Superior Hotel 2-2021

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F O O D & B E V ER AG E S

W EI N T R EN DS

Im Weinkeller von Katja und Ansgar Galler

haben Agnes und ihre

Freunde Zeit zu reifen. Die meiste Arbeit macht sich Galler

­draußen im Weinberg

Kontrolliertes Nichtstun Was tun im Weinberg, wenn Pilze die Reben befallen und zunehmende Trockenheit sie stresst? Piwi-Rebsorten sind eine gute Antwort darauf. Zu Besuch beim ökologisch nachhaltig arbeitenden Weingut Galler. Von Peter Erik Hillenbach

Ein Piwi namens Heinrich

„Draußen wird alles gemacht“, also im Weinberg, wo nachhaltiger Bioweinbau

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nach Demeter- und Bioland-Richtlinien betrieben wird. „Im Keller weniger. Da herrscht kontrolliertes Nichtstun.“ Galler nimmt nur hochreife, gesunde Trauben, verwendet keine Zuchthefen, lässt den Most spontan vergären, verzichtet auf Filtration. Offenbar bringt das Erfolg. Aus den noch wenig bekannten Rebsorten macht Galler ausdrucksstarke, spannende Piwi-, Pet Nat-, PiNat- und Orange-Naturweine, die im Premiumbereich Namen wie Heinrich, Feodora, Friedrich, Agnes oder Kunigunde tragen – allesamt Namen von Leininger Landgrafen, einem pfälzischen Adelsgeschlecht. Auch ungewöhnliche Sekte macht das Weingut Galler – bei der angesprochenen Online-Verkostung gab es einen noch ­namenlosen, unetikettierten Sauvignac extra trocken aus Versuchsanbau, elf Monate in der Flasche gereift. Hier wie auch beim Johanniter Stillwein aus dem Edelstahltank gibt es eine gewisse Riesling-Ähnlichkeit, andere Weine wie die Feodora Spätlese trocken sind komplexe, stoffige Essens­ begleiter.

Noch in der Flasche wächst der Wein

Ansgar Galler betreibt Ökolandbau. Dazu gehören Biodiversität, Insektenfreundlichkeit, Gründüngung, Humusaufbau, ein gesunder Boden mit Regenwürmern und Mikroorganismen, Mondphasen – doch hier hört er nicht auf. So nimmt er für ­seine Flaschen das Glas deutscher Glashütten, der kürzeren Wege wegen, und verwendet Bio-Naturkork aus Portugal statt Drehverschlüssen aus Metall. Auch, weil hier der Wein noch in der Flasche die Möglichkeit hat, sein Potenzial auszuspielen, mit oft überraschenden Ergebnissen. Gallers Piwi-Weine heimsen nicht nur im Premiumsegment Auszeichnungen und Medaillen ein, sondern – wie zuletzt in diesem Mai beim Internationalen Bioweinpreis – auch im Bereich der Alltagsweine. Kleiner Tipp: Das Weingut Galler mit seinen spannenden, ausdrucksstarken Weinen drängt auch in die Gastronomie – was für eine wunderbar dankbare Spielwiese für Storytelling-affine Sommeliers! www.weingut-galler.de

Fotos: Weingut Galler, Badischer Wein, Osborne, Domaine Tariquet

„Konventionelle Verfahren stoppen den Wein in seiner Entwicklung.“ Punkt. Das sagte der Pfälzer Biowinzer und Piwi-Pionier Ansgar Galler im Frühjahr während einer Online-Verkostung seiner Weine. Das Weingut aus Kirchheim an der Weinstraße gilt als Vorreiter von Weinen aus pilzwiderstandsfähigen (Piwi-)Reben. Erst im Frühjahr 2009 haben Galler und seine Frau Katja das Weingut gepachtet und Schritt für Schritt zum ökologisch nachhaltig ­arbeitenden Biobetrieb ausgebaut. Auf nur elf Hektar Rebfläche experimentiert das Winzerpaar mit immer neuen Rebsorten, anfangs mit Cabernet Blanc, später auch mit Johanniter, Sauvignac oder der roten Rebsorte Pinotin. Im nächsten Jahr soll Souvignier Gris dazukommen, alles Neuzüchtungen, die Pilzbefall, Trockenstress und Klimawandel robuster widerstehen als herkömmliche Rebsorten.


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