JOURNAL FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE Ausgabe 5/6-2021

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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

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ie primär biliäre Cholangitis (PBC) ist eine progressive autoimmune Lebererkrankung, die die Gallengänge in der Leber schädigt. Folge ist eine fortschreitende Entzündung, die ihrerseits zu Fibrose, Zirrhose und letztlich zum Leberversagen führen kann. Um die Komplikationsrate zu senken, das Progressionsrisiko zu minimieren und die Lebensqualität von PBC-Patienten zu erhöhen, ist eine frühe effektive Therapie essenziell. Bei nicht adäquatem Ansprechen auf die Standardtherapie mit Ursodeoxycholsäure (UDCA) kann eine Zweitlinienbehandlung mit Obeticholsäure (Ocaliva®) die Ansprechraten deutlich erhöhen. UDCA-Non-Responder haben ein erhöhtes Risiko für eine Progression zur Leberzirrhose

Real-World-Daten zur Erstlinientherapie von 10 großen Zentren in Deutschland haben gezeigt, dass von 480 Patienten 116 ein unzureichendes Ansprechen auf UDCA (gemäß PARIS-I-, PARIS-II- und Barcelona-Kriterien, Alkalische Phosphatase ≤1,67 × ULN und Bilirubin-Normalisierung) hatten [1]. Das Ergebnis dieser retro­ spektiven Analyse entspricht der zu erwarteten UDCA-Non-Responder-Rate, die sich auch bereits in anderen Untersuchungen gezeigt hat. Zu beachten dabei ist jedoch, dass Patienten mit unzureichendem Ansprechen ein erhöhtes Risiko für eine Progression zur Leberzirrhose aufweisen [2]. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass der retrospektiven Analyse zufolge nur bei weniger als einem Drittel der Patienten (n = 28) die Therapie durch die zusätzliche Gabe von Fibraten, Glukokortikoiden oder Obeticholsäure (Ocaliva®)

Primär biliäre Cholangitis: Frühzeitige Zweitlinientherapie mit Obeticholsäure erhöht Therapieansprechen intensiviert wurde, während bei der Mehrheit der Patienten (n = 39) keine Therapieanpassung erfolgte [1]. Immerhin wurde bei gut einem Drittel (n = 35) die UDCA-Dosis erhöht, doch hatte insgesamt nur die Hälfte der Patienten eine ausreichend hohe UDCA-Dosierung [1]. Zweitlinientherapie rechtzeitig beginnen

Bei nicht adäquatem Ansprechen auf eine Erstlinientherapie mit UDCA führt eine frühzeitige, effektive Zweitlinienbehandlung zu einem signifikanten Ansteigen der Ansprechraten. Wichtig dabei ist, die Kriterien stringent anzuwenden und die Leberwerte regelmäßig zu kontrollieren. Nach einem Jahr muss die AP unter 1,67 × ULN abgesunken oder sogar normal sein. Ist das nicht zu erreichen – und das betrifft bis zu 40 % der Patienten –, dann ist es Zeit für die Zweitlinientherapie. Nationales prospektives PBCRegister enthüllt erste wichtige Botschaften

Vor 2 Jahren wurde das erste nationale PBC-Register [3] ins Le-

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ben gerufen, um prospektiv RealWorld-Daten zu sammeln und zu analysieren. Bis Ende Mai 2021 wurden 404 Patienten (über 90 % weiblich) rekrutiert, davon 222 (55 %) UDCA-Responder, 84 (21 %) primäre inkomplette UDCA-Responder, 51 (13 %) sekundäre inkomplette UDCA-Responder und 47 (12 %) neu diagnostizierte Patienten. Die Stratifizierung der Non-Response erfolgte gemäß den PARIS-II-Kriterien (AP <1,5 ULN + AST <1,5 ULN + Bilirubin ≤1 mg/ dl) [3]. Der Anteil an neu diagnostizierten Patienten mit Leberzirrhose ist mit über 20 % erstaunlich hoch – viele PBC-Patienten werden anscheinend zu spät diagnostiziert. Zu Beginn der Therapie bekamen standardmäßig 99,5 % eine UDCA-Therapie (Responder 13,3 mg/ kg, Nicht-Responder bis zu 15,4 mg/kg), 10 % (n = 38) erhielten Obeticholsäure (5 – 10 mg), 18 davon nach primär inkomplettem und 19 nach sekundär inkomplettem UDCA-Ansprechen. Weitere Therapien waren Bezafibrat, Prednisolon und Budenosid [3]. Das biochemische Ansprechen wurde anhand von AP- und Bilirubin-Werten ermittelt. Wie erwartet, waren diese Parameter bei Erhebung der Baseline-Daten bei den UDCA-Non-Respondern deutlich erhöht. © VERLAG PERFUSION GMBH


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