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polit:zeit
09/2020
Seit 30 Jahren: Glaubwürdiges Engagement in der UNO Vor 30 Jahren ist Liechtenstein den Vereinten Nationen beigetreten. Als Akteur, der keine geopolitischen Interessen verfolgt, geniesst der Kleinstaat eine hohe Glaubwürdigkeit und bringt sich aktiv in Projekte ein, welche die Rechtsstaatlichkeit und das Völkerrecht stärken, wie Aussenministerin Katrin Eggenberger ausführt. Interview: Heribert Beck
Frau Aussenministerin, am 18. September jährt sich die Aufnahme Liechtensteins in die Vereinten Nationen zum 30. Mal. Was bedeutet dieses Ereignis für Sie persönlich? Regierungsrätin Katrin Eggenberger: Es erfüllt mich mit Stolz, wenn ich auf unsere erfolgreiche 30-jährige Mitgliedschaft zurückblicke. Liechtenstein konnte sich in den vergangenen 30 Jahren bei den Vereinten Nationen einen hervorragenden Ruf als aktiver und verlässlicher Partner erarbeiten. Welche Bedeutung hatte der UNO-Beitritt Ihres Erachtens für Liechtenstein als Staat? Der UNO-Beitritt Liechtensteins vor 30 Jahren war für die Absicherung der staatlichen Souveränität von grosser Bedeutung. Er bot Liechtenstein die Möglichkeit, sich als vollwertiges Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft einzubringen und sich damit weltweit Respekt zu verschaffen. Welche Hürden hatte Liechtenstein vor seinem Beitritt zu überwinden und wie ist dies gelungen? Das waren einige Hürden und es benötigte eine lange Vorarbeit. Nachdem es in den 1960er-Jahren Ansätze gegeben hatte, die UNO-Mitgliedschaft für kleine Staaten einzuschränken, engagierte sich in Liechtenstein vor allem unser Fürstenhaus für einen Beitritt. Der heutige Landesfürst reiste in den 1970er-Jahren nach Washington, um beim damali-
gen US-Vizepräsidenten Gerald Ford für die UNO-Mitgliedschaft kleiner Staaten zu plädieren. Mit Erfolg: Die USA unterstützen in der Folge einen Beitritt Liechtensteins. Bis sich Liechtenstein zu einem Beitrittsgesuch durchringen konnte, sollte es aber noch bis 1989 dauern. Wichtige Schritte auf diesem souveränitätspolitischen Weg waren auch die aktive Teilnahme Liechtensteins an der Erarbeitung der KSZE-Schlussakte von Helsinki 1975 und der Beitritt zum Europarat 1978. Inwiefern konnte Liechtenstein in diesen 30 Jahren von seiner Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen profitieren? Liechtenstein hat in mehrfacher Hinsicht profitiert. Wie eingangs schon erwähnt, war das wichtigste Ziel die Absicherung der Souveränität. Unsere Souveränität ist heute nicht in Gefahr, und die UNO-Mitgliedschaft hilft, dass dies auch langfristig so bleibt. Im Vergleich zu grösseren Staaten, die weltweit ihre diplomatischen Vertretungen haben, bietet uns die UNO einen zusätzlichen Vorteil als „Fenster zur Welt“. Wir nutzen die UNO als wichtige globale Plattform für die Umsetzung der Ziele der liechtensteinischen Aussenpolitik und für Kontakte mit einer grossen Anzahl von Staaten. Wie hat sich Liechtenstein im Gegenzug selbst eingebracht? Wovon konnten die Staatengemeinschaft oder Menschen ganz konkret profitieren? Bereits unmittelbar nach dem
UNO-Beitritt erregte Liechtenstein mit seiner Initiative zum Selbstbestimmungsrecht Aufsehen. Die Themen Rechtsstaatlichkeit und Stärkung des Völkerrechts ziehen sich als roter Faden durch das UNO-Engagement Liechtensteins. So wurden unter Liechtensteins Vorsitz diverse völkerrechtliche Instrumente erarbeitet, darunter die sogenannten Kampala-Vertragszusätze zum Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) und der Mechanismus zur strafrechtlichen Aufarbeitung der in Syrien begangenen Gräueltaten. In den Bereichen Menschenrechte und internationale Strafjustiz haben wir ein international anerkanntes klares Profil, auf das wir stolz sein können. Wir leisten ausserdem einen konkreten Beitrag zur Lösung einer der grössten Menschenrechtskrisen unserer Zeit: moderne Sklaverei und Menschenhandel. Mit der Liechtenstein-Initiative stellen wir den globalen Finanzsektor ins Zentrum der Bekämpfung dieser Verbrechen und tragen zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen bei. Beschränkt sich das liechtensteinische UNO-Engagement auf den Hauptsitz in New York? Nein, Liechtenstein bringt sich neben New York auch in Genf und Wien in aktuelle Debatten ein und agiert als glaubwürdiger Akteur, der keine geopolitischen Agenden verfolgt. In Genf zum Beispiel haben wir die Aktivitäten im Menschenrechtsrat sukzessive erweitert und werden
entsprechend wahr- und auch ernstgenommen. Dass wir uns vielseitig einbringen, zeigt auch die jüngst erfolgte Teilnahme am Kunstwettbewerb zum 75-Jahr-Jubiläum der UNO, in welchem der Liechtensteiner Beitrag den zweiten Platz erzielte. Das freut mich als Kulturministerin besonders und trägt zum positiven Image Liechtensteins an der UNO bei. Das Bild hat die Regierung nun gekauft und wird es bei nächster Gelegenheit der UNO als Geburtstagsgeschenk zum 70. Jubiläum und gleichzeitig zum 30-Jahr-Jubiläum Liechtensteins in der UNO überreichen. Man könnte meinen, die Stimme eines Kleinstaats hat neben jener der militärischen oder wirtschaftlichen Grossmächte kein Gewicht. Wie erleben Sie dies und welche Rückmeldungen erhalten Sie von Ministern bzw. Spitzenbeamten anderer Länder sowie aus dem UN-Sekretariat? Ich erhalte in meinen bilateralen Gesprächen regelmässig positive Rückmeldungen zu unserem UNO-Engagement. Unsere Unabhängigkeit, unsere hohe Glaubwürdigkeit und das konsequente Einstehen für die Rechtsstaatlichkeit bringen uns international viel Anerkennung und Respekt. Wir sitzen nicht nur am Tisch, sondern reden aktiv mit und nutzen die Möglichkeiten, welche die UNO uns als Kleinstaat bietet, konsequent. Unsere Partner schätzen es sehr, dass wir so innovativ und engagiert sind.