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Aus der Praxis und für die Praxis: Entwicklung von pflegedidaktisch reflektierten Transferaufgaben Benjamin Kühme und Ethel Narbei
diengängen stehen die Hochschulen und die Pflegepraxis vor Herausforderungen, in denen die Vernetzung von Praxis und Theorie besondere Bedeutung hat. Pflegepraxis und akademisches Pflegewissen stehen im Besonderen dialektisch, in ihrer wechselseitigen Dynamik, im Mittelpunkt der Diskussion.
Die Integration der akademischen Bildung in die Praxis hat eine hohe Bedeutung. Wenn dies nicht gelingt, ist zu befürchten, dass hochschulische Konzepte in einen Legitimationsnotstand geraten (Kühme / Narbei 2017). Aus diesem Grund sollte in der curricularen Entwicklung das Ziel verfolgt werden, den Prozess der Praxis-Theorie-Reflex ion anzustoßen. Das neue Berufsgesetz (PflBRefG 2017) sieht die pflegerische Grundausbildung auch an Hochschulen vor. Fragen zum Praxisbezug, Praxis – Theorie- Transfer und zum verwertbaren akademischen Mehrwert von Pflegebildung werden drängender. Zudem besteht die Gefahr, dass hochschulische Institutionslogik und Pflegepraxis nur schlecht zueinander finden, da diese beiden Lernorte in Deutschland traditionell wenige Berührungspunkte haben und sich in der Zusammenarbeit erst noch bewähren müssen. Gleichwohl ist zu betonen, dass mittlerweile viele gute Beispiele für die Konzeption und Themen hochschulischer Pflegeausbildung vorgelegt wurden und einen rasanten und ertragreichen Diskurs zum Thema abbilden (u. a. Elsbernd / Bader 2017, Büker et al. 2018), der Beachtung finden sollte. In der Entwicklung eines primärqualifizierenden Studienprogramms1 wurde zur Praxis-Theorie-Vernetzung das Ins trument der studentischen Transferaufgaben entwickelt, um Chancen des besonderen Verhältnisses zwischen Praxis und Theorie zu nutzen. Mit Hilfe der pf
legedidaktischen Kategorialanalyse (Greb 2003, 2010) wurden Themen und Problemstellung der Pflegepraxis erhoben, pflegedidaktisch reflektiert und für Praxisaufgaben der Studierenden aufbereitet, die wir folgend Transferaufgaben nennen. Um das Studienprogramm tragfähig zu gestalten, wurden der Praxisbezug, die Berücksichtigung der Pflegedidaktik und die Belange der Pflegepraxis als wichtig erachtet.
Aus der Praxis und für die Praxis: Anlass zur Realanalyse In der Entwicklung von Studienprogrammen für den Pflegeberuf bedarf es der besonderen Berücksichtigung der beruflichen Handlungsfelder, da Pflege besonders stark an der Logik der Praxis orientiert ist. Wiederholt wurde uns im Verlauf der Konzeption signalisiert, dass es für einen großen Teil der in der Praxis tätigen Pflegenden keinen Sinn ergibt, dass Pflegende zukünftig eine akademische Ausbildung erhalten. Gleichsam war und ist es problematisch, dass PraxisanleiterInnen bisher kaum akademisch ausgebildet sind und damit keine vergleichbare Berufssozialisation wie die Pflegestudierenden durchlaufen. So erschließt sich für Anleitende in der Praxis oft nicht der Sinn, dass Studentinnen ebenso wie die Pflegeschülerinnen für die Pflegepraxis ausgebildet werden. Dabei ist zu befürchten, dass sich Studierende durch erfahrene Ablehnung nicht mit den Pflegeteams identifizieren und sich selbst nicht als Pflegepraktiker wahrnehmen. Die Entwicklung der akademischen Pflegebildung löst bis heute Ängste und Zweifel in der Pflegepraxis aus. Auch 20 Jahre nach Axmacher (1991) ist in der Entwicklung für Studienprogramme zu bedenken, dass in der Begegnung zwischen erfahrenen Pflegepraktikern und Pflegestudierenden das Phänomen der Heimatlosigkeit im eigenen G egenstandsfeld
Das Studienprogramm wurde als Modellstudiengang Pflege an der ehemals Mathias Hochschule Rheine nach den Vorgaben des § 4 Abs. 1 KrPflG, entwickelt, um für zukünftig Pflegende einen primärqualifizierenden Bachelorabschluss zu ermöglichen. Im Rahmen der Vorgaben aus der Modellklausel musste die akademische Bildung mit den berufsrechtlichen Regelwerken der Pflegeberufe verzahnt werden und war in einem Kooperationsverbund (Hochschule und Fachschulen) umzusetzen. Der Projektgruppe gehörten neben den Autoren an: Kerstin Zimmermann, Peter Ahaus, Andreas Holtmann, Petra Mohr und als späterer Studiengangleiter Prof. Dr. Markus Zimmermann. Deren Arbeit möchten wir an dieser Stelle ausdrücklich würdigen.
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©2019 Hogrefe PADUA (2019), 14 (1), 13–19 https://doi.org/10.1024/1861-6186/a000468
Schwerpunkt
Mit dem Start von primärqualifizierenden Pflegestu-