Wien im Wandel
Egal ob Kultur, Kapital oder Macht – schon immer waren Städte Orte der Agglomeration und Transformation; sie sind baulich wie soziokulturell zugleich Räume voller Widersprüche. Die Beschleunigung der Gesellschaft während der Industrialisierung hob die räumlichen Grenzen auf und hat die traditionelle Stadt aufgelöst. Neue Stadttypologien breiteten sich aus und haben im zunehmenden Maß die Peripherie eingenommen. Urbanisierung und Globalisierung wurden zu den Katalysatoren städtischer Transformationsprozesse und beeinflussen durch deren Dynamiken seit jeher die urbanen Ballungsräume. Wien gleicht durch seinen konzentrischen Aufbau geradezu dem Idealbild eines europäischen Stadtmodells und hat zugleich eine kontinuierliche Metamorphose vollzogen, vom einstigen Römerlager zur unaufhörlich wachsenden Stadt bis hin zur versuchten Auflockerung. Im ständigen Transformationsprozess entstanden im historischen Stadtgebiet besonders dichte Stadtteile, welche sich bis heute kaum verändert haben. Doch die (Nach-) Verdichtung und das Schließen von Leerstellen scheinen mehr denn je Dogma der Wiener Stadtentwicklung zu sein. Wachstum, gesellschaftlicher Wandel und nicht zuletzt der Wunsch nach Freiraum machen zunehmend eine Neuorientierung nötig. Ferner wird aufgrund klimatischer Verschärfungen der bald wieder zwei Millionen Wiener*innen zählenden Donaumetropole ein Paradigmenwechsel in der Stadtraumgestaltung immer mehr unumgänglich. Das Kapitel gibt einen Einblick über die strukturelle Entstehung der Stadt und setzt diese in den Kontext der gegenwärtigen Stadtraumentwicklung.
74