14 FOKUS ROBOTIK
MQ | 06/2020
Führend – aber unter dem Radar der Öffentlichkeit USA, China, Schweiz: Das sind – in dieser Reihenfolge – die derzeit führenden Robotik-Nationen. Eigentliche Epizentren der hiesigen Robotik-Entwicklungen sind die ETH und die EPFL. Rund um diese Technischen Hochschulen haben sich Indus trie-Cluster gebildet, bestehend aus globalen Konzernen sowie etlichen Start-ups und hochspezialisierten KMU.
Thomas Berner
«Schlaue Maschinen»
Es muss nicht immer Zürich sein. Besuch im bernischen Burgdorf bei Asic Robotics AG, einem Generalunternehmen für Automation und industrielle Robotik: Ein modernes, repräsentatives Gebäude gegen a ussen, drinnen aber trifft man auf gut schweizerisches Understatement. Geschäftsführer Milo Gasser sieht sich nicht als CEO, der ständig im Rampenlicht stehen muss. «Wir sind mehr Ingenieur- als Marketingtypen», erklärte er vor Jahresfrist dem Journalisten. «Wir verstehen Roboter», behauptet Asic Robotics AG von sich selbst. Ist Milo Gasser also ein «Roboterversteher»? Seine Antwort: «Hinter jedem Roboter stehen Menschen. Die Industrieroboter, die wir in unsere Lösungen integrieren, sind eigentlich ‹dumm›. Das steht im Gegensatz zu anderen Trends von ‹intelligenten› und sogenannt kollaborierenden Robotern. Unsere Devise ist seit 25 Jahren, Robotik nur dort einzusetzen, wo sie wirklich sinnvoll ist.» Sinnvoller und nutzbringender Einsatz von Automation: Dies ist der entscheidende Unterschied zu all jenen Vorstellungen von Robotik, die besser im Bereich von Science Fiction aufgehoben sind. Nicht Cyborgs arbeiten in den Fabriken, sondern immer noch Menschen aus Fleisch und Blut – die aber hochentwickelte Maschinen bedienen, welche viele Prozesse ohne menschliches Zutun abarbeiten.
Asic Robotics AG steht in einer Reihe mit vielen andern Schweizer Unternehmen, die führend sind bei der Entwicklung von «schlauen Maschinen», wie Milo Gasser sie nennt. Die Robotik ist tief in der Tradition der Schweizer Industrie verwurzelt. Seit jeher ist unser Land führend im Maschinenbau, der Mikrotechnologie, Präzisionsmechanik oder Optik. Seit 2010 ist die Robotik zudem ein nationaler Forschungsschwerpunkt des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Gebildet wurde ein Netzwerk für Spitzenforschung, das heute über zwei Dutzend Forschungslabore umfasst, etwa an den beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen ETH und EPFL. Im Umfeld dieser auch international renommierten Hochschulen entstehen laufend Spin-offs, die Robotiklösungen zur Marktreife bringen wollen. «Während andere Länder noch forschen, sind in Zürich bereits Taten zu sehen», heisst es etwa auf der Website von Greater Zurich Area, einer Standortförderungsplattform für die Region, die sich gerne als «das Silicon Valley der Robotik» sieht. In der Tat sind der Grossraum Zürich sowie die Region um den Lac Léman eigentliche Hotspots der Schweizer Robotik-Szene. Der «Start-up Radar» 2018/19, herausgegeben von der Plattform startup ticker.ch, weist denn auch eine im internationalen Vergleich sehr hohe Zahl an Firmen-
gründungen im Bereich «Industrielle Produkte und Technologien» nach. Dies zeige sich insbesondere im Vergleich mit Deutschland: Obwohl die Länder von der Wirtschaftsstruktur her und der nach wie vor hohen Bedeutung der fertigenden Industrie recht ähnlich sind, stellen Start-ups aus diesem Bereich in der Schweiz einen fast doppelt so hohen Anteil wie in Deutschland, so der «Start-up Radar».
Robotik – ein Thema für viele Bereiche Die Schweiz ist in Sachen Robotik also sowohl Forschungs- wie auch Gründungsstandort. Geforscht im Rahmen des oben erwähnten nationalen Förderprogramms wird in drei Bereichen: «Wearable Robotics», «Rescue Robotics» und «Educational Robotics». Bei Wearable Robotics besteht das Ziel darin, tragbare Robotik-Systeme zu entwickeln, die vor allem für Rehabilitationszwecke eingesetzt werden können. Diese Systeme – etwa in Form sog. «Neuro-Prothesen» oder Exoskeletten – sollen etwa die Wiedererlangung sensomotorischer Fähigkeiten erleichtern (etwa Fortbewegung oder Greifbewegungen nach schweren Verletzungen des Bewegungsapparats oder der Wirbelsäule). Im Bereich Rescue Robotics geht es um die Entwicklung von Technologien, die sich etwa für unbemannte Rettungsaktionen einsetzen lassen. Das Ziel sind heterogen zusammengesetzte Roboter-
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Robotik in der Schweiz
Grosse Industrieroboter gehören in vielen Produktionsunternehmen zum Alltag. Doch die Robotik erfasst laufend neue Bereiche – auch dank Schweizer Know-how.