Ein Schwarz-Weiß-Film in Farbe
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Von düsteren Jahrmärkten, dubiosen Machenschaften und dekadenten Missetätern erzählt Guillermo del Toro mit „Nightmare Alley“. Der Regisseur über Monster und Mitarbeiter …
krupelloser Gauner mit Ambitionen: Stanton ‚Stan‘ Carlisle (Bradley Cooper) ist immer auf der Suche nach dem nächsten Coup. Als er auf einem schaurigen Jahrmarkt die zwielichtige Hellseherin Zeena (Toni Collette) und ihren Mann, den Mentalisten Pete (David Strathairn), kennenlernt, wittert er eine neue Chance auf das große Geld. Er lernt von ihnen das Einmaleins des Wahrsagens, um seine Karriere als charismatischer Showbetrüger zu starten. Sein Ziel: die prall gefüllten Taschen der wohlhabenden Elite der New Yorker Gesellschaft der 40er-Jahre. Gemeinsam mit der
ihm treu ergebenen Molly (Rooney Mara) plant Stanton, den gefährlichen Tycoon Ezra Grindle (Richard Jenkins) übers Ohr zu hauen und trifft dabei auf die mys-
teriöse Psychiaterin Lilith Ritter (Cate Blanchett). Immun gegen Stantons Manipulationsversuche, bringt diese den Plan gefährlich ins Wanken und droht, das Spiel auffliegen zu lassen … Basierend auf der gleichnamigen Romanvorlage von William Lindsay Gresham, faszinierte der zwielichtige Aufstieg und rasante Fall des Stanton Carlisle das Kinopublikum bereits in den 1940er-Jahren, nun bringt Oscar-Preisträger Guillermo del Toro (Shape of Water – Das Flüstern des Wassers) die Geschichte als hypnotischen Film noir auf die Leinwand. #nightmarealleyfilm
INTERVIEW MIT GUILLERMO DEL TORO DOT.: Ron Perlman, der in „Nightmare Alley“ den Bruno spielt, war der geistige Vater dieser Adaption – vor ungefähr 30 Jahren. Wie kam’s? Guillermo del Toro: Ron und ich trafen uns, als wir an Cronos (1993) arbeiteten, bei ihm zu Hause. Wir schauten erst Aufstand in Sidi Hakim, dann Elmer Gantry, als er sagte: „Es gibt da diesen Film namens Nightmare Alley mit Tyrone Power, ich würde wahnsinnig gern ein Remake davon machen.“ Ich habe mir also das Buch von William Lindsay Gresham besorgt. Unser damaliger Manager fand heraus, dass die Filmrechte bei Fox liegen, wir sie also unmöglich kaufen könnten, und dass Fox in diesem Fall streng über Remakes wachte. Wir vergaßen die Sache dann. Als (Drehbuchautorin) Kim Morgan und ich überlegten, gemeinsam zu schreiben, dachte ich: Nun ja, wir sind ja jetzt bei 20th Century Fox,
und wir machten gerade The Shape of Water für Fox Searchlight … Wie sehr wollten Sie Noir-Klischees in Ihrer Inszenierung vermeiden? Das Letzte, was ich wollte, war ein klassischer Noir. Denn meiner Meinung nach erschien der Roman in einer Zeit von „The Day oft he Locust“, „They Shoot Horses, Don’t They?“, „Miss Lonelyhearts“ und James M. Cain. Sie erzählen von der Schattenseite Amerikas. Die Idee
von Noir als Genre kam später, und sie bedeutet für mich Jalousien, Deckenventilatoren und Filzhüte, das alles wollte ich nicht. Ich wollte keine Saxofone oder Voice-over. Noir ist ein Genre, das sehr von Horror und deutschem Expressionismus beeinflusst ist. Aber es zeichnet auch einen Untergang, eine Tragödie auf. Es ist unerbittlich – nicht durch die Macht des Schicksals oder den Willen der Götter, sondern durch fehlbare menschliche Entscheidun-
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