63 – j. Markwirth
Im Gespräch: jürgen Markwirth, ehemaliger leiter des Kulturamts Herr Markwirth, Sie sind schon sehr lange im Amt für Kultur und Freizeit (KUF) tätig und haben es gut 15 Jahre lang geleitet. Wie wäre Ihr Ausstand ohne Corona-Limitation ausgefallen? Ich hätte im vergangenen Jahr noch einmal ganz bewusst die vielen Veranstaltungen und Einladungen besucht, wäre auf „Abschiedstournee“ zu den verschiedenen Teams des Amtes gegangen und natürlich hätte es ein größeres Abschiedsfest mit Kolleg*innen, Weggefährt*innen und Kooperationspartner*innen gegeben – durch all das hat das Corona-Virus einen dicken Strich gemacht und wie bei vielen anderen, die im letzten Jahr in den „Ruhestand“ gegangen sind, wird es wohl beim online-Abschied bleiben. Das KUF wurde und wird immer mit dem Schlagwort „Soziokultur“ überschrieben. Was versteht man darunter? Das KUF ist ein „Kind“ der vom damaligen Schul- und Kulturreferenten Prof. Dr. Hermann Glaser entscheidend geprägten neuen Kulturpolitik der 1970er Jahre. Glaser ist einer der Väter der Soziokultur – ein weit gefasster Kulturbegriff. Slogans wie „Kultur von allen, Kultur für alle“ oder „Kulturpolitik ist Gesellschaftspolitik“ skizzieren die Ideen. Das hat mich wie viele andere damals begeistert und tut es auch heute noch – deshalb hat mich das KUF auch nie mehr losgelassen. Begriffe, Inhalte und Rahmenbedingungen haben sich immer wieder verändert und entsprechend auch unsere Arbeit. Aber die Grundideen sind aktuell wie eh und je. Nicht zufällig haben wir uns als KUF deshalb in vielen Themen der Kulturstrategie und der Kulturhauptstadtbewerbung wie Menschenrechte, Diversität, Teilhabe, Inklusion oder Nachhaltigkeit
wiedergefunden. Mit seinen verschiedenen Arbeitsbereichen – von den Kulturläden über das Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne, das Inter-Kultur-Büro, die Kinderkultur und die Deutsche Akademie für Fußballkultur bis zur Musikschule und den Koordinierungsaufgaben im Bereich der kommunalen Integrationspolitik oder der kulturellen Bildung – steht das KUF für wichtige kultur- und gesellschaftspolitische Themen. Nürnberg hat eine große „Kultur der Kulturläden“. Sind wir im Bereich Soziokultur besonders gut aufgestellt? Darum wird Nürnberg noch immer vielfach bundesweit beneidet. Während hier neue Einrichtungen wie die Kulturwerkstatt Auf AEG eröffnet wurden, war andernorts der Rotstift am Werk. Aber die Kulturladen-„Kette“ ist nicht so flächendeckend, wie man sich das einmal vorgestellt hat. Die bestehenden Häuser und Ressourcen sind ausgelastet und können den vielen neuen Ideen und Initiativen nicht immer so gerecht werden, wie wir selbst uns das wünschen würden. Nicht umsonst steht der Wunsch nach Frei- und Ermöglichungsräumen ganz oben auf der kulturpolitischen „Wunschliste“. Mit Projekten wie der „KommVorZone“* in der Südstadt wollen wir dem noch mehr gerecht werden. Und ich freue mich, dass das KUF aktuell den Auftrag hat, ein Konzept für ein Leerstandsmanagement zu entwickeln – mit dem „Raumkompass“* als erstem sichtbaren Zeichen. *KommVorZone // instagram.com/kommvorzone_nbg / siehe auch S. 70 *Raumkompass // www.raumkompass.nuernberg.de Weil es so gut passt: curt ist bei beiden Projekten Medienpartner.