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12/2021
«Wir sind nicht einfach nur ein Projekt»
Die NGO Aangan Trust sitzt sich dafür ein, dass die jüngsten, schutzlosesten Mitglieder der indischen Gesellschaft eine sichere Kindheit haben können – frei von Ausbeutung, gefährlicher Arbeit, Menschenhandel, Zwangsheirat und Gewalt.
Die LGT unterstützt die NGO Aangan Trust in ihrem Engagement für Indiens schutzloseste Kinder.
«Devi… ich hab deine Nummer von deiner Karte, die du meiner Mutter und mir gegeben hast – wir brauchen deine Hilfe!» So lautet die SMS, die Munni Devi, eine der Freiwilligen, die sich im indischen Lodipur für den Kinderschutz engagieren, eines Morgens erhält. Die Nachricht stammt von Jyoti Kumari, einem Mädchen aus dem Dorf, in dem Devi zuvor ihre Visitenkarten verteilt hatte. Sofort telefoniert Devi mit dem verängstigten Kind und erklärt ihm, wie es die Situation zu Hause, wo der Vater wieder einmal gewalttätig geworden ist, entschärfen kann. Auch danach bleibt Devi mit Jyoti in Kontakt, sie ruft sie regelmässig an und ermutigt sie, die
lokalen Angebote und Treffen der Kinderschutz-NGO Aangan Trust wahrzunehmen. Ausserdem besucht sie mit ihrem Mann Jyotis Familie, um mit dem Vater zu reden. Ortsfremden Sozialarbeitern hätte der Vater wohl niemals die Tür geöffnet, aber da Devi und ihr Mann im Dorf bekannt sind, kann er ihnen ein Gespräch nicht verweigern. In Indien sind 60 Millionen Heranwachsende obdachlos, Opfer von Menschenhandel, Kinderarbeit oder Misshandlung. 100’000 Kinder verschwinden jedes Jahr. 45 Prozent der Mädchen werden vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet. Und alle 30 Minuten wird ein Kind Opfer sexueller Gewalt.
Leider verhindern Armut und auch ein mangelndes Bewusstsein in Teilen der Bevölkerung, dass sich diese Situation ändert. Deshalb setzt sich die NGO Aangan Trust dafür ein, dass die jüngsten, schutzlosesten Mitglieder der indischen Gesellschaft eine sichere Kindheit haben können – frei von Ausbeutung, gefährlicher Arbeit, Menschenhandel, Zwangsheirat und Gewalt. Zu diesem Zweck hat Aangan Trust zahlreiche Programme zur Vorsorge, beziehungsweise Betreuung von Kindern die Gewalt ausgesetzt waren, sowie Kinderrechtsgruppen ins Leben gerufen. Um den Teufelskreis der Benachteiligung wirksam zu durchbrechen, bezieht die Orga-
nisation alle Beteiligten und Zuständigen aus dem Umfeld der gefährdeten Kinder mit ein: die Familien, die Schulen, Heime, die örtliche Polizei, die Behörden und freiwillige Helfer aus dem Dorf oder dem Stadtteil.
Die Community stärken Entscheidend für den Erfolg von Aangan ist gerade das Engagement dieser Freiwilligen aus dem sozialen Umfeld der Community. Meist sind es Frauen, so wie Devi. Sie sind die Bindeglieder, welche die verschiedenen Bezugspersonen und Verantwortlichen im Leben eines Kindes zusammenbringen. Eben weil diese Frauen Teil der Community sind, kennen sie die spezifischen Proble-