden Zuspruch.

N

icht nur das Medienecho war riesig, auch der Stadtrat signalisierte Unterstützung und lässt den Entwurf derzeit auf seine Umsetzbarkeit prüfen. Der neue Park soll sich wie ein grünes Band durch die City ziehen: Vom Sendlin­ ger Tor bis zur Brienner Straße, wo sich der Verkehr derzeit auf bis zu fünf Fahr­ spuren staut, soll eine durchgehende Park­ anlage entstehen. Die jetzt so ver­ kehrsbelastete Sonnenstraße könnte zur Flaniermeile werden, seitlich mit Radwe­ gen, Tramgleisen und einer Autospur je Richtung und in der Mitte, auf gut 30 Me­ tern Breite, mit genug Platz für neue Bäu­ me und viel Grün. Das gab es schon einmal: Bis Ende der 1930er Jahre war die Straße ein parkarti­ ger Boulevard, der 1938 den größenwahn­ sinnigen Baufantasien der Nationalsozia­ listen zum Opfer fiel. In der Nachkriegs­ zeit entstand hier der westliche Altstadt­

ring und heute ist der Stachus der verkehrsreichste Platz in Europa. Dass der Münchner Stadtrat bereits auf weni­ ger Individualverkehr, mehr ÖPNV und den Altstadt-­Fahrradring setzt, hilft dem Projekt »Munich Central Park«, und mit Fahrspur, Lieferzonen und Parkhäusern bleibt die Innenstadt weiterhin motorisiert erreichbar. Auch angesichts des Klimawandels spricht alles für den Park: Bleiben Son­ nenstraße und Stachus Asphaltwüste, könnten einer Studie zufolge dort im Sommer Temperaturen von bis zu 47 Grad Celsius erreicht werden. Neue Bäu­ me und Grünflächen würden für Abküh­ lung sorgen — und für mehr Lebensquali­ tät in der Stadt. Katharina Horn (as)

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MOOR IST MEHR: Unter diesem Mot­ to starteten die BN-Kreisgruppen Aichach-­ Friedberg und Neuburg-Schrobenhausen ihre gemeinsame Ausstellungsreihe zum Themenfeld Donaumoos. Zum Auftakt Anfang Mai luden der BN, die Interessen­ gemeinschaft Schorner Röste und die Marktgemeinde Pöttmes zum runden Tisch im Rathaus, um Perspektiven für das altbayerische Donaumoos zu entwer­ fen. Gemeinsam wollten die Beteiligten neue Wege finden, um diesen einzigarti­ gen Natur- und Kulturraum zu erhalten und weiterzuentwickeln. Die Zunahme von Starkregenfällen und Trockenperio­ den durch den Klimawandel erfordern ein proaktives Moormanagement. Diskutiert wurden unter anderem die negativen Kli­ maeffekte von entwässerten Niedermoo­ ren, das durch Wasserausleitung beding­ te Absacken von Moorböden und der Ver­ lust an typischen Tier- und Pflanzenarten im Donaumoos, sowie mögliche Maßnah­ men zur Abhilfe und deren Finanzierung. IHRE ANSPRECHPARTNERIN

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Mehr Infos unter www.bn-muenchen.de/munichcentral-park

Oberbayern: Annemarie Räder Tel. 0 89/54 83 01 14 annemarie.raeder@bund-naturschutz.de


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Oberpfalz 53

NATURNOTIZEN AUS DER OBERPFALZ

Foto: Reinhard Scheuerlein

ERFAHRUNGSAUSTAUSCH: Gerade

Zum Jubiläum des BN gratulierten (vo. re.) Landrätin Tanja Schweiger, Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer, BN-Landesvorsitzender Richard Mergner und P ­ ettendorfs Bürgermeister Eduard Obermeier. Links Kreisgruppenvorsitzender Raimund Schoberer

KREISGRUPPE REGENSBURG

JUBILÄUM AUF DER DONAUINSEL

im ländlichen Raum spielen E-Autos ne­ ben einem zu verbessernden ÖPNV eine besondere Rolle für die klimafreundliche Mobilität. Die BN-Kreisgruppe Cham ver­ anstaltete daher Mitte Mai einen Erfah­ rungsaustausch, bei dem überzeugte E-­ Auto-­Fahrer*innen ihre Fahrzeuge öffent­ lich vorstellten. Dabei standen vom Klein­ wagen bis zum Transporter 16 Modelle verschiedener Marken und Größen bereit. Angesichts des stockenden Rückgangs der CO2-Emissionen im Verkehrssektor hält BN-Kreisvorsitzender Robert Kurz­ mann den Abbau von Hürden für emissi­ onsfreie Formen der Mobilität für sehr wichtig. Bei Bio-Kaffee und Kuchen gab es Gelegenheit, sich über alle Themen rund um das E-Auto auszutauschen.

Z

u einer Jubiläumsfeier auf der Donauinsel Mariaort konnten die Aktiven der Kreisgruppe Mitte Mai zahlreiche Besucher*innen und Ehrengäste empfangen. Dabei wies Kreisvorsitzender Raimund Schoberer darauf hin, dass die Kreisgrup­ pe mit über 8700 Mitgliedern und Förde­ rern der Umwelt und der Natur in Stadt und Landkreis Regensburg eine hörbare Stimme verleihe, die heute mehr denn je nötig sei. Er betonte, dass gerade der ge­ genwärtige Bauboom in der Region für Konflikte sorge, die den BN zu Stellung­ nahmen veranlassten, »die auch mal weh tun«. Nicht fehlen durfte bei der Feier das Naturmobil, das als umgebauter Caravan das Rückgrat der BN-Umweltbildung in und um Regensburg darstellt. Auf der Do­ nauinsel Mariaort, wo der BN Flächen be­ sitzt, bot die Kreisgruppe eine Führung zu ihren dortigen Naturschutzprojekten an.

BN-Landesvorsitzender Richard Merg­ ner gratulierte der Kreisgruppe zu ihrer Tätigkeit und ihrer breiten Verankerung in der Gesellschaft. Während Landrätin Tanja Schweiger (FW) auf die gute Zusammenarbeit mit dem BN bei der Energiewende verwies, räumte die Regensburger Oberbürger­ meisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) ein, dass im Stadtrat inzwischen alle Parteien begriffen hätten, dass man nicht immer weiter Flächen versiegeln könne. Dem Ehrenvorsitzenden der Kreisgrup­ pe, Dr. Peter Streck, blieb es vorbehalten, einzelne Rückblicke in die Geschichte des Regensburger BN in gewohnt launigem Ton vorzutragen, bevor sich die Gäste der unvergleichlichen Stimmung am Donau­ ufer mit unverstärkter Musik und nachhal­ tigen Snacks hingeben konnten. Reinhard Scheuerlein (lf)

Foto: BN

Grund zum Feiern: Die BN-Kreisgruppe Regensburg wurde vor 50 Jahren im Mai 1972 gegründet und ist seitdem zusammen mit ihren derzeit 17 Ortsgruppen mit vielen Themen aktiv.

KLIMAFIT WERDEN: An der Volks­ hochschule Neumarkt hat BN-Ortsgrup­ pen-Vorsitzender Alfons Greiner im Früh­ jahr einen »Klimafit«-­Kurs geleitet. Dabei haben sich die Teilnehmenden (im Bild) damit auseinandergesetzt, was die Klima­ krise für sie und ihre Gemeinden bedeutet und wie sie zum Klimaschutz beitragen können. Zudem haben sie in Vorträgen Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaß­ nahmen sowie Best-Practice-Beispie­ le kennengelernt. Alfons Greiner ist über­ zeugt, dass solche engagierten Bürgerin­ nen und Bürger in den Kommunen ge­ braucht werden, damit Klimaschutz vor Ort umgesetzt werden kann. IHR ANSPRECHPARTNER Oberpfalz: Reinhard Scheuerlein Tel. 09 11/ 8 18 78-13 reinhard.scheuerlein@ bund-naturschutz.de


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Mittelfranken

NATURNOTIZEN AUS MITTELFRANKEN

Mit vielen Kundgebungen warben die Aktiven für die Ablehnung der Ortsumfahrung.

KREISGRUPPEN HÖCHSTADT-HERZOGENAURACH UND ERLANGEN

»ALTERNATIVEN ERNST NEHMEN!« Ein schöner Erfolg für die Natur: Die völlig ­überzogene Planung für die Ortsumfahrung ­Niederndorf-Neuses konnte per Bürger­ entscheid verhindert werden.

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rleichterung bei der Ortsgruppe Herzogenaurach des BUND Naturschutz: »Wir haben es geschafft. Die Stadtratsmitglieder und die Stadt sind jetzt gefordert, unsere Alternativen wirklich ernst zu nehmen und nicht mehr beiseite zu schieben«, so Dr. Horst Eisenack von der BN-Ortsgruppe. 18 420 Stimmberechtigte waren im Mai aufgerufen, über die Planung der Südum­ fahrung des Herzogenauracher Ortsteils Niederndorf abzustimmen. Das vom BUND Naturschutz, der örtlichen Bürger­ initiative HerzoSüdBewahren, einer Inter­ essengemeinschaft der Landwirte, von fridays for future, dem VCD, der FDP, den FW, B90-Die Grünen unterstützte Bürger­ begehren des Aktionsbündnis Stopp-­Süd­ umfahrung erhielt die Mehrheit der abge­ gebenen Stimmen. Besorgt sind Horst Eisenack und seine engagierten Mitstreiter*innen, weil man­ che der beim Entscheid Unterlegenen am liebsten nach der 1-Jahres-Bindungsfrist

des Bürgerentscheides mit der Planung weitermachen wollen. Dabei gibt es viele gute Gründe gegen den geplanten Straßenbau. Die geplante Umfahrung zerstört und zerschneidet Äcker, Wälder, Biotope und Landschafts­ schutzgebiete. Geschütze Tiere und Pflan­zen verlieren ihren Lebensraum. Die Natur wird auf über 5 Kilometer durch Ampeln, Kreisverkehr, große Brücken, hohe Däm­ me und mächtige Einschnitte verschan­ delt. Alternativen wurden bei der Planung unzureichend berücksichtigt, so die fest geplante Stadt-Umlandbahn Nürnberg-­ Erlangen-Herzogenaurach, die geplanten Radschnellwege, Park & Ride und der Trend zum Home-Office. Zudem hätte die Trasse eine deutliche Verlängerung des Verkehrsweges mit sich gebracht. Nun setzen sich die Aktiven für einen besse­ ren Lärmschutz mit Tempo 30 und Lkw-­ Verbot in Niederndorf ein. Tom Konopka (lf)

te und vom BN bekämpfte Ortsumfah­ rung Eltersdorf (Stadt Erlangen) ist offen­ bar wegen des Artenschutzes nicht mehr realisierbar. Eine große Kolonie des be­ drohten und geschützten Kiebitzes wäre vom Bau der Straße betroffen, eine Um­ siedlung nicht möglich. Das Planfeststel­ lungsverfahren muss zwar noch einge­ stellt werden, aber in einem Artikel der Er­ langer Nachrichten Mitte Mai 2022 war zu lesen, dass die Höhere Naturschutzbe­ hörde bei der Regierung von Mittelfranken der »geplante(n) Trasse kaum eine Reali­ sierungschance« einräumt. Die Stadt will nun verkehrsberuhigende Maßnahmen vorbereiten und eine Abstufung der bishe­ rigen Staatsstraße erreichen.

Foto: Carola Gaar

Foto: Tom Konopka

KIEBITZ DARF BLEIBEN: Die geplan­

BAHN-REAKTIVIERUNG: Seit vielen Jahren kämpft der BUND Naturschutz mit der Bürgerinitiative Mutschachfreunde in Dinkelsbühl gegen eine Ortsumfahrung der Stadt und klagt gegen den Bau auch vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mün­ chen. Als Alternative fordern beide die Re­ aktivierung der Bahnstrecke Dombühl-­ Dinkelsbühl-Nördlingen. Zumindest diese Forderung könnte bald Erfolg haben: Mit­ te Mai 2022 unterstützte der Verkehrs­ ausschuss des Landtages eine Petition der Initiative »Mission Bahnstation« zur Reaktivierung im Abschnitt Dombühl-Wil­ burgstetten, in dem auch Dinkelsbühl liegt (im Bild die stillgelegte Strecke in Dinkelsbühl mit Bahnhof). IHR ANSPRECHPARTNER Mittelfranken: Tom Konopka Tel. 09 11/ 8 18 78-24 tom.konopka@bund-naturschutz.de


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BN AKTIV + NAH

Niederbayern 55

NATURNOTIZEN AUS NIEDERBAYERN

Reinhard Bieringer, hier vor Ort im ­ mstrittenen Waldstück, gründete die u Bürgerinitiative, die mit dem BN gegen den Kiesabbau bei Marterberg kämpft.

KREISGRUPPE PASSAU

WALD STATT KIESABBAU Am Marterberg bei Vilshofen will ein Unter­ nehmer großflächig Kies abbauen. Dies wollen die örtliche Bürgerinitiative und die BN-Kreisgruppe Passau verhindern.

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itte Juni überreichten Aktive des BUND Naturschutz und der Bür­ gerinitiative dem Prior des Klosters eine Liste mit über 3000 Unterschriften gegen den Eingriff im »Marterbergholz«. Bereits Ende Mai hatten sie diese schon dem Vilshofener Bürgermeister Florian Gams übergeben und ihn aufgefordert, gemeinsam den Kiesabbau zu verhin­ dern. Zwischen den Ortschaften Marter­ berg und Sandbach liegt oberhalb des Do­ naulaufs ein neun Hektar großes Wald­ stück, das dem Kloster Schweiklberg ge­ hört. Aus wirtschaftlichen Gründen haben es die Mönche an einen Kiesunternehmer zum Abbau verpachtet. Doch seit die Plä­ ne vor zwei Jahren bekannt wurden, gibt es Widerstand. Auf dem fraglichen Areal steht ein durch Borkenkäfer und Stürme gestress­ ter Fichtenwald, der sich gerade zu einem jungen, klimastabilen Mischwald wan­

delt. Diese Entwicklung möchten die Akti­ ven des BN unterstützend begleiten. Der Idee des Unternehmers, das Gebiet nach Ende des 15-jährigen Abbaus zu renatu­ rieren, erteilen sie eine Absage: Klima­ schutz ist jetzt notwendig und kann nicht erst in Jahrzehnten beginnen. Dafür muss, gerade im waldarmen südlichen Teil des Landkreises, das Marterbergholz jetzt erhalten bleiben. Deutlich werden an diesem Fall die Fall­ stricke eines veralteten Bergrechts, das der Sicherung von Rohstoffen noch im­ mer Vorrang vor Natur- und Umwelt­ schutz gibt — obgleich der Wald als natür­ liche Ressource schwindet und der Klima­ wandel längst Realität ist. Rita Rott (as)

»Mein Freund der Baum« hat die Kreis­ gruppe Dingolfing-Landau des BN ge­ meinsam mit dem örtlichen Gartenbau­ verein einen Fotowettbewerb ausge­ schrieben, bei dem markante Bäume im Landkreis gesucht werden. Auch ältere Bilder sind willkommen, Einsendeschluss ist am 28. Oktober. Die Bilder werden auf einer Abschlussveranstaltung prämiert; auch ein Fotokalender soll entstehen. Be­ gleitet wird der Wettbewerb von Fachvor­ trägen und einer Aktion für Kinder und Ju­ gendliche. Infos: dingolfing-landau.bund-naturschutz.de/natur-in-unserem-landkreis

Foto: KG Dingolfing-Landau

Foto: Helmut Rücker

ALTE FREUNDE: Unter dem Motto

GROSSE HILFE: Bis 1990 gab es die Gelbbauchunke noch fast überall im Landkreis Rottal-Inn. Heute ist der kleine Froschlurch mit dem charakteristisch ge­ färbten Bauch selten geworden. Die BN-­ Kreisgruppe will der gefährdeten Art nun mit der Anlage von Kleinstgewässern und »Unkenbecken« zur Laichablage helfen. Weiter hat sie im Mai ein Bürgerfor­ schungsprojekt gestartet, das dazu auf­ ruft, Vorkommen und Fundorte zu mel­ den. Den Anfang machten drei junge Na­ turschützer aus Schönau, die die Tiere schon zum zweiten Mal sichteten. Infos: rottal-inn.bund-naturschutz.de/ aktuelles IHRE ANSPRECHPARTNERIN

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Weitere Informationen www.waldstattkies.de

Niederbayern: Rita Rott Tel. 0 89 /54 83 01 12 rita.rott@bund-naturschutz.de


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BN AKTIV + NAH

Oberfranken

NATURNOTIZEN AUS OBERFRANKEN

Wie hier würde es vielerorts aussehen, wenn sich nicht engagierte Menschen den oft kurzsichtigen Bauplänen entgegenstellen würden.

KREISGRUPPE BAYREUTH

WER BREMST DIE BAUWUT? Seit zwei, drei Jahren zieht sich eine Bauwut durch die Stadt Bayreuth und durch den ­Landkreis. Nachhaltige, klimaschonende ­Planung? Fehlanzeige!

D

ie Kreisgruppe Bayreuth des BUND Naturschutz hat allein 2021 zu rund 85 und 2022 (bis Juni) zu 45 Planungen ausführliche Stellungnahmen eingereicht. Seit Anfang 2021 hat die Stadt Bayreuth Bauvorhaben beschlossen, die zu einer Neuversiegelung von rund 54 Hektar führen. Die Erkenntnis, dass diese Art von Bau­ planung und Umgang mit der Ressource Grund und Boden nicht nachhaltig ist, scheint einfach nicht in der kommunalen Bauplanung anzukommen! Einfache Maßnahmen werden von Verwaltung und Politik in den Plänen »vergessen«, so die Festlegung von für Kleintiere durchlässi­ ge Einfriedungen ohne Sockel, oder Rege­ lungen hinsichtlich Lichtverschmutzung, um schädliche Einwirkungen durch Kunst­ licht zum Schutz nachtaktiver Insekten, Vögel oder Fledermäuse zu regeln. Düster sieht es auch bei der Festset­ zung von Ausgleichsmaßnahmen aus: Anstatt den verursachten Schaden an Na­

tur und Kultur durch ökologischen Aus­ gleich vor Ort auch wirklich auszuglei­ chen, wird oft auf externe, dem Eingriffs­ ort ferne Flächen zurückgegriffen und in fast allen Fällen eine Handvoll kosten­ günstiger Obstbäumchen auf einer Wiese in Nähe einer Autobahn oder Bundesstra­ ße gepflanzt. Noch schwieriger sieht es beim Was­ sermanagement und einer Verpflichtung zu lokaler Regenwasserrückhaltung aus. Diese würde das zurückgehaltene Wasser über örtliche Versickerung dem lokalen Naturhaushalt zuführen, statt es über die Kanalisation abzuleiten. Umso wichtiger ist die mühselige Ba­ sisarbeit der BN-Kreis- und Ortsgruppen wie in Bayreuth, die sich trotz aller Wider­ stände um Einsicht in der kommunalen Verwaltung und Politik bemühen: Weg von ungebremster Bauwut hin zum Bauen mit Verstand, Vernunft und ökologischer Weitsicht. Dr. Johannes Lüers (lf)

berg konnte im Mai erstmals wieder eine Mitgliederversammlung in Präsenz statt­ finden. Erfreulicherweise stellten sich bei der Neuwahl so viele junge und engagier­ te Kandidat*innen zur Verfügung, dass der neue Vorstand unter neuer Führung von Erich Spranger nun 18 Aktive umfasst (im Bild). Der bisherige Vorsitzende Mar­ tin Bücker war nicht mehr angetreten und feierlich verabschiedet worden. Der BN-­ Landesvorsitzende Richard Mergner wür­ digte ihn als ausgewiesenen Artenkenner und Umweltschützer. Er hielt auch die Laudatio für den 16. Bamberger Natur­ schutzpreis, der diesmal an den Freundes­ kreis Nationalpark Steigerwald verliehen wurde.

Foto: Tom Konopka

Foto: AdobeStock/AVTG

NEUWAHL: In der Kreisgruppe Bam­

LERCHENHOFTRASSE: Der Bayeri­ sche Verwaltungsgerichtshof hat die Kla­ ge des BN und der Bürgerinitiative abge­ wiesen und den Weg für die umstrittene Lerchenhoftrasse (B 303) und den vier­ spurigen Aus- und Neubau der B 173 bei Küps-Johannisthal freigemacht. Der BUND Naturschutz stemmt sich seit Jah­ ren gegen das Projekt, es ist landschafts­ verbrauchend, klimaschädlich und beein­ trächtigt den Hochwasserraum der Ro­ dach. Richterin Judith Müller betonte, dass sie die gesetzlichen Grundlagen in Sachen Umweltschutz für unzureichend halte. Das Gericht müsse aber nach Rechtslage entscheiden. IHR ANSPRECHPARTNER Oberfranken: Tom Konopka Tel. 09 11/ 8 18 78-24 tom.konopka@bund-naturschutz.de


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BN AKTIV + NAH

Porträt 57

IM PORTRÄT

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MIT HERZBLUT FÜR DEN WALD

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ichael Held, 71, ist pensionierter Forstwissenschaftler. Im Vorstand der BN-Kreisgruppe Passau ist er für das Thema Wald verantwortlich. Lisa Eder, 56, ist Dokumentarfilmerin. Kennengelernt hat sich das Ehepaar bei Dreh­ arbeiten. Gemeinsam treten sie für den Schutz des Waldes ein – auf unterschiedliche Weise. An diesem Junitag ist es 30 Grad heiß, doch hier, mitten im Wald, unter mächti­ gen Baumkronen, ist es dagegen gerade­ zu angenehm kühl. Goldene Lichtkringel sprenkeln den Waldboden. Bergahorn, Bu­ chen, Tannen, Eichen, Eschen, Vogelbeere bilden hier ein dschungelartiges Mitein­ ander. Michael Held macht für den BUND Naturschutz eine Führung durch den Misch­wald am Marterberg, Thema ist der Klimawandel. Held erklärt mit ruhigen Worten das vieltausendfache Ineinander­ greifen von Werden und Vergehen in ei­ nem Wald. Als stellvertretender Leiter des Natio­ nalparks Bayerischer Wald und später als Forstamtsleiter gehörte es zu seinen Auf­ gaben, Akzeptanz für Wildnis zu schaf­

Ob bei Exkursionen oder auf der Kinoleinwand: Lisa Eder und Michael Held sind ein ­Dreamteam, wenn es um den Schutz des Waldes geht.

fen. »Im Nationalpark konnte ich jahre­ lang beobachten, wie der Wald sich ohne menschliches Eingreifen erneuert.« Als Mitglied beim BN setzt er sich dafür ein, dass Altholzinseln auch in den Wirt­ schaftswäldern erhalten und vernetzt werden. Wenn Lisa Eder über den Wald erzählt, sprechen ihre Hände und Arme mit. »Der Wald ist etwas Mächtiges, ein komplexes System, das wir nicht ansatzweise ver­ standen haben«, sagt sie. Und: »Er ist un­ ser Ursprung, denn wir sind Teil der Pflan­ zenwelt. Und dennoch behandeln wir den Wald wenig respektvoll. Er ist wie ein Dienstleister für uns: Er liefert den Roh­ stoff Holz, dient als CO2-Speicher, als Lern­ort, als Ort der Erholung«.

PORTRÄT DES NATIONALPARKS In ihrem jüngsten, sehr erfolgreichen Film »Der Wilde Wald« hat sie ein vielschichti­ ges Porträt vom Nationalpark Bayerischer Wald gezeichnet. Anlass war dessen 50. Geburtstag. Seit 2021 läuft der Dokumen­ tarfilm in Kinos und auf Festivals, deutsch­ landweit und im Ausland. Über kraftvolle

Bilder stellt sie bei den Zuschauern ein Gefühl der Verbundenheit mit all dem Le­ ben in dieser Wildnis her. »Das ist meine Art, für die Belange der Natur einzutre­ ten«, sagt Lisa Eder. Ihrem Mann ist sie für seinen fachlichen Input dankbar. »Mi­ chael hat mich den Wald erst wirklich ver­ stehen gelehrt.«

NEU VERBUNDEN MIT DER HEIMAT An ihre Kindheit im »Woid« erinnern sich beide mit Ambivalenz. »Da war oft ein Ge­ fühl von Enge durch die Nähe des Eiser­ nen Vorhangs«, sagt Held. »Aber auch durch die festgefügten sozialen Struktu­ ren in dieser Region«, fügt Eder hinzu. Hin­ aus in die Welt hatte es daher beide in jun­ gen Jahren gezogen. Über die intensive Beschäftigung mit dem Bayerischen Wald hätten sie sich mit ihrer Heimat neu ver­ bunden, wie sie selber sagen. Die Schön­ heit und Bedeutung des Waldes vielen ­nahezubringen, hier und anderswo, das verbindet und motiviert die beiden. Margarete Moulin


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BN AKTIV + NAH

Bildung

BILDUNG ­­­

TERMINE

Foto: JBN

CLIPS DREHEN

KINDERGRUPPEN LEITEN Gemeinsam in den Wald gehen, Jahreszeiten feiern, Lagerfeuer machen, sich für den Umweltschutz vor Ort einsetzen. Eine JBN-Kinder- oder Müpfegruppe zu leiten, bedeutet mit Kindern gemeinsam die Natur vor der Haustür zu entdecken. Die Gruppenleitung einer JBN-Kinderoder Müpfegruppe zu sein, heißt aber auch, Verantwortung zu übernehmen und dabei viel über sich selbst zu lernen. Mit der JBN-Gruppenleiter*innen-Ausbildung ist man für diese Anforderungen bestens gewappnet. Für alle künftigen oder akti­ ven Kinder- und Müpfegruppenleiter*in­ nen bietet die JBN regelmäßig eine Aus­ bildung an. Ein Lehrgang besteht aus drei Modulen und ist Voraussetzung für die

Leitung einer Kinder- oder Müpfegruppe, wenn keine andere pädagogische Ausbil­ dung vorliegt. Modul I: rechtliche Grundlagen, Finanzen und Zuschüsse, Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerken Modul II: Grundlagen der Bildung für nachhaltige Entwicklung, umweltpädago­ gische Aktivitäts- und Spielideen für die Gestaltung von Gruppenstunden, Grup­ pendynamik Modul III: frei wählbar Bei Teilnahme an allen Modulen und ei­ nem Erste-Hilfe-Kurs kann die Jugendlei­ ter*innen-Card (Juleica) beantragt wer­ den. Modul I findet voraussichtlich vom 27. – 29. Januar 2023 online und Modul II vom 17. – 19. März 2023 in Präsenz statt.

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Mehr Infos auf www.jbn.de/mitmachen/gruppenleiterinnen/gruppenleiterinnenausbildung Ansprechpartnerin: Ute Mayer: Tel. 0 89/15 98 96 36, E-Mail: u.mayer@jbn.de

GRÜNES BLATT AUF BRAUNEM BODEN Für politisch weit rechts stehende Gruppierungen spielen Begriffe wie Ökologie, Heimat- und Naturschutz eine große Rolle. Immer wieder sind daher demokratische Akteur*innen des Natur- und Umweltschutzes sowie des (ökologischen) Landbaus mit Vereinnahmungsstrategien und Unterwanderungsversuchen von rechts konfrontiert. In zwei Online-Workshops informiert der BN zusammen mit der Präventionsstelle FARN der Naturfreunde Deutschland über diese Zusammenhänge. Der erste Vor­ trag am 18. Oktober widmet sich den Fra­ gen: Welche Beweggründe haben extrem rechte Akteur*innen sich in diesen The­

menfeldern zu engagieren? Welche Ziele verfolgen sie? Der Vortrag »Grünes Blatt auf braunem Boden« am 25. Oktober gibt einen Überblick über die historischen und aktuellen Verknüpfungen von Natur­ schutz, Landwirtschaft und rechter Ideo­ logie und wirft einen Blick auf neu-rechte Siedlungsbestrebungen.

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Termine 18. Oktober, 18–20 Uhr, Ökologie von rechts, online 25. Oktober, 18–20 Uhr, Grünes Blatt auf braunem Boden, online Anmeldung: bildungswerk@bund-naturschutz.de weitere Informationen: www.nf-farn.de

Mit professioneller Ausrüstung span­ nende, umweltkritische Videoclips ­produzieren. Von der selbst ausgedach­ ten Story über Filme schneiden bis zur Filmpremiere ist alles geboten! Für junge Leute von zwölf bis 15 Jahren 30. Oktober, 12 Uhr – 4. November 2022, 13 Uhr Jugendbildungsstätte Wald­münchen, begleitete Anreise ab München und Nürnberg-Hauptbahnhof möglich Kosten: 130 Euro (für Mitglieder: 110 Euro) Mehr Infos: www.jbn.de/termine/ kamera-laeuft-2022-4

PRAXISTAGE Ein Angebot für Engagierte in der Um­ weltbildung mit Kindern und Schulen: Thema Insektenvielfalt: 29. August, München, mit Anke Simon und 24. Sep­ tember, Nürnberg, mit Moni Nunn Thema Wolf: 14. Oktober, Regensburg, mit Uwe Friedel und Anke Simon am 14. Oktober im Walderlebniszentrum ­Regensburg Anmeldung: Bildungswerk@bund-naturschutz.de

RUNDE TISCHE Runde Tische zur Umweltbildung mit wichtigen Informationen zu Förder­ programmen starten am 10. Oktober in Schwaben. Es folgen die Termine in Franken am 12. Oktober. Der Runde Tisch Oberpfalz findet am 17. Oktober in Waldsassen statt. Den Abschluss bilden am 18. Oktober die Akteure aus Nieder­ bayern, die sich im Kloster Windberg treffen.

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Mehr Infos auf www.umweltbildung.bayern.de


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SERVICE

SCHIMMEL IM HAUS

Illustration: Ann-Kathrin Hahn/Das Illustrat

WAS TUN? Schimmelpilze kommen fast überall vor. Mit ihrer Hilfe stellen wir Käse und ­Salami oder auch Penicillin her. Doch etwa hundert ihrer rund 10 000 Arten können richtig krank machen. PETRA RUMPEL ist die Geschäftsführerin des ­ BUND-Umweltzentrums Ortenau in Offenburg.

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chwarze, grüne oder graue Flecken an Wänden oder Zimmerecken weisen auf Schimmelpilze hin. Ist es feucht genug und finden ihre winzigen Sporen einen Nährboden, keimen sie und bilden Pilzgeflechte. Reichlich Nahrung bieten Holz, Papier, Tapeten, Wandfarben, manche Kunststoffe oder Hausstaub. Durch richtiges Lüften und bauliche Maßnahmen lässt sich der Befall vermeiden.

WIE SICH SCHIMMEL BILDET Schimmelpilze siedeln sich in feuchten Ecken an, hinter Wandverkleidungen, auf Tapeten, an Duschvorhängen, in Müll­ eimern, Matratzen oder in der Erde von Zimmerpflanzen. Kochen, Duschen und Wäschewaschen führen zu hoher Luft­ feuchte. Wir selbst geben jeden Tag bis zu 1,5 Liter Feuchtigkeit ab, über die Atemluft und Haut. Kühlt die feuchte Luft an kalten Stellen von Wand, Decke oder Boden ab, bildet sich Kondenswasser. Wo dieses nicht richtig abtrocknet, sprießt oft der Schimmel. Seine Sporen können Allergien und Erkrankungen an den Atemwegen auslösen. Vom Pilz ab­ gegebene Gifte können Migräne, Magen-­ Darmbeschwerden, Neurodermitis oder Konzentrationsstörungen und Müdigkeit

verursachen. Besonders gefährdet sind Personen mit schwachem Immunsystem, aber auch Kleinkinder und alte Menschen.

SCHIMMEL BEKÄMPFEN Zuerst sollten die Ursachen des Befalls untersucht und behoben werden. Liegt ein Baumangel vor, wie schlecht gedämmte Außen­wände, undichte Wasserleitungen, schadhafte Dächer oder aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Erdboden? Auch wasserundurchlässige Anstriche, neue Fenster in Altbauten, nicht ausgetrocknete Neubauten oder unzureichende Lüftung begünstigen Schimmel. Bei kleineren Flächen können Sie die befallene Tapete oder den Putz entfernen und die Stellen abbürsten oder abwaschen. Es empfiehlt sich dabei Handschuhe und Atemmaske zu tragen, Fenster weit zu öffnen und die Türen zu anderen Räumen zu schließen. Meiden Sie fungizidhaltige Schimmelsprays, um sich nicht selbst zu schaden. Wirksam sind eine 3-prozentige Sodalauge, hochprozentige Essigessenz oder 70-prozentige Spirituslösung. Danach säubern Sie alle Oberflächen (auch Bezüge oder Vorhänge) und Ihre Kleidung. Nicht immer ist der Befall sichtbar. Schimmelpilze nisten sich selbst in Fuß­ böden, in Wänden oder Hohlräumen ein. Labore und Baubiologen können sie auf­ spüren. Ziehen Sie Fachleute auch bei größeren Schäden und ständig wieder­ kehrendem Schimmel zu Rate.

SCHIMMEL VERMEIDEN Zu feuchte Raumluft und damit Schimmel vermeiden Sie durch richtiges Lüften und gute Wärmedämmung. Öffnen Sie mehr­ mals täglich weit Fenster und Türen für etwa fünf Minuten. Lüften Sie besonders nach dem Duschen, Baden oder Kochen kräftig nach draußen. Dauerhaft gekippte Fenster während der kalten Jahreszeit lassen die Wände auskühlen, was das Schimmelwachstum fördert. Zudem geht dadurch viel Energie verloren. Halten Sie ungeheizte oder kühlere Räume in der Heizperiode geschlossen. Ansonsten schlägt sich die Feuchtigkeit aus der einströmenden Warmluft an ihren Wänden nieder. Gut ist es, wenn die Materialien Ihres Hausstandes in der Lage sind, viel Feuch­ tigkeit aufzunehmen und auch wieder abzugeben. Das trifft auf unbehandeltes oder gewachstes Holz sowie natürliche Bodenbeläge und Möbelstoffe zu. Dagegen nehmen Fliesen, Glas oder Kunststoffe keine Feuchtigkeit auf. Wandanstriche aus Kalk- und Silikat­farben sind atmungsaktiv und dank ihrer basischen Zusammensetzung besonders resistent gegenüber Schimmel.

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Mehr zum Thema www.verbraucherzentrale.de/schimmel und: www.umweltbundesamt.de/ schimmelleitfaden


Natur +Umwelt 3 | 22

SERVICE 61

ÖKOTIPP Alle Ökotipps des BUND finden Sie unter:

www.bund.net/oekotipps

AKTIV OHNE SCHADSTOFFE Die Jahreszeit lädt dazu ein, draußen unterwegs zu sein. Aber Achtung: Manche Outdoor- und Sportkleidung schadet der Umwelt und Ihnen selbst, weil sie giftige Chemikalien enthält. Funktionskleidung wie Laufshirts oder Wanderjacken bestehen häufig aus Kunst­ fasern wie Polyester, Nylon und Acryl. Der Vorteil beim Tragen: Die Textilien sind zum Beispiel wasserabweisend oder atmungs­ aktiv. Doch wäscht man sie, entweicht daraus Mikroplastik, das dann in Flüsse und Meere gelangen kann.

BEWUSST EINKAUFEN Stoffe oder Imprägnierungen von Regen­ jacken oder Laufhosen können per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen enthalten. Diese »Ewigkeitschemikalien« bauen sich

in der Natur praktisch nicht ab. Wir finden sie inzwischen selbst in der Arktis und in unserem Blut. Beim Sport schwitzen wir, die Poren öffnen sich. Dadurch ist unsere Haut besonders empfänglich für Chemi­ kalien. Bei Sportkleidung gilt deshalb: Tragen Sie vorhandene Kleidung so lange es geht. Und achten Sie beim Neukauf auf die Hinweise »PFC-frei« und »Fluorcarbonfrei«. Oder wählen Sie gleich Produkte aus natürlichem Material. Auskunft über Schadstoffe in Alltags­ dingen gibt Ihnen die ToxFox-App. Lassen Sie Firmen wissen, dass Sie giftfreie Pro­ dukte wollen. Fordern Sie Ihr Auskunfts­ recht ganz einfach ein, durch einen Scan

mit der ToxFox- App des BUND. Diese App versendet in Ihrem Namen eine Anfrage an die Hersteller oder Händlerinnen. Die Firmen sind zu einer Auskunft verpflichtet, wenn ein Produkt bestimmte Schadstoffe enthält. Und mit jeder Anfrage merken sie: Wir wollen Dinge ohne Gift!

Die ToxFox-App können Sie für Android und iOS gratis herunterladen: www.bund.net/toxfox

ESSEN VERSCHIMMELT? Was den Roquefort zu einer Delikatesse macht, kann bei anderen Lebensmitteln hochgefährlich sein. Viele Schimmelpilze produzieren Mykotoxine und schaden der Gesundheit. Vor allem jetzt im Sommer, wenn der Schimmel rasch wächst, sollten Sie auf befallene Lebensmittel achten. Grundsätzlich gilt: Schimmel breitet sich umso schneller aus, je höher der Wasser­ gehalt eines Lebensmittels ist. Säfte und Milchprodukte etwa verderben schnell,

auch kohlenhydratreiche und eiweißhaltige Nahrungsmittel wie Brot, Getreide und Nüsse bieten einen passenden Nährboden. Das Ausmaß des Befalls ist nicht immer sichtbar. Betroffene Produkte sind aber meist nicht mehr zum Verzehr geeignet. Lediglich bei luftgetrockneter Salami und Schinken, die am Stück gekauft werden, oder bei Hartkäse können Sie schimmlige Stellen wegschneiden und den Rest noch essen. Um keine Lebensmittel wegwerfen zu müssen, sollten Sie Ihre Einkäufe bedarfs­

gerecht planen und Vorräte wie Getreide und Mehl fest verschlossen, trocken und kühl lagern. Da sich Schimmel gerne aus­ breitet, sollten Sie betroffene Behältnisse wie Brotkästen regelmäßig auswischen, mit Essigwasser. Bei Obst und Gemüse mit Druckstellen warten Sie am besten nicht lange mit dem Verzehr. Leicht Verderbliches wie Erdbeeren essen Sie möglichst frisch am Tag des Einkaufes oder kochen es ein. Haltbar werden Lebensmittel auch durch Einfrieren, Fermentieren oder Trocknen.


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SERVICE

Leserbriefe

LESERBRIEFE UMDENKEN DRINGEND NÖTIG Zum Titelthema »Moore schützen« in N+U 2/2022 Retten wir die Moore, retten wir das Klima und schützen damit auch die Arten und die Bio­ diversität in den Anmooren, Hochmooren und Niedermooren. Wenn Deutschland und Bayern ihre Klimaziele erreichen wollen, dann muss die Entwässerung unserer Moorlandschaf­ ten endlich gestoppt werden. Das größte Niedermoor Süddeutschlands ist unser Donau­ moos mit einer Ausdehnung von 13 000 Hektar. Vor 200 Jahren waren es noch 18 000 Hektar, aber seit dem Beginn der Entwäs­ serung und der Urbarmachung sackte die gesamte Moorland­ schaft um ca. drei Meter ab. Mit dem Schwund des Torfkörpers und der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung verschwanden viele seltene Tier- und Pflanzenarten. Noch gibt es einige Brut­ paare des Großen Brachvogels und des Kiebitzes. Die Wissenschaft sagt, dass aus dem Donaumoos jährlich 400 000 Tonnen Klimagase entweichen (35 t/ha). Bisher fehlt ein klares Bekenntnis des Freistaaates Bayern, dass der Moor­ schutz eine unverzichtbare »staatliche« Daueraufgabe ist. Um Moore und Moorböden besser zu schützen und wieder­ herzustellen, hat der BUND zentrale Forderungen für einen Poli­ tikwandel formuliert. »Alle Hochmoore und Moorwälder sind bis 2030 wiederzuvernässen und ihrer natürlichen Entwicklung zu überlassen, ebenso wie mindestens ein Viertel der heute noch extensiv genutzten Niedermoore.« Um solche Forderungen in die Tat umzusetzen, sollten wir uns ernsthaft ein Volksbegehren »Rettet die Moore« überlegen und der Bayerischen Staatsregie­ rung helfen, endlich den Weg der Vernunft – nicht nur im Donau­ moos – zu beschreiten. Holger Geißel, Rohrenfels

Im Jahr 2021 und auch jetzt in 2022 wurde im Magazin »Natur+ Umwelt» auf die Bedeutung der Schonung der Ressourcen wie die der Moore hingewiesen. Es wurde explizit auf die Rolle der Moore hinsichtlich Speicherung von CO2 und Regulation des Wasserhaushaltes in der Natur hingewiesen. Ich war als Facharzt für Allgemeinmedizin und Badearzt in Bad Feilnbach als Kassenvertragsarzt in eigener Praxis nieder­ gelassen. Die Kommune Bad Feilnbach erhielt den Titel »Bad« 1973 als Heilbad mit dem ortsgebundenen Heilmittel »Moor«, welches aus den Moorgebieten des ehemaligen eiszeitlichen »Rosenheimer Sees« in Raubling und Nickelheim gewonnen wurde. Die Indikation für eine Moorbadtherapie sind vornehm­ lich chronisch entzündliche und degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates, vor allem des rheumatischen Formen­ kreises. Trotz der positiven Eigenschaften des Moores im medi­

zinisch-balneologischen Bereich ist eine weitere Gewinnung die­ ses ortsgebundenen Heilmittels aus unseren seit Jahrtausen­ den entstandenen Moorlandschaften nicht mehr zu verantwor­ ten! Der immense Energieaufwand zur Bereitstellung eines Moorbreies und die Zerstörung der ursprünglichen Moorland­ schaft mit ihrer Bedeutung für unseren Lebensraum kann in der heutigen Zeit mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen bzgl. der Tragweite der Zerstörung unserer natürlichen Ressourcen nicht mehr akzeptiert werden. Der Preis der medizinischen Nut­ zung von Moor als ortsgebundenes Kurmittel ist zu hoch! In der modernen Hochleistungsmedizin mit gesicherten wissenschaft­ lichen Erkenntnissen in Diagnostik und Therapie kann und muss auf die therapeutische Anwendung von Moor verzichtet werden! Dr. med. Armin Darga, Bad Feilnbach

KRIEG UND ENERGIEVERSORGUNG Zu unseren Beiträgen über den Krieg in der Ukraine in N+U 2/2022 Im Fernsehen sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder 2014, er selbst habe als Kanzler im Jugoslawien-Krieg gegen das Völker­ recht verstoßen. »Da haben wir unsere Flugzeuge […] nach Serbi­ en geschickt und die haben zusammen mit der NATO einen sou­ veränen Staat gebombt – ohne dass es einen Sicherheitsrats­ beschluss gegeben hätte«, so Schröder. Meine Frage: Gehören Jugoslawien, Serbien, Kosovo, Georgien, Tschetschenien nicht zu Europa oder waren das keine Kriege? Olaf Rautenberg, Ebersberg Mitglied der Friedensinitiative BürgerInnen gegen den Krieg (BgdK), Vorsitzender BN-Kreisgruppe Ebersberg

In der Mitgliederzeitschrift 02/22 auf Seite 41 unter »Liebe Mitglieder« ist zur Laufzeitverlän­ gerung von AKW eine ordentliche Kritik erschie­ nen. Die horrende Unwissenheit von Politikern blendet aus, dass Deutschland Uran auch aus Russland importiert(e). Außerdem kann man ja Kohle, Gas und Öl (was wir auch aus Russland importierten) nicht durch (Atom) Strom ersetzen. Hannes Allabauer, Erlangen-Büchenbach

SCHREIBEN SIE UNS! Wir freuen uns auf Ihre Meinung BN-Magazin »Natur+Umwelt«, Dr.-Johann-Maier-Str. 4, 93049 Regensburg oder an nu@bund-naturschutz.de Leserbriefe können gekürzt werden. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.


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MEDIEN

SERVICE

Medien und Reisen 63

BUND-REISEN

Mojib Latif

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DIE RECYCLINGLÜGE Tom Costello und Benedikt Wermter 2022, 75 Minuten, kostenlos in der ARD-Mediathek

Sehenswert, aber ... Die kürzlich in der ARD gezeigte Dokumentation »Die Recycling-­ Lüge« ist sehenswert. Ihre Auto­ ren legen den Finger in die Wunde, was all die Mängel bei der Produk­ tion und Entsorgung von Plastik betrifft, und wie sich Kriminelle damit bereichern. Sie illustrieren Greenwashing am Beispiel der ­Firma »Terracycle«. Und sie stel­ len wichtige Fragen: Wieviel ­Plastik brauchen wir wirklich, wel­ che Verantwortung tragen die Konzerne, und können wir uns aus der Krise raus-recyceln? Was die Doku nicht leistet, ist das Problem in den deutschen Kontext einzuordnen und gute Recycling-Anlagen zu zeigen. So lässt sie uns mit dem Gefühl zu­ rück, dass all das Sortieren nichts bringt. Dabei kann nur recycelt werden, was getrennt gesammelt wurde. Immerhin, die Doku hilft den nötigen Druck auf die Politik zu erhöhen, dem Verpackungs­ wahnsinn entgegenzutreten.

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Felsformationen aus verwit­ terten Graniten und Gneisen prägen die Mittelgebirgs­ landschaft. Bei dieser Reise führen Wandungen unter an­

derem zu den Quellen von Eger, Naab und Röslau. Die R ­ eiseleiterin vermittelt zusammen mit einer Perlmusch­el­expertin außerdem die Geheimnisse dieser bedrohten Muschelart. Auch die Muschelaufzucht­ station der BN-­Kreisgruppe wird besichtigt.

WALDWILDNIS ENTDECKEN 12. – 18. September 2022, Deutschland Bayerischer Wald und Böh­ merwald bilden das größte zusammenhängende Wald­ gebiet Mitteleuropas. Hier hat sich eine einmalige ­Naturlandschaft entwickelt. Wolf, Luchs und Biber sind zurückgekehrt. Mit einem erfahrenen ehemaligen Ran­

Foto: V. Hartwig

Was wir der Klimakatastrophe noch entgegensetzen können

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FICHTELGEBIRGE 11. – 17. September 2022, Deutschland

ger entdecken die Reisen­ den die Geheimnisse dieser Waldwildnis.

Foto: T. Thümmler / NNL e.V.

COUNTDOWN

Zwischen Apokalypse und Hoffnung Die Klimakrise bestimmt schon heute den Alltag vieler Menschen. Auch hier in Deutschland, wie Flutkatastrophen, Waldbrände und Hitzewellen zeigen. Niemand kann sich mehr davor verstecken, alle müssen nun mit anpacken. Doch bis unsere Erde die nötige Wertschätzung erhält, bleibt es ein harter Kampf – gegen die Zeit und gegen Weltwirtschaft und ­Finanzindustrie. »Auf einem begrenzten Plane­ ten kann es kein unbegrenztes Wachstum geben. Wir brauchen Mut zum Aufbruch, Mut zum Scheitern.« Das und vieles mehr beschreibt der deutsche Klima­ forscher Mojib Latif in seinem neuen Buch »Countdown – ­Unsere Zeit läuft ab«. Dieses Buch ist nicht gerade einfach zu lesen. Es serviert uns die bittere Wahrheit in allen Details, endet jedoch nicht ohne Optimismus.

MÜRITZNATIONALPARK 25. September – 2. Oktober 2022, Deutschland Wälder, Seen und Moore ­bilden im Müritz-National­ park die Kulisse für See­ adler, Kranich und Rothirsch. Mit ihrer tatkräftigen Unter­

stützung helfen die Reisen­ den dabei, diese Wildnis weiter wachsen zu lassen, etwa durch die Renaturie­ rung eines Waldmoores. Diese Reise wurde im Pro­ jekt »Voluntourismus« im Bundesprogramm Biologi­ sche Vielfalt entwickelt.

Weitere Informationen

Tel. 09 11/ 588 88 20 · www.bund-reisen.de


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66 Natur +Umwelt 3 | 22

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