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GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Standortfaktor Stadtregionen Oder: Wo sind die 1,5 Milliarden Euro geblieben?

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ie OECD hat vor kurzem mit neuen, durchwegs differenzierten Erkenntnissen die Diskussion über Stadtregionen befruchtet. Diese zeigen einmal mehr die Notwendigkeit von stadtregionalem Handeln.1 Die Wirtschaft wächst in Stadtregionen (50.000 bis 500.000 EinwohnerInnen) und Metropolregionen (über 500.000 EinwohnerInnen) stärker. Die großen Metropolregionen weisen höhere Produktivität (höheres BIP und höhere Löhne) auf. Im OECD Durchschnitt tragen die Metropolregionen 50 Prozent zum Wachstum des BIP bei.2 Dies ist allerdings in hohem Ausmaß dem Bevölkerungszuwachs geschuldet. Dennoch zeigt sich, dass das BIP in der Nähe von Großstädten stärker wächst. In den untersuchten Metropolregionen konnte im Umfeld von 45 Minuten Fahrzeit ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 1,9 Prozent nachgewiesen werden.

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Dieses verringert sich bei weiterer Distanz auf 1,3 bis 0,9 Prozent. Für Österreich von noch größerer Bedeutung ist der empirische Nachweis dafür, dass geringer fragmentierte Metropolregionen ein höheres Wirtschaftswachstum aufweisen. Das heißt, je weniger administrative Grenzen, je ausgeprägter die interkommunale Kooperation und je umfassender die metropole Governance gelebt wird, desto prosperierender ist die gesamte Region. Das hat man sich zwar schon vorher denken können, jetzt ist es aber mit Zahlen empirisch bewiesen. Es konnte ein Unterschied von fast einem Prozentpunkt BIP-Wachstum zwischen Regionen mit guter regionaler Governance und jenen mit hoch fragmentierten politischadministrativen Strukturen festgestellt werden. Es ist kein Geheimnis, dass Österreichs Metropol- und Stadtregionen zur letzteren Kategorie zählen. Umgelegt auf Österreich bedeuten die OECD Berechnungen einen Verzicht auf potentielle 0,9 Prozent Wirtschaftswachstum pro Jahr in den Stadtregionen. Konservativ gerechnet ergibt dies einen jährlichen Wachstumsentfall im Ausmaß von zumindest 1,5 Milliarden Euro.3 Österreich verzichtet auf den Nutzen der „Agglomeration Economies“ wie Produktionssteigerung, bessere Löhne, Ausbau der Daseinsvorsorge, Fokus auf Innovationen etc. Dafür schlagen die Kosten der „Urban Dis-Economies“ kräftig zu. Davon auszugehen, dass diese nur die großen Städte

Quelle: OECD 2014. 1 OECD (2014) Regional Outlook 2014: Regions and Cities: Where Policies and People Meet, OECD Publishing, Paris 2 OECD (2014) „Drivers of City Performance. The evidence“. In: Regional Outlook 2014: Regions and Cities: Where Policies and People Meet, OECD Publishing, Paris, S. 59. 3 Diese Einschätzung beruht auf folgenden Parametern. Das österreichische BIP betrug 2014 ca. 329 Mrd. Euro. In der Studie bezieht sich die OECD auf größere Stad- und Metropolregionen und weist für diese in Österreich einen Anteil an 50 Prozent am BIP-Wachstum aus.

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KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #2 2015


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