lie:zeit Ausgabe 88

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09/2020

DJ-Kurse statt Lottomatches – Bedürfnisse ändern sich Seit rund drei Jahren führt Jakob Gstöhl die Informations- und Beratungsstelle Alter (IBA) des Seniorenbunds. Trotz seines jungen Alters hat er sich während des Studiums in Sozialer Arbeit für die Gerontologie, also die Alterskunde, als Schwerpunkt entschieden. Bis heute ist er glücklich über diese Wahl und Liechtensteins Senioren profitieren von seinen innovativen Ideen.

Herr Gstöhl, Sie sind erst 31 Jahre alt. Auf den ersten Blick überraschend für einen IBA-Leiter. Warum haben Sie sich für diese Stelle beworben? Jakob Gstöhl: Mein Interesse an der Gerontologie hat sich in den vergangenen rund zehn Jahren stetig verfestigt. Ich bin damals aus Eschen nach Berlin gezogen, um Soziale Arbeit zu studieren. Fast gleichzeitig musste meine Grossmutter altersbedingt ins LAK-Haus St. Martin in Eschen ziehen. Für sie war dies ein längerfristiger Prozess und mit einigen gerade emotionalen Herausforderungen verbunden. Ich denke, keinem älteren Mitbürger fällt es leicht, sein Heim aufzugeben, in dem er während Jahrzehnten gelebt und seine Kinder aufgezogen hat. Gleichzeitig stellt sich die Frage, was man aus einem grossen Haus in ein Zimmer im Altersheim mitnehmen kann und was man zurücklassen muss. Solche Fragen beschäftigten auch meine Grossmutter. Das hat mein ohnehin vorhandenes Interesse an sozialen Arbeitsbereichen auf den Schwerpunkt der Gerontologie gelenkt. Der allergrösste Teil meiner Kommilitonen entschied sich für andere sozialwissenschaftliche Bereiche wie die Jugend- oder Familienarbeit oder die therapeutische Unterstützung von Suchtkranken. Endgültig das Feuer in mir entfacht hat ein Feldforschungsprojekt während des Studiums in einem interkulturellen Seniorentreff. Ich habe die sozialen Begegnungen untersucht,

den Gästen sehr viel zugehört. Dabei habe ich erlebt, wie die Interaktion sie auch bei bedrückenden Themen entlastet und erleichtert hat. Nach dem Studium habe ich noch drei Jahre in Berlin in einem Pflegeheim und in einem Krankenhaus im Sozialdienst gearbeitet. Dann wurde aber der Wunsch immer stärker, nach Hause zurückzukehren, wo ich die Strukturen und die Mentalität der Leute bestens kenne und wo meine Eltern hoffentlich auch einmal glücklich alt werden dürfen. Lange Rede kurzer Sinn: Ich wollte in Liechtenstein ebenfalls in der Gerontologie arbeiten. Die IBA kannte ich natürlich bereits, die Stelle hat mich interessiert und ein Jahr später war deren Leitung ausgeschrieben. Ich habe mich beworben, bin seit November 2017 dort tätig und sehr glücklich über die damalige Zusage durch den Seniorenbund. Welche Schwerpunkte setzen Sie seither in Ihrer Arbeit? Natürlich habe ich die laufende und erfolgreiche Arbeit meines Vorgängers weitergeführt. Ich wollte aber auch eigene Akzente setzen. In Absprache mit dem Vorstand des Seniorenbunds habe ich den Fokus daher noch stärker auf die Informationsund Beratungstätigkeit gelegt und weniger auf das Organisieren von Ausflügen und anderen Anlässen. Ein grosses Thema war und ist beispielsweise die Digitalisierung für Senioren. Das fängt im Kleinen an, dass beispielsweise ein Pensionist

bei mir anruft und mich fragt, welches Smartphone seniorentauglich ist. Ich habe aber zusammen mit Freiwilligen auch Treffs organisiert, an welchen die älteren Mitbürger ihre Fragen stellen konnten und im Oktober haben wir, natürlich unter Einhaltung eines umfassenden Schutzkonzepts, einen Anlass im Technopark in Vaduz, an welchem auch Experten der Telecom Liechtenstein beteiligt sind und Ratschläge geben. Das Interesse der Senioren an der Nutzung moderner Medien ist gross und manche haben keine Angehörigen, die sie fragen können oder ihre Kinder leben weiter weg. Daher werden solche Angebote sehr geschätzt. Ganz allgemein richte ich die Schwerpunkte der Beratungstätigkeit an den Bedürfnissen der Senioren aus, die ich in vielen Gesprächen erfahre. Ich möchte aber noch betonen, dass die IBA weiterhin Ausflüge und Reisen, auch für weniger mobile Senioren, organisiert. Das ist ein zentraler Aspekt des sozialen Lebens vieler älterer Mitmenschen. Wir haben das Angebot einfach ein wenig zurückgefahren, da ja auch noch andere Organisationen in diesem Bereich tätig sind. Können Sie ein paar weitere Bereiche nennen, in denen Sie sich für die Anliegen der Senioren einsetzen oder ihnen beratend zur Seite stehen? Diese hängen wirklich oft mit dem technologischen Fortschritt zusammen. So setze ich

mich dafür ein, dass die Verwaltungen neben allen Vorteilen, welche Online-Services bieten, die Schalterdienste nicht abschaffen. Gerade Senioren schätzen diese Angebote. Die Gemeinden und das Land sehen das aber zum Glück genauso. Unterstützung bieten wir beispielsweise auch beim Lösen der Spartickets von ÖBB und SBB. Das geht heutzutage fast nur noch im Netz. Dies zeigt wiederum, wie wichtig Kenntnisse der neuen Medien auch zum Sparen von Geld sein können. Auf der Informationsebene wiederum habe ich die corona-bedingt ruhigere Zeit genutzt, das Seniorenhandbuch, einen Ordner, in dem thematisch geordnet viele Anliegen der Liechtensteiner Senioren behandelt werden, komplett neu zu gestalten. Dieses Handbuch ist übrigens in Bälde in unserer Geschäftsstelle an der Austrasse 13 in Vaduz erhältlich. Dass die geburtenstarken Jahrgänge in absehbarer Zeit ins Rentenalter kommen und der Betreuungsbedarf in einigen Jahren deutlich zunehmen wird, ist bekannt. Welche Herausforderungen sehen Sie auf die Gesellschaft in Zusammenhang mit dem demographischen Wandel zukommen und wie begegnet die IBA diesen? Seit einiger Zeit führen wir beispielsweise einmal pro Jahr einen Kurs zur Vorbereitung auf die Pension durch. Diese Kurse möchten wir ab dem ersten Halbjahr 2022 bekannter und


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