Branche
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Umsatzsteuerrecht
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Physios & Fitnessstudios – welche Leistungen sind umsatzsteuerpflichtig
Umsatzsteuer: die medizinische Indikation entscheidet Text: Werner Kündgen
Für Umsätze aus Heilbehandlungen und Pflegeleistungen sind bei der Besteuerung Befreiungen vorgesehen. Aufgrund der Dynamik des Fitness- und Gesundheitsmarktes kommen kontinuierlich neue Therapieformen auf den Markt, über deren umsatzsteuerrechtliche Einordnung Unternehmer sich mit ihrem Finanzamt auseinandersetzen müssen. Für welche therapeutischen oder präventiven Leistungen von Gesundheitsdienstleistern aus welchen Gründen der ermäßigte Umsatzsteuersatz anzuwenden ist oder eine Umsatzsteuerbefreiung vorliegt, erläutert Werner Kündgen anhand von Beispielen aus der Praxis.
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ie folgende Erklärung ist ein Auszug aus einem Betriebsprüfungsbericht des Finanzamtes, mit dem die Steuerbehörden die Umsatzsteuerbefreiung für Gesundheitsleistungen ablehnen: „Die Steuerbefreiung nach § 4,14 UStG [Umsatzsteuergesetz] für die Erlöse aus so genannten „Dornmassagen“ und des „BackChecks“ wurde mit der Begründung versagt, dass der Steuerpflichtige gem. § 124,2 SGB V von den zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen weder zugelassen sei noch über den entsprechenden Befähigungsnachweis verfüge oder die von ihm verabreichten Leistungen in dem Leistungskatalog des § 92 SGB V enthalten seien.”
Befreiungsvorschrift des EU-Gemeinschaftsrechts ABER: Diese Auffassung der Steuerbehörden entspricht nicht den Anforderungen des EU-Gemeinschaftsrechts, die die Eu-
ropäische Gemeinschaft zur Umsetzung der 6. EG-Richtlinie zur Harmonisierung des Umsatzsteuerrechts erheben. Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388 EWG befreien die Mitgliedstaaten die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin von der Umsatzsteuer, die im Rahmen der Ausübung der ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden. Diese Berufe werden von den betreffenden Mitgliedstaaten definiert. Unter den Begriff der Heilbehandlung fallen alle Leistungen, die der Vorbeugung der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen. An erster Stelle ist entscheidend, dass die jeweilige Tätigkeit Teil eines konkreten, individuellen Leistungskonzeptes ist, mit dem ein therapeutischer Zweck verfolgt wird. Der zweite Teil der Befreiungsvorschrift bestimmt, dass nur Träger eines ärztlichen bzw. arztähnlichen Berufes als 02/2020 | medical fitness and healthcare