Der Stern des Anstosses Sprache Ab dieser Ausgabe erscheint das Surprise-Magazin mit Gender-Sternchen. Was hat es
mit diesem kleinen Symbol auf sich und warum ist geschlechtergerechte Sprache so wichtig? TEXT TOBIAS URECH
Liebe*r Leser*in – Sie merken es schon an dieser Anrede. Da ist irgendetwas anders. Ab dieser Surprise-Ausgabe schummelt sich ein kleiner Stern zwischen gewisse Wörter. Ein unschuldiger Asterisk schleicht sich in Berufsbezeichnungen, drängt sich zwischen «Autor» und «innen» und lässt eine*n beim Lesen vielleicht kurz stolpern. Bevor Sie sich nun beim Korrektorat beklagen möchten, weil Sie einen hundertfach überlesenen Tippfehler vermuten, oder Sie am Ende des Artikels verzweifelt nach einem Verweis suchen, präsentieren wir Ihnen hier bereits die Auflösung: Dieser kleine Stern ist Absicht, es ist ein Gender-Sternchen. Sein Ziel? Die deutsche Sprache (oder zumindest die künftigen Surprise-Magazine) ein wenig gerechter in Bezug aufs Geschlecht zu machen. Denn die Redaktion hält es für sinnvoll, und vielleicht stimmen Sie uns ja zu, wenn in Job-Inseraten nicht nur Direktoren und Sekretärinnen, sondern Direktor*innen und Sekretär*innen gesucht werden. Oder in einem Artikel von den sieben Bundesrät*innen die Rede ist. Schliesslich ist die Schreibweise mit Gender-Sternchen präziser: Sie verdeutlicht, dass im Bundesrat heute drei Frauen und vier Männer 16
vertreten sind – und nicht etwa nur Männer wie bis 1984. Bei der aktuellen Zusammensetzung ergibt es Sinn, wenn wir das auch in unserer Sprache abbilden. Oder bei den Job-Inseraten: Wir leben nicht mehr im Geschlechterkorsett der 1950er-Jahre. Männer arbeiten als Sekretäre und Frauen als Direktorinnen. Sprachwandler*innen Mag sein, dass Wörter ein bisschen komplizierter sind, wenn sie um ein oder zwei Silben länger werden. Mit ein wenig Humor sehen Sie es wie wir, dass der Teil vor dem Sternchen bei Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän*in viel komplizierter ist als das, was danach kommt. Und machen Sie sich keine Sorgen wegen der schlechten Lesbarkeit. Am Anfang werden wir alle noch über das Sternchen stolpern und das als Denkanstoss nutzen, um zu hinterfragen, was Sprache mit Geschlecht zu tun hat. «Nun gut», mögen Sie sagen, «ich finde aber, man soll nicht einfach so in die Sprache eingreifen!» In unsere Sprache greifen wir aber schon ein, seit wir sprechen und schreiben können. Ständig kommen neue Wörter hinzu, Surprise 481/20