26 HGV-Zeitung März 2022
Innovation im Tourismus
Studie über Innovationsfreudigkeit der Tourismusbranche von Eurac Research Die HGJ und Eurac Research stellten kürzlich die Ergebnisse einer Studie zur Innovationskraft im Südtiroler Tourismus vor.
Was verstehen Südtirols Tourismustreibende unter Innovation? Inwieweit versuchen sie, ihre Hotels und Gastbetriebe innovativ weiterzuentwickeln? Mit welchen Schwierigkeiten sehen sie sich dabei konfrontiert und welche Wünsche werden geäußert? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, hat das Center for Advanced Studies von Eurac Research eine nicht repräsentative Online-Befragung unter den Mitgliedern des HGV und der HGJ durchgeführt. Die Ergebnisse zeichnen das Bild einer durchaus innovationsfreudigen Branche. Mehr als 130 Personen nahmen zwischen Ende Oktober und Mitte November 2021 an der Online-Befragung teil, deren Ergebnisse im Dezember auf der HGJ-Eurac-Research-Fachtagung „Tourismus braucht Innovation braucht Netzwerke“ vorgestellt wurden. „Die gewonnenen Daten zeigen, dass die Branche sich ihrer Verantwortung im Umgang mit Ressourcen und Lebensraum bewusst ist. So stellt nachhaltiges Denken und Handeln für den Großteil der Tourismustreibenden eine Voraussetzung für Innovation und damit für einen resilienten und zukunftsfähigen Tourismus dar“, betont Felix Windegger, Forscher am Center for Advanced Studies von Eurac Research. Auch die generelle Offenheit für Neues, die Orientierung am Puls der Zeit, neue Strategien in der Personalführung und der Arbeitszeitgestaltung oder ein besseres Bewusstsein für die Bedürfnisse der Gäste wurden genannt. Etwa 91 Prozent der Befragten antworteten dabei aus Sicht eines Familienbetriebes.
Hohe Innovationsbereitschaft Zur eigenen Innovationsfähigkeit befragt, zeig-
90 Prozent der Befragten planen, in den kommenden fünf Jahren Innovationen im eigenen Betrieb umzusetzen. Foto: vegefox/ stock.adobe.com
ten sich über die Hälfte der Betriebe generell zufrieden, wobei sich doch knapp 37 Prozent mehr Unterstützung wünschen würden, wenn es darum geht, als Gastbetrieb neue Wege einzuschlagen. Im Rückblick auf die letzten fünf Jahre gaben etwa 83 Prozent an, neue Produkte, Dienstleistungen, Verfahren oder organisatorische Neuheiten eingeführt zu haben. Laut knapp der Hälfte der Befragten wurden diese Innovationen bevorzugt innerbetrieblich umgesetzt. Etwa 21 Prozent beauftragten vorwiegend externe Unternehmen und rund 26 Prozent gaben an, sich entweder in Kooperationsnetzwerken oder zu bilateralen Kooperationen zusammengeschlossen zu haben, um innovative Lösungen zu verwirklichen. Auch in den kommenden fünf Jahren streben über 90 Prozent weitere Innovationen an – dies vor allem im Bereich der Nachhaltigkeit. Über 70 Prozent jener Personen, die noch vor der Betriebsübernahme stehen,
zeigten sich außerdem motiviert, noch stärker in Innovation zu investieren als die Generation vor ihnen.
Corona-Krise war Innovationsbremse „Stärkste Innovationsbremse in den letzten Jahren war laut Angaben der Studienteilnehmenden die Corona-Krise“,unterstreicht Eurac-Forscher Maximilian Walder. Für etwa ein Drittel habe die Pandemie sogar zu einer deutlichen Verschlechterung der Zukunftsperspektiven von Gastwirtinnen und Gastwirten geführt. Als weitere Hindernisse wurden unzureichende personelle und finanzielle Ressourcen, bürokratische Hürden sowie festgefahrene Organisationsstrukturen innerhalb der Betriebe genannt.
Unternehmerische Ökosysteme als Schlüssel Die Bedeutung von Kooperationen mit anderen Hotel- und Gastbetrieben,
aber auch mit Organisationen und Unternehmen aus anderen Sektoren, wurde in den Antworten zwar besonders hervorgehoben, trotzdem gaben nur etwa 48 Prozent der Betriebe an, in den letzten fünf Jahren gemeinsam mit anderen innovativ tätig gewesen zu sein. Am häufigsten wurde dabei mit Betrieben desselben Sektors, mit lokalen Tourismusvereinen, mit dem HGV und der HGJ zusammengearbeitet. Diese bewährten Netzwerke sollen auch in Zukunft weiter gestärkt sowie neue gefördert werden. So sehen knapp 70 Prozent der Befragten insbesondere die Kooperation mit Start-ups als Chance für den eigenen Betrieb, und fast 90 Prozent sind der Überzeugung, dass der Tourismus in Südtirol von einem stärkeren Wissensaustausch zwischen etablierten und jungen Betrieben profitieren würde. Laut dem Großteil der Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer – immerhin 86,5 Prozent – wäre ein soge-
nanntes unternehmerisches Ökosystem, also ein regionales Netzwerk, in dem unternehmerisches Denken und Handeln sowie innovative, auch branchenübergreifende Kooperationsformen gefördert werden, wünschenswert.
Weitere Vorschläge vorgebracht Darüber hinaus wurden zahlreiche weitere Vorschläge und Wünsche genannt, um die Innovationsfähigkeit der Hotel- und Gastbetriebe zu unterstützen. Dazu gehören neben einer besseren Vernetzung der Tourismusbetriebe und der Kooperation über den Tourismussektor hinaus auch eine stärkere finanzielle Unterstützung, vielfältigere Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie verbesserte Nachhaltigkeitskonzepte und Bürokratieabbau. Center for Advanced Studies von Eurac Research