schau Magazin 7/2020

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schaupolitik WIEN STEHT MIT HILFEN BEREIT

Gestärkt aus der Krise kommen INTERVIEW VON CHRISTOPH BERNDL, FOTOS: TANJA HOFER

Die Corona-Krise stellt die Wiener Wirtschaft weiter vor sehr große Herausforderungen. Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke weiß, dass schnelle und wirksame ­Maßnahmen vonseiten der Politik gefordert sind. Ich möchte einmal mehr betonen, dass Arbeitsmarktpolitik natürlich auch Bundessache ist und wir hier auf Bundesebene dafür Sorge tragen müssen, dass diese Initiativen auch noch einmal nachdrücklichst adressiert und verstärkt werden müssen. Ich habe jedoch auch immer gesagt, dass diese Krise erst dann vorbei sein wird, wenn das Impfthema soweit abgearbeitet ist.

Voller Schreibtisch: Peter Hanke kämpft derzeit für Wiens Arbeitsplätze und Unternehmen.

Herr Hanke, die Corona-Krise dauert an. Kann man den wirtschaftlichen Schaden für Wien schon beziffern?

100 Milliarden Euro pro Jahr, die wir in Wien erwirtschaften, doch einige Abstriche machen müssen.

Peter Hanke: Die Situation hat sich aufgrund des aktuellen Lockdowns noch einmal verschärft. Wir rechnen mit rund acht Prozent an negativer Wirtschaftsleistung für 2020. Und wir haben auch unsere Aussichten für das Jahr 2021 nach unten korrigieren müssen. Sind wir Anfang des Jahres noch davon ausgegangen, dass es einen relativ starken Nachzieheffekt geben könnte, hat sich das mittlerweile geändert. Wir liegen mit unseren Berechnungen bei rund 2,5–2,7 Prozent an Wachstum. Für europäische Verhältnisse immer noch ein guter Mittelwert. Es bedeutet aber auch, dass wir von der Gesamtwirtschaftsleistung von

Niemand kann in die Zukunft blicken. Da sich die Situation ständig verändert, müssen die zweifelsfrei zahlreichen Unter­ stützungsleistungen der Stadt laufend nachjustiert werden. Wie wird gerade Unternehmerinnen und Unternehmern geholfen?

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Es war mir immer wichtig, dass wir unsere Unterstützungsleistungen additiv zu jenen des Bundes anbieten, sodass kein Unternehmen gezwungen ist, zu entscheiden, ob es eine Bundes- oder eine Landesleistung annehmen kann. Das haben wir im Bereich Arbeit, Wirtschaft, aber auch bei Gesundheitsthemen bewiesen. Wir haben über 40 unterschiedliche

Förderungen, Zuschüsse und Unterstützungsinstrumente entwickelt. Mehr als 400 Millionen Euro wurden in den letzten Monaten investiert. Beispiele sind die überbetriebliche Ausbildung, wo Lehrlinge die Möglichkeit bekommen, in besonders betroffenen Bereichen wie der ­Gastronomie und Hotellerie einen Teil ihrer Ausbildung fortzusetzen. Oder die Aktion 50 plus für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Und natürlich müssen wir uns in dieser schwierigen Zeit auch um die Langzeitarbeitslosigkeit kümmern. Wir versuchen, die Umschulung voranzutreiben. Da haben wir ein eigenes Projekt mit über 1.500 Plätzen – mit Jobs plus Ausbildung – geschaffen, bei dem Mangelberufe bedient werden, ob das jetzt im ITBereich ist oder in der Pflege.

Ich habe das Gefühl, dass sich die Unterstützungsideen der Stadt Wien, und dabei die ganz konkreten Projekte, auf einer partnerschaftlichen Ebene auch mit der lokalen Wirtschaft und mit allen Stakeholdern bewegen. Dieses Projekt „Stolz auf Wien“ ist ja so etwas, zu dem man sagt: „tolle Initiative“. Wie ist da derzeit der Stand?

Wir haben rund 40 Millionen Euro an Kapital gesammelt, von Banken, aus dem Stadtbereich, von der Wirtschaftskammer. Und wir haben einen starken Hebel durch die Insti­ tutionen. Das gibt uns jetzt die Möglichkeit, direkt Unternehmen anzusprechen. Die einfache Formel ist am Ende die: Wir bieten eine Partnerschaft auf Zeit an, auf gesellschaftsrechtlicher Ebene bis zu 20 Prozent der Anteile zu übernehmen, auf die Dauer von sieben Jahren bis zu maximal rund einer Million Euro. Die ersten Unternehmen sind bereits an Bord: Frey Wille aus dem Schmuckbereich, Adamol aus dem Mineralölbereich, das Vestibül gleich neben dem Rathaus, das Café Ritter, compact electric und andere. heft 7|2020


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