lie:zeit Ausgabe 94

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Üseri Worzla

Der Köfferli-Schädler – ein Liechtensteiner Original Viele haben ihn persönlich gekannt, viele von ihm gehört, vom «Köfferli- Schädler», einem der grössten Originale, das Liechtenstein je gekannt hat. Der Köfferli-Schädler war berühmt wegen seines Witzes, seiner Schlagfertigkeit und seines goldigen Humors. Ihn konnte nichts erschüttern, auch nicht, dass man ihn irrtümlicherweise für tot erklärt hatte. Er wischte diese Nachricht mit einem selbst verfassten Gedicht aus der Welt. Text: Herbert Oehri · Bilder: Alfons Kieber, Gemeindearchiv Mauren Er war das Liechtensteiner Original schlechthin, der mit schwarzem Frack, einer schwarzen oder farbigen Fliege, einem Gocks und einem alten Fahrrad von Haus zu Haus pilgerte. Der Köfferli-Schädler, sein richtiger Name war Ferdinand Schädler, wurde am 27. November 1900 als Sohn des Johann und der Christine Schädler-Kuppler geboren. Er starb am 10. April 1966 in seiner Heimatgemeinde Triesenberg, wo er auch beerdigt wurde. Auf seinem Fahrrad, vorne hatte er einen Aufbau, auf dem sich sein mit Leder eingebundenes Blech-Köfferli mit der Aufschrift «Vorsicht Köfferli Schädler» befand. Täglich fuhr er mit seinem Velo durch die Dörfer Liechtensteins, um allerlei Waren des täglichen Gebrauchs zu verkaufen. In seinem umfangreichen Sortiment hatte er beispielsweise Hosenträger, Schuhbändel, Schnupftabak, Rasierklingen, Faden, Fingerhüte, Kinderspielsachen und auch Süssigkeiten. Der Köfferli-Schädler war nie verheiratet und hatte auch keinen festen Wohnsitz. Das hat ihn gelegentlich mit dem Gesetz in Konflikt gebracht, genauso wie das Fehlen des Hausierer-Patents. Die Behörden liessen beim Köfferli-Schädler in den allermeisten Fällen Gnade vor Recht ergehen und bezahlten oft die Taxe für das gesetzlich vorgeschriebene Patent aus eigener Tasche. Als er aber dann eines schönen Tages gegen das Sanitätsgesetz verstieß, indem er Kopfwehpulver der Marke «Kafa» und Kondome verkaufte, gab es keine Gnade mehr für ihn. Im Jahr 1961 musste er ins Gefängnis. Für ihn kam der Gefängnisaufenthalt gerade rechtso die Quellen – denn normalerweise übernachtete er auf Heustöcken oder Kuhställen. Wie der Vaduzer Journalist und Lokalhistoriker Markus Meier im Magazin «Monat» im April 2010 schrieb, hätte der «Köfferli Schädler» dies auch in einem Schreiben an Dr.med.

04/2021


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