WIRTSCHAFT & UMWELT
GEBHARD KIRCHLER UND DIE AHRNTALER ALMEN JENSEITS DES ALPENHAUPTKAMMES
Ahrntaler Almen im Zillergrund „Von den einstigen über dreißig blieim Talschluss ausschließlich im Besitz der Ahrntaler ben nur mehr drei übrig.“ So schreibt Bauern, nach 1700 reichten Gebhard Kirchler, Brunecker Historideren Besitzungen sogar ker mit „Teldra“ Wurzeln, im Vorwort bis vor die Tore von Mayrseiner Broschüre über die „Ahrntaler hofen. Dabei trifft der BeAlmen im Zillergrund“. Und er zählt griff „Besitz“ die Realität sie alle auf, die Almen hinter Brandberg, die nachweislich seit 1607, wahrin jener „guten, alten Zeit“ scheinlich aber auch schon früher, nicht ganz, denn eigentlich gehörte aller Grund und Bovon Ahrntaler Bauern bewirtschaftet wurden: Mitterwänden und Nössden dem Landesherrn. Und lrain, Ritzlwand und Sunnseiteggl, der war bis 1803 der FürsRach- und Kuenzenhütten, Schäße, terzbischof von Salzburg. Gaul und Sulzen, Kuchlmoos und HoDie Bauern durften die Alhenau... Kurz bevor der Schnee die Jömen bewirtschaften, hegen cher und das Virus die Vortragssäle und pflegen und ein gerütdicht machte, stellte der Autor seine telt Maß an Abgaben entrichten. Dafür stand ihnen Forschungsarbeit im Auftrag des Gedie Erbpacht zu. schichtsVereins Ahrntal vor. Der Zillergrund ist ein rund 20 km lanInsgesamt 38 „Ahrntaler Alger Seitenarm des Zillertals. Er zieht Aktenstudium. Der Historiker Gebhard Kirchler bei der Recherchearbeit im men“ im Zillergrund „arta sich hinter Mayrhofen in südöstlicher Tiroler Landesarchiv in Innsbruck. beitet“ der Autor Gebhard Richtung zum Alpenhauptkamm. GeKirchler in der 80 Seiten gen Süden zweigen mit dem Bodengrund, fielen in die erste Hälfte des 18. Jahrhun- umfassenden Broschüre ab. Dazu gedrängt dem Sundergrund, dem Hundskehlgrund derts. Damals sömmerten bis zu 400 Rinder, wurde er vom GeschichtsVerein Ahrntal und dem Zillergründl vier kleinere Seiten- 2000 Schafe, 500 Ziegen, 100 Schweine und und der Fraktionsverwaltung von St. Jotäler ab. Katastermäßig zählt das hochalpi- ein Dutzend Pferde aus dem Ahrntal im Zil- hann, nachdem er bereits zwei Jahre zune Almtal, in einer Höhe von 600 bis 2200 lergrund. Bereits nach 1650 waren die Almen vor eine Schrift über die „Ahrntaler Almen Meter über dem Meer gelegen, zur im Krimmler Achental“ he350 Einwohner zählenden Kleingerausgebracht hatte. Kirchmeinde Brandberg. Das tief eingeler, wohnhaft in Bruneck, schnittene, steinige Kerbtal, das nur gebürtig aber vom Ahrneran wenigen Stellen eine ebene Talwirt in St. Johann, war bis sohle, dafür aber umso mehr steilzu seiner Pensionierung abfallende Berghänge aufweist, ist lange Jahre Geschichtsprowahrlich nicht das, was man sich gefessor am Brunecker Cusameinhin unter einer idyllischen Almnus-Gymnasium und zulandschaft vorstellt. letzt Oberschuldirektor.
BEGEHRTER ALMGRUND
Und doch war der Zillergrund „endern Gebirge“ bei Ahrntaler Bauern einst heiß begehrt. Nicht weniger als 60 von ihnen scheuten weder den beschwerlichen Weg noch Aufwand und Umstände, um ihr Vieh dort zu sömmern. Teilweise bewirtschafteten sogar drei Bauern eine Alm gemeinsam, weideten dort nicht nur ihre Kühe, sondern in beachtlicher Zahl auch Schafe und Geißen. Ja, sogar Schweine wurden über die Jöcher getrieben. Die „besten Zeiten“ dieser ganz besonderen „Sommerfrische“ 18
PZ 22 | 05. N OV E M B E R 2020
WECHSELNDE BESITZVERHÄLTNISSE
Sonnenschutz für Schweine: Um das Vieh auf der noch schneebedeckten Hundskehle vor der starken Sonnenstrahlung zu schützen, wurden Kuheuter und die empfindliche Schweinhaut mit Ruß eingerieben. ta
Akribisch genau dokumentiert der Historiker die häufig wechselnden Besitzverhältnisse beginnend mit ersten Erwähnungen im „Urbarium von Zell im Zillerthal“ aus dem Jahr 1607 bis herauf in die Gegenwart. Dabei arbeitet er auch zwei „große Verkaufswellen“ heraus, die im 20. Jahrhundert schließlich dazu geführt haben, dass heute – wie ein-