GELD-Magazin, May 2021

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VERSICHERUNG . Pflegeversicherung

Die Situation spitzt sich zu Im Februar hat die Taskforce Pflege der Regierung einen Katalog von Maßnahmen für eine Pflegereform präsentiert. Nun ist die Politik am Zug. So gehören bundesweite Mindeststandards eingeführt. CHRISTIAN SEC

M

it der Ausarbeitung eines Ergeb-

lichen Bedarf an rund 24.000 Pflegekräften

nisberichts durch die Task-Force

und bis 2050 mit 79.000 zusätzlichen benö-

Pflege wurde im Februar der

tigten Pflegekräften. Die Volksanwaltschaft

erste Schritt der Pflegereform in Österreich

macht schon jetzt auf den Personalmangel

bewältigt. Man hat darin 17 Ziele und 64

aufmerksam, der nicht nur zu Unzufrieden-

Maßnahmenpakete zur Weiterentwicklung

heit führt, sondern auch zu Menschen-

und Zukunftssicherung des Pflege- und Be-

rechtsverletzungen. „Das Pflegepersonal tut

treuungssystems formuliert. Als nächster

sein Bestes, aber die strukturellen und wirt-

Schritt ist eine Zielsteuerung geplant, an der

schaftlichen Rahmenbedingungen machen

Bund, Länder und Gemeinden über die poli-

die Umsetzung von Konzepten der ganzheit-

tischen Entscheidungen verhandeln. Aber warum ist eine Reform des Pflegesys­

lichen, aktivierenden und integrierten Pfle-

tems so wichtig? Dies liegt vor allem am de-

heißt es bei der Volksanwaltschaft.

mografischen Wandel. „In den nächsten 15

Während es Übereinstimmung darüber gibt,

Jahren werden 1,9 Millionen Österreicher in

dass der Personalmangel dringend beseitigt

Pension gehen, was auch eine Vervierfa-

werden muss, herrschen über die Vorgangs-

chung der Zahlen der Über-80-Jährigen mit

weise unterschiedliche Auffassungen, wie

sich bringen wird, von denen wiederum sehr

das Beispiel Pflegelehre zeigt. Die Bruchli-

viele pflegebedürftig sein werden“, erklärt

nie ist hier offensichtlich eine ideologische.

Sozialwissenschaftler Prof. Bernd Marin die

So fordern die Wirtschaftskammer und das

Dringlichkeit des Pflegethemas. „Der Wandel

ÖVP-nahe Hilfswerk eine Pflegelehre. Die SPÖ-nahe Volkshilfe, die Arbeiterkammer

In Österreich bezogen Ende 2019

wirkt von mehreren Seiten gleichzeitig, und zwar in die von uns ungewün­ schte Rich-

467.752 Personen ein Pf legegeld.

tung“, ergänzt Monika Riedel, Forscherin im

sundheits- und Krankenpflegeverband) sind

Die Zahl der pflegenden Angehöri-

Bereich Pflege beim IHS. Es werden nämlich

der Lehre gegenüber zumindest skeptisch.

gen beträgt derzeit rund 950.000 Per-

nicht nur die Pflegebedürftigen älter, son-

Der ÖGKV fürchtet dabei, dass die Pflege-

sonen. Im Jahr 2019 wurden insge-

dern auch das Personal. Hinzu kommt, dass

lehre der Attraktivität und dem Image des

samt 153.152 Personen durch mobile

die Pflegebedürftigen immer weniger Kinder

Berufs schaden könnte. Das Hilfswerk for-

Dienste zu Hause betreut. 96.458 Men-

haben und diese aufgrund der verstärkten

dert hingegen vielfältige Zugänge zum Pfle-

schen waren – ebenfalls mit Unterstüt-

Mobilität noch weiter weg von den zu Pfle-

geberuf und daher auch die Pflegelehre, um

zung der Sozialhilfe oder Mindestsi-

genden wohnen. Umso mehr fordert die For-

an noch mehr Jugendliche heranzukommen,

cherung – in stationären Einrichtungen

scherin, das Problem Personal im Bereich

denn mit der aktuellen Anzahl an Absol-

untergebracht. Mehr als zwei Drittel

Pflege und Betreuung ernsthaft anzugehen.

venten könne der prognostizierte Bedarf

Prof. Bernd Marin, österreichischer Sozialwissenschaftler

Daten und Fakten

ge und Betreuung schwierig bis unmöglich“,

und die Gewerkschaft (Österreichischer Ge-

nicht gedeckt werden.

der betreuten Personen waren Frauen. 73 Prozent der Pflegebedürftigen in

Personalengpass

den stationären Einrichtungen sind

Der Alterungsprozess der Bevölkerung führt

Unerwünschte Effekte

Personen ab Pflegestufe 4, während

bereits jetzt zu Engpässen im Pflegebereich

Ein weiteres Ziel der Regierung heißt „am-

von den zu Hause durch mobile Dien-

und einem Pflegepersonalmangel. Daher ist

bulant vor stationär“, um mobile Dienste als

ste betreuten Personen nur 32 Prozent

auch die Personalgewinnung für viele Pfle-

wesentlich günstigere Variante der Pflege zu

ein Pflegegeld ab der Stufe 4 bezogen.

geexperten das dringendste Problem. Das

stärken. „Jedoch steuert man derzeit genau

WIFO rechnet bis 2030 mit einem zusätz-

in die andere Richtung“, so Elisabeth An-

62 . GELD-MAGAZIN – Mai 2021

Credits: beigestellt; Halfpoint/stock.adobe.com

„In den nächsten 15 Jahren werden 1,9 Millionen Österreicher in Pension gehen, die Anzahl der Über-80Jährigen wird sich vervierfachen.“


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