Leseprobe PADUA

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„Ist doch eh alles das Gleiche, oder?!“ Praxisanleitung für Schüler_innen und Studierende German Quernheim

Im deutschen Gesundheitswesen werden neben Auszubildenden der Gesundheits- und (Kinder-) Krankenpflege bzw. Altenpflege auch Studieren-

leben die Absolventen_innen auch den Lernort Praxis mit ähnlichen Schwierigkeiten bei den Rahmenbedingungen und der Sozialisation.

de von (überwiegend noch dualen) Studiengängen für die Pflegearbeit qualifiziert. In der prakti(PAL) eine Schlüsselfunktion. Bei den beiden Lerngruppen Schüler – Studierende gibt es Gemeinsam­ keiten aber auch Differenzen. Die veränderten ­Forderungen des neuen Pflegeberufegesetzes (PflBG) haben Auswirkungen auf die Qualifikationen der PAL.

Gemeinsamkeiten Die traditionelle berufsfachschulische Ausbildung und das Bachelor-Pflegestudium verfügen über eine Schnittmenge von Gemeinsamkeiten. Schließlich verfolgen beide nach § 5 (PflBG) das gleiche Ausbildungsziel und führen zur gleichen Berufszulassung. Die Praxisanleitung beruht auf der pädagogischen Aufbereitung von Lernangeboten im Versorgungssetting des arbeitsbezogenen Lernens (u. a. Dehnbostel 2007), denn einige der in der Theorie ver­ mittelten Inhalte lassen sich nur durch die Verknüpfung in und mit der Praxis zu echten Handlungskompetenzen entwickeln. Beide Qualifikationen zielen auf einen optimalen Berufseinstieg inklusive der gesetzlich geforderten Kompetenz in Forschung und Wissenschaft. Es geht beiderseits um die Heranbildung handlungskompetenter Pflegender (Employability). Auch stellen beide Qualifikationswege ein vertieftes Bildungsverständnis mit Kenntnissen von Lerntechniken und -strategien in Aussicht. Selbst die Anwendung geeigneter Lehrmethoden, wie etwa problemorientiertes Lernen (POL) oder erfahrungs- und handlungsorientiertes Lernen, der Fallorientierung, das Vorhalten von Skillslabs u. a. ist kein exklusives Kennzeichen von Hochschulen, sondern sind zum Teil seit vielen Jahren an Pflegeschulen erfolgreich implementiert. Gemeinsam er-

Praxisanleitende als „Infrage-Steller“ Denkt man an die Anfänge der ersten berufspädagogischen Weiterbildungen der Pflegeberufe in der Bundes­ republik, fällt auf, dass sich zur gleichen Zeit in den 1980er Jahren eine Art Vorläufer der deutschen Pflegestudien­ gänge entwickelten. Diese ersten Kurse der sog. „Pflegefachseminare“ – bspw. am Bildungszentrum des DBfK in Essen – resultierten auch als Ergebnis aus der parallellaufenden Praxisanleiter-Qualifikation. Denn viel mehr als in den anderen Fachweiterbildungen (z. B. Leitung einer ­Station) beschäftigten sich die Teilnehmenden von PALWeiterbildungen mit Reflexions- und Begründungsfragen. Sie wollten Zusammenhänge und Argumente hinter einer Behauptung identifizieren. Christel Bienstein versuchte mit den angehenden PAL fehlendes Wissen international zu recherchieren – was schließlich dazu führte, eine eigene Weiterbildung – das Pflegefachseminar – zu initiieren. PAL werden mehr als andere Pflegepersonen von Schülerinnen, Studierenden aber auch von neuen, einzuarbeitenden Mitarbeitern und Kollegen nach Sinn und Zweck von Pflegetätigkeiten gefragt. Sie erklären nicht nur Pflegehandlungen, sondern „leben“ bestenfalls ihre professionelle Auffassung von Pflege in der kontinuierlichen Begründung derselben vor. Es ist anzunehmen, dass die bei PAL beobachteten Haltungen und Einstellungen von den Lernenden verinnerlicht und langfristig – wie bei einem tagtäglichen Briefing – übernommen und imitiert werden. Durch diese „detektivische“ Grundhaltung beim Fragen (Wie macht man es genau, wann, warum, wann nicht, was passiert, wenn, usw.) entwickelte sich bei einigen Anleitenden ein „physiologisches Streben nach Evidenz“, was in Sätzen wie „Wo steht das?“ zu Tage trat. Leider gab und gibt es auch weniger engagierte Anleitende, aber es wird deutlich, dass PAL eine „praxisgeleitete Theoriesicht“ benötigen, auch um Lernenden zu helfen, die Themen aus der Praxis zu identifizieren, die für sie am Lernort relevant

©2019 Hogrefe PADUA (2019), 14 (1), 35–41 https://doi.org/10.1024/1861-6186/a000471

Schwerpunkt

schen Ausbildung übernehmen Praxisanleitende


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