M M »Was wirklich zählt, ist, dass die Liebe zur Musik größer ist als die Liebe zu sich selbst«, sagt Mitsuko Uchida. Was in einer Paartherapie diskussionswürdig wäre, ist wohl das Erfolgsgeheimnis der großen Pianistin. Doch in diesem Herz, verloren an die Musik, ist für Wolfgang Amadeus Mozart sogar noch ein Extraplatz reserviert. Eine Beziehung über viele Jahrzehnte, zu einem Menschen, den man nie wirklich kennengelernt hat – und trotzdem präsentiert man sich gemeinsam in der Öffentlichkeit, wird immer wieder über die Beziehung ausgefragt, muss neu Stellung beziehen. Das klingt zugegebenermaßen ziemlich skurril und könnte glatt als Inspirationsquelle für einen neuen Roman von John Irving durchgehen. Es beschreibt aber das Phänomen, mit dem sich viele Künstler, vor allem die, die bereits lange Karrieren vorzuweisen haben, konfrontiert sehen: Über die Jahre spielen sie immer wieder dieselben Stücke von denselben Komponisten. Sie sollen sie so spielen, wie der Komponist sie sich vorgestellt hat. Sie dürfen sie aber auch nicht immer gleich spielen, sie sollen sich, wenn es nach Kritik und Publikum geht, entwickeln. Obwohl: Irgendwann sollen sie sie dann unbedingt so spielen wie immer, obwohl sich vielleicht ihre Beziehung zum Stück geändert hat. Es ist – wie so oft, wenn es um Beziehungen geht – kompliziert. Manche Künstler lassen sich komplett darauf ein, nehmen zum Beispiel immer wieder Beethoven-Sonaten ins Programm oder spielen nur Bach. Heutzutage ist das seltener geworden, auch in der Klassik-Szene zählt Vielseitigkeit inzwischen mehr als absolutes Expertentum. Aber man kennt noch diese Zuschreibungen: Murray Perahia spielt Beethoven, Evgeni Koroliov verbin-
symphonie um vier 17