ORTSGESCHICHTEN
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BR A HMS IN K A RLSRUHE
VON SIGF R IED SCHIBL I
Johannes Brahms wurde in Hamburg geboren und war ein echter Sohn des Nordens. Als «grossen nordischen Deutschen» haben ihn dann auch die Nazis gefeiert. Und wo Ideologen Geschichtsschreibung betreiben, geht es meistens nicht ohne Geschichtsklitterung. In Wirklichkeit unterhielt Brahms intensive Kontakte nach Süddeutschland und in die Schweiz, und er arbeitete häufig mit jüdischen Künstlerinnen und Künstlern zusammen. Das lässt sich am Beispiel der Stadt Karlsruhe und ihrer Hofkapellmeister illustrieren.
Karlsruhe wird aufgrund des fächerförmigen Grundrisses auch ‹Fächerstadt› genannt. Im frühen 19. Jahrhundert wirkte dort mit Friedrich Weinbrenner ein Architekt, der für das Stadtbild eine ähnliche Bedeutung hatte wie ein halbes Jahrhundert später Johann Jakob Stehlin für Basel. Weinbrenner entwarf zahlreiche repräsentative Bauten der Stadt, unter anderem das Konzertgebäude der Museumsgesellschaft. In diesem 1814 vollendeten Konzertsaal wurde die 1. Sinfonie von Johannes Brahms uraufgeführt. Das Gebäude an der Kaiserstrasse 90, in welchem sich die Museumsgesellschaft befand, wurde 1918 durch einen Brand bis auf die Grundmauern zerstört. Das ‹Museum›, wie man es abgekürzt nannte, wurde aber nach dem Brand weitgehend originalgetreu wiederaufgebaut. Heute befindet sich dort eine Filiale der Deutschen Bank. W ICHTIGSTER M USIK KOPF DER STA DT: HER M A N N L E V I
Johannes Brahms war mit dem Karlsruher Hofkapellmeister Hermann Levi befreundet, der 1865 bei der Erstaufführung des Horntrios von Brahms in Karlsruhe mitwirkte. Später hat sich Levi dem BrahmsKonkurrenten Richard Wagner zugewandt und ist als Uraufführungs-Dirigent der Oper Parsifal in die Musikgeschichte eingegangen. Der Regisseur Barrie Kosky hat