GESELLSCHAFT & MENSCHEN
JULIAN PETER MESSNER AUS BRUNECK
Ein klares Ja zum Leben Julian Peter Messner aus Bruneck hat viele Talente: Der 35-Jährige spielt Theater, zeichnet, schreibt. Bei Edition Raetia ist nun ein Gedichtband mit Illustrationen erschienen. Die Texte zeugen von Humor, Selbstreflexion und viel Liebe – für die Frauen in Julians Leben und für die Welt, in der er lebt. Obwohl diese Welt oft Menschen wie ihn, Menschen mit Trisomie 21, also Down Syndrom, nicht haben will. Im neuen Buch, das am 19.01.2022 in der Stadtbibliothek Bruneck erstmals präsentiert wird, finden sich lebensbejahende Texte voller Hingabe und Freude. „In meinem Kopf hausen ganz unterschiedliche Wörter, Bilder und Gedanken“, schreibt Julian Peter Messner. Und aus diesen Wörtern, Bildern und Gedanken entstand sein erstes Buch „ausnahmsweise ohne titel“, erschienen bei Edition Raetia. Mit Tiefgang und in einer ebenso klaren wie kunstvollen Sprache gibt der mehrfach preisgekrönte Autor Einblick in seine Seelenwelt. Er behandelt große Themen – die Liebe, das Glück, den Mut –, aber auch kleine: die Lieblingsfarbe oder die eigenen „Flatschohren“. Allem vorangestellt ist eine zu-tiefst existentielle Überlegung: „trisomie 21 führt meist zu abtreibung / stand in einer zeitung […] wenn mama mich ……...“
Auf der Reise durch seine Gedanken holt Messner die Leser:innen ohne Zweifel ab und lässt sie dank seiner Imaginationskraft mit anderen Augen sehen, lässt sie hinterfragen und überdenken. Möglich-erweise ist das sein größtes Talent: Er sorgt dafür, dass beim Lesen seiner Texte „die herztür aufgeht“. Die Erstpräsentation von „ausnahmsweise ohne titel“ findet am 19.01.2022 um 19.00 Uhr in der Stadtbibliothek Bruneck statt.
Autor Julian Peter Messner.
AUSNAHMSWEISE OHNE TITEL ein Nachwort von Elmar Locher
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as Ich, das in diesen Texten ich sagt, weiß von keinem lyrischen Ich, kennt keine Metaphern-Theorie und keine rhetorischen Figuren in ihren poetischen Funktionen. Es ist ein ganz existenzielles, meint sich selbst, den eigenen Körper, die eigene Sprache. Es ist ein selbstbewusstes, das sich seinen Ängsten stellt, seinen Träumen, seinen Wünschen, sich seiner Kraft bewusst ist: „ich bin ein stamm von baumespracht“. Neugierig steht es zur Welt, nimmt auf, was diese gibt, die Ohren „immer auf empfang gestellt“. Stellt sich quer, hält ihr den Spiegel vor. Es weiß auch um die Zerbrechlichkeit der eigenen Exis-
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PZ 1 | 13. J Ä N N E R 2022
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ich denke mir so wie ich bin so und nicht anders soll ich sein und so hätte ich mich (aus: ich denke) auch selbst gemacht
tenz: ein Leben, das heute schon sehr viel fraglicher geworden ist als zur Zeit der eigenen Geburt. „trisomie 21 führt meist zu abtreibung / stand in einer zeitung“ Und: „ich bin julian ich habe trisomie 21 oder das downsyndrom / wenn mama mich ...........“ Eine Leerstelle klafft: Ich könnte auch nicht geboren sein. Dann das fulminante Plädoyer für diese Geburt, nicht nur dem eigenen Leben zugerufen, sondern uns allen. Es folgt die lakonische Aufzählung von 22 Namen, jeweils nur durch ein und verbunden. Aber dieses und bindet Leben, so facettenreich wie die
Namen: „die welt wäre ärmer ohne mich“. Ein Manifest für das Leben, Pflichtlektüre für alle, die Zweifel anmelden an einem solchen Leben. Freilich, an anderer Stelle auch der Abschlusssatz, beinahe schon als Schrei: „ich will nicht behindert sein“. Und dieser wiederum nach den Beharrungssätzen des eigenen Lebens, von dessen Einordnung unter die Fachtermini trisomie 21 oder downsyndrom dieses Ich gleichwohl weiß. Und nur dieses Ich darf diesen Satz sprechen, wir aber sollten uns getroffen fühlen.